Corona Viable Products

26. Juni 2020, mit Joel KaczmarekBoris Lokschin

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Joel Kaczmarek: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen Innovate or Die Podcast von digital kompakt. Mein Name ist Joel Kaczmarek und wie immer an meiner Seite der liebe Boris Lokschin. Hallo Boris.

Boris Lokschin: Hallo Joel.

Joel Kaczmarek: So und heute geht es um folgendes Thema. Ich finde diese Wortkreation von Boris sehr, sehr schön. Man kennt ja MVPs, also Minimum Viable Product und wir machen jetzt CVPs, Corona Viable Products und machen so eine kleine Hot-or-Not-Debatte auf. Das heißt, wir gehen mal hin, gucken uns unterschiedliche Ansätze an, die gerade im Softwarebereich entwickelt werden, vor dem Hintergrund von Corona und geben so unseren Senf dazu, was wir daran irgendwie schlau, smart, interessant finden und warum wir sagen, das vielleicht eher nicht. Also so ein bisschen, wie gesagt, hot or not, harte Abwägung, was ist gut und was nicht. Und da werden wir auf unsere eigenen Tür mal versuchen zu kehren. Also in diesem Sinne unser Mission Statement heute. Fang mal an zu erzählen. Was ist für dich ein CVP, ein Corona Viable Product?

Boris Lokschin: Ja, ganz witzig. Ich habe irgendwann mal in meinem lokalen Sushi-Restaurant. auf die Seite mal geschaut und geguckt, ob die zur Corona-Zeit aufhaben oder nicht. Und das ist so ein etwas edlerer Sushi-Laden, also jetzt nicht irgendwie so ein Take-away-Ding, sondern irgendwas, wo du dich reinsetzt, wo du schon auch so ein paar Euros für wirklich sehr, sehr gute Sushi hier in Hannover auch bezahlst. Und mir ist dann einfach aufgefallen, dass die den absolut schäbig schlecht aussehendsten Bestellshop irgendwie ever gelauncht haben. Und man muss dazu echt wissen, es ist so ein total stilvoll, gut designter Laden. Also die beiden Inhaber registrieren da super viel Fleiß in wirklich jede Gabel, jeden Teller, jedes Deko-Element. Also das ist sozusagen komplett das Anti-Design gewesen und auch das Anti-Feeling. Ja, das passt ja irgendwie gar nicht. Während ich mich dann so durchgeklickt habe durch die auch schlecht fotografierten Sushi-Teller, die sie dann hatten, weil sie dann tatsächlich so einen Lieferservice etabliert haben, habe ich ein bisschen darüber nachgedacht, was eigentlich passiert momentan auf der Welt und fand dann eben diesen Begriff CVP, dieses Corona Viable Product, ganz passend dazu, weil was man schon merkt ist, dass vieles, für was im normalen Alltag die meisten Firmen sich entweder geschämt hätten oder einfach Ausreden gefunden hätten, irgendwas nicht live zu nehmen. Wir hatten ja viel gesprochen über Minimal Viable Product und schnelle Time-to-Markets und wie auch das Entscheidungsframework dafür sein sollte, wie man den Scope schlank hält, Was wir einfach jetzt sehen, ist quasi dieses MVP nochmal absolut auf die Spitze getrieben. Die App ist noch nicht so schön, die Suche ist noch nicht so schnell, der Knopf ist noch nicht grün genug und noch nicht irgendwie eckig genug oder nicht rechts genug in der Ecke, muss doch weiter platziert werden. Also all das, wofür man wirklich, glaube ich, im normalen Leben, wofür die allermeisten Unternehmen austragen, Tränen gehabt hätten, es eben nicht zu tun. Das wird eben jetzt einfach durchgezogen, weil es einfach nicht anders geht. Und das ist mir dann in dem Moment sehr, sehr klar geworden, als ich eben diese Seite gesehen habe. Und dann habe ich eben nochmal deutlich aufmerksam, also ein bisschen in meinem Umfeld geschaut. Viele andere Beispiele können wir gleich mal so ein paar durchgehen. Auch entdeckt ja einfach auch aus dem privaten Umfeld, jetzt gar nicht irgendwie unbedingt aus dem Enterprise-Umfeld. Ich fand einfach dieses Corona Bible-Product sehr, sehr gut, weil es einfach der ultimative MVP ist.

Joel Kaczmarek: Ich weiß, als ich Digital Kompakt gestartet habe, habe ich Jochen Krisch als sozusagen mich begleitenden Mentor gehabt und der hat mir damals diesen schönen Satz beigebracht. Joel, wer sich für sein erstes Produkt nicht schämt, hat zu spät angefangen. Geht ja genau in diese Richtung, was ich einen coolen Satz fand. Verwende nicht zu viel Zeit darauf, dass alles perfekt ist, sondern lerne erstmal, schöner machen kannst du es immer noch. In der Tat, ich beobachte das auch. Jetzt vor Corona ist halt, glaube ich, jeder Nutzer noch so ein bisschen mehr forgiving. Man sieht dir eher Dinge nach, weil man halt weiß, oh fuck, da ist jemand gerade in einer Notsituation, muss sich jetzt so zwangsdigitalisieren auf Steroiden quasi. Ja, da verstehe ich ja, dass alles noch nicht so schick ist. Also haben wir im Podcasten ja auch, ich glaube, uns sieht man auch gerade nach, wenn der Klang unserer Podcasts gerade nicht so geil ist. In einem Jahr sieht es vielleicht anders aus. Also mein Verdacht ist ja so ein Stück weit, kannst du ja mal spiegeln, wie das bei dir ist, dass dieser Nachsicht aber abnehmen wird. Also ich glaube, wenn du so im Oktober, November, Dezember einen Zoom-Call führst und jemand da irgendwie noch nicht in der Lage ist zu bedienen oder man sagt, ey, du bist gemutet, Alter, komm mal klar, dass so diese Nachsicht so ein bisschen abnehmen wird, ist so mein Verdacht. Glaubst du das auch?

Boris Lokschin: Absolut, ich glaube, das wird sich so ein bisschen teilen in zwei Bereiche. Also das eine ist, was ich super spannend finde, das hatten wir ja letztes Mal in der Folge auch und in vielen anderen Podcast-Beiträgen wird ja sehr stark dieses Work from Home diskutiert und welche bleibenden Effekte das vielleicht nach vorne raus hat oder nicht hat, ja. Was ich eben super spannend finde, ist, dass momentan, und das beobachte ich eben auch bei unserer Company oder auch mit Partnern und Kunden, dass die Akzeptanzschwelle momentan super hoch ist dafür, dass du irgendwie in super wichtigen Meetings bis hin zu Board-Meetings oder Meetings mit Investoren sitzt. Und alle haben die gleiche Situation bei allen. Welt der Hunde im Hintergrund. Jeder muss zweimal pro Meeting aufstehen, um zur Tür zu gehen, weil der Postbote Pakete bringt. Die Kinderschreine müssen irgendwie versorgt werden oder brauchen zwischendurch irgendwie einen Schluck Wasser. oder sowas. Dadurch, dass es natürlich alle betrifft und das ist, glaube ich, das Schöne an der ganzen Geschichte momentan, wird einfach allen klar, A, hey, wir sind alle Menschen, egal wie teuer dein Anzug ist oder wie teuer sozusagen deine goldene Anstecknadel ist, alle haben die gleichen Umstände und müssen damit klarkommen. und B, wird allen klar, dass dieses ganze Arbeiten von zu Hause und dieses sich anpassen eben trotzdem funktionieren muss. Das wird natürlich sich verändern in dem Moment, wo eben nicht mehr die Bedingungen für alle gleich sind. In dem Moment, wo nur noch Joel alleine zu Hause sitzt und der Postbote klingelt zweimal pro Podcast und er muss aufstehen. Der Hund bellt und die Katze ist in den Eimer voller Farbe getreten. Und alle anderen sitzen an einem Konferenztisch, an einem Board-Meeting-Tisch in einem Office und schauen auf einen großen Screen und fragen sich immer, wo ist denn der Joel schon wieder hin? In dem Moment wird es natürlich so ein bisschen awkward. Da wird es wieder Veränderungen geben. Bei dem Rest ist es natürlich immer so, dass die Erwartungshaltung der Kunden immer zunimmt. Das ist ja wie mit normaler Funktionalität auch. Hat einer eine schnelle Webseite, hat einer eine coole App, ist irgendwo auf einem Shop eine kostenlose Versandart oder kostenlose Rücknahmeoptionen, erwartet man das implizit. Und da hast du schon recht. Das wird natürlich mit der Zeit sich nochmal ein bisschen hochschaukeln. Ich glaube aber, Kunden sind ja so offen, was so das Verzeihen und Akzeptieren angeht, wie noch nie. Gerade für B2B-Unternehmen oder gerade auch für große Marken, die immer dieses Argument gehabt haben, was der Jochen dir richtigerweise gesagt hat. Hey, du musst dich ein Stück weit schämen, du musst das irgendwie live nehmen, du musst das am Kunden vertesten, datengetrieben, kundzentrisch, all die Dinge, die wir hier auch schon oft besprochen haben. Gerade die haben jetzt die einmaligste Chance. Also für das kleine Startup ist das wahrscheinlich typischer Modus operandi, aber für irgendwie eine große Marke, die jetzt die Chance hat, wo der Kunde jetzt verzeiht, wenn das nicht an einem Tag geliefert wird, sondern zwei, drei Tage dauert oder wenn die Seite noch nicht alle Produkte gelistet hat, Customer Support nicht irgendwie per WhatsApp funktioniert, sondern nur per E-Mail und vielleicht kommt die Chance einfach nie wieder, so tiefe Eintrittsschwelle in diese Digitalisierung zu bekommen. Ich sage immer so ein bisschen auch, wenn wir mit unseren Kunden sprechen, so ein Stück weit wie so zehn Jahre zurückgespult. Du kannst jetzt starten und der Kunde akzeptiert, dass du quasi wie vor zehn Jahren startest. und die, die diese zehn Jahre verpennt haben, haben halt einfach mega die Gelegenheit momentan. und die, die sie nicht nutzen, die lassen einfach sehr viel liegen.

Joel Kaczmarek: Wie ist denn so dein Marktblick? Nutzen viele diese Möglichkeit?

Boris Lokschin: Das ist natürlich ein Modell, wenn du mich jetzt vor drei, vier, fünf Monaten gefragt hättest, wie sieht irgendwie die digitale Zukunft von einem Fahrrad-Business aus oder einem Fahrrad-Verkaufs-Business? So weit weg wie der Mond von der Erde. Aber Corona Viable Product auch hier. Ja. muss er etwas machen, weil er ist so ein Out-of-Business und es ist dann immer noch eine viel bessere Möglichkeit. und siehe da, im Beispiel mit mir selber, funktioniert es. Der Kunde akzeptiert es, der Kunde versteht es, der Kunde hat trotzdem den Need, der Need ist ja nicht weg oder diese, ich fahre jetzt irgendwie privat Wakeboard, wo du nicht mehr zur Anlage fahren kannst, du musst ja vorher einen Timeslot jetzt buchen über eine ganz schäbig gestaltete Website, so ein bisschen wie ein Lieferzeitfenster quasi. Ich fahre von 13 bis 15 Uhr und nur in der Zeit kannst du fahren, kannst halt nicht mehr flexibel dahin, wenn die Freizeit Da habe ich gestern gelesen, füllen jetzt auch sowas ein, dass in zwei, drei Schichten Leute quasi da auf der Wiese liegen dürfen mit einer Stunde Zeit dazwischen. Da funktioniert es gut. Der kleine Handel oder der kleine Dienstleister, die sind super schnell. Bei den sehr großen Corporates habe ich das Gefühl, dass sie wochenlang sich eigentlich mit dem Thema Remote Work beschäftigt haben, also überhaupt nicht in der Lage waren, ihre Leute nach Hause zu verlagern. Dann noch mal ein paar Wochen mit den Produktivitätsissues. und wie kontrolliere ich das, wie manage ich das, weil auch dafür gab es natürlich bei vielen Unternehmen keine Tools und keine Methodiken, welche Metriken, wie kontrolliere ich das. Dann trainiere ich eine Mitarbeiter zu Hause, jetzt arbeiten die überhaupt oder pennen die alle auf dem Sofa. Auch die Kultur, ja, dieses Vertrauen, hey, die machen das schon, ja. Die machen das nicht nur, weil ich da als Aufseher hinten im Büro von oben aus der Glasscheibe gucke. Da haben sich, glaube ich, viele sogar schwer getan. Also da waren, meinem Feeling her, sehr viele sehr lange nicht damit beschäftigt, neue Modelle zu schrauben. Im Mittelstand sehen wir das schon häufiger. Also da gibt es, glaube ich, echt viele Bestrebungen, viele Modelle, können wir gleich nochmal diskutieren, Click & Collect und Co., ja, die jetzt auf einmal wieder aufleben und zweiten Frühling auch gefahren, ja.

Joel Kaczmarek: Ja, lass uns so mal an Beispiele eintauchen. Also in der Tat, mir ging es auch so, dass ich zum Beispiel so den Spielzeugladen um die Ecke hatte, der dann irgendwie angefangen hat, mir das Spielzeug zu liefern, wenn ich es irgendwie per E-Mail bestellt habe und so. Da gebe ich dir recht, habe ich auch so beobachtet. Und wenn man jetzt mal so bei Firmen guckt, ist es natürlich manchmal auch komplexer. Also ich kann ja mal ein erstes Beispiel einstreuen, weil den hatte ich gestern zur Podcast-Aufnahme da. Das war der Markus Diekmann von Rosebikes. Kennst du ja, glaube ich, auch, wenn ich mich nicht täusche. Der hat mir zum Beispiel erzählt, also Rosebikes hat natürlich einen Online-Handel, wo sie 80% ihres Umsatzes machen und teilweise aber auch stationäre Läden, wo sie 20% ihres Umsatzes machen. So eine Bikeworld in Bocholt, so mal als Gefühl, macht halt 19 Millionen Euro Jahresumsatz, wenn das Ding zu ist. Er hat, glaube ich, so mal grob eingeschätzt, dass ihn das so 4,5 Millionen Euro Umsatz schon gekostet hat, dass sie das Ding zumachen mussten, dass der Versand teilweise still lag, weil die Waren auch nicht aus China kamen und so weiter und so fort. Und dann hat er halt berichtet, dass sie teilweise in Corona auch drei ganz interessante Dinge gemacht haben. Beratung per WhatsApp, das heißt Kunden wurden über WhatsApp angerufen oder konnten über WhatsApp anrufen und haben vor Ort Beratung bekommen. Das zweite war, und das fand ich ehrlich gesagt wirklich verrückt, also ich wäre da nie auf die Idee gekommen, die haben sich so einen Bulli genommen, so eine Art VW-Bus und haben den Kunden die Fahrräder nach Hause gefahren. Also jeder Kunde kriegte dann irgendwie drei Räder, die er sich sozusagen nach seinen Spezifika irgendwie zusammengestellt gekriegt hat. und dann ist der Berater zum Kunden nach Hause gefahren und hat die ihm gezeigt. Und das dritte waren Live-Videos auf Instagram, dass man quasi so eine Art Teleshopping auf Instagram gemacht hat. Und sein Feedback war, also du würdest ja denken, mit so einem Bulli zum Kunden fahren, ist ja bekloppt, kannst ja nicht skalieren, jetzt machst du irgendwie den Umsatz, die Zeit des Händlers sozusagen. Sein Feedback war sehr positiv und die meinten, die werden es sogar ausweiten, weil sie halt von sieben Touren, die sie hatten, haben sie bei vieren ein Fahrrad verkauft. So und jetzt ist der Preispunkt bei denen natürlich relativ substanziell, also das günstigste Rad kostet so 700 Euro. Also du wirst wahrscheinlich irgendwas um die, keine Ahnung, 1000 bis 1400 Euro pro Kunde verdienen, nur am Rad, wenn du noch Sattel dabei hast und so weiter noch ein bisschen mehr. Aber das war sozusagen, wo er gesagt hat, okay, 4 von 7 kaufen das Ding, also über 50%. Lustigerweise bei WhatsApp sah es wohl ähnlich aus, weil man so eine Art Engagement halt auch gefühlt hat. Während er bei Instagram hatte ich so den Eindruck, da meinte er so, da müssen sie halt noch lernen, wie man es richtig macht. Aber sei auch interessant, weiten sie auch aus, vor allem wenn so ein Instagram-Kauf-Button kam. Also diesmal als drei CVPs aus dem Hause Rosebikes, die ich irgendwie echt interessant fand zu betrachten und wo man natürlich. aber trotzdem, weil ich ihn auch gefragt habe, wenn jetzt nicht Corona wäre, würdest du das dann auch machen oder aufrechterhalten? Lässt sich das skalieren? Und lustigerweise war seine Antwort, ja, ist wirklich nicht unspannend. Wie ordnest du sowas ein?

Boris Lokschin: Ich finde sowas mega spannend. Das ist wirklich ein sehr, sehr gutes Beispiel auch für das, was ich mit Corona-Virus-Programm meine. Da geht es nicht nur darum, dass man irgendwie schnell Dinge auf die Straße geht und noch schneller, sondern eben auch Dinge, die man vielleicht im Zweifel nicht gemacht hätte oder geringer priorisiert hätte. Ich meine, am Ende des Tages geht es genau um das Gleiche, worüber wir auch im IP-Kontext immer sprechen. Erstmal ausprobieren. Was wäre denn die Alternative? Die Alternative wäre, nichts zu machen. Nichts machen bedeutet irgendwie scheitern mit hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit. points malen bei den beraterkollegen anrufen der strategieberatung und mal fragen ob sie dann nicht mal marktrecherche machen können die verkommen können ob in amerika nicht auch jemand mit bullis was ausfährt auch blöd. ja das hätte wochen gedauert und da wäre nichts daraus gekommen. also was kunden akquisitionskosten angeht sind alle auch ein bisschen vorsichtiger. auch im e-commerce online handel ja da werden ja gerade die paid kanäle also ein bisschen zurückgeschraubt und jeder versucht dann ein bisschen auch cash schonen unterwegs zu sein. und wenn man dann überlegt okay ich reinvestiere das geld was ich sonst irgendwie verballert hätte ja bei Bei Facebook, Google, ja, ein Stück weit. Ich probiere einfach mal, auch einfach aus der Not heraus, probiere ich mal so einen neuen Kanal. Was ist das Schlimmste, was passieren kann an dem Markus? Das Allerschlimmste, was passieren hätte können, ist, dass er irgendwie die sieben, acht, neun Kunden besucht hätte. Die Kunden hätten trotzdem, trotz Corona, jeder ist zu Hause, jeder so ein bisschen auf Social Distancing. Den Leuten fehlt allen Kontakt. So, da kommt der Händler deines Vertrauens. Vielleicht das erste Mal, vielleicht aber auch das zweite Mal. In beiden Fällen, denke ich, die coole Sache. So ein bisschen wie der Tesla-Customer-Service, den ja auch immer alle total loben dafür, dass man eben nicht zu irgendeinem Dealer fahren muss, sondern dass du da per App quasi deinen Customer-Service rufen kannst. Und da kommt der Tesla-Bulli vorbei und repariert dein Auto quasi an den Spot und nicht irgendwo in die Werkstatt fahren. Das ist ja so ein ähnliches Beispiel. Da kommt dann der große Fahrer, hat auf jeden Fall einen Austausch mit dir, zeigt dir live die Fahrräder. unterhält sich, dem stellst du noch zehn andere Fragen parallel, ja, die du sonst irgendwie gar nicht gestellt hättest. Entweder kaufst du halt das Ding, da haben die Kunden auch hohes Grad auch an sozialem Gewissen, dass sie für solche teuren Produkte jetzt nicht einfach wie für Flipflops für zehn Euro mal bei DHL drei verschiedene Varianten zum Spaß bestellen, ne, sondern ich würde da in diesem Business schon davon ausgehen, dass die Kunden da eine relativ hohe Kaufbereitschaft haben, dass es schon echt krasse Gründe geben muss, warum sie dann etwas nicht abnehmen und die sind dann wahrscheinlich auch behebbar, ne, im Sinne von, ja, den Sattel nicht, dann komm, dann schicken wir dir halt den zweiten Sattel nach, ja. Eine relativ hohe Erfolgswahrscheinlichkeit eigentlich von so einem Thema. In jedem Fall ein gutes Customer Acquisition oder Customer Retention Tool, was einfach einen geilen Eindruck hinterlässt bei Kunden. Auch dieses extra Meile gehen. Hey, derjenige geht die extra Meile. Er sagt jetzt nicht, ich schraube das zurück, sondern ich gehe die extra Meile auf den Kunden zu. Im besten Fall eben tatsächlich mit einem Abverkauf. Und auch die anderen beiden Beispiele. Ich meine, es ist ja so ein bisschen ein technisches Produkt, ja. Ich glaube, sozusagen da eine Beratung zu machen, remote. Und mein Verständnis auch von dem Rose-Business ist auch, dass da viele Leute unterwegs sind, die auch Plan haben von Fahrrädern. Da gehöre ich jetzt vielleicht nicht dazu, ja, der nicht mal seinen Hinterreifen wechseln kann selber. Wahrscheinlich ist der typische Rose-Kunde auch absolut fein damit, dass man irgendwie per Video anruft, ihm ein Fahrrad zeigt oder ein über eine Gangschaltung oder über eine Bremsung oder irgendein anderes technisches Detail mit ihm spricht. Das ist ja nicht wie in einem Fashion-Business, wo ich irgendwie haptisch den Stoff anfassen muss und nochmal genau angucken muss, wie das Licht darauf reflektiert und ob das irgendwie gut waschbar ist. Da ist es, glaube ich, etwas schwerer, sagen wir mal, bei techniklastigen Themen, irgendwie Elektronik, Maschinenbau. Absolut valid und wird in jedem Fall sehr, sehr lobenswert, weil die machen es, die probieren es aus. Das ist so wie im Leben auch, ein Nein hast du immer schon per Definition. Wenn du nicht fragst, kommt halt auch nichts. Wirklich sehr, sehr gute Corona-Vibe-Product-Beispiele aus meiner Sicht.   Joel Kaczmarek: Das Interessante ist ja auch, ich hatte die Tage, Jan-Josef Liefers hier irgendwie zum Podcast und der ist ziemlich fahrradverliebt. und dann habe ich mich mit ihm und dem Sebastian Krumbiegel, mit dem wir jetzt irgendwie einen spannenden Podcast zusammen machen, so unterhalten über Fahrradläden, weil ich hatte bei mir um die Ecke mal ein Fahrradladen, da bin ich hingegangen, ich hatte so ein Fahrrad aus dem Internet und die Bremse musste vernünftig eingestellt werden und ich hatte so ein bisschen den Case wie du, ich würde es wahrscheinlich hinkriegen, aber ich habe lieber jemanden, der es mir irgendwie für 10 Euro da irgendwie sozusagen die Sache umsetzt. und ich weiß auch irgendwie, es funktioniert und kann immer jemanden belangen, wenn es nicht klappt, so. Und dann gehe ich in diesen Laden und sage, hallo, hallo, ich hätte hier so ein Fahrrad, können Sie mir einmal die Bremse einstellen? Und dann fragt er mich, wo ich das her habe. Dann sage ich so, aus dem Internet. Ja, nee, irgendwie macht er nicht, so eine Bremse, was stellt er nicht ein? Ja, wieso denn nicht? Ist doch aber irgendwie schnell gemacht, das dauert doch gar nicht lange. Dann guckt er mich an und fragt mich so, okay, also du hast im Internet bestellt, willst du nur die Bremse eingestellt haben? Ich sage, ja. Okay, kostet 40 Euro. Oder nee, 50. Und ich sage, wie will er das? Hakt, 50 Euro für eine Bremse einstellen? Das ist doch in 10 Minuten gemacht. Ja, dann kann ich ja woanders hingehen. Was soll ich sagen, das ist so das Gegenbeispiel, bei dem Laden war ich nie wieder, hab im Gegenteil all meinen Freunden und Kontakten, die ich so im Umkreis hatte, wenn die mich gefragt haben, wie soll ich überlegen, wo ich hingehe, hab ich mir gesagt, ja, Hauptsache dahin nicht. Die Geschichte hab ich den beiden erzählt und meinten die, naja, das Schwierige ist ja halt immer, weißt du, diese Fahrradläden erleben halt, da kommt jemand, schaut sich so ein Rad an, lässt sich voll lange beraten und dann bestellt das im Internet. und die denken so, fuck, ich hab den Umsatz nicht. eigentlich rechtuell, die sollten trotzdem eigentlich total nett sein und dich beraten, weil wann immer du was hast, du hast vielleicht irgendwie die 900 Euro Fahrradkaufpreis da nicht ausgegeben, aber den gesamten Service würdest du immer bei denen buchen. oder wenn du einen Sattel brauchst oder einen Fahrradständer oder eine Klingel oder Licht und so weiter und so fort.   Boris Lokschin: Das ist am Ende des Tages auch eine Frage von Man redet ja immer von Omnichannel und Cross-Channel, aber ich glaube, allen ist mittlerweile klar, man hat einfach mehrere Touchpoints mit dem Kunden, nicht alles führt sofort, also auch dieses Instagram-Beispiel von Markus, nicht alles führt oder muss sofort zu einer Conversion führen. Manche Kanäle oder manche Devices, manche Touchpoints sind ja auch explizit nicht transaktional oder nicht gut für Transaktionen, sind vielleicht gut für Customer Service, sind gut für Brand-Building, sind gut für Storytelling. Vielleicht ist Instagram für Rosebikes auch eher ein Kanal, bei dem man eben Geschichten erzählt, bei dem Kunden dann ihre Videos posten, die die Brand Ambassadors für die Marke dann werden. Genau das Beispiel, was du jetzt sagst, in jedem Fall, also was Rose natürlich sehr gut schafft damit, ist in jedem Fall einfach einen positiven Eindruck zu hinterlassen. Ja, und wenn man eben nicht alles unmittelbar transaktional sieht, sondern sagt, hey, das Allerschlimmste, was uns passiert ist einfach, dass der Kunde trotzdem ein geiles Erlebnis gehabt hat, dass er trotzdem eine coole Beratung genossen hat, weiter mit uns interagiert. Im allerbesten Fall haben wir tatsächlich auch eine Instant Transaction. Wie wir immer sagen, das Risiko, was man eingeht, ist im Vergleich zur Upside. Man kann einfach nicht so tief fallen. Fairerweise, um hier auch mal andere Beispiele zu nennen, ist natürlich nicht in allen Branchen möglich. Aus Privater mal geschaut, ein Friseur, bei aller Kreativität, bei aller Digital-Affinität vielleicht, das ist halt einfach ein Thema, die haben es einfach mega schwer gehabt. Ich war bei meinem Friseur kurz vor Corona, da haben wir mit ihm darüber gesprochen, dass er eine zweite Filiale eröffnen möchte und waren jetzt da und dem geht es halt echt dreckig. Der musste da ein paar Leute entlassen, der hat viel in Kurzarbeit gehabt, der hat trotzdem natürlich seinen Kredit bezahlt in der Zeit, der hat trotzdem seine Miete bezahlt, der hat trotzdem seinen Strom bezahlt, hat sich natürlich auch aufgeregt über Adidas und all die anderen Beispiele, die dann irgendwie nicht zahlen wollten in der Zeit. Was willst du da machen? Da kannst du jetzt keine App irgendwie bauen dafür. Das ist, glaube ich, super, super schwierig in so einem Beruf. Andere Themen, wie zum Beispiel Restaurants, sieht man momentan sehr, sehr viele Click-and-Collect- und Delivery-Beispiele. Das ist natürlich wiederum ein sehr, sehr gutes Beispiel. Ich kenne viele, viele Restaurants, auch Besitzer, auch aus privatem Umfeld, die allesamt sagen, dass sie teilweise mehr Umsatz gemacht haben. Also wenn man jetzt die Fixkosten, die sie natürlich trotzdem jetzt gehabt haben, weil sie jetzt nicht so schnell abzubauen waren. Wenn man jetzt nur auf den reinen Umsatz schaut, der außer Haus, gerade Gerade diejenigen, die eher Restaurants betreiben mit wenigen Tischen, da habe ich eine natürliche Limitierung pro Abend. Da kann ich, weiß ich nicht, pro Tisch zwei, dreimal durchrotieren, die 20 Tische haben. So habe ich meine 60, 70 Gästepaare dann gehabt pro Abend. Wenn die jetzt auf ihre Aus-der-Haus-Bestellung schauen, die sie dann selber notdürftig, wo sie dann die Kellner und Restaurantleiter und Barchefs dann zu Fahrern umfunktioniert haben, per Fahrrad, Moped oder Auto Dann haben sie mehr Umsatz gemacht. Denen fehlt natürlich trotzdem sozusagen das, was margenträchtiger ist. Denen fehlt dann der Kaffeeumsatz, denen fehlt dann der Alkoholumsatz, die Flasche Wein, die man dann trinkt, der Cocktail, den man trinkt. Weil natürlich das sind gerade Dinge, die irgendwie viel Marge haben und das Essen ist dann eher niedrigmargig. Das heißt, im Schnitt ist das Business jetzt trotzdem nicht gut, auch wenn sie mehr Umsatz machen, weniger gewinnen. Aber das ist ja eine Frage von Konfiguration. Vielleicht auch eine gute Extension nach vorne raus. Wenn man sich überlegt, da denke ich jetzt auch mal drüber nach, wenn ich aus dem Fenster schaue, wie sieht eigentlich die Gastronomie, der Zukunft aus, weil jetzt alle auch außer Haus umgeschwenkt sind. Viele sich wahrscheinlich auch da vorne raus fragen, wenn ich ein Restaurant bin, was nicht teuren Alkohol verkauft und nicht teuren Kaffee, sondern wenn ich sozusagen eigentlich eher der Indus bisher gewesen bin, der schnelle kleine Thai-Laden, die kleine Pizzeria, die wahrscheinlich eh nicht so viel Umsatz mit demher anderen Produkten gemacht hat. Wie sinnvoll ist es eigentlich für mich, da vorne raus überhaupt noch die zehn Tische vorzuhalten? Die müssen gereinigt werden, die müssen erneuert werden, da brauche ich zwei Kellner für versus ich mache irgendwie ein gutes Außer-Haus-Business selber oder schließe mich eben einer der großen Plattformen an. Da wird es auf jeden Fall nochmal Transformationen geben, weil auch hier, und da gab es auch spannende Podcasts jetzt auch bei dem Philipp zum Beispiel, Plattformen wie HelloFresh, Delivery Hero und Co. ja auch, glaube ich, sehr gut berichten, dass sie momentan auch Zulauf haben von eben Gastronomen. Auch hier wieder viele, die sie vorher nicht akquirieren konnten, viele, die kein Interesse hatten. Viele, die gesagt haben, ich nehme die Gebühren nicht, ich mache das nicht, merken halt jetzt, hey, ich muss es tun. Auch da, glaube ich, wird sich das Kundenverhalten ein Stück weit nachhaltig ändern. Es wird wahrscheinlich so einen Rebound geben, so einen kleinen, wenn alle erstmal wieder raus dürfen, wenn viele Leute erstmal ganz oft essen gehen wollen und mal Freunde treffen wollen und mal ihren ganzen Freundeskreis abarbeiten. Aber auch das wird sich ja dann wieder nivellieren, glaube ich.   Joel Kaczmarek: Gut, also so viel mal als ein Beispiel. Ich fand auch, es geht mir wie dir, ich fand dann interessant, dass bei so einem Rosebikes dann dieses Thema, die lassen sich von uns beraten, kaufen online, aber anscheinend durch sowas auch abgefangen werden kann. Und wie du gerade gesagt hast, ich glaube, das ist ganz valide zu sagen, nicht jeder Kanal eignet sich für Abverkauf, sondern manchmal vielleicht auch irgendwie für Lead-Nurturing oder Kundenberatung oder oder. So, und jetzt hast du ja schon Restaurants angesprochen, vielleicht nehmen wir mal ein anderes Beispiel, diese ganzen Städtemarktplätze, die sich gerade so formieren. Also ich habe irgendwie einen Bekannten, ich meine, der macht das irgendwie eine App für irgendwie Wetzlar oder es gibt ja gefühlt, glaube ich, so wirklich jeden Ort gerade, dass man so eine Art regionale Zusammenschlüsse macht. Wie ist denn deine Einordnung dazu, wenn du jetzt mal so deine CVP-Denke darauf irgendwie anwendest und das, was wir bei Innovate or Die eigentlich immer so aufarbeiten?   Boris Lokschin: Ja, also ich muss leider sagen, ich bin bei dem Städte-Markt-Thema mega kritisch, sowohl persönlich wie auch businessseitig. Also ich kann verstehen, dass das eine Tendenz ist, dass natürlich die Läden, die gerade in den letzten Wochen, Monaten total eng waren. haben, versuchen da irgendeine Form der Online-Aktivität zu finden. Und wie gesagt, in dem Beispiel mit dem Restaurant und Co. funktioniert das, glaube ich, auch ganz gut. Wenn ich jetzt auf den lokalen kleinen Spielzeugladen oder Fashionladen schaue, sehe ich da super wenig Sinn einfach. Und zwar für alle Marktteilnehmer eigentlich. Weil am Ende des Tages ist es relativ simpel. So ein Marktplatz lebt ja von Angebot und Nachfrage erstmal und lebt davon, dass ich eine gewisse Breite brauche im Markt, dass ich eine gewisse Streuung brauche. Und das ist ja sozusagen bei Städtemarkt ist ja schon per Definition der Fall. Also ich ziehe den Kreis auf die Kundenkohorte mit dem Zirkel. Ja, sehr, sehr, sehr, sehr, sehr eng. Habe natürlich trotzdem den Aufwand, die Produkte zu bewerben. Ich habe trotzdem den Aufwand, die IT-Infrastruktur hinzustellen. Ich habe trotzdem den Aufwand, in die Logistik zu investieren, das Payment zu investieren, den Customer Support zu investieren, weil die Kunden haben ja trotzdem den Anspruch, dann sozusagen auch post-Corona auf dem Amazon, Zalando, Co. Level bedient zu werden. Habe aber im Gegensatz zu einem komplett offenen Markt, wo ich jeden Kunden akquirieren kann, wo ich sehr breit rausgehen kann, verschiedene Kundenkohorten ansprechen kann, also wo ich auch von der Monetarisierung her auch in dem Case mal einen ROI ab der zweiten, dritten Transaktion mal gerechnet bekomme, baue ich ein Modell mit so einem städtischen oder mit so. Also ich werde entweder immer ein total shitty Erlebnis hinstellen, also irgendwas, was einfach mega schwach vom Kundennutzen her gedacht ist, weil ich einfach nicht die Investments dahinterlegen kann. Ich werde immer mega Issues haben, mich zu erleiden, weil ich auch selten in diesen Städtemodellen, und wir sind ja auch jetzt auch angefragt worden so ein paar Mal, Ich habe halt daneben eine komplett unklare Struktur, ja, also das ist dann nicht irgendwie ein Marktplatzbetreiber, der dann sich um die Akquise der Angebotsseite, ja, der Supply-Seite kümmert und dann sozusagen gleichzeitig auch um die Akquise der Abnehmerseite kümmert, sondern ich habe dann irgendwie ein komplett heterogenes Konstrukt, häufig vielleicht auch noch mit irgendeiner städtischen Hand dann mit drin, ja, komplett unterbudgetiert, unfähig sozusagen von der Governance her, vernünftiges Kundenerlebnis hinzufügen. Und am Ende des Tages steht halt der Kunde null im Vordergrund. Also diese Modelle werden ja nicht gebaut, das ist so die größte Kritik, glaube ich, daran, neben dem Thema, dass es eben regional ist und sich damit eigentlich als Marktplatz schon per Definition jetzt ausschießt. Sie werden ja nicht gebaut, um irgendeinen Kundennutzen zu bedienen. Sie werden eigentlich gebaut, um den Händlern Nutzen zu bedienen. Solche Modelle haben wir jetzt in der Vergangenheit, glaube ich, schon auch besprochen und auch sehr vielfältig gesehen, die immer zum Scheitern verurteilen. Ja, weil es nicht darum geht, dass der Kunde das Spielzeug besser, schneller, günstiger, leichter umtauschbar in größerer Variation bekommt. Es geht eigentlich nur darum, dass der Tante Ute den Spielzeugladen nicht komplett schließen muss, sondern auch irgendwie die zwei Puzzle verschicken kann. Hat halt mit dem Kundennutzen gar nichts zu tun, ne? Auch wenn es hart klingt, das zu sagen, wenn die aus so einer Lokal-Sentimentalität heraus, wenn diese Modelle vorangetrieben, aber eben nicht aus Unzentriertheit und nicht aus einem nachhaltigen Heroin-Modell, bei dem man sagt, hey, das ist was, was auch in 4, 5, 6, 7, 8 Wochen in Corona vorbei ist, gibt es für den Joel immer noch total viele Gründe, auf diesen Makler zu gehen und nicht auf die besagten anderen Großen, wo die Dinge schneller, besser, weiter, in größerer Sortimentsvielfalt, mit besseren Zahlungsmethoden, mit einer cooleren, mobileren App, mit leichteren Umtauschmöglichkeiten bekommen, sondern einfach, weil das 5.000 weiter ist. Warum solltest du das machen? Warum solltest du das machen? Das macht irgendwie gar keinen Sinn und ich glaube, das hat ja die Branche jetzt schon in den letzten Jahren oft bewiesen. Da bin ich sehr, sehr skeptisch, ob das irgendwie ein schlaues Modell ist und ob das nicht unnötig Zeit und Ressourcen und Kapital frisst, was an anderer Stelle wahrscheinlich besser investiert wäre.   Joel Kaczmarek: Ja, also ich erinnere mich an einen Podcast mit Alex Graf, der auch meinte, das hat mehr den Charakter von Spenden, also von sozusagen Solidarität, aber Solidarität ist kein Geschäftsmodell, es hat sozusagen nichts mit Handel zu tun. Wir lernen von dir, Ownership unklar, Governance unklar, Händler nutzen vor Kunden nutzen, regional begrenzt, plus es hat sozusagen mehr was von Nostalgie, deswegen nicht so spannend, finde ich eigentlich ganz sinnhafte Merkmale, die man da anlegt. Nevertheless, also ich kann es natürlich auch verstehen, also dieses Regionale, diese Sentimentalität, das hat ja trotzdem auch einen Faktor, dass man seine Umwelt sozusagen so aufrechterhält. Aber trotzdem ist ja genau der Gedanke, dass wir sagen, mal klar einordnen, was ist hot und was daran not. Vielleicht machen wir mal ein nächstes Thema auf, Events. Also wenn ich jetzt mal an so unsere großen Internet-Events hier so denke, die wir glaube ich auch alle kennen, also weiß ich nicht, OMR-Konferenz, K5-Konferenz, Demexco, Internet World Business, also gibt es da eine ganze Reihe? Und dann gibt es ja teilweise so unterschiedliche Zugänge. Also das eine, was ich irgendwie jetzt relativ oft höre, ist so eine Art Flatrate für Events, dass man so einen monatlichen Beitrag zahlt und kriegt dann irgendwie Remote-Videogeschichten, Live-Sessions, wo man sich quasi einwählen kann. Andere Modelle sind irgendwie, was man jetzt bei OMR sieht, die irgendwie sich ja auch hingestellt haben, gesagt, sie wollen so eine Art Softwaremarkt. Weil sie den größten Nutzen in ihrem Event darin sehen, dass die Besucher auf der Suche nach passender Software sind und da in Kontakt kommen. Also das mal als zwei Beispiele, wie man sich da gerade aufstellt. Wie ordnest du das denn ein? Was findest du daran spannend?   Boris Lokschin: Also ich glaube, da sind zwei, drei spannende Ansätze dabei, aber auch irgendwie super viel Quatsch. Also von so virtuellen Rundgangsmodellen, wie die eine oder andere weltweite Messe jetzt irgendwie anbietet, halte ich jetzt persönlich gar nichts. Das ist das Schlechteste aus beiden Welten. Ich glaube, was man ja schon gut gemerkt hat, gerade in Deutschland, im commerce-nahen Umfeld, haben sich in den letzten Jahren Formate wie zum Beispiel die K5 oder auch die OMR ja auch dargestellt. deshalb emanzipiert und etabliert vor so dem klassischen analogen Messeformat. Weil dieser reine Rundgang und dieses reine, ich möchte jetzt mal mir das Software angucken, dass das eben nicht mehr ausreicht. Da ist, glaube ich, mittlerweile das Internet informationsdicht genug im Sinne von Demos, Tutorials, Videos, White Papers. Also dieser reine Messebesuch, wie er früher, weiß ich nicht, auf der CeBIT noch da war. So ein bisschen wie im B2B-Handel auch. Intransparenz über Verfügbarkeit, Preise, Sortiment haben lange Zeit die Hidden Champions wachsen lassen. Und das war so ein bisschen bei den Messen auch. Es gab keine andere Möglichkeit. Und wenn ich mich in zwei, drei Tagen mal global umschauen wollte in einer bestimmten Kategorie, dann war das am Ende eine Messe und es gab keine andere. Heute kann ich eben sehr vieles remote machen, ohne gesehen zu werden, ohne vom Vertriebsmitarbeiter direkt auf den Teppich angefasst und angesprochen zu werden. Diese neuen Formate, die wir jetzt sehen, die ja irgendwie Festival oder Summerfest, mit Charakter haben, wo es mega geiles Essen gibt und nicht abgestandene Schnittchen, coole Live-Acts und Musik gibt, wo es Masterclasses gibt, bei denen man wirklich was lernen kann. Also man versucht ja sehr, sehr vielfältig das anzureichern, damit Leute einfach maximal viel Sinn sehen darin, sich einen Tag oder oft auch zwei Tage in den Zug oder ins Auto zu setzen. Reisezeit zu investieren, Arbeitsausfall, Übernachtungskosten und Co. So, ich glaube, so ein reines, ich gucke mir jetzt mal Software an, das kann man eben wirklich sehr, sehr gut remote machen. Muss man jetzt mal gucken, was genau sozusagen dieses Format jetzt von der OMR ausmacht. Wenn es jetzt darum geht, so wie ich es verstanden habe, dann Bewertungsplattformen für Softwareprodukte bereitzustellen, die dann userbasiert und wertungsbasiert die Themen einordnen. Das kann gut funktionieren. Im Garten hat ja sowas ähnliches. Für den Enterprise-Markt ist am Ende immer ein bisschen eine Frage von, wer kommt darauf? Wie stellt man sicher, dass da nicht nur die, die mit irgendwas unzufrieden sind, laut schreien? Es ist ja immer so, dass jemand, der unzufrieden ist, zehnmal lauter schreit als jemand, der zufrieden ist. Wie kriegt man das irgendwie ausgeglichen und balanciert? Wie stellt man die Qualitätskontrolle sicher, dass das wirklich ein Nutzer ist von dem Produkt und nicht irgendein Troll, der da wieder irgendeinen Quatsch hinterfragt? in den Kommentar schreibt, wie balancen man das auch automatisch. Ich sehe das ja auch bei uns zum Beispiel als Softwarehersteller, wenn wir ja Informationen bekommen zu einem Projekt, ja, da gibt es irgendwie drei Sicht darauf. Ja, dann sagt irgendwie der Kunde eine Sicht darauf, wie das Projekt läuft, dann spricht man mit der umsetzenden Agentur, die hat eine ganz andere Sicht. und der integrierte Partner, der da irgendwie das Payment bereitstellt oder die Logistik anbindet, irgendwie eine dritte Sicht. Und die Wahrheit liegt wahrscheinlich irgendwo in der Mitte, ne? Also ich glaube, das ist eine komplexe Aufgabe. Ich weiß nur nicht funktional und inhaltlich, wie das gelöst werden soll. Ich glaube, grundsätzlich ist es spannend. Wie gesagt, man sieht ja, dass in den Gartner-Portalen sich auch zunehmend Kunden informieren darüber und schauen, wie die Bewertungen sind. Aber dann ist es eben wirklich eine rausgetrennte oder eine isolierte Funktion, der Versuch, jetzt einfach nur eine virtuelle Messe zu machen, wo ich durch virtuelle Gänge gehe und virtuelle Stände gehe und dann steht da der virtuelle Joel und schüttelt mir die virtuelle Hand. Ja, das ist Quatsch. All das, was eine Messe ausmacht, nämlich wirklich da mal vorher schon dreimal recherchierten Softwarehersteller, den man irgendwie nur virtuell bisher kennengelernt hat und gesehen hat, mal live mit den Menschen zu sprechen, mal auf der Party zu sein, mal irgendwie zwei, drei Kundenstimmen einzufangen, die sich am Stand tummeln, das wird ja dadurch nicht gegeben. Es ist auch eine gute Zeit, um mal zu sehen, wie eigentlich dieses ja doch schon sehr angestaubte Messeformat in die neue Zeit überführt wird. Also provokativ wird es messen in der Form, wie wir sie vom letzten Jahr noch kennen, überhaupt noch geben. zu allen Fantasien. Interesse-seitig werden Leute jetzt lernen, mit Webinaren, mit Demos, anderen Formaten ihren Informationshunger so weit zu bedienen, dass sie einfach sagen, hey, die zwei Tage gebe ich mir nicht mehr. Es sei denn, das ist irgendwie eine mega Masterclass oder ich bin auf einer Bühne als Speaker mit dabei oder das spielt jetzt ein Act, den ich sonst irgendwie nicht gesehen hätte. Und B, auch anbieterseitig werden Anbieter noch sechsstellige Beträge in Stände, Reisekosten, Standaufbau, Dinge, die dann ja auch alle für die Tonne häufig sind, anbieten. Alles, was da mit so einer Messe zusammenhängt, noch investieren. Also ist das sozusagen ein ROI-positiver Kanal. Die meisten beklagen sich ja schon seit Jahren über rückläufige Besucherzahlen, über weniger Abschlüsse und sagen eigentlich, dass es eher so ein Sehen und Gesehen werden. Nochmal mit den Bestandskunden Händchen schütteln, Kaffee trinken. Aber da bin ich sehr, sehr skeptisch, ob nach vorne raus dieses Format so aufrechterhalten wird. Da glaube ich, sehe ich andere Themen jetzt, die eher im Kommen sind.   Joel Kaczmarek: Also sagen wir es mal so rum, als ich gelesen habe, dass irgendwie Philipp und sein Team diskutiert haben, was macht so eine Messe aus? und dann war ihr Ergebnis, dass man sich über Tools informiert. Da finde ich, verkaufen sich sogar eigentlich auch unter Wert. Also für mich ist so ein Event nicht, dass ich da jetzt irgendwie hingehe und mir angucke, nehme ich jetzt Marketing Automation Lösung A oder B, weil das kann ich mir im Internet anlesen, da frage ich meine Peer Group, Da gehe ich mit drei, vier Unternehmern ins Gespräch oder lasse mich von den Sales-Mitarbeitern dort beraten. Also das glaube ich gar nicht. Also ich glaube, es ist schon valide, dass sich die Leute sowas wünschen, so wie diese Gardner-Geschichte, die du gesagt hast auch. Also ich habe für uns sowas auch schon im Blick, dass man halt so eine Art Community-Owner ist, wo man dann halt auch sozusagen dieses Wissen vereint. Aber das finde ich eigentlich so kurz. Wenn ich so drüber nachdenke, also ich gebe dir recht, ich glaube, es wird sein Gesicht verändern. Am Ende des Tages, habe ich so den Eindruck, geht es auch viel um Qualität. Also eine K5 zum Beispiel, die hat natürlich einen sehr starken Themenfokus, aber die fand ich halt immer spannend, weil was da auf der Bühne passiert hat, hat auch richtig Fundament. Da hast du nicht so das Gefühl, jeder dritte Vortrag ist, dass irgendein Corporate sich eingekauft hat für einen vier- bis fünfstelligen Betrag und labert jetzt da seinen PR-Stuff runter, ja, sondern da geht es halt irgendwie darum, dass man Inhalte hat, oder? Nehmen wir mal so eine NOAH-Konferenz. Also was auf der NOAH-Konferenz auf der Bühne passiert, ist unterirdisch, finde ich. Aber was außerhalb der Bühne passiert, ist halt überirdisch. Also dass du da sozusagen die ganze Community verbunden hast. Da hast du die M&A-Berater, die VCs, Private Equities und so weiter, plus die Top-Gründer. Ja, also das ist ja manchmal, was so die Mischung ausmacht. Von daher   Boris Lokschin: Und das kannst du ja nicht in eine Slack-Gruppe übertragen oder in eine Second-Life-VR-Brillen-Gruppe, ja. Genau das Element, was du gerade aufgezählt hast, ist ja das, was dann eben physisch Sinn macht und auch nur physisch Sinn macht und alles andere, da zu sagen, guck mal, jetzt gibt es eine Mailing-List, ja, das sind die gleichen coolen Gründer und die gleichen coolen Private-Equity-Berater oder eine Slack-Gruppe, ist ja der komplette Quatsch, ja, also da hat ja gar keine Lust drauf. Von daher glaube ich wirklich, dass eben die Transaktion, Transformation, um das so auf den Punkt zu bringen, weg von dem Messeformat hin zu einem Disneyland-Themenpark-ähnlichen Erlebnistag, wo du einfach einen geilen Eck am Abend gehabt hast, zwei geile Masterclass gemacht hast, selber auf Paddeln gesessen hast, irgendwie eine schlanke Form gefunden hast, dich als Marke oder Hersteller zu präsentieren. Vielleicht auch nicht nur mit Bullshit-Bingo-Themen, sondern was ich da schon cool finde ist, es gibt glaube ich in Köln, ist das dieses Startup-Pitch-Pirate-Summit oder so, wo du auf schrottplatz oder was da dein ding vorträgst du was könnt ihr auch cool sein. oder einfach dass er anstatt dass jetzt jeder entstand wie von 200 quadratmetern hat und generisches zeug erzählt viele kurzimpuls vorträge wo leute gezielt hingehen können wo du sagst ich bin schon nicht mal ein riesenprodukt was sie wie eine million features hat sondern es gibt die einen themen der peter usb und feature b und feature c und das aber auch in zwei Minuten auf den Punkt gebracht und auch immer mit einem Kunden. Und dann habe ich noch fünf Minuten, wo ich an der Bühne stehe und gefragt werden kann. Ansonsten kommt halt der Nächste dran. Also man kann das Format halt weiterentwickeln, sodass es eben für die Leute Sinn macht und trotzdem betriebswirtschaftlich aufgeht. Also das würde ich schon ganz stark nach vorne sehen.   Joel Kaczmarek: So, können wir ein letztes Beispiel vielleicht noch machen, was mal so ein bisschen Corporate-lastiger ist? Lidl Cloud. Vielleicht holst du mal die Hörer ab, was das Unternehmen gerade Spannendes macht und dann auch mal eine kleine Einordnung geben.   Boris Lokschin: Es gibt so zwei Themen in dem Food-Lebensmittel-Umfeld, die, glaube ich, spannend sind. Also das eine ist ja die Bestrebung, auch das Announcement jetzt momentan von vielen, dass sie eben doch wieder verstärkt investieren in Click-and-Collect- und Delivery-Modelle. Da haben ja gerade die Discounter eine lange Zeit sich so ein Stück weit wieder rausgenommen und die vielen großen Marken haben da wenig gemacht und eben sehr stark auf den stationären Handel gesetzt. Das scheint wieder en vogue zu sein, logischerweise. Leute sitzen zu Hause, Kassierer, Kassiererinnen sollen geschützt werden, man darf weniger Leute in den Store lassen. Das sind, glaube ich, alles Themen, die dazu führen, dass eben so dieses Hinfahren, ich hole schon mein Paket ab und laufe dann nicht eine halbe Stunde durch den Store, dass das funktioniert und natürlich Auslieferung auch wieder, dass man eben Themen wie, wie kriege ich das wieder profitabel, dann auf einen späteren Zeitpunkt verlagern muss und jetzt erstmal einfach Erfahrungen und Daten sammeln muss in diesem Modell. Das finde ich super sinnvoll, sowohl im Getränkeumfeld als auch im Food-Umfeld. Jeder, der darüber nachdenkt, sollte jetzt auch die Chance nutzen, weil der Kunde verzeiht gerade einem sozusagen die letzten zehn Jahre Digitalisierungstiefschlaf und ist eben bereit, im Corona-Vibe-Product- oder CVP-Umfeld einfach sehr viel zu akzeptieren und da auch einen leichten Einstieg zu ermöglichen. Und das andere Beispiel, was super spannend ist, ich glaube, das habe ich jetzt gestern gesehen oder vorgestern gesehen, ist dieses Lidl-Cloud-Beispiel, also Lidl oder die Schwarzgruppe, der announced, dass sie eine eigene Cloud bauen wollen für den Mittelstand, die dann irgendwie allen Anforderungen, Daten, Sicherheit und Co. entspricht. Puh, schweres Thema. Also ich meine, das ist noch frisch. Das ist jetzt noch, glaube ich, schwer, das wieder einzuschätzen. Also ich persönlich bin da sehr, sehr skeptisch. Ich bin nicht sicher, ob das ein schlauer Move ist, das zu machen. Ich kann mir vorstellen, wie die Vorstands Pitch Slides dafür ausgesehen haben. Ich kann mir auch vorstellen, was da die Ratio dahinter war, das irgendwie zu forcieren. Da hat man sich wahrscheinlich gedacht, ja, guck mal, Amazon macht es ja auch und die haben ja auch eine eigene Cloud und AWS funktioniert ja und ist ja mittlerweile fast die Hälfte des Betriebsergebnisses. In Deutschland haben wir ganz besondere Anforderungen und so ein bisschen auch getrieben von diesem, die großen deutschen Mittelständler oder Händler trauen ja AWS nicht und trauen Google nicht und trauen Microsoft nicht. Da müssen wir was Eigenes machen. und wir haben ja auch, by the way, auch schon einen eigenen großen Shop. Haben ja schon ganz viel gelernt. Lass uns das doch jetzt auch monetarisieren und da mal ein Geschäftsmodell aufbauen. Ich glaube, da ist sehr viel richtig und sehr viel falsch dran. Richtig ist natürlich, dass AWS und Co. das für sich aufgebaut haben, aber einfach aus einem ganz anderen Modell heraus. Ich glaube, Amazon war nie ein Händler, vielleicht ganz, ganz, ganz am Anfang ein Händler. Ja, vor 20 Jahren hat es sich sehr schnell weiterentwickelt, evolutionär zum Markt und dann ultimativ auch zur Plattform. Ist nicht abhängig mehr unmittelbar nur von Retail-Marge, sondern monetarisiert Services wie Infrastruktur, Payment, Logistik, Werbung sehr, sehr gut. Hat, glaube ich, auch zu einer Zeit angefangen, an der auch dieser Infrastruktur Infrastrukturaufbau gut ging. Mittlerweile, wenn man jetzt auf den Markt schaut, Azure, GCP, also Google Cloud Platform, AWS sind ja schon sehr commoditized offerings. Also die versuchen sich jetzt ja alle eher über den App-Layer zu differenzieren. Also was habe ich on top zu den eigentlichen Servern, die ich vermiete, an Mehrwert den Kunden gegenüber. Wir selber sind ja im oberen Mittelstand und auch sehr viel im Enterprise-Corporate-Umfeld unterwegs. Und ich muss ehrlich sagen, also die Ressentiments, die man noch vor drei, vier, fünf Jahren in 200 AWS gegenüber hatte, die kann ich jetzt so nicht mehr bestätigen. Es gibt sie vereinzelt noch, dass da Händlermarken stark auf das Thema Azure setzen oder Google setzen und eben nicht AWS folgen. Aber eher so aus psychologischen Gründen hat AWS jetzt alles auch für getan, um das Thema Datensicherheit und wie ist das Modell nicht mit AWS verheiratet, irgendwie auch zu beweisen. Da weiß ich nicht, ob der Zeitpunkt für so eine Initiative jetzt richtig ist. Ich weiß auch nicht, ob einfach vom Standing her nicht jetzt ein potenzieller Kunde wäre, ob es nicht sinnvoller wäre, wenn überhaupt, dann eine Cloud von einem Softwarehersteller zu beziehen. Da gibt es ja einige große, auch in Deutschland, die sehr viel im Bereich ERP und im Bereich Logistik und Co. sozusagen Cloudlösung anbieten und natürlich auch im Frontend-Bereich. Also ob ich da nicht eher zu einem Softwarehersteller gehe, dessen Business es ist, Cloud-Lösungen zu bauen versus zu einem Discounter, der Bananen und Joghurtbecher verkauft. Das war so ein bisschen provokativ zu sagen. Also ob das die Kompetenz ist oder ob das Herauslösen von einer eigenen Infrastruktur aus dem eigenen Handel heraus mich jetzt dazu berechtigt und befähigt. Wenn ich jetzt ein bisschen auch gucke auf die letzten paar Jahre und die Failures, die gerade Lidl, die Schwarzgruppe jetzt auch hatte, mit Hunderten von Millionen Euro an versenkten IT-Projekten, hätte ich schon sehr, sehr große Fragezeichen. Also da frage ich mich auch, wie man da drauf schaut und die Frage, haben wir eigentlich die Kompetenz? Also wenn wir ein Standardsystem nicht gescheit eingeführt bekommen haben und da hunderte von Millionen Euro versenkt haben und wir jetzt ein hochkomplexes Geschäftsmodell hochziehen wollen, das sage ich auch, weil wir ja selber auch Cloud-Lösungen haben und das ist ja nicht nur Server-Mieten, sondern der ganze Betrieb, die ganze Security, der ganze Customer Support und der Vertrieb dazu, das ist ja ein ganz, ganz anderes Enterprise-B2B-Software-Modell. Ob man das nicht irgendwie massiv unterschätzt oder das Marktpotenzial überschätzt oder dann eben auch einem Softwarehersteller abbringen zu können, also Ich bin sehr, sehr skeptisch, was den Zeitpunkt angeht. Ich glaube, das Offering, wenn überhaupt, hätte vor zehn Jahren Sinn gemacht, als die Cloud-Lösung kam. Da wären wir wahrscheinlich vorne mit dabei. Jetzt haben sich AWS, Azure und GCP sehr weit etabliert im Markt. Wir sehen sehr selten Gründe, dass Unternehmen das nicht mehr nehmen. Ich bin sehr skeptisch, was Verkaufspotenzial angeht im Vergleich zu anderen Lösungen. Ich bin sehr skeptisch vor allem, was eben den konkreten Anforderungen Anbieter angeht, ob das eine Kernkompetenz ist oder sein kann und ob das irgendwie glaubwürdig ist. Muss man beobachten, das ist eine frische News, aber ich habe da zumindest ganz viele Fragezeichen dran und wir werden sehen, wie jetzt die Schwarzgruppe das aufbauen will und ob das irgendwie ein sinnvoller Schritt ist, wie so einige andere in diese Ziele dann auch wieder schnell eingestampft wird.   Joel Kaczmarek: Erteile ich da deine Skepsis? Das finde ich auch nachvollziehbar argumentiert. Vielleicht gehen wir mal nochmal einen Schritt, jetzt nicht zurück, aber in das andere Feld rüber, was du gerade auch angesprochen hast. Also die Geschichten mit Click & Collect oder dass jetzt halt ganz viele Unternehmen händeringend darüber nachdenken, wie kann irgendwie E-Food aussehen? Also wie kann ich schaffen, dass ich Online-Bestellungen aufnehme und vielleicht ausliefere? Also da fallen mir ganz viele Sachen ein, sowas wie Picknick, Bringmeister und so weiter. Da hast du gesagt, findest du super spannend. Was beobachtest du da? Was würdest du sagen, wenn du jetzt in der Situation von diesen Anbietern wärst, was würdest du jetzt tun?   Boris Lokschin: Investieren. Also ich glaube, die Schwierigkeit in dem Markt ist ja am Ende immer die Logistik. Es ist ja nicht das System zu bauen und den Verkauf zu beherrschen. Und ich glaube auch, die allermeisten von uns haben ja mit dem Thema E-Food oder auch Getränkeservice ja Kontakt gehabt in den letzten Jahren und wahrscheinlich auch positiven Kontakt gehabt. Ich glaube, es gibt sehr wenige Gründe, warum man die Wasserkiste selber noch schleppen sollte. Und das fand wieder zurück. Also sozusagen zwei sind befreit. Es gibt, glaube ich, sehr wenig Grund, warum man für den Großteil seiner Einkäufe, also da rede ich jetzt nicht über, ich lasse mich an der Fleisch- oder Fischtee inspirieren, über welche Austeiche ich als nächstes schlürfen möchte, sondern habe meinen Wocheneinkauf, meine Getränke, meine Nudeln, Brot, Käse, Gemüse, Obst und diesen ganzen Standardwarenkorb. Und dann würde ich behaupten, dass wahrscheinlich für die allermeisten Menschen das irgendwie 90 Prozent identisch ist mit ganz wenigen einzelnen Variationen oder Special-Produkten, warum das nicht zu mir nach Hause geliefert werden sollte. In den entsprechenden Behältern gekühlt. und dann, wenn ich es möchte und gerade so für Berufstätige und ich irgendwie mal schaue, ja auch viele Mitarbeiter, Kollegen, die lange im Büro sind, die können nicht morgens vor der Arbeit, wo gerade die Ware frisch angeliefert wird im Supermarkt. Und wenn sie abends kommen, sind die ganzen Heidelbeeren und Himbeeren schon alle abgegriffen. Das Gemüse ist mega trocken, was da liegt. Die Kassiererin irgendwie total unfreundlich, weil sie hat jetzt auch langsam keinen Bock mehr nach irgendwie geachten. neun Stunden Arbeit. Ist das sozusagen für den Kunden ein Vorteil? Total. Macht mega Sinn. Zeitersparnis. Und Kunden sind auch bereit, diese ein, zwei Euro mehr auch auszugeben für eben diese Delivery. Ist das anstrengend und kompliziert für den Anbieter? Mega. Gerade, weil ich eben verschiedene Temperaturzonen habe. Ich habe schwere Ware, ich habe leichte Ware, ich habe verderbliche Ware. Ich Ich habe Dinge, die gekühlt werden müssen. Ich habe Dinge, die gefroren geliefert werden. Das macht es halt mega schwer. Und das ist eben im Food-Bereich. Und da sind wir leider in Deutschland ja auch als Discounter-Land auch so ein bisschen verwöhnt, weil wir gelernt haben, sehr günstig einzukaufen, für den Händler ist dann eben niedrigmargig zu verkaufen. Das macht es einfach schwer, diese letzte Meile aufrechtzuerhalten. Von daher, ich würde jetzt die Chance nutzen, es gibt viele Modelle, wie zum Beispiel Picnic, die zeigen, wie man diese letzte Meile effizient lösen kann. Das Modell ist eins, welches man vertesten muss, im Sinne von, wo habe ich welches Bestellvolumen. Click & Collect und auch Delivery kann halt ein guter Weg dahin sein. Also ich kann zum Beispiel mir sehr gut vorstellen, dass ich als Marke oder der ja viel Dichte hat in Ballungsgebieten, ein Click & Collect und Delivery-Modell zuerst anbiete, Daten sammle darüber und sehe, okay, wo habe ich welche Bestellungen, aus welchem Postleitzahlbereich, aus welchen Straßen, wohin muss ich liefern? Also Click & Collect geht ja immer, weil der Kunde holt es ja ab. Das heißt, das kann ich eigentlich kostenneutral immer anbieten. Ich picke das, ich stelle das zusammen, der Kunde kommt. Delivery kostet mich halt was, aber am Ende lege ich es ja teilweise auf den Kunden um. Und setze mich dann eben hin nach ein paar Wochen und sage, okay, diese Stadtteile oder diese Straßen oder diese Region, da habe ich eine Dichte, die ist hoch genug, um eben Milchmann-Prinzip oder irgendeine andere Art von Offline-Logistik, die eben dann günstiger ist, zu rechtfertigen. Und dann investiere ich dann in die Elektrofahrzeuge, Fahrradkuriere oder whatever. Und in diesen Gebieten nicht, da biete ich es dann einfach nicht an. Ein Stück weit CVP-Thema, Corona Viable Product, weil der Kunde es mir jetzt verzeiht, ich kann jetzt einen Shop online nehmen, der jetzt noch nicht die allergeilste App hat, der vielleicht noch nicht die coolste Geschwindigkeit hat und einfach Erfahrungen sammeln. Ich meine, die Kundenpräferenz, nicht aus dem Haus zu gehen oder so wenig unnötige soziale Kontakte zu haben wie möglich, ist momentan sehr hoch. Das heißt, ich kann relativ leicht, relativ günstig Dinge auf die Straße bringen, Daten sammeln. und dann in zwei, drei, vier, fünf, sechs Monaten diese Daten auswerten, also in einem relativ kurzen Zeitraum relativ viel Dichte an Daten aggregieren und dann sagen, komm, hier gehe ich das Thema eben an. Was viele eben falsch machen, ist, dass sie zu früh mit dem Thema Efficiency beginnen. Also sie versuchen erstmal überhaupt was hinzustellen, danach das skalierbar zu machen und danach effizient. In der Abfolge, wenn ich versuche, sofort irgendwas hochskalierbar, hocheffizient hinzubauen, dann ist die Wahrscheinlichkeit des Scheiterns maximal groß. Stellt das hin, Leute, probiert es aus im Kleinen, skaliert es hoch, schaut, wie das in Scale funktioniert und dann versucht, die Effizienzschrauben anzudrehen. Und dann, glaube ich, kann das irgendwie im Click & Collect oder Delivery oder Picknick-Modell mega funktionieren, weil nochmal, der Kundennutzen ist halt mega hoch und, glaube ich, für alle absolut einleuchtend.   Joel Kaczmarek: Hervorragend. So viel mal als kleiner Ritt durch unterschiedliche CVP-Projekte. Also schöner Begriff, den werde ich mir mal merken für die nächsten Tage. Lieber Boris, wie immer, es hat viel Spaß gemacht und bis zum nächsten Mal. Ich freue mich.   Boris Lokschin: Danke, ciao.

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