Post-Corona: Innenstädte vs. Online-Player

25. August 2021, mit Joel KaczmarekAlexander GrafJochen Krisch

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Intro: Digital kompakt. Heute aus dem Bereich E-Commerce mit deinen Moderatoren Joel Kaczmarek, Alexander Graf und Jochen Krisch. Los geht's.

Joel Kaczmarek: Hallo Leute, mein Name ist Joel Kaczmarek. Ich bin der Geschäftsführer von Digital Kompakt und darf auch heute an meiner Seite die beiden E-Commerce-Granden, den lieben Alex Graf und den guten Jochen Krisch begrüßen. Und wir reden heute über die Post-Corona-Welt, kann man gar nicht sagen, vielleicht die Mit-Corona-Welt. Wir sind ja gefühlt gerade so im Auge des Sturms. Also die erste Welle Corona ist auf jeden Fall vorbeigezogen oder die ersten drei. Und jetzt muss man mal bangen, ob eine weitere kommt. Und da dachten wir, es sei ein sehr guter Zeitpunkt, um mal zu schauen, was hat das Ganze eigentlich mit dem Handel gemacht, wo wir jetzt ein Quartal hinter uns haben, was quasi voll erholt ist. Wir werden also darüber sprechen, wie ging es denn so klassischen stationären Händlern. Also wir haben uns da Karstadt und auch ein bisschen Rossmann mal als Beispiel daraus gesucht. Wobei man darf ja gar nicht mehr sagen, die heißen ja mittlerweile Galeria, Karstadt, Kaufhof. Irgendwie, na, die Namen putze ich hier noch zusammen heute. Und Rossmann auf der anderen stationären Seite. Und beim Online-Blick gucken wir uns auch mal ein paar spannende Player an, zum Beispiel Zalando, About You oder auch Amazon. So, that being said, ihr beiden, schön, dass ihr da seid. Guten Tag.

Jochen Krisch: Hallo Joel, Hallo zusammen.

Joel Kaczmarek: Alex, für dich hab ich gleich was ganz Spannendes aufgetan. Bei der Betrachtung von Karstadt hab ich gesehen, dass Galeria Karstadt Kaufhof in der Filiale in Hamburg-Elmsbüttel ein Verkaufstalent WMD sucht. Könnte das nicht was für dich sein?

Alexander Graf: Was ist denn WMD?

Joel Kaczmarek: Das ist irgendwie cool umgestellt MWD, männlich, weiblich, divers.

Alexander Graf: Ja, also ich würde es gerne mal einen Tag machen. Ich glaube, da kann man relativ gut E-Mails bearbeiten. nebenbei, wenn ich mir so die Frequenz in den Einkaufsstellen gegenüber anschaue in der Spitaler Straße. So ab dem dritten Stock aufwärts, da haben die Leute viel Zeit für Weiterbildung. Ja, also deshalb grundsätzlich hätte ich da Interesse. Also alex.kassenzone.de, falls dir jemand von den Hiringmanagern zuhört. Ich komme vorbei.

Joel Kaczmarek: Sehr gut. Fangen wir mal stationär vielleicht an. Also lieber Jochen, du hast dich ja auch, glaube ich, fleißig eingelesen in das, was da so passiert. Zumindest ein wenig. Wir sind ja manchmal eher ein bisschen online geprägt. Aber gerade Karstadt hat ja, ich sage jetzt immer Karstadt als Verkürzung für Galeria Kaufhof Karstadt, schieß mich tot, Reihenfolge. Hat ja da ein bisschen was Neues entwickelt unter diesem ganzen Label Galeria 2.0, wenn ich mich nicht täusche. Hast du dir das mal angeguckt?

Jochen Krisch: Ja, nicht so intensiv. Also für mich ist das eher am Rande immer spannend und natürlich in der Wettbewerbssituation muss sich der Onlinehandel fürchten von dem, was da kommt. Und im Grunde, das Leitmotiv ist ja immer gar nicht so sehr, wie retten wir unser Unternehmen, sondern wie retten wir unsere Innenstädte und dann die Unternehmen dazu. Und ich meine, ich habe jetzt nicht so den großen Unterschied gesehen. ehrlich gesagt, gemerkt von dem neuen Konzept, weil es gab ja jetzt schon ein paar Mal alle paar Jahre immer wieder ein Konzept und das ist eigentlich immer in die Richtung Marktplatz in der Innenstadt. Also generell, wir wollen Plattformen werden und alles so auch online, aber eben auch in der Innenstadt, also sprich Untervermietung und andere Partner reinnehmen, Restaurants reinnehmen, also damit der Mix halt bunter wird und es nicht mehr nur eine Einkaufswelt ist. und dann immer dieses ominöses Investment in den Online-Bereich, das auch immer wieder kommt. Aber das aber mir nie löst, wie ein Karstadt zum Beispiel aus der Falle rauskommen will, dass es einfach A den Sortiments, die Sortimentsbreite, Tiefe nicht hat, die eben andere haben. Und dass es auch eine Spezialisierung nicht so wirklich an den Tag legt, was ich jetzt als zweiten Weg sehen würde. Also insofern war das für mich, hat pressezeitlich einen riesen Wirbel gemacht durch ein großes Interview. Aber war jetzt nicht so spektakulär, ehrlich gesagt, und ist halt so ein bisschen, also wenn ich böse formulieren würde, Verzweiflung. Also sie müssen eben die Immobilien noch gut hinbekommen und schauen, dass sie noch ein bisschen Hand lassen. Aber selbst wenn du jetzt nach einem Namen suchst, Galeria soll es ja werden, ist so durchgesickert.

Joel Kaczmarek: Also ich kann ja mal so unsere Erfahrungen beschreiben. Wir sitzen ja mit unserem Büro hier, ich glaube, 70 Meter Luftlinie von einer Galeria dann entfernt. Und mir geht es auch immer so, also wahrscheinlich kriege ich da jetzt Hausverbot nach der heutigen Folge dann. Aber man geht da so rein, sucht dann in einer der Abteilungen irgendwas Spezialisiertes, weil man irgendwie gerade nicht die Zeit hat, das bei Amazon zu ordern. Du brauchst es jetzt in deinem Büro, weil da irgendwas Wichtiges ist. Und dann ist es so, das Angebot ist klein, es ist teuer und in der Regel laufe ich durch eine leere Fläche, wo ich dann drei Verkäufer auf einem Fleck treffe und mich ein bisschen schlecht fühle, dass ich die bei ihrem Kaffee plausche sozusagen. Oder ich habe die Erfahrung, ich gehe da um 5 vor 8, will noch dringend was holen und man motzt mich an, ich soll da nicht mehr reingehen, es ist jetzt schon Feierabend. Also das ist auch so meine Erfahrung mit diesem Konzept bisher. Und lustigerweise, man hat ja so ein bisschen den Kontrast. hier, Wilmersdorfer Straße, schräg gegenüber ist so eine Shopping-Mall. Die Wilmersdorfer Arkaden, die sich ja gerade ganz groß umgebaut haben, die haben unten die ganzen Läden gekillt und haben so einen Foodcourt gemacht und sagen jetzt auch, machen jetzt so ein neues Konzept. Und das ist ja, was man ganz viel so sieht, dass die sagen, alles klar, das Leben muss in der Innenstadt bleiben, wir wollen neue Konzepte bauen, mit Food trifft auf, Sport trifft auf, weiß ich nicht was. Es wirkt bisher alles noch sehr behäbig. Ich gebe jetzt mal Alex die Bühne, der kann jetzt ein bisschen ranten. Das mal so als

Alexander Graf: Nee, also ich habe natürlich auch Hoffnung für die Innenstadt. Wenn dann diese Unternehmen erstmal weg sind, dann können sie sich, glaube ich, wieder neu erfinden. Aber man muss ja so ein bisschen mal auf die Zahlen schauen. Also Karstadtgaleria Kaufhofs sagt ja jetzt, sie wollen ihre Warenhauskonzepte da so ein bisschen verändern. Ja, sie wollen die Teilen in drei Segmente, Weltstadthaus, regionaler Magnet und lokales Forum. Keines dieser drei Konzepte hat jemals eines dieser Häuser erreicht. Und jetzt gehen wir mal davon aus, dass es tatsächlich noch ein sinnvolles Modell für diese Häuser gibt. Und es gibt ja auch sehr erfolgreiche stationäre Handelskonzepte. Es waren ja auch so ein paar im Podcast. Das sind meistens aber selbstständige Händler wie L&T in Osnabrück. die sehr, sehr viel Geld investieren in ihre Häuser und sehr viel machen auch lokal. Vielleicht kannst du dich erinnern, das war so ein Beitrag, der hieß 35 Millionen Euro für eine stehende Welle in der Stadt. Die haben alleine quasi den Sporteil des Gebäudes umgebaut und haben dafür 35 Millionen Euro gezahlt. Und wenn man jetzt mal sich dieses Galeria 2.0 Konzept durchliest, dann wird ja davon gesprochen, dass sie 600 Millionen Euro investieren wollen in den nächsten vier Jahren. Davon 400 Millionen in den Umbau der Filialen, vor allem von 60 Filialen. Wenn man das mal so runter bricht, bedeutet das pro Filiale, also pro sozusagen eine von diesen 60 Filialen, Vialen bekommt dann pro Jahr 2,5 Millionen Euro für die Modernisierung. Das sind ja oft riesige Häuser und wer weiß, was heute schon ein Bau von einem Einfamilienhaus kostet, kann sich ausrechnen, dass in diesen zweieinhalb Millionen Euro maximal mal neuer Anstrich, hier mal eine neue Rolltreppe und vielleicht irgendwie Smart Displays drin sind. Mehr ist da nicht. Also die werden ja nicht wirklich architektonisch umgestaltet im Kern, dass das Erlebniscenter werden, sondern die kriegen halt irgendwie eine hübschere Tür ab. gleichzeitig werden dann noch 200 Millionen angeblich dann in den nächsten vier Jahren in IT gesteckt und das sind ja Beträge, die macht ja ein Insalando, Amazon teilweise in wenigen Tagen oder Wochen wird das investiert, das heißt, diesen Nachholbedarf, den sie auf beiden Ebenen haben, lokales Einkaufserlebnis und Online-Einkaufserlebnis, lässt sich natürlich mit diesen Zahlen nicht mal ansatzweise lösen, das heißt, auch wenn ich jetzt auf der Stationärhandelsseite stehen sollte und sage, ich glaube daran, ja, ich glaube an dieses lokale Forum, ich glaube daran, dass der Karstadt bei mir in Kleve oder Wo auch immer, dass der eine wichtige Funktion erfüllt, muss ich ja so viel Geld in die Hand nehmen, dass das Einkaufserlebnis, das Aufenthaltserlebnis dort überragend ist. Da müsste man wahrscheinlich schon für ein Haus pro Stadt pro Jahr dutzende Millionen zurücklegen oder zumindest einmalig einen Betrag, der im Bereich so 20, 30, 40, 50 Millionen liegt, damit es irgendwie cool ist. Was ist ja hier in den Zahlen, wenn man mal so ein bisschen back of the envelope Rechnung, nicht mal ansatzweise gegeben. Deswegen muss man hier vor allem Respekt zollen der PR-Strategie, muss man ganz klar sagen. Also, dass quasi nach 15 erfolglosen Jahren der Transformation Karstadt, Galeria, Kaufhof immer noch in der Lage ist, mit einem Bullshit-Bingo-Wort, nämlich Galeria 2.0, die Erwartung zu wecken, dass man da irgendwas bewegt. Das, finde ich, ist die größte Errungenschaft dieses Konzerns. Inhaltlich sehe ich da keinerlei Zukunftsfähigkeit, einfach schon, weil die Zahlen nicht hinkommen. Und man kann dieses Geld nehmen und fünf Häuser modernisieren, irgendwie die Kernhäuser, in welchen Städten das auch immer der Fall ist, und sich überlegen, ob es drumherum noch ein Omni-Channel-Konzept gibt, was Sinn macht. Aber so wie das dort dargestellt ist, ist das einfach aussichtslos. Und da können wir uns in weiteren fünf Folgen weiter hier Anfang nächsten Jahres über den nächsten Staatskredit unterhalten. Ich weiß nicht, gab es jetzt nochmal einen? Das war ja irgendwie eine Diskussion. Das habe ich irgendwie verpasst, was da jetzt rausgekommen ist.

Jochen Krisch: Also es war so hin und her und ich glaube, ich habe es auch noch nicht entschieden, ob da nochmal was kommt. Vielleicht war das ja auch die Initiative, jetzt ein neues Konzept zu haben. Sonst muss eben Herr Benko zuschießen. Der hat ja jetzt schon öfter zuschießen müssen und seine Partner natürlich. Das ist ja auch mal sehr faszinierend zu verfolgen, wer da alles investiert ist und beteiligt ist. Zum Teil bei Signalsports United, die jetzt auch separat an die Börse gehen, hat man es mitbekommen. Aber dieses Gesamtkonstrukt Signalsports hat ja auch nochmal, das ist ja gefühlt der gesamte ehemalige Einzelhandel.

Alexander Graf: Was mich fairerweise am meisten überrascht, wenn man sich das ein bisschen durchliest, und es gab ja auch ein paar Journalisten, die haben ja auch ausführlich darüber geschrieben, die fragen ja auch nach dem USP. Was soll eigentlich anders werden? Wo ist das vernetzte Erlebnis? Und dann lese ich ja mal einen Satz vor aus der Wirtschaftswoche, aus einem Artikel, wer hat den da geschrieben bei der Wirtschaftswoche? Nee, ist eine DBA-Meldung. Aber da wird gefragt, was sich denn da genau verändern soll. Und dann sagt der Herr Mühlenbach, ich glaube, das ist aktuell der CEO, der sagt, bei regionalen Magneten wie beispielsweise Kassel geht es darum, das Angebot mit Services, Waren und Erlebnis anzureichern, die genau dort nachgefragt werden, erklärt Mühlenbach. Galeria Karstadt-Kaufhof will hier die eigene Verkaufsfläche reduzieren, damit Platz für regionale Produkte, aber auch Serviceangebote wie städtische Bürgerdienste, E-Bike-Stationen und Paketschalter schaffen. Das alleine, sozusagen, könnte schon irgendwie aus dem Studentenwettbewerb kommen, dieser Satz. Da steckt gar nichts dahinter. Also sozusagen, es erklärt nichts. So, und jetzt wird es aber noch richtig spannend. Ergänzt werden soll das stationäre Angebot mit einer App, in der nicht nur Parkplätze im eigenen Parkhaus und Tische im Warenhausrestaurant reserviert werden können, sondern auch Angebote von Partnern, etwa Friseurtermine oder die Abholung des neuen Personalausweises im Bürgerbüro. Und Wenn man das so liest, und ich meine, man muss sich mal vorstellen, da arbeiten ja auch schlaue Leute, da wird es auch ein paar Berater gegeben haben, die dieses Konzept schreiben. Und das ist so fernab sozusagen von der Realität, das ist so weit hinterher im Denken, wie Commerce und Handel eigentlich funktionieren muss und was die Kunden wollen, das ist so stationär fokussiert. Wie können wir auch noch irgendeine Relevanz an die Fiale rankleben? Also da würde es mir auch als stationärer Verfechter Nummer eins der ich jetzt nicht bin, nachgewiesermaßen, aber mir würde es wirklich schwerfallen, das irgendwie freizuzeichnen. Also es ist einfach nichts drin, was auch nur ein ganz bisschen Hoffnung macht.

Joel Kaczmarek: Ich fand deinen einleitenden Satz in unserem Vorgespräch schön, das hätte man auch im Postillon lesen können. Ja, aber ja.

Jochen Krisch: Ja, aber sie haben die App untergebracht. Das musste unbedingt auch noch rein, weil sie hatten so eine Buzzword-Liste und es sind einfach Themen, die da drin sein müssen, damit man zeitgemäß wahrgenommen wird. Also es ist so ein bisschen schwierig. Mir fehlt eben auch die Kundenorientierung da komplett. Und mein Thema, vielleicht wenn ich den Aspekt noch kurz reinwerfen kann, der jetzt unabhängig vom Handel ist, aber ich finde, es hat schon so eine Art von Entwöhnung stattgefunden in den letzten Monaten, anderthalb Jahren ja jetzt fast, dass man gar nicht mehr so einen Drang hat, in die Stadt zu gehen. Ich bin ja bekennender Stationärshopper, also beruflich beschäftige ich mich mit Onlinehandel, aber privat bin ich ja Stationärverfechter und stelle das bei mir fest, aber auch generell. Ich glaube, das ist wirklich, der Drang ist nicht mehr da. und wenn jetzt Sie die Leute motivieren wollen, dann müssen wirklich jetzt nochmal sehr überzeugende Themen und Geschichten kommen, weil im Grunde hat man sich es jetzt ja so eingerichtet, dass man eigentlich ganz bequem online bestellt, selbst wenn da die Experience manchmal auch nicht so toll ist, weil ich finde nach wie vor Mode online zu bestellen, es ist schon schwierig erstmal das zu finden, was man sucht und will, dann die Darstellung und alles, also es ist ja so, man kann ja auch am Onlinehandel noch sehr viel Kritik üben und Kritisches finden, aber es war halt Gut genug, dass man es als bequemer wahrgenommen hat, auch mit einfachem Hin- und Rückversand. Ich glaube, da haben jetzt einfach noch mal weitere Zielgruppen entdeckt, wie das sein kann. Und das macht schwierig, die Rechnung der Innenstadt.

Joel Kaczmarek: Wie ist es denn eigentlich, das gehört ja in der Tat zur Signer-Gruppe und die haben ja so fünf unterschiedliche Sparten. Also Premium, Sports United, Department Store Group, Home & Lifestyle und Food & Restaurants. Und dann gibt es ja quasi dieses Premium-Segment, also solche Häuser wie das KDW. Rechnet ihr solchen Unternehmungen größere Erfolgschancen aus, als jetzt so einem Gemischtwarenladen, so einem Warenkaufhaus, weil man halt sagen kann, da ist noch irgendwie, also KDW ist vielleicht ein Extrembeispiel, weil es ja quasi so, also in Berlin gesehen ist es wie so ein Wahrzeichen fast schon, aber glaubt ihr, dass sowas quasi in Richtung von einer Spezialisierung geht, die funktionieren könnte stationär?

Jochen Krisch: Das wird wenig sein. Als weiteres Beispiel wird ja immer Selfridges in London gebracht, die glaube ich jetzt auch einen Käufer suchen. Ja, jein, aber dann so als letzte Überlebende. Also das ist halt jetzt so das Hochwertigste, was man bieten kann. Und wenn man das eher so als Es ist halt nicht für den täglichen Bedarf und es ist nicht ins tägliche Leben integriert, sondern das sind entweder touristische Attraktionen oder wenn man halt ganz was Besonderes sucht. Deswegen, ich wäre da gar nicht mal so skeptisch, könnte mir durchaus vorstellen, dass das die sein werden, die da bleiben werden, aber das hat nicht so die hohe Relevanz, finde ich.

Joel Kaczmarek: Gut, jetzt haben wir uns natürlich mit Galeria auch ein stationäres Extrem stückweit ausgesucht, weil halt gemischt Kaufhaus, also wirklich gar nicht so eine starke Spezialisierung. Wir können ja mal Player angucken und dann jetzt so auf die Post-Corona-Waage legen, die schon ein bisschen spezifischer sind. Da hat ja Alex seinen Liebling, den lieben Raoul Rossmann, der hat ja auch Konzepte quasi vorgeschlagen. was man denn tun könnte, um die Innenstadt zu beleben.

Alexander Graf: Ja, also die fleißigen Hörer hier dieses Podcasts werden sicherlich auch in den Online-Medien mitbekommen haben, dass Raoul Rossmann wieder ein Interview gegeben hat. Dem Florian Kolff im Handelsblatt hat er so ein bisschen erzählt, wie er sich die Rettung der Innenstadt vorstellt. Und das Spannende natürlich an Raouls Meinung ist, dass sie sich nicht so sehr deckt mit unserer Meinung und auch unserer Weltsicht. Deswegen kann man sich daran auch immer sehr, sehr effizient reiben. Und er sagt natürlich Dinge wie, wir brauchen Hürden für den Online-Handel, insbesondere für die ganz großen Player wie Amazon, wenn wir das Gut der Innenstädte umsetzen. schützen wollen, fordert Paketsteuern und auch andere Dinge. Und der eine oder andere hier dürfte ja auch den Doppelgänger-Podcast hören. Da haben die beiden Philipps sich ja auch schon ein bisschen drüber lustig gemacht. Das ist interessant, dass er das jetzt fordert, nachdem er natürlich die Zerstörung der Innenstädte sozusagen mit dem Aufbau der Grüne Wiese Center mitbetrieben hat und er dazu beigetragen hat, dass da auch der Handel aus der Stadt geht. Und ich möchte ein Zitat mal vorlesen aus diesem Artikel, weil auch Raoul Rossmann wird nämlich von dem Florian befragt, was ist denn eigentlich der USP? Also warum sollten Kunden zu Rossmann gehen und nicht zu DM oder zu einem Wettbewerb. Wir verlinken das Interview auch nochmal in den Shownotes, denke ich mal, weil dieser USP-Satz, der ist ganz spannend. Warum sollte denn ein Kunde zu Rossmann gehen statt zur Konkurrenz, fragt der Florian. Daraufhin antwortet Raoul, sie bringen mich mit dieser Frage etwas in Verlegenheit. Es gibt tausende Hebel, die man als Händler bewegen kann, um besser als die Konkurrenz zu sein. Ich weiß, was das bei uns ist, aber ich möchte das nicht teilen. Das darf gerne ein Mysterium bleiben. Ja, und mit dieser Aussage möchte ich gerne zurückgeben in die Schaltzentrale hier, Joel.

Jochen Krisch: Das ist interessant, weil DM zum Beispiel ja da keine so Probleme hat. Die sagen ja ganz klar, bei uns gibt es keine Preisaktionen, du darfst Mensch sein und lauter solche Sachen. Und Rossmann, ich neige dann tatsächlich zum Lässern, wenn sowas kommt, weil Rossmann hat ja jetzt auch eine Buchecke. Seit der Seniorchef ein Buch geschrieben hat, gibt es eine Buchecke mit drei Büchern jeweils. Er hat ein Sachbuch geschrieben und einen Roman. Und deswegen gibt es sowohl Sachbücher als auch Romane, jeweils drei. An prominenter Stelle immer das Buch des Seniorchefs.

Alexander Graf: Das finde ich aber nicht verwerflich. Ich finde, das darf man ihm nicht vorwerfen, dass er seine eigene Handelskette dafür nutzt. Da könnte man auch sagen, Amazon pusht ja auch seine Eigenmarke nach vorne im Handel.

Jochen Krisch: Das stimmt schon, aber mich schockiert das wirklich, weil das ist halt so weltfremd und auch so Also du merkst halt, es geht nicht um die Innenstädte und es geht auch nicht darum, jetzt eine Strategie im Wettbewerb mit dem Onlinehandel zu finden, sondern es geht darum, das eigene Geschäftsmodell weiter erhalten zu wollen in irgendeiner Form. Und das irritiert mich daran. Also wenn man da jetzt wirklich mit vernünftigen Vorschlägen käme, aber Paketsteuer und so Sachen. Und selbst der Handelsverband, der BEVH jetzt in dem Fall, geht ja da immer dann auf die Barrikaden, weil er sagt Diese Steuern treffen die Falschen, treffen ja eher genau die Kleinen, die man jetzt motivieren will, den Online-Handel zu betreiben. Dann würde natürlich Herr Rossmann gegenhalten, nee, die sollen ja nur die Großen betreffen. Im Grunde eine Amazon-Paketsteuer ist das, was ihm so vorschwebt. Und es gab ja vor ein paar Jahren auch die Kampagne, dass die Produkte einfach gefährlich sind, die Amazon anbietet. Also gerade in dem Bereich Beauty, Kosmetik und solche Sachen, dass den deutschen Standards nicht genügen. Also das ist ja wirklich schon kampagnenartig, was da passiert. Und leider funktioniert es pressezeitig.

Alexander Graf: Man muss aber mal auch da entgegenhalten, die sind natürlich in ihrem Kerngeschäftsmodell sehr erfolgreich, insbesondere durch die Auslandsexpansion. Osteuropa und Co., in die Rossmann und auch die M. in gleicher Taktung expandieren, machen die ja zu sehr, sehr profitablen Handelsunternehmen. Und es ist auch ein Geschäftsmodell, was sie ja noch sehr erfolgreich in andere Länder expandieren können, in dem es dieses Drogeriekonzept so ja gar nicht gibt, wo man diese Produkte halt entweder in der Apotheke bekommt oder halt bei anderen Spezialisten. Und das war ja auch so ein bisschen der Hintergrund meines Podcasts mit Christoph Werner damals bei dm zu fragen, naja, aber auch irgendwann wird da der Zeitpunkt kommen, wo Spezialisten, entweder Lieferdienste oder Lieferinfrastrukturen wie in Gorillas und Co. das übernehmen oder vielleicht dann doch von Multisortimentsanbietern wie Amazon immer weiter bedrängt wird. Und da hat er ja auf jeden Fall ein paar bessere Antworten und sie bauen ja auch ihre Logistik entsprechend auf und waren ja auch gezwungen, während Corona dieses Click-and-Collect-Prinzip zu forcieren, was glaube ich, schon so der erste Schritt ins E-Commerce für diese Unternehmen sein wird. Aber anders als Karstadt kommen die jetzt aus einer sehr erfolgreichen Historie, beziehungsweise sind noch sehr erfolgreich, verdienen viel Geld und können jetzt eigentlich aus den Vollen schöpfen und nach vorne investieren. Und ich finde es jetzt auch nicht verwerflich, dort eine Agenda-Politik zu betreiben. Ich finde das, was da Raoul macht, nicht smart. Er kann sich natürlich schon auf die Schwächen von Amazon versteifen, auf das Thema Fraud und so Produktqualität kann man schon alles machen. Wenn man das bei sich selber alles in Ordnung hat, dem kann Amazon auch nichts entgegensetzen. und da kann man auch das Thema Steuergerechtigkeit, ja sozusagen wird überhaupt überall Steuern abgeführt und warum werden die Konzerne, die nicht dafür sorgen, dass das getan wird, nicht schneller und besser belangt. Auch da kann man sich ohne weiteres mit positionieren. Eine Paketsteuer ist halt, das erinnert mich schon so ein bisschen an diese Argumentation des Geschäftsmodells von Galeria 2.0. Das bleibt halt sehr in der Oberfläche. Man kümmert sich nicht um das Problem. Es hat keine kundenzentrierte Perspektive. Und das macht es aus meiner Sicht problematisch. Und damit macht er sich natürlich auch sehr, sehr leicht angreifbar. Und auch wenn man alle zynischen Untertöne sozusagen hier aus unserem kleinen E-Commerce-Zirkus mal abzieht, wird man wahrscheinlich auch bei allen anderen rationalen Händlern, die ein hohes stationäres Interesse haben, wenig Zustimmung für solche Aussagen finden. Und das natürlich, ja, das ist schon ziemlich dämlich.

Jochen Krisch: Ich glaube, das irritiert, aber der Punkt ist dabei so ein bisschen, dass es politisch natürlich durchaus Anklang findet. Also das muss jetzt nicht in der Paketsteuer münden, aber dass eben diese ganzen Themen, die Paketflut, die ganzen Verpackungen, die da sind und alles, also je nachdem, wer als nächstes dann die Regierung bildet, dass das ja durchaus auf eine Resonanz stößt. Oder eben, weil viele politisch natürlich auch regional verankert sind, in den Gemeinden tatsächlich das Thema Innenstadt retten. Also Ich finde das ja so in dem Drogeriebereich so interessant, weil da kommt ja jetzt eine Welle an Anbietern im Convenience-Bereich, die man, weiß ich gar nicht, ob man die jetzt rein Online-Händler nennen muss, aber die ja auch eine Nahversorgung setzen und auf sehr schnelle Logistik. Themen. Und das ist ja im Prinzip der bunte Punkt, mit dem man jetzt einen Rossmann oder einen DM etc. treffen kann. Wenn es denen gelingt, diese schnellen Services entsprechend zu etablieren, dann sind die halt genau für diese ganzen Produkte auch geeignet, die man eigentlich sonst nicht wirklich online gut bestellen kann. Weil es sind entweder riesige Mengen, also Paketgrößen, Oder zu geringe Beträge. Also das rechnet sich so noch nicht, aber mit so schnellem Lieferservice. Also ich denke, um konkret zu werden, Gorillas etc. die Richtung. Aber es gibt ja auch welche, die nicht in dem Food-Bereich sind, sondern die eben auch versuchen, andere Produkte zu nehmen. Und das ist auch was, was Amazon jetzt stark vorantreibt. Also jetzt gerade jetzt interessanterweise, gestern gab es auch die Meldung, vor einem Jahr haben Sie Ihre Superfast Delivery in den USA gestartet. Jetzt haben Sie zum Einjährigen quasi nochmal gesagt, jetzt nehmen wir noch sechs andere Städte dazu. Und dann verweisen Sie stolz auf Ihren Mini-Fulfillment-Center, sehr stadtnah, verweisen auch stolz darauf, wie gut Sie mit den Kommunen zusammengearbeitet haben und lauter solche Sachen. Also das ist natürlich eine PR-Meldung gewesen. Aber da haben Sie auch, erstmals habe ich so eine Liste jetzt auch gesehen, wo Sie quasi die Bestellvorlaufzeiten auch nochmal dokumentieren können. wann man bestellt haben muss, dass man es am selben Tag noch bekommt oder dass man bis Mitternacht, wenn man bestellt, dass man es morgens um 8 Uhr dann hat und solche Lösungen. Und ich glaube, das ist so die Wettbewerbssituation, die eigentlich kommt. Und ich weiß gar nicht, ob es da noch dann Pakete in dem Sinn gibt, auf die man bauen kann. Also diese Welt im Prinzip muss man sich einstellen. Und ob die noch Innenstadt getrieben ist, mag ich so ein bisschen bezweifeln. Die ist halt eher Wohngegend getrieben.

Joel Kaczmarek: Jetzt versteifen wir uns natürlich wieder ein bisschen auf unsere Liebe zur Ironie, zum Zynismus und zum Scherzen an diesen Konzepten. Wir haben ja eigentlich aber als unseren Themenaufhänger Corona, also das als Post-Corona. Ich würde mal sagen, da müssten ja eigentlich Unternehmen wie in Rossmann latente Gewinner gewesen sein, zumal das ganze Thema irgendwie Desinfektionsmittel, Masken und Co. ein Riesenthema war und sie als eine der wenigen halt sehr dauerhaft aufhaben durften, im Gegensatz zum Beispiel zu Karstadt, die bei mir um die Ecke oder Galeria, die nur ihren Supermarktteil öffnen durften. Habt ihr durch Corona in diesen eher spezialisierten stationären Kontexten quasi einen Aufwind gesehen? Ist das da vielleicht ein Sonderfall? Also wenn wir das nochmal einordnen auf Corona gemünzt.

Jochen Krisch: Also das sieht man schon. Also die, die eben offen bleiben durften, also Brokerien, aber auch jetzt zum Beispiel Tierfutter, Händler etc., die haben geboomt und zum Teil auch besser abgeschnitten als die vergleichsweise Onliner, muss man dazu sagen. Auch Möbel, die hatten halt eine gute Phase, bedingt ist der Lockdown Ende des Jahres dann eben nicht so gut angekommen. Sonst wären sogar die stationären Möbelhändler eigentlich ganz gut durchs Jahr gekommen, weil da natürlich entsprechend Nachfrage war. Wen es natürlich getroffen hat, waren die Modehändler und alles, was in dem Bereich war. Also die wirklich komplett dicht waren und teilweise auch natürlich die falschen Sortimente hatten und teilweise auch nicht die Regale so auffüllen konnten. dass es passt. Also das waren im Grunde schon die Leidtragenden und denen kann man es ja auch nicht zum Vorwurf machen. Also die mussten sich ja den Bedingungen fügen. Aber die, die offen waren, ja klar. Also deswegen glaube ich, hat man ja auch so schön, und ich weiß gar nicht, ob das so gut angekommen ist, die Werbekampagnen von DM und von anderen dann auch im TV. Wir haben offen und ihr könnt zu uns kommen. Also das war ja schon ein bisschen am Rücken der anderen. Also die haben natürlich extrem profitiert auch von dem Lebensmitteln.

Joel Kaczmarek: Vielleicht in dem Zuge auch mal ein ganz interessanter Punkt, weil du ja auch meintest, der politische Lobbyismus, der da passiert, dass der teilweise offensichtlich ganz gut verfängt, also dass sich da was tut, weil was ich so gehört habe, Gerüchte halber, war, dass da halt sehr viel lobbyiert wurde, gerade im Zuge von Corona, also dass man dann gerne mal als lokaler Buchhändler halt gesagt hat, Freunde der lieben Unterhaltung, wir möchten gerne offen lassen und wir haben da einen Tipp, wie ihr das machen könnt. Geht doch auf das Thema Informationsbeschaffungsrecht der Bürger, wo ich mir so denke, also Bücher ist nun wirklich das Einfachste, was man versenden könnte und das Beschaffungsrecht von Informationen leidet da echt wenig. Oder auch, dass es so im Bereich Baumarkt wohl gerne mal das Thema gab, wenn da ein Gartenteil angeschlossen war, dann durfte man den ganzen Baumarkt öffnen, wo man streng genommen eigentlich nur einen Gartenteil kaufen durfte, hat man wohl so die Augen zugedrückt. Also das sind so die Gerüchte, die ich da gehört habe, was sich da alles tut. und Ich frage mich so ein bisschen, warum gelingt es den Onlinern teilweise so schlecht, diesen politischen Handlungswillen, der da ist, nicht zu zünden? Ob das daran liegt, dass so eine Innenstadt halt sehr sichtbar ist und sehr tangibel für viele Menschen, gerade auch für die älteren Wähler? Oder ob man da als Onliner noch irgendwie was liegen lässt, das Thema noch nicht so begriffen hat?

Jochen Krisch: Schwierig, weil natürlich online nicht online ist, sondern immer Amazon und der Rest des Onlinehandels. Und man immer das Thema hat, also entweder Amazon treibt das voran, die machen das ja und gehen dann über die Arbeitsplätze und jetzt über ihr Klimathema oder die anderen über die entsprechenden Handelsverbände. Also das ist so ein bisschen ein Dilemma, dass man da in den Topf geworfen wird und es gibt eben nicht nur die guten Onlinehändler, sondern auch die bösen.

Alexander Graf: Ich glaube auch, dass die Meinung der Online-Unternehmen oder Digitalunternehmen sozusagen in der Politik noch nicht ausreichend stark vertreten ist. Und Online-Handel ist ja nur eine Spezialsparte sozusagen in unseren täglichen Lebensbereichen. Aber es gibt natürlich Online-Handel schon sehr lange und es zeigt so ein bisschen auch die Schwäche der Verbände, da durchzudringen. Zum einen sind Berufspolitiker eher in einer Kohorte, die wahrscheinlich noch dem stationären Handel anhängt. Und die suchen auch nach einfachen Erklärungen. Wenn jetzt natürlich ihr nicht mehr online einkauft und Amazon keine Steuern zahlt, dann gibt es ja auch weniger Arbeitsplätze und die Sportvereine können nicht mehr finanziert werden. Das ist natürlich eine Kausalkette, die lässt sich extrem gut in der Politik verwenden. Und sie verschleiert natürlich auch sehr stark die Versäumnisse der Politik, insbesondere wenn es um das Thema globale Besteuerung oder auch Steuerfairness geht. Es lässt sich einfacher den Wählern erklären, aber ich glaube, das ist auch ein Versäumnis, der Online-Händler, und da will ich jetzt gar nicht irgendwie ein Verband rauspicken, sich da nicht gut genug drum zu kümmern. Also ich finde schon, dass quasi Digitalinteressen historisch schlecht vertreten sind in der Politik.

Jochen Krisch: Ja, es gibt auch keine wirklichen Online-Verbände. Also es gibt Marktplatzverbände, den einen oder anderen, und andere, die Online-Verbände heißen, die aber eigentlich aus dem Versandhandel oder aus dem stationären Handel kommen und deswegen natürlich auch keine wirklich generische Lobbyarbeit machen. Und man muss schon auch andersrum sagen, Es geht nicht nur um Handel, es geht wirklich um Innenstadt. Die Sorge um die Innenstädte und dass das wiederbelebt wird. Wobei ich mich dann so ein bisschen wundere, dass das in der Corona-Zeit ja wirklich zum Teil sträflich vernachlässigt wurde. Und das wirklich ja auf Kosten des Handels, der Gastronomie gemacht wurde. Also deswegen, da verstehe ich auch den Unmut schon. Und da gilt es wieder Gutmachung zu leisten in irgendeiner Form. Deswegen bin ich da schon gespannt. Aber aus Online-Sicht zum Beispiel ist das natürlich eine Gefahr, dass da jetzt subventioniert wird. oder sagen wir mal, dass die Priorität da liegt. Formulier ich es mal ganz allgemein. Ich fürchte aber, dass es von der Kundennachfrage her getrieben keinen großen Unterschied macht.

Joel Kaczmarek: Vielleicht noch ein letzter kleiner stationärer Exkurs. Wir haben ja beim letzten Mal über Douglas gesprochen. Wenn wir jetzt mal Douglas nochmal als spezialisiertes Modell stationärens anschauen und dann die Corona-Betrachtung reinnehmen. Habt ihr da Dinge gesehen, wo ihr sagt, wow, da gibt es irgendwie eine Blaupause, die gerade auch in Corona-Zeiten nochmal vorgemacht haben, was Sinn macht zu tun aus stationärer Sicht, wenn halt so eine Pandemie einem da die Geschäftssituation mal auf ein ganz anderes Niveau stellt?

Alexander Graf: Ich finde, bei Douglas konnte man sehr gut sehen, dass die Unternehmen, die schon ein starkes E-Commerce-Geschäft vor Corona haben, gemessen am Gesamtumsatz, ich weiß nicht, wie groß es vor Corona war, aber ich glaube auch schon über 10 Prozentpunkte vom gesamten Douglas-Umsatz, dass die natürlich einfacher hatten, diese Umsätze online zu kompensieren, ja, bei geschlossenen Filialen. Und aus meiner Sicht ist Douglas mittlerweile ein sehr, sehr schöner Case, wie man so diesen radikalen Umbau zum Marktplatz vorantreiben kann, da ist jetzt auch nicht alles Gold, was glänzt, das wird auch exzellent einfach auch dargestellt, muss man auch fairerweise sagen, aber so schnell, so radikal diese Umsatzniveaus zu erreichen, herauskommt im Grunde genommen aus einem Org-Chart und aus auch einer Technologie-Infrastruktur, die, ja, bevor Tina Müller angefangen haben und Vanessa Schlützler 15 Jahre einfach auf Kosten gefahren wurde. Also im Wesentlichen wurde nicht Relevantes investiert. Das finde ich schon sehr beeindruckend. Und in der Kommunikation merkt man ja so ein bisschen, dass es für die auch nicht ganz einfach ist. Die müssen schon klar Richtung Online bewegen. Auf der anderen Seite dürfen sie jetzt auch nicht allen Mitarbeitern in den Fialen das Gefühl geben, dass es sie morgen nicht mehr gibt. Aber de facto muss natürlich Douglas ein Online-Unternehmen werden, in den nächsten zwei, drei Jahren. Und ich glaube, die Radikalität, in der dort auch Fialen zurückgebaut und umgebaut werden, die wird sich noch erhöhen. Kann man es kommunizieren? Wahrscheinlich nicht. Also davon haben die ja nichts. Das ist jetzt schön für uns, uns in unseren Thesen vielleicht Nachweis zu finden. Aber ich finde, dass Douglas schon aus meiner Sicht auch überraschend eines der Erfolgsbeispiele ist aus den letzten beiden Jahren. Vor zwei Jahren hätte ich das nicht erwartet.

Joel Kaczmarek: Gut, mal eine Brücke rüber geswappt zu den Onlinern. Also Zalando About You, glaube ich, eine Betrachtungsebene, die sich durch den Börsengang von About You gerade ganz spannend gestaltet, auch wegen der Datenlage. Amazon natürlich so der Classic. Was seht ihr denn da? Fangen wir mal mit dem Fashion-Bereich an, auch wenn es vielleicht ein bisschen spezifisch ist, aber da halt schöne Datenlage gerade in dem Auge des Corona-Sturmes.

Alexander Graf: Ich würde nochmal ganz kurz einen globalen E-Commerce-Kommentar machen. der quasi über Fashion hinausgeht. Und zwar, was man grundsätzlich gesehen hat, ist, dass durch die sehr stark gestiegene Nachfrage online viele Unternehmen ihre Werbeausgaben konstant halten konnten beziehungsweise runterfahren konnten. Das heißt, auch E-Commerce-Unternehmen, die eigentlich immer unter der Nulllinie geschwommen sind in den letzten Jahren und eigentlich, wo man jetzt sagen muss, ich weiß nicht, ob es sie in den nächsten zwei, drei Jahren noch gibt, die konnten auf einmal teilweise 10% Adjusted EPTA ausweisen. Auch Unternehmen, die massiv unter Druck stehen im Bereich Consumer Electronic, Möbel, Und da muss man sagen, hat die Flut alle Boote nach oben getrieben und das haben einige Unternehmen auch smart genutzt, um so ein bisschen sich zu rekapitalisieren. Und klar, auch in dieser Kohorte gibt es einige und dazu gehören aus meiner Sicht Zalando und About You, die natürlich noch deutlich besser fahren als der Rest, aber die Onliner, die das ein bisschen smart gemacht haben, die konnten auch in Segmenten, die vorher massiv unter Druck gestanden haben richtig viel Geld verdienen im letzten Jahr und sich neu aufstellen. Das waren also auf jeden Fall die Gewinner oder die, ich will jetzt nicht sagen Profiteure, aber die konnten natürlich da teilweise auch Geschäftsmittel, die aus meiner Sicht Hanebüchen sind, jetzt in schwarze reden. Deshalb ist jetzt die Zeit, die jetzt passiert, für mich sogar noch spannender, Jetzt haben wir ja die 2020-Jahreszahlen, die Q1, Q2-Zahlen von so ein paar Onlinern, die lange rot waren. Ja, so ein Home24, so ein Cyberport. Gut, das gibt es jetzt keine offiziellen Zahlen, aber ganz viele Unternehmen, die jetzt einmal so noch umgedippt sind. Und jetzt finde ich ja die Q3, Q4-Zahlen, die 2021-Zahlen, wo es diesen Sondereffekt ja nicht mehr gibt, die finde ich eigentlich noch spannender, um zu sehen, was davon ist sticky. Also

Jochen Krisch: ich glaube, dass eine Erkenntnis zum Beispiel, die da auch da ist, und das ist ja etwas, worauf ich schon lange warte, diese Neukundenabhängigkeit, die der Onlinehandel immer noch hat, eigentlich bei fast allen, die letztendlich vom Marketing und der Neukundengewinnung dann leben und die es nicht geschafft haben, wirklich die Stammkundenbasis so zufriedenzustellen, dass es passt. Und dieser Effekt, den du jetzt beschrieben hast, der würde ja wegfallen, wenn es ihnen gelänge, gut mit den Stammkunden zu arbeiten, weil sie dann diese Marketingausgaben für die Neukundengewinnung und zum Teil ja die Wiedergewinnung ihrer alten Kunden nicht mehr hätten. Und ich hoffe, dass da auch so ein bisschen Umdenken passiert ist. Also da gibt es wirklich bei manchen gut, bei manchen weniger gut. Aber ich sehe das schon auch so und das ist für mich auch spannend. Jetzt heute zum Beispiel kamen die Zalando-Zahlen. Da sieht man halt ganz klar, okay, die wachsen mit 40 Prozent jetzt nach dem Zalando. ersten Corona-Jahr, also wo die Vergleichsbasis hoch war, aber haben natürlich ihr Marketingbudget wieder extrem hochgeschraubt, auf jetzt 10% vom Gesamtumsatz, also kann man sich ausrechnen, ich glaube, das waren 3 Milliarden ungefähr, was sie an Umsatz gemacht haben, kann man sich ausrechnen, was da drin ist. About You ist noch ein bisschen eine andere Situation, bei denen ging es 60% hoch, die haben ja Geschäftsjahr Ende Februar, das heißt, die haben den März und April noch so ein bisschen Corona-Effekt mit drinnen, deswegen ist es nicht so direkt vergleichbar, aber das Bemerkenswerte sowohl als auch ist, dass da kein großer Rückgang zu verzeichnen ist, sondern dass das wirklich erstaunliche Wachstumsraten sind. und viele machen es jetzt ja so, dass sie Zweijahresvergleiche anbieten, Da sieht man es ja noch mehr, wie das im Vergleich zu 2019 da ist. Und deswegen ist das schon ein Boost. Deswegen meinte ich auch mit verändertem Nachfrageverhalten, Kundenverhalten und dass das so ein Boost nachhaltig ist und bleibt. Aber nicht bei allen, muss man auch dazu sagen. Also Mode ist natürlich jetzt ein Beispiel, was gut funktioniert hat.

Joel Kaczmarek: Und es ist ja eigentlich so sein, dass Corona im Zeitraffer das beschert hat, was so ein Kollege wie der Herr Graf ja immer prognostiziert hat. Die Innenstädte werden sterben, wenn die Leute erstmal die Online-Vorteile erkannt haben, dann gibt es keinen Grund mehr stationär zu kaufen. Also eigentlich müsste ja, wenn jetzt sozusagen unsere Hypothesen aufgehen, wir lachen ja immer über die stationären. eine relativ hohe Stickiness bleiben bei den Online-Akteuren. Woran liegt denn das, dass das dann nicht so ist? Dass du sagst, die müssen nach wie vor immer noch, also auch im Jahr 2021, nach irgendwie zehn Jahren Online-Marketing-Weiterentwicklung auf den Neukunden pochen, anstatt irgendwie die Customer-Lifetime-Values über Wiederbestellung hochzutreiben.

Jochen Krisch: Ja, sie sind halt noch nicht so gut. Also das ist wirklich das Manko. Man kann natürlich auch im Onlinehandel viel kritisieren und das wäre mein Hauptkritikpunkt. Es gibt kaum stammkundengetriebene Konzepte und vielen gelingt es auch noch nicht, das so umzustellen. Und ich glaube aber, das Bewusstsein müsste jetzt gewachsen sein, dass man das machen muss, weil es ist ja im Grunde auch peinlich, wenn man dann Millionen an Kunden in der Datenbank hat und sieht einfach, die bestellen nicht häufig genug. Dann muss es ja an irgendwas liegen und oftmals liegt es dann eben am Geschäftsmodell. Also das ist schon wirklich eine große Schwäche.

Alexander Graf: Und man muss fairerweise auch sagen, dass Online ein sehr, sehr globaler Wettbewerb ist und es einfach viele neue Anbieter gibt, die das Service- und Angebotsniveau nach oben bleiben. Und das ist ja auch so ein Segment, was wir nicht so stark sehen. Wenn wir mal jetzt in die Top-Shopping-Apps so reinschauen bei Android Store oder auch bei Apple, dann so Anbieter wie Shine, die laufen ja wahrscheinlich an dir, Joel, und an dir, Jochen, vorbei, genauso wie an mir. Ja, sozusagen, die haben aber offensichtlich noch ein spannenderes Angebot als About You für eine ganz, ganz junge Zielgruppe, ein viel spannenderes Angebot als Sarah und dieses Niveau immer wieder mitzugehen, sagen die, und da geht es ja nicht nur um Preis und schnellere Lieferungen, sondern schnellerer Austausch von Kollektionen, die richtigen Influencer-Kampagnen, eine sehr, sehr personalisierte Ansprache, die ja jetzt erst in dem Online-Handel so wirklich Einzug hält, also wirklich ein hyperpersonalisiertes Erlebnis haben wir ja in den letzten 15 Jahren als Standard-E-Commerce-Kunden ja nie erlebt. Ich sehe ja bei Zalando oder bei Otto immer noch die Frauen- und Kinderkollektionen und Marken und Größen, die mich gar nicht interessieren. Und das können natürlich so Mobile-First-Anbieter oder auch Anbieter, die aus dieser WeChat-Welt kommen, einfach viel besser machen. Und diese permanente Innovationsrate, was ja mit extrem viel Venture Capital angetrieben wird, das führt natürlich dazu, dass man sich aus dem Status Quo nicht ausruhen kann. Das heißt, die Investitionen steigen. Das führt ja zu dieser Quote, die ich mir ausgerechnet habe, dass man eigentlich maximal 2 bis 3 Millionen Euro Umsatz pro IT-Mitarbeiter erzeugen kann. Das skaliert auch dann. Man muss quasi immer weitere Leute einstellen. Und da sehen wir jetzt auch in unserem Segment, da kommen auch Unternehmen so ein bisschen ans Limit, weil die Märkte sind einfach leer gesaugt. Und jetzt hat auch quasi jeder dritte Mittelständler schon irgendwie einen Hub in Lissabon aufgebaut und müssen sich jetzt noch Richtung Nordafrika weiter bewegen, was ja deutlich komplizierter ist in der Abwicklung. Oder auch mal über die Ukraine hinaus schauen, wo man Leute herbekommt. Und das ist dann nicht mehr trivial. Das heißt, wir sehen da wirklich so globale Wettbewerbseffekte, Die mag jetzt auch einen Online-Händler unfair finden, genauso wie ein stationärer Händler den Online-Handel unfair findet, aber für die Kunden kommt am Ende des Tages mehr dabei raus.

Joel Kaczmarek: Aber das ist interessant. Kannst du dazu nochmal ein bisschen mehr erzählen, diese Betrachtung, wie Tech-Personal quasi deinen Umsatz treibt? Also ich hätte jetzt vermutet, dass das irgendwann so einen Ceiling-Effekt hat, dass das irgendwann kippt oder sich abflacht.

Alexander Graf: Nee, ich hatte mal vor längerer Zeit einen Artikel geschrieben, hab das mal einfach ausgerechnet, wie viel Umsatz macht Zalando, wie viele Leute arbeiten in der IT, so, dann kommt da so eine Zahl zwischen 2 und 4 Millionen raus, das gleiche für About You, Real, für Bohl.com, es geht auch, funktioniert sogar für Amazon, die Zahl ist größer bei Unternehmen, die in der Transformation sind, also wenn du jetzt so einen großen Baustein hast, nimmst, der jetzt irgendwie durch Corona ganz, ganz starke Nachholeffekte hatte im E-Commerce, da kommt eine Zahl raus, wo dann jeder IT-Mitarbeiter irgendwie 10 bis 15 Millionen Euro Umsatz macht, aber um deren Produktpipeline überhaupt abprogrammieren zu können, müssen die jetzt tausende Leute einstellen. Und ja, tausende Leute geht halt nicht. Also es gibt nirgendwo mehr in Europa einen Platz, wo man mal einfach so 200 gute Leute bekommt. Und das Das ist quasi auch ein Wettbewerb, der gerade massiv sich verschärft, bei dem dann die Unternehmen, die noch so eine klassische Office-Struktur haben, sehen wir auch im Online-Handel noch ganz viele Unternehmen, die sehr stark auf die Headquarter drängen, wo es auch so Schichtprinzipien noch im Headquarter gibt. Das verschärft sich und das macht es natürlich für die Stationären, die jetzt in einer klassischen Transformation sind, noch schwerer, ihr Business zu transformieren, auch wenn jetzt Mitleid an dieser Stelle nicht angemessen wäre. Aber ich würde sagen, in diesem Personalbereich ist der Wettbewerb gerade am größten mit Abstand.

Joel Kaczmarek: Aber dann wieder speaking about Corona. Du kannst ja mal bei euch aus dem Nähkästchen plaudern. Boris hat ja bei uns auch schon fleißig erzählt über eure Global Recruiting Strategie, warum irgendwie Top Talent Fokus wichtig ist, wie ihr quasi Kultur auch remote abbildet.

Alexander Graf: Eigentlich möchte man ja meinen, wenn ich jetzt irgendwie Onliner bin und brauche Tech-Personal, dass mir Corona im Sinne von Zwangsdigitalisierung, Remote-Tauglichkeit, der Workforce, Naja, nicht wenn du ein Unternehmen bist, was immer noch möchte, dass ein bis zwei Tage oder drei Tage die Woche die Leute ins Headquarter kommen. Es hat von einem Platz her geführt, dass in den Remote-Standorten, die vielleicht bisher noch eher günstig waren, Leute auch sagen, naja, dann sitze ich halt in Bukarest, aber bisher habe ich vielleicht 40.000 Euro verlangt für meinen Service, aber ich kann jetzt auch 100.000 Euro verlangen, weil die Leute haben das ja gelernt, dass es funktioniert. Jetzt auch dieser Umbau zu einer reinen digitalen Recruitment-Pipeline ist jetzt auch nicht trivial, funktioniert super. Wir erleben das so ein bisschen bei uns im Office. Das ist für mich auch überraschend gewesen. Ich war gestern und vorgestern in Berlin. Da habe ich dann, ja, ich würde sagen, jetzt vielleicht so 20 Leute zum ersten Mal getroffen, die jetzt in den letzten sechs bis zwölf Monaten eingestellt worden sind. Und es gibt diesen Effekt gar nicht, dass die Kultur in der Kaffeemaschine entsteht. Man hat das Gefühl, man sieht die sowieso jeden Tag bei Zoom und sagt denen irgendwie Hallo und es wirkt gar nicht so, als hätte man nie getroffen. Anders zum Beispiel meine Frau, die ist ja Kinderärztin angestellt, die quasi sieht, hat ihre neue Kollegin im letzten Jahr nur mit Maske gesehen. Das erste Mal, also aber jeden Tag physisch. Und das erste Mal, als ich ohne Maske gesehen habe, war bei uns im Garten sozusagen beim Kaffee trinken und da hat sie gesagt, ach so siehst du eigentlich aus. Und diese Kultur kann super bei zoomen. entstehen, aber das muss man auch erstmal zulassen und auch so akzeptieren. und ich glaube, das sind natürlich Unternehmen, die jetzt auch in dieses Remote-Thema sozusagen reingerutscht sind oder auch reingepresst worden sind, so wie wir, die tun sich da natürlich deutlich einfacher und wir können natürlich eine globale Hiring-Strategie sofort fahren, haben mit mir da auch sozusagen sehr viele Leute in den USA und ich habe jetzt gestern gelernt, wir haben glaube ich vier oder fünf Leute schon in Afrika sitzen sozusagen an verschiedenen, das wusste ich vorher auch nicht, wenn sie sich halt per Zoom ein, da siehst du ja nicht, ob die jetzt in Lagos sitzen im Hintergrund, die haben auch eine weiße Wand hinter sich, ne? Aber sie sitzen immerhin in der gleichen Zeitzone. Aber da passiert gerade, glaube ich, das Spannendste. Also wenn er in der Lage ist, solche Leute zu binden und zu halten, auch die Guten zu finden, das gilt für einen Siegner genauso wie für einen Zalando, die haben gute Chancen nach vorne.

Joel Kaczmarek: Sehr gut. Also ich kann ja allen Hörerinnen und Hörern nur nochmal empfehlen, die Folge, die wir dazu mit Boris hatten, hieß Global Recruiting, so findest du die besten Digitaltalente. und da hat er auch so ein bisschen erzählt, Was passiert, wenn du irgendwie einen Inder mit einem Briten in ein Remote-Team steckst oder einen Israeli und einen Araber? Also das sind ja Sachen, an die denkt man ja gar nicht. Wo dann auf einmal so Kultureffekte auch mit reinkommen und Zeitzonen und wie man die managt und, und, und. Also ich glaube, da steckt noch viel drin. Jochen, vielleicht nochmal ein kurzer Blick auf Amazon als gefühlt ja der sozusagen übermächtige Player. Ich hätte jetzt gedacht, die Flut hebt alle Boote, hat mir auch ein bisschen gesagt. Hast du mal Amazon dir angeguckt mit Blick auf Corona, was da quasi, da möchte man ja meinen, da müssen ja da die Supersteroide gerade geworfen worden sein.

Jochen Krisch: Ja gut, es ist halt jetzt vorbei. Also Amazon hat jetzt nochmal sehr geschickt gemacht, dass sie einen Prime Day in das zweite Quartal gelegt hat, sodass noch ein Effekt da war. Aber man muss auch sehen, wie die Umsätze bei Amazon im letzten Jahr explodiert sind. Also die haben ja aber auch logistikseitig entsprechend aufgebaut und Hunderttausende von Leuten aufgebaut. Also wenn man dem mal nachgeht und da mal guckt, was da passiert ist, ist enorm. Deswegen ist dieser Effekt jetzt schon da. Also das zweite Quartal war jetzt noch ganz gut. Also interessanterweise muss man eben unterscheiden bei Amazon. Die haben ja mehrere Baustellen. Handel. Solala, interessanterweise Marktplatz um einiges besser, sodass ich mich fast schon frage, ist dieser Prime-Day eigentlich nur ein Marktplatz-Event und buscht den Handel gar nicht so sehr und jetzt im Ausblick dann auch mäßig, also sage ich jetzt mal so. Um die 15% Gesamtumsatzwachstum, das bedeutet aber runtergebrochen beim Handel dann eher, würde ich mal sagen, wenn sie gut sind, niedriger einstelliger Bereich, also ungefähr Vorjahresniveau. Und das, glaube ich, wird jetzt bei Amazon so in dem zweiten halben Jahr oder zumindest bis nächstes Jahr rein dann tatsächlich auch so sein. Währenddessen boomt natürlich das Werbegeschäft und andere Geschichten. Also das hat sich fast verdoppelt. Und das ist ja auch etwas, was Amazon anfangs am Herzen liegt, weil das sind wirklich hochprofitable Umsätze. Die sind ja machen. Also insofern muss man auch nicht Amazon jetzt bedauern. Aber das ist zum Beispiel auch was, was ich erwartet habe. Also dass einfach diese Basis so hoch ist. Und mich hat eher überrascht, wie Zalando das jetzt gemeistert hat mit diesem zusätzlichen Marketing-Push. Aber Amazon ist natürlich nochmal auf einem höheren Niveau. Man hat es ganz gut jetzt auch mit Alibaba vergleichen können, die im Grunde immer so ein Quartal voraus sind. Lief eigentlich besser als bei Amazon. Die hatten aber auch sehr große Schwierigkeiten in China im letzten Jahr, dass sie überhaupt Umsatz gemacht haben. Also deswegen, wenn man jetzt mal Amazon als Benchmark nimmt, liegt die Hürde vergleichsweise niedrig. Ich sehe das ja immer auch aus Wettbewerbssituationen und sage mir, okay, Wenn du es schaffst, jetzt im nächsten Jahr, sagen wir mal, 5 bis 10 Prozent zu wachsen in den nächsten Quartalen, dann bist du eigentlich vorne dabei und nimmst einem Amazon-Marktanteil ab.

Joel Kaczmarek: Aber ich meine unterm Strich, Amazon muss ja so oder so gewinnen, weil mit AWS und dem Marketingfaktor, den du gerade gesagt hast, oder dem Marketinggeschäft, dem Werbegeschäft, die gewinnen ja so oder so. Egal, ob sie selber den E-Commerce-Umsatz machen oder ob den einer ihrer Kunden macht und sie quasi fürs Hosting bezahlt werden.

Jochen Krisch: Ja, und meine Hypothese ist ja tatsächlich, dass Amazon zu einem Service-Provider, Infrastrukturanbieter wird und auch werden will. Deswegen, ich beäuge ja sehr interessiert das Handelsgeschäft und glaube eben, dass das Handelsgeschäft durch das Marktplatzgeschäft ersetzt wird und dass die Services, die da kommen, das Fulfillment und alle anderen Themen, eigentlich das Ausschlaggebende sind. Für mich ist auch die Besetzung jetzt des neuen Amazon-Chefs so ein Zeichen in die Richtung, der eben aus dem Cloud-Services-Bereich kommt und aus dem ganzen eher B2B-Services, dass das tendenziell die Zukunft ist. Deswegen würde ich mir da auch jetzt nicht so sehr über den Wettbewerb Amazon als Händler Sorgen machen. Und ich finde, das sieht man auch sehr gut. Und das hat Corona nochmal extrem gezeigt. Wir haben ja auch die ganzen Börsengänge gesehen, wo wir jetzt auch Zahlen haben. Da sieht man ja auch, was jenseits von Amazon alles passiert ist. Und wer da relevante Umsätze erreicht hat oder wie Alec beschrieben hat, teilweise der Gunst der Stunde geschuldet, auch gute Ergebnisse erzielt hat. Aber da haben wir jetzt wirklich eine Massen an Spezialisten, an Playern, teilweise auch an Marktplatzplayern, Plattformen, international gesprochen, die da gut mithalten können. Also deswegen bin ich da auch nicht so, dass ich sage, Amazon ist alles im Onlinehandel und Marktplatz. man hätte da überhaupt gar keine Chance mehr.

Joel Kaczmarek: Gut, ihr Lieben, dann hoffen wir mal, dass es wirklich eine Post-Corona-Folge war und keine mit Corona. Das wäre uns ja allen zu wünschen. Und ich glaube, ein ganz interessanter Blick mit Lästereien am Anfang, aber auch, finde ich, Punkten, wo man ja wirklich inhaltliche Argumente hat. Und ja, ich bin gespannt. Also ich glaube, das Thema können wir regelmäßig wieder aufgreifen. Die Online-Offline-Schere sowieso. Und wie gesagt, hoffentlich ist es Post und nicht mit. In diesem Sinne, ihr beiden, ich danke euch und lasst es euch gut gehen. Bleibt gesund. Tschüssi.

Outro: Tschüss. Danke fürs Zuhören beim Digital Kompakt Podcast. Du merkst, hier ziehst du massig Wissen für dich und dein Unternehmen heraus. Wenn du mit uns noch erfolgreicher werden möchtest, abonniere uns auf den gängigen Podcast Plattformen. Und hey, je größer wir werden, desto mehr Menschen können wir helfen. Also erzähl doch auch deinen Kolleginnen und Kollegen von uns. Bis zum nächsten Mal.

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Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um E-Commerce: Joel trifft sich regelmäßig mit den beiden E-Commerce-Experten Alexander Graf (Kassenzone, Spryker) und Jochen Krisch (Exciting Commerce, K5) um ihr Wissen zu bündeln. Gemeinsam nehmen die drei dich mit auf eine Reise zu spannenden Tiefenanalysen, Strategiediskussionen und Praxiseinblicken des Onlinehandels. Ein wahres Feuerwerk zwischen drei Experten, die scharfe Thesen formulieren und lebhaft miteinander diskutieren.