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Joel Kaczmarek: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen Deep Dive Podcast von digitalkompakt. Ich bin Joel Kaczmarek und heute sitzt ein Serientäter vor mir. Stell dich mal ganz kurz vor, du bist ja Seriengründer.
Christian Vollmann: Hi Joel, ich bin Christian Vollmann, hab mein erstes Praktikum im Internet `99 gemacht in Berlin, damals bei alando.de. ohne das Z. Kennen heute schon gar nicht mehr so viele Leute.
Joel Kaczmarek: Stimmt leider, ja.
Christian Vollmann: und habe dann ilove.de aufgebaut, danach myvideo.de gegründet, war Mitgründer bei eDarling und jetzt seit eineinhalb Jahren bin ich der Gründer von nebenan.de. Seit 2005 bin ich auch als Business Angel unterwegs, hauptsächlich in der Berliner Szene.
Joel Kaczmarek: Ja, ich glaube, du bist da relativ bescheid. Man darf ja schon sagen, du hast viele spannende Sachen gemacht, viel auch so die Sambas auf ihrem wichtigsten Weg begleitet. Also gerade Jamba war ja so ein bisschen so ein Nukleus von diesem ganzen Netzwerk, was die gebaut haben. Und dann natürlich auch Rocket Internet nach hinten raus. Also hast du ja sehr, sehr spannende Sachen gemacht und auch so, ich würde sagen, mit die spannendsten Geschichten in der Netzwerk eigentlich mitgekriegt. Also Iderling war ja, glaube ich, wirklich zu seiner Zeit so das Steckenpferd, bis dann auch Zalando kam und nach hinten raus halt ein bisschen das attraktive Modell wahrscheinlich hatte. Aber es war ja so hochrelevant, was ihr da gemacht habt. Und als Business Angel würde ich sagen, du bist ja gefühlt in jeder dritten deutschen Gründung von Relevanz.
Christian Vollmann: Ich habe eine Zeit lang ziemlich viel Gas als Business Angel gegeben, muss mich im Moment zurückhalten, weil ich mich eben auf meine eigene Gründung wieder operativ voll konzentrieren muss. Aber ja, zwischenzeitlich, also ich glaube insgesamt in meinem Leben habe ich mich an über 70 Firmen beteiligt.
Joel Kaczmarek: Wow, okay. Das ist schon so alleine die Aktenordner, die man da hat.
Christian Vollmann: Ich habe tatsächlich mehrere Schränke im Keller. Echt krass.
Joel Kaczmarek: Das ganze Administrative, ich kriege das ja selber auch mit. Aber dann erzähl doch mal ein bisschen was zu nebenan.de. Also ein Gründer kann ja sein Unternehmen immer am besten selber beschreiben. Was genau ist das? Wie funktioniert das?
Christian Vollmann: nebenan.de ist ein soziales Netzwerk für deine Nachbarschaft. Das heißt, deine Nachbarschaft ist ein eigenes in sich geschlossenes soziales Netzwerk und wir stellen sicher, dass nur Anwohner dort sich auch anmelden können. Das generiert Vertrauen, dass du dich hier mit Nachbarn unterhältst und auch nur mit denen. Und die Relevanz entsteht dadurch, dass man sich eben über alles, was hyperlokal relevant ist, austauschen kann. Also zum einen geht es um verloren und gefunden. Es geht um, ich habe was zu verschenken. Es geht um, kann mir jemand helfen? Hat jemand eine Schubkarre, eine Bohrmaschine, eine Leiter? Es geht auch darum, Laufpartner zu finden. Eltern-Kind-Gruppen formieren sich. Ältere Leute finden wieder Anschluss, Hundebesitzer tauschen sich aus, alle möglichen Themen, die hyperlokal Sinn machen. Auch Sicherheit, also Achtung, bei mir ist eingebrochen worden, hat jemand was gesehen, hat jemand einen Hinweis für die Polizei, Fahrrad gestohlen, Kellereinbruch etc. Auch das ist ein Thema.
Joel Kaczmarek: Der initiale Gedanke, den man da konservativerweise hat, ist ja, es gibt irgendwie ein Facebook, es gibt ein Xing und LinkedIn für den Business-Kontext. Du kannst ja auch ganz spezielle Netzwerke teilweise nehmen, ein Instagram für Fotos, ein Pinterest für Bilder, ein Path, wenn es jetzt irgendwie um wirklich kleine Zirkel geht. Also hast du da nicht oft das Problem, dass sich Leute gefragt haben, braucht die Welt jetzt wirklich noch ein Social Network für noch einen weiteren Anwendungsfall?
Christian Vollmann: Ich werde das die ganze Zeit gefragt und wenn ich nicht glauben würde, dass es so wäre, würde ich das hier nicht gründen. All die Beispiele, die du aufgezählt hast, haben keinen hyperlokalen Kontext. Auf Facebook können sich Gruppen gründen zu Vierteln oder Städten. Dort kann jeder rein und wieder raus. Es erfolgt keine Überprüfung. Auf Facebook sind heutzutage auch viele Leute nicht mit ihrem echten Namen mehr unterwegs, sondern mit Pseudonymabkürzungen etc. Das heißt, nur Anwohner haben Zugang. Und das ist ein klar definiertes Gebiet auf der Karte. Und das bietet so in der Form keine Plattformen.
Joel Kaczmarek: Wie groß ist so ein Einzugsgebiet? Also geht ihr da nach Postleitzahlen oder nach Straßenzügen? oder wie groß müsst ihr das vorstellen?
Christian Vollmann: Wir sind kleiner als Postleitzahlengebiete. Unser Ziel ist es, am Ende des Tages die Realität abzubilden. Das heißt, wenn du jetzt mal Beispiel Berlin nimmst, da gibt es, wenn du jemanden fragst, wo wohnst du, dann sagt der, ich wohne im Kollwitz-Kiez, ich wohne im Helmholtz-Viertel, ich wohne im Gräfekiez, im Bötzow-Kiez etc. pp. Es gibt sehr viele Kieze und die gilt es zu treffen. Das heißt, die User müssen sich damit identifizieren können und sagen können, jawohl, das ist meine Nachbarschaft, das heißt hier Kollwitz-Kiez und wenn ich auf die Karte gucke, dann ist das auch genau der Kollwitz-Kiez. Und das ist auch das, was wir hier in viel Handarbeit recherchieren. Wir reden mit Initiatoren, die das bei sich gründen wollen, fragen die, wie heißt deine Nachbarschaft, wo verlaufen die Grenzen? Aber wir recherchieren auch gleichzeitig noch Wikipedia, Open Street Maps, Google Maps, um wirklich am Ende die Städte in relevante, echte Nachbarschaften, die historisch gewachsen sind, einzuteilen.
Joel Kaczmarek: Okay, also noch relativ viel Handarbeit. Ihr geht jetzt nicht hin und sagt, ich nehme Adresse X, ziehe einen Radius von 250 Metern drum per Computer, sondern ihr guckt auch wirklich
Christian Vollmann: Genau, einige unserer Wettbewerber machen das genau so. Also die ziehen einfach einen Radius um jeden Nutzer. Das hat aber den großen Nachteil, dass es eben genauso viele Nachbarschaften gibt wie Nutzer und diese Nachbarschaften haben dann auch keinen Namen. Wenn dann höchstens, ja, das ist jetzt Joels Nachbarschaft und das ist Christians Nachbarschaft, aber es entsteht keine Identifikation mit einer gemeinsamen Nachbarschaft.
Joel Kaczmarek: Wie ist das Engagement bei euch auf der Plattform? Ich denke manchmal so an mich oder die Häuser, die ich bisher schon kennengelernt habe. Wir sind auch relativ oft umgezogen. Ich habe manchmal das Gefühl, die Leute kennen nicht mal die Leute, die eine Etage über ihnen wohnen oder unter ihnen. Dass man vielleicht gerade noch so die auf dem gleichen Eck kennt. Dann gibt es natürlich ältere Menschen, die kennen gefühlt noch drei Straßenzüge weiter, wer da wohnt, nach dem Motto. Also wie hoch ist denn das Engagement bei euren Nutzern?
Christian Vollmann: Ich meine, das ist ja genau das, woran wir glauben, dass es Sinn macht, das wieder ein bisschen zu ändern. Also wir glauben, dass wir bauen ein digitales Tool, das die Hürde im echten Leben reduziert, seine Nachbarn überhaupt wieder kennenzulernen und dann eben mit ihnen in Austausch zu treten bei Dingen, wo das Sinn macht. Es gibt auch Sachen, wo es keinen Sinn macht, meine Nachbarn zu fragen. Aber bei vielen Sachen macht es eben schon Sinn, weil ich kürzere Wege habe, vieles einfacher, schneller regeln kann, als wenn ich irgendwie weit fahren muss. Am Ende des Tages sagen wir aber, wir sind wirklich nur ein Tool, damit die Leute sich im echten Leben wieder kennenlernen und sich treffen und sich austauschen.
Joel Kaczmarek: Und wie schafft ihr da die kritische Masse? Weil es lebt am Ende des Tages ja so ein bisschen davon, dass du in so einem Kiez möglichst viele Touchpoints hast.
Christian Vollmann: Genau. Wie bei jedem sozialen Netzwerk gibt es das Henne-Ei-Problem oder auch das Empty-Room-Problem am Anfang. Wenn ich komme und da ist noch gar keiner oder eine weitere Person, dann gehe ich wieder und komme nicht wieder. Das hat keinen Nutzen für mich. Und das ist eine der wichtigsten Sachen, die wir sicherstellen müssen, ist, dass wir, wenn wir eine Nachbarschaft eröffnen, dann nur, wenn wir einen Initiator haben, der das dort starten will. Und wir haben mittlerweile ein Cookbook, wie wir dann innerhalb von wenigen Tagen diese Nachbarschaft auch in die kritische Masse bekommen.
Joel Kaczmarek: Okay, also so ein Initiator ist so ein bisschen so ein Evangelist, der sozusagen für eure Sache wirbt, der ist so ein bisschen so ein Aktivposten, den du dann brauchst in so einem Kiez.
Christian Vollmann: Genau, ich war damals Business Angel bei StudiVZ und da war es der Campus Captain oder die Campus Captains pro Uni, die dafür gesorgt haben, dass die kritische Masse an dieser Uni eben möglichst schnell erreicht wird. Und ein ähnliches Botschafterprogramm haben wir bei uns auch.
Joel Kaczmarek: Ich meine, das ist ja eigentlich ganz lustig. Du hast ja wirklich spannende Social Networks in Deutschland schon begleitet. Was wir wenige, glaube ich, von dir wissen, ist, dass du zu Jamba-Zeiten auch schon mal eins gebaut hast mit MyFriends. Hat damals unter dem Dach von Jamba nicht funktioniert, war aber eigentlich ein ganz interessanter Ansatz, zu sagen, die Technologie, die man da hat, versucht man neue Geschäftsmittel zu pressen. Und dann diese StudiVZ-Erfahrung. Was hat denn sich jetzt geändert eigentlich seitdem? Und was ist bei dir vielleicht anders bei diesem konkreten Modell?
Christian Vollmann: Also ich konnte damals einiges mitbringen an Erfahrung in die StudiVZ-Gründung als Business Angel da reingeben. Jetzt bei nebenan.de eher weniger. Also klar, diese grundsätzlichen Themen wie man muss das Henne-Ei-Problem geknackt bekommen, das ja, aber ansonsten hat sich schon sehr viel verändert seit damals. Und man muss dazu sagen, nebenan.de ist wirklich ganz anders. Wir bauen nicht ein Social Network, sondern wir bauen ganz viele kleine. Wir haben jetzt über 1700 Nachbarschaften live und in jeder einzelnen müssen wir das Henne-Ei-Problem erneut gelöst bekommen. Das heißt, wir bauen in Deutschland, das Vorgehen, das wir haben, ergibt für Deutschland so circa 12.000 bis 15.000 Nachbarschaften. Das heißt, wir bauen nur in Deutschland 12.000 bis 15.000 Social Networks. Und das ist schon sehr anders. dann.
Joel Kaczmarek: Mal zu den ganzen Funktionen, die ihr so habt. Du hast ja schon so ein bisschen angedeutet, das ist ja extrem vielfältig, was man da machen kann. Von Partys über Laufgruppen über Diebstahlwarnung über Werkzeug austauschen. Wie kriegt ihr all diese Anwendungsfälle eigentlich in einem Interface kanalisiert? Ist das ein bisschen wie so ein Kleinanzeigenportal oder wie muss man sich das vorstellen?
Christian Vollmann: Er ist eine der Haupt-Challenges, dann produktseitig, muss ich zugeben. Es gibt einen generellen Nachbarschafts-Feed. Wenn ich reinkomme, dann den Feed meiner Nachbarschaft, wo am Ende des Tages alles reinläuft. Ich kann dort Beiträge posten mit einer Überschrift, einem Text und mehreren Fotos. Ich kann Veranstaltungen anlegen, auch da natürlich mit Fotos. Und da können Leute dann zusagen oder absagen. Die dritte Content-Art ist ein Marktplatzeintrag. Das ist eben zu verschenken, zu verkaufen, ich suche. Das sind Marktplatzeinträge. Für die gibt es dann wiederum in der Hauptnavigation Kategorien. Also ich kann mir nur den Marktplatz angucken, ich kann mir nur die Veranstaltung angucken oder ich kann mir nur die Beiträge angucken. Dazu kommt dann noch, und das ist wichtig zu wissen, man kann eben Gruppen gründen innerhalb der Nachbarschaft. Das heißt, wir haben zum Beispiel das Thema Lebensmittel retten. Lebensmittelretter sehen nebenan.de als hyperlokale Plattform, wo sie einfach in der Nachbarschaft die geretteten Lebensmittel weiter verteilen können. Weil das ist eine der Hauptherausforderungen. Das funktioniert sehr gut auf nebenan.de. Was die Leute machen ist, sie gründen dafür eine Gruppe. Lebensmittelretter oder wie auch immer und machen für die Gruppe Werbung im Hauptfeed. Aber die einzelnen Lebensmittelrettungen werden dann in die Gruppe gepostet. Weil natürlich nicht jeden in der Nachbarschaft interessiert, gerettete Lebensmittel. Die Leute, die das gerne in Anspruch nehmen, die werden dann Mitglied der Gruppe. Und ähnliches eben mit Eltern, Kind oder Hundebesitzer, Laufgruppen. Für diese Spezialthemen, Skat, Partnergesucht, alle möglichen solchen Themen gründen sich dann Gruppen und dort kann sich dann ein Subset der Nachbarn zu Themen austauschen.
Joel Kaczmarek: Habt ihr generell, dass ihr merkt, dass ihr so Lastzeiten und Saisonalitäten bei dem Geschäft habt? Zum Beispiel Frühjahrsputz oder Weihnachten?
Christian Vollmann: Also bisher konnten wir eigentlich nur eine Saisonalität feststellen. Und zwar, dass es rund um Weihnachten, also ich sage mal so die vier, fünf Tage vor Weihnachten und die vier, fünf Tage nach Weihnachten ist bei uns eher weniger los. Weil da ist einfach Also erstmal ist man im Stress, vor allem vor Weihnachten, Geschenke besorgen etc. Und an Weihnachten selber ist dann, man kümmert sich um die Familie und noch um so die engen Freunde. Aber das ist eher eine Zeit, da besinne ich mich auf meine Familie, meine Freunde und nicht so sehr auf meine Nachbarn.
Joel Kaczmarek: Eigentlich müssen wir auch mal ein bisschen was sagen. Ich finde ja immer die Menschen hinter so einem Produkt irgendwie relevant und interessant. Und ich weiß bei dir, das ist ein Thema, mit dem du dich sehr, sehr lange rumgeschlagen hast im positiven Sinne, das dich sehr lange beschäftigt hat. Also ich erinnere mich, wenn wir uns auf Events getroffen haben, das hat teilweise gefühlt ein, zwei Jahre in deinem Kopf gegoren. Wie ist denn so diese ganze Entstehungsgeschichte und was hast du für ein Team um dich herum versammelt? Weil was mir immer gesagt wird, wenn man über dich spricht, ist, ja, der baut da Strukturen voll krass, der gibt sich mal richtig, richtig Mühe. Da ist selbst der Beteiligungsvertrag sozusagen schon so sauber strukturiert, dass du da irgendwie nach hinten raus keinen Stress hast. Ich habe so das Gefühl, du machst das an vielen Ecken da.
Christian Vollmann: Ja, genau. Ich glaube, es kommt daher, dass mich das Thema sehr lange beschäftigt und mich am Ende des Tages nicht losgelassen hat. Also ich habe quasi schon relativ viel gegründet und ich war am Ende auf der Suche nach etwas mehr Sinn, etwas mehr Purpose und nach einer Idee, die mir nicht nur monetäres Potenzial verspricht. Und es ist natürlich so ein bisschen ein Luxusproblem. Ich kann mir das eben auch leisten, mir so eine Idee zu suchen. Das gebe ich auch gerne zu, dass das so ist. Und diese Idee hat mir mittlerweile ein Freund von mir gezeigt, also die Inspirationsquelle aus Übersee. Das war im Januar 2013, also es wird demnächst vier Jahre. Und seitdem ist es wirklich so, dass mich das Thema nicht mehr loslässt. kommt irgendwann der Tag, wo du merkst, okay, entweder du machst das jetzt oder du wirst entweder verrückt. Also es lässt dich einfach nicht los. Und wenn du das nicht machst, dann macht das auch irgendwie keiner. Zumindest nicht richtig. Natürlich gab es andere, die es auch versucht haben, aber keiner so in meinen Augen richtig versucht. Und dann, wenn du so eine Idee hast, die dich inhaltlich wirklich fasziniert und dann kommt dazu, dass ich eben schon jahrelang Erfahrung habe, wie man es aufzieht und wenn das beide zusammenkommt, glaube ich, dann gibt man sich einfach sehr viel Mühe und man denkt dann auch langfristiger, weil das ist jetzt nicht etwas, was ich mal kurz antesten wollte und wenn es nicht sofort fliegt, dann mache ich wieder etwas anderes. sondern mich reizt immer noch die Herausforderung, kriegt man das überhaupt etabliert als Konzept in Deutschland, in Europa? Weil Nachbarschaft funktioniert hier sehr anders als in anderen Ländern. Und wir haben auch noch andere Probleme, mit denen wir uns in Deutschland beschäftigen müssen, die es in anderen Ländern so auch nicht gibt oder nicht in der Intensität. Und die Herausforderung hat mich sehr gereizt. Der Funke, der das Ganze dann gestartet hat, war mein Gespräch mit Til Benke, der heute mein Mitgründer ist, der Betterplace.org gegründet hat, seines Zeichens Sozialunternehmer ist, Schokafellow. Und ihn habe ich damals vor, das ist jetzt etwas über eineinhalb Jahre her, interviewt, ob das nicht eher ein Thema ist, das man versuchen sollte, als Wikipedia-ähnliches Social Crowdfunded Movement hinzubekommen. Wo man sagt, okay, man gründet eine Stiftung, die wirklich einen gemeinnützigen Zweck hat, die Spenden einsammelt, die dann die Plattform baut, die Technik bereitstellt, aber die Nachbarschaften müssen nicht komplett selber organisieren. Die können diese Technik nutzen, aber müssen das in Eigenorganisationen tun, ähnlich wie es die Leute, die bei Wikipedia Inhalte generieren, ja auch tun. Und man selber ist aber eigentlich nur der Plattformbetreiber. Oder ist es doch ein Thema, was man als Business betreiben sollte, wo man dann eben den Vorteil hat, dass man dann auch Investoren ansprechen kann, Mitarbeiter mit Stockoptions integrieren kann, all diese Vorteile, auch ein Budget hat für Skalierung und Marketing. Aber den Nachteil, dass man schon auch immer wieder mit der Kritik konfrontiert werden wird, ja, ihr macht das ja hier für Profitzwecke. Beide Ansätze haben Vor- und Nachteile. Ich habe damals mehrere Sozialunternehmer interviewt, was sie dann mir empfehlen würden. Alle haben erstaunlicherweise gesagt, wenn es dir darum geht, diesen Social Impact, den du siehst, diesen gesellschaftlichen Mehrwert, möglichst groß zu skalieren, mach das als For-Profit und versuch dann, ein Geschäftsmodell drumherum zu bauen, was es dir dann auch ermöglicht, das langfristig zu betreiben. Und nicht immer wieder am Spendentropf zu hängen und betteln gehen zu müssen. Und der Till war ab der ersten Minute total begeistert und hat mir gesagt, Christian, wenn du das nicht gründest, wer soll es denn sonst gründen? Du musst das eigentlich machen. Und das war noch so ein bisschen, was mir noch so gefehlt hat. Und dann habe ich aus dem Reflex heraus gesagt, willst du nicht mitmachen? Sollten wir das eigentlich nicht zusammen gründen? Und er hat dann wörtlich gesagt, gib mir eine Nacht Zeit, lass mich einmal drüber schlafen, ich melde mich morgen und Da war mir schon klar, dass er Ja sagen würde. Und ich habe in die Gründerbeziehung, ins Gründerteam meinen Bruder Michael mitgebracht, der vorher sechs Jahre bei Ashoka gearbeitet hat. Und das war auch immer ein Traum von uns beiden, mal was zusammen zu machen. Der Till hat mitgebracht Ina Brunk und Mathis Scheinhardt. Die beiden kannte ich vorher nicht. Die musste ich dann erst kennenlernen und gucken, ob das passt, aber das war der Fall. Und dann waren wir zu fünft und haben gesagt, ja, wir brauchen aber auch noch einen CTO, also einen technischen Co-Founder. Und da hatten wir dann sehr großes Glück, dass wir den sehr schnell, den Sven Tantau, gefunden haben und aus heutiger Sicht mein Dream-Team, muss ich wirklich sagen.
Joel Kaczmarek: Ist das bei dir eigentlich so ein bisschen, dass du irgendwie so eine Art Wiedergutmachungsdruck oder etwas in der Art empfindest? Weil du kommst ja schon so ein bisschen aus dieser Samwa-Ecke, hart arbeiten. Man hört bei dem immer wieder so, der trimmt die Leute, nutzt andere aus. Ob das jetzt stimmt, sei mal dahingestellt. Kann man, glaube ich, immer sehr, sehr vielfältig diskutieren. Aber hast du schon so ein bisschen Gefühl, da irgendwie auf irgendeine Art dir selber was beweisen zu müssen oder Wiedergutmachung zu leisten? Oder ist das einfach eine Passion?
Christian Vollmann: Tja, eine gute Frage. Also es ist so, ich war auf der komplett anderen Seite. Ich habe das gesehen und auch mitgemacht. Und mein Bruder hat ja von vornherein immer diese soziale Schiene eingeschlagen. Und ich muss sagen, ich habe ihn dafür schon immer bewundert. Er hat schon immer sich irgendwie in den Dienst der gemeinschaftlichen Sache gestellt. Ich fand das immer sehr edel und bewundernswert und habe ihm dafür immer großen Respekt gezollt. Bei mir ehrlich gesagt, ich glaube, ich bin ein sehr ehrgeiziger Mensch. Wir kommen aus einfachen bürgerlichen Verhältnissen. Wir hatten tolle Eltern, die uns eine tolle Bildung ermöglicht haben, obwohl sie selber, weil sie auf dem Land großgewachsen sind, direkt in der Nachkriegszeit nicht die Chance hatten, ein Gymnasium zu besuchen, obwohl sie das Zeug dazu gehabt hätten. Haben daraus die Lehre für sich gezogen, Bildung ist eigentlich das Wichtigste, was man den Kindern mitgeben kann. Haben das uns beiden ermöglicht und wir sind ihnen dafür extrem dankbar. Für mich war, glaube ich, als ich jung war, von der Uni kam, ging es mir tatsächlich hauptsächlich darum, ich wollte beweisen, dass ich es kann und ich wollte auch mir mein berühmtes Fuck-You-Money irgendwo verdienen. Also einfach das Geld, wo man dann sagen kann, wenn einem was nicht passt, eben Fuck-You, ich mache mein eigenes Ding. Und ich glaube, das war dann aber genau das, was eingetreten ist. Also als ich das gemacht hatte, habe ich gemerkt, dass noch mehr Geld fühlt sich für mich einfach zu shallow an. Es ist mir einfach nicht sinnstiftend genug. Also Generation Y würde ich sagen. Extrem stark auf der Suche nach Sinn in meinem Leben. Hatte da auch eine Zeit lang, das war eigentlich die Zeit, nachdem ich diese Idee schon entdeckt hatte, aber bevor ich mich getraut hatte, wirklich zu sagen, das ist es, was ich mache. war ich auch aus heutiger Sicht, würde ich sagen, in einer mittleren Midlife-Crisis, also einfach in einer Sinnkrise. Was uns hier wirklich als Firma vereint, ist dieser gemeinnützige Zweck, den wir sehen und dieses Gute, was diese Plattform tut. Es ist wirklich so, wenn wir im Backend in unseren Feed gucken, wo alle Nachbarschaftsnachrichten, wo wir die einsehen können, wenn mal was nicht so gut läuft, wenn wir mal einen schlechten Tag haben, dann setzen wir uns da zwei Minuten davor lesen und gehen mit einem riesen Grinsen im Gesicht raus, weil es passieren wundertolle Sachen. Da denkt man oft, ja, das ist immer bla bla, aber es ist nicht so. Also Leute fragen nach Hilfe, bekommen sie. Es findet Integration von Flüchtlingen auf überlokaler Ebene statt. Es findet der Austausch zwischen Jung und Alt statt. Also alte Leute sagen, ich bin 67, pensionierte Mathelehrerin, ich gebe gerne Kindern in meiner Nachbarschaft kostenlos Mathe nach Hilfe. Ich will kein Geld, Mathe macht mir Spaß, ich habe Zeit, ich langweil mich. Also dieses Potenzial, was in alten Leuten steckt, die alle noch was gut können, und sei es Klavierunterricht geben, Mathe-Nachhilfe, was auch immer, Deutschunterricht für Flüchtlinge etc. pp., das ist riesig. Und die wollen kein Geld, die wollen einfach nur ein bisschen sozialen Anschluss. Und die junge Person, die kostenlose Mathe-Nachhilfe bekommt, die kann dann halt mal einkaufen gehen für die alte Person. Solche Sachen finden bei uns statt. Und das Tolle ist, die hätten alle nicht stattgefunden ohne nebenan.de. Das ist kein Ersatz. Ich sage immer, WhatsApp ersetzt in meinen Augen zu 90% Konversationen, die vorher per SMS stattgefunden haben. Klar ist WhatsApp besser. Man kann jetzt Bilder schicken, seinen Standort teilen, Gruppen gründen. Aber inhaltlich hat 90% davor einfach per SMS stattgefunden. Bei nebenan.de hätte 98% der Interaktionen und Konversationen ohne nebenan.de nie stattgefunden. Weil das sind Leute, die sich vorher nicht kannten. Und wir bringen sie wieder zusammen. Und das ist, was uns inhaltlich wirklich sehr stark motiviert. Und es ist schön zu sehen, dass in dieser Firma, das ist wie ein Lagerfeuer, dieser Social Cause, das ist wie ein Lagerfeuer, um den wir rumsitzen, der uns Identität gibt und uns wärmt und uns ein gutes Gefühl gibt. Das gibt uns so einen Kompass.
Joel Kaczmarek: Spannend. Du hast ja offensichtlich sehr viele Gedanken gemacht über den Sinn in deinem Leben und auch deines Produktes. Wenn du aber jetzt trotzdem sagst, du hast dich für den For-Profit-Weg entschieden und du musst halt irgendwie immer auch trotzdem gucken, wie man mit dem ganzen Thema Geld verdient. Was ist denn so eure Vision, wie ihr den ganzen Spaß refinanziert?
Christian Vollmann: Es ist natürlich gar keine Frage, dass wir uns im Moment fokussieren auf Wachstum, auf Produkt, also ein richtig gutes Produkt zu bauen. Wir haben gerade erst unsere Native Apps gelauncht. Also alles, was wir bis heute erreicht haben, haben wir nur im Web, also Web-only erreicht. Natürlich war die Webseite optimiert auch für Mobile Browsing, aber wir hatten keinerlei App. Wir konnten bis heute noch niemandem irgendeine Push-Notification schicken. Das heißt, wir haben noch viele To-Dos auf der Produktseite, bis ich sage, das ist jetzt wirklich ein gutes Produkt. Da sind wir noch lange nicht. Also die erste Zeile Code ist auch erst vor 14 Monaten geschrieben worden. Vor sechs Monaten waren wir noch vier Programmierer in unserem Team. Also es ist schon immer noch very early times, sehr, sehr, sehr früh. Und genau, Wachstum und natürlich auch Engagement. Also dass Leute das Produkt nutzen und dann auch re-engagement, dass sie wiederkommen und es regelmäßig nutzen. Das ist immer noch und auch absehbare Zeit. In 2017 wird das weiterhin der Hauptfokus sein. Und danach wird eine Kernentscheidung sein, internationalisiert man jetzt erst, Oder monetarisiert man jetzt erst oder versucht man beides gleichzeitig zu machen? Das müssen wir dann auch mit unseren Gesellschaftern und Investoren besprechen. Das hängt natürlich auch ein bisschen von der Risikoaffinität ab. Aber keine Frage kommt der Tag, an dem wir anfangen müssen zu monetarisieren, ein Businessmodell zu bauen. Und das wird auch logischerweise eine der Kernherausforderungen werden.
Joel Kaczmarek: Was habt ihr da bisher für Ideen für?
Christian Vollmann: Vom Grundsatz her ist es, ich versuche im Online-Marketing hyperlokal einzukaufen. Also ich versuche, Leute anzusprechen, die im Kollwitz-Kiez wohnen. Mit einer auf den Kollwitz-Kiez getargeteten Message. Extrem schwierig. Kaum jemand kann mir das anbieten. Viele können mir eine Postleitzahl anbieten oder Facebook kann mir anbieten, x Kilometer um den Radius. Keiner kann mir anbieten, den Kollwitz-Kiez.
Joel Kaczmarek: Naja, höchstens wahrscheinlich so die Ströers dieser Welt, die jetzt langsam ihre Billboards digitalisieren, ne?
Christian Vollmann: Genau, aber das ist dann immer noch out of home und nicht online. Ich sage mal so, wir glauben daran, dass viele Brick-and-Mortar-Geschäfte, also viele Ladengeschäfte, aber auch natürlich über lokale Dienstleister wie Friseur, Nagelstudio, aber auch Arzt, Anwalt, Handwerker und so weiter, eigentlich jeder, der ein lokales Einzugsgebiet hat, dass wir den auf die Plattform einbinden können. Ihnen ermöglichen, dass er sich dort erstmal repräsentiert, dass er seine Reputation aufbaut bei uns. Also Thema Empfehlungen, Bewertungen von echten Anwohnern. Also nur die Anwohner dort können dann auch bewerten. Plus dann natürlich nächster Schritt auch noch transaktionsbasiert. Also Nachbarschaftsvorteilsangebote etc. Am Ende des Tages geht es darum, mein Einzugsgebiet möglichst ohne Streuverlust ansprechen zu können und neue Kunden in meinen Laden zu kriegen.
Joel Kaczmarek: Hat so ein bisschen die gelbe Seitentouch eigentlich, ne?
Christian Vollmann: Ja, also ich glaube, es wird am Ende des Tages eine Kombination aus vielen Sachen, muss es werden, wenn es richtig gut werden soll. Ziel muss ja sein, dass es für beide Seiten, für die privaten Nachbarn, die Anwohner, als auch für die Ladengeschäfte oder auch Dienstleister, natürlich auch Gastronomie, klar. für beide Seiten Sinn macht und funktioniert. Und das ist natürlich die Kernherausforderung. Ich glaube, wie gesagt, eine Komponente ist Recommendations. Also da denke ich eher an TripAdvisor, Yelp, Quype, diese Art von Geschäften. Dann geht es weiter mit Transaktionsbasiert. Also es ist schon fast Richtung Groupon, aber überlokal und nachhaltig. Ja, also es wird, glaube ich, muss eine Kombination werden.
Joel Kaczmarek: Aber ich glaube auch, es ist eine große Herausforderung, dass du sowas gut hinkriegst, so eine Transition in so einen Bezahlweg reinzugehen, weil, wenn wir früher über Social Networks geredet haben, Friendster starb wegen Skalierungsproblemen, aber ein MySpace zum Beispiel starb ja eigentlich wegen schlecht eingebundener Werbung zum Beispiel, was Facebook sehr gut hingekriegt hat. Also kriegt man ja so ein Gefühl für. Lass uns doch mal so ein bisschen über Performance-Zahlen reden. Wie seid ihr denn eigentlich derzeit aufgestellt? Was habt ihr so für Städte? Wie viele Nachbarn habt ihr? Wie viele Nutzer auf der Plattform? Kannst du uns nochmal so ein Gefühl geben?
Christian Vollmann: Was wir kommunizieren, ist die Anzahl der Nachbarschaften. Da haben wir jetzt 1700, hatte ich schon erwähnt, Nachbarschaften. Der große Teil davon ist in der kritischen Masse. In der kritischen Masse definieren wir derzeit über 100 Nachbarn. Man muss dazu immer sagen, das sind adressverifizierte User. Also man muss auch immer sich vor Augen halten, dass das schon eine Hürde auch ist im Anmeldeprozess.
Joel Kaczmarek: Wie macht ihr das?
Christian Vollmann: Verschiedene Wege. Da sind wir auch derzeit viel am Experimentieren und neue Methoden am Entwickeln und Hinzufügen.
Joel Kaczmarek: Also ist das so ein bisschen so eine Postidentnummer, dass ihr denen irgendwie was schickt und die müssen es dann irgendwie per Unterschrift abholen. oder wie müsst ihr das vorstellen?
Christian Vollmann: Also derzeit sind die Hauptwege entweder ein Foto von der Rückseite deines Personalausweises, da steht dein Name drauf, deine Adresse und wir sehen, dass es an der Hand der Sicherheitsmerkmale, können wir mit hoher Genauigkeit sagen, dass es ein echter Ausweis ist. Wir akzeptieren Bilder des oberen Drittels einer sogenannten Utility Bill, wie man das aus England kennt. So werden in England Adressen verifiziert. Also einer Utility Bill als Versorgerrechnung. Also sprich Gas, Wasser, Strom, Bankauszug einer Bank. Also ein Anbieter, der bekannt ist und der wiederum deine Adresse hart verifiziert hat, um mit dir eine Kundenbindung einzugehen. Banken haben das Know-Your-Customer-Prinzip. Das akzeptieren wir. und der dritte Weg ist Postkarte. Also man kann eine Postkarte anfordern mit einem Zugangscode.
Joel Kaczmarek: Okay, kostet natürlich euch dann Geld, ne?
Christian Vollmann: All diese Methoden kosten am Ende des Tages Geld. Und es ist am Ende des Tages eine Investition in die Qualität. Also es ist eine Hürde. Wir verlieren da auch User, die das dann nicht zu Ende machen oder auch gar nicht erst anfangen. Quasi ist schon eine Conversion-Hürde, aber das Ergebnis in der Plattform ist eine viel höhere Qualität. Die Leute sind alle mit vollem Vor- und Nachnamen und verifizierter Adresse angemeldet. Das heißt, die wissen das auch und wissen auch, dass jeder, der drin ist, da auch durch musste durch diesen Verifikationsprozess. Und man überlegt sich einfach zweimal, was man schreibt. Also die Leute gehen sehr respektvoll miteinander um, sind sehr höflich. Das ist der Grund, warum, wenn wir das dann sehen, sind wir immer sehr begeistert. Natürlich ist man langsamer gewachsen in Terms of, wie viele Mitglieder haben sich angemeldet. Aber ich glaube, das ist schon auch ein großes Learning. Am Ende ist Qualität viel wichtiger als Quantität.
Joel Kaczmarek: Wo du von Engagement redest, wie sind denn eure Zahlen bei diesen ganzen Themen? Also Verweildauer, Aktivitätsgrad, vielleicht auch Referrals. Was siehst du da für Entwicklungen, für Trends bei euch?
Christian Vollmann: Ehrlich gesagt kann man das bei SimilarWeb.com zum Beispiel, dadurch, dass wir heute noch 100% Web-Traffic haben, kann man das dort eigentlich einfach nachgucken. Ich glaube, ich müsste jetzt lügen, aber wir sind jetzt bei einer Million Visits im Monat, haben Verweildauer von ca. 6 Minuten, wenn ich mich richtig erinnere, und ca. 5,56 Seiten pro Visit. Das sind gute Werte, wenn man das mit anderen Plattformen vergleicht.
Joel Kaczmarek: Aber wenn wir mal so ein bisschen versuchen einzutauchen darüber, wie ihr Nutzer gewinnt, weil References, könnte ich mir vorstellen, ist da wahrscheinlich ein wesentlicher Hebel, oder? Dass euch bestehende Nutzer weiterempfehlen, oder ist das nicht so?
Christian Vollmann: Also das Thema Nachbarschaftsportal ist kein hypervirales Thema. Das siehst du darin, wenn ich dich frage, von wie vielen deiner Nachbarn hast du die E-Mail-Adresse oder die Telefonnummer, sodass du sie digital einladen könntest mitzumachen. Kannst du dir mal von dir selber überlegen, kann sich jeder von uns überlegen. Bei den meisten Leuten ist die Antwort entweder von gar keinem oder von zwei oder dreien. Sprich, das ist nicht dieses Thema, gib mir mal dein Adressbuch bei Gmail oder bei Yahoo und ich schicke mal eine Einladung an deine 800 Kontakte, die da drin sind. Das ist es definitiv nicht. Es ist kein Thema, wo der virale Koeffizient so hoch ist, dass ein Nutzer bringt 1,3 neue mit und es explodiert dann irgendwann automatisch.
Joel Kaczmarek: Aber ich sage mal so, was man bei euch ja gesehen hat, es grassierte ja mal eine ganze Zeit lang, dass jeder auf einmal irgendwelche Briefe im Postkasten hatte, die so nach, hat Muttchen mit dem Microsoft Word-Punt getippt, mit hallo, hallo, ich bin bei nebenan.de, melde dich doch auch an, hast du Bock? Also befördert ihr solche Sachen zum Beispiel, dass ihr sagt, das ist für euch ein guter Kanal? Da haben sich ja viele, glaube ich, auch instant gefragt, ist es echt oder nicht?
Christian Vollmann: Also die Geschichte dazu ist, dass als ich die Idee vor eben fast vier Jahren zum ersten Mal gesehen habe, habe ich überlegt, wie kann ich da einen sogenannten Preto-Type, dafür bauen. Also ein Pretotype ist das, was man noch vor dem Prototypen macht. Ich habe entschlossen, okay, mein Pretotype ist, einfach mal in meiner Nachbarschaft zu klingeln. Ich kannte damals niemanden in meiner Nachbarschaft. Also wirklich auch in die Nachbarhäuser, nicht nur im eigenen Treppenhaus, in die Häuser daneben und den mich vorzustellen, ein bisschen Smalltalk zu machen und dann irgendwann zu sagen, ich hätte Lust, hier für die Straße eine Art soziales Netzwerk im Internet zu gründen. Hätten Sie Lust, da mitzumachen? Wenn ja, geben Sie mir doch bitte Ihre E-Mail-Adresse. Weil nur Fragen, ja, nein, das ist nicht wertvoll genug. Mein Test war, bekomme ich von den Leuten ihre E-Mail-Adressen? Dieser Free-to-Type war dann sehr erfolgreich. Also bei 20 Leuten geklingelt, 19 haben mir ihre E-Mail-Adresse gegeben. Nur einer hat gesagt, nee, will erst mal gucken. Und generell super, super coole Gespräche gehabt, Leute kennengelernt. Das war eine tolle Erfahrung. Und dann habe ich gesagt, so, jetzt wäre der nächste Schritt ein Prototyp. Und habe dann ein Open-Source-Social-Network mir gesucht, ELK. nennt sich das, habe meinen Straßennamen reserviert als Domain und habe das dort installiert. Es sah nicht gut aus, es war auch nicht furchtbar schnell und performant, aber es hat erstmal den Sinn und Zweck halbwegs erfüllt und habe dann erstmal diese 19 Leute, von denen ich die E-Mail-Adresse hatte, eingeladen. Und darunter war dann einer, der sehr begeistert war und dann nochmal, ich glaube, noch 30 weitere Leute eingeladen hat innerhalb von kurzer Zeit. Und zwar, indem er sie auf der Straße angequatscht hat und gefragt hat, ob sie hier wohnen. Also er war ein sehr outgoing Typ. Aber auch hat teilweise auch geklingelt bei sich und Nachbarnhäusern. Und das war ein Weg. Die Hürde ist aber extrem hoch. Also jetzt meinen Usern bei jedem anzusagen, geht doch mal raus, klingelt bei euren Nachbarn, quatscht die da rein. Das ist eher so US-Wahlkampf. Klingelt bei euren Nachbarn und überzeugt sie, dass sie jetzt Hillary oder Trump wählen sollen. Das macht in Deutschland keiner. Die Hürde ist wirklich hoch. Auch mein Puls war ganz schön hoch, als ich das erste Mal bei so einem Nachbarn geklingelt habe. Also so waren wir dann circa bei 50 Nutzern und die Straße hat ungefähr 400 Haushalte. und wir haben uns gefragt, okay, wie kommt man jetzt von 50 Nutzern auf 100 oder auf 150? Und das war damals eben der Matthias, der da so begeistert war in meiner Straße und ich, wir haben das dann gemeinsam so ein bisschen vorangetrieben und der Matthias hatte die Idee, ja lass doch Flyer an die Laternen kleben. Und dann habe ich gesagt, ja Matthias, wir haben keinen Adressveröffentlichungsprozess, weil das war ja nur ein schnell zusammengeschustertes Tool. Das ist mir ein bisschen zu öffentlich. Da laufen sehr viele Touristen rum, sehr viele Leute, die hier Freunde besuchen oder ins Restaurant gehen, aber halt nicht hier wohnen. Und die will ich eigentlich nicht drauf machen, weil ich kann die auch nicht rausfiltern, weil ich habe ja keinen vorgestalteten Adressverifikationsprozess. Was hältst du davon, wir drucken Einladungen aus und werfen die in die Briefkästen? Wir klingeln uns in die Häuser rein und werfen die in die Briefkästen. So können wir ziemlich sicher sein, dass sich nur Anwohner da rankommen und sich anmelden. Lange Rede, kurzer Sinn, genau das haben wir gemacht. Ich kann dir den Zettel, ich habe den noch auf dem Computer liegen, von damals zeigen. Ich habe den einfach in Word runtergetippt, ein bisschen formatiert.
Joel Kaczmarek: Entschuldigung, wenn du das Mützchen warst, was ich gerade gesagt habe.
Christian Vollmann: Aber es ist erstaunlich, dass diese Zettel basieren auf diesem Zettel, den ich vor dreieinhalb Jahren in meiner Straße eingeworfen habe. Wir haben bis heute eigentlich ehrlich gesagt keinen Zettel gefunden, der besser funktioniert. Das ist auch witzig. Wir haben sehr viel Testing, A-B-Testing. Wir haben bis heute keinen Zettel gefunden, der besser funktioniert.
Joel Kaczmarek: Gerade weil es persönlich wirkt.
Christian Vollmann: Genau, weil es persönlich ist, weil es vom Nachbarn zu Hause ausgedruckt, im Briefkasten. Und unser Prozess ist heute so, dass wir suchen uns Initiatoren, die ihre Nachbarschaft starten wollen. Mit denen sind wir im Austausch per E-Mail und Telefon. Und erklären denen, das Beste ist, wir werfen persönliche Einladungen in die Briefkästen und wir haben dann Textvorschläge, die können die anpassen und verändern. Viele machen das natürlich auch nicht, also Leute sind bequem, nehmen dann die Vorlage und wir helfen dann beim Druck und beim Einwerfen. Aber die Einladung kommt wirklich von dem Anwohner aus der Nachbarschaft.
Joel Kaczmarek: Hast du noch andere Wege gefunden, wie ihr an Nutzer kommt, außer diese FlyRain-Geschichte?
Christian Vollmann: Dann sind wir jetzt im Moment sehr viel am Ausprobieren. Also im Online-Marketing, alle möglichen Kanäle, die es da gibt, die muss ich jetzt nicht alle aufzählen. Da gibt es welche, die funktionieren gut, dann gibt es welche, die funktionieren nicht. Da sind wir natürlich extrem viel am Testen und Ausprobieren. Und jetzt kommt dann natürlich noch das ganze Thema App-Marketing. Also unsere App ist noch nicht so fertig, dass wir jetzt schon ins Paid-App-Marketing gehen, aber das folgt auch in Kürze. Auf der Webseite war es so, dass wir 50% Desktop-Zugriffe hatten und der Rest war Mobile und Tablet.
Joel Kaczmarek: Krass, da merkt man ja schon, wo die Reise hingeht ein bisschen.
Christian Vollmann: Ja, auf jeden Fall, klar.
Joel Kaczmarek: Ich meine, man spürt ja, du bist jetzt wahrscheinlich auch nicht irgendwie begeistert, da großstark über Marketing-Teile zu reden, versteht man ja auch, weil es gibt ja durchaus auch Wettbewerb. Du hast ja schon gesagt, in den USA hast du auch ein Vorbild gehabt, Nextdoor tippe ich mal. Wie siehst denn du die? Also was ist so dein Blick auf die internationale Konkurrenz? Die haben ja irgendwie sehr viel Geld auch aufgenommen, 210 Millionen Dollar, ist ja irrwitzig gefühlt für deutsche Verhältnisse. Machen die dir Angst, dass die in den deutschen Markt kommen? Siehst du die eher als Vorbild, kannst du von denen lernen? oder wie ordnest du die ein?
Christian Vollmann: Sie sind Inspirationsquelle, aber wir sind kein Copycat. Also es ist jetzt schon so, dass wir viele Funktionalitäten uns deutlich unterscheiden. Auch in den ganzen Prozessen unterscheiden wir uns deutlich und in unserer IT Roadmap entfernen wir uns immer weiter voneinander. Also für mich ist klar, es ist die Inspirationsquelle. Aber Nachbarschaft funktioniert in jedem Land dann doch anders. Und da liegt der Teufel im Detail. Und deswegen mache ich mir auch keine großen Sorgen. Also klar, die werden irgendwann auch Europa und Deutschland ausprobieren. Sie sind ja schon am Start in Holland und in UK. Beides, wenn wir uns jetzt die Zahlen, die man von außen sehen kann, angucken, sind wir jetzt not overly impressed so far. Mag sich ja noch ändern. Aber das ist jetzt nicht, was uns die Angst in die Knochen treibt. Die machen einen super Job in den USA. Das ist eine tolle Firma. Deren Investoren sind bisher in jeder Runde immer voll mitgegangen. Das sind tolle Investoren. Keine Frage, sind das Profis und machen einen sehr guten Job in Amerika. Ich glaube, sie werden aber lernen, dass dieses Modell is a bitch to internationalize.
Joel Kaczmarek: Ja, aber das fällt dir dann vielleicht auch mal irgendwann auf die Füße, wenn du internationalisieren willst, oder?
Christian Vollmann: Absolut. Wenn es darum geht, Deutschland zu verteidigen, ist das gut für mich. Wenn es darum geht, wollen wir morgen nach Italien gehen, aber das ist gegen mich.
Joel Kaczmarek: Aber würdest du dich von so jemandem zum Beispiel kaufen lassen oder mit dem irgendwie einen Merger machen oder irgendwas in der Art? Ist das für dich sinnvoll, wenn die jetzt kämen und sagen, wir sind in so einer typischen Make-or-Buy-Situation, wir verstehen deinen Markt nicht, lass uns das zusammen machen, wir backen zusammen einen größeren Kuchen. Ist das ein Case oder ist das eher fern von eurer Denkung?
Christian Vollmann: Du Joel, das kommt dann so auf die Situation an.
Joel Kaczmarek: Man schließt nichts aus.
Christian Vollmann: Ja, also du musst sehen. Ich war ja damals in der Position bei StudiVZ, dass ich auf dem Papier Board of the Director dieser UK Limited war. Und deswegen stand damals Matt Kohler vor meinem Schreibtisch, als sie das erste Mal StudiVZ kaufen wollten.
Joel Kaczmarek: Facebook jetzt.
Christian Vollmann: Facebook, genau. Und ja, aus heutiger Sicht natürlich, ich war damals stark dafür, das auch zu tun. Ich fand Facebook eine extrem vielversprechende Firma und konnte mich damit aber nicht durchsetzen. Und dann darf man sich auch nicht beschweren, Ex-Post. Dann hat man sich nicht durchgesetzt und ist man selber schuld. Aber da hätte es dann durchaus Sinn gemacht. In anderen Fällen gab es auch schon Sachen, wo jemand verkaufte, wo es dann Ex-Post keinen Sinn gemacht hat. Ich meine, das Learning ist am Ende des Tages, Ex-Post ist man immer schlauer. Das wissen wir alle. Ja, also damit beschäftige ich mich eigentlich nicht, ehrlich gesagt. Mich treibt um, ich will dieses Thema inhaltlich in Deutschland etablieren, weil ich einfach glaube, das braucht es. Und zwar eigentlich weltweit.
Joel Kaczmarek: Was ist denn so mit dem deutschen Wettbewerb? Also da muss ich selber mal gucken, muss man ja fairerweise sagen, also ihr habt vielleicht zumindest in meiner Sphäre mit der Publicity einen besseren Job gemacht als jetzt andere, aber so ein WirNachbarn, Nachbarschaft.net, Lokalportal sind so Namen, die da irgendwie aufpoppen, wenn man da mal irgendwie dreimal, viermal zu googelt. Wie siehst du solche Leute? Ist das irgendwie jemand, wo man sagt, interessiert dich nicht oder hast du Angst vor? Wie muss man sich diesen Wettbewerb bei euch vorstellen?
Christian Vollmann: Also ein Modell, in dem man gar keinen Wettbewerb hätte, das wäre ja schon scary. Also das würde mir eher Angst machen, dass ich sage, bin ich jetzt wirklich völlig auf dem Holzweg, dass es hier irgendwie überhaupt keinen Wettbewerb gibt. Ich glaube, Wettbewerb gehört dazu, erlebt das Geschäft, ist ja auch Antrieb, Ansporn, besser zu werden. Das ist ja auch im Sinne des Konsumenten und im Sinne des Nutzers, dass sich eine Plattform kontinuierlich weiter verbessert und eine Triebfeder dafür ist Wettbewerb. Also insofern
Joel Kaczmarek: Schön höflich geantwortet.
Christian Vollmann: Ja, also ich meine, Makro von ganz oben, Vogelferspektive betrachtet, ist Wettbewerb eine sinnvolle und gute Sache. Jetzt ist es so, ich sehe in Deutschland niemanden, der das Thema gut genug und tief genug und sorgfältig genug bearbeitet und da eine echte Community aufbaut, ein gutes Produkt aufbaut. Nur so viel, guck bei similarweb.com, vergleiche nebenan mit WirNachbarn, mit Lokalportal, mit Nachbarschaft.net. Die laufen alle unter Fernerliefen. Die haben es alle nicht geschafft, Traction und kritische Masse aufzubauen. Alle die drei genannten gerade werden eigentlich de facto nicht mehr weiterentwickelt. Also de facto sind die zwar noch live, aber die Projekte sind eigentlich tot.
Joel Kaczmarek: Ein Faktor bei dem Thema Skalierung ist ja auch immer ein bisschen Geld. Vielleicht machen wir so als Abschluss des ganzen Themas mal noch einen Blick auf die Investoren. Also ich habe gesehen, ihr habt ja irgendwie eine ganze Reihe von Business Angels, beeindruckend ordentlich strukturiert übrigens euer CapTable, also ich habe das gesehen mit lauter GBRs und so, Chapeau. Aber ihr habt lauter Business Angels, ihr habt einen Burda an Bord und einen Lexter, also eigentlich ein sehr, sehr namhafter Investor. Gerade Lexter und mit Klaus Hommels ist ja so ein bisschen gerade so der, ich würde mal sagen, einer der Sparkle, wie es hieß, wie von Europa. Was ist denn so die Genese hinter diesen Investoren? Wie kam es dazu und wie passt das zusammen? Also die sind ja eigentlich stark wachstumsorientiert und ihr macht eigentlich Social Impact. Also wie kam es dazu, wie passt das zusammen?
Christian Vollmann: Da muss ich nochmal sagen, wir machen schon beides. Wir versuchen, das beide aus besten Welten zu vereinen, aus der Social-Impact-Welt, aber auch aus der For-Profit-Welt. Also wir versuchen Thema Skalierung, Blitzscaling, Engagement, gutes Produkt, einfach professionell zahlengetrieben. Wenn man das einsetzt, um einen Social Cause zu fördern, dann ist das eigentlich so. das Beste aus beiden Welten. Plus dieser Social Impact ist so, dass es auch, es macht auch Sinn für uns als Firma, auch aus Investorensicht, weil es hilft uns extrem beim Storytelling, es hilft uns extrem beim Recruiting, es hilft uns extrem beim Motivieren des Teams, beim Leute an uns binden, auch langfristig. Es wird immer so als Entweder-Oder gesehen. Also entweder man ist ein Weltverbesserer oder man ist so Turbo-Kapitalist und beutet die Angestellten aus, haut die Kunden übers Ohr und schadet die Umwelt. Also immer diese Extreme. Und wir versuchen eben, die zwei Sachen zu verbinden. Und ehrlich gesagt, sollten wir damit Erfolg haben, glaube ich, wäre das auch ein bisschen, das ist schon so. mein Traum, also ein Teil des Traums, dass das zu so einem Leuchtturm werden könnte, dass sich das mehr Leute trauen zu sagen, es ist nicht entweder oder, ich versuche beides zu verbinden und zu vereinfachen.
Joel Kaczmarek: Okay, verstehe. Aber wie ist es denn dann dazu gekommen? Weil es ist ja bestimmt als VC-Case jetzt nicht, merkst du ja auch an mir, da habe ich ja offensichtlich das gleiche Vorteil wie viele Menschen, denen du begegnest an dieser Front. Wie hast du es denn denen verkauft? Wie hast du es geschafft, dass solche Top-Leute durchaus in dich investieren? Und wonach hast du die ausgesucht?
Christian Vollmann: Also ich habe zu Beginn erst mal selbst finanziert. Das hilft natürlich immer, weil man dann, man kann schon mal loslegen, man kann live gehen, erste Traction zeigen und man muss eben keine ganz, ganz early Runde raisen, wo man noch überhaupt nichts zu zeigen hat, außer die Idee und das Team. Das hat schon mal geholfen. Und dann war es so, dass ich mich über diese Idee mit Klaus Hommels vor dreieinhalb Jahren schon mal getroffen habe. Damals war es so, dass er sehr skeptisch war und sie mir eher ausgeredet hat. Aus heutiger Sicht sehe ich, dass ich damals noch nicht überzeugt genug war davon und selber noch zu sehr gezweifelt habe an der Idee und man mir das dann auch angemerkt hat. Ich war damals auch noch nicht bereit. Und ich glaube, was dann kam im August letzten Jahres, als Klaus dann investiert hat, zwei Sachen zusammen. Ich glaube, Punkt eins, er war beeindruckt davon, dass ich nicht locker lasse und dass mich diese Idee anscheinend tatsächlich inhaltlich reizt und antreibt. Und dass es hier nicht nur darum geht, jetzt einen schnellen Markt zu machen, sondern dass sich das Thema inhaltlich interessiert. Und dass ich nicht irgendwas gründen will, sondern wirklich das, weil es mir darum geht, das als Konzept zu etablieren. Das fand er, glaube ich, sehr gut. Und dann war es eben so, dass ich hatte mein Dream-Team gefunden. Wir waren auf einem guten Weg. Ich war unter keinem Druck. Wir hatten noch genug Geld aus meinem eigenen Topf. Also wir waren eigentlich gar nicht am Fundraisen. Das habe ich Klaus auch ganz klar so gesagt. Ich hatte auch kein Deck. Ich hatte keine Investor-Presentation. Und war einfach beseelt von dieser Idee und extrem confident, selbstbewusst. Und Klaus hat gemerkt, wenn er nicht investiert, dann suche ich mir halt andere. Ich mache das jetzt. Ich lasse mir da jetzt von nichts und niemandem aufhalten. Ich war, glaube ich, einfach viel überzeugender als drei Jahre vorher oder damals dann zweieinhalb Jahre vorher. Klaus ist einfach ein super Typ. Klaus ist extrem gut vernetzt, kann wirklich Türen öffnen in nicht nur Europa, sondern auch in den USA und auch in Asien. Klaus investiert in Menschen und ich glaube, er hat einen echt guten Riecher. Also ich arbeite sehr gerne mit Klaus zusammen.
Joel Kaczmarek: Und wie passt Burda da rein? Hat das irgendwie einen strategischen Winkel, den du da gewählt hast?
Christian Vollmann: Im CapTable siehst du ja, dass Klaus oder Legstar und Burda heute genau gleich viele Anteile haben. Beide sind Minderheitsgesellschaftler, haben auch keine strategischen Rechte, können also nichts blockieren. Wir Gründer sind am Steuer und wir finden Burda einen sehr guten Riecher. Investor für das Thema, weil es dort ganz oben auf Interesse gestoßen ist. Also wirklich Top-Management-Attention. Wir sind ja auch nicht bei irgendeiner Beteiligungsgesellschaft aufgehängt, auch nicht bei Acton oder so, sondern Burda hat investiert. Die Leute ganz oben finden das Thema spannend. Wir haben deren Support. Die sind unsere biggest Cheerleader, feuern uns an, helfen mit.
Joel Kaczmarek: Ja, aber weißt du, das Ding ist doch, du kannst ja jeden aussuchen, gefühlt. Du hast ja gesagt, 70 Investments schon gemacht. Du wirst also in irgendeinem Cap-Table irgendwie immer Kontakt zu einem der Großen haben, sei es jetzt ein Index, vielleicht auch der ein oder andere Ami.
Christian Vollmann: Ja, aber du musst es so sehen. Das ist eigentlich das, glaube ich, warum wir Burda ausgesucht haben. Weil ein Index, die haben ein rein finanzielles Interesse. Und Burda hat wirklich ein, und das vereint uns. ja, auch ich habe nicht nur ein rein finanzielles Interesse, ich habe ein inhaltliches Interesse an dem Thema. Und Burda hat auch ein inhaltliches Interesse an dem Thema. Und Burda, muss man auch sagen, hat auch die Eier in der Hose zu sagen, nee, wir verkaufen Xing nicht, verschärfen Xing nicht an LinkedIn und wir haben auch keine Angst davor, dass LinkedIn uns einfach mal so platt macht, sondern wir investieren in Technologie, in auch Sachen, die uns differenzieren im deutschen Markt und wir bieten dem angeblich übermächtigen US-Konkurrenten einfach auch mal Paroli und machen das seit Jahren sehr erfolgreich.
Joel Kaczmarek: Da ist manchmal die Frage, ob das Mut ist oder Naivität, oder? Wenn ich so an Holzbring und StudiVZ zurückdenke, die hatten ja auch noch ein Facebook-Übernahmeangebot.
Christian Vollmann: Ja, StudiVZ hat ja aber nie in Technik wirklich investiert und hat sich nie in USP erarbeitet. Plus die Netzwerkeffekte waren natürlich auch viel stärker. Aber also aus meiner Sicht, ich finde es beeindruckend. wie gut Xing sich hält und verteidigt und auch weiter wächst, auch Umsatz, Gewinn, Marktkapitalisierung seit Jahren in die richtige Richtung und sich nicht in die Hosen scheißt vor dem US-Konkurrenten. Und das ist ja etwas, was bei uns auf der Roadmap steht. und auch ich bin nicht davon getrieben, das Ding hier nach USA zu verkaufen, sondern will mir ganz explizit auch den Weg offen halten, nee, wir führen das hier als deutsches Business und verkaufen eben nicht und wollen trotzdem erfolgreich sein.
Joel Kaczmarek: Sehr schön. Das ist auch eine hervorragende Kampfansage. als Schlusswort. Ansonsten an alle da draußen, die sich das heute angehört haben, ich hoffe, euch hilft das auch sehr und ihr habt auch ein bisschen Spaß dabei. Wenn ihr uns eine Freude machen wollt, geht zu iTunes und schenkt uns eine Fünf-Sterne-Bewertung, denn unser Vermarkter tritt uns immer fleißig auf die Füße. So etwas müssen wir machen, weil nur Fünf-Sterne-Bewertungen helfen. Damit können wir mehr Leute erreichen, hoffentlich mehr Leuten helfen, spannendere Inhalte machen etc. pp. Also das würde uns sehr freuen. Fünf Sterne bei iTunes. Vielen Dank an euch. Dann danke ich dir ganz herzlich für deine Zeit und wünsche natürlich viel Erfolg beim Aufbau von eurem Unternehmen.
Christian Vollmann: Dankeschön, Joel.