Zeitenwende: Welche Disruptionsgesetze gelten noch?
6. März 2023, mit Joel Kaczmarek, Boris Lokschin
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Intro: Digital kompakt. Heute aus dem Bereich IT-Projektmanagement mit deinen Moderatoren Joel Kaczmarek und Boris Lokschin. Los geht's!
Joel Kaczmarek: Hallo Leute, mein Name ist Joel Kaczmarek. Ich bin der Geschäftsführer von Digital Kompakt und ihr wisst, wenn der gute Boris Lokschin, der Co-CEO von Spryker an meiner Seite ist, dann reden wir immer über Innovate or Die. Das heißt, wie muss ich mich eigentlich als Unternehmen aufstellen, gerade auch in den Bereichen Software und IT, um wettbewerbsfähig zu sein, um mit der Digitalisierung klarzukommen etc. etc. Und heute haben wir uns überlegt, irgendwie ist gerade richtig viel im Umbruch. Da hat so eine Art Zeitenwende eigentlich in diesem Jahr 2023. Das heißt, wir wollen mal fragen, welche Disruptionsgesetze gelten eigentlich noch? Welche gelten wieder und welche gelten nicht mehr? Weil wir haben ja hier in der Reihe schon einige Sachen mit Boris gesprochen. Zum Beispiel haben wir über HR und Recruiting geredet, über Skillsets, über Methodiken, über Investitionen in Menschen oder auch die Frage Growth versus ROI. Und wollen mal nachschauen, was hat sich denn davon eigentlich geändert und was gilt noch? So, und that being said, lieber Boris, moin moin erstmal. Schön, dass du da bist.
Boris Lokschin: Hallo Joel.
Joel Kaczmarek: Komm, dann deklinieren wir mal ganz ordentlich heute durch. Also in der Tat, du hast im Vorgespräch zu mir gesagt, vielleicht kann ich ja mal die ursprünglichen Folgen verlinken in den Shownotes. Das sollten wir mal tun. Da werde ich mich mal reinhängen gleich im Anschluss. Und dann können wir mal durchdeklinieren Stück für Stück die einzelnen Bereiche. Und der erste, den ich ja eben schon aufgezählt habe, war HR und Recruiting. Also alles, was im Bereich Personalwesen sich abspielt. Und kannst du ja mal so dein Big Picture geben, was du glaubst, was jetzt wichtig wird in dem Bereich, was sich vielleicht auch verändert hat und was aber auch gleich geblieben ist.
Boris Lokschin: Ja, sehr gerne. Also ich glaube, wir hatten in einigen Folgen das Thema Recruiting und das Thema auch Mangel an Talent, insbesondere Tech und Datentalent thematisiert. Und wir kommen ja aus einem Markt, der in den letzten 15 Jahren, würde ich sagen, also allen voran in den letzten fünf bis sieben Jahren, ja super angeheizt war, wenn es um das Thema Tech ging. Ich glaube, jedes Unternehmen draußen im Markt hat Probleme gehabt, ausreichend Personal zu finden, ausreichend gutes Personal insbesondere. Das ging so weit, dass selbst Unternehmen, die dann traditionell vielleicht etwas hinter der Kurve waren und dann angefangen haben, wirklich massiv auch in Digitalisierung und digitale Transformation zu investieren und dann auch den Willen und das Budget dann irgendwann auch am Start hatten, auf einmal Probleme hatten, zu konkurrieren mit eigentlich jedem, von Startups bis eben zu den großen Tech-Konzernen. Und das hat, glaube ich, zu einer relativ starken Verschiebung geführt über die Zeit hin dazu, dass natürlich es eigentlich ein Arbeitnehmermarkt geworden ist, muss man schon sagen. Das heißt, In den Folgen, die wir mit dir aufgezeichnet hatten, hatte ich, glaube ich, mehrfach gesagt, was man irgendwie alles an Goodies und an Perks braucht, was für ein Environment man zu schaffen hat, wie die Kultur zu sein hat, wie viel Purpose die Leute heutzutage haben wollen, wie sehr sie sich aussuchen, wo sie eigentlich arbeiten und warum sie nicht vielleicht zu einem Traditionsunternehmen gehen. gehen wollen, was gerade sich transformiert, sondern warum vielleicht ein Digital Native Arbeitgeber eben deutlich populärer ist. Und das war, glaube ich, das Sentiment der letzten zehn Jahre insbesondere. Und das hat, glaube ich, zu vielen Verzerrungen geführt. Das hat dazu geführt, dass eben traditionelle Unternehmen umso mehr Schwierigkeiten hatten zu hiren, als sie es ohnehin schon hatten. aufgrund von Bonifizierung, Struktur und Flexibilität bei irgendwie Shares, der Möglichkeit, flexibel zu sein bei Homeoffice, bei Hardwareauswahl, bei Fitchi Wasser im Büro und all den anderen witzigen Dingen, die wir damals besprochen haben. Und ich glaube, was man schon sieht jetzt und vielleicht seit dem letzten Q3, Q4 insbesondere, ist, dass sich das wieder ein Stück weit ändert und auch ein Stück weit wieder ausbalanciert. Und ausbalanciert heißt jetzt nicht, dass das Pendel wieder komplett umschwingt und wir jetzt wieder in einem kompletten Arbeitgebermarkt sind. Aber man merkt schon, ja, nicht zuletzt natürlich mit der großen Welle auch an Entlassungen, die viele große Tech-Unternehmen und auch viele mittlere und kleine Unternehmen jetzt in den letzten Monaten vollzogen haben, um sich da gesund zu schrumpfen oder gesund zu optimieren. dass natürlich das Angebot im Markt wieder größer ist, dass wieder andere Dinge zählen, dass solides Wirtschaften wieder mehr zählt, dass man irgendwie auch Initiativen nochmal deutlich stärker reviewt. Und das gibt den Unternehmen ein bisschen mehr, nicht 100 Prozent, aber ein bisschen mehr Recruiting-Power wieder und auch wieder ein bisschen mehr Attraktivität. Vielleicht auch, dass ein oder andere solidere Unternehmen kann sicherlich damit vielleicht auch momentan in der Krise oder in dem Abschwung, der in manchen Märkten ja da ist, auch wieder punkten.
Joel Kaczmarek: Naja, wahrscheinlich muss man es doch auch auf den Faktor Geld zurückführen. Es war ja so, dass Kapital halt sehr günstig war, jetzt teurer geworden ist und dann hat man halt vielfach darauf gesetzt, dass man auf einmal auf Wachstum schaut und weniger auf Profitabilität. Plus, dass man dieses Wachstum oft durch Personal gestemmt kriegt. Also viel hilft viel, mehr Leute können mehr bewegen. Hat sich das auch so ein Stück weit verändert? Also geht das so Hand in Hand? Siehst du das auch so, dass das so eine Art ineinandergreifende Zahnräder sind? Teureres Geld führt dazu, ich muss mehr auf Profitabilität gucken. Dann wird immer erst bei Mitarbeitenden gestrichen. Dann drehe ich dreimal um, wen ich einstelle, dass ich immer schaue, wie ist der Impact der Person auf das Ziel Gewinnzone. Ist es so richtig analysiert oder siehst du es ein bisschen anders?
Boris Lokschin: Also ja, ich glaube High Level schon. Ich glaube, was super interessant ist zu sehen ist, ich glaube, es gibt so zwei, drei Faktoren. Das eine ist ja dieses, was man jetzt auch im von den großen Tech-Unternehmen ja jetzt häufig liest und hört, da hat jemand über-hired. Das muss man so ein bisschen differenzierter sehen, glaube ich. Über-hired, unter-hired, die Frage ist ja immer relativ zu was und auf Basis von welcher Planung. Was, glaube ich, schon man verstehen muss, ist, dass Planungs- und Recruiting-Entscheidungen sind ja keine Ad-Hoc-Entscheidungen häufig, sondern je nach Umfeld und je nach Rolle und Thema sind das teilweise Entscheidungen, die 12, 24, 36 Monate in die Zukunft getroffen werden. sei es im Sales auf Basis von einem Wachstumsplan, den sich ein Unternehmen gibt und zurückgerechnet von wie lange dauern eigentlich Deals, wie lange dauert eine Ramp-Phase und wann muss ich eigentlich jemanden hiren, um in zwei Jahren irgendwie die Zahlen zu machen, bis hin zu sowas Klassischem wie R&D, Entwicklung, Technologie, wo du natürlich immer 12, 24, 36 Monate nach vorne raus Research machst, Produkte entwickelst, die du dann marktreif bekommst. Das heißt also, Das muss man so ein bisschen kalibrieren, wenn sich die Prognosen oder entweder die Aussichten, die Prognosen oder die Möglichkeiten, gewisse Initiativen zu erreichen, ändern. Ja, dann müssen Unternehmen ja darauf reagieren, weil was wäre denn sonst die Konsequenz? Man hat einen Plan von X und man sieht jetzt oder nimmt an, dass man nur X durch 2 schafft oder durch 3 schafft oder dass der Markt nicht mehr hergibt. Dann muss man das adjusten. Also das ist, glaube ich, die eine Sicht. Die andere Sicht ist natürlich das, was du sagst, ist, dieser Überfluss an Kapital hat natürlich dazu geführt, in ganz vielen Bereichen, dass ich würde jetzt mal ganz hart sagen, dass so ein bisschen das Hirn ausgeschaltet wurde. Ja, das heißt, dass jedes Problem versucht wurde, mit Geld zu erschlagen in ganz vielen Unternehmen, sei es im Marketing, im Sales, auch in der Entwicklung und auch alles irgendwie nur Geld und oder Leute geschmissen wurden. Und dieses Work smarter überhaupt nicht mehr existent gewesen ist. Ja, und viele Unternehmen eben sich überhaupt nicht mehr gechallenged haben und sich gefragt haben, ja, ist das denn nochmal ein sinnvoller Prozess? Brauche ich diese inkrementelle Rolle? Kann ich das nicht smart automatisieren? Ist das nicht eher was, was ich prozessual intelligent abbilden muss, damit ich nicht so viele Übergänge und so viele Hände habe. Da befeuert natürlich die aktuelle AI-Diskussion das nochmal umso mehr. oder auch das eine oder andere Unternehmen, was jetzt gerade auch Leute rausnimmt und scheinbar dann trotzdem nicht an Produktivität verliert, vielleicht sogar gewinnt, macht diese Diskussion natürlich nicht leichter. Also von daher ja, es geht schon Hand in Hand. Und ich glaube, dass vor allem diese Korrelation hin zu der Arbeitgeber hat wieder ein bisschen mehr Power. führt auch dazu, dass der im Umkehrschluss auch ein bisschen mehr verlangen kann. Weil auch das ist das, was quasi in dem vorherigen Environment, in dem es eben ein Arbeitnehmermarkt war, haben, glaube ich, viele Unternehmen auch verlernt oder nie gelernt vielleicht sogar, auch die entsprechende Performance- und Business-Outcome-fokussierte Kultur zu bauen, in dem es eben ganz klar war, hey, Joel, das ist meine Erwartung an dich. Du kannst hier gerne all die Perks haben, du kannst gerne jedes Jahr 15, 20 Prozent gehalten, Steigerung mitnehmen, du kannst gerne überproportional zu allen anderen oder zu den allermeisten Rollen im Markt bezahlt werden, aber vergiss bitte nicht, das ist hier schon noch ein Pakt, du bist hier schon noch auf der Arbeit und bei allem sozusagen Family und Value-Fokus, den wir hier haben, müssen wir trotzdem Business-Outcome achieven. Und das ist, glaube ich, vielen Unternehmen abhandengekommen. Beziehungsweise die, die es nicht verlernt haben, hatten, glaube ich, große Probleme, das einzufordern. Einfach aus der Angst heraus, ich habe doch nur die drei Developer, wenn ich da jetzt ein bisschen Druck mache, wenn ich da nicht das richtige Management-Instrument finde, da die Leistung auch abzurufen, dann habe ich ja gar keinen mehr. So, dann bin ich ja wieder zurück auf los. Und das führt so in so eine Todesspirale dazu, dass man natürlich dann ein bisschen Lachs wird und die Leute anders führt und dann tanzen auch ein Stück weit auch vielleicht der eine oder andere auf der Nase rum. Und das ändert sich. Ich glaube, etwas mehr Fokus auf Performance, etwas mehr sozusagen Kraft auch, Dinge einzufordern, etwas mehr auch Klarheit, dass Dinge auch eine Konsequenz haben, dass man auch ein Business Objective hat. Das ist, glaube ich, schon was, wo jetzt Unternehmen auch ein bisschen mutiger sein können und auch sein müssen, fairerweise.
Joel Kaczmarek: Letzte Frage zu dem Themenkomplex. Wir haben ja auch viel darüber geredet, dass die ganze Remote-Kultur, die eingesetzt hat mit Corona, die Fähigkeit auf einmal von überall auf der Welt zu arbeiten, den Arbeitsmarkt ja auch nochmal komplett auf den Kopf gestellt hat. Dass man quasi weltweit auf einmal sich nach einem Arbeitgeber umschauen konnte und dadurch nochmal mehr Druck auf das Thema HR kam. Wie hat sich das denn verändert? Also wenn wir auf der einen Seite sagen, okay, die großen Tech-Companies haben Leute freigesetzt, es balanciert sich wieder ein bisschen mehr aus, Arbeitgeber versus Arbeitnehmer-Markt. Nevertheless ist ja der Pool, aus dem man schöpfen kann, weiterhin hoch. Fängt das wiederum die eine Entwicklung quasi auf?
Boris Lokschin: Nee, ich glaube, das befeuert sie sogar, weil in dem Drang, nochmal Effizienz zu steigern, auch in dem Drang, vielleicht nochmal noch mehr in Capability und nicht Capacity zu investieren, ist das ja eher nochmal ein Argument dafür zu sagen, ich gucke jetzt einfach auf der Welt und habe den bestmöglichen Talent, für den auch die Compensation, die ich mir leisten kann. Also es gibt ja einfach mehr Auswahl. Und es gibt so ein paar, das Interessante, das erwähnenswerten, gerade gestern bei uns im Leadership-Team auch die Diskussion dazu. Es gibt ja direkte und indirekte Effekte von dieser Work-from-anywhere-Policy oder von der fully remote Kultur. Die direkten sind relativ klar, da brauchen wir uns jetzt nicht mehr zu befassen, aber es gibt ja auch ein paar indirekte, die sehr klar auch zu linken sind, wo es eine klare Korrelation gibt zu Effizienz und Produktivität. Ein Beispiel, Kommunikation. Wenn du per Definition als Company fully remote aufgesetzt bist, dann musst du dich ja immer fragen und du kannst ja quasi nie davon ausgehen, dass du für alles irgendwie Calls einstellen kannst, Zoom, Telefonate führen kannst, dass jeder partizipieren kann in einem Meeting, in einem Decision-Making-Meeting, in einem Ideation-Meeting. weil einfach Leute in verschiedenen Zeitzonen sind, in verschiedenen Stresssituationen, in verschiedenen Regionen auf der Welt, mit verschiedener Qualität, vielleicht an Audiofähigkeit, was Sprache angeht und so weiter. Das heißt, es zwingt dich ja automatisch, viel mehr darüber nachzudenken und viel präziser und besser zu sein in Dingen wie schriftlicher Kommunikation, asynchroner Kommunikation, Vorbereitung von Decks oder Entscheidungsvorlagen, Runterschreiben von deinen Gedanken, egal in welcher Form, in Form von Memos, in Form von Decks, in Form von sauber aufbereiteten Tabellen. klare Problem-Statements formulieren zu können, klare Expectations- und Decision-Criteria formulieren zu können, klare Objectives formulieren zu können, ganz klare Follow-Ups und To-Dos formulieren zu können und die zuzuweisen, weil es sonst einfach nicht funktioniert. Dass es einfach für Joel und Boris, sich irgendwie um 13 Uhr zum Podcast zu verabreden oder zum Meeting zu verabreden, ist aber schwer, wenn du halt sieben Leute hast oder sechs Leute in fünf Zeitzonen. Das heißt, das zwingt hier quasi eine gewisse Disziplin und asynchrone Qualität der Informationsverteilung auf, die indirekt natürlich dazu folgt, dass deine Produktivität, deine Effizienz wieder hochgeht. Weil indem du klarer kommunizierst, brauchst du weniger Abstimmung. Leute können schneller Entscheidungen treffen. Meetings sind kürzer oder obsolet und so weiter und so weiter. Also das ist nur ein Beispiel von vielen, was eigentlich eher den Trend oder diesen Fokus halt nochmal akzeleriert. Gerade in der Zeit, in der Unternehmen auch wirtschaftlich nochmal mehr auf die Bilanz schauen müssen, als sie das vielleicht in den letzten zehn Jahren gemacht haben.
Joel Kaczmarek: Cool. Das andere Thema, was wir ja auch schon mal angerissen haben, war das Thema Skills. Passt ja auch ganz gut als Brücke dazu. Wie ist da dein Blick drauf?
Boris Lokschin: Ja, das ist super interessant. Also ich glaube, bei dem Thema bin ich am allerkritischsten, weil sozusagen zurück zu deiner Frage nach ROI und nach anderen Parametern. Ersten Skills sind ja keine Momentaufnahmen. Also ein Skill ist ja etwas, wo die Halbwertszeit in unserem Environment ja super, super kurz ist. Also es spielt eigentlich gar keine Rolle, was heute dein Skill ist, weil das innerhalb von wenigen Monaten in den allermeisten Fällen quasi veraltert und nicht mehr kompetitiv ist. Das heißt, Skills ist ja quasi etwas, was permanent, weiterentwickelt werden muss und aufrecht gehalten werden muss. Sei es auch nur zu deinem eigenen persönlichen Vorteil, sprich Marktwert und Stickiness für dich bei einem Arbeitgeber. Und das Problem mit Skills, glaube ich, in den letzten Jahren war, dass auch hier geblendet durch einfach Überfluss an Kapital und der Möglichkeit, permanent Probleme mit Kapazität zu lösen und nicht mit Capability, viele Unternehmen genau diese Fähigkeit nicht aufgebaut haben oder verlernt haben. Das heißt, anstatt sich zu fragen, welche Capability fehlt mir eigentlich, was eigentlich die wichtigere Frage ist, um XYZ zu machen, saßen viele Firmen Ende eines jeden Jahres bei ihren Budgetplanungen. Da hieß es, oh, ich brauche aber noch eine Rolle dafür und eine Rolle hierfür. Das war quasi eine kapazitative Betrachtung und keine Capability-Betrachtung. Und das ist natürlich ein ganz, ganz, ganz großes Problem, was auch nicht so leicht leider zu fixen ist, wenn jemand in diese Falle getappt ist. Ja, weil das ist eine fundamental unterschiedliche Fragestellung. Wenn du dich fragst, welche Capability fehlt uns, dann ist die nächste Frage, okay, können wir diese Capability trainieren, können wir sie adden? Ist jemand interessiert daran? Möchte jemand sein Profil erweitern, damit auch wertvoller machen? Wollen wir lieber in Training und Retention investieren von einem neuen Mitarbeiter oder wollen wir direkt dafür einen neuen Headcount schaffen? Und das hat sich verändert. Und ich glaube, ganz, ganz viele Skills, die jetzt nach vorne gebraucht werden, im Bereich Marketing, im Bereich Sales, im Bereich auch Development, im Bereich AI oder eigentlich so ziemlich in jeder Rolle, sind natürlich, also hier braucht es schon eine Reinvention. Also hier gilt nicht weiter wie gehabt. sondern hier müssen Unternehmen jetzt höllisch aufpassen, dass sie a eine Capability versus Capacity getriebene Kultur schaffen oder wiederbeleben und b die entsprechenden Prozesse auch bauen, die dazu führen, dass man genau strukturiert den Assessor kann, was man macht. Und am Ende hat auch das natürlich kommerziellen Impact. Ja, also es ist natürlich genau wie im klassischen Sales auch. Retention ist immer leichter als Customer Acquisition. Es ist immer leichter und günstiger, bestehende Leute mit mehr Capabilities auszustatten. Es ist besser für die Person. Ja, weil deren CV wird wertvoller. Es ist besser für dich als Unternehmen, weil du natürlich nicht alles irgendwie auf 35 Rollen verteilen musst. Es ist besser für dich, weil du eine gewisse Competitiveness aufbaust. Und das hat sich schon geändert. Das ist, glaube ich, eine sehr, sehr wesentliche Änderung. jetzt nach vorne raus.
Joel Kaczmarek: Woher kommt es eigentlich? Ist es wieder dieser Schleife geschuldet, die wir gerade aufgemacht hatten, dass man mehr auf diese Gewinnorientierung schaut, dass man versucht, effizienter zu sein, dass man nicht mehr mit Geld erschlagen kann? Oder was würdest du sagen, ist so die Hauptursache dessen?
Boris Lokschin: Ja, ich glaube, das ist auf jeden Fall die Hauptursache dessen und auch als Konsequenz so ein bisschen dieser Fokus auf Wachstum. Also es ist ja schon irgendwie erstaunlich, man kann ja, glaube ich, schon davon ausgehen, dass gerade so die großen Unternehmen, die jetzt durch die Presse gehen, ja, und logischerweise dann auch alle anderen Marktteilnehmer, die werden ja jetzt nicht von doofen Leuten geführt, die irgendwie nie eine Business School besucht haben. In fact, ja, das sind ja meistens genau die Leute, die die allerbesten Business Schools besucht haben, ja, und die absolut goldenen irgendwie CVs haben, ja. Trotzdem, scheint es ja so zu sein, als hätte der Markt oder hätten genau diese Leute in den letzten 10 bis 15 Jahren jegliche Art oder alles vergessen, was sie in der Business School gelernt haben. Und der Markt hätte quasi alle Regeln außer Kraft gesetzt, außer irgendwie Fokus auf Wachstum. Das ist natürlich so eine self-fulfilling prophecy. Wenn der Markt das quasi fördert, Dann werden auch Incentive-Instrumente so gesetzt in den Firmen, dann werden dafür Boni bezahlt, dann werden dafür Shares ausgegeben, dann feiern die Aktionäre das, dann feiern deine VCs das. Dann bist du quasi in so einer Spirale, wo du irgendwann sagst, okay, wenn alle nur darauf schauen, wenn nichts anderes mehr gilt und wenn es eigentlich auch egal ist, wie viel Geld ich verbrenne und wie viel Headcount ich habe, as long as ich da irgendwie Wachstum X nachweisen kann und Market Share gewinnen kann, mache ich es. So, und dann bist du halt automatisch in dieser Spirale, weil du dann so viel Druck hast und so viel Zeitdruck hast und gleichzeitig aber so viele Möglichkeiten im Sinne von sozusagen Geld und Ressourcen, für die du dich nicht in irgendeiner Art und Weise relevant verantworten musst, also verantworten schon, aber nicht verantworten für die Effizienz, die du durch die Einsetzung dieser Mittel irgendwie hast. Das hat, glaube ich, sehr viele Firmen sehr stark geblendet und auch off track gebracht. So, und das ändert sich jetzt. Ja, jetzt ist plötzlich im Marketing oder im Sales wieder sehr relevant, was für ein ROI eine Kampagne hat, eine Messe hat, ein Content Piece hat, was für ein ROI oder was für ein CAC irgendwie gewisse Accounts haben, was für eine Marge man mit bestimmten Produkten oder Kunden erzielt, was der Output von bestimmten Abteilungen ist, ja, pro Mitarbeiter oder insgesamt. was man irgendwie an neuen Produktinitiativen im Development auf die Kette kriegt. Und klar, dass natürlich Instrumente wie AI oder andere, egal ob jetzt sozusagen plakativ noch oder schon konkret, das challengen. Da kommen natürlich Leute massiv in Erklärungsnot. Und irgendwie nachzuweisen, was dann sozusagen der direkte Vergleich irgendwie ergibt.
Joel Kaczmarek: Anderes großes Thema, wir haben ja viel über Methodik gesprochen. Also es ging viel um Agilität, es ging um iteratives Arbeiten, es ging viel um MVPs entwickeln und schnell Dinge vertesten, schnell lernen. Hat sich an den wichtigen Gesetzen, die du da so über die Jahre im Markt, sag ich mal für dich, aber auch für andere formuliert hast und gesehen hast, was geändert?
Boris Lokschin: Also ja und nein. Ich glaube, was auf jeden Fall konstant ist, ist die Tatsache, wie gearbeitet wird. Wir hatten, glaube ich, auch einige Folgen dazu, warum man eben nicht irgendwie in Wasserfallprojekten Dinge löst, warum ein MVP-Ansatz wichtig ist, warum man eher eine Portfolio-Strategie an Wetten haben sollte. Das, glaube ich, hat sich nicht geändert. Im Gegenteil sogar. Das hat sich, glaube ich, eher akzeleriert. Was sich geändert hat, ist aber, dass vielleicht der Akzent schon noch ein Stück anders ist von, auch hier wieder, der reinen Quantität, also einfach more Bets, ja, und dann so, mach noch mehr Wetten, und da wird schon was Gutes bei rausfallen, statistisch, hin zu smarter Bets, ja. Smarter Bets heißt nicht automatisch less Bets, da darf man jetzt nicht den direkten Zusammenhang sehen. Es kann sein, dass es less sind, muss es aber nicht, es heißt einfach smarter Bets, das heißt quasi die, Entry- und Exit-Criteria bei der Entscheidung, welche Wetten du eingehen willst, also zurück zu dem Growth, Erweibung, die haben sich geändert. Das heißt, wenn du jetzt im Leadership-Team Dinge diskutierst, Produkte, Initiativen, Services, neue Regionen, neue Länder, was auch immer, spielt keine Rolle, was das für ein Business ist, Und du vorher eben sehr stark vielleicht darauf gedrängt hast, zu sagen, okay, lass uns einfach nochmal das probieren, lass uns nochmal jenes probieren, lass uns nochmal die Kampagne fahren. und was mit dem Land, das können wir nochmal vertesten und wer weiß, vielleicht haben wir hier in Lucky schon. Auch das kannst du natürlich gut machen, solange Geld free ist und du einfach, der Markt dir diese Möglichkeit gibt. Das ist nicht mehr so. Sprich, jetzt müssen Unternehmen wieder ein bisschen den Kopf einschalten und sagen, okay, ich muss immer noch in einer Portfolio-Strategie die Sieger finden. Nicht sequenziell, sondern parallel. Aber ich muss die Auswahl der Wetten nach vielleicht etwas anderen Parametern machen. So, und das kann bedeuten, dass ich mir eben angucke, Was ist eigentlich meine ROI? Wie viel Zeit kann ich mir jetzt geben in so einem Markt-Environment? Kann ich jetzt 24 Monate warten, bis eine Wette irgendwie einschlägt? Oder kann ich mir eigentlich nur Wetten leisten, die innerhalb von sechs Monaten links oder rechts gehen und wo es klar ist, ob sie funktionieren? Das kann sowas sein wie, ja, wie viel Funding muss ich eigentlich auch innerhalb meines eigenen Systems generieren, also Stichpunkt irgendwie Profit, Ja, oder ist das so ein Ponzi-Scheme, wo die ganze Zeit jemand Geld von außen reinwerfen muss, nur damit die ganze Maschinerie am Laufen ist. Ja, und immer wenn jemand Geld nimmt auf die eine oder andere Art und Weise, dann bricht es irgendwie zusammen. Das kann ein Bewertungsmaßstab sein. Hey, welche Wette, wenn sie denn fliegt, hätte denn genug Durchschlagkraft, um die nächsten zwei, drei Wetten zu finanzieren? Oder läuft die Wette dann, aber das war es dann trotzdem, weil die ist so dünn, ja, was irgendwie meinen Profit oder mein EBITDA angeht, dass das nicht dazu führt, dass mein Flywheel irgendwie weiter funktioniert. Also ich glaube, diese Auswahl, diese smartere Auswahl von Wetten, das ist eine sehr, sehr wesentliche Änderung. Die Methodik ist eher noch verschärft. Also es ist immer noch genau so, du musst immer noch, vielleicht sogar noch schlanker als vorher und noch schneller als vorher, noch enger geskoppt als vorher Dinge vertesten und auf die Straße bekommen.
Joel Kaczmarek: Könnte man nicht ein bisschen flapsig dann fast sagen, da greift die gleiche Entwicklung, wie du sie auch gerade bei HR beschrieben hast, nämlich weg von Capacity hin zu den Capabilities, also dass man nicht mehr viel macht, sondern sich mehr auf die Qualität konzentriert?
Boris Lokschin: Absolut. Und auch das hat dann wieder sehr viel mit Menschen zu tun. Also hast du die Skills oder hast du die Capability im Haus, um a, diese Art von Betrachtung überhaupt vorzunehmen? ganzen Weg von Unternehmensführung oder Abteilungsleitung bis hin zu den Leuten, die das treiben und exekutieren. Bis hin zu hast du die Leute, die auch mit dem Mindset ausgestattet werden. Einfach ein interessantes Beispiel aus dem Tagesgeschäft. Viele unserer Kunden, mit denen wir bei Spryker arbeiten, wie ich eingangs gesagt habe, haben glaube ich schon gelernt und verstanden in den letzten paar Jahren, dass sie ihre digitalen Initiativen vorantreiben müssen, dass digitale Transformation wichtig ist, haben teilweise sehr signifikante im dreistelligen Millionenbereich Investments auch dahinter gestemmt. Jetzt suchen sie Personal. Nehmen wir mal so ein ganz klassisches Feld Marketing. Und Leute suchen irgendwie digitale Marketing-Entscheider. Was ich täglich höre, ist, hey, ich habe jetzt x Interviews geführt und alle digitalen Entscheider, die ich bekomme, sind irgendwie sehr Brand- und sehr Spend-orientiert. Das sind alles Leute, die in den letzten 10 bis 15 Jahren wunderbar gelernt haben. Gib mir X Budget und wie viel Budget habe ich eigentlich? Ist eine der ersten Fragen in dem Interview. Und die gelernt haben, das Budget dann auszugeben und Performance-Marketing-Kampagnen hoch und runter zu fahren und Out-of-Home-Werbung und bis hin zu irgendwie stupiden Werbung auf irgendwelchen Gepäckbändern in Flughäfen. Das ist natürlich super, ist alles schön, ja, komplett low ROI, ja, super high-level, upper-funnel Marketing, ja, super unpräzise, ungetargeted. Kann man machen, wenn Geld umsonst ist und du einfach nicht weißt, ja, wo du noch irgendwie 0,1% Attention dir kaufen kannst. Super Longshot, bis das irgendwie irgendwann vielleicht zu irgendwas konvertiert. überhaupt nicht spitz. So, und Leute, die eben in der Lage sind, da sehr performancegetrieben zu denken, sehr datengetrieben in kurzen Kampagnen, sehr effizient auch analysieren, auswerten können, ja, wo geht das Geld hin, wie wird das ausgegeben, was ist der ROI, verschiedene Kanäle vergleichen können, die Tools beherrschen, die Leute sind natürlich super rar gesät. So, und da muss man schon irgendwie natürlich reingucken und sich überlegen, wie gehe ich damit um, ja, wie trenne ich auch die Spreu vom Weizen, wie finde ich diese Leute, die genau diese Art von Denken haben, die verstehen, was ein Business Outcome ist, die Teams auch entsprechend kompensieren und goalen können auf die richtigen Goals und nicht irgendwie auf irgendwelche Zwischenmeilensteine, die sich nicht irgendwie verzetteln mit unnötigen MBOs, die eher so Output und nicht Outcome sind. Das ist, glaube ich, schon eine der entscheidendsten Änderungen. Und da muss man sehr kritisch sein, auch durch sein Team gehen, durch sein Leadership Team gehen und sich fragen, entsprechen diese Leute diesen Parametern, weil die sind ja genau diejenigen, die weiter hiren und führen werden. Wenn die das nicht 100 Prozent in ihrer DNA haben, dann wird man mit sehr großer Wahrscheinlichkeit an Wettbewerbsfähigkeit verlieren in den nächsten 12 bis 24 Monaten.
Joel Kaczmarek: Du hast ja eben auch gesagt, dass sich die Methodik nochmal zugespitzt hat. Warum eigentlich? Weil es sich mehr verbreitet hat im Markt, weil immer mehr nach diesen Methodiken arbeiten, sodass der Wettbewerb quasi auch schneller geworden ist, dass der Druck zunimmt? Oder was würdest du sagen, ist der Grund, dass diese ganzen Dinge, die du geschrieben hast mit Sieger finden, schnelle Wetten, ROI getrieben, MVPs, Portfolio-Strategien und so weiter und so fort, dass es jetzt nochmal mehr wichtig geworden ist?
Boris Lokschin: Ja, zwei Gründe. Also den einen haben wir gerade schon thematisiert. Am Ende des Tages ist der Druck, den man hat, schneller, bessere, also qualitativ bessere Ergebnisse zu produzieren, führt natürlich dazu, dass du, mach mal ein klares Beispiel. Wenn du vorher, wir hatten glaube ich Folgen, wo wir gesagt haben, hey, so ein MVP versus ein Wasserfallprojekt darf nicht mehr zwölf Monate dauern, sondern irgendwie 100 Tage. Ich muss in der Lage sein, täglich am besten einen Code zu deployen und zu releasen. Meine Produkte, mein digitales Produkt, Service, was auch immer das ist, schnell zu vertesten, auf die Straße zu bringen. So, 100 Tage können in dem aktuellen Environment vielleicht zu viel sein. Vielleicht musst du in der Lage sein, auch innerhalb von 30 Tagen oder vielleicht sogar innerhalb von 14 Tagen gewisse Hypothesen eben zu vertesten, weil 100 Tage, sagen wir mal ganz abstrakt, mal vielleicht so drei Monate, ja, drei Monate sind irgendwie 60 Arbeitstage, vielleicht von einem Team von sechs, sieben, acht Leuten, können irgendwie bis zu 500 Manntagen sein, die du irgendwie in irgendwas investierst, ja, von einem Team, um Eine Wetteeinstellung, das ist vielleicht nur eine von deinen vier, fünf. Das heißt also, du brauchst dann automatisch eine gewisse Durchschlagskraft. Kannst ja dann hochrechnen, wenn du drei, vier solche Wetten hast, selbst wenn die Teams klein sind, brauchst du irgendwie, ob du es willst oder nicht, eine gewisse Bandbreite, um überhaupt mehrere Portfolio-Strategien zu vertesten. Um dann zu erfahren, ob du sie weiter betreiben sollst oder nicht, um dann erst zu sehen, ganz an Early Indicators, also so Frühindikatoren, ob das überhaupt funktioniert oder nicht. Das heißt, das ist das, was dir natürlich erstmal den Druck macht. Du musst schneller ein Ergebnis produzieren, musst schneller sehen, geht es oder nicht. Man muss schneller sehen, ob das Land oder das Produkt oder diese Person oder diese Abteilung funktioniert oder nicht. Und der zweite Grund ist, Dinge, also es ist ja immer so ein Zyklus, also das, was eine Wettbewerbsfähigkeit am Anfang ausmacht oder eine Differenzierung ausmacht, kommt ja meistens daher, dass es noch nicht commoditized ist, dass es noch nicht sozusagen allgemeingültig ist. Du hast einen Wettbewerbsvorteil, weil Deine fünf Peers in deiner Industrie, du bist jetzt vielleicht im Automotive-Umfeld und deine fünf Vergleichsunternehmen bauen Produkte und Projekte im Schnitt in einer Geschwindigkeit von einmal im halben Jahr, einmal in einem Jahr. Du kannst das jetzt innerhalb von einmal im Quartal, super. Du bist ja relativ zu denen schneller. Jetzt musst du aber A natürlich gucken, ist das die richtige Peer-Group oder hast du nicht noch drei, vier, fünf digitale native Unternehmen links und rechts, die schon schneller sind? Und B musst du natürlich darauf gucken, Ist das überhaupt in dem Umfeld, in dem irgendwie alle anderen schnell aufschließen und vielleicht in drei, vier Monaten die gleiche methodische Kompetenz haben, ist das noch ein relevanter Wettbewerbsfaktor? Weil deswegen ist es ja auch so schön, dass wir die Folge heute machen. Das, was wir vor zwei Jahren hier besprochen haben, also wenn ein aufmerksamer Zuhörer hoffentlich da was für sich mitgenommen hat vor zwei, drei Jahren und gesagt hat, hey, super, Die Jungs erzählen ja nicht kompletten Quatsch. Ich nehme das mit, ich implementiere das. Dann könnt ihr mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass das, was wir vor zwei Jahren gesagt haben, heute schon Standard ist. Und das zwingt dich dazu, natürlich permanent weiter zu innovieren, neue Modelle zu finden, experimenteller zu sein. Das gilt für Unternehmen wie uns genauso. Wir challengen unsere Methoden permanent und fragen uns ja, was können wir weiterentwickeln? Wie muss irgendwie ein Vorgehen oder ein Team Setup oder sonst was anders aussehen? Weil sonst verlierst du halt diese. Also Differenzierung ist ja nichts, was für immer bleibt. Vor allem nicht, wenn es funktioniert. Wenn es eine erfolgreiche USP ist, dann kann man sehr stark davon ausgehen, dass alle anderen versuchen werden, das auch zu kopieren.
Joel Kaczmarek: Und jetzt lassen Sie uns mal abschließend über, sage ich mal, Handlungsanleitungen sprechen. Also bei den Veränderungen, die wir jetzt dokumentiert haben, wir haben über HR geredet, über Skills, wir haben über Investitionen in Menschen geredet oder angedeutet, vielleicht können wir es auch nochmal vertiefen, Methodiken und Growth versus ROI. Was würdest du sagen, sind die wichtigsten Stellhebel, denen ich mich dann jetzt als Unternehmen im Jahr 2023 stellen muss?
Boris Lokschin: hundertprozentig deinen Leuten. Und die meisten der Punkte lassen sich subsumieren am Ende mit Capabilities im Team. Das Schöne ist, dass die allermeisten Unternehmen vermutlich nicht mehr auf diesem super crazy Headcount Growth Plans mehr exekutieren werden in den nächsten ein, zwei Jahren, sondern dass alle einfach aufgrund dessen, dass sie vielleicht ein bisschen pessimistischer Plan oder ein bisschen vorsichtiger sind oder Geschäftsaussichten vielleicht noch nicht ganz klar sind oder Kapital auch nicht mehr so zugänglich ist, glaube ich, egal aus welchem Grund, ich glaube, wir werden generell diese verrückten, also gerade im Digitalumfeld, wenn ich sage Digitalumfeld, heißt das nicht für digitale Startups, sondern das heißt für digitale Einheiten von Konzernen, genauso wie für alle anderen auch, dieses. ich verdopple jetzt meine Teamgröße alle zwölf Monate, das wird für die wenigsten wahrscheinlich nach vorne raus so gelten. Das hat wiederum ein paar sehr schöne Vorteile, nämlich wenn ich nicht mehr in diesem permanenten, verrückten Recruiting-Modus bin, habe ich von meinen Top-Leuten, die ja normalerweise auch stark involviert sind, diese Leute sind deutlich mehr mit Arbeit beschäftigt, als sie mit Interviews beschäftigt sind. Sie sind deutlich mehr mit Arbeit beschäftigt, als sie mit Leuten onboarden. beschäftigt sind und mit Leuten off-boarden, weil man, wenn man schnell hiret, auch irgendwie Leute hiret, die man nicht haben will, die durchgeschlüpft sind durchs Netz. Und ich glaube, das kennt jeder in so einem schnell wachsenden Unternehmen, dass gerade die AAA-Leute, die man hat, dann in so Endlosschleifen gefangen sind und teilweise dann bis zu 50, 60 Prozent ihrer Kapazität eben darauf investieren, diese Recruiting-Maschinerie am Laufen zu haben. Und das führt zu einer sehr schönen Sache, nämlich dazu, dass man deutlich weniger Zeit investieren konnte in Mitarbeiterführung, Mitarbeiterdevelopment, Mitarbeitergespräche, also Tiefe statt Breite. So, das ändert sich jetzt. Das sind die Good News für euch alle da draußen. Ihr habt jetzt nach vorne raus, mit sehr großer Wahrscheinlichkeit, ändert sich jetzt der Fokus. Ihr habt jetzt nach vorne raus 90% Zeit, um euch um die bestehenden Leute zu kümmern. Das heißt, alles, was wir vorher gesagt haben. Das heißt, Assessment von Skill Gaps. Was fehlt eigentlich? Assessment von, habe ich überhaupt die richtigen Leute drin, die auch das richtige Mindset haben, die in Efficiency, in Productivity, in Automation, in Outcome denken können, ja, und nicht nur in Spend und Headcount und sich nur dadurch profilieren, dass sie jetzt großer Teamlead sind, weil sie jetzt zehn Leute haben, sondern die ein ernsthaftes Interesse haben an dem Ergebnis, an den Business Outcome und nicht nur an, hey, ich bin jetzt großer Teamlead oder großer Director. Ihr könnt, nachdem ihr diese Assessments gemacht habt, könnt ihr jetzt wunderbar euch hinsetzen und überlegen, wie sieht eigentlich der Pfad dahin aus? Welche Capabilities fehlen uns? Wie trainiere ich sie? Wer hat daran Interesse? Ein schönes Beispiel, was ich vor ein paar Tagen diskutiert habe mit jemandem ist, stell dir mal vor, du bist in, machen wir mal so einen ganz einfachen Bereich, Accounting. Stell dir mal vor, du bist im Accounting-Umfeld und du bist ein Accountant. und Ich glaube, allen ist klar, dass AI am schnellsten in Bereiche vordringen wird, die strukturiert sind. Die strukturiert sind, die so ganz klaren Regeln folgen. Das ist sowas wie Finance, das ist sowas wie QR-Code schreiben. Also alles, was natürlich unstrukturiert kreativ ist, ist, glaube ich, etwas schwerer. Ja, aber gerade die strukturierten Dinge, die algorithmisch leicht zu verstehen sind, werden ja diejenigen sein, die am schnellsten automatisiert werden können. So, jetzt bist du ein Accountant. Jetzt gibt es auf der Welt, weiß ich nicht, keine Ahnung, eine Million Accountants, ja. Jetzt kannst du entweder der Accountant sein in dem 1-Millionen-Bucket für x Euro pro Jahr oder du kannst vielleicht einer von 10 Accounts auf der Welt sein, der AI-enabled Accounting kann. Und momentan ist ja das Schöne, dass der marginale Vorsprung, den du haben musst pro Rolle, um Triple A zu sein in diesem neuen Feld, ist ja sehr, sehr klein. Du musst ja gar nicht, weil noch keiner was kann. Es ist ja so Early Days. Du kannst ja der Blinde unter den Einäugigen sein und du bist irgendwie König. Du musst irgendwie nur ein bisschen mehr wissen, nur ein bisschen mehr gelesen haben, was du dir mit komplett unmaßgeblichem Aufwand aneignen kannst, um einen Wissensvorsprung zu haben. Das wird sich sehr schnell ändern. Es wird in 12 oder 24 Monaten, wirst du sehr, sehr viel lernen müssen und das Gap wird immer größer und größer und größer. und dann setzen so diese Zyklen, dann wird man zum Dinosaurier, dann sagt man irgendwann, die Kurve kriegt nicht mehr. Heute musst du vielleicht dich ein paar Wochenenden mal reinlesen, ein paar Tools recherchieren, vielleicht selber ein bisschen was scribbeln Und zack, bist du sozusagen einer von zehn Accounts auf der Welt, der zu seinem Boss gehen kann und sagen kann, hey, lieber Chef, erstens kann ich jetzt irgendwie die Arbeit erledigen von zehn oder wir brauchen einfach nach vorne raus, müssen wir nicht so viele Leute hiren, weil ich habe irgendwie smarte Wege und Tools. Zweitens kann ich coole Podcasts machen und ich kann irgendwie auch ein cooles stages gehen der company auch das branding verpassen und kann mit konkreten beispielen ja zum employer branding beitragen smartere leute anziehen uns als innovative company darstellen und beide bei mir selber auch als sort leder. ich kann prozesse optimieren ich helfe nicht an kosten senken und bei the way möchte ich das dreifache verdienen weil ich bin jetzt einer von zehn und nicht mehr einer von einer million auf der welt der das kann. so das heißt das ist ein schönes beispiel wo du dir selber was gutes tust du dein eigenes cv vergoldet wo B dich auch unabdingbar quasi machst, C dich selber kognitiv weiterentwickelst, D der Firma hilfst, E andere smarte Leute enables, indem du intern noch einen Brownback machst und einen anderen Kollegen mitnimmst. Also du kannst halt so viel Impact haben und diese Leute musst du halt identifizieren. Du musst halt Leute finden, die keine Angst haben, sondern die excited sind by change und die auch auf diese Journey wollen. Das wird nicht jeder sein. Von daher sozusagen lange Antwort auf die Frage, aber Nutzt die Zeit, die ihr jetzt habt, identifiziert die Leute, die Capability statt Capacity denken können und investiert Zeit und Ressourcen da rein. Und das wird sich auszahlen über eigentlich alles, was wir in den letzten, weiß ich nicht, wie viele Folgen wir schon aufgenommen haben, 30 Folgen, 40 Folgen erzählt haben.
Joel Kaczmarek: Heute ist in der Tat Folge 30. Von daher ein guter Anlass, um da auch mal Revue zu passieren. Ja, hervorragend, Boris. Ich glaube, schöner, guter Ritt. Sehr verständlich, sehr beispielhaft wie immer. Und lassen wir uns doch darauf mal heute bewenden. Ich glaube, die Leute haben jetzt genug zum dran arbeiten. Und wir haben uns ja schon vorgenommen, für das nächste Mal machen wir mal eine Q&A-Folge. Weil wird ja für dich auch erstmal die letzte sein, weil du dich mehr auf US konzentrierst bei euch in der Company. Und wer das sucht, das werden wir bei LinkedIn, glaube ich, mal posten, dass ich die Leute mal dort einlade, mich mit Sprachnachrichten zu beballern. Da folgt einiges. Also, in diesem Sinne, vielen Dank und dir viel Erfolg für deine Zeitenwende. Dankeschön.
Outro: Danke fürs Zuhören beim Digital Kompakt Podcast. Du merkst, hier ziehst du massig Wissen für dich und dein Unternehmen heraus. Wenn du mit uns noch erfolgreicher werden möchtest, abonniere uns auf den gängigen Podcast Plattformen. Und hey, je größer wir werden, desto mehr Menschen können wir helfen. Also erzähl doch auch deinen Kolleginnen und Kollegen von uns. Bis zum nächsten Mal.
Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um Digitalisierung: Sag hallo zu unserem Co-Moderator, dem Spryker-Gründer Boris Lokschin. Boris spricht mit Joel regelmäßig über IT-Projektmanagement und strategische Steuerung im IT-Bereich. Ob Startup oder Mittelständler in der Digitalisierung – in diesen Episoden erhältst du praxisnahe Lernanregungen und pushst deine eingestaubte IT-Beziehung zu einer wahren Tech-Romanze.