Warum Amazon zunehmend ein Marktplatz-Problem bekommt
7. November 2024, mit Joel Kaczmarek, Alexander Graf, Jochen Krisch
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Joel Kaczmarek: Hallo Leute, meine beiden E-Commerce-Freunde, der liebe Jochen Krisch und der gute Alexander Graf sind wieder zum Spielen rausgekommen, denn wir haben uns vorgenommen, wir schauen mal auf Amazon. Ihr wisst ja, Jochen durch die K5 und Exciting Commerce bestens im Bilde und Alex als treuer Kassenzonemacher und natürlich auch mit Spryker sowieso immer E-Commerce interessiert und informiert. und Amazon hat ja neue Quartalszahlen rausgegeben. Fairerweise Q3, also wir wollen mal die Kirche im Dorf lassen, ist jetzt vielleicht auch nur bedingt aussagefähig, beziehungsweise tut sich ja das meiste eh so im vierten Quartal, but nevertheless, die Frage heute, stehen die Zeichen bei Amazon wieder auf Wachstum? Es sieht ja ganz gut aus, also wir werden heute mal das Online- und Offline-Wachstum ein bisschen anschauen, natürlich reden wir auch über sowas wie AWS, den Marktplatz und was macht eigentlich das Werbegeschäft, also ich glaube Heute mal ein ganz cooler Ritt, weil Analyse und so ein bisschen strategischer Weitblick, Status Quo in einem. That being said, hallo ihr beiden, moin moin.
Jochen Krisch: Hallo zusammen.
Alexander Graf: Hallo, ich habe jetzt das WhatsApp-Video nochmal geschickt, um dich abzulenken hier beim Podcast, Joel.
Joel Kaczmarek: Dankeschön, lieber Alex. Wisst ihr, liebe Hörerinnen und Hörer, Alex ist derjenige, der sagt, wir sollen zehn Minuten früher kommen und dann kommt er zehn Minuten zu spät und seine Technik geht nicht.
Alexander Graf: Das stimmt nicht. Ich war schon zehn Minuten früher im Call. Ich wurde nicht reingelassen.
Joel Kaczmarek: Okay, dann habe ich dich übersehen. Ach Mann. Naja, so kann es auch gehen, ihr Lieben. So, apropos übersehen und nicht reingelassen werden. Wie sieht es aus in Sachen Amazon-Zahlen? Also wir können ja mal so strukturiert durchgehen ausnahmsweise, oder? Wir können ja mal so die einzelnen Bereiche angucken. Alex, du hast ja auch auf LinkedIn gerade was Spannendes dazu gepostet, also du bist ja auch umtriebig. So erster Befund, auch online wächst man wieder. 8% habe ich gelesen. Das ist jetzt nicht Double-Digit, wie man es sonst gewohnt war, vielleicht erfolgsverwöhnt, aber es geht wieder stetig bergauf.
Alexander Graf: Ich sehe schon, Joel hat wieder nur die erste Zeile gelesen vom LinkedIn-Beitrag dazu mit den 8%. Aber mein erster Befund, jetzt wo ich nochmal einen Tag drüber schlafen konnte, ist, dass es immer schwieriger wird, Amazon als Handelsunternehmen zu bewerten. Was mir auch auffällt in der Berichterstattung zu Amazon, es wird ja immer von Gesamtumsätzen geredet. Mittlerweile sind ja die AWS-Umsätze hoch. So groß, so signifikant, dass sie die Handelsumsätze noch nicht übertreffen, aber stark verwässern. Und das ist aus meiner Sicht keine seriöse Betrachtung mehr. Das sind zwei komplett verschiedene Unternehmen mit einer komplett unterschiedlichen Wachstumsrate. Eine Dynamik, deswegen würde ich deine Frage umformulieren. Wie geht es Amazon Handel versus wie geht es Amazon IT? Und dann fällt, glaube ich, die Betrachtung ein bisschen fairer auf. Das wäre so mein erster Befund. Ich weiß nicht, wie Jochen das sieht, aber mir fällt es schwerer, das mit einem Walmart noch zu vergleichen in der aktuellen Situation oder mit einer Schwarzgruppe oder von mir aus auch mit einem Otto.
Jochen Krisch: Amazon hat den Vorteil, dass es als Tech-Unternehmen dann immer wieder mal sich mausern kann. und jetzt gerade AWS ist ja im Kontext oder das Glaubgeschäft im Kontext mit KI eigentlich das große Thema, deswegen kommt es immer auch an diese Bewertungen. Es ist ja durch die Zahlen, muss man auch dazu sagen, jetzt fast wieder auf Rekordbewertung insgesamt gekommen, nachdem das im August ja so einen Einbruch gab generell an der Börse. Ich würde es genauso sagen und ich würde dann sozusagen im Handelsgeschäft auch nochmal unterscheiden zwischen wirklich Handel-Handel Und Marketing plus Werbeeinnahmen, die da sind und die eigentlich die großen Treiber sind und worum es ja eigentlich auch geht, da quasi mehr und mehr aus den Partnern, Verkaufspartnern, Amazon das ja immer so schön rauszuholen. Ja, aber andererseits muss man auch sagen, da momentan alles im Handel so ein bisschen Also kreucht und fleucht hätte ich jetzt fast gesagt, also nicht so forsch vorangeht, ist das schon gut, wobei ich immer auch sehe, wie Amazon mit seinen, die nennen es jetzt gar nicht mehr unbedingt immer Prime Days, aber Deal Days oder was auch immer sie da haben, wie sie das immer noch so versuchen in die Quartale dann so reinzustopfen, dass das eben noch ein Treiber ist für mehr Umsatzwachstum, sowohl Handel, aber mehr noch Marktplatz eigentlich.
Joel Kaczmarek: Ich fand dazu eigentlich unsere letzte Folge ganz schön. Da haben wir ja drüber gesprochen, wie sich Marken auf Handelsplattformen und Handel eher in Klammern verhalten sollten. Und da fand ich das eigentlich eine ganz schöne Beschreibung, dass es ja eigentlich mittlerweile wirklich darum geht, so die Eyeballs werden quasi gelenkt. Also das sind am Ende des Tages, du hattest das ja damals mit Google, wenn ich mich richtig im Sinne verglichen, Alex. dass eigentlich diese ganzen Player fast eher wie so ein Google werden. Du kaufst Traffic, du solltest sie gar nicht als Handelspartner sehen, sondern solltest sie eigentlich mehr als Verkehrsteilnehmer, der dir quasi Kundenverkehr rüberschiebt, sehen. Das trifft's, finde ich, ganz gut. Und das bilden ja auch die Zahlen sehr schön ab. Also lasst uns doch trotzdem noch mal draufgucken. Also online, wie gesagt, leichtes Wachstum. Und offline war ja so die andere spannende Hypothese. Was ist denn da eigentlich mit 5% Wachstum? War, glaube ich, jetzt so dein Schrägstrich, euer Take. Offensichtlich war offline so die falsche Richtung.
Alexander Graf: Aber wenn man das jetzt mal so ein bisschen so Schritt für Schritt sortiert, dann kommt man, glaube ich, auch zu einer besseren Bewertung. Nehmen wir mal diese Google-Analogie. Ich habe ja gesagt, grundsätzlich entwickeln sich alle großen Plattformen, auch ein Pinduoduo oder einen TikTok-Shop, die kommen eher von der Google-Seite, entwickeln sich zu großen Werbeplattformen und erzielen damit auch ihre Marge. Die Amazon Advertising Services, die haben jetzt in Q3 schon 14 Milliarden ausgemacht. Also 14 Milliarden US-Dollar wurden in den Werbemarkt von Amazon gesteckt. Und das ist ein Wachstum von 19 Prozent. Das ist das Immense von den großen Plattformen, der schnellst wachsende Werbekanal. Jetzt kann man sagen, das ist ja super erfolgreich, das klaut ja Google ganz viele Marktanteile oder Facebook zum Beispiel. Das stimmt zum Teil auch. Wenn man sich aber mal auf der anderen Seite anschaut, wie haben sich die Erfolgskennzahlen der Werbetreibenden verändert, die ja dieses Geld da reinstecken. Das steht natürlich nicht im Geschäftsbericht, sondern das erfährt man ja von den Händlern oder Marken, die auf Amazon werben. Dann wird es ein bisschen enger, weil nämlich das klassische Handelswerbeinventar eben nicht um 19 Prozent gewachsen ist. Es sind relativ viele Werbeeinnahmen jetzt in den Amazon Prime Video Bereich erzeugt worden, für diejenigen, die nicht bereit sind, Geld zu zahlen für Produkte. Online-Filme, die müssen ja dieses Free-We-Programm von Amazon schauen. Das wird ja mit Werbung finanziert, also klassische Werbespots wie mit der Zahnpasta oder mit irgendwelchen Inkontinenz-Produkten. Die werden da reingestellt. und da sieht man, dass Amazon halt sehr geschickt neue Werbeinventare unlockt hat, aber verdeckt damit halt auch sehr erfolgreich, dass das bisherige Inventar, also die Amazon-Website, die Amazon-App, die wächst halt eben nicht mehr so erfolgreich, weil dort steigen nämlich die Kosten bezogen auf den Umsatz, den man damit erzielt. Und dann werden auch wieder andere Kanäle wie zum Beispiel Facebook schon spannender. So muss man das betrachten. Deswegen ist ja die Frage, wie gut ist Amazon als Wettbewerber zu Google aufgestellt? im Bereich Werbung ist für mich ein zweischneidiges Schwert. Im Bereich Video geht da noch eine ganze Menge Wachstum. Im Bereich klassische Suchnachfrage, also wie viel Traffic kommt eigentlich auf der Webseite an, in Deutschland, in den USA, in Frankreich, stagniert es wahrscheinlich. Das wäre so meine leine Lesart.
Joel Kaczmarek: Also du denkst jetzt Werbung gerade getrennt. Einmal das klassische Retail-Media, beziehungsweise wenn du dieses Sponsor-Suchen hast und dann die zweite Achse des Videogeschäftes, reine Werbegeschäft sozusagen.
Alexander Graf: Genau, das bauen sie gerade erst auf. Also da müsste man mit einer Medienagentur sprechen, inwieweit das schon in irgendwelchen Medienmixes eingeplant wird. Hat nicht Netflix auch ein werbebasiertes Format gestartet? Also das ist ja Die werden ja den linearen Kanälen den meisten Traffic klauen. Wir hatten das jetzt im letzten Retail-Media-Podcast besprochen. Wir haben 2024 Peak-TV erlebt durch Olympia und EM. Es wird nie wieder so viel lianes Fernsehen geguckt werden in allen Jahren, die jetzt kommen, wie in 2024. Jetzt geht es halt zurück und dieser Rückgang der Geht zulasten der linearen Stationen und zugunsten von neuen Plattformen, die halt deutlich besser targeten können wie Amazon oder Netflix.
Jochen Krisch: Oder TikTok würde ich da mit reinnehmen.
Alexander Graf: Ja, auf jeden Fall. Also das vielleicht erstmal zu diesen Subscription-Services und zu den Advertising-Services. Und dann muss man sich ja fragen Wenn dieses Werbeinventar ein Stückchen weit zurückgeht, wie funktioniert denn das Geschäft dann noch für die Third-Party-Seller und für die eigenen Online-Stores? Die eigene Online-Store geht ja strategisch, wächst ja langsamer als die Third-Party-Seller. Ich würde sogar davon ausgehen, dass wir da in den nächsten Jahren eine klare Stagnation sehen. Also die schieben jetzt ja die eigenen Verkäufe rein in das Marketplace-Programm. Also die versuchen ja kleinere Marken auszulisten, damit man sich eben nicht mehr mit irgendwie drei, vier Millionen Einkaufsvolumen rumschlagen muss für eine kleine Marke, sondern die müssen das dann irgendwie selber machen. Gleichzeitig muss aber Amazon auch für diese eigenen Produkte Traffic kaufen auf der eigenen Plattform und kannibalisiert damit die Third-Party-Advertising-Einnahmen. Also am Ende ist das ja beschränkt. Und dadurch, dass sie ja noch keine gute mobile Strategie haben, also die Kunden inspirativ in die App einladen, wird Amazon zunehmend ein teurer Kanal. Sie haben halt eine unfassbare Führungsrolle in den USA, aber auch teilweise in den europäischen Märkten. Das heißt, für viele Seller gibt es noch gar keine Alternative. Aber diese Wachstumsraten, die wir jetzt da gesehen haben, also Third-Party-Seller-Service ist ja zurückgegangen. Das ist wahrscheinlich auch Mit einer der spannendsten Entwicklungen, das ist von den Quartalen Q2, Q3, Q4, sind wir 18, 19 Prozent gewachsen im Vergleich zum Vorquartal. Das ist jetzt nur noch 10 Prozent Wachstum. Das heißt, Amazon als Marktplatzkanal zu betreiben, ist uninteressanter geworden. Also das Wachstum hat sich ja massiv abgeschwächt, das ist die Grundlage. Größte Schwächung aller Net-Sales-Kanäle. Das finde ich schon sehr spannend zu beobachten. Und da würde ich jetzt ein bisschen Glaskugelsatzleserei machen und sagen, da sieht man auf jeden Fall schon den Effekt der alternativen Plattform, auf denen man verkaufen kann.
Joel Kaczmarek: Aber ich meine, Sie sind ja trotzdem bei den Marktplatz-Umsätzen stärker gewachsen als bei den reinen Online-Umsätzen. Das heißt, du siehst es trotzdem entkoppelt, dass du sagst, okay, long-term wird es trotzdem unattraktiver, als Marktplatzteilnehmer aktiv zu sein, wegen den genannten Faktoren oder was?
Alexander Graf: Genau, wenn du dir die letzten Quartale so anschaust, hatten wir immer so 5% Online-Wachstum, also eigener Kanal, 18% Marktplatz, dann 6 zu 18, 8 zu 19, 7 zu 16. Jetzt haben wir 8 zu 10. Das ist ja fast eine Parität. Und bisher konnte sich Amazon sehr stark darauf verlassen, dass Third-Party-Seller dieses Wachstum vorantreiben. Und jetzt wird in den Zahlen, sagt natürlich Andrew Jassy, hey, wir müssen jetzt unser Eigengeschäft auch wieder so ein bisschen pushen. Ja, das ist eine wichtige Säule von Amazon. Aber das haben wir in diesem Podcast öfter mal besprochen, das hat Jochen schon oft geschrieben, eigentlich ist das Eigengeschäft ein total unattraktives Geschäft. Du willst überhaupt kein Warenrisiko mehr haben, sozusagen. Du willst ja nicht mit deinem eigenen Inventar in Konkurrenz stehen. zu dem Marktplatzinventar, weil die Marge auf dem Marktplatzinventar immer größer ist. Deswegen würde ich Den wachsenden Online-Store-Anteil, das Wachstum von jetzt 6% auf 8% von Quartal zu Quartal, ist aus meiner Sicht eher ein Schwächezeichen von Amazons Modell. Und da scheint jetzt dieses pure Wachstum über die Marktplatzseller, die Amazon bisher geflutet haben, scheint jetzt so ein bisschen abzuflauen. Ich weiß, dass Amazon das genau gegenteilig darstellt. Und das ist auch in der allgemeinen Lesart über die Amazon-Zahlen beobachtet. anders interpretiert wird, aber ich glaube, es ist ein Zeichen der Schwäche.
Jochen Krisch: Ja, und man muss es auch immer noch so sehen, wir sprechen ja nicht von GMV-Werten, sondern wir sprechen von Umsatzwerten. Das heißt, in dem Marktplatzbereich haben wir die Provisionen oder die Gebühren für Fulfillment oder was auch immer das da drin ist. Und das ist ja schon immer ein Hebel, ich würde es halt, wenn ich es platt formuliere, um die Verkaufspartner, die Marktplatzhändler auszunehmen, also mehr und mehr da an der Schraube zu drehen und mehr und mehr Einnahmen da zu erzielen. Das ist oftmals das Wachstum, weil es ansonsten wirklich so ist, wie Alex ja auch beschrieben hat, dass der Wettbewerb immer größer wird. Und durch den größeren Wettbewerb sind die Unternehmen dann bereit, mehr Werbung zu zahlen und mehr Geld dann bei Amazon zu lassen. Das ist ja auch die Krux. Ich finde, bei eBay sieht man es immer noch extremer, weil eBay stark in diese Richtung optimiert ist inzwischen. Bei den Nutzern und beim Umsatz kaum Wachstum, also beim GMV kaum Wachstum, aber beim Umsatz eben extrem dazu. Und dann kommen Paymenteinnahmen, da kommen Wettbewerbe. Werbung ist eBay ja gar nicht so stark und dann kommen andere Servicegebühren, die dazukommen. Und dann sieht man eigentlich so, dass es eigentlich ein bisschen auf dem Rücken der Händler dann optimiert wird oder das Geschäft gemacht wird. Und das ist, finde ich, die Gefahr bei allen großen Plattformen. Deswegen ist es auch mal gut, dass andere nachkommen und dass jetzt so die Chinesen ankommen und Alternativen entstehen, die in keinster Weise so groß sind. Oder man kann selbst Walmart, könnte man dann schon mal reinnehmen. Also die haben jetzt 100 Milliarden Euro. GMV dann erstmals gemeldet. Das heißt, sie sind schon ein relevanter Player und das ist eigentlich ganz gut jetzt aus Händlersicht, dass da ein Wettbewerb dann weiter da ist, weil wenn alles Amazon gehört, dann kann man natürlich da mehr und mehr an der Schraube ziehen. Ich finde, also wenn ich jetzt ein bisschen abschweife, ich finde, das sieht man dann immer am besten auch, weil am meisten beklagt sich ja über Temo und Co. ein Etsy, was einfach auch im preisgünstigeren Bereich ist und so und die sind ja auch in dem Modus unterwegs, dass sie versuchen, mehr und mehr Gebühren dann eigentlich auch zu erheben und deswegen stehen schon manche Geschäftsmodelle so ein bisschen auf dem Prüfstand. Ich glaube, so die klassischen Marktplatz-Plattform-Geschäftsmodelle haben so ihre besten Zeiten gesehen und jetzt ist wieder Kreativität gefragt, wie man das weiter optimieren kann und was da als Nachfolgemodell kommt.
Alexander Graf: Was ich da aber gedanklich ganz spannend finde und vielleicht kannst du ja doch nochmal auf deine China-Reise abspeichern, da habe ich mit Caro nach der Reise darüber gesprochen und auch mit einem anderen betroffenen Unternehmen. Die sagen halt, der große Unterschied zwischen asiatischen Unternehmen und europäischen Unternehmen ist es, dass asiatische Unternehmen gar nicht mehr in eigenen Top-Level-Domain-Entitäten denken. Da geht es gar nicht mehr überhaupt den Kunden auf den eigenen Shop oder auf die eigene Transaktionskette zu lenken, sondern da geht es dann nur noch denjenigen in den eigenen WeChat-Kanal zu schieben oder in den Alibaba-Brandstore-. Das ist schon ganz interessant, weil hier in Europa denkt ja jedes Unternehmen noch quasi über seine eigene Entity nach. Würde ich auch sagen, das war in den letzten 20 Jahren auch richtig, weil man vergleichsweise günstig sozusagen Kundenzugang aufbauen konnte und einen unabhängigen Kanal hatte. Jetzt aber mit der zunehmenden Dominanz der großen Plattformen. Frage ich mich schon, ist es nicht viel schlauer, tatsächlich sein Online-Vertriebsgeschäft rein auf die Plattform zu fokussieren und eben nicht mehr darüber nachzudenken, wie ich jetzt gutes SEO mache für meine eigene Website. Und ich finde halt, da ist der chinesische Markt, weil dort die Plattformen einfach viel, viel mächtiger sind. irgendwie schon gedanklich weiter. Siehst du das auch so oder hast du das anders wahrgenommen da?
Jochen Krisch: Ja, ich würde dir zustimmen, wenn wir uns jetzt in China bewegen würden. Da ist es tatsächlich so. Und ich würde eigentlich sagen, wir können dankbar sein, dass wir diese andere Welt noch haben. Also auch direkten Kundenzugang, direkte Online-Shops und alles. Es ist alles nicht toll, ja. Es sind im Wesentlichen ja nur Bestellmöglichkeiten. Aber da ist die Abhängigkeit in China schon sehr groß und da hast du eigentlich gar keine andere Möglichkeit. Deswegen würde ich auch nicht unbedingt sagen, dass sie da weiter sind, sondern das ist das Modell. Dadurch, dass es eben mit Alibaba und JD.D. losging und dass das quasi das Internet für Onlinehandel war. Hat sich da gar nicht das andere entwickelt. Und was wir aber halt festgestellt haben, ist, dass dadurch eben auch kein Aufwand entsteht, eigene Plattformen betreiben zu müssen, sondern dass du alle Zeit, Energie und Geld letztendlich in die Marktplätze und alles steckst oder in die anderen Kanäle, um das Geschäft anzutreiben. Ich würde eher sagen, das ist ein anderer Ansatz, aber da kann man sich auch nochmal sehr stark vergegenwärtigen. wie die chinesen Plattformen ticken im Unterschied zu unseren und wie alle neuen Player, die da jetzt hochkommen, und das ist ja nicht nur China, das ist ja Shopee aus Südostasien und andere Plattformen, eigentlich mit diesem Modell, was du anfangs ja auch gesagt hast, eher mediengetriebene Modelle mit Retail-Media-Plattformen letztendlich, wie die eigentlich ticken. Also ich hoffe sehr, und ich kann es mir auch nicht vorstellen, dass die Plattformen in Europa oder im Westen so mächtig werden, dass das so ist. Aber man sieht da ganz gut den Unterschied. Man sieht eben auch da, wo quasi Budget reingesteckt werden muss oder kann, was wir halt noch in Tech und in die Verwaltung unserer eigenen Stores etc. stecken. Dieses Budget ist für Marketing, für Storytelling, für alle möglichen anderen Geschichten dann in China da.
Alexander Graf: Und dann hätte ich noch eine Frage an dich, das wollte ich immer noch fragen. Amazon, wir haben ja relativ lange immer geraten, wie groß ist eigentlich der Umsatz durch diese Third-Party-Services. Das wird ja erst ausgewiesen seit drei Jahren, vier Jahren, also wird noch nicht so lange ausgewiesen. Das hat Amazon immer so ein bisschen versteckt in dem Store-Umsatz. Und seitdem kann man ja, wenn man so eine Durchschnittsgebühr für einen Verkauf annimmt, sagen wir mal 20 Prozent, ja. 20 Prozent muss quasi der Amazon-Seller an Amazon abführen. Das heißt, für einen 100-Euro-Verkauf gehen 20 Euro an Amazon für Listing, für Financial Services, für Logistics Services. Das würde ja bedeuten, dass aus den knapp 40 Milliarden Quartalsumsatz Third-Party-Seller-Services, das sind ja eigentlich 200 Milliarden GMV, die da über die Amazon-Plattform laufen, wenn diese Gebührenkalkulation richtig wäre. Also 200 Milliarden in diesem Quartal. Das heißt ja, wenn Amazon alle seine Umsätze zusammenzählt und dann man das Quartal mal vier zählt, dann reden wir ja heute schon über ein Unternehmen, was deutlich über eine Billion Dollar macht oder sozusagen über einer Trillion macht. Ich frage mich immer, warum weist Amazon das nicht so aus? Das wäre ja so ein Zeichen von Stärke. Also machen sie das aus Grund von Kartellamtsregularien nicht, weil Ich meine, die Leute können ja nicht so doof sein und das nicht sehen. Es geht ja viel mehr Umsatz über Amazon als der, der ausgewiesen ist. Eben dieser GMV. Aber den weist Amazon so nicht aus. Die weisen immer nur die direkten Einnahmen aus. Und ich frage mich immer, wer ist nicht schlauer, das jetzt zu drehen? Hast du eine Idee, warum die das so machen?
Jochen Krisch: Erinnerst du dich an den Kongressauftritt von Jeff Bezos? Und da ging es ja nur darum, Amazon kleiner zu machen, als es ist und dass es einer von vielen ist und dass es eben mit Walmart und dem Stationären noch viele andere gibt und so. Und das ist ja eigentlich der Punkt. Also du hast jetzt ein bisschen sehr optimistisch gerechnet, weil ich glaube, wenn Händler nur 20 Prozent bei Amazon lassen würden, Marktplatzhändler, wären sie glücklich. Das ist zum Teil schon sehr viel höher, also insofern ist der Hebel auch kleiner und so. Ja, das ist immer so ärgerlich, aber zum Beispiel die Chinesischen machen es inzwischen genauso. Am Anfang waren sie super stolz, wie viele Nutzer sie hatten, was sie für ein GV hatten etc. Und als sie dann zu groß waren oder auch als das Wachstum dann nicht mehr so bombastisch war, haben sie es dann nicht mehr ausgewiesen, um sich kleiner darzustellen. Also das ist meine Hypothese, dass Amazon eigentlich gar nicht so groß wahrgenommen werden will. Und sie haben ja hin und wieder mal zumindest eine Quote angegeben, was Handelsumsatz versus Marktplatzumsatz ist. Aber das war dann bei 40, 60 Prozent ungefähr, haben sie es ausgewiesen und dürfte jetzt wahrscheinlich Marktplatz bei 70 oder noch mehr sein. Also ich glaube, das ist eine taktische Maßnahme.
Alexander Graf: Okay.
Joel Kaczmarek: So, aber wenn wir jetzt mal ganz kurz zusammenfassen. Also Online-Wachstum 8%, Offline 5%, Marktplatz 10%, Werbung 19%. Also Verzerrung haben wir schon thematisiert. Jetzt ist ja so der spannende große andere Case, den wir nochmal anschauen sollten. AWS.
Alexander Graf: Der spannende Case hier ist doch, warum machen sie überhaupt noch Offline?
Joel Kaczmarek: Hm.
Jochen Krisch: Ja, mein Lieblingsthema.
Joel Kaczmarek: Ich habe eher gestaut, dass man da mit 5% sogar noch wächst. Also ich würde ja fast manchmal denken, wenn ich mich so in Deutschland umgucke, das müsste halbwegs defizitär langsam werden.
Jochen Krisch: Andersrum muss ich sagen, erstmals, dass sie mal mit 5% wachsen. Also das ist ja wirklich, das dümpelt dahin. Also wie lange ist es jetzt her, dass sie Whole Foods übernommen haben? Und haben das gar nicht richtig voranbringen können und haben das ja so extrem verzahnt und Prime da eingeführt und so und wirklich einen Treiber da und geht nicht wirklich voran. Also da ist eigentlich die 5% sind eher schon bemerkenswert, aber inzwischen ist halt das Gesamtvolumen, was sie über stationär machen, ein Bruchteil, ein Mini-Bruchteil von ihrem Gesamtumsatz. Und Alex hat das eigentlich so schön geschrieben in seinem Artikel, da ist Da hat er mir aus dem Herzen gesprochen. Und das ist meine Hypothese auch. Onliner können kein stationär. Und stationär ist einfach mit der Beschränkung der Sortiments und auch mit dieser Dezentralität und alles, ist eine komplett andere Kompetenz, die du hast. Und das können Stationäre, solange sie Leute in die Läden bekommen. Das können Online-Händler heute gar nicht. Und in Amazon tut sich ja schon schwer, ein klassisches Handelsgeschäft zu machen, wo man wirklich Also kuratiert und vorauswählt und alles machen. Darauf ist ja Amazon immer besonders stolz. Sie sagen, bei uns bekommst du alles und uns ist eigentlich egal, wie verkauft wird. Hauptsache, es wird über uns verkauft. Also keinerlei Kompetenz in dem Bereich drin. Das hat sich inzwischen ein bisschen geändert, weil sie diese Dealtage haben. Und mit diesen Dealtagen müssen sie ja teilweise eigenes Sortiment, aber viel auch über die Marktplätze eigentlich diese Deals sourcen und abstimmen und sagen, okay, da brauchen wir eigentlich Nachschub. Da fehlt es wieder ein bisschen rein, aber für mich ist das auch so ein Offenbarungseid. Also seit das, da hatten ja so viele drauf gehofft, dass jetzt Amazon endlich mal auch mit Stationären präsent ist und dann zeigt, dass Stationär noch boomen kann und von Boom ist da nichts zu spüren. Und alles jenseits von Whole Foods haben sie ja mehr oder weniger eingestampft, ihre Buchläden, ihre 4 Plus oder wie die heißen, 4 Sternchen Läden, wo es nur die Bestseller gab oder die besten Produkte gab. Und im Grunde ist Whole Foods jetzt übrig und so ein bisschen noch Amazon Grocery, Amazon Fresh, je nachdem wie es dann heißt, was mehr oder weniger eine Whole Foods in anderer Verpackung ist. Also der Grund, denke ich, ist, dass einfach Lebensmittelgeschäft immer noch als andere Kategorie so ein bisschen läuft und auch eine, die einfach mehr Traffic und mehr… mehr Aufmerksamkeit bekommt. Nee, also das ist für mich auch immer, die habe ich immer sehr gern da drinnen und das Schöne ist ja, dass sie, obwohl sie mini sind, ausgewiesen werden und da sieht man eigentlich immer ganz gut, was Amazon nicht kann und wo es hackt.
Joel Kaczmarek: Ja, es wäre eigentlich auch ganz unterhaltsam, wenn man neben einer Umsatztorte auch mal so eine Stresstorte hätte. Welches Geschäft fordert so den meisten Management Capacity? Und dann wäre mal interessant, wie offline das steht.
Jochen Krisch: Da noch im Übrigen, die jüngste Meldung war, da haben sie sich jemanden von Tesco geholt. Und gerade ist der Tesco-Mensch wieder gegangen in diesem Segment. Und das zeigt eigentlich auch immer diese Verzweiflung. Also dass man schon sagt, wir wollen jetzt gar keine Online-Experten, sondern wir holen Leute vom Fach. Und Tesco ist ja sowohl online als auch stationär unterwegs. Ganz gut. Und wenn es die dann irgendwie aus der Spur wieder wirft oder sie sagen, nee, dann gibt es bestimmt einen cooleren Job, den ich woanders bekomme. Also ist auch gerade in den letzten Wochen erst passiert.
Joel Kaczmarek: So, aber AWS wäre ja sonst noch so der andere große Player, also das große Pferd im Stall, über das zu reden sich lohnt. 19 Prozent Wachstum da. Also eigentlich hat Alex ja auch ganz schön gesagt, leicht hinter den anderen Hyperscalern, aber spannend ist ja vor allem auch, was man da nochmal bereit ist zu investieren. So Alex, vielleicht magst du ja mal ein, zwei Takes noch darauf geben.
Alexander Graf: Ja, also ich glaube diese AWS-Zeile, die wir hier noch quasi in dem Geschäftsbericht finden, die muss man quasi komplett als eigenes Unternehmen verwenden. Da gibt es auch wenig Überschneidungen zu Advertising-Services, Third-Party-Seller-Services, Physical Stores, Online-Stores. Also kann sein, dass sie ihren eigenen Online-Store noch im eigenen AWS irgendwie hosten und da so eine Art Konzernverrechnung machen, die dann dazu führt, dass die AWS-Umsätze noch steigen. Aber grundsätzlich ist das ein komplett eigenes Unternehmen. Und was mich da erstaunt hat, ist zum einen die Marge. Also die haben ja ihre Marge nochmal massiv optimiert und erhöht bei AWS und verdienen sich da dumm und dämlich. Und die Aussage, dass sie gar nicht hinterherkommen, genug Datencenter zu bauen. Also sie wollen 20, 24, 75 Milliarden. Dollar investieren, also mehr als viele Staaten überhaupt investieren können in Infrastruktur und sicherlich mehr als in deutsche Brücken investiert wird in 2024. Und sie könnten es noch mehr, basierend auf der Nachfrage nach AWS KI-Dienstleistungen. Und hier entsteht ein Plattformmodell, was aus meiner Sicht noch viel spannender ist und noch viel größer ist als das Handelsplattformmodell, weil wir laufen jetzt in eine Welt hinein, wo insbesondere bei IT-Services ja doch eine große geopolitische Front aufgemacht wird. Also wahrscheinlich muss sich Amazon in den USA oder in Europa eben nicht mit chinesischen Hyperscalern schlagen, mit Alibaba zum Beispiel oder mit Tencent, weil das die Regulierungsbehörden nicht zulassen werden. Und es sind hier riesige sozusagen Umsatzvolumina, die auf Amazon geschoben werden. Also von den 75 Milliarden Investment sozusagen führt das ja schon wieder zu vielen, vielen, vielen Milliarden mehr Umsatz in 2025, wo sich die Infrastruktur dann rechnet. Und es ist deshalb aus meiner Sicht ein cooles Plattformmodell, weil das Risiko, diese Plattform zu betreiben, ja gar nicht Amazon trägt. Amazon hat ja jetzt schon diese Services virtuell weiterverkauft. und dritte andere, keine Ahnung, wie zum Beispiel Otto am Ende oder… Caught in Glass, die kaufen sich dort Services ein, deployen dort einen eigenen Online-Shop oder eine KI-Infrastruktur oder ihr Service-Center. VCs bezahlen Startups dafür, dass sie dort ihr Geld ausgeben und Amazon bestellt nur die Infrastruktur und hat relativ starke Netzwerkeffekte, weil diese DevOps-Fähigkeit rund um so einen Hyperscaler, die sorgt ja dafür, dass viele Unternehmen sich mit der Technologie irgendwie anfreunden, dann sind wieder, dann gehen die Entwickler dieser Firma in irgendeine andere Firma, die nehmen dann auch AWS, also es wird quasi, es gibt so einen klassischen Netzwerkeffekt, das wird immer stickier, immer größer und wird jetzt angetrieben von diesem KI-Hype. und diese Größenordnung, 75 Milliarden, also 20 Millionen Dollar am Tag, die da verbaut werden, also 20.000 Nvidia-Chips pro Tag, die in irgendeinem Server Rack gesteckt werden. Das ist so weit weg von all dem, was europäische Unternehmen ankündigen und auch ankündigen können. Das hat mir nochmal so ein bisschen unsere ja auch strategische Hilflosigkeit nochmal offenbart. Jetzt nicht mehr im Handelsbereich, sondern im IT-Umfeld. Ich bin da jetzt nicht irgendwie traurig oder bitter drüber. Ich glaube, man muss das komplett neutral sehen. Aber es ist einfach krass. Und diese Zeile hat hier in diesem Geschäftsbericht gar nichts mehr zu suchen. Das ist einfach so ein wertvolles, eigenständiges Unternehmen. Das wird Sinn machen, das Börsen-Story-Weiß zu separieren.
Jochen Krisch: Du glaubst also nicht, dass Lidl damit dagegenhalten kann?
Joel Kaczmarek: Da wollte ich auch gerade hinaus.
Alexander Graf: Doch, ich glaube schon, dass es, es gibt schon für Lidl einen Case und die können das auch sicherlich groß machen, aber es wird wahrscheinlich trotzdem nur ein Fünfzigstel so groß oder ein Zwanzigstel Best Case wie das von Amazon.
Jochen Krisch: Wenn überhaupt. Ist ein bisschen Spätstart und ist jetzt auch nicht. Ich meine, eLidl hat es ja auch im Grunde sehr geschickt gemacht. Die haben das ja alles eingekauft als Technologie. Das ist ja nicht selber entwickelt, also durch Zukäufe. Aber die Frage ist, wie weit das wirklich noch skalieren kann. Ich bin auch da sehr gespannt, wie viele Player es eigentlich dann in dem Markt gibt. Ich meine, durch die KI-Themen und dadurch, dass man eben diese ganze Cloud-Geschichten jetzt wieder noch viel stärker braucht, wäre ja im Prinzip der Markt größer. Da könnten sich ja ein paar neue und andere auch etablieren. Bin mal sehr gespannt, ob da Amazon, Google und Microsoft oder so gesetzt sind oder ob da auch andere mitteilen können.
Joel Kaczmarek: Ja, ich bin aber wirklich ganz überrascht. Also ich habe irgendwie einen Freund, der im Behördenumfeld in leitender Funktion tätig ist. Also da geht es mal um richtig was, was der dann sozusagen mit Hosting verantwortet. Und der hat mir auch gesagt, dass die sich jetzt Schwarzgruppe angucken als Alternative zu den ganzen amerikanischen Playern, weil a, sonst große Abhängigkeit von der Microsoft-Welt ist. Und B, Datenschutz.
Alexander Graf: Das kannst du dir aber nur leisten, also wir haben ja oft auch Unternehmen, mit denen wir diese Diskussion führen. Wir sind ja auch ein AWS-Partner. Das kannst du dir als Unternehmen nur leisten, wenn Innovationsgeschwindigkeit kein treibender Faktor ist. Und das kann man bei Behörden sicherlich sagen, weil Es ist leider so, diese Netzeffekte und auch die Fundings, die AWS dahinter stellt, die sorgen ja dafür, dass viele Anwendungen sich auf dieser Plattform einfach sehr, sehr schnell entwickeln und es auch teilweise dann günstiger wird langfristig. Wenn du aber sagen kannst, für mich ist Innovation gar nicht relevant, sondern ich bringe maximale Datensicherheit, die Ausweisdaten, die ich hier irgendwie speichere, die dürfen auf keinen Fall mit irgendeiner amerikanischen Infrastruktur in Kontakt kommen. Fair enough, das muss man sich ja leisten können, diese Position, dann geht das. Für die allermeisten Unternehmen, und das ist ja auch so ein bisschen der Stack-It-Pitch, dass dann irgendwie der deutsche Mittelstand diese Anforderungen auch haben sollte, das sehe ich persönlich noch nicht so, weil die müssen ja schneller und krasser innovieren als dann der Wettbewerb aus Asien und sich dort Aufgrund dieser Datensicherheitsbedenken zurückhalten zu müssen. auf der Innovationsseite, weil einfach du noch nicht dieses Ökosystem hast auf der Stackit-Seite, das kann man sich eigentlich nicht leisten, obwohl ich mir wünschen würde, dass sich dieses Ökosystem dort entwickelt. Das ist ganz klar. Aber das kann nur eine Behörde sagen.
Jochen Krisch: Deswegen, ich muss jetzt sehr schmunzeln, das sieht man im Podcast ja gar nicht immer. Ich finde, Alex hat das jetzt sehr schön formuliert. Sehr, sehr diplomatisch und gut.
Joel Kaczmarek: Oder? Ja, aber trotzdem interessant. Aber machen wir einen Haken hinter, unterm Strich fertig. Weil lasst uns doch zum Abschluss ansonsten nochmal das Handelsgeschäft von Amazon angucken. Also jetzt war eigentlich so Tenor, okay. Verschiebung in Richtung Werbung, aber mit Verzerrung. Achtung, Achtung. Dann AWS eigentlich als eigene Säule, so wie früher irgendwie ein PayPal bei Ebay, ist das separierungsfähig. Wie würdet ihr euch denn jetzt strategisch an Amazons Stelle im Handelsgeschäft weiter verhalten? Also wenn wir jetzt mal die Marktplatzbetrachtung auf der einen Seite haben, das Online-Thema auf der anderen und das, was wir noch dazwischen uns gerade so zurechtgelegt haben. Was würdet ihr für Akzente jetzt setzen?
Jochen Krisch: Ich wundere mich, dass sie das noch mitschleppen, ehrlich gesagt. Also das ist eigentlich nicht mehr. Und das sieht man jetzt auch wieder in China. Also die machen es manchmal, dass sie so ein bisschen Handelsgeschäft noch reinnehmen, damit sie eine Kontrolle über die Ware haben. Aber ich frage mich immer, wie sinnvoll ist das Handelsgeschäft noch für Amazon? Ich meine, die kommen daher, deswegen ist das der Tradition heraus. wichtig. Ich habe mir schon gedacht, weil wir haben, deswegen haben wir jetzt ja auch viel über AWS und alles gesprochen, weil der neue Amazon-Chef ja aus dem B2B-Geschäft kommt und ich habe immer so das Gefühl, seitdem sieht man auch, dass das einen größeren Fokus hat und ich frage mich immer, wie lange sie das noch halten wollen, Also die erste Variante wäre erstmal, das wirklich aufzuspalten, abzuspalten und dann eben sagen, das ist eben Amazon Store und der konkurriert auf dem Marktplatz so wie die anderen auch und hält sich halt dann noch eine Weile oder nicht und irgendwann kann man das abgeben an jemanden, der das gerne haben möchte. Ich wundere mich da immer, dass man das noch mitzieht.
Alexander Graf: Ja, aus der Wachstumsperspektive erwarten wir ja eigentlich von Amazon, dass jedes Jahr nochmal so 10, 20 Prozent irgendwie Umsatzwachstum rausholen oder Ergebniswachstum zumindest. Dann müsste man ja ganz kritisch auf alle Bereiche schauen. jetzt hier. Ich gucke da auf Seite 11 quasi in diesem, es gibt so ein zwölfseitiges Reporting immer zu den Quartalszahlen. Da sieht man dann quasi die nach NetSales aufgeordneten Bereiche. Da sind ausgelistete Bereiche. Da sind halt Online-Stores und Physical-Stores seit sieben Quartalen die am schwächsten wachsenden Bereiche. So, dass jetzt irgendwie ihre Physical Stores da jetzt nicht sofort loswerden, weil es natürlich jetzt auch niemanden gibt, den da mal, ich weiß nicht, was zahlt man denn für so ein 20 Milliarden Low Margin Business gerade, 20 Milliarden gibt oder 30 oder 40 vielleicht von Walmart, kann ich nachvollziehen. Im Online, den Online-Store-Bereich würde ich deshalb behalten, aus Amazons Sicht, weil das ja das Pfund ist, mit dem sie beim Kartellamt punkten können, langfristig. Wenn ihnen quasi noch mehr irgendwie, wenn das Kartellamt mal auf den Riecher kommt und nicht mehr die Innenumsätze der Third-Party-Seller sozusagen sich anschaut, sondern die Außenumsätze, den GMB, dann werden sie ja sagen, hey, Amazon ist viel zu mächtig. Dann könnte man ja sagen, komm, dann geben wir das Eigengeschäft auf. Das ist doch ein Megapfund. Und ich fand auch diesen Move, den sie gemacht haben Anfang des Jahres, bei dem sie E-Mails geschickt haben an große Partner, an große Online-Store-Partner, von denen sie die Ware ja eingekauft haben und auf eigene Rechnung verkauft haben. Sie sagen dann, hey Joel, Deine 4 Millionen, die wollen wir nicht mehr haben, aber wir erlauben dir weiterhin unsere Plattform zu nutzen gegen eine kleine Service-Fee. Fand ich eigentlich smart. Jetzt merken sie aber auch, weil sie eben nicht mehr der einzige große Marktplatz sind in dem Bereich, sondern natürlich Walmart aufgeholt haben, Tuimot aufgeholt, AliExpress hat aufgeholt, dass natürlich die Unternehmen, die ihr Marktplatzgeschäft sehr agil managen und dann halt so ein Marktplatz-Team auch haben Die können natürlich mit ein paar Mausklicks oder sozusagen über Third-Party-Services relativ schnell ihre Produkte auf andere Marktplätze schieben. Und jetzt kommt ja Temo, das hat ja Jochen auch geschrieben, mit diesem Pitch, hey, du zahlst bei uns keine Listinggebühren, keine Umsatzgebühren, kriegst vielleicht nochmal so einen Marketing-Voucher obendrauf und dann mit zwei, drei Klicks dann seine Produkte vielleicht auch bei Temo zu listen, das tut Amazon natürlich weh. Das heißt, da gibt man natürlich, das war halt eine geile Strategie in einer Zeit, in der Amazon ultra-dominant war und wachsen konnte. Diese Dominanz aus meiner Sicht bröckelt. Das heißt, man hat natürlich mit dem eigenen Online-Store-Geschäft immer so ein kleines Pfand in der Hand, wo man sagt, naja, ein Wholesale-Geschäft, bei dem wir Ware für Dritte handeln, das lässt sich deutlich schwieriger auf einen Temu, auf einen AliExpress, auf einen Walmart schieben, weil das kümmert ja bei dem Verkäufer, das machen irgendwie zwei, drei Leute, managen das, das können die gar nicht so schnell machen. in den Eigenvertrieb nehmen. Das spricht natürlich ein Stückchen dafür, das Online-Geschäft jetzt nicht morgen aufzugeben. Aber sozusagen AWS übertönt das natürlich alles. Ich finde es aber Ich finde es halt strategisch gerade so spannend, diese Amazon-Welt so weiter zu beobachten, weil das war halt so zehn Jahre so langweilig. Es war so ein klarer Run. Die konnten ja machen, was sie wollten. Alle sind da hingegangen. Jeder ist zu jeder Amazon-Konferenz gegangen. Alle haben ihr Werbegeld jetzt da drauf geschmissen. Jetzt hat sich eine Infrastruktur gebildet rund in dieser Marktplatzwelt, bei der man auch auf anderen Marktplätzen sehr erfolgreich teilweise arbeitet. günstiger verkaufen kann. und da vielleicht nochmal ein positives Beispiel aus der Schwarzgruppe, das Kaufland natürlich auch größer geworden in den letzten Jahren, dass ich jetzt, ich weiß jetzt nicht genau, wer das Handelsgeschäft bei Amazon verwaltet, ich glaube, Andrew Jesse macht ja alles sicherlich, der kommt aus der AWS-Welt, ich weiß jetzt nicht, wer die starke Person ist für das Handelsgeschäft.
Jochen Krisch: Doug Harrington ist das gerade, wenn ich das richtig im Kopf habe.
Alexander Graf: Aber ich finde es jetzt so, wenn ich da so im Raum sitzen müsste und jetzt mal diesen spieltheoretischen Mappe sich so aufmalt und überlegt, womit tun wir uns was Gutes, womit tun wir uns was Schlechtes, können wir jetzt natürlich einfach sagen von außen, hey, Online-Stores wächst irgendwie total wenig. Klaut euch eigentlich die ganze Marge, beschäftigt ganz viele Leute. Es wäre viel geiler, nur Third-Party-Sellers-Geschäft zu machen. Das ist halt das eine. Diese anderen sozusagen dagegen stehenden Überlegungen, ja, Abhängigkeit Wir können ein bisschen selber was steuern. Das ist Umsatz, der ist viel, viel schwieriger dann bei Temo und Co. zu listen. Schwer. Ich glaube, Amazon wartet auf die Wahl und wird ja dann sehen, wenn zum Beispiel Donald Trump gewählt wird, der ja schon mit Huawei eine sehr, sehr krasse Entscheidung getroffen hat in seiner Amtszeit. Die werden darauf hoffen, dass chinesische Unternehmen, insbesondere Frontends, viel stärker reguliert werden in dem Markt. Wenn das so sein sollte dann kann man viel entspannter strategisch nach vorne schauen und den Markt noch besser melken. Wenn das aber nicht so sein sollte und es weiterhin eine sehr, sehr liberale Gesetzgebung auch hinsichtlich von ausländischen Plattformen gibt, dann ist das spieltheoretische Feld auf einmal ein ganz, ganz anderes. Aber vielleicht lehne ich mich da auch zu weit aus dem Fenster und die gucken da ganz anders drauf. Ich persönlich finde jetzt die Phase spannender als die Jahre vorher. Für mich persönlich.
Jochen Krisch: Also da möchte ich dir gerne zustimmen und zwar noch aus einem anderen Grund. Wir hatten, ich glaube auch bei den Exchanges mit Marcel oder so, hatten wir auch Ausgaben gemacht, wo wir dann immer gesagt haben, ja Amazon, einerseits der größte Marktführer, andererseits aber auch der Innovationstreiber, wo man eigentlich immer damit rechnen musste, dass da irgendwie neue Geschäftsmodelle oder neue Themen oder so kommen. Und da ist halt auch der Wettbewerb größer geworden. Eben, hauptsächlich aus China gerade, aber ich glaube auch die KI-Player und andere werden da schon sich ein bisschen mehr einfallen lassen, als in Amazon oder jeder bestehende Player das gerade machen kann. Und das ist für mich auch das Interessante. Hat jetzt nichts mehr mit der Frage zu tun, Handelsgeschäft versus Marktplatz. Geschäft, aber mit der Frage, wie spannend sind die Zeiten gerade und wie kann Amazon da wirklich mithalten, weil das sehe ich auch so ein bisschen, wo ich vielleicht sage, so im Tech-Bereich und in den Services oder so, gar nicht so schlecht, aber in dem Also auch Interface ist Frontend, dann kommt so ein Rufus als Assistant-Modell und dann kommt so eine Art Live-Shopping-Reiter da rein. Das ist alles so Möchtegern, das ist nicht irgendwie, oder Follower-Modell, das ist nicht so wirklich, was man eigentlich erwartet, dass da innovative neue Ansätze kommen. Deswegen würde ich da zustimmen. Ich glaube, deswegen wird auch die Beobachtung von Amazon wieder spannend sein.
Alexander Graf: Ich würde auch vorschlagen, vielleicht gibt es da noch Feedback aus der Community. Ich fand deinen Einwand vorhin mit Etsy ganz spannend. Etsy stagniert ja seit drei Jahren, also seit Corona so ein bisschen im Außenumsatz, schaffen es halt noch ein bisschen mehr rauszuquetschen aus den Verkäufern. Und weil sich jetzt die Gemengelage so ändert und jetzt auch Etsy auf einmal Timo als Konkurrenten hat, können wir da vielleicht mal so ein Deep Dive machen. Denn wenn Amazon schon diese großen strategischen Herausforderungen hat auf der Handelsseite, nicht AWS, dann ist die Herausforderung für so einen Etsy wahrscheinlich zehnfach schwieriger.
Jochen Krisch: Und die spielen, können wir gerne machen, finde ich gut, weil die spielen das auch öffentlich sehr gut. Also da siehst du auch, was sie sich einfallen lassen und wie sie versuchen, da irgendwie eine andere Strategie oder eine Handhabe zu finden. Ob das alles gut oder schlecht ist, das sehen wir dann. Aber da können wir gerne mal in die Unterlagen reingucken.
Alexander Graf: Die Strategie ist, wir sind die Guten. Aber können wir gerne mal ein Detail darüber sprechen?
Jochen Krisch: Unterm Strich ist das so, aber schon ein bisschen, ein bisschen diffiziler ist das dann schon.
Joel Kaczmarek: Okay. Na gut, ihr Lieben, dann haben wir ja schon das Thema fürs nächste Mal. Und ja, für heute war doch ein spannender Ritt. Plus, ihr habt ja vollkommen recht, da tut sich ja mal richtig was. Aber tut sich bei uns doch immer. Also hey, in diesem Sinne. Vielen Dank und bis zum nächsten Mal.
Jochen Krisch: Tschüss.
Alexander Graf: Danke.
Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um E-Commerce: Joel trifft sich regelmäßig mit den beiden E-Commerce-Experten Alexander Graf (Kassenzone, Spryker) und Jochen Krisch (Exciting Commerce, K5) um ihr Wissen zu bündeln. Gemeinsam nehmen die drei dich mit auf eine Reise zu spannenden Tiefenanalysen, Strategiediskussionen und Praxiseinblicken des Onlinehandels. Ein wahres Feuerwerk zwischen drei Experten, die scharfe Thesen formulieren und lebhaft miteinander diskutieren.