Zur (düsteren) Lage der Nation im Handel

29. November 2023, mit Joel KaczmarekAlexander GrafJochen Krisch

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Intro: Digital kompakt. Heute aus dem Bereich E-Commerce mit deinen Moderatoren Joel Kaczmarek, Alexander Graf und Jochen Krisch. Los geht's.

Joel Kaczmarek: Hallo Leute, mein Name ist Joel Kaczmarek. Ich bin der Geschäftsführer von digital kompakt und heute habe ich endlich mal wieder meine beiden E-Commerce-Granten an meiner Seite, den lieben Jochen Krisch und den guten Alex Graf. Und der einzige Grund, dass wir so lange nicht zum Podcasten kamen, war, dass Alex die ganze Zeit auf asiatischen Plattformen hier irgendwelches Elektrospielzeug für sich bestellt. Und jetzt dachten wir, wird es mal wieder Zeit und wir nehmen es auch gleich mal zum Thema, denn wir wollen heute zur düsteren, also düsteren in Klammern, Lage der Nation im Handel sprechen. Das heißt, wir gehen mal darauf ein, dass da gerade Konsumschwäche überall am Umgreifen ist. Und was heißt denn das eigentlich für den Handel? Vor allem, weil immer mehr Unternehmen sich Profitabilität verschreiben und nicht mehr Wachstum. Und seht ihr da, einige Online-Händler können das sogar. Also, was macht das denn eigentlich mit dem Markt? Und wir werden natürlich auch über die Stationären etwas reden, über Gewinner und Verlierer, welche Branchen gerade im Kommen sind und wer es vielleicht eher schwert. Also, heute wieder eine spaßige Folge und wir strengen uns richtig toll an, dass es auch ja nicht zu dystopisch wird, sondern eben auch spaßig und schön. Und in diesem Sinne, schön, dass ihr beide wieder da seid. Moin Moin.

Alexander Graf: Hallo Joel. Hallo.

Jochen Krisch: Du hast jetzt mein Moin Moin geklaut, habe ich hier gerade gemerkt. Ich sage immer Moin Moin.

Joel Kaczmarek: Ja stimmt, in Hamburg darf man das eher im Norden, also als hier in Berlin. Ist ganz lustig, wenn ich es in Berlin immer sage, fragen mich auch mal alle, ob ich aus Hamburg komme. Da sage ich immer, nee, aber gut, wie dem auch sei. Wie geht es euch denn so? Also, wie nehmt ihr so den Markt wahr? Ihr seid ja tagtäglich dort unterwegs und das nicht nur auf KundInnenseite, sondern auch auf MacherInnenseite. Also, wie erlebt ihr das so?

Alexander Graf: Oh ja, momentan ist schon ein bisschen zäh alles, würde ich mal sagen. Also viele kämpfen natürlich. Alles ist halt nicht so gekommen, wie man es sich gewünscht hätte. Und deswegen ist es, ja, ich versuche immer die Lichtblicke natürlich zu sehen, trotz allem. Es gibt ja auch welche, denen es gut geht und auf die möchte ich heute so ein bisschen auch referenzieren. Aber sage ich jetzt mal so, 80 Prozent des Marktes jetzt im Onlinehandel ist schon weg. entweder sehr am Kämpfen, also sprich hat ernsthafte Kapitalprobleme oder am Kämpfen, weil eben der Markt gerade nicht so ist, wie er sein sollte. Aber dann gibt es natürlich auch die Lichtblicke.

Jochen Krisch: Also, ich möchte hier nochmal ein Zitat vorholen, was ich glaube ich vor einem Jahr gesagt habe. Egal wie schlecht es dem Onlinehandel geht, dem Offlinehandel geht es schlechter. Und wir sind ja hier Vertreter des Onlinehandels, deswegen dürfen wir uns nicht so sehr beklagen, weil die Probleme, die auf den Onlinehandel jetzt so einprasseln, die kann man mit wahrscheinlich ein bisschen besserer Effizienz beantworten als der Onlinehandel. Offline-Handel, das zum einen und dann sehe ich so ein Stückchen differenzierter, klar sind jetzt die Dinge, die wir in den letzten zehn Jahren bewundert haben und wo wir gesagt haben, das geht weiter, die tun sich zum Teil ein bisschen schwer, aber ich versuche auch meinen Blick über den Tellerrand schweifen zu lassen, das kann ich. zum einen, weil wir bei Spryker ein paar internationale Kunden haben, sehe da zum Beispiel das Kunden, die jetzt Geschäftskonzepte bedienen, die sich eher an niedrige Einkommen richten, einfach gerade eine ganz gute Zeit haben, weil sich viele Leute dann doch wieder in den Bakalas oder in diesen Tienditas ihr Essen, ihre Drogerieprodukte irgendwie kaufen und eben nicht mehr in den Supermarkt gehen. So, wenn man diese Kundschaft bedient und wenn man denen irgendwie hilft, hat man was davon. Es gibt einen unfassbaren Boom in APEC. Also Vietnam, Indien zieht massiv an, weil natürlich sehr viel Produktionskapazität aus China weggeholt wird. Und die haben so eine ganz krasse Binnenkonjunktur. Die bauen quasi Straßen, Flughäfen, Häuser. Und das sind ja auch große Nationen. Vietnam 110 Millionen Einwohner, Indien hat jetzt 1,4 Milliarden Einwohner. Einwohner, so Middle East versucht jetzt das Dubai-Modell permanent zu kopieren, Bahrain versucht das, Riyadh versucht das. Also da wird auch viel investiert, hat auch eine starke Binnenkonjunktur und klar ist das bei den westlichen Konsummärkten alles ein bisschen schwieriger geworden, aber es wird weiterhin gekauft, es wird weiterhin konsumiert. Es wird vielleicht nicht mehr so viel investiert auf B2B-Seite, weil viele Unternehmen gerade unsicher sind. Aber grundsätzlich hat sich der Markt nicht verändert. Es gibt weiterhin eine starke Verschiebung von Offline zu Online. Das sieht man unter anderem auch an den Amazon-Zahlen, an den Alibaba-Zahlen. Und es gibt gar keinen Grund, da langfristig pessimistisch zu sein. Ich glaube, worauf alle warten, ist nur ein bisschen eine Phase der Ruhe, dass Unternehmen wieder besser planen können. Weil die meisten Dinge werden nicht investiert, weil Unternehmen unsicher sind. Nicht? weil der Bedarf nicht da ist. Und das sehen wir auch bei vielen Deals, an denen wir arbeiten. Da sagen die Unternehmen und die Unternehmer, die dahinter sind, ja, müssten wir jetzt machen, wissen wir auch, aber weil wir jetzt nicht genau wissen, was jetzt mit unserem Werk irgendwie in Osteuropa passiert oder mit den USA, in denen es Rezessions kommen, müssen wir das jetzt erstmal noch ein bisschen verschieben. Also ich erwarte schon, dass wir da wieder ein starkes Wachstum reinkommen in Zukunft, weil sich an den Grundfesten ja nichts verändert hat. Die Leute konsumieren weiter, es geht weiter in den Offline-Online-Shift, es geht weiter Richtung Mobile. Und das sind ja fairerweise die Branchen, an denen wir ja auch verdient haben in den letzten Jahren, aber auch verdienen werden. Ich bin da nicht so trübe, geht es mir da jetzt nicht, muss ich sagen.

Joel Kaczmarek: Und sag mal, das ist ja ein ganz interessanter Blick, den du da hast, weil ist es eigentlich auch so von der Haltung im Ausland her anders, weil wir sind in Deutschland ja schon so unterwegs, dass ich manchmal das Gefühl habe, dass wir ein bisschen negativer geprägt sind, also als vielleicht in anderen Märkten, weil Das ist, was ich immer so zugespielt kriege, dass Leute mir sagen, ey, selbst in London, wo du wegen Brexit nochmal irgendwie ganz andere Scheißthemen an der Backe hast, selbst da haben die Leute mehr Bock und sind irgendwie innovativer und sind wacher. Und hier in Deutschland hast du eigentlich immer so den Kopf im Sand. Ist das so oder ist das ein Klischee?

Jochen Krisch: Was ich erstaunlich finde, ist, dass es in den USA genauso pessimistisch mittlerweile ist wie in Deutschland, also wenn du mit US unterbrechst. Unternehmen redest, obwohl ja dort jeden Tag noch Milliarden in den Markt an Geld gedruckt wird, um diese Inflation zu sagen, eigentlich zu konterkarieren, investieren die Unternehmen auch nicht mehr oder nur noch sehr, sehr langsam tatsächlich. Also genauso wie in Deutschland und in anderen Märkten, die halt nicht so Exportnationen sind, also APEC, Middle East sind da zum Beispiel nicht so stark exportabhängig. Die sehen das halt ganz anders. Für die ist das jetzt quasi, die sind jetzt auf dem Weg von produzierenden Nationen zu Wissensnationen und da gibt es eine unfassbare Aufbruchsstimmung. Aber ich kann jetzt auch nicht für alle Märkte reagieren. Ich finde, wir haben in Deutschland oder auch in Kerneuropa unfassbar gute Produktionsbedingungen für das, was wir irgendwie verkaufen möchten, haben aber keine gemeinsame Vision, also weder in Deutschland noch auf europäischer Ebene es irgendwie zusammenbringen. Es ist immer noch mit Abstand die coolste Ecke auf der Welt zum Leben. Wir reden uns das alle mal so ein bisschen schlecht. Jeder, der mal auf einer Middle East-Reise war oder in den USA war, wird dann sagen, nee, irgendwie dann rund um München am Tegernsee ist eigentlich doch ganz schön. So viel schöner wird es dann gar nicht.

Joel Kaczmarek: Und sag mal, stimmt eigentlich noch deine Arbeitshypothese, wo du immer gesagt hast, rund um den Gini-Koeffizienten lässt sich die Attraktivität eines Geschäftsmodells ablesen? Also ich weiß, das war jetzt, hast du so Geschäftsmodelle seitlich vor allem betrachtet, auch auf viele so serviceorientierte Dinge, dass es halt ein großer Benefit ist, wenn man da in dem richtigen Fenster ist. Vielleicht kannst du ja auch nochmal ganz kurz erklären.

Jochen Krisch: Ja, also wobei sich das jetzt anders auswirkt. Also der Gini-Koeffizient würde jetzt nicht zugehört haben. Wenn der so hoch ist, zwischen 0 und 1 sozusagen, da gibt es eine sehr starke Ungleichverteilung im Land, meine ich jetzt, wenn ich das richtig herum interpretiere. Und das führt dann dazu, dass es halt einen großen Teil der Bevölkerung gibt, der bereit ist, zu sehr niedrigen Löhnen zu arbeiten. Das würde diese Gig-Ökonomie befördern, ja, über Taxifahrer, Lieferanten und Co. Das Ist auch so, dass dieses Service-Niveau natürlich in diesen Ländern deutlich, deutlich höher ist und selbstverständlicher ist und diese digitalen Services anders ausgerollt werden können. Das merken wir jetzt ja zum Teil auch an den chinesischen Plattformen, die jetzt hier in diesen Markt kommen, weil viele dieser Dinge, die in diesen Plattformen stecken, profitieren von niedrigen Arbeits-Input-Kosten, sowohl auf der digitalen Seite, also Erstellung von Content, Videos, Bildern. Aber auch bei der Erstellung von Produkten ist es natürlich noch zum Teil deutlich günstiger, in China zu arbeiten. Und das ist natürlich ein Effekt einer hohen Lohnungleichverteilung.

Joel Kaczmarek: Soviel zur internationalen Perspektive aus Kiel, Jochen. Nennen wir uns mal Lindau.

Jochen Krisch: Lindau ist das.

Joel Kaczmarek: Ja, guck, unser Binnenmarkt hier. Konsumschwäche ist ja ansonsten so das Thema, was eigentlich immer wieder aufkommt. Also Stichwort Rezession, Negativwachstum in Deutschland, wo dann eigentlich immer zuverlässig die Uhr gestellt werden kann, dass weniger konsumiert wird. Und Alex meinte gerade ja auch, wir konsumieren eigentlich fleißig weiter. Von daher, was ist denn so der Impact, den du siehst mit dem Hintergedanken Konsumschwäche, quasi in deinem Kopf gerade der deutsche Handel aktiv ist?

Alexander Graf: Also für den Handel würde ich das unterstreichen, für den Online-Handel nicht. Also im Prinzip genau das, was Alex auch gesagt hat. Ich glaube, der Handel insgesamt leidet natürlich darunter, dass die Leute nicht so viel Geld haben und vielleicht auch nicht so viel Lust haben, das Geld jetzt auszugeben. Der Online-Handel hat aber wirklich einen anderen Kurs und das ist auch das, was Alex sagt, weniger in Investitionen. Also sprich, ich würde es halt andersherum aufziehen und sagen, großer Sparkurs. extremer Spardruck und gar nicht so sehr, weil man keine Lust hätte auf Innovationen und auf Investitionen, sondern weil das Geld fehlt, weil die Kapitalmärkte eben so sind, dass man momentan nicht günstig, aber im Grunde gar nicht an Geld kommt. Deswegen muss man sehr haushalten und alle, die gut haushalten können, für die läuft es auch einigermaßen gut. Also da boomt halt das Geschäft nicht. und wie gesagt, die haben die Marketingkosten runtergeschraubt. und das ist für mich das Phänomen, wenn ich in die Unterlagen gucke, bei vielen Börsennotierten auch, Die Marketingquote, wie die runtergegangen ist und wie das trotzdem noch läuft, einigermaßen läuft. Also weil eben dann ein Stammkundengeschäft inzwischen da ist, das man bedient, das nicht so marketingintensiv ist, weil bestimmte andere Effizienzthemen besser gehoben werden. Also das ist ja schon, mal abgesehen von der Gesamtheit. ist das interessant zu beobachten, dass man einfach jetzt sieht, wie effizient und profitabel können bestimmte Online-Händler, und das fängt von Zalando an, geht bis Westwing, aber man könnte jetzt auch einen HelloFresh bringen oder viele andere auch, Können die dann arbeiten? Und natürlich ist jetzt Gefühl jetzt aus unserer Sicht, die wir immer als Wachstumsmarkt begleiten, ist die Luft raus. Es wirkt zumindest so. Aber ich finde, das ist eben nicht dem Konsum geschuldet, sondern Das Geld ist einfach nicht da, um weiter Marketing zu machen. Man sieht das auch an den Umsatzzahlen ja bei Google, Facebook etc., was da an Marketinglösen oder im Fernsehen noch schlimmer, wie der Fernsehmarkt gerade leidet, weil eben keine Werbung in der Form geschaltet wird. Und das, glaube ich, ist momentan so ein bisschen selbstverschuldet. Das heißt, ich würde eher die Hypothese vertreten, der Spardruck, führt zu einer Nachfrageschwäche oder einer Umsatzschwäche mehr als jetzt die Konsumschwäche, weil dafür ist Onlinehandel in den meisten Branchen noch wirklich zu klein. Und andersrum die Chance jetzt auch wieder betrachtet, man sieht aber auch eben Beispiele, die wirklich angreifen gerade und Marktanteile extrem gewinnen können, weil die anderen eben wirklich auf der Bremse stehen und gar nicht anders können. Und deswegen kommen eben die She-Ins und wie sie alle heißen gerade so hoch, die halt diese Probleme eben nicht haben.

Joel Kaczmarek: Okay, du hast ja gerade auch eben gesagt, dass es doch überraschend viele gibt, die es gut hinkriegen, also genauso zu arbeiten, ohne viel zu investieren. und du hast jetzt Zalando, West Wing und HelloFresh gesagt. Hast du sonst so eine Art Pattern entdeckt? oder hast du typische Paradebeispiele, wo du sagst, an denen kann man ablesen, bei denen ist das so und so und der Grund dafür ist XYZ?

Alexander Graf: Pattern ist eigentlich immer, die hatten noch genügend Geld, also man könnte auch ein About You dazu reinnehmen, die zwar jetzt noch nicht so, also würde ich jetzt noch nicht unter die Top-Liga sehen, aber die sozusagen in dem Börsengang sich genügend Geld besorgt haben, sodass sie den Puffer hatten, um das Geschäft jetzt so zu drehen und auf gutem Weg sind, jetzt wirklich ein profitables Jahr hinzulegen, weil sie eben in die internationalen Märkte nicht mehr investieren, da sich sehr bedeckt halten und erstmal sagen, okay, Da bleiben wir jetzt noch. Ich gehe auch davon aus, dass sich aus dem einen oder anderen Land dann irgendwann zurückziehen, wenn sie einfach sehen, das rechnet sich gar nicht, wenn wir da nicht, entweder wir geben Gas oder eben nicht. Also alle, die genügend Kapital noch hatten, bei denen lief es gut. Ganz schlecht lief es bei denen, die voll aus der Kurve gekommen sind. Das heißt, die hatten zu wenig Ware während Corona und danach zu viel Ware, als dann Inflation, Krieg, Energiekrise etc. kamen. Die mussten wirklich Ware verramschen, erstmal die Lager räumen und diese Überkapazitäten, die sie hatten, wieder abbauen. Das sind die, die wirklich zu kämpfen haben. Und da hat man ja gesehen, da gab es jetzt auch die meisten Pleiten in dem Bereich im Onlinehandel und da kann auch der ein oder andere noch aus der Kurve fliegen. Also das sind so die beiden Fälle, die ich sehe.

Joel Kaczmarek: Hast du vielleicht auch auf der Pleiteseite zwei, drei Beispiele an der Hand, die dir da einfallen?

Alexander Graf: Ja, das hat bei made.com begonnen. Also im Möbelmarkt, den hat es am extremsten getroffen, weil der wirklich wenig Ware hatte während Corona und dann gut eingekauft hat. Aber auch jetzt die Cigna Online-Fälle, also Cigna Sports United sind für mich so Fälle, also Fahrrad.de, Tennispoint etc. Das sind per se, die hätte ich jetzt nicht als schlechte Unternehmen eingeschätzt, aber die haben halt wirklich diese Lagerprobleme gehabt und diese Warenprobleme gehabt und nicht das Kapital jetzt, am Ende weiterbekommen. Kellersports ist ein anderes Beispiel, wo sich ja jeder die Augen gerieben hat und gesagt hat, Kellersport ist ja immer so als Vorbild gehandelt worden in dem Bereich. Wie kann das sein, dass die a. pleite gehen und b. dann überhaupt keinen finden, der sie kauft? Also total strange dann, aber eben auch aus solchen Gründen. Da ist einfach dann Kapital nicht mehr da und wenn dann jemand ein Unternehmen übernehmen will, möchte der nicht wahnsinnig viel nachschießen. Also guckt er dann sehr genau, ist das Geschäft auch profitabel zu betreiben, wenn jetzt die ganzen Schulden bereinigt sind. Und davon hängt es halt dann ab, wer überlebt oder nicht. Oder, letztes Beispiel, ein ganz anderer Fall, MyToys zähle ich auch so ein bisschen da rein. Dass die Otto-Gruppe sich irgendwann eben überlegt, will ich MyToys in der Form noch weiterführen. Die hatten jetzt sehr gute Jahre, auch in der Corona-Zeit, aber Selbe Situation. Jetzt könnte man eigentlich argumentieren so ein bisschen wie Alex. Und man sieht auch, viele stationäre Spielzeugwarenhändler gehen pleite oder es geht nicht mehr weiter und irgendein Onliner braucht es dann noch. Aber da ist immer die Frage, wann zieht man die Reißleine und wann nicht. Also es ist sehr bedauernswert, dann in 500 Millionen Unternehmen dann einfach, in dem Fall geht es ja nicht um Pleite, sondern einfach nicht mehr weiterzuführen. Aber irgendwann muss man die Entscheidung treffen. Und solche Phasen, Marktphasen sind einfach immer dann die, wo es viele dann trifft.

Joel Kaczmarek: Und das ist alles, was Jochen gerade geschildert hat. Empfindest du das eigentlich ähnlich, Alex? Nimmst du es ähnlich wahr wie er?

Jochen Krisch: Also wir befinden uns nun mal in der zweiten, der dritten Generation der E-Commerce-Geschäftsmodelle. Und viele von den Beispielen, die Jochen genannt hat, sind natürlich auch Modelle, die ja sehr früh angefangen haben in ihrer E-Commerce-Entwicklung und quasi immer versucht haben, weiter zu skalieren. Und sehr lange auch skaliert haben zu Kosten, die wahrscheinlich für das Geschäftsmodell nicht gesund waren. Und die börsennotierten Unternehmen wurden ja schon ein bisschen früher zu einer gewissen Transparenz gezwungen und die waren dann auch gezwungen, vorzugehen. früher Sparmaßnahmen zu ergreifen. Ich glaube, das war sehr gesundend, weil die Aktionäre in Krisenzeiten Rendite deutlich über Wachstum stellen. Bei den privaten Unternehmen passiert das in der Regel nicht so schnell. Deswegen sieht man da jetzt auch noch ein paar verzögerte Effekte. Ich frage mich halt, wo geht der Umsatz dann hin? Also wo gibt es quasi diesen Trade? Also wenn Smith Toys vielleicht jetzt mal irgendwo einen Laden schließt, wo werden dann diese Kuscheltiere gekauft? Ist es dann wirklich Amazon? Ist es dann vielleicht ein spezialisierter Online-Händler? Ist es dann doch so ein Temu? Oder ist es was ganz anderes, was wir vielleicht heute gar nicht im Blick haben. Also diese riesige Ökonomie rund um digitale Güter, Spielen und Co. ist ja viel größer als die Filmindustrie zum Beispiel. Das beobachte ich natürlich so ein bisschen bei meinen Kindern und deren Freunden. Die würden jederzeit einen 10-Euro-Gutschein für ein Onlinespiel einem echten 10-Euro-Gutschein vorziehen. Jederzeit. Also ohne mit der Wimper abzuzocken. Und da gibt es natürlich auch so eine gewisse Verschiebung dieser einzelnen Konsumklassen, weil fast alle Unternehmen, mit denen wir uns beschäftigen, verkaufen harte Ware. Und es gibt einen bestimmten Teil harter Ware, die ist halt unersetzlich, Lebensmittel in der Regel, außer man will irgendwie hungern oder man ernährt sich nur noch von Nudeln. Aber andere harte Ware sozusagen kann da doch ersetzt werden von digitalen Gütern. Und ich glaube, das sehen wir halt auch. Und da sieht man, es ist total schwierig zu interpretieren in den Zahlen. Also wie will man das überhaupt ausdrucken? Wie will man das irgendwie messen? Auf einmal haben wir da so eine riesige digitale Ökonomie, also rund um das Thema Items und Güter in der Onlinespielindustrie. Und dieses Geld, was da drin steckt, diese 80 Milliarden weltweit, 800 Milliarden, ich weiß jetzt gar nicht genau, die Größenordnung muss ich nochmal nachschauen. Aber die wären ja sonst investiert worden in physische Güter oder in Experiences, in Urlaub, in Kinobesuch, in irgendwas anderes. Und da gibt es, glaube ich, eine Verschiebung, die ist für uns nur schwer wässbar. Aber die Spreu-vom-Weizen-Trennung hat halt vor zwei Jahren circa begonnen. Und die wird jetzt auch noch so ein bisschen weiter gehen, um was jetzt neu ist. Und das finde ich auch das Spannende an dem Markt. Das hat ja auch Jochen oft kritisiert in der Corona-Zeit. Wir hatten natürlich in dem Markt der Niedrige, diesen Effekt, dass Geschäftsmittel, die eigentlich aus eigener Kraft nicht mehr gehen können, trotzdem immer wieder Kapitalgeber gefunden haben. Weil es attraktiver war für den Kapitalmarkt, Geld zu parken, auch in solche Geschäftsmittel, anstatt das zu Nullzinsen anzulegen. Und das passiert jetzt nicht mehr. Jetzt überholt sich der Markt oder begradet sich der Markt überschnell. Und da kommt, glaube ich, auch diese negative Stimmung her. Aber es ist total Also ich glaube, in fünf Jahren können wir jetzt zurückgucken und sind dann viel, viel, viel, viel schlauer. Aber ich glaube, jetzt fallen viele Effekte zusammen und die jetzt noch ein bisschen Geld auf der Bank haben, die sind halt auf der glücklichen Seite und die, die halt sich überexposed haben im Risiko, das sieht man ja auch an Cigna. Das ist natürlich sozusagen immer noch weiter geleveraged, noch ein Gebäude, noch ein Projekt und das dann auf so tönernden Füßen aufgebaut, dass das dann irgendwann extrem schwierig wird zu halten. Aber deswegen würde ich jetzt nicht eine komplette Kategorie irgendwie hinterfragen.

Joel Kaczmarek: Und jetzt hattest du ja eingangs so schön gesagt, egal wie schlecht es dem Online-Handel geht, dem Offline-Handel geht es immer noch schlechter. Was haben sie denn dort für Effekte, die du wahrnimmst? Also ich erinnere mich ja auch noch, dass wir eine Folge hatten, wo wir fleißig darüber geredet haben, ob der stationäre Handel nicht nur noch so eine Art Versandlager für den Online-Arm wird und ob das so die Perspektive ist. Also was ist für dich quasi die Lage der Nation, wenn du an die Stationären denkst?

Jochen Krisch: Also für die, die die Hoffnung hatten, dass sie als Versandlager der Online-Händler überleben könnten, ist glaube ich spätestens jetzt die Hoffnung vorbei. Also entweder hat man eine Funktion oder eine Rolle gefunden im stationären Handel, die funktioniert und die für den Kunden echten Wert erzeugt. Aber diese Unternehmen findet man in der Regel nicht in der Innenstadt. Dort findet man ja so viel lisierte Standardkonzepte. Vielleicht übersehe ich das auch. Ich meine, ich bin der Meinung, dass in dem Podcast der Deichmann-Familie, die bei Philipp Westermeyer zu Gast war, dass die erzählt haben, dass es mega läuft im stationären Handel und sie deswegen noch 200 Läden eröffnen möchten und sie überhaupt gar nicht verstehen, warum das so negativ gesehen wird, weil um ihre Läden herum läuft, da müssen wir einen Datenfehler haben. Also ich weiß nicht, ich war schon kurz davor, mich mal hier vor den lokalen Deichmann zu setzen und mal mit so einem Klicker zu zählen, für Leute da reingehen. Also irgendwas stimmt da nicht.

Alexander Graf: Ich glaube, es gibt aber bestimmte, die reden sich ihr Geschäftsmodell so lange schön, bis es nicht mehr anders geht und die denken sich, ach, die anderen gehen pleite, dann können wir den Filialen auch noch übernehmen, dann haben wir es noch größer und natürlich sieht das dann nach Umsatzwachstum aus und das alles wunderbar ist. Ich muss da so ein bisschen immer reibe mir da auch die Augen, weil ich mir denke, das ist doch wirklich kurzsichtig. Also es liegt doch auch nicht daran, ob ihr gut seid, sondern es liegt ja daran, wie das Umfeld ist. Und guckt dir die Fußgängerzonen an, guckt dir die Einkaufszentren an. Also das ist ja auch dramatisch zum Teil. Also die Fußgängerzonen, und da ist vielleicht Deichmann insofern Profiteur, weil sie halt auch in den Billigbereich reingehen und keine Marken haben, sehr viel mit Eigenmarken arbeiten, mit günstigen Produkten. Aber alle Innenstädten wären quasi zu Discount-Zentren, Einkaufszentren tendenziell auch. Und dann gibt es noch so ein paar Luxusmeilen natürlich, also so eine Maximilianstraße oder so, da kannst du natürlich durchgehen und die kannst du immer als Vorzeigebeispiele nehmen, die dann irgendwie noch funktionieren, ob jetzt als Showroom oder generell, das weiß ich dann gar nicht. Also das finde ich dann schon sehr interessant. Und kurzsichtig, und deswegen bin ich da, aber das hattest du am Anfang ja auch gesagt, also dieser Effekt ist weiterhin da, diese Offline-zu-Online-Verschiebung. Und wir haben es jetzt so schön auseinandergedröselt, dass wir innerhalb der Kategorien jetzt gesprochen haben. Also im Onlinehandel ist eine Marktbereinigung durchaus notwendig und überfällig, dass sich einfach die Guten durchsetzen und dass sich auch Größere herausbilden, die dann wirklich eine Chance haben gegen andere. Ist das jetzt quasi die Rückkehr des stationären Handels, dadurch, dass der Online-Handel so in der aktuellen Krise ist? Wenn man es so betrachtet, dann finde ich, das ist der falsche Schluss gezogen. Also das sehe ich gerade nicht. Also selbst, ja, das sehe ich einfach nicht. Und bei mir läuft ja das Ganze immer unter Professionalisierung. Es hat so mehrere Professionalisierungsschübe gegeben in den letzten zehn Jahren. Das eine war ganz früh technologisch, dass man einfach auf den Stand gekommen ist, dass man wirklich professionell Handel treiben konnte und was einfach noch aussteht und wo der Handel ja wirklich schlecht ist, der Online-Handel ist. Unter Effizienz-Gesichtspunkten, operative Steuerung, alles was damit zusammenhängt und das andere im Geschäftsmodell, haben wir auch immer wieder gesagt, die Stammkundenbindung hinzubekommen. Also solange man immer noch auf neue Kunden angewiesen ist, bei Google, bei Facebook und darüber sein Hauptgeschäft macht. Wird das nicht wirklich ein tragfähiges Modell werden? Und einen gehen die Richtung, die anderen haben halt leider keine Chance. Also bestimmte Kategorien Möbel kaufst du halt nicht drei, vier, fünf Mal im Jahr. Da ist es super schwierig, ein stammkundenaffines Geschäftsmodell hinzubekommen. Oder du brauchst halt deine 10, 20 Jahre, dass du die Kunden wieder in den Zyklen dann drin hast. Und ich glaube, das löst sich jetzt gerade. Die stammkundenaffinen setzen sich durch. Die, die einfach operativ ihr Geschäft gut steuern können, setzen sich durch. Und am Ende wird es gestärkt dann aus dieser Phase rausgehen.

Jochen Krisch: Genau. Und vielleicht nochmal, also wir sind ja immer quasi eher pessimistisch, was den stationären Handel angeht, aber es gibt natürlich dort Konzepte, die auch extrem krass gemanagt werden, die einfach gut funktionieren. Ein Beispiel, das immer durch die Presse geht, ist New Yorker. Das ist auch ein Konzept, da waren wir wahrscheinlich in den letzten 30 Jahren nicht mehr drin. Also ich glaube, ich war das letzte Mal vor 30 Jahren in so einem New Yorker, kurz nachdem Herzog aus dem Osten zum ersten Mal sozusagen so eine tolle Markenpullover kaufen konnte. Ich glaube, das war ein Homeboy-Pulli, so wie ich es damals diese Marke bei New Yorker. Es wird auch andere geben, keine Ahnung. Ich habe jetzt Miss Toys mal als Beispiel genannt, weil es sieht extrem uneinladend aus. Die haben ja vor drei Jahren, glaube ich, die ganzen Toys-Ars-Lean in Deutschland, Österreich, Schweiz. Übernommen. Aber vielleicht werden die so hart gemanagt, vielleicht drücken die die Hersteller sozusagen so nah an den Herstellungspreis dran, dass es doch irgendwie geht und dann aus ihren 1-2 Milliarden halt 5-6-7% EBITDA machen. Fair enough. Aber es gibt halt nur sehr wenige davon. Das ist halt nicht die Mehrzahl. Aber es wird auch da gehen. Also ich würde jetzt den Schatz von den Handel da nicht abschreiben.

Alexander Graf: Ja, und sind im Discount-Bereich. Die Action kommt eben mit Hunderten von Filialen da rein und Kick läuft und Primark, die haben sich jetzt am deutschen Markt. zwar tun sie sich auch schwer und haben jetzt bestimmte Bereiche wieder zurückgefahren und die können das halt auch nicht online spielen. Also das rechnet sich halt online in der Form auch noch nicht. Also es sind halt kein Timo, wo es billig und mit geringen Warenkörben quasi dann irgendwie funktioniert. Nee, das meinte ich auch. Wenn, dann wird es ersetzt mit so Billigketten und so funktioniert es dann auch, aber das ist jetzt ja nicht auf Einkaufserlebnis und auf Service oder worauf immer referenziert wird, sondern das ist einfach für die, die sich günstig einkleiden, günstig versorgen oder anderweitig günstig einkaufen wollen, die Anlaufstation dann.

Joel Kaczmarek: Ich erinnere mich irgendwie an ein Telefonat, was ich mal mit Markus Diekmann geführt hatte, wo er zu mir meinte, Joel, du verdienst immer richtig gut, wenn du eher ganz günstig oder ganz teure Preise hast. Dazwischen nicht. Ist das so ein bisschen die Logik im stationären Handel, dass die Billiganbieter oder die KDWs quasi diejenigen sind, welche gerade sozusagen eine große Performance-Chance haben?

Jochen Krisch: Also das kam ja auf zuerst. in den 80er Jahren irgendwie diese Beobachtung, als die teuren, mittelguten Marken es zum ersten Mal schwerer hatten, dass diese Sandwich-Position unattraktiv ist. Und dann wurde gesagt, also sei nicht diese Sandwich in der Mitte, sei quasi Teil der Brötchenhälfte. Jetzt ist es aber so, dass diese Brötchenhälften geschrumpft sind auf so eine ganz dünne Schicht Mürbeteig. Also du musst ganz, ganz, ganz, ganz unten sein oder ganz, ganz, ganz, ganz, ganz oben. So und sozusagen irgendwann wird dieses Bild, wird auch nicht mehr funktionieren. Wobei, und das finde ich erstaunlich, dass dieser Angriff von unten, von Team Muschin und so ein paar anderen, der ist ja so immens, der ist ja so krass, das hätte ich gar nicht so schnell erwartet, dass das funktioniert mit dem Online-Handel. Aber klar, das wird irgendwann wieder umgedreht. Wenn du jetzt ganz außen bist, auf dem Mürbeteil-Gren, dann gibt es nicht mehr genug Geschäfte und irgendwie musst du dein Geld wieder in der Mitte verdienen. Und dann wird sich irgendjemand eine neue Metapher einfallen lassen, die dann irgendwie logisch erscheint auf das erste Zuhören.

Alexander Graf: Ach, die Rückkehr, die glaube ich nicht, aber ich würde es mehr an dem Profil festmachen. Also je schärfer du das Profil hast und du weißt, für wen du was anbietest und wie dein Geschäftsmodell dann entsprechend aussieht. Ich glaube, das ist die Kunst, das zu können und sich darauf einzuschließen und dann auch nicht ablenken zu lassen und dann plötzlich zu sagen, nee. Um den Markt zu vergrößern, muss ich da ein bisschen hinschielen, da ein bisschen hinschielen. Das ist ja so der mittlere Bereich, der sich da das Leben schwer getan hat, irgendwie alles für alle sein zu wollen. Das ist super schwierig. Und ich finde, das ist auch was, was sich online auch einfach gut spielen lässt, profilseitig, weil einfach du findest die Masse an Leuten gar nicht oft. Also in einer Stadt offline, an einer Location. Und online hast du die Möglichkeit und kannst dir dann eben einfach überlegen, ob du daraus ein Geschäft machst. Und wir haben ja auch genügend über unsere Spezialisten, so Thomann und so gesprochen, die in solchen eigentlich Nischen unterwegs sind, die längst keine Nischen mehr sind und das Potenzial einfach super ausspielen.

Joel Kaczmarek: Bevor wir dann gleich mal in unserer Gewinner-Verlierer-Logik nochmal nach Asien schauen, habt ihr vielleicht noch einen kleinen Impuls zum Thema Branchen? Wir hatten ja eben auch so schön gesagt, Jochen oder du genauer gesagt, dass Möbel irgendwie ein sehr schwieriges Segment waren und dann sind wir auch auf die Preise eingegangen. Aber gab es sonst noch typische Gewinner-Verlierer-Branchen oder ist das eigentlich eher branchenunabhängig?

Alexander Graf: Schon, also die Möbelbranche hat es vermeintlich am stärksten getroffen, die hat aber auch extrem profitiert während Corona. Und wenn man jetzt sieht, sowohl sich die West Wing-Zahlen anguckt, als auch die Ikea-Zahlen anguckt oder so, dann sieht das alles eigentlich schon wieder vernünftig aus. Aber wie gesagt, nach Sparmaßnahmen, extrem Sparkurs. Die es am meisten getroffen hat, aus meiner Sicht, war tatsächlich die Modebranche. Die doppelte Themen hatte. Also wenn ich mir da jetzt eben natürlich Zalando, About You, Asos, Buhu, wie sie alle heißen, angucke. Extreme, extreme Schwierigkeiten. Gleit sich aber halt die Situation, Wettbewerb mit China und den Anbietern, die da kamen. Und witzigerweise war es ein Problem. besten gelaufen ist, aber das fällt immer so ein bisschen aus dem Raster raus, ist Apotheken. Also wie Shop-Apotheke, wie DocuMorris, wie die jetzt durch diese Zeiten gekommen sind. Und die hoffen natürlich immer auf das elektronische Rezept und haben eben andere Sondereffekte noch in dem Bereich, haben aber auch stammkundenaffine Konzepte. Und das sind für mich immer so die Beispiele, wo ich sehe, ja, guckt auch auf die und guckt auch auf den Food-Bereich. Der hat zwar jetzt auch so Aufs und Abs, aber da sind halt wirklich schöne Konzepte jetzt entstanden, die so eine Stammkundenaffinität und eine Loyalität tatsächlich auch nutzen können. Also deswegen muss man es dann innerhalb der Branche auch schon immer nochmal differenzieren.

Joel Kaczmarek: Das klingt ja ein bisschen so, als wenn es so simpel ist zu sagen, wer eigentlich einen hohen Wiederverkaufsanteil hat und wer gut Stammkundenmanagement betreibt, wer das irgendwie in den Griff kriegt, ist mit hoher Erfolgswahrscheinlichkeit gesegnet, wenn er da noch seine Cashrücklage im Griff hat und irgendwie auch die Investitionen, oder? Ja.

Alexander Graf: Ja, ist so. Also aus meiner Sicht. Aber der Punkt ist, du musst ein gewisses Alter haben. Also ein Startup hat ja gar keine andere Chancen jetzt, als erstmal Neukunden zu generieren und das aufzubauen. Deswegen haut es auch im Food-Bereich noch einen oder anderen aus der Kurve, weil einfach das alles noch im Wachstumsmodus ist. Aber ich würde das voll unterstreichen. Das wären meine Kriterien auch.

Joel Kaczmarek: Alex sieht es anders.

Jochen Krisch: Ich sehe es ein Stückchen anders, weil, also grundsätzlich hast du recht, aber jetzt dreht sich ja so ein Stückchen aus Konsumentensicht der Markt hin zu, okay, ich muss irgendwie gucken, dass ich ausreichend Geld für das Haus habe, es wird immer teurer, Heizen wird irgendwie teurer, ich konnte irgendwie drei Jahre nicht verreisen, ich will ja zumindest irgendwie mit dieser Reise machen. und Konsumgüter, die ich aufschieben kann, die ich vielleicht vorher regelmäßiger konsumiert habe und klar, ich habe jetzt nicht jedes Jahr eine neue Couch gekauft, Das stimmt schon, aber vielleicht waren es irgendwie andere Dinge, zum Beispiel Auto habe ich vielleicht öfter mal gekauft, auch nicht jedes Jahr oder ein Fahrrad oder sowas. Das leidet natürlich schon, egal wie gut deine Kundendatenbank ist, aber die Unternehmen, die gut aufgestellt sind, können das jetzt aushalten. Die haben vielleicht ein bisschen konservativer geplant, die haben nicht so einen massiven Lagerüberhang aufgebaut. Da fand ich zum Beispiel, bei mir im Podcast war der CEO von Little John's Bike, das ist der größte Bike-Field in Deutschland, habe ich vorhin gehört, gibt es vor allem in Ostdeutschland. Der hat quasi ausreichend Cash und gut gearbeitet, dass er halt Vialen aufkaufen kann, die sich im Rahmen von Corona viel zu viel aufs Lager geholt haben und jetzt nicht mehr hinterherkommen, das abzuverkaufen. Also sozusagen das konsolidieren jetzt quasi smarte Unternehmen. Also es funktioniert schon. Das heißt aber nicht, dass jetzt auf einmal die Kunden von Little John Spike mehr Fahrräder kaufen, weil der USP ist halt gut genug und das Business ist gut genug und konservativ finanziert, dass das Geld verdient. Was jetzt ja nicht mehr funktioniert, sind ja Geschäftsmodelle, die mit der Hoffnung, in der Zukunft Geld zu verdienen, ausreichend günstiges Kapital zu bekommen, um dieses Wachstum jetzt fortzufinanzieren. Das macht der Markt jetzt erstmal nicht mehr mit und wir haben wahrscheinlich einen sehr großen Anteil dieser Modelle im Gesamtsystem zurzeit. Stationäre, die sehr günstiges Kapital bekommen haben während der Corona-Zeit, aber auch natürlich digitale Unternehmen, die dieses günstige Kapital sozusagen aus dem Venture Capital oder Private Equity Markt bekommen haben. Aber es ist schon Das ist schon überall schwer. Und ich meine, es sind ja sogar Branchen, bei denen man vor einem halben Jahr noch gedacht hätte, das geht jetzt mega durch die Decke. Die treffen dann Sondereffekte. Wärmepumpen. Also wo er gesagt hat, komm, vor allem hätten wir uns doch alle hierher gesetzt und hätten wir einen günstigen Betrieb angeboten bekommen, der Wärmepumpen produziert. Und wir haben gesagt, ja geil, Lizenz zum Gelddrucken. So jetzt kommt quasi eine Gesetzesänderung oder eine Initiative, die sagt dann, ah, jetzt setzen sich alle wieder zurück und warten mal, was die jeweiligen Bürgermeister dann vor Ort sagen, wie es dann weitergeht mit dem Wärmekonzept. Also um darauf zurückzukommen, Hauptfaktor für die negative oder für die gedrückte Stimmung ist Unsicherheit. Nicht, weil die Menschen zu wenig Geld haben oder nicht konsumieren wollen.

Alexander Graf: Aber ich würde schon sagen, ich finde das schon bedauerlich, die Entwicklung, muss ich dazu sagen, weil wir sind immer noch in einer Phase, wo wir eigentlich Zukunft gestalten müssten und investieren müssten. Und von dieser langfristigen Sicht, und du hast jetzt etwas negativ beschrieben, schon richtig, aber sozusagen, es wird halt nicht mehr weit vorfinanziert, hin zu einer kurzfristigen Sicht. Ich bedauere das schon sehr. Das nimmt schon sehr viel Luft raus. Und wenn ich sehe, was alles passieren müsste, damit wir auch wirklich einen vernünftigen, stabilen Online-Handel jetzt vor allen Dingen haben. Gerade im Food-Bereich sieht man ja, wie die alle ausgebremst wurden. Und da waren wirklich gute, also gute im Sinne von kundenorientiert gute Konzepte dabei. Also ich bedauere das sehr. Ich sehe das genauso und so muss man es zurzeit beschreiben. Aber was sich die Branche damit gerade vertut oder vertun muss, das muss man schon auch sehen. Das ist echt.

Joel Kaczmarek: Ich fand ja ansonsten dein Gedankenexperiment mit den virtuellen Produkten vorhin. ganz interessant, Alex. Also als alter Consolero bin ich natürlich dem Gaming nah und denke gerade so, was noch weitere Kategorien sein könnten, weil eigentlich müsste ja sowas wie das Metaverse als Thema in dieser Logik dann auch, wenn wir sagen würden, es geht kategorisch darum, dass digitale Güter hochfliegen. Das müsste dann sozusagen ja auch wachsen, das ist aber einfach eher implodiert. Also von daher, es scheint jetzt nicht an der reinen Virtualität des Produktes orientiert zu sein, sondern vielleicht an etwas anderem. Was ist denn deine Arbeitshypothese dazu? Welche Branchen, sage ich mal, funktionieren gut, die gar keine physischen Güter mehr verkaufen?

Jochen Krisch: Also bei Metaverse, da würde ich widersprechen. Da haben wir jetzt ja viele Metaverse-Versuche gesehen, die versucht haben, die physische Welt, also die reale Welt in die digitale Welt abzubilden. Und jetzt setzen wir uns eine Brille auf und treffen uns weiter im Konferenzraum mit den gleichen Tools, mit den gleichen Problemen, sozusagen mit jetzt schlechterer Sprache und Videoqualität. Ist ja mega. Also nichts ist gelöst. Nach vorne hin. Das, glaube ich, sind jetzt aber jetzt die Babykrankheiten. Die werden gelöst. Ich sehe das super pragmatisch. Ich gucke mir einfach an, wo verbringen wir die meiste Zeit? Tatsächlich auch vor dem schwarzen Bildschirm oder sozusagen auf dem Handy. Das steigt jeden Tag so. Und wie verändert das unseren Spend? Offensichtlich sind wir ja bereit, dann für Angebote ohne Werbung, für YouTube Premium irgendwie zu zahlen oder für direkte digitale Produkte dann, damit ich den John Wick-Film ein bisschen früher sehen kann oder dann ein digitales Item, weil ich dann irgendwie Wenn ich mit Islands Features brauche, dann zahle ich dafür auch mal 500 Dollar im Monat, wenn mir das mal für ein halbes Jahr das irgendwie wert ist. Das sind ja für bestimmte Einkommensgruppen jetzt auch keine hohen Ausgaben, das wird dann schon gezahlt. Also je mehr Zeit ich darin verbringe, wenn irgendwie meine Basic Needs gedeckt sind, ich brauche irgendwie eine warme Wohnung, ich brauche irgendwas, womit ich irgendwie im sozialen Umfeld zumindest nicht negativ Auf Halle verschiebt sich das dann doch schon recht zügig. Und ein digitales Gut kann auch eine Mitgliedschaft sein in einer Carsharing-Community, wo ich vielleicht einen Basisbetrag sage, aber es gar nicht nutze. Das ist auch ein digitales Gut, weil ich mir das Recht kaufe, auf diesem Pool sozusagen Zugriff zu bekommen. Das war ja in der Vorgängerökonomie noch gar nicht möglich. Auf einmal wird quasi ein Produkt, was vorher physisch gehandelt wurde, jeder hat quasi mehr Autos gehabt, wird jetzt ein digitales Produkt. Und zwar die Bereitstellung eines Autos, dafür muss ich dann zahlen, obwohl gar kein physisches Auto dagegen steht. Also es verschiebt sich schon erstaunlich schnell in allen Kategorien und ich habe selber keine Auswertung über meinen eigenen Account. Ich mache nur dieses Spiel oft mit den Kindern oder den Freunden meiner Kinder, dieses Gutscheinspiel, wenn du jetzt das und das könntest. Es ist schon sehr, sehr, sehr, sehr deutlich, dass quasi mehr Geld quasi hier sozusagen in das digitale Entertainment reingeht. In ganz verschiedenen Ausprägungen.

Joel Kaczmarek: Ich überlege gerade, hat einer von euch die Zahlen von Onlyfans präsent? Weißt du auch, glaube ich, auch was?

Jochen Krisch: Nur von meinem eigenen Account natürlich.

Joel Kaczmarek: Verstehe.

Alexander Graf: Die waren in der Financial Times-Liste der wachstumsstärksten Unternehmen, glaube ich. Letztes Jahr war 800 Millionen.

Joel Kaczmarek: Spricht für Alex These, würde ich sagen.

Alexander Graf: Und die sind in fünf Jahren wirklich explodiert. Also die hat natürlich Corona auch extrem genutzt. Ja, ich fand es ganz interessant, jetzt auch Alex' Argumentation, weil im ersten Moment denkt man virtuell Metaverse, aber man muss genauso denken, wie Alex das beschreibt. Für welche Mitgliedschaften und Leistungen, Services gibt man plötzlich Geld aus, Also eigentlich ist es Verweildauer getrieben.

Joel Kaczmarek: Früher warst du in die Innenstadt gegangen und jetzt ist es unattraktiv geworden. Wo verweilst du vor deinem Screen und dann gibst du auch das Geld aus. So hätte ich es jetzt mal übersetzt, oder?

Alexander Graf: Ja, und der Punkt ist ja, glaube ich, auch der Engagement eine Kennzahl inzwischen. Also wo verbringen die Leute ihre Zeit und wie kann ich sie halten, wo kann ich sie halten, weil ich dann die Chance habe, ihnen einfach auch noch was zu verkaufen. Und ich finde jetzt auch das, was Alex beschrieben hat, auch immer den interessanten Ansatz, um einfach auch als Händler sich andere Geschäftsmodelle zu entwickeln. Dass man eben überlegt, was können Services sein, für die die Leute bezahlen wollen und die integriert. Weil das Thema gilt ja immer noch, also ich glaube, das wird Alex auch immer noch unterstreichen, mit der Handelsmarge allein wirst du als Händler nicht glücklich werden. Und das gilt immer noch und da kommen die Billiganbieter. Das heißt, irgendwas musst du dir überlegen und also in der Theorie ist es ja ganz einfach, ja, Serviceeinnahmen. Aber die Produkte und die Angebote, die du da schneidern musst, das ist halt die Kunst dabei und das Prime ist halt jetzt das Primitivste fast schon, sag ich jetzt mal. Da kann man sich auch viel überlegen.

Joel Kaczmarek: Gut, dann bleibt ja eigentlich nur noch unser Stell dich ein in Sachen Asien, weil bei Alex, das darf das ja glaube ich nicht fehlen, oder? Was ist dein Update dazu?

Alexander Graf: Hier präsentieren wir unseren Timo-Experten, Alexander Graf.

Jochen Krisch: Timo und Shein möchte ich dazu sagen an dieser Stelle. Also ich freue mich ja schon mal, dass wir das Thema haben wir ja quasi initial auf der K5 ja angestoßen, bei Jochen. Da ist ja so ein Temu ist ja dann immer präsenter geworden und jetzt kommen ja auch so ein paar Zahlen um die Ecke, so welche davon jetzt irgendwie stimmen. und was jetzt aber wirklich der Fall ist, das weiß man immer nicht so genau, ob wir jetzt wirklich auf zwei Millionen Pakete pro Tag schon skalieren. Ende des Jahres, gerade mal ein Jahr, nachdem sie überhaupt international gegangen sind, das fände ich schon ultra krass. Dann hätten wir quasi ein Unternehmen, was in einem Jahr dann eine 25 Milliarden Dollar Runrate aufbaut. Das wäre schon abgefahren. Was mich aber freut ist, dass es auf einmal einen neuen Anbieter gibt aus Asien, vor dem sogar Amazon Respekt hat. den Amazon aus den Preisrankings irgendwie rausnimmt, der in Asien auch die bestehenden Anbieter deutlich ans Limit bringt mit JD, Taobao, Alibaba und Co. Und ich habe mich jetzt aufgrund meines Themos Interesse, versuche ich da verschiedenen WhatsApp-Gruppen in China zu folgen und zu gucken, wie wird das eigentlich da konsumiert. Und finde schon, dass wir da mit dieser Discovery-Commerce-Ecke deutlich näher kommen. Und so habe ich auch mal angefangen, als ich bei Autohabit war, als ja Smatch hieß es, glaube ich, ne?

Alexander Graf: Smatch, ja.

Jochen Krisch: Wenn ich meine Freunde inzentiviere, quasi auch noch auf einen bestimmten Link zu drücken bei Temu und das auch zu liken, kriege ich nochmal 5% extra. So eine richtige krasse Gamification, die da irgendwie so alle reinzieht in so einen Sog. Und wenn wir jetzt einmal dieses Thema Ökologie und Ökonomie parken. Ja, es ist schlecht für die Umweltkonsum und es ist schlecht für quasi, dass wir keine steuern. Dass niemand davon irgendwas hat, außer der Lieferfahrer, der auch fast nichts verdient, fairerweise. So, wenn wir das einmal ausblenden, dann finde ich das unfassbar faszinierend, in welcher kurzen Zeit, mit welchen Mitteln die es geschafft haben, das bestehende Dreieck zwischen Angebot, Preis und Verfügbarkeit aufzubrechen, indem sie sagen, nee, Verfügbarkeit ist vielleicht doch nicht so wichtig, wenn wir den Preis halbieren. Das hat vorher von uns keiner auf der Panne gehabt und die haben irgendwie einen Weg gefunden, den Preis zu halbieren. Über verschiedene Maßnahmen müssen wir jetzt nicht irgendwie einsteigen. Das finde ich schon abgefahren. Und wir sehen ja bisher nur die ersten Ausläufer von dem, was Pinduoduo in China gemacht hat. Das ist ja hier noch gar nicht angekommen. Also ich glaube, wir werden im nächsten Jahr eine total krasse Temu-Shi'in-Welle sehen. Stellt euch das mal vor, Jochen hätte jetzt diesen coolen Live-Feed, wo irgendwie tausend Leute immer zugucken. Er könnte jetzt irgendeinen Temu-Feed-Link sozusagen zu Jochens Mikrofon präsentieren. Ihr könnt übrigens auch mir den Mikrofon aufnehmen, kostet 15 Dollar. Wenn ihr auf diesen Link klickt, das gibt es nur noch diese Woche in meiner Farbe orange zum Beispiel. Das haben wir ja noch nicht mal. Das kommt ja jetzt erst in diesen Markt. Und ich hatte ja erwartet mit meiner Keynote bei der K5 bei Jochen, als ich dann gesagt habe, naja, Zalando wirkt jetzt auch nicht mehr super fresh im Vergleich zu Temu. dass es dann Gegenwind gibt. Das sagt, nee, das stimmt doch gar nicht, ich bin voll innovativ. Aber de facto kamen viele Leute danach und sagen, ja, stimmt schon, wir sind auch sehr langsam geworden. Also wie im Sinne von Zalando oder diese Ökonomie. Und das fand ich schon huiuiuiuiuiui. Deswegen versuche ich immer hier in Demut zu baden und mir zu überlegen, bin ich jetzt der alte Grußonkel, den ich damals sozusagen in meinen Anfängen im E-Commerce immer so belächelt habe? Ja, den Typen, der irgendwie bei K-Stadt die Türen aufgemacht hat morgens. Sind wir das jetzt nicht? Und wenn wir das sind wer sind denn jetzt diese jungen Jochens, diese jungen Joels und diese jungen Alexe? und wie ticken die eigentlich? Und ich glaube schon, dass das gerade so eine Phase ist und ich bin auch total froh, dass ich da jetzt nicht nur Unternehmer bin und irgendwie Software verkaufen muss, sondern dass ich da auch irgendwie aktiv so als Zirkusclown in verschiedenen Podcasts oder auf Wühnen daran so mit teilnehmen kann an dieser Diskussion. Das finde ich extrem inspirierend. Also man hat gesagt, man muss diesen Ökologie- und Ökonomie-Teil einmal parken, um einmal die Augen aufmachen zu können und das auch zu verstehen. Und sich nicht immer irgendwie hier von Fickprodukten und Markenrechtsverletzungen Diskussionen ablenken zu lassen. Und dann finde ich es extrem spannend.

Alexander Graf: Ist aber ja auch interessant, also so wie du es jetzt beschrieben hast, ist ja nicht so, wie es wahrgenommen wird. Sondern du beschreibst ja die Mechaniken und was eigentlich da noch möglich ist. Wahrgenommen wird es aber immer, da kommt jetzt der nächste Billig-Discounter und der macht uns jetzt das Geschäft streitig. Weil in dem ersten Punkt bin ich natürlich voll bei dir. Also wir sehen einfach zu wenig Innovation und meine große Hoffnung ist eigentlich jetzt, dieses Jahr war ja großes Open AI Jahr, also meine große Hoffnung ist, dass einfach da jetzt wieder eine Innovationswelle kommt, wie sie eigentlich kam während der Web 2.0-Welle, wo man auch erstmal gesagt hat, alles absurd und jetzt soll jeder irgendwie User-Generated-Content und liken und machen und tun. Und dann kamen erstmal nur auch absurde Modelle und irgendwann hat sich das aber so relativiert, dass man auch gesehen hat, was sich dann wirklich durchsetzt. So ein bisschen sehe ich jetzt Open AI auch als Thema, sodass ich die Hoffnung habe, dass da einfach jetzt eine Innovationswelle am Beginnen ist, die dann auch rüberschwappt und die einfach auch wieder neue Geschäftsmodelle, neue Verkaufsmodelle, Interaktionsmodelle, was auch immer, Also zumindest erstmal eine Testmöglichkeit, aber dann einfach auch auf Resonanz stößt. Weil wir haben natürlich jetzt auch eine ganz andere Generation, die da ist. Und das ist halt die TikTok-Generation, die da eher auf solche Mechaniken und auf so eine Schlagzahl dann auch anspringt, als der gesetzte ältere Herr, der da dem das um die Ohren flickt, wo es dann schwierig wird. Also insofern, das wäre ja auch meine Hoffnung. Und wenn das der Impuls ist, sozusagen, der davon ausgehen würde Würde ich das hundertprozentig unterstreichen. Leider ist die Wahrnehmung ein bisschen anders und ich hoffe nicht, dass die Erkenntnis ist, ah, nur der Preis, der günstigste Preis ist quasi das, was sich durchsetzt, sondern es ist schon eine Kombination.

Joel Kaczmarek: Ja, wobei das hat ja auch wirklich krasse Folgeeffekte. Also ich erinnere mich daran an eine Situation, ich war beim Chiropraktiker und der hat so einen ungefähr drei Meter langen Teppich. auf den man halt auf und ab geht, nachdem man den Rücken da justiert bekommen hat und dann hat er ihn zur Reinigung gebracht und sein Fazit war, es wäre günstiger, den Teppich neu zu kaufen, als ihn reinigen zu lassen. und ich habe ähnliche Erfahrungen gemacht, jetzt mal, das ist natürlich ein Meta-Talk, wenn man jetzt mal an den Gebrauchtmarkt insgesamt denkt, online, es ist ja wirklich quasi, wenn du nicht gerade ein super rares Item hast, super, super schwer, online noch was zu verkaufen. Und auch wenn du jetzt irgendwie zu den Oxfams und evangelischen Missionen dieser Welt gehst, die nehmen teilweise deine Sachen gar nicht mehr an, weil sie die nicht mehr loswerden. Also die Folgeeffekte, die diese Attitüde mitbringen, dass man online schnell und günstig kaufen kann, die sind ja gigantisch, weil wie gesagt, gebraucht verkaufen lohnt sich gar nicht mehr, wenn es neu kaufen, speziell online einfach signifikant billiger und auch more convenient ist.

Jochen Krisch: Ja, ich überlege gerade, ob das wirklich stimmt. Also ja, die Menschen haben ja einen bestimmten Anteil des Possible Income, was sie dann für diese Lifestyle-Produkte investieren würden. Ob das jetzt irgendwie der lustige 3D-Teppich ist oder die Schuhe mit den Rollen drunter, die man so ranklicken kann. Mittlerweile muss ja alles LEDs haben. Die Hälfte der Produkte bei Teemo ist irgendwie ein normales Produkt mit LED-Funktionen. Keine Ahnung, Kaffeeklasse mit LED, Spielmaschinenfest, also es scheint ja da quasi immer wieder neue Dinge zu geben, an die man vorher nicht gedacht hat. Und ich glaube, dieses disposable income wird immer gespendet. Also ich glaube, das wird nicht gespart. Und wenn du quasi irgendwo mehr für dieses Einkommen bekommst, dann machst du das einfach auf. Das heißt ja, um in diese Kreislaufökonomie zu kommen, die du ja beschrieben hast, Dinge müssen einfach so wertig sein, dass sie repariert werden können und dass die Leute auch bereit sind, dafür zu zahlen. Dann müsste ja dann der Staat irgendwann sagen, nee, Kaffeetassen für unter 10 Cent finden wir nicht so gut, weil dann werden die nicht mehr in die Körperspiele gesteckt, die werden immer weggeschmissen. Das lohnt sich nicht. Das wäre schon sehr anspruchsvoll, diese Forderung. Und ich kann es auch keinem verwerfen. Also jetzt kann ich mir vielleicht irgendwie einen guten Kopfhörer leisten für 100 Euro, aber viele andere eben nicht. Die sagen halt, für mich ist halt maximal irgendwie 15 Euro drin. Ich möchte aber auch dieses Noise-Canceling-Feature haben. Ich möchte auch, dass es over ist. Ja, dafür gibt es keinen Zweitmarkt mehr, der das dann für Drei Euro annimmt, dann müsstest du es dann für sechs Euro verkaufen. Das geht halt nicht mehr auf, dieser Case, das verstehe ich. Ich überlege mir im Grunde, was bedeutet das? Ist das negativ für die Kreislaufwirtschaft? Ist es gut für die Müllhaltung? Du hast einfach mehr Sachen, die du verbrennen kannst? Das ist immer schlecht.

Alexander Graf: Aber ich bin gerade wieder sehr an Innovationsthemen dran. Und für mich ist ein Bereich, der auch Innovation unbedingt braucht, ist der ganze Secondhand- oder Schrägstrich Green-Retail-Bereich. Wo vieles gut gemeint ist, aber einfach nicht funktionieren kann, weil entweder die Produkte nicht werthaltig genug sind oder die Konzepte nicht. Und das finde ich auch spannend jetzt, wo das Thema eigentlich schon durch ist, sich jetzt nochmal Gedanken zu machen. Die Leute haben jetzt ein Bewusstsein und sie wären im Prinzip auch bereit, jetzt sich zu überlegen, wie können jetzt wirklich vernünftige, smarte Konzepte in dem Bereich aussehen. Also das ist auch für mich nochmal ein großer Bereich, wo viel passieren kann und der sicherlich nicht von denen getrieben wird, die jetzt schon da sind, sondern wo es einfach Innovationstreiber braucht, die Themen anders rangehen.

Joel Kaczmarek: Sehr gut, haben wir doch heute einen schönen Ritt unternommen, würde ich sagen. Also ich glaube, auch schnelle Handlungsableitungen waren mit dabei. Haben wir noch irgendwas vergessen, Jochen? Du hast heute mal das Schlusswort.

Alexander Graf: Aus meiner Sicht nicht. Also ich hoffe, dass man es nicht so, also gerade habe ich das Gefühl, es ist so eine depressive Stimmung, dass das nicht die durchgehende Meinung ist und dass man es schon differenzieren muss.

Jochen Krisch: Ich habe noch eine Frage für Jochen.

Alexander Graf: Ja, dann mach mal.

Jochen Krisch: Ja, und zwar, meine Frage an dich wäre, wann der IPO-Markt wieder so ein bisschen anfährt. Wir hatten jetzt ja in diesem Jahr so ein paar IPOs mit Birkenstock und so ein paar Digitalunternehmen, die aber alle nach so einem Mini-Dip dann doch wieder bis runtergekommen sind in der Bewertung. Was ja bedeutet, dass der Aktienmarkt die Sachen, die jetzt an die Börse kommen sollen, immer noch zu teuer findet. Und der Professor Galloway hat das irgendwie beschrieben, indem er gesagt hat, naja, der Markt hat sich daran gewöhnt, dass jetzt auf einmal VCs so lange in den Unternehmen festhalten, wie es nur geht und dann eigentlich nur den Rest sozusagen dampfen an der Börse. Und solange das immer noch der Glauben ist an der Börse, Wird das auch nicht mehr besser? Das heißt, das IPO-Fenster geht dann auch nicht mehr auf. Das heißt, die Bewertungen müssten noch viel weiter runterkommen, damit die Aktionäre dann auch einen Profit haben langfristig. Und du bist ja dort beruflich unterwegs in diesem Markt und wirst ja auch Unternehmen kennen, die vielleicht so an einem IPO arbeiten oder im nächsten Jahr darauf hoffen, weil Nächstes Jahr ist also ein bisschen das Jahr der Wahrheit. Viele Unternehmen sozusagen suchen dann entweder neues Geld oder müssen an die Börse. So, darauf bereiten sie jetzt irgendwie vor. Wie schätzt denn du das ein? Was ist denn da so deine Sicht? Ist es so, dass die Unternehmen immer noch zu ineffizient sind, zu teuer oder Geschäftsmodelle gerade noch gepusht werden, die einfach nicht so geil sind?

Alexander Graf: Ich glaube, das, was du jetzt beschrieben hast oder was man generell im IPO-Markt immer realisieren kann, liegt in der Natur der Sache. Natürlich, die, die verkaufen wollen, wollen das Maximum rausholen. Aber ob man die Unternehmen jetzt unbedingt früher, wenn sie noch unprofitabel sind, haben will, als später, wenn sie dann eben schon profitabel sind, ist dahingestellt. Aber die Bewertungen werden immer absurd sein, wenn sie an die Börse gehen. Also ich glaube, das liegt fast in der Natur der Sache. Nee, aber dieses Jahr war ja eigentlich schon ein ganz schönes Börsenjahr. Also Instacart, habe ich lange darauf gewartet, dass Instacart an die Börse geht und hat einen guten Eindruck gemacht, hat auch gezeigt, was in dem Food-Markt drin ist. Und Audity, das hat niemand wahrgenommen, aber wirklich ein schöner Beauty-Player, die wirklich innovativ sowohl im Verkauf sind als auch in der Produktion. Ein schönes Unternehmen auch zu vernünftiger Bewertung. Ich würde es mal mich so rauswinden und sagen Es hängt vom Unternehmen ab. Ein richtig schönes, gutes Unternehmen mit tollem Geschäftsmodell wird auch da seinen Markt finden. Und es wird halt nicht mehr so schnell eine Welle kommen, wie wir sie hatten, wo im Grunde jeder, der irgendwie den Corona-Boom gut gemeistert hat, mit extremer Bewertung dann an die Börse gehen konnte. Also es wird keinen Boom geben, glaube ich nicht, was die IPOs angeht. Aber das sind einfach schon ein paar Unternehmen da, die jetzt lang genug am Markt sind. Und ob jetzt ein Ski-In kommt oder andere kommen, also das kann sich auch schnell wieder ändern, wenn dann plötzlich mal so ein Ausreißer da ist. Das war ja auch vor zehn Jahren, als das losgegangen ist mit Alibaba, mit anderen auch so. Also dass dann ein paar heraus, wie sagt man, Ausreißer kamen. Und dann hat sich wieder so ein Markt generiert. Also ich glaube, die Börse hat halt gerade generell ein Problem, weil einfach die Zinsen höher sind und weil das nicht mehr die einzige Möglichkeit ist, um vernünftige Renditen zu bekommen. Aber ich weiß nicht, ob ich das runterbrechen würde auf die einzelnen Unternehmen. Ich hoffe natürlich sehr, dass das einfach wieder mehr passiert. Aber ob das jetzt kommendes Jahr oder 2025 erst passiert oder wann auch immer, kann ich nicht sagen. Aber ich würde schon sagen, wir haben bestimmt, also A, wir haben dutzende Unternehmen dabei, Pipeline, die Börsenreif wären. Und ich hoffe, dass wir da ein, zwei Handvoll wirklich solide Unternehmen haben, die dann einfach an die Börse gehen können. Und dann würde ich es aber isoliert betrachten, jedes Unternehmen für sich.

Joel Kaczmarek: Stellt dich das zufrieden, Alex?

Jochen Krisch: Ja, also Ich versuche da so viele Stimmen zu sammeln und Perspektiven zu sammeln, die ich bekommen kann, quasi um mir selbst quasi auch dieses Sicherheitsgefühl zu geben. Also Sicherheitsgefühl im Sinne von, okay, wie kann ich eigentlich planen, wo geht es dann nach vorne. Wie gesagt, droht eventuell, dass sich nichts verändert.

Alexander Graf: Alex denkt an den Spiker-Börsengang. Er versucht jetzt vom Timing her herauszufinden, wann ist da der günstigste Zeitpunkt.

Jochen Krisch: Also wenn ich mir so anschaue, wie es unserer Peergroup an der Börse gegangen ist mit BigCommerce und Vitex und Co., weiß ich nicht genau, ob das jetzt so erstrebenswert ist.

Joel Kaczmarek: Habt ihr eigentlich momentan das Problem, dass hier eurer ursprünglich sehr hohen Bewertung hinterherläuft, dass sozusagen der problematische Markt euch dann auch ins Hintertreffen gebracht hat?

Jochen Krisch: Na, wir hatten ja, also das Glück oder das Pech, wir haben das letzte Mal ja Geld angesammelt 2020, da waren die Bewertungen ja noch moderat. Wir haben ja nie eine Milliardenrunde oder sowas gemacht als Primärrunde, deswegen haben wir jetzt nicht das Problem vieler direkter Wettbewerber, die dann quasi auf ihren Milliardenbewertungen so ein bisschen sitzen bleiben wahrscheinlich. Aber klar, es wird alles gechallenged, auch wir müssen Geld verdienen und zeigen, dass man Geld verdienen kann, ja, klar. Aber das geht uns genauso wie allen auch, nur dass wir nicht irgendwo so eine fiktive 4-Milliarden-Runde oder 2-Milliarden-Runde in den Büchern haben. Die ist schon schwer wiederzubekommen, glaube ich.

Alexander Graf: Ja, das stimmt.

Joel Kaczmarek: Gut, also da geht es den Grafen wie den Menschen, könnte man sagen. Ihr beiden, es war sehr schön, euch mal wieder gesprochen zu haben und bis zum nächsten Mal. Vielen, vielen Dank.

Jochen Krisch: Tschüss. Tschüss.

Outro: Danke für's Zuschauen beim Digital Kompakt Podcast. Du merkst, hier ziehst du massig Wissen für dich und dein Unternehmen heraus. Wenn du mit uns noch erfolgreicher werden möchtest, abonniere uns auf den gängigen Podcast-Plattformen. Und hey, je größer wir werden, desto mehr Menschen können wir helfen. Also erzähl doch auch deinen Kolleginnen und Kollegen von uns. Bis zum nächsten Mal.

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