Expansion in weltweite Märkte

26. Februar 2021, mit Joel KaczmarekBoris Lokschin

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Joel Kaczmarek: Hallo und herzlich willkommen zu einem Innovate or Die Podcast von digital kompakt. Mein Name ist Joel Kaczmarek und wie immer heute im spannenden Ping-Pong mit dem lieben Boris Lokschin von Spryker. Hallo Boris, schön, dass du da bist.

Boris Lokschin: Hallo Joel.

Joel Kaczmarek: Heute reden wir über ein Thema, was glaube ich viele Facetten zulässt und was man aus vielen Blickwinkeln betrachten kann, nämlich über Expansion. Sprich, bis dato habt ihr im Podcast hier immer ganz viel gehört über wie kriege ich eigentlich Budgets, wie baue ich einen Tech-Bereich auf, wie kriege ich MVPs möglichst schnell hin. Und jetzt tun wir mal im Geiste so, als wenn wir das alles schon geschafft haben und ich mich jetzt frage, wie mache ich das jetzt international? Das heißt, wir werden heute darüber reden, was ist eigentlich der Trigger für die eigene Expansion? Wie gehe ich das an? Also auf Elementen wie der Geografie, beim Produkt, beim Talent oder auch der Governance-Struktur. Und wie gehe ich dann eigentlich vor? Das heißt, wie budgetiere ich das? Sollte ich insourcen, outsourcen? Kaufe ich was? Baue ich selbst was auf? Was sind typische Fehler? Also ich glaube, eine Folge, die heute ganz, ganz viel bereithält. Lieber Boris, wie ist das bei euch mit Spryker? In wie vielen Nationen seid ihr unterwegs?

Boris Lokschin: Gute Frage. Ich glaube, wir sind jetzt aktuell mit wirklich Office-Präsenz und Entities in sieben Ländern, aber haben fast 50 Nationen. Wenn man jetzt auch die Leute, die einfach auch mit unserem neuen Work-from-anywhere-flow-Modell quasi weltweit verteilt sind, dann glaube ich, sind wir in 30 Ländern stark verteilt, würde ich sagen.

Joel Kaczmarek: Und ich weiß, ich habe damals bei euch von der Seitenlinie mitbekommen, wo wir ganz viel zu tun haben, gar nicht mal aus eurem Munde, sondern auch so aus eurer Investorenschaft, dass so der Case war, naja, die Jungs und Mädels haben jetzt irgendwie in Deutschland was super Spannendes aufgebaut und haben auch irgendwie mit Alex Graf und Kassenzone so einen ganz spannenden Content-Angle gefunden, also wie man über Content-Marketing das eigene Produkt zum Wachsen bringt. Jetzt kommt sozusagen die Aufgabe, das Ganze in einem anderen Land zu replizieren. Also das war damals so, wo ich das erste Mal, ich glaube vor so ein, zwei Jahren mitbekommen habe, dass halt sozusagen dieser US-Fokus bei euch auch zugenommen hat. Wann war denn bei euch der Punkt, wir fangen jetzt mit dem ersten Themenkomplex mal an, Trigger, also wann sollte ich über Expansion nachdenken? Wann kam für euch das Momentum, dass ihr gesagt habt, okay, jetzt müssen wir wirklich mal den Blick weiten, nicht nur auf unseren Heimmarkt, Deutschland, Europa gucken, sondern vielleicht sogar noch breiter?

Boris Lokschin: Ich glaube, das sind zwei Dinge, mit denen man vielleicht anfangen kann. Der eine Träger ist eben Upside und Opportunity. Also habe ich outside meiner Industrie, meines Verticals einfach mehr Opportunität und möchte die mit abgreifen. Und oder quasi auf der anderen Seite der Skala habe ich irgendwie limitierende Faktoren. Also gibt es einfach irgendwas, was mich limitiert, wo ich sage, hey, ich kann gar nicht mein Geschäftsmodell skalieren, ich kann gar nicht mehr verkaufen, ich kann nicht mehr hiren, meine App kann nicht mehr Nutzer bekommen, was auch immer das Geschäftsmodell ist. Da gibt es natürlich Geschäftsmodelle, die sind einfacher und repetitiver. Also in unserem Fall jetzt natürlich Software. Software und solche ist ja erstmal prädestiniert dafür, international auch Anwendungen zu finden. Es sei denn, es ist jetzt irgendeine Branchenlösung, die sehr stark auf irgendwelche regulatorischen Gegebenheiten abzielt. Aber in unserem Fall Commerce-Lösung ist natürlich etwas, was sich gut in die Welt tragen lässt. Wenn man die Hausaufgaben zu Hause gemacht hat, also wenn die Sales-Marketing-Maschinerie und auch die Mechanik verstanden ist, wenn man genau versteht, an wem verkauft man, was ist die Value Proposition, welches Problem löst man eigentlich, welche Kanäle im Marketing funktionieren, dann ist das meistens ein guter Zeitpunkt, das zu tun. Aber wie gesagt, das muss nicht in jedem Business sein. Es gibt viele Geschäftsmodelle, die musst du einfach entweder in die Welt tragen oder die musst du auch umsetzen. von der Produktive her expandieren, weil der Use Case vielleicht zu schmal ist als solcher. Und du dir sagst, okay, super, ich habe jetzt die Kunden überzeugt, sie können jetzt mit meiner App dies und jenes machen, aber damit das ein profitables Business wird, muss ich einfach breiter werden. Da gibt es viele gute Beispiele dafür in der Industrie.

Joel Kaczmarek: Also Florian Heinemann sagt ja glaube ich auch immer, Product-Market-Fit sollte man schon gefunden haben, dann kann ich losreiten. Auf der anderen Seite kommen mir auch gerade so ein paar Modelle in den Kopf. Also ich weiß, früher Groupon war so ein Thema, was man schnell hochziehen musste, weil es einfach sehr leicht kopierbar war und man dieses Modell quasi schnell durchdeklinieren wollte. Oder Airbnb war ein Modell, wo es einfach auf Inventory ankam, dass man das international hat und dann quasi die Märkte besetzt. Also ich lerne jetzt von dir, alles klar, limitierende Faktoren auf der einen Seite, wo ihr jetzt jetzt offensichtlich on Steroids seid, weil ihr müsst jetzt nicht irgendwie in Warenlagerbau denken, ihr habt sozusagen keine Heavy Assets, sondern seid da sehr Asset Light unterwegs. und als anderer Seite die Upside und Opportunity. Wie sah die bei euch denn zum Beispiel aus? Also was habt ihr denn für Opportunities für euch gesehen, nachdem ihr dann entschieden habt, okay, Trigger gesetzt, sollte jetzt losreiten?

Boris Lokschin: Also das eine ist die geografische Expansion, wie gerade gesagt. Ich glaube, das ist ein sehr relevanter Trigger für uns, uns eben zu fragen, in welchen Märkten, grundsätzlich kann es natürlich erstmal in alle Märkte gehen, aber in welchen Märkten macht es Sinn? Also welche Märkte sind groß genug? Welche Märkte sind von der Wettbewerbslandschaft so, dass man da auch eine realistische Chance hat? Welche Märkte kann man auch dann in der Customer-Akquisition beackern? Welche Märkte haben auch die nötige Größe und Tiefe? Ja, das ist natürlich auch so pro Markt immer Basis-Investments, die du tätigen musst, ja, in sowas wie zum Beispiel Brand Awareness, ja, oder einfach, dass du Kunden überzeugst, dass du erste Partner gewinnst, Sehr, sehr häufig ist dieser Internationalisierungsgrundaufwand relativ gleich. Und dann kommt es natürlich darauf an, was gibt der Markt her. Ob ich jetzt nach den Niederlanden gehe oder nach UK, ich muss das Gleiche tun. Ich muss lokal Leute heiern, ich muss zusehen, dass ich die ersten Kunden gewinne, ich muss meinen Brand bekannt machen, ich muss auf die Relevanz. Und dann ist natürlich die Frage, ist der Total Addressable Market für mich, sind das 100 Unternehmen, 1.000 Unternehmen, 10.000 oder sind es vielleicht 5? Gerade bei geografischer Expansion muss man sich das angucken, das hatten wir damals gemacht. Der zweite Vektor war und ist Produkt. An einem bestimmten Punkt musst du dich halt fragen, ist das Produkt, was du hast oder die App, die du hast oder das digitale Geschäftsmodell, was du gebaut hast, expandierbar? Also kannst du zusätzlich zu dem Problem, was du für einen Kunden löst? peripher, links, rechts, weitere Probleme lösen. Cross- und Upselling, also hast du Möglichkeiten, innerhalb der Accounts, die du gewonnen hast, zu wachsen, deine Value Proposition eben dann weiter aufzumachen oder nicht. Oder musst du das eben lösen, vielleicht über andere Wege, über die wir gleich noch sprechen können, über Zukunft für Partnerschaften und Co.

Joel Kaczmarek: Gut, verstanden. Du hast uns jetzt eigentlich schon zwei gute Brücken gebaut. Also die eine Brücke wäre Geografie, die andere wäre Produkt. Vielleicht fangen wir mit dem Produkt mal an. Was muss ein Produkt können, damit die Expansion möglichst mit höherer Erfolgswahrscheinlichkeit gelingt?

Boris Lokschin: Erstmal muss es überhaupt irgendwas können. Es ist, glaube ich, nicht so schlau, eine Produktexpansion oder ein Produktportfolio breiter zu machen, wenn du eben nicht innerhalb des initialen Use Cases ein stabiles Produkt hast, was auch seinen Zweck abnimmt. Machen kann man das, dann ist es aber eben keine Expansion, sondern vielleicht ein Pivot, weil das, was du eben initial gebaut hast, eben nicht funktioniert oder nochmal irgendwie adaptiert werden muss. Wenn man eben wirklich expandiert, dann machst du das normalerweise eben aus der Position der Stärke und sagst, okay, ich habe ein Produkt, das löst eben den Use Case. Und normalerweise Cross-Up-Selling ist treiber oder einfach das grundsätzliche Verständnis darüber, dass das Produkt, wie du es heute hast oder der Service, den du anbietest, eben nicht profitabel sein kann über längere Zeit. Also wenn du zum Beispiel eine Reiseseite hast, eine Flugbuchung-Seite hast und dir dann überlegst, Flüge alleine, Vermittlungsprovision, die ich da bekomme, reicht nicht. Ich möchte auch nach der Flugbuchung die Autovermietung anbinden und ich möchte idealerweise auch gleich das Hotel buchen lassen. Und vielleicht auch die Konzerttickets vor Ort verkaufen und auch das Hotel reservieren können und und und. Das wäre ja so eine typische Produktexpansion innerhalb deiner digitalen Plattform, die dir dann dazu verhilft, dann irgendwann auch die Kundenakquisitionskosten zu rechtfertigen. In dem Softwareprodukt hast du, wie gesagt, zusätzliche Funktionalität oder zusätzliche periphere, integrierte Produkte, die du anbinden kannst. Das sind so Dinge, die man sich dann anschauen muss. Was auch gut funktionieren kann, ist die Frage nach dem Käufer. Gerade im Softwareumfeld sich zu fragen, wie sieht eigentlich das sogenannte Buying Center aus? Also wer kauft das? Das ist in den seltensten Fällen dann nur eine Person, wenn du nicht gerade im unteren Marktsegment einen Einzelkunden verkaufst. Und wenn du dann feststellst, okay, das Buying Center ist eigentlich Marketing-Team oder Sales und Marketing, dann hast du vielleicht mehr Persona, die profitieren können davon und die du auch kaufmännisch einloggen kannst, indem du dich eben da hinstellst und weitere Funktionalitäten dem lieferst. Also ich glaube, was momentan vielleicht so für viele Leute ein sehr verständliches Beispiel ist, ist jetzt sowas, was Personio zum Beispiel macht mit der WSA-Software, wo du einfach immer weiter Funktionalität addest zum Recruiting und zum Talent Management und zum Payroll Management und einfach immer mehr Anwendungsfälle abdeckst und dann irgendwie auch dein Universum auch schaffst innerhalb dieser Kategorie und zusiehst das vielleicht auch in Abteilungen mit links und rechts von dem initialen User davon profitieren und du natürlich dann als Unternehmen einfach auch mehr Upside und mehr Umsatz

Joel Kaczmarek: machst. Jetzt gehen wir nochmal auf den ersten Punkt an, den du gesagt hast. Man muss erstmal überhaupt ein funktionierendes Produkt haben. Ihr hättet ja mit Spriker auch jederzeit sagen können, alles klar, ich mache irgendwie einen Commerce OS, das ist theoretisch international applikabel. Du musst dich ja gar nicht quasi auf einen Markt beschränken. Aber so wie ich dich jetzt verstanden habe, habt ihr trotzdem eigentlich angefangen und gesagt, ihr habt erstmal Hausaufgaben gemacht, Product Market für den einen Land entwickelt oder seid ihr von Anfang an auf mehrere Märkte gleichzeitig gegangen?

Boris Lokschin: Also wir haben im Dach angefangen, sind nach Benelux und England gegangen und dann in die USA und sind jetzt natürlich mittlerweile mit Lateinamerika und MENA und irgendwie Osteuropa und vielen weiteren Regionen, was in unserem Fall tatsächlich eher Upside und Opportunity getrieben ist. Also keiner der Märkte ist limitiert für uns. Grundsätzlich ist es gerade in der Salah-Expansion super teuer und super aufwendig. Und es gibt viele schlaue Lehrbücher, die sagen, wenn du in deinem Markt nicht irgendwie Leader bist oder Category Leader bist, überdurchschnittlich große Schwierigkeiten hast zu expandieren und oder gerade zu viel Geld und zu viel Management-Bandbreite überhast, dann solltest du das eigentlich nicht machen. Weil vom reinen ROI-Standpunkt wird es immer leichter sein, innerhalb der bestehenden Region mit ein paar inkrementellen Dollars oder Euros, die du ausgibst, neue Kunden zu gewinnen, als eben in einem neuen Markt. Also betriebswirtschaftlich ist erstmal sozusagen Expansion teuer und nicht immer rational. Wenn du natürlich ein Upside getriebenes Modell hast, wie das unsere, wo am Ende des Tages natürlich A, du ein Stück weit auch First Mover sein möchtest und Kunden einloggen möchtest, wo du auch beweisen willst und auch musst vom Geschäftsmodell her, dass du eben ein nicht geografisch eingeschränktes, also lokales Produkt hast und Geschäftsmodell, sondern dass du grundsätzlich erstmal in der Lage bist, von Australien bis Lateinamerika dein Produkt überall auf der Welt zu verkaufen und C, eben auch die Opportunity hast, also sprich sowas vielleicht wie Inbound oder Partner, die das auch mit in die Welt tragen, und die Möglichkeit hast und die Management-Bandbreite und das Kapital hast, das auch zu tun, dann macht man es eben. Wenn du sozusagen jetzt ein gebootstraptes Unternehmen hast und dann fragst, wo kriege ich jetzt eine Million Euro mehr Software-Umsatz her? Gehe ich dafür jetzt in die USA oder gebe ich lieber ein Zehntel von dem Geld aus und generiere eine Million mehr Umsatz in Deutschland? Dann wird wahrscheinlich der zweite Case ein deutlich realistischerer sein.

Joel Kaczmarek: Lass uns mal über Geografie sprechen. Also du hast ja jetzt schon gesagt, wie ihr vorgegangen seid. Was waren die Zeitachsen? Also wie seid ihr von Dach nach Benelux, nach England, USA und dann weitergearbeitet?

Boris Lokschin: Ende des zweiten Jahres sind wir nach Benelux und dann quasi im Jahrestag war ein Jahr später UK dazu genommen und dann USA und jetzt aber quasi Big Bang und gleich eben sehr, sehr viele Märkte, weil eben A, die wirtschaftlichen Möglichkeiten dazu haben, B, auch mittlerweile die Management-Bandbreite, C, auch die skalierbare Struktur. Du brauchst ja auch, da können wir gleich auch zu sprechen, Prozesse, die du in die Welt tragen kannst. Du kannst ja nicht jedes Mal den gleichen Heavy-Lifting-Aufwand betreiben. Du musst irgendwann deine Tools beherrschen, deine Daten beherrschen, dein BI im Griff haben, deine Sales-Marketing-Modelle verstanden haben und die dann nur noch adaptieren pro Land. Das ist natürlich super schwer. Das kannst du nicht in fünf Ländern machen. Das ist das ganze Team immer komplett unter Wasser. Das macht Sinn ab einem gewissen Zeitpunkt, wo du eben genug Sattelfestigkeit hast, ja, auf den Daten und auf den Prozessen und eben auch sagen kannst, so Joel, du kümmerst dich jetzt mal um seinen US-Launch, ja, und es ist ja nicht so, dass Joel sich jetzt USA kümmert, aber gleichzeitig seine Bandbreite eben im Heimmarkt fehlt.

Joel Kaczmarek: Und wie baut ihr das sozusagen von der Organisationsstruktur her auf? Also ich habe immer so dieses alte Beispiel in meinem Kopf, Groupon versus Jamba, beides so lustigerweise Samver-Gründungen. Jamba war damals eine Firma, starke Zentrale und in den Outskirts, also in den einzelnen Nationen dann eigentlich nur bestimmte Satellitenfunktionen, sowas wie Customer Service oder Marketing. Aber sonst wurde alles aus der Zentrale gesteuert und Groupon war genau der umgekehrte Fall, da hat man eigentlich die ganze Kernorganisation in jedem Land repliziert. Hast du dich mit solchen Modellen auseinandergesetzt oder war das bei euch sogar, also meine Vermutung, dass das bei euch ein bisschen vorgeschriebener ist, weil ihr ja keine Assets habt sozusagen im Sinne von Waren und so weiter, ihr seid ja sozusagen intangibel.

Boris Lokschin: In unserem Fall ist es tatsächlich so, dass die Regel lautet, create central, execute local. Das heißt also, wir haben wirklich sehr, sehr viele Prozesse, die eben auch repetitiv sind, also nicht gemacht werden, sondern auch sind und sein müssen. Es macht jetzt keinen Sinn, natürlich irgendwie sich jedes Mal in jedem Land zu fragen, wie Customer Success funktioniert oder wie Sales komplett neu gedacht werden muss oder wie Customer Support irgendwie funktioniert. Das sind natürlich Dinge, die hat man einmal gelernt und auch das Lehrgeld bezahlt und auch die Prozesse irgendwann auch dokumentiert und skalierbar gemacht. Trotzdem hast du natürlich einfach Adaption. Also Klassiker. Natürlich geht Sales in den USA ganz anders als in Europa. Ganz anderer Sales-Ansatz, andere Leute, andere Form von Compensation, andere Form von Argumentation, anderes Wettbewerbsumfeld, andere Preispolitik. Das sind natürlich schon Dinge, die du dann adaptieren musst. oder auch Marketing. Ganz andere, deutlich Value-basierter als jetzt vielleicht in Europa, wo du mehr über Feature und Co. redest. Das sind Aber ich nenne mal ein Beispiel. Natürlich schreiben wir nicht unser Produktmarketing jedes Mal neu. Natürlich gibt es eine Produktmarketingabteilung, die formuliert die Core Assets, beschreibt das Produkt, jetzt mal ganz vereinfacht gesagt, die Feature-Listen und die Produktvideos und Co., wie die dann verpackt werden pro Land, pro Industrie, pro Buyer. Das ist dann nochmal wieder unterschiedlich. Wie du richtig sagst, es gibt Geschäftsmodelle, wo es eben auch anders funktioniert, wo es auch anders funktionieren muss, wo du einfach viel Logik hast, das eben in dem eigenen Land auch stärker aufzubauen. Oder es ist einfach organisch passiert, weil du vielleicht deine Expansion über eine Akquisition getätigt hast. Dann hast du einfach eine Truppe, die dann in dem Land da ist und die dann einen relevanten Teil an Geschäft aufbaut. Der andere Punkt ist auch, gerade wenn du schnell expandieren willst, musst du dich auch fragen, wie synergisch willst du das machen? Das ist auch eine Frage, die wir jetzt haben. Du kannst natürlich Sehr viel und sehr lange auch investieren an Zeit, um genau dieses Modell mit einer starken Corporate-Einheit zu haben und dann eben mit den entsprechenden Satelliten, deine ganzen Dienstleistungs- und Vendoren-Verträge dann zu expandieren, Partner zu suchen, die maximal in allen Ländern da sind, um einfach auch günstig und kosteneffektiv Dinge zu tun. Wenn aber Zeit der wichtigere KPI ist, kannst du auch einfach sagen, habe ich halt drei Firmen, die mir Hardware für meine Mitarbeiter stellen und ich habe nicht den großen Einkaufs-Leverage, aber dafür geht es schneller. Oder ich habe jetzt irgendwie eine Legal-Organisation, die jetzt normal dupliert wird. Oder ich habe normal irgendwie auch andere Formen von Benefits. Ich glaube, das ist sehr, sehr stark abhängig. Du hast ja gerade so ein Modell wie Groupon und Co., wo es halt vor allem wirklich um Execution ging. Also ich glaube, da hat man weniger Wert auf Synergie und Integration gelegt. Am Ende muss das ja auch ein funktionierendes Geschäft sein. Und das sollte vielleicht nicht komplett diffus aufgebaut werden.

Joel Kaczmarek: Dieser Anpassungsfaktor je Nation, den du beschrieben hast am Anfang, also ich erinnere mich auch, dass es damals diese Beispiele gab, als Zalando so expandiert ist, dass die mit Frankreich irgendwie lange Zeit, also lange auf der Zeitachse, auf der sie jetzt sind, ist wieder relativ, aber ich glaube gefühlt so ein Jahr, gekämpft haben, weil Frankreich zum Beispiel vom Marketing-Case her ganz anders funktioniert hat, also Also mehr Newsletter, weniger SEM und SEO, mehr Bilder anstatt Text. Also das sind ja sozusagen manchmal so diese Eigenheiten, die die Märkte ausmachen. Wie ging das euch damit? Wie habt ihr es geschafft, euch ein Skillset anzulegen und vielleicht so eine Art Blueprint, den ihr aus der Schublade ziehen könnt, dass wenn ihr nach Frankreich, wo ihr schon mal Lehrgeld bezahlt habt, anschließend nach Spanien wandert und da nicht genau in die gleichen Fallen läuft und lange forschen müsst, sondern schnell quasi auf Betriebstemperatur kommt?

Boris Lokschin: Das kann man nur bedingt. Wir konnten das jetzt nur bedingt. Wir haben das Glück, dass wir sehr datengetrieben und sattelfest sind, was das angeht. Trotzdem hast du gerade im Sales Marketing sehr viele regionale Eigenheiten. Du hast am Ende, wenn ich jetzt auf unser Geschäft schaue, du hast zwar in Summe auf der Welt immer die gleichen Wettbewerber zum Beispiel, die aber unterschiedlich regional stark sind. Es gibt Wettbewerber, die sehen wir hier in Europa gar nicht und müssen uns auch nicht auf die einstellen, müssen die Teams nicht darauf trainieren. Wir brauchen keine Vertriebs- und Marketing-Argumentationen. Und dann gibt es eben die Region, wo das wieder umgekehrt ist. Es gibt die Region, wenn man Content-Marketing-getrieben Modell baut und von Sort-Leadership profitieren kann, von der wir logischerweise in unserem Heimmarkt mehr profitieren als jetzt in den USA zum Beispiel, hast du wieder einen ganz anderen Wind unter den Flügeln und musst dann vielleicht deutlich mehr über Paid-Kanäle machen. Hast du Brand-Recognition oder hast du sie nicht? Wie viel Zeit hast du auch, um diese aufzubauen? Musst du die Superbowl-App schalten, damit erstmal jeder Zielgruppe, kunde dich wieder logo den filmnamen schon einmal gesehen hat bevor du dann anfangen kann sie mit content zu bespielen? oder hast du einfach das jahr eineinhalb zeit bis maßnahmen wie podcast videos und co greifen? du würdest den internationalisierung eben ganz ganz anders aufbauen. und nächste geografische expansion wenn du drei jahre hast ja wird es wenn du sagst ich muss eigentlich eine halbe eines jahres reingehen. ich gebe dir ein anderes beispiel aus unserer zeit wo Du musst halt auch viel mehr Dinge parallelisieren. Zum Beispiel die US-Expansion. momentan ist für uns super wichtig, ist ein strategisch wichtiges Element. Wir werden dieses Jahr locker 100 Leute allein in den USA einstellen. Wenn du irgendwie auf die Sales-Cycles guckst, die so ein Unternehmen hat wie wir, dann möchtest du natürlich nicht irgendwie das Risiko fahren, dass bestimmte Dinge nicht funktionieren, weil du dann einfach auf der Zeitachse sofort in Verzug gerät. Wenn du nicht schnell genug einstellen kannst oder wenn der Partner, mit dem du gemeinsam Outbound machst, nicht performt oder wenn vielleicht die Marketing-Kampagne oder Kampagnen, auf die du setzt, nicht funktionieren und du quasi drei Monate brauchst, um das umzubauen, ist das Geschäftsjahr mehr oder weniger gelaufen, was die Pipeline angeht. Das heißt, du brauchst zwei, drei Pferde im Rennen, um sowas zu steuern. versus du nimmst dir irgendwie ein moderates Wachstum vor und sagst, du möchtest in drei Jahren Jahren irgendwie was aufbauen und hast vielleicht einen sehr kurzen Zyklus, weil du vielleicht B2C-Geschäft hast oder einfach mehr transaktionaleres Business hast, weil du dann kleinere Kunden verkaufst.

Joel Kaczmarek: Kannst du eigentlich mal so aus dem Nähkästchen ein paar War-Stories teilen? Ich weiß, dass Alex sich zum Beispiel auch, also dein Co-CEO Alex Graf, sehr stark mit diesem Business-Influencer-Markt in den USA zum Beispiel auseinandergesetzt hat, weil es geht ja für euch darum, dass ihr euer, was du gerade sagt hast, Thought-Leadership irgendwo an anderen Orten repliziert. Wie geht ihr denn da vor in den USA? Weil er zum Beispiel zu mir auch mal meinte, ja, ganz andere Preise, ganz andere Attitude, total faszinierend, aber macht trotzdem Sinn, mit solchen Leuten zu arbeiten. Wie habt ihr das gemacht?

Boris Lokschin: Selber dieses Thought Leadership aufzubauen in einer kurzen Zeit ist gar nicht möglich. Das heißt, das kann halt höchstens ein langfristiges Ziel sein. Das dauert einfach ein paar Jahre, im besten Fall, wenn das funktioniert. Da musste ich quasi mit jemandem zusammentun, der eben genau dieses Thought Leadership schon hat oder der den Zugang hat und der dir so ein Stück weit seines Thought Leadership quasi leihen kann oder auf dich abstrahlen lassen kann. Idealerweise eben vice versa, sonst funktioniert es nicht gut. Das heißt, du musst schon irgendwie irgendein Format finden und ein Dialogformat, bei dem du eben mit sehr schlauen und in dem Markt sehr bekannten Leuten über sehr schlaue Dinge reden kannst, sodass sie was davon haben, deren Kunden oder Zuhörer was davon haben, du aber auch. Und wie gesagt, manche Formate funktionieren in manchen Märkten eben deutlich besser als in anderen. Auch hier wieder ein Beispiel, so ein Markt wie den USA hast du natürlich ein ganz anderes Kaliber und auch eine ganz andere Anzahl an Thought-Leadern, denen du pro Markt irgendwie zu tun haben musst und dann auch ganz andere Price-Tags an denen dran, als wenn du in die Schweiz gehst zum Beispiel oder nach Österreich. Und es gibt aber auch Kanäle oder es gibt auch Themen, die gar nicht funktionieren. Also zum Thema War Stories. Als ich das erste Mal in UK auf einer Konferenz gesprochen habe, ich war irgendwie letzter oder vorletzter Speaker an dem Tag und saß halt zwei, drei Stunden dort im Publikum, habe mir die ganzen Speaker angehört, teilweise von eben Unternehmen, teilweise von Beratungen. Die Tiefe und die Qualität dessen, was die Leute machen, wie sie das vortragen können, über was für Probleme sie nachgedacht haben, wie sie die gelöst haben, war schon Levels weiter als das, was man so auf der deutschen Durchschnittsbühne, sage ich mal, normalerweise hört. Und umgekehrt war es in den Niederlanden zum Beispiel so, dass du das Gefühl hattest, dass du teilweise irgendwie zwei, drei Jahre Vorsprung hast zu dem, was du irgendwie in Deutschland im Zweifel erzählst. Dann hast du aber auch wieder so ein Thema, als wir in den Niederlanden angefangen haben, war Amazon dort gar nicht präsent. Das heißt, viele Geschichten rund um, was passiert und warum ist Amazon vielleicht nicht gut für dein Geschäftsmodell, haben dort gar nicht so funktioniert, weil die Leute quasi diese Furcht noch gar nicht haben. Da muss man so ein bisschen gucken, wie du dich eben anpasst und wie du das einfach auch relevant bekommst.

Joel Kaczmarek: Wie sieht es mit dem Thema Talente aus? Also wir haben ja letztes Mal schon über euren neuen Ansatz auch geredet, dass ihr sagt, mittlerweile für uns können Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen überall auf der Welt tätig sein, sehr flexibel. Also da gibt es sozusagen so eine maximale Demokratisierung der Arbeitsgestaltung. Da hast du ja trotzdem noch einen Faktor auch drin, wenn du das auf einmal international machst. Was hat das für einen Impact bei euch gehabt?

Boris Lokschin: Ein anderer Grund für Expansion kann eben einfach der Zugang zu Talent sein, wenn du einfach feststellst, dass du in einem bestimmten Markt nicht mehr schnell genug rekrutieren kannst. Das war für uns tatsächlich sogar initial der viel größere Trigger und ist es jetzt natürlich auch, dadurch, dass wir jetzt eben keine Restriktion mehr haben, dass Leute an einem der Standorte von uns ziehen müssen oder leben müssen. Und das gibt natürlich wieder ganz andere Möglichkeiten. Das heißt, du musst dir von vornherein überlegen, wenn du PHP-Developer suchst und dich fragst, wie groß ist der mögliche Pool für mich in Berlin oder für mich in Düsseldorf oder für mich in Stuttgart, Ja, und dann aber die Frage stellen, naja, eigentlich habe ich diesen Filter gar nicht, es ist eh alles auf Englisch, wir haben gelernt, mit dezentralen Tools zu arbeiten, jetzt kann ich grundsätzlich erstmal überall auf der Welt nach Leuten suchen, ja, und selbst in anderen Zeitzonen, dann ist natürlich deine Excel-Tabelle mit potenziellen Namen direkt um vieles, vieles größer, was dir schon mal den ersten Effekt bringt, vielleicht hast du sogar Kostenvorteile, wenn das eine Motivation für den einen oder anderen ist, dann hast du da vielleicht auch nochmal eine Option. Das muss man sich eben sehr genau angucken. Also das kann ein sehr wichtiger Vektor sein, gerade für schnell wachsende Modelle, dass du einfach irgendwann feststellst, es geht nicht schnell genug, ja, der Bedarf, den sozusagen das Business hat an Top-Talente-Bereich, Performance-Marketing, Engineering, Product, Sales, den könntest du gar nicht in der Geschwindigkeit jetzt decken, nur innerhalb von Deutschland, ja. Das heißt, wir sind darauf angewiesen, eben einfach grundsätzlich in die Welt zu gehen und uns zu fragen, wo gibt es einfach das beste Talent und versuchen das eben reinzubekommen. und dann kriegst du eben Leute von Island bis Nigeria und von Lateinamerika bis Hongkong, ja.

Joel Kaczmarek: Mal blöde Frage, auf welchen Tools und Plattformen macht man das, wenn ich jetzt solche Leute rekrutiere? Ist das dann irgendwie LinkedIn-Rekruting? Gibt es irgendwie internationale Jobbörsen? Wie geht dir das an?

Boris Lokschin: Da kannst du mit unserer lieben Lana den ganzen Podcast machen. Sie leitet unser Talent-Rekruting. Also was ich höre von ihr und was ich sehe, ist LinkedIn ist schon zunehmend, glaube ich, die primäre Plattform. Du hast natürlich je Markt auch trotzdem spezialisierte Recruiting-Companies und Headhunter, die auch funktionieren, je Rolle oder je Markt. Und es gibt auch eigene Jobportale, die du halt irgendwie kennen musst. Aber ich glaube, sehr viel kann man heute einfach über LinkedIn aussteuern.

Joel Kaczmarek: Und wenn du jetzt sagst, dass ihr alleine für die USA 100 Mitarbeiter sucht, wie geht ihr da vor? Also was ist so dein Blueprint, gerade weil du auch gesagt hast, andere Compensation, andere Skillsets, Wissenslevel ja auch, also wenn du da einen Sales Guy hirest oder einen Sales Girl, die haben ja teilweise schon 15 Jahre Branchenerfahrung, das kannst du in Deutschland teilweise gar nicht abbilden, weil es gar nicht so viele Stellen gibt. Wie habt ihr das angefangen?

Boris Lokschin: Also was wir normalerweise machen, wenn wir expandieren, ist, dass wir eine Taskforce haben pro Land. Das ist dann so eine multifunktionale Taskforce und auch ein multifunktionaler Plan, der immer sozusagen die Basis ist. Der wird dann natürlich je Land adaptiert. Der ist dann geschnitten nach, was sind die HR-Topics, die wir angehen müssen, wie rekrutieren wir, wie onboarden wir. Machen wir das direkt? Haben wir da eine Entity? Müssen wir das über irgendeinen Employer of Record machen? Wie sieht Vergütung vielleicht aus im Bereich ESOP, wenn wir sozusagen Shares rausgeben? Ja, was machen wir mit Benefits? Sozusagen diverse HR-Streams, das Gleiche natürlich im Legal-Bereich. Ja, was für rechtliche Gegebenheiten haben wir da? Haben wir eine Entity? Welche Versicherungs-Coverage haben wir? Wie sehen unsere SLAs aus? Landesspezifischen Bedingungen im Bereich Softwareerwerb oder Softwaremiete. Was sind irgendwie Haftungsthemen? Also gerade sozusagen USA, Europa schon sehr große Unterschiede, was so Haftungsthemen und Risiken angeht. Dann das gleiche im Bereich Sales, Marketing, Tech, Product, Customer Success. Es gibt also quasi ein multifunktionales Basis-Start-Template, was auch permanent dann aufgefüllt wird. Jedes Mal, wenn wir neue Dinge lernen, landen sie dort und das ist dann auch ein sehr, sehr guter Startpunkt. Es gibt immer einen Manager, der das quasi steuert. Eine geografische Expansion kannst du nicht nebenher machen. Das ist ein Fulltime-Projekt und auch ein Fulltime-Job. Da müssen auch Fulltime-Ressourcen dafür da sein, um das eben zu steuern und zu exekutieren. Wenn dann jemand glaubt, er macht jetzt mal zwei Stunden pro Tag nochmal Australien mit, das funktioniert halt nicht so super gut. Das heißt, du brauchst relativ schnell auch die verantwortlichen Brückenköpfe. Du musst dir überlegen, heilere ich Top-Down oder Bottom-Up? Fange ich an mit den Teams und die reporten erstmal mein ganzes Team hier oder heilere ich zuerst die Leader und die rekrutieren sich ihre Teams? Das sind so die Fragestellungen, die man dann angehen muss mit den entsprechenden Vor- und Nachteilen. Und dann fragst du dich, fragst du dich eben sehr, sehr schnell, was sind eigentlich die länderspezifischen Anpassungen, die du wirklich brauchst und die musst du eben dann entsprechend implementieren.

Joel Kaczmarek: Ich hätte ja gedacht, dass man immer ja Top-Down rekrutiert. Habt ihr da Bottom-Up erweckt?

Boris Lokschin: Für uns nicht. Also man tatsächlich versucht meistens Top-Down zu gehen, aber auch das hängt natürlich von dem Modell ab. Wenn du in der Fläche erstmal ganz, ganz viele Leute brauchst, die von Tür zu Tür gehen und irgendwie Gutschein-Codes verkaufen, ist das vielleicht nochmal ein anderes Modell, als wenn du ein Soft-Explosions-Modell verfolgst wie wir.

Joel Kaczmarek: Lass uns mal noch bei der Umsetzungsebene zwei Weitblicke schaffen sozusagen. Eins hast du ja gerade schon angegriffen, so ein bisschen in so einem Nebensatz, Make or Buy. Also man kann ja auch überlegen zu expandieren, indem man kauft. Und der andere Faktor, ich glaube, da haben wir auch schon mal ein bisschen drüber gesprochen in einer anderen Folge, Insourcing und Outsourcing. Also man kann ja auch darüber nachdenken, für manche Ebenen auf Dienstleister zu setzen. Was hast du da für dich für Einsichten gefunden in beides?

Boris Lokschin: Vielleicht mit dem Make-or-Buy. Ich glaube, am Ende des Tages ist immer die zentrale Frage, was ist der Grund von so einer Akquisition? Du kannst akquirieren, um Umsatz zu kaufen, Produkt oder IP zu erwerben. Du kannst akquirieren, um ein Team dazu zu bekommen und du kannst akquirieren, um einen geografischen Footprint zu bekommen. Oder alles oder Teile von diesen Punkten. Und das muss dann jedes Unternehmen für sich selbst bewerten, was ist sozusagen die Expansion, was ist de facto die M&A-Strategie. Manche Firmen verfolgen das eben alles als Parameter. Wir sind da ein bisschen selektiver. Also wir schauen uns eben Targets an, von denen wir das Gefühl haben, dass sie aus M&A-Sicht oder aus technischer Sicht für uns sinnvoll sind, weil sie das Produkt erweitern oder kompletieren. Da ist vielleicht der geografische Filter dann nicht so relevant. Also ein Beispiel, wenn wir uns ein Target angucken würden, Jetzt einfach gesponnen, ja. In der Türkei ist wahrscheinlich die Türkei kein relevanter Expansionsmarkt für uns Sales- und Marketing-mäßig. Aber wenn dort jetzt ein AAA-Team sitzen würde in dem Bereich, der uns R&D oder Produktseitig interessiert, ja, wäre das kein Ausschlusskriterium. Du kannst jemanden akquirieren für Revenue und sagen, hey, ich möchte wachsen dieses Jahr und organisch geht das nicht gut, deswegen gucke ich mir mal an, wo kommt der Revenue her? und dann ist das ein Parameter. Du kannst sagen, hey, das sind ganz schlaue Köpfe. Ja, es ist egal, ob sie vielleicht nur eine Million Umsatz machen, aber die sind super, super smart. Und wenn ich die an Bord bekomme, dann ist das ein Mega-Asset. Ein Beispiel, also viele, die zum Beispiel in die USA gehen, versuchen da relativ schnell über einen Acquihire oder über eine Akquisition von einem kleinen Target in der Marktdurchdringung zu beschleunigen. Du hast A, ein Team, was funktioniert. Das heißt, du hast schon mal so in der klassischen Go-to-Market-Denke schon mal ein Risiko weniger. Da sind es schon mal 10, 20, 30 Leute, die als Team vielleicht funktioniert haben. Du musst jetzt nicht irgendwie zittern, dass die ersten 20, die du mit Hochspeed einstellst, das Risiko da ist, dass es auseinanderfällt. Wenn es vielleicht ein Modell ist oder Leute sind, die einen gewissen Track Record haben, vielleicht auch das Produkt schon im Markt ist, hast du Kunden, du hast Leute, mit denen du reden kannst, du hast Referenz-Stories, du hast Case-Studies, um die herum du so ein bisschen was aufbauen kannst, Leute, mit denen du sozusagen Marketing-mäßig was machen kannst, Partner. Und du hast irgendwie eine Infrastrukturanliegelung. Akquisition ist auch immer Komplexität, ist auch immer Risiko. Wie integrierst du das? Wie hältst du die Leute? Wie inzentivierst du sie? Läuft das Team dann hinterher weg? Ist das werthaltig, was du da kaufst? Passt das auf deine Value Proposition? Wie viel Zeit verbringst du mit Due Diligence und Co.? Kannst du nicht die 2 Millionen Umsatz nicht schneller über ein paar Deals selber gewinnen? Das muss man dann abwägen. Also in unserem Fall gucken wir uns eben beide Wege an und bauen eben Themen auf, aber sind auch offen und aktiv auch dabei, permanent uns das anzusehen. Du kannst auch, du hast vorhin sozusagen diese Samba-Modelle erwähnt. Es gibt Geschäftsmodelle, wo das sehr, sehr naheliegend ist, weil sie zum Beispiel sehr stark deinem Modell ähneln, vielleicht auch mehr oder weniger genau das Gleiche machen, vielleicht eine Kopie sind oder eine Fast-Kopie. Das heißt, da macht es natürlich total Sinn, dann reinzugehen und einfach ganz viel Zeit zu kaufen, wo Kunden jetzt auch nicht so stark an dem Brand hängen. Wenn du da irgendwie ein Logo austauschst, einen Monat später haben alle den alten Namen vergessen und du hast eine funktionierende Business-Organisation. Hängt halt sehr stark davon ab, was für ein Produkt, was für ein Service man eben betreibt.

Joel Kaczmarek: Und zweite Achse, Outsourcing?

Boris Lokschin: Auch hier wieder die Frage nach Timing. Ich glaube, Zeit ist immer ein wichtiger Grundparameter. Diese Ambition, den Hunger, diese Rastlosigkeit, die jetzt wir zum Beispiel haben, ist Zeit für uns meistens der wichtigste KPI, den wir managen. A, versuchen wir einfach nicht Gefahr zu laufen, nur auf einen Pair zu setzen, sondern haben einfach immer irgendwie Plan B, Plan C und Plan D, was natürlich mehr kostet, wenn du das tust, aber dir die Chance gibt zu shortcutten. Also Beispiel ist, du baust ein eigenes Insight-Sales-Team auf und in der Zeit, in der du das tust, verlängerst du dich mit einem Partner. Du baust dein Field Marketing oder dein Territory Marketing auf und in der Zeit hast du Dinge, die du outsourcen kannst an irgendwie eine Agentur. Oder du hast noch keine Entity, du hast vielleicht noch keine große Personalabteilung und findest irgendwie einen Employee of Record oder irgendeinen Payroll Service, der dir erstmal den Mantel geben kann, um eben Leute einzustellen, sie mit marktüblichen Benefits auszustatten. Das sind so sehr, sehr relevante Beispiele. Was man halt nicht machen sollte, ist da Core Assets oder Core Know-How rauszugeben. Wenn du ganz viel Zeit hast für die Marktbearbeitung, dann nimm sie die auch, dann hire die Leute langsam und wachse halt langsam. Das ist halt das, was man sich vorher einfach überlegen muss. Versucht man mit Outsourcing eher, Zeit zu überbrücken, also zu bridgen? Oder ist das ein permanentes Modell? Also suchst du einen Partner, der einfach Capacity dir gibt? Oder brauchst du Capability? Brauchst du auch jemanden, der Markt-Know-how beisteuert? Brauchst du jemanden, der dir Türen öffnet? Je nachdem, was sozusagen die Antworten auf diese Fragen sind, hast du die Entscheidung, ob du A, einen Partner überhaupt brauchst und B, welchen. Und wie nachhaltig der dann drin ist und wie du auch die Prozesse schneidest. Wie viel Zugang willst du ihm geben? Jeder Partner oder auch outgesourcte Dienstleister ist ja am Ende auch Aufwand. Du musst sie steuern, du musst sie auswählen, du musst sie rampen, du musst sie aufschlauen, du musst den Zugang zu Tools geben. Du hast vielleicht auch ein Stück weit ein Risiko. Wenn du ein Inside-Sales-Team sowieso hirest, in einem Markt, in dem die ersten Leute jetzt in zwei, vier oder sechs Wochen kommen, ist wahrscheinlich der Aufwand extern, das zu tun, es nicht wert. Weil bis die Leute da sind und bis du sie aufgeschlaut hast und gebrieft hast, kannst du es auch direkt mit deinem eigenen Team machen. Also der Zeitvorteil, den es dir verschafft, ist den Aufwand nicht wert. Hast du ein Modell, wo du sagst, hey, die Markteintrittsbarrieren, bis ich hier für meine Medizin-App oder für mein Produkt eine Zulassung bekommen habe, das dauert sechs bis neun Monate, bis ich hier die Möglichkeit überhaupt habe oder bis ich diesen Experten gefunden habe für das Thema, der hier Lobbyarbeit für mich betreibt, der die Partnerschaften zu den Hotels oder Unternehmen geknüpft hat. Total sinnvoll, wahrscheinlich Zeit abzukürzen und schon mal loszulegen und jetzt nicht zu sagen, ich riskiere jetzt mal sechs Monate Recruiting und mache jetzt mal gar nichts. Ich glaube, das muss man einfach betrachten. Zeitliche Dimensionen auslagern von Nicht-Core-Know-How, wenn du eben auch mittelfristig planst, das wieder zu ins Haus.

Joel Kaczmarek: Jetzt ist ja Zeit eine Währung, die deutlich bei dir hervortritt, dass du sagst, ich will schnell wachsen, also optimiere ich teilweise auf den Faktor Zeit. Hast du bei eurer Expansion gemerkt, dass es manchmal auch schlau wäre, weil wir haben jetzt viel über Samva-Universum geredet und da war ja ganz oft der Case, dass man den Eindruck hatte, da wurde so ein bisschen High-On-Fire betrieben oder es wurden Sachen schnell zum Wachsen gebracht und man hätte vielleicht mit mehr Nachhaltigkeit einen nachhaltigeren Effekt auch gehabt. Also Hast du in deiner Karriere mal die Erfahrung gemacht, dass eine Expansion, für die man sich mehr Zeit nimmt und wo man mehr auf Nachhaltigkeit guckt und den Faktor Zeit ein bisschen hinten anstellt, langfristig besser ist? Oder fahrt ihr mit dem Zeitfokus sehr, sehr gut?

Boris Lokschin: Also ich glaube, für unser Modell fahren wir sehr, sehr gut. Also das ist auch jetzt nicht so scharf entweder oder. Ich glaube, in dem Sammler-Modell, wir reden ja von einigen hunderten Leuten, die wir einstellen. Und es gibt ja auch Modelle, die so tausende von Leuten in einem Jahr irgendwie einstellen müssen. Die Frage ist auch, welche Seniorität stellst du ein? Stellst du ganz, ganz viele Werkstudenten ein, die einfach Sachen wegkloppen, Packer, die im Lager Dinge verpacken oder ganz viele Leute, die ganz stumpf irgendwie Gutscheine von links nach rechts tragen? Oder stellst du eben Leute ein mit einem gewissen Senioritätsanspruch, eher tief an Funktionen arbeiten? Ich glaube, das muss man sich halt immer anschauen. Modelle, die stark Werkstudent, Lager etc. getrieben sind, da kannst du ganz schnell große Zahlen erreichen an benötigtem Headcount, aber dann eben auch ganz andere Log-In-Effekte und auch ganz andere Risiken für dich selber. Wir versuchen das ein bisschen auszubalancieren. Wir haben ein Keine High-End-File-Modalität. Wir haben, glaube ich, mit in der Industrie die höchsten Retention-Rates. Also die Leute sind grundsätzlich alle sehr, sehr lange da. Wir investieren sehr, sehr viel Aufwand in Recruiting und in Social und Cultural Fit, weil wir einfach glauben, dass das den Leuten gegenüber fair ist. Dass wir im Zweifel ein, zwei Calls mehr vorher gemacht haben, um eben Skills und Fit abzutesten, anstatt jemanden einfach reinzunehmen und selbst und der Person den Aufwand zu geben, die zu rampen und dann festzustellen, das geht nicht. Also da haben wir schon sozusagen auch eine ganz klare Sicht da drauf. Aber ja, es gibt Modelle, wenn du hohe Markteintrittsbarrieren hast, wo es gar nicht anders geht. Wenn du ein sehr unikes Produkt hast und sagst, okay, ja, ich kann jetzt irgendwie anfangen und ich habe auch drei Jahre Zeit und es ist jetzt nicht so, dass mir jemand die Butter vom Brot nimmt, dann machst du halt langsam, weil Expansion ist immer teuer, ist immer sehr viel Distraction und der ROI ist auch nicht sofort da. Man wird immer oder in den allermeisten Fällen inkrementell besser, günstiger, schneller Zusatzrevenue generieren in seinem Heimmarkt als in jedem neuen Markt. Und das gilt nicht nur für geografische Themen, sondern auch für Produktthemen. Es wird immer leichter sein, nochmal irgendwie ein halbes Feature mehr an mein bestimmtes Produkt dran zu schrauben, als mir zu überlegen, wie sieht irgendwie die nächste Produktive aus und das wieder mit R&D und Support und Core-Aufwänden zu versehen.

Joel Kaczmarek: Lass uns noch über Budgetierung sprechen. Also wir hatten ja schon mal eine eigene Folge zum Thema Budgets erhalten. Wie budgetiert man schlauerweise eine Expansion? Was sind so eure Vorgehensmodelle?

Boris Lokschin: Was wir machen, was wir sehen, was wir auch aus dem Netzwerk hören, ist, du budgetierst am besten bottom-up alles, was du irgendwie weißt und versiehst das immer mit den Worst-Case-Variablen. Also nimmst natürlich nicht deine Conversion-Rates an aus deinem Heimmarkt und bist vielleicht deutlich pessimistischer auch beim Sale-Cycle, beim Hiring und bei allen anderen Partnern. Und am Ende, wenn du deinen Plan gemacht hast, dann multiplizierst du ihn mit zwei. Weil es am Ende immer deutlich teurer ist und deutlich länger dauert. Und das ist, by the way, auch ein ganz großer Learning-Point, auch ein häufiger Fehler, den wir sehen, auch bei unseren Kunden und bei unseren Partnern, einfach zu zu schmalbrüstig sich aufstellen, die einfach zu sportlich planen, die einfach gar keine Puffer haben, die auch überambitioniert auf ihren Annahmen sind, dass sie annehmen, hey, das wird genauso schnell gehen, ich werde genauso schnell User generieren für meine App oder für meinen Service, ich werde genauso schnell Leute rekrutieren können, in Allermeisten Fällen ist das nicht der Fall oder sehr selten ist das der Fall. Das führt halt dazu, wenn du dann eben nicht genug Budget hast, dass du dann anfängst, Dinge halb gar zu machen, bis hin zu eben auch Dinge, die ich wieder zurückziehen muss aus Märkten. Du hirest halt nicht für einen Markt mal einen Sales Manager. Du willst auch nicht, dass derjenige irgendwie in den Sack haut und dann irgendwie eine halbe Pipeline verloren geht. Wenn du dich auf den Markt kommittest, dann hast du irgendwie ein paar Leute, die im Sales sind. Du hast automatisch Leute, die sich um Pre-Sales kümmern. Du hast automatisch Leute, die sich kümmern müssen um Customer Success, um technische Implementierungsqualität und, und, und. Partner. Du hast immer so einen Grundstock. Wenn du nicht bereit bist, das zu committen, dann mach es halt nicht. Wie gesagt, dann nimm lieber das Geld und mach eine Million oder 10 oder 100 mehr in deinem bestehenden Geschäftsmodell. Es dauert länger und es kostet immer mehr, als man am Anfang glaubt. Und vor allem passieren eben Dinge, die du eben nicht einschätzen kannst. Du lernst dann eben on the go. Du bist vielleicht der weltbeste Performance-Marketeer für die Software-Vertrieb von Enterprise Software in DACH. merkst aber, dass die Unit Economics oder die Kanäle, die hier top funktionieren, dort in einem neuen Land nicht da sind. Oder du bist es gewohnt, dass du viel Inbound hast für Top-Profile. Jetzt kommen aber gar keine CVs rein, weil mein Employer-Branding hier noch gar nicht da ist. Oder du merkst, die Kunden sind irgendwie in einem guten Service gewohnt und ich kann meine Produkte hier schnell verschicken und mein Lager ist effizient, aber der Partner, den ich dort jetzt habe in dem Markt, ist es nicht. Also es ist am Ende kostenintensiv. Einfach einer der häufigsten Fehler ist einfach Unterbudgetierung.

Joel Kaczmarek: Budgetierst du eigentlich nach Geografie oder zum Beispiel nach Feature und hast dann auf der Feature-Ebene wieder deine unterschiedlichen Länder, wie gehst du da vor?

Boris Lokschin: Wir budgetieren nach Geografie, also natürlich haben wir sozusagen Core-Budget, also Product-R&D ist ja primär zentral, aber was so die Go-To-Market angeht, haben wir natürlich Annahmen für alle Regionen, ja, was glauben wir, was sozusagen unser Sales- und Marketingapparat kosten wird. Und du musst dir natürlich dann auch überlegen, die Backend-Fähigkeiten, die du haben solltest, also im Bereich Finance, BI, sind super wichtig, wenn du nicht in der Lage bist, auch auf Einzellandes- oder Produktlinien-Ebene das auszusteuern und zu verstehen, wo bist du noch am Investieren, wo hast du welche Unit Economics. Du hast normalerweise immer irgendwie einen saturierten Markt oder eine saturierte Produktkategorie, in der du einfach ein gelerntes Business hast. und das musst du schon auch separieren können für dich und sagen, okay, Der Gang in die USA oder der Gang in dieses Produkt Vertical oder dieses neue Feature, was ich hier mache, das ist ein ganz klarer Invest Case. Der wird auch x Zeit brauchen, um zu rampen und dann eben auch ROI-seitig zu contributen. Das willst du aber verstehen auf Monatsebene. Du willst halt sehen, ist das so, folgt das der angenommenen Kurve? oder wenn du das alles in einen Topf schmeißt, das ist halt auch häufiger ein Fehler, dass die Leute einfach die Visibilität nicht vorher durchdenken, wie sie eigentlich brauchen auf ihren Daten. Ein gemergedes Business oder ein gemergedes Produktview und denkst halt, es ist alles okay. Möglichkeit, verbrennst du vielleicht gerade irgendwie Geld aus deinem Core-Business woanders massiv und da oder über Plan.

Joel Kaczmarek: Abschließende Frage, so ein Klassiker, wenn man über sowas redet. Wenn du zurückblickst, was sind so die typischen Fehler, Top 3, Top 5, die man bei Expansionsprojekten machen kann?

Boris Lokschin: Also ich glaube, Budgetierung ist ein sehr guter Punkt. Ich glaube einfach, noch saftiger sich irgendwie vollpacken und noch konservativer sein, noch pessimistischer, weil es am Ende wirklich deutlich teurer ist und deutlich länger dauert. Und dann neigt man dazu, gerade wenn das Business anfängt, in dem Heimmarkt zu laufen, dann einfach überzuoptimistisch zu sein. Das Zweite ist eben personelle Ausstattung. Das haben wir am Anfang nicht so konsequent gemacht, dass wir da dediziert und auch finanziell viel Bandbreite dafür geschaffen haben. Es gibt einfach unendlich viele Themen, die jedes Land nach sich zieht. Und wie gesagt, auch nicht alle sind von vornherein oft zu decken und irgendwie klar. Ausreichend Personal, ausreichend Budget und dann eben sich sehr genau vorher überlegen, was ist der Grund der Expansion? Das, was wir ganz am Anfang besprochen haben.

Warum mache ich das? Ist das eine Erfordernis meines Geschäftsmodells oder meiner Investoren oder weil das für meine Equity-Story benötigt wird? Ist das meine persönliche Ambition, weil ich einfach Bock habe, irgendwie in Amerika zu leben ein bisschen oder es cool finde? Oder habe ich einfach so viel Inbound und so viel Opportunity, dass es dumm wäre, das nicht abzuschöpfen und das jemand anderem zu überlassen? Oder sitze ich einfach auf einem Produkt, einem Vertical, einem Land, einer Kategorie, die einfach saturiert ist, wo ich zunehmend schlechtere Unit Economics sehe oder wo ich einfach nicht wachsen kann? Sich dieses, warum ich es mache, sehr genau zu überlegen und dann folgst du eins dem anderen. Wenn ich verstanden habe, warum ich es mache, dann verstehe ich den Zeithorizont, dann verstehe ich auch die Ambitionen und dann kann ich quasi die ganze Kette bauen, weil Venture-getriebenes, skalierbares Software-Business wirst du anders expandieren als eben so ein Gruppemodell, wirst du anders expandieren als wenn du große Baumaschinen in die Welt verschickst. versus ich habe einen Service und eine Hotelbuchungsplattform. Da starten viele Leute zu idealistisch, romantisch und machen vielleicht auch den Fehler, erste Indikatoren im Sinne von Interesse überzubewerten. Beispiel ist, du kriegst die ersten zwei, drei Anfragen für deinen Service oder die ersten zwei, drei Bestellungen und sagst, hey, da müssen wir ein Büro aufmachen.

Wir haben jetzt auch schon zweimal unsere App und unseren Service verkauft nach Südkorea. Da gehen wir jetzt mal sofort hin. Ohne dir mal wirklich anzugucken, wie groß ist der Markt, wie viele relevante Unternehmen gibt es da? Mit dem Kunden auch zu sprechen, warum haben sie gekauft, warum haben sie von dir gehört, ist das Zufall, war das System, bist du da auf einen Goldnugget gestoßen, weil du irgendwie der einzige Player, Anbieter bist in dem Land? oder war das einfach eine Empfehlung von dem Kumpel. Ganz, ganz häufig sehe ich das auch in meinem Netzwerk von Freunden, die unterschiedlichste Geschäftsmodelle haben. Die erzählen dann ganz begeistert bei dem Glas Rum oder Wein von einer oder zwei Bestellungen, die sie dann aus Brasilien haben. und dann ist die Schlussfolgerung, dass man ein Büro in Brasilien braucht und zwei Leute dort einstellen muss. Vielleicht letzter Punkt dazu. Expansion kann man A natürlich direkt, also selber machen, B über Akquisition und es gibt noch eine Möglichkeit, auch über Partnerschaften zu gehen.

Es gibt viele Modelle, bei denen es sich wahrscheinlich lohnen würde, das Risiko und die Komplexität gar nicht auf sich zu nehmen, sozusagen. Ich habe vielleicht noch nicht genau verstanden, ob das repetitives Interesse ist. Ich habe vielleicht sehr hohe Hürden, gesetzliche Regelungen, technologische Währungsrisiken und so Themen. In unserem Beispiel zum Beispiel, wir haben sehr viel Interesse aus so osteuropäischen Ländern. Direkt in so ein Land wie Russland zum Beispiel zu gehen, ist nicht einfach. Du hast hohe Währungsschwankungen, du hast ganz andere Legal-Voraussetzungen, du hast regulatorische Voraussetzungen, was die Nutzung von so Clouds à la AWS und Co. angeht. Gehaltsthemen, da muss man sich schon sehr genau fragen, macht es Sinn jetzt selber, sich in so einem Land zu engagieren oder kannst du nicht vielleicht auch ein Vertriebsmodell, Partner finden. Klar kostet dich das Geld, klar will auch der Partner eine Marge haben und das ist sicherlich ein anderes Modell, als wenn du es irgendwie selber machst, aber es kann trotzdem nett, nett immer noch eine sehr relevante Strategie sein, zumindest um es anzutesten und dann vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt darüber zu entscheiden.

Joel Kaczmarek: Also du denkst an Reseller im Prinzip? Reseller,

Boris Lokschin: Distributoren, Sell-With-Sell-Through-Partnerschaften, da gibt es sozusagen viele, wie gesagt, kommen wieder auf das Geschäftsmodell an, was man hat, aber ja, jetzt mal ganz vereinfacht gesagt, wenn du Podcast-Werbung in Russland vermarkten willst, weiß ich nicht, ob du da einen Vertriebsmitarbeiter einstellen wirst oder ob du nicht einen Joel in Moskau findest und mit dem irgendwie eine Partnerschaft hast und sagst dazu, ja, wenn du da irgendwie ein spannendes Unternehmen hast, was bei mir Werbung machen will, dann kriegst du von mir XY, aber musst jetzt da keinen Joel GmbH irgendwie für aufmachen vielleicht im ersten Schritt, ja.

Joel Kaczmarek: Gut, lieber Boris, verstanden und ganz herzlichen Dank. Wir werden das weiter verfolgen aus der Ferne, wie ihr euch schlagt auf internationalem Parkett und vielleicht machen wir dann irgendwann mal ein Update. In diesem Sinne erstmal viel Erfolg und lieben Dank dir.

Boris Lokschin: Alles klar, danke dir, Joel.

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