So beschleunigt Corona die Zwangsdigitalisierung des Handels
27. April 2020, mit Joel Kaczmarek, Alexander Graf, Jochen Krisch
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Joel Kaczmarek: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen E-Commerce-Crossover-Podcast von digital kompakt. Mein Name ist Joel Kaczmarek und heute hört ihr wieder eure drei Online-Klugscheißer, die euch jetzt mal ein bisschen Strategien für Corona mit an die Hand geben und ein bisschen sagen können, wir haben es euch ja schon immer gesagt. Nein, Spaß beiseite. Also, ich glaube, jeder hat da draußen gerade ein bisschen schwere Zeit, wenn er sich mit Handel beschäftigt. Und wir wollen natürlich das ernst nehmen, aber auch manchmal ein kleiner Scherz da vielleicht auch sein. Long story short, wir reden heute über Corona-Strategien. Das heißt, aus dem heutigen Podcast nimmst du mit, wo stehen wir drei eigentlich? Das heißt, wir erzählen auch mal ein bisschen was von unseren Geschichten. Wir gucken natürlich, was passiert gerade im Online-Handel, also generelle Konsumflaute, es gibt nur Bedarfskäufe und so weiter und so fort, wo wir versuchen abzuleiten, wir sind eigentlich gerade Gewinner, wir sind gerade Verlierer. und worauf kommt es eigentlich an, wenn ich digital arbeite, was jetzt umso wichtiger ist. Also was von dem Handwerkszeug hat jetzt besondere Relevanz? Deswegen die Klugscheißer, die meinen, sie haben es ja schon immer gesagt. So, natürlich, wenn wir auch ein oder zwei Sätze mal drüber verlieren, wenn ich ein Stationärer bin, was für Online-Strategien können mir jetzt helfen? So, that being said, meine anderen beiden Klugscheißer, Jochen Krisch und Alex Graf, hallo, schön, dass ihr da seid.
Jochen Krisch: Hallo Joel.
Alexander Graf: Moin, moin.
Joel Kaczmarek: Aber ihr verkloppt mich nicht, dass ich hier solche Sachen über uns erzähle.
Alexander Graf: Ach, ist ja nur die Wahrheit. Ja, gut.
Joel Kaczmarek: Hervorragend. Dann lasst uns doch mal straight reintauchen. Ich glaube, die Leute, könnte ich mir vorstellen, sind auch ein bisschen interessiert, was bei uns gerade so passiert. Mögt ihr mal erzählen, wie euch jetzt die aktuelle Situation betrifft? Also Jochen, du hast ja zum Beispiel eine große Konferenz. Alex, du hast viele Händler als Kunden. Was passiert bei euch gerade?
Jochen Krisch: Ja, die K5 ist so ein bisschen noch in der Schwebe. Wenn man jetzt sagt, so nach Ostern wird alles gut, also wir sind jetzt Anfang April in der Aufzeichnung, dann können wir den Ende-Mai-Termin halten. Andererseits haben wir uns auch um Alternativtermine jetzt bemüht. Und wenn alle Stricke reißen, auch um Alternativkonzepte. Also wir sind ja gerade relativ kreativ veranlagt. Aber natürlich trifft uns das erst mal voll, weil wir alles ausbremsen mussten. Und man sieht ja jetzt auch, viele Veranstaltungen haben abgesagt. Also insofern ist es vor dem Hintergrund schon in Anführungszeichen, schwierige Phase, worüber ich sehr dankbar bin, dass uns viele die Treue halten und einfach sagen, ja, jetzt gucken wir mal, welche Alternativen und welche Möglichkeiten es gibt. Das ist natürlich immer das Schwierige als Eventveranstalter. Aber ich hoffe sehr, also das wäre unser Zehnjähriges und wir haben uns auch die nächsten zehn Jahre eigentlich vorgenommen. vom Thema her und ich glaube, das ist auch unabhängig noch relevant, aber wir hängen gerade so ein bisschen in der Luft, muss man auch sagen.
Joel Kaczmarek: Alex, wie ist es bei dir?
Alexander Graf: Ja, das Kassenzone-Geschäft läuft weiter wie bisher. Ja, Artikel gehen online, Podcasts werden aufgenommen, da gibt es quasi keinen Einbruch. Ich kann sogar jetzt noch mehr Podcasts aufnehmen, weil die Leute jetzt ja immer per Definition zu Hause zu erreichen sind und das Tooling auch da ist, um das aufzuzeichnen. Bei SpriteGuard ist ja mit Boris schon ein bisschen drüber gesprochen. Da gibt es so verschiedenste Sichtweisen, die man so anschauen muss. Auf der einen Seite sehen wir natürlich, dass so eine Krise dazu führt, dass man erstmal alle Prozesse im Unternehmen hinterfragt, dass man sich alles nochmal ganz nah anschaut. Das ist, glaube ich, sehr gesundend, weil man sich auf das konzentriert, was wirklich funktioniert. Perspektivisch dürfte uns die Krise wahrscheinlich eher helfen, weil das ganze Thema Digitalisierung für große Unternehmen deutlich stärker nach vorne gezogen wird und Investitionsentscheidungen in diese Richtung auch schneller getroffen werden dürften, wenn sich dann mal abzeichnet, wann das wieder Richtung Normalität führt. ähm, ausgesteuert werden kann, also da, äh, da sehen wir eher, äh, sehen wir eher einen Effekt quasi bei großen Accounts, ähm, die dann, äh, sicherlich jetzt erstmal sagen, okay, wir müssen erstmal abwarten ein paar Wochen, was passiert eigentlich, also es gibt, es herrscht immer noch eine große Unsicherheit und, äh, das, ähm, einmal eins des Management-Lehrbuchs sagt ja jetzt auch nicht, äh, in großen Krisenbau einen Online-Shop. Das versuchen wir jetzt bei diesem Podcast ja ein bisschen auch zu verändern. Deswegen muss man das zweigeteilt sehen. Ich glaube, der kurzfristige Effekt ist sicherlich erstmal so ein bisschen sich darauf konzentrieren, dass die bestehenden Kunden irgendwie happy sind, dass man denen helfen kann, dass man quasi Top-of-the-Funnel-Initiativen so ein bisschen zurückfährt, weil alle Leute so ein bisschen in so einer Warteposition sind und dass sie natürlich auch so Industrie-Outlooks ändern. Wir reden ja gleich über verschiedene Industrien, wer profitiert, wer Das profitiert nicht. Die Krise katalysiert halt enorm und befördert halt bestimmte Industrien, die vielleicht nicht so in unserem Fokus waren bisher, wie Telco und auch andere, so ein bisschen mehr in den Fokus. Da muss sich das Sales-Team auch ein bisschen wärmer anziehen. Aber was ich bisher so erlebt habe in den letzten vier Wochen, ist, es schweißt enorm zusammen. Sorgt halt für eine sehr, sehr hohe Disziplin und weil halt der grundsätzliche Outlook in unserem Geschäftsmodell eher positiv ist und wir natürlich jetzt nicht wie ein E-Commerce-Anbieter vom Tagesgeschäft leben, irgendwie Lagerware abzuverkaufen, sondern ja auch so einen Recurrent Revenue haben, was uns eine gewisse Stabilität gibt. haben wir jetzt keine fundamentalen Sorgen. Wir warten jetzt genauso wie Jochen auch bei der K5 eher auf so einen Plan der Regionalregierung oder sozusagen der Bundesregierung, wie man da wieder rauskommt. Und dann dürfte sich das eher positiv abzeichnen. Und dadurch, dass niemand weiß, wann es diesen Plan gibt und was der eigentlich heißt, ja, können wir quasi im Oktober alle wieder entspannt in den Herbsturlaub fahren oder können wir schon irgendwie im Juni uns überall wieder treffen, herrscht natürlich noch, auch in unserer Industrie, noch viel Unsicherheit vor. Das muss man schon sagen.
Joel Kaczmarek: Also bei uns ist es zum Beispiel so, wir merken schon, dass uns Kunden wegbrechen. Also auf der Werbepartnerseite haben wir sicherlich Leute, die da einfach aus der Kurve getragen werden. Oder wenn wir mit Leuten koproduziert haben, sind uns sozusagen Aufträge abhandengekommen, dadurch, dass die halt Kunden haben, die ihnen nicht mehr zahlen können. Das heißt Unterm Strich, was ich ehrlicherweise beobachte ist, vielleicht ist es ja im Handel ähnlich, können wir mal schauen, ist am Anfang so eine große Zurückhaltung, also irgendwie alle waren anfangs im Panikmodus, alles wurde eingestampft, alle Kosten runtergefahren und jetzt merkt man so ein bisschen, oh ganz ohne geht es ja doch nicht und es kommt so ein zaghaftes Wieder-Zurückkehren, also ich bin da eigentlich verhalten optimistisch, ich glaube die große Welle kommt ja erst noch, wenn hier Rezession ansteht und so weiter. Da wird es dann spannend, aber ich muss sagen, also ich weiß nicht, wie es euch geht, ich finde ja Krise ehrlich gesagt eher stimulierend, also ich finde natürlich nicht toll, dass es vielen Leuten da schlecht geht und dass es da Tote gibt, keine Frage, aber so von dem, man muss umdenken, man ist irgendwie gezwungen, sich neue Sachen auszudenken, das finde ich macht eher Spaß, also produktseitig tun wir gerade so viele tolle Sachen, merke ich bei uns und räumen uns so auf, das finde ich eigentlich ganz angenehm, aber die Kommunikation ist natürlich. Also das ist mal so an unserer Front. Vielleicht muss ich bald wieder unseren Digital Kompakt Spendenverein hier wieder reaktivieren. Nein, Spaß beiseite. Also ich glaube, jetzt ist wichtig, dass man mit klarem Kopf sich gute Dinge überlegt und lasst uns in diesem Sinne doch mal in den Markt rein starten. Lasst uns mal als erstes betrachten, wie sich der Onlinehandel durch Corona denn verändert hat. Der Kollege Graf hat mir so eine schöne Übersicht auch gerade nochmal rüber geschickt mit den Kategorien im E-Commerce. Year-on-Year-Vergleich, also wie haben sich im März 2020 das Geschäft im Vergleich zum März 2019 verändert? Vielleicht ist das ja immer so ein interessanter Kick-Off, also ich sehe auf Platz 2 mit über 650% Wachstum sind zum Beispiel Brotmaschinen, ne? Sowas finde ich ganz interessant. Oder Platz eins sind Handschuhe.
Alexander Graf: Damit wird ja auch schon mal erklärt, warum das Mehl überall alle ist. Wer sich gefragt hat, warum überall Mehl ausverkauft ist, weil die Leute jetzt selber Brot backen deswegen.
Joel Kaczmarek: Ja, ich sehe auch, Jochen hat auch seinen Anteil an dieser Liste. Auf Platz acht nämlich hier Hanteln, 307 Prozent gestiegen. Also da hast du vielleicht auch mit dran gewirkt. Oder auf Platz neun Ja, siehste? Auf Platz 90 mit 89 Prozent Wachstum Ping-Pong-Kellen. Also vielleicht kann man Homeoffice auch für Ping-Pong nutzen. Also, lange Rede, kurzer Sinn, wenn man sich so eine Liste mal ein Stück weit anguckt, man sieht natürlich ganz viel so im Bereich Sanitär, Medizin und alles, was irgendwie in Richtung Prepper geht, also Brot backen, Reis in großen Mengen kaufen oder irgendwie Cereals. Was seht ihr denn sonst so als Großgewitterlage sozusagen im Online-Handel?
Jochen Krisch: Ich glaube, ich muss sogar noch einen Schritt zurückgehen und einfach sagen, der Online-Handel ist natürlich der Gewinner jetzt in der ganzen Phase. Wenn die stationären Läden geschlossen haben oder schließen mussten, das ist ja nicht ihr Verschulden, dann verlagert sich das natürlich Richtung Online. Das merkt man am meisten gerade an den Tierfood, da ist natürlich ein Thema, die ganzen Food- und Alkoholprodukte. Dienste, die sehr an Verbrauchsgütern und Gütern des täglichen Bedarfs sind, boomen und boomen wirklich. Also doppelte und dreifache Bestellmengen, die da zum Teil da sind. Also wir haben wirklich operative Herausforderungen, die Logistik so auszurichten, gerade in dieser Phase und diese Nachfrage zu bewältigen, den Backlog abzuarbeiten. Amazon natürlich als Profiteur, da merkt man ja auch, dass Amazon so unter Überlastung ist, dass sie einfach bestimmte Kategorien ausblenden und andere bevorzugen. Und das ist auch eine Chance jetzt wieder für andere Spezialisten zum Beispiel in dem Bereich. Also deswegen auch, wenn man jetzt sieht, natürlich im Modebereich sind die Einbrüche am stärksten, weil das ist das, was man im ersten Moment am wenigsten braucht. Da sind es halt dann 20, 25, 30 Prozent Nachfrageeinbruch bei Asus, bei Zalando und wie sie alle heißen. Aber auch das ist eine Relation natürlich noch wenig im Vergleich zu den stationären, die wirklich quasi auf Null gefahren sind oder so ein bisschen ihre 10 Prozent dann über Online vielleicht noch machen. Also die Zaras und H&M sind natürlich sehr viel stärker. betroffen da. Deswegen ist das in Anführungszeichen, auch wenn wir jetzt in Anführungszeichen jammern, auf hohem Niveau im Vergleich dazu. Also das ist auch das, deswegen bin ich vergleichsweise entspannt auch in die Krise gegangen aus Handelssicht, weil ich mir gedacht habe, okay, der Handel muss sich beweisen im Prinzip. Jetzt sind wir in der dritten Woche, jetzt gehen wir dann in die vierte Woche, wo die Situation ist und der Handel kann jetzt einfach beweisen oder der Onlinehandel kann beweisen, ob er das auch stemmen kann. Und zugleich gibt es einem ja auch ein bisschen eine Vorschau, was denn passieren wird. In den nächsten Jahren haben wir diesen Shift weiter von offline zu online. Und da kann man sich schon mal ein bisschen mental darauf einstellen in bestimmten Kategorien. Und man sieht auch, und das ist der letzte Punkt, wo Nachholbedarf ist. Man sieht einfach, wie wenig ausgebaut der Online-Food-Bereich ist und wie die gerade alle überlastet sind. Von Rewe, Picknick, alles, was in dem Bereich da ist. Die Leute würden gerne jetzt sich das liefern lassen, können aber nicht. Und die tun sich auch sehr, sehr schwer, das umzustellen. Rewe kursiert gerade ein Foto, was ich sehr spannend finde, dass sie nicht mehr nur auf ihre eigenen Lieferfahrzeuge setzen, sondern Mietwagen nutzen und angemietet haben, wo dann nur so ein kleines Schild drin steht, Rewe Lieferservice. Also alle die, die einfach unter Nachfrage schüben, leiden, in Anführungszeichen, oder die bekommen, improvisieren natürlich. Die anderen müssen gucken, dass sie das liquidätseitig über die Runden bekommen. Aber generell ist, ich meine, es ist schon wieder am Anfang auch gesagt, das ist schon eine spannende Phase, weil die Krise einfach auch erfinderisch macht und man sieht einfach, was drinsteckt. Was mich aber über allem sehr freut, ist die Professionalität, mit der das Ganze gemanagt wird und dass man bei keinem so wirklich die Sorgen haben musste, dass da jetzt irgendjemand groß aus der Kurve fliegt, sondern Das ist alles sehr professionell gemanagt, muss man auch sagen.
Joel Kaczmarek: Wie siehst du das, Alex? Was schätzt du so ein? Also Jochen sagt, Online-Handel als der große Gewinner, mit aber sozusagen Abstrichen je nach Segment. Teilst du diese Sicht?
Alexander Graf: Ja, also diese Ansicht teile ich. Ich habe ja aus verschiedenster Perspektive, bin ich ja da immer interessierter. Aus der einen Sicht interessiert es mich aus einer Spiker-Perspektive, also welche Unternehmen profitieren eigentlich, an wen muss ich mich jetzt eigentlich richten? Dann natürlich auch als Anleger, wer profitiert nachhaltig davon? Ähm, dass der Online-Handel jetzt Kunden gewinnt, äh, in diesem Jahr, die er sonst vielleicht erst über die nächsten fünf, sechs, sieben Jahre gewonnen hätte, weil die jetzt gezwungen sind, von zu Hause zu bestellen, sei es jetzt in ihrem lokalen, äh, Restaurant, äh, irgendwie das Abendessen, ähm, sei es vielleicht die Gartenmöbel, die man sich vielleicht im geschlossenen Baumarkt, jetzt geschlossenen Baumarkt, äh, gekauft hätte. Da bin ich 100% von überzeugt, dass es wird dem Onlinehandel einen massiven Schub geben. Bei den Kategorien, also bei der Kategorieübersicht, über die du gerade gesprochen hast, das ist natürlich teilweise anekdotisch, weil ja sehr viele Effekte nur sehr kurzfristig sind, also irgendwann wird auch der Markt der Brotbackmaschinen gesättigt sein. Ja, da würde ich jetzt also jetzt nicht zwingend morgen in die Aktie eines Brotbackmaschinenherstellers einsteigen, aber auch da sehe ich natürlich grundsätzliche Verschiebungen, also was jetzt diese Krise auslösen wird, ist natürlich dieses Prepper-artige Business, ja, irgendwie Hochgärten, also sozusagen, die man dann sich selber irgendwie anlegt und so Dinge der Selbstversorgung und so. Da wird es, glaube ich, schon einen deutlichen Schub geben, auch über die Jahre hinaus. Für mich am spannendsten ist aber, welche Handelsformate profitieren davon. Und da sehen wir ja ganz klar, entweder sind es die großen Marktplätze, also auch ein eBay wird, denke ich mal, einen Schub davon ziehen dieses Jahr, aber vor allem ist es auch wieder Amazon. die profitieren, die ja in der Börsenbewertung wieder schon zurück sind auf der Vorkrisen, auf fast dem Vorkrisenniveau, was ja schon bezeichnend ist, in einem Markt, der irgendwie 30 Prozent runtergegangen ist, aber, und das finde ich jetzt am allerspannendsten, und das haben wir auch immer ein bisschen besprochen in dem Podcast, die Unternehmen, die diesen direkten Zugang auch selber managen, sei es jetzt ein Shoei, sei es ein Sei es ein Zooplus, sei es auch ein Metro, also die selber die Online-Plattform bereitstellen, die selber auch liefern können, die selber vertikal aufgestellt sind, die profitieren natürlich am allermeisten, weil sie am schnellsten reagieren können und jetzt einen Kundenstamm aufbauen und die Unternehmen, die möglicherweise von Amazon quasi als nicht systemrelevanter Vendor eingestuft werden und damit ihre Ware gar nicht mehr auf die Plattform bekommen, die aber bisher immer ihre Online-Strategie bezeichnet haben mit, ich mache jetzt Amazon, die sind natürlich aufgeschmissen. Und das zeigt sich jetzt, dass die entweder handeln müssen, also entweder bauen sie jetzt selber ein Direktvertriebs-Business auf und holen da ihren Kopf aus dem Sand, oder sie bleiben für immer und ewig quasi hinter dieser Marktplatzbarriere. Und dass sich das jetzt einmal so schnell katalysiert, also diese Effekte, die wir bisher ja nur theoretisch beschrieben haben, Kundenzugang, Vertikalisierung, Das zeigt sich jetzt ja alles innerhalb von vier Wochen. und wenn du jetzt ein Hersteller bist, der seine LKWs nicht mehr vom Hof bekommt, obwohl du vielleicht noch alles produzieren kannst, vom, keine Ahnung, Klopapier bis hin zur Brotbackmaschine und einem Marktplatz ausgeliefert bist, der die Regeln natürlich so interpretiert, dass dein Börsenkurs am besten davon kommt, das finde ich super spannend und da gucke ich mir quasi jeden Tag an, was das für Effekte davon trägt.
Joel Kaczmarek: Gut, ich meine, es kommt natürlich ein bisschen darauf an, glaube ich, wer deine Kunden sind, weil du gerade Metro als Beispiel hattest, also was ich so mitgekriegt habe in deren Verlautbarung war ja, glaube ich, dass die pro Monat Lockdown irgendwie 500 Millionen Euro Umsatz verlieren, weil deren Kunden zum Beispiel die Restaurants sind, also da können wir ja gleich nochmal darauf eingehen, wer quasi von seiner Positionierung im Vertical her Gewinner und wer Verlierer ist, aber Dann lerne ich jetzt erstmal grundsätzlich Zeitraffer-Effekte quasi, also alles, was an Digitalisierung, Online-Bildung stattgefunden hätte über Jahre, passiert jetzt in Wochen. Die Akzeptanz steigt und je direkter ich im Kundenzugang bin, je mehr Kontrolle ich habe, desto stärker. Generell machen die denn wirklich alle mehr Umsatz, weil ich hätte ja eigentlich gedacht, was ich auch so im Gespräch mit Boris damals irgendwie mitgekriegt habe, war, dass Umsatz per se eigentlich erstmal runter geht. Also in der Krise wird ja eigentlich nicht gekauft. Heißt das, ich habe so ein bisschen Spezialisten, die nachgefragt werden qua Krise und hinterher habe ich eine höhere Online-Durchdringung oder wie muss ich mir das vorstellen?
Jochen Krisch: Also man muss es wirklich im Modesegment sehen. Da ist es extrem. Aber selbst im Einrichtungsbereich ist es so, dass die weder Plus noch Minus machen. Beziehungsweise Wayfair hat bekannt gegeben, dass sie eher Plus machen in dem Bereich. Hängt immer ein bisschen davon ab, wie sie positioniert sind, wie sie gerade die Kunden auch aktivieren können. Aber man muss es sich einfach vorstellen. Also selbst die stationären Läden sind zu. Das heißt, all die Nachfrage, die da nicht gemacht werden kann, Ein bisschen was schwappt immer über und bei manchen eben auch sehr viel, das überschwappt. Und das ist auch so ein bisschen, wenn man ein bisschen weiterdenkt einfach, wenn das noch länger geht, also sowohl jetzt von der Nachfrageseite als auch von der Angebot. Das ist natürlich auch alles Angebot, das brach liegt und das tendenziell irgendwann mal online kommt. gebracht werden kann und dort abgesetzt werden kann. Also da muss man nicht bange sein. Also ich glaube, das ist nur, also das ist halt so irritierend, weil jetzt gerade gibt es diese schönen Studien oder Umfragen, wenn der BVH eine Umfrage macht und dann sagt, der Onlinehandel darf, in Anführungszeichen, dann hat er nur seine Mitglieder befragt. Dann ist nicht ein Amazon drin, dann sind nicht die Online-Spezialisten drin, so Plus oder andere, wo es wirklich boomt. Und insofern ist das immer so, ist das immer echt irritierend, weil das quasi als Branchen- Eindruck genommen wird. Aber zum Beispiel, ich habe ja als Vergleich immer noch den Global Online Retail Fonds, also Glory Fonds, wo an die 40 Unternehmen jetzt drin sind, die alle Online Pureplay machen. Wenn du dir da anguckst, und die haben ja jetzt alle ihre Corona-Updates herausgegeben. Dann sind es wirklich nur die Modeversender, wo es wirklich kriselt, 20, 30, 40 Prozent nach unten geht. Alle anderen müssen sich alle um Kapital natürlich sorgen, weil sie ihr Liquidität sichern müssen, aber zum Teil eben auch wegen Nachfrageschub. Und um da noch eine Einschätzung zu geben, wenn man sich zum Beispiel die Kursentwicklung anguckt, alle Börsen, Alex hat es schon angedeutet, sind eingebrochen. um 20, 25 Prozent. Jetzt im ersten Quartal, der Glorifond ist minus 12 Prozent und hat sich jetzt Anfang April, jetzt wenn wir sprechen, erholt, sodass es seit Jahresanfang minus 7 Prozent sind. Das ist halb so viel wie Andere. Und Nasdaq ist zum Quartalsende bei minus 14 Prozent gewesen. Also gar noch besser als jetzt die eher technologieorientierten Unternehmen. Und so ist es einfach auch. Also wenn ich auf was jetzt wetten würde, in dieser ganzen dramatischen Lage, wo sämtliche Industrien einbrechender Niederliegen nicht produzieren können, worauf würde ich dann setzen? Onlinehandel. Oder ich brauche was. Und solange die Prozesse noch funktionieren, und da müssen wir auch dankbar sein, sollten wir zumindest kurz erwähnen, dass Onlinehandel natürlich sehr angewiesen ist auf die Lieferdienste. Also da muss man sagen, die funktionierende DHL, die ihr Geschäft aufrechterhält, oder andere, die einfach das selber in die Hand nehmen, wie Amazon, wie Picnic oder so. Damit steht es und fällt es auch. Aber das braucht jetzt diese zwei bis drei Wochen, damit das einfach nach den neuen Regeln eingetütet würde. Und jetzt geht es eigentlich wieder nach vorn. Und jetzt guckt man, wie man zum Beispiel auch Marketing wieder hochfährt. Und das ist ja auch alles passiert. Zum Teil sind die Nachfrageeinbrüche, weil man sofort alles gestoppt hat im Krisenmodus. Und jetzt pendelt es sich langsam ein und jetzt kann man gespannt sein, wie das wieder hochgefahren wird und wie sich dann die Situation entwickelt. Aber da bin ich eigentlich bei Alex. Das ist alles, das passiert jetzt nochmal im Zeitraffer, was ohnehin passiert wäre. Und man sieht jetzt einfach auch, wer welche Schwächen hat.
Joel Kaczmarek: Gut, also ich lerne wahrscheinlich so ein Stück weit, wir haben ja mit unserer Liste hier auch eröffnet, um ein bisschen Entertainment-Faktor drin zu haben, wenn wir von Brotmaschinen geredet haben, also generelle Konsumflaute und gerade viel Bedarfskäufe, aber jetzt online und wenn da sozusagen die Logistik auch funktioniert, eigentlich als spannendster Faktor. Wir können ja jetzt mal einen kleinen Shift machen, also ich glaube, dass stationär jetzt irgendwie nicht gut dasteht, ist kein großes Geheimnis und über Folgen braucht man sich jetzt wahrscheinlich auch gar nicht so viel ausmalen, da muss man gar nicht so kreativ sein, aber was würdet ihr denn jetzt zum Beispiel sagen, Was wären denn Online-Strategien, die Offliner jetzt kurzfristig einsetzen könnten, um dieser Krise zumindest ein Stück weit zu begegnen?
Alexander Graf: Vielleicht kann ich da mal starten. Vielleicht muss man gar nicht so das als Offliner reduzieren, sondern eher auf die Unternehmen, die noch keinen Online-Zugang haben. Das muss ja nicht unbedingt ein Händler sein, das kann ja auch ein Hersteller von Toilettenpapier sein, das kann auch ein Hersteller von Schokolade sein. Alles das sind ja Unternehmen, die ja bisher klassisch von sich gesagt haben, mein Sortiment ist nicht online relevant, weil das wird so selten gekauft, ist immer im Rahmen eines Mischwarenkorbs wird es irgendwie mitgekauft. Da hänge ich mich irgendwie hinter Rewe oder hinter Amazon. und auch die Offliner, die bisher gesagt haben, online ist für uns jetzt keine zentrale Eigenschaft, das betrifft ja zum Beispiel die ein oder andere Apotheke. Die hat nochmal eine etwas andere Perspektive. Fangen wir doch mal mit denen an, die ihr Sortiment bisher im Wesentlichen über den Großhandel verkauft haben oder an Marktplätze. Und das können ja auch genau diese Klopapierhersteller sein, auch wenn es gerade irgendwie so ein Hype-Produkt ist. Macht das denn Sinn für einen Hagler oder für einen Fripa oder für andere, ihr Vertriebssystem Richtung Online-Direktverkauf auszurichten? Da, wo wir vielleicht vor einem Jahr, vor zwei Jahren gesagt haben, ja, schwierig zu sagen, Kundenfrequenz vielleicht nicht groß genug. Also, wenn nicht jetzt, wann denn dann? Also, jetzt ist ja die Nachfrage da. Jetzt kann man ja, es muss ja nicht unbedingt immer ein Subscription-Modell sein, sondern man kann ja auch irgendwie ganz kreativ auf Kunden zugehen. Jetzt kann man Kundendaten sammeln, man kann Newsletter sammeln. Man kann Adressstämme aufbauen, man kann jetzt ja die digitale Infrastruktur schaffen, die dann möglicherweise neue Geschäftsmodelle nach vorne ermöglicht, ohne dass man irgendwie das Kerngeschäft angreift. Ich bin da, klar bin ich ein bisschen biased als Systemanbieter, aber genau jetzt muss man doch diese Investition tätigen und in solche Projekte reingehen, weil die Nachfrage so hoch ist, die Kunden zu Hause gefangen sind, noch wahrscheinlich bis Ende Mai. Und das ist der einzige Zugang, den die Kunden haben. Und die ganzen Online-Marketing-Kanäle sind jetzt besonders billig, weil natürlich die meisten Unternehmen Top-of-the-Funnel-Werbung abgeschaltet haben. Also jetzt kann ich doch diese Nachfrage auf meine Seite ziehen und mir überlegen, was kommt denn noch drumherum, wenn ich Toilettenpapier-Hersteller bin. Dann kommt vielleicht noch irgendwie das Abtrocken-Handtuch, irgendwie Toilettenreinigungsmittel. Da kann ich doch der Anbieter werden für genau diesen Zugang. Deswegen glaube ich, dass die Anbieter, die groß genug sind, um seriös Direct-to-Consumer-Business zu machen, die müssen jetzt anfangen, dort einzusteigen und das zu lernen. Nicht unbedingt mit Millionen Budgets, aber schon auf eine Art und Weise, dass sie nach der Krise mit mehreren 10.000 Kundendaten dastehen, mit denen sie arbeiten können. Wenn ich jetzt Offliner war bisher, angenommen ich habe jetzt mein Golf-Equipment bisher nur offline verkauft und das vielleicht auch ein Sortiment ist, was in der Krise nicht so stark gefragt ist, weil Golfplätze zu sind, dann werde ich jetzt auch mit einer Online-Strategie wahrscheinlich nicht sehr, sehr erfolgreich sein und wahrscheinlich wird mir auch der Kredit, den mir die Regierung anbietet, nicht viel weiterhelfen, weil das natürlich meine Fremdkapitalquote noch schlechter macht, als sie vorher schon war und für die meisten Offliner ist sie ja schon schlecht, weil sie stark überschuldet sind, also vor allem für die Retailer. Da kann ich mit einer klassischen Online-Strategie nicht so viel machen, aber für die Sortimente, für die Kategorien, die Besonders jetzt in der starken Nachfrage stehen, und da können wir wieder zurückkommen auf die Liste, die du am Anfang irgendwie hattest, sei es jetzt der Anbieter von Brotbackautomaten, sei es jetzt irgendwie der Anbieter von Sportgeräten, sei es jetzt irgendwie der, oder sei es auch ein Lenovo, ja, für Rechner und Monitore, jetzt ist die Zeit, da direkt Kundenkontakte aufzubauen, um sich von Marktplätzen in Zukunft unabhängiger zu machen.
Joel Kaczmarek: Wie siehst du das, Jochen?
Jochen Krisch: Ich würde auch sagen, also gerade die Hersteller, das sind ja so die Leidtragenden, die so ein bisschen da jetzt reingezogen werden, die einfach noch stark auf stationär gesetzt haben und einfach jetzt sehen, dass darüber gar nichts mehr geht. Und klar, die Online-Umsätze laufen weiter, aber ich würde auch sagen, Direktvertriebsstrategien ist momentan das große Thema, gerade für Marken, die sich einfach leichter tun, weil sie einen Namen haben. Ich tue mich mit Stationären sehr, sehr schwer, die quasi jetzt die letzten zehn Jahre verschlafen haben und jetzt mit aller Gewalt das wieder wettmachen wollen, was ihnen da nicht gelungen ist. Ich glaube, gerade in der Krisenzeit ist es noch viel schwieriger oder gerade jetzt auch. Die Leute sind im Homeoffice, die sind nicht zusammen und man tut sich ganz schwer, jetzt unter erschwerten Umständen das wirklich jetzt zu reißen. Deswegen bin ich da skeptisch. Also Ja, natürlich versuchen jetzt alle, Mut zu machen und den Leuten alle möglichen Lösungen, Schrägstrich Hilfsprogramme zu bieten, dass sie online gehen können und dort verkaufen können. Aber aus meiner Sicht, also aus Sicht der Anbieter, die solche Programme anbieten, macht das Sinn für den Handel. Ich bin sehr skeptisch. Also es ist einfach schwierig. Es gibt ja die zwei Varianten stationären. Du hast Unternehmen, die schon überregional unterwegs sind, die haben in der Regel einen Online-Shop, also die Zaras und HSM bei den Großen oder meinetwegen auch Bräuninger oder sonst irgendwas. Also entweder haben sie es gemacht und dann haben sie jetzt auch gute Karten da mitzuspielen. Bei den Regionalen ganz, ganz schwierig, die sich einfach gesagt, wir sind lokaler Handel, wir wollen gar nicht überregional verkaufen. Die Chance wäre dauernd da gewesen. Jetzt ist es mit am schwierigsten. Ich bin bei Alex der eine Punkt, der wirklich gut ist, aber auch da muss man professionell aufgestellt sein. Marketing ist günstig und man hätte jetzt die Möglichkeiten, aber ich glaube, das geht schlecht miteinander. Das sind eben eher Amateure oder Anfänger, die jetzt da wollen, Und die nehmen halt den Strohhalm, der da ist. Wenn man jetzt professionell aufgestellt wäre, beste Zeiten. Und ich glaube auch gerade, also wer jetzt so gewieft ist und auch sieht, innerhalb der kurzen Zeit haben sich ja so viele Dinge verändert und du kannst jetzt Chancen nutzen, die vorher nicht da waren. Für mich zum Beispiel, mein Lieblingsbeispiel ist eigentlich gerade immer Bücher. Wenn ich sehe, wie Amazon Land unter ist und wie Bücher eigentlich die Kategorie ist, die ganz weit hinten ist. Und wenn ich jetzt ein Bücher.de wäre oder meinetwegen auch ein Talia und Hugendubel, dann ist das natürlich jetzt die Chance, um zu sagen, Bücher gibt es beim Spezialisten und da seht ihr mal, was ihr an uns habt im Vergleich zu einem Amazon-Bücher. wo eben, in Anführungszeichen, Graud und Rüben gekauft werden kann. Und ich finde, das ist auch so ein bisschen die Stunde der Spezialisten, die das nutzen. Die müssten aber natürlich jetzt komplett ihr Marketing, ihr Branding etc. umstellen und das einfach auch zeigen, dass sie jetzt auch noch da sind. Also das Da habe ich Hoffnung. Da hätte ich auch Hoffnung jetzt für Thalia und Hugendubel. Ich finde es so interessant, welche Strategien die gerade fahren. Also die eigentlich so ihren Stiefel weitermachen, was sie bisher gemacht haben und diese Chance gar nicht nutzen, weil sie eigentlich immer noch hoffen, dass möglichst schnell die Läden wieder aufgehen, damit sie ihr klassisches Geschäft weitermachen können. Und bei Bücher.de finde ich auch so irritierend, anstatt zu sagen wir sind jetzt die Anlaufstelle für Bücher, sagen sie, wir helfen jetzt den kleinen Verlagen, weil die sonst untergehen in irgendwelchen Bereichen. Also die würden den kleinen Verlagen viel besser helfen, wenn sie sagen, wir sind die Anlaufstelle für Bücher. Und jeder versucht sich so ein bisschen als Helfer zu positionieren und die großen Marktchancen werden so ein bisschen übersehen. Also das wäre so meine Sicht auf die Dinge.
Joel Kaczmarek: Alex, du hast ja vorhin so ein bisschen belächelt, diese ganzen Regionalaktivitäten, die es gerade gibt, also Kiel hast du erwähnt, ich habe irgendwie gesehen, in Wetzlar gibt es auch solche, ich sage mal Kaufgemeinschaften, vielleicht sagen wir auch mal ein, zwei Sätze über kleine Läden, also es müssen ja nicht immer riesige stationäre oder riesige Ketten sein, sondern was ist denn so mit dem kleinen Händler um die Ecke, dem Spielzeugladen, der Boutique, sind solche Geschichten, wie sie da gerade passieren mit der Lokalisierung, was denkst du dazu? oder wie würdest du dich aufstellen, wenn du in so einer Lage wärst?
Alexander Graf: Ja, also wir hatten, glaube ich, schon mal hier in einer Folge über regionale Marktplätze geredet, über diesen Ansatz, dass man versucht, dann in Münster oder in München oder in Kiel einen regionalen Marktplatz zu etablieren, der den örtlichen Kunden dabei hilft, ihr Geld auch im Ort zu lassen. Jeder Euro, der vor Ort ausgegeben wird, hilft auch der Wirtschaft, dem Sportverein, bla bla bla bla bla. Und da muss man ja jetzt gar nicht zynisch rangehen, sondern man kann ja ganz klar sich die Zahlen angucken. Da haben ja einige Marktplätze auch schon jetzt mehrere Jahre daran gearbeitet, auch teilweise mit ganz, ganz spannenden Konzepten. Und das ist ja eigentlich immer daran gescheitert, dass dieses Angebot, was man quasi in der Stadt gedacht hatte, vorhalten zu können, dass das gar nicht da war. Also die Auswahl, die ein Kunde dann online bei Amazon oder bei Otto gewohnt ist, die konnte man auf den Marktplatz nicht finden. Das Servicelevel eigentlich auch nicht einzuhalten war, weil es ganz, ganz schwierig ist, den örtlichen Barbershop, der vielleicht dann nochmal ein bisschen Kosmetik versendet oder den örtlichen Weinhändler auf ein Service-Niveau zu bringen, wie es der Kunde gewohnt ist, also Versand innerhalb von 24 Stunden. Tracking, Lieferung nach Hause, Retourenrechte. Das hat immer nicht so funktioniert, deswegen sind die auf immer sehr, sehr kleinen Flammen dahergekommen, also mit eigentlich komplett irrelevanten Umsätzen. Und jetzt gibt es natürlich durch Corona so eine, ja, Jochen hat es mal beschrieben mit dem Helfer-Syndrom, also Helfer-Syndrom-Initiativen. Die dann jetzt wirklich für jede Region, und da habe ich nächste Woche auch einen Podcast mit einem so einem Anbieter, der das jetzt nochmal versucht, in jeder Region so einen Marktplatz aufmachen, wo sich dann auf einer Webseite mehr oder weniger alle lokalen Anbieter, der Blumenhändler, der Möbelhändler eintragen können mit einer Telefonnummer. Der eine oder andere hat vielleicht sowas. E-Commerce ähnliches, in der Hoffnung, dass das Geld im Ort bleibt. Und ich bin halt sehr, sehr skeptisch und auch schon immer gewesen in den letzten Jahren, Geschäftsmodelle auf Basis von Mitleid sozusagen betreiben zu lassen. Das ist ja, am Ende des Tages ist es ja okay, die Leute haben eine gewisse Empathie für das regionale Cluster und deswegen lassen sie das Geld eher hier und Es gibt keinen empirischen Nachweis, dass das jemals irgendwo funktioniert hat. Also Leute kaufen nicht aus Mitleid, die kaufen sich vielleicht einmal einen Gutschein, genauso wie sie in der Endstadt an dem alten Esel von Zirkus auch mal einen Euro einwerfen in die Spardose. Aber das heißt ja noch lange nicht, dass sie immer dort kaufen werden, dass sie einen großen Teil ihres Portemonnaies dort lassen, sondern die kaufen genau dort, wo ihr Anspruch auf Service, Auswahl und Preis am besten erfüllt wird. Und das können in der Regel die großen Online-Anbieter viel, viel, viel, viel besser. Und diese Mitleidsspenden, ja, ich kaufe jetzt zehn Gutscheine für ein Essen beim Italiener meiner Wahl, ja, damit der sich irgendwie ein bisschen über Wasser halten kann, das ist nett gemeint, das ist auch sicherlich richtig so, aber es ist genau das, was es ist, es ist eine Spende. Das hat quasi nichts mit nachhaltigem Konsumverhalten zu tun und das muss man, glaube ich, auch genauso verstehen. Deswegen bin ich, ich weiß zwar, warum die medial jetzt quasi auch so abgehen. Ja, ist natürlich schön und eine gute Geschichte, aber aufgrund der Erfahrung der Marktplätze aus den letzten Jahren dieser ganzen Lokalen, wo auch wirklich mal zwei, drei dabei waren, die es mal zwei, vier, sechs Jahre durchgehalten haben und trotzdem hat es nicht geschafft. Ich glaube, diese Geschichten sind schon erzählt und es ist auch klar, warum es nicht funktioniert hat.
Joel Kaczmarek: Also ich meine, ich beobachte auch mich selber manchmal so ein Stück weit. Wir haben bei uns ums Eck so einen Kinderspielzeugladen, der total nett ist, wo so ein Mann arbeitet, der irgendwie, also du gehst hin und sagst, mein Kind ist so alt, ich möchte gern das, was haben sie denn? Und dann empfiehlt er dir die coolsten Sachen. Also wie man es sich eigentlich so vorstellt, Spezialist, persönlich, lokal und so weiter. Und es ist ganz lustig zu beobachten, wie in so einer Phase dann auch umgegangen wird. Also der hat natürlich auch irgendwie seine Webseite überarbeitet, dann stand da irgendwie so ein Hinweis, ihr könnt mir irgendwie Sachen per E-Mail oder per Telefon, könnt die Bestellung mir schicken, ich bring sie euch nach Hause oder schick sie euch per Post. Und es war einfach so skurril, weil also A, käme ich doch als Unternehmer, der gerade irgendwie unter Wasser ist, gar nicht auf den Gedanken, meine Zeit für Lieferungen zu allokieren. Und das zweite war, das war dann irgendwie ein Screenshot von einem Word-Dokument, was online gestellt wurde. Und ich habe jemandem gesagt, so hey, brauchst du Hilfe? Ich könnte dir helfen, irgendwie so einen Shopify-Shop mal aufzusetzen. Zahlst du 40 Euro, hast du irgendwie zumindest irgendwie was, wo du online direkt verkaufst, Inventory-Management und so weiter. Da kam dann gar keine Antwort, ja, das ist so, also das merkt man ja auch so ein Stück weit, diese Unterdigitalisierung, die ist schon, also ich finde total toll, dass die Leute kreativ sind und ich habe dem auch irgendwie, der kriegt dann 5 Euro Trinkgeld für die Lieferung oder so, aber ich gebe dir recht, das ist jetzt kein Konsum, ja, von daher, gut. Aber es ist ja trotzdem auf jeden Fall schon mal eine interessante Blaupause, die wir dann ein Stück weit ausarbeiten konnten. Jetzt können wir nochmal vertiefen, was wir eben eigentlich schon angerissen haben. Gewinner und Verlierer auf der Online-Seite. Also, was jetzt mehrfach fiel, war irgendwie Tiernahrung. Ich könnte mir vorstellen, dass sowas wie Essensboxen liefern auch ein Thema gerade ist. Sicherlich Bedarfshändler, Online-Apotheken. Wen würdet ihr sonst so einklastern als eher auf der Gewinner-Seite? Und was für Modelle, wir hatten jetzt so wie Mode oder Reisen, kann man sich natürlich auch noch überlegen, auf der Verlierer-Seite. Wen würdet ihr eher links, wen eher rechts einordnen?
Jochen Krisch: Da hast du die Beispiele schon genannt. Also Apotheken natürlich, jetzt Online-Apotheken, die ja immer so ein bisschen leiden und die ja eigentlich schon viel mehr würden, wenn das regulatorisch da wäre. Die boomen natürlich ohne Ende und alles, was mit dem Thema Food zu tun hat. Also von HelloFresh, Boxen bis Wein, aber eben auch Picknick als Lieberservice, auch Rewe. Also wie gesagt, wir können es gar nicht abbilden alle. und versuchen, das zu improvisieren. Und das ist sehr interessant, dass das auch boomt, obwohl eben die Lebensmittelgeschäfte noch offen haben. Also da steht einfach die Bequemlichkeit im Vordergrund. Und deswegen glaube ich auch, das ist etwas, was sich durchsetzen will. Jetzt sieht man ja, wie bequem man es sich machen kann und versucht, die Dinge zu nutzen. Das Problem ist nur, dass man sie nicht so gut nutzen kann. Also das Shopping-Erlebnis ist nicht annähernd so, wie sich das auch die Anbieter wünschen würden. Also so ein bisschen schwierig, auch ein Zooplus hat ja gemeldet, Backlog von sieben Tagen, sagen das auch so, mussten dann ihre Schichten aufstocken, damit sie das wieder hinbekommen. Also deswegen, das ist am Anfang alles etwas ausgebremst gewesen, aber letztendlich die Kategorien sind das und es geht halt zunehmend auch in Richtung Wohnen einrichten, also zumindest so, also jeder überarbeitet seine Wohnung oder kommuniziert. einfach, dass er zu Hause irgendwelche Dinge vor der Wand bekommt. Auch, glaube ich, der ganze Heimwerken und Gartenbaubereich. Alex hat schon angedeutet, Gartenmöbel und was damit zusammenhängt. Das sind die naheliegenden, die man halt dann braucht, obwohl es jetzt nicht Produkte des täglichen Bedarfs sind. Und am längsten wird es sicherlich dauern. Also bei manchen wird es ganz schwierig, Reiseprodukte war ein Thema und Sachen, die man halt gar nicht brauchen kann momentan. Aber ich glaube, Mode wird kommen. Je länger stationär geschlossen bleibt, umso eher, weil einfach das ein Verhältnis auch noch ist. Wenn alle Leute plötzlich Mode brauchen oder wollen, dann kommt der Modehandel auf jeden Fall über seine Mindestumsätze, die er im letzten Jahr hatte oder seine regulären Wachstumsraten. Aber faszinierend ist jetzt gerade aus diesem dieser Boom-Geschichte, wo Corona wirklich nicht Krise, sondern Boom ist, bei allen, die bei Waren des täglichen Bedarfs sind. Also das ist wirklich, das ist unglaublich, was da passiert und was die leisten müssen und wie die ihre Prozesse neu strukturieren müssen und wie die Logistik auf dem Laufenden halten müssen in dieser Kontaktbeschränkungszeit. Also dass sie auch mehrere unabhängige Schichten voneinander haben, sodass sie nicht in Kontakt kommen, dass wenn eine ausfällt, dass die anderen kommen. Amazon ist ja da immer groß in der Kritik, als ob sie gar nicht Acht drauf geben jetzt, was die Mitarbeiter im Lager machen. Aber das ist natürlich so ein bisschen die Frage, wie man es dann organisiert und wie schnell man das umstellt. Also ich glaube auch, deswegen ich bin, ich weiß gar nicht, ich glaube sehr wenige Kategorien werden am Ende nicht profitieren davon, aber bei manchen boomt es halt jetzt ohne Ende.
Alexander Graf: Also ich unterteile es in zwei grundsätzliche Kategorien. Wir haben ja jetzt, glaube ich, durch Corona gelernt, dass unsere Wirtschaft darauf basiert, dass wir Dinge konsumieren, die wir nicht zum Überleben brauchen. Und alle Dinge, die wir jetzt quasi abgestellt haben, weil wir jetzt die nicht zwingend überlebensnotwendig sind, sei es irgendwie Reisen, Kreuzfahrten oder irgendwie der Golfplatz, sozusagen die leiden jetzt am Konsum. Und wir merken natürlich jetzt umso mehr, dass die Dinge, die wir zum Überleben brauchen oder die uns wichtig sind, ja, das ist sicherlich Essen, das ist medizinische Versorgung, das ist aber auch Futter für die Tiere, das kann auch unser Haus sein, weil da sind wir jetzt natürlich irgendwie mehr, auch in den nächsten zwei Jahren sicherlich mehr, weil man halt eher lokal reist. und ich glaube sozusagen, das Kreuzfahrtbusiness wird jetzt, glaube ich, eine etwas schwierige Zeit haben nach vorne. Die profitieren massiv. Und jetzt überlege ich mir quasi die Dinge, die in dieser Kernkonsumgruppe drin sind. Also Dinge, die wir eigentlich fürs Überleben brauchen oder zumindest denken zu brauchen. Dafür kann auch mal Farbe fürs Haus gehören. Wer verkauft die eigentlich und wo wird die verkauft? Und es gibt so ein paar. Und Kernanbieter wie jetzt Tierfutter, und da reden wir in der nächsten Folge nochmal intensiv drüber, wo es glaube ich zwei, drei Anbieter gibt, die da extrem erfolgreich sind, wie ein Zooplus oder Fressnapf, die da massiv von profitieren. Amazon verkauft halt viele Dinge, die sozusagen für diesen essentiellen Konsum relevant und wichtig sind. Und dann gibt es natürlich auch Anbieter, die Dinge verkaufen, also sei es jetzt irgendwie Reisen, die wahrscheinlich nach vorne hin erstmal nicht so wichtig sind, aber auch Reisen. einen Get-Your-Guide, sozusagen ein Business, was eigentlich sehr stark betroffen ist, deshalb, dass die Leute nicht mehr reisen werden. Und da bin ich bei Jochens Argumentation, wird langfristig profitieren, weil die schneller in der Lage sind, sich auf die neuen Kundenbedürfnisse einzustellen, als Unternehmen, die jetzt eher einem Filialvertrieb ausgesetzt sind. Diese Filialen umzubauen, diese Beratungen umzubauen, wird halt für eine TUI viel schwerer, als für ein Get-Your-Guide quasi sein App-Ökosystem umzustrukturieren. Deswegen sind für mich ganz klar die Gewinner, die diese essentiellen Konsumgüter anbieten und die möglicherweise auch vertikal ownen für die großen Kategorien, sei es jetzt Gartenmöbel, sei es Hundefutter, sei es irgendwie Essen, die werden jetzt nicht nur in der Krise, sondern auch nach der Krise massiv, supermassiv wachsen und darin sollte man investieren.
Jochen Krisch: Man sieht aber auch zum Beispiel, dass jetzt Kategorien, die wir nicht genannt haben, gut laufen. Auch Beauty ist weiterhin ein Thema, was gut läuft. Auch da die Spezialisten, auch Sporthändler sind jetzt nicht so eingebrochen, dass man sagt, das sind jetzt Krisenverlierer. Und vor allem die spekulieren darauf, dass dann wieder, wenn es bergauf geht, einfach nochmal noch ein größerer Boom kommt. Also auch Dinge, ich glaube, man kann das schon vergleichsweise weit fassen. Es gibt nur ein paar wenige, die einfach gar keine Chance haben, weil die Kategorie gerade nicht machbar ist. Also deswegen bin ich ja so grundsätzlich sehr zuversichtlich, weil ich glaube, das ist eine Umstellungsphase jetzt gewesen. Und ich würde sogar so weit gehen, dass diese Krise natürlich dann auch Chancen bietet für Newcomer, für neue Startups, weil die jetzt ja sehen, wie muss ich eigentlich aufgestellt sein? Und das, was Alex am Bereich lokale Marktplätze beschrieben hat, wo es ja eigentlich mehr darum geht, Bequemlichkeit und guter Preis sind zwei Faktoren, Auswahl auch, wenn man so will, die online auszeichnen und ausmachen. Und wenn man darauf zielt, dann kann man auch lokale Konzepte machen. Ich bin da gar nicht so dagegen. Nur diese Hilfsprogramme, die gerade passieren, die denken, dass lokal für den Kunden wichtig wäre. Nur so wie du es beschrieben hast, Joel, ja, aus Sympathie heraus. Aber das ist kein Kriterium, nach dem ich einkaufe, sondern ich will es einfach bequem haben. Ich will einen vernünftigen Preis haben oder einen Service haben. Und das sind aber auch alles Themen, die wir ja ohnehin schon die letzten Jahre auch gepredigt haben. Serviceorientierte Konzepte, durchaus auch Mobile-Konzepte mit Serviceanspruch, die liefern, wo du einfach Zusatzaspekte mit integrieren kannst. Wir müssen nicht nur, wir reden jetzt größtenteils über die banalen Versandkonzepte, Ware bestellen und dann irgendwie über einen externen Partner liefern lassen. Ich glaube schon, dass man jetzt auch das nochmal sieht, worauf kommt es wirklich an und welche Aspekte kann ich betonen als Newcomer, aber durchaus auch etablierter. Ich hoffe sehr drauf, oder ich habe das Gefühl, das passiert auch, dass alle jetzt nach einer gewissen Schockstarre sehr schnell beginnen, umzudenken und sich neu auszurichten und im Prinzip beides einbeziehen. Also das, was sie vorher gemacht haben an Kompetenzen und jetzt, was man so in der Krisenphase lernt, dann hätte die ganze Krise auch was Gutes, wenn man sieht, dass daraus was Neues entstanden ist. So ein bisschen aus 2008, 2009 war ja so der Ausgangspunkt, wo die ganzen Lagerüberhänge schon mal da waren, wo die ganzen Schnäppchenanbieter, Discounter, Shoppingclubs oder was auch alles hochkam. und ähnlich glaube ich wird jetzt. dann in den nächsten Jahren eine Phase sein, wo viele dieser Konzepte, die jetzt entstanden oder erdacht sind, dann einfach Fuß fassen. Also insofern, das ist eigentlich so das, was ich als positiven Effekt sehe für die gesamte Branche, ohne dass es jetzt konkret ein Problem natürlich löst. Also die, die schlechte Zeiten haben und für die es schwer wird, das ist jetzt kein Lichtblick für die. Aber insgesamt, glaube ich, ist das eine große Chance für den Gesamtmarkt.
Joel Kaczmarek: Aber kannst du das nochmal vertiefen? oder was ist so deine These dazu, was du eben gesagt hast, Sporthändler oder ich habe zum Beispiel auch so über Baby-Spielzeug oder Babyprodukte und Spielzeug nachgedacht. oder wenn du sagst Beauty, warum wird sowas gerade vermehrt oder zumindest nicht deutlich weniger gekauft, weil ich sag mal, Beauty brauchst du ja jetzt streng genommen nicht, gehst ja nicht raus, okay, du musst vom Monitor vielleicht mit dem Homeoffice Remote Work.
Jochen Krisch: Wir sind keine Frauen, also sollten wir uns da ein bisschen auch zurückhalten bei diesen Themen. Ich glaube, schön will man nicht nur sein, weil man jetzt außen sich präsentiert. Und Sport, ich meine, wenn man sich Peloton anguckt an der Börse, ich meine, klar, die sind jetzt bestens prädestiniert mit ihren Heimgeräten und entsprechendem Entertainment-Programm. Wann, wenn nicht jetzt, wenn man da zu Hause hockt. Und so ein bisschen ist es auch, glaube ich, dass man zu Hause fitnessseitig aufrüstet, vielleicht auch nicht unbedingt die Sportkleidung und alles, was damit zusammenhängt, kauft. aber in dem ganzen Rahmen sich da bei Laune und bei Fitness hält. Deswegen muss man sich jetzt im Dies keine so großen Sorgen machen. Ich kann mir jetzt nicht vorstellen, dass es explodiert ist, aber ich kann mir vorstellen, dass es auch nicht wahnsinnig eingebrochen ist oder das ist das, was ich höre und dass man eher perspektivisch sagt, dass das sind Themen, die wieder relevanter werden und auch dann geht es um Bequemlichkeit und schnellen Zugang.
Joel Kaczmarek: Gut, machen wir mal einen Abschluss, was für Online-Ads eigentlich wichtig ist. Was mich noch beschäftigen würde, vielleicht als Übergang zu diesem Thema, wir haben ja gar nicht so viel jetzt geredet über Warenerhalt überhaupt. Also auf der einen Seite habe ich vielleicht gerade Warenhäuser und muss die leer kriegen, auf der anderen Seite gibt es vielleicht gerade Leute, die totale Nachfrage haben, die aber produktionsseitig gar nicht hinterherkommen, wenn die zum Beispiel in Asien sourcen. Also ist das auch so ein bisschen so. ein Punkt, Was glaubt ihr, wird sich so Herstellung wieder vermehrt auch ein bisschen zurückentwickeln nach Europa, trotz irgendwie höherer Produktionskosten, dass man sagt, diese Abhängigkeit an der Front will ich gar nicht mehr haben oder ist das sozusagen eher nur so ein temporäres Ding und irrelevant hier zu haben?
Alexander Graf: Also ich glaube, bei größeren Produkten, das heißt Automotive oder auch medizintechnischen Bereich, sieht man jetzt ja, dass man da teilweise Lieferketten hat, die von 1, 2 Lieferanten sehr abhängig sind, da wird es auf jeden Fall eine Umorientierung geben. Da wird es sicherlich auch sozusagen aus der Regulation heraus ein paar Sachen geben, dass man sagt, ich möchte, dass das aus Europa gesourcet wird oder bestimmte Teile eben nicht mehr aus Asien gesourcet werden als Backup. Bei diesen ganzen Konsumprodukten, also wenn Sie mit dieser Liste durchgucken, wer gewinnt, wer verliert, Dinge, die wir so in unserem Haushalt bestellen, da wird es am Ende des Tages um Preis-Leistung gehen. Da wird, glaube ich, die Lieferkette sich vielleicht noch ein bisschen weiter professionalisieren. Da wird man ein bisschen tiefer so ein bisschen tiefer schauen, aber ich glaube, da gibt es gar keine Option, nochmal einen zweiten, dritten Lieferarm aufzumachen, das wird einfach zu teuer. Das kauft dann keiner. Deswegen glaube ich nicht, dass die Lieferketten sich dort irgendwie tatsächlich jetzt zurückentwickeln. Ich glaube, die werden anders gemanagt und ein bisschen, da wird es auch für große systemrelevante Produkte vielleicht auch Gesetze geben, dass man da Backups bereitstellt, aber es wird jetzt nicht dazu führen, dass jetzt hier in Oldies Low oder in Berlin-Marzahn wieder Portemonnaies genäht werden.
Joel Kaczmarek: Gut, Abschluss. Was nochmal zusammengefasst ist jetzt wichtig für Onliner. Also wir haben ja eigentlich schon vieles gesagt. Kundenzugang, Vertikalisierung beziehungsweise Spezialisten haben jetzt irgendwie einen großen Vorteil. Marketing kann ich gerade gut ausschöpfen und dann muss ich halt gut in der Lage sein, meine Prozesse im Griff zu haben. Sind das so die wichtigsten Dinge, die ihr sagt, die man jetzt in der Spur haben muss oder was kommt noch hinzu?
Jochen Krisch: Ja, vor allen Dingen nicht in Panik verfallen, sondern ich glaube, das ist auch nicht passiert im Online-Handel, sondern wirklich sehr nüchtern das zu bewerten und die Chancen zu nutzen, einfach zu sehen, wo bieten sich Perspektiven und sehr schnell auch zu agieren, was kann ich jetzt an zusätzlichen Produkten, Sortimenten, Kundengruppen erschließen. etc. Ich glaube, so ein paar Dinge, die werden vorübergehend sein, aber manche Dinge werden sich schon grundsätzlich ändern und die, die das nutzen und darauf achten, glaube ich, werden auch sehr gute Karten haben.
Alexander Graf: Ich glaube, dass diese grundsätzlichen Handlungsanweisungen jetzt auch aus der ganzen Venture-Capital-Szene, Grow-Up-Szene so entstanden sind, dass die für alle Unternehmen gelten. Also man muss halt Jeder wird sich anschauen, welche Kosten, die ich hier habe, sind wirklich notwendig, was sind jetzt irgendwie so, wo ist irgendwie Fett, was ich abbauen muss, was mich irgendwie ein bisschen, was mich ein bisschen behäbig gemacht hat, wo sind kurzfristig zu generierende Umsätze, auf die ich jetzt eingehen kann, wo kann ich vielleicht Mitarbeiter umwidmen, wie kann ich vielleicht Mitarbeiter von anderen Industrien, die betroffen sind, abwerben, da hat zum Beispiel Aldi gerade smart gemacht, glaube ich, von McDonalds. und ich glaube, das führt jetzt erstmal dazu, dass die ganzen langfristigen Initiativen, neue Märkte, neue Geschäftsmittel umsetzen, glaube ich, jetzt mal für zwei, drei, vier Monate on hold sind. Das finde ich auch richtig. Danach muss man die dann umso intensiver angehen. Aber wenn man seine Kosten im Griff hat und Cash ist nun mal King in Zeiten von Krisen und dann sein Geschäft sozusagen sinnvoll aussteuern kann, dann ist man gut davor. Und das können natürlich jetzt viele Online-Anbieter besser als stationäre Anbieter, deren Geschäfte per Dekret geschlossen wurden. Das muss man ganz klar sagen. Und da ist jetzt auch gar keine Schadenfreude bei mir. Ich glaube, es ist so doof, wenn der Gesamtkonsum Oder wenn das GDP da um fünf bis zehn Prozent sinkt, dann brauchen wir quasi Jahre, bis wir auf das Vor-Corona-Niveau zurückgefallen sind. Aber ich glaube, der Gesamtumsatz ist so groß, die Verschiebung ist jetzt so viel schneller in Richtung Online-Digital-First-Anbieter, dass quasi in Anführungsstrichen unsere Industrie davon besonders profitiert.
Jochen Krisch: Ich glaube, was wir gar nicht besprochen haben, was man sich aber auch im Hinterkopf bewahren muss, die Nachfrageeinbrüche dadurch, dass es eben in Anführungszeichen mehr Arbeitslose und Leute mit finanziellen Schwierigkeiten geben wird. Also ich glaube, man muss sich nicht der Illusion hingeben, alles, was im Freiberuflerbereich eingebrochen ist oder was jetzt zum Teil Kurzarbeit macht oder im Stationären auch, dass vielleicht nicht alle Filialen so überleben, wie man sie vorher hatte. Also dass da auch ein bisschen die Chance genutzt wird, um das einfach jetzt so zu strukturieren. das in der Zukunft passt. Deswegen haben wir schon eine andere Nachfragesituation dann. Aber auch da würde ich sagen, im Prinzip tendenziell ist online da ein Vorteil. Das kann sich schon auch auswirken, dass die Kaufkraft sinkt und dass man da eben Schwierigkeiten hat. Kann man jetzt noch nicht so absehen, weil man auch nicht weiß, wie das hochgefahren wird und ob das schnell genug geht, sodass man quasi keinen Unterschied merkt. Das kann natürlich auch passieren. Notan sieht es aber eher so aus, dass das gemächlich passiert. Also ist es schwierig. Ich würde vielleicht noch, Joel, wenn du es erlaubst, einen kurzen Buchtipp geben, weil es wäre so ein bisschen das größer denken oder allgemeiner denken will. Ich bin ein großer Fan und der hat das auch über die Jahre eigentlich immer gepredigt und vorausgesagt, dass solche Krisen, Pandemien etc. kommen können, auf Nassim Nikolas Taleb verweisen. Der mit Black Swan ist ja groß geworden oder bekannt geworden, aber der hat sehr viele gute Bücher geschrieben zu diesen ganzen Themen, Phänomenen zum Teil, dass es auch die Globalisierung eben genau solche Entwicklungen befördert, dass man wieder zurückgeht eher zu regionalen Konzepten, regionalen Ansätzen und Und der sich das aus einer Risikoeinschätzung heraus sehr genau vorgenommen hat und zum Teil sehr konträre Ansichten auch vertritt zu dem, was wir momentan hören und was auch klassisch gepredigt wird. Deswegen kann ich auf dessen Büchern, mein Lieblingsbuch ist Anti-Fragile, Skin in the Game war das neueste Buch, also jenseits von Black Swan und noch ein paar andere, die er geschrieben hat, verweisen. Weil einem da auch wirklich nochmal klar wird, warum das strukturell eigentlich jetzt auf falschem Weg ist. Und das wären ja so ein paar Dinge, aber so weit mache ich gar nicht denken, dass ein paar grundsätzliche Dinge wieder anders gehandhabt werden. Muss nochmal gucken, ob das so vorangeht. Also deswegen das als kurzer Tipp.
Joel Kaczmarek: Wunder, dass du nochmal erlebe, dass du einen Buchtipp gibst. Das finde ich ja gut. Gefällt mir. Gut, ihr Lieben, ich danke euch ganz herzlich. Es gilt natürlich wie weiterhin, bleibt alle gesund. Ich hoffe, die Hörer haben vieles mitgenommen, vielleicht auch mal geschmunzelt, trotz irgendwie gerade schwieriger Situation. Und wir freuen uns natürlich auch immer über Feedback. Aber generell würde mich freuen, wenn Leute hier ein bisschen Strategien und Ideen mitgenommen haben. Und euch beiden natürlich wie immer vielen lieben Dank. Und ich freue mich beim nächsten Mal, schon angedroht, ein bisschen mehr über das Thema Tiernahrung. Bis dahin.
Alexander Graf: Vielen Dank. Tschüss. Viel Erfolg. Hey!
Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um E-Commerce: Joel trifft sich regelmäßig mit den beiden E-Commerce-Experten Alexander Graf (Kassenzone, Spryker) und Jochen Krisch (Exciting Commerce, K5) um ihr Wissen zu bündeln. Gemeinsam nehmen die drei dich mit auf eine Reise zu spannenden Tiefenanalysen, Strategiediskussionen und Praxiseinblicken des Onlinehandels. Ein wahres Feuerwerk zwischen drei Experten, die scharfe Thesen formulieren und lebhaft miteinander diskutieren.