Mymoria 🪦: Wie funktioniert das Online-Geschäft mit dem Tod?

17. Oktober 2024, mit Joel Kaczmarek

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Joel Kaczmarek: Hallo Leute, mein Name ist Joel Kaczmarek. Ich bin der Geschäftsführer von digital kompakt und heute habe ich einen Interviewgast, wo ich mir schon ganz lange vorgenommen habe, mal ein Gespräch zu führen, weil ich total neugierig war. Wie bringt man denn bitte die Bestatterbranche ins Internet? Weil Björn Wolff hat genau das gemacht mit Mymoria. Der sagt selber, wir sind ein Omnichannel-Bestattungshaus, wo ich erstmal wissen wollte, okay, Omnichannel-Bestattungshaus, der Begriff klingt ja schon geil. Und natürlich bin ich wie gesagt neugierig, was ist eigentlich das Geschäftsmodell dahinter, wie funktioniert das, wie sieht dieser Markt aus. Also ich will gar nicht lange um heißen Brei rumreden, wir sollten mal straight starten. Lieber Björn, freut mich, dass du da bist. Hallo.

Björn Wolff: Hallo Joel, freut mich auch, dass ich da sein darf. So wie du dich schon lange gefreut hast, mit mir zu sprechen, geht es mir ähnlich. Freue mich auch, bei dir zu sein.

Joel Kaczmarek: Dankeschön, Dankeschön. Hand aufs Herz. Wie bist du denn dazu gekommen? Sowas zu gründen. Und wie nennt ihr euch eigentlich? Also du sagst jetzt Omnichannel-Bestattung, seid ihr ein Bestatter? Ich habe ja im Vorgespräch dich gefragt, seid ihr ein Online-Bestatter? Nein, man kann ja nicht online bestatten, eher fair. Seid ihr also sozusagen, da wollen wir mal hin, was die Dienstleistung ist. Aber anyway, erstmal, wie du dazu gekommen bist.

Björn Wolff: Erstmal, wir nennen uns Mymoria und wir sind, glaube ich, Bestatter. Und alles andere können wir gleich erklären, wie das funktioniert. Und das ist natürlich das allererste Mal, dass ich die Frage höre, wie ich dazu gekommen bin. Bei vielen Startups hört man ja, man hatte selber mal den Anwendungsfall. Ich bin jetzt selber noch nicht gestorben, aber der Anwendungsfall war es auch bei mir. Ein Trauerfall. im Freundes-, Familienkreis bin ich mal über das Thema gestorbert. Ich hatte zu der Zeit vor, selber mal irgendwann zu gründen, hatte damit offene Augen und habe mir sehr viele Märkte angeguckt. Und da ist der Bestattungsbereich dann reingerutscht und irgendwann ist er nicht mehr weggegangen und hat mich dann immer mehr fasziniert. Und damals, mein Partner und ich, wir haben uns das in der Tiefe angeschaut und dachten, haben wir da Themen vielleicht zu verbessern, die wir nicht so gut fanden? Ja, irgendwann haben wir gesagt, komm.

Joel Kaczmarek: Der größte Scheiß an dem Business ist doch eigentlich, wenn wir mal Tacheles reden, das ist doch sau teuer und sau intransparent, oder? Und dann hast du gleichzeitig eigentlich gar keine Markenbekanntheit, also du kannst gefühlt gar nicht unterscheiden, ist Bestatter A oder B, ist da jetzt ein Qualitätsunterschied, weil es ist ja jetzt nicht wie Porsche vs. Lamborghini vs. VW oder whatever. Also so würde es mir gehen, wenn jetzt jemand gestorben wäre, würdest du gefühlt über Google schauen, wo ist was in der Nähe, Und dahin gehen. Und in meiner alten Denke ist immer so, Eichensack 10.000 Euro, wollen sie noch das Blumengesteck A oder B. Also das ist so das Bild, was ich von deiner Branche habe.

Björn Wolff: Was glaubst du denn, was so eine Durchschnittsbestattung kostet?

Joel Kaczmarek: Zwischen 7.000 und 12.000 Euro.

Björn Wolff: Also es ist eine ganz spannende Frage, die haben wir kurz nach unserer Gründung, 2015, 2016 waren wir dann am Markt, haben wir das mal im Kudamm gemacht. Also auf der Straße mal die Leute gefragt, welche Bestattungsarten kennst du, wie kostet das? Und da kam so ein Sammelsuri und Potpourri von 1000 Euro bis, ja, also unter 15.000 Euro bekommst du gar nichts. Bestattungsarten kannten nicht viele, also da merkte man, uff, da ist wahnsinnig viel Luft nach oben in unserer Gesellschaft, auch das zu verstehen. Und wenn man sich fragt, woher kommt das, ist ja eigentlich relativ einfach, es ist halt das Tabuthema Nummer eins. Du hast ja heute großes Glück. Du kannst mir jede Frage stellen, rund um Ableben oder wie man bestattet. Ich kann es dir dann beantworten, aber diese Situation hat man ja nie. Das ist, glaube ich, auch ein Stück dessen, was uns ausmacht. Wir haben von Anfang an gesagt, komm, wir müssen darüber reden, so viel wie möglich, um das Thema wieder in der Gesellschaft zu platzieren und ein gewisses Know-how zu platzieren, dass Leute mündig werden, selbst darüber zu entscheiden, weil man kommt nur alle 18 Jahre in die Situation, durchschnittlich, also 18 Jahre, dass man mal eine Bestattung planen muss. Das heißt, selbst wenn du es mal gemacht hast, Du hast keine Ahnung, was du da eigentlich gemacht hast oder was jetzt auf dich zukommt. Und dann, sind wir ehrlich, ist ja eigentlich, dass auch so eine Situation Banalitäten entscheiden darf. Ja, wollen Sie einen Sarg oder eine Urne? Welche Blumen finden Sie denn gut? Und wollen wir eine Traueranzeige dazu machen? Ja, nein. Und eigentlich, wenn man eine Vorsorge macht, da kommen wir vielleicht später nochmal dazu, dann kann man das ja alles gut schon für sich selbst einmal regeln. Und dann hat man als Hinterbliebene in dem Moment auch Zeit, Abschied zu nehmen. Das ist das Neudeutsch-Best-Case-Szenario. Ist es aber meistens nicht, sondern in Deutschland hat das kaum einer einmal eine gute Vorsorge gemacht. Deswegen kommt man immer wieder auf diese Themen, dass man das dann entscheiden muss. Und Leute haben da keine Ahnung. Jetzt kommen wir zu dem Punkt, den du vorgefragt hast. Das heißt, das Gegenüber leitet eigentlich das, was du da machst und was dann für ein Preis dran steht oder was du bekommst. Das kannst du als Kunde ganz schwer in Relation setzen. Ist das ein richtiger Preis? Ist das eine richtige Qualität? Da haben wir damals angefangen. Wir haben versucht, Preistransparenz in den Markt zu bekommen, dass man über unsere Webseite in einfachsten Schritten eben sich ein Bestellungsprodukt zusammenstellen kann und sofort sieht, das kostet es und dabei bleibt es immer noch. Und dadurch, dass wir viel digitalisieren und mittlerweile über ganz Deutschland das Ganze machen, versuchen wir natürlich über Standardisierung auch einen hohen Qualitätsstandard hinzubekommen.

Joel Kaczmarek: Sag doch mal du Schlingel, was kostet denn so eine Beerdigung im Durchschnitt?

Björn Wolff: Durchschnitt in Deutschland ist 5700 Euro, davon sind aber nur so dreieinhalbtausend Euro wirklich die Bestatterkosten und der Rest ist Kosten für Friedhof. Das sind auch nicht unerhebliche Kosten, die immer noch drauf kommen für ein Grab.

Joel Kaczmarek: Vielleicht gehen wir mal den Prozess so ein Stück weit durch. Also gefühlt sind ja, glaube ich, mehrere Parteien an so einem Prozess beteiligt. Und du hast ja vollkommen recht, ich hätte es auch vermutet, dass man da hingeht, hat von Tut und Blasen keine Ahnung und bist total angeschossen, weil du eigentlich voll am Trauern bist und weißt gar nicht, wo oben und unten ist. Und ich glaube, was ja auch noch hinzukommt, ist so dieser emotionale Druck, was wird von mir sozial erwartet? Muss das Blumengestick XXL sein? Braucht es da irgendwie noch so einen Aufsteller mit einem Foto? Ist es irgendwie unschicklich, wenn ich keine Traueranzeige mache und so weiter und so fort? Von daher, lasst uns doch mal durchdeklinieren. Also wenn jemand stirbt, was passiert eigentlich alles?

Björn Wolff: Als Bestatter ist man so ein bisschen Eventmanager. Das gehört ja auch zu den wichtigsten Events dazu. Da gibt es eine Geburt, da gibt es eine Bestattung, vielleicht eine Hochzeit, Kinderkriegen. Das sind ja schon die Top-Events wahrscheinlich im Leben. Wenn man in die Situation kommt, passiert ja gar nicht mehr so oft zu Hause. Sondern meistens passiert es im Krankenhaus, im Pflegeheim, im Altenheim. Also auch da haben wir ja verlernt, dem Tod ins Auge zu sehen, wenn man so will. Weil ich glaube, wenn wir auf die Straße gehen würden, würden zehn Leute fragen, hast du schon mal einen toten Menschen gesehen? Würden neun sagen nein. Und einer würde sagen, ich komme von so einem kleinen bayerischen Dorf, da war es noch normal, dass man zu Hause stirbt. Also meine Oma habe ich noch im Todesbett gesehen und da kam auch noch halbe Dorf nochmal vorbei zum Abschied nehmen. Da hatte man so ein bisschen einen anderen Bezug dazu. Das ist heute eben nicht mehr so. Das ist uns so ein Stück weit verloren gegangen. Ich kann es so ein Stück weit verstehen, wenn ich mit meinen Großeltern darüber geredet habe, Wir haben nie darüber geredet. Zwei, drei Generationen davor, die halt direkt aus dem Krieg kamen, die hatten glaube ich genug Tod und da war das so ein bisschen, da hat man es verdrängt. Also da ist es in die Tabuzone abgedrehten. Und dann haben wir natürlich irgendwie den Wandel in der Medizin. Das heißt, wir haben so viel neue Möglichkeiten, dass es halt dann oftmals eben auch genau im Krankenhaus endet. Wenn dieser Moment eintritt, dann ist das Erste, was du von deinem Arzt oder vom Pflegeheim bekommst, hier, du brauchst jetzt einen Bestatter, der sich um alles Weitere kümmert. Ab da ist es eigentlich so, dann suchst du dir erstmal einen Bestatter und der macht dann eine Abholung, überführt wahrscheinlich seine eigenen Klimaräume. Dann setzt man sich mit dem Bestatter zusammen und bespricht, wie das ganze Event und alles drumherum werden soll. Also da geht es dann einmal um das Event, gibt es eine Trauerfeier, ja oder nein, soll es Blumen dazugeben und all das Mögliche. Und auch sowas wie, auf welchem Friedhof soll es denn sein? oder auf sonstigen Begräbnisstätten. Das ist eine ganze Klaviatur. und was wir auch gesehen haben, es ist halt so breit, dass man zwar standardisieren kann, aber nicht einen Standard einem Menschen überstülpen kann, dass es immer so ist. Und wir versuchten, über unsere Aufstellungen so hinzubekommen, dass wir eben den Angehörigen oder den Hinterbliebenen, in diesem Fall unseren Kunden, in den Mittelpunkt stellen und sagen, hey, egal wie du es möchtest, wir haben dafür Lösungen, wir haben alles schon gemacht und egal in welcher Reihenfolge du es machen willst, das kriegen wir auch hin. Und trotzdem kannst du ganz am Anfang dir schon ganz einfach ein Angebot zusammenstellen und siehst, was es kostet. Und deswegen haben wir auch so viel digitalisiert. Jeder unserer Mitarbeiter, egal wo in Deutschland, arbeitet auf einem Software-Hub, wenn man so will, und kann von überall in jeden Fall reinschauen und ist immer aussagekräftig. Das heißt, wenn irgendjemand in deiner Familie sterben würde in Hamburg, dann könnte der sich, passiert mitten in der Nacht, mitten in der Nacht ein Angebot bei uns erstellen, anschauen, wie das Ganze schon mal funktionieren könnte, da schon mal weiterzumachen. über ganz viele Sachen Gedanken machen, kann, was weiß ich, tagsüber in unsere Bestattungsboutique auf große Bleichen gehen und dann soll das Ganze in München stattfinden, dann haben wir da ein Team, die das machen oder irgendwo am Land, dann haben wir da ein Team, das macht am Ende und die haben alle den gleichen Wissensstand und darüber schaffen wir wiederum Qualität.

Joel Kaczmarek: Aber jetzt ist ja so, da gibt es doch bestimmt noch weitere Rollen. Also ich hätte jetzt gedacht ein Krematorium. Dann wahrscheinlich den Friedhof. Dann Trauerredner oder Rednerin. Gerichtsmediziner wahrscheinlich nicht. Das passiert wahrscheinlich schon vorher, wenn irgendwie was ist, dass hier Toten scheinen.

Björn Wolff: Nein, also es gibt eine erste Leichenschau, die ist praktisch die Feststellung des Todes. Und dann gibt es eine zweite Leichenschau. Die zweite Leichenschau ist nochmal vorm Krematorium, dass man auch wirklich sieht, dass derjenige tot ist, bevor man es dem Feuer übergibt. So ist es. Wir wollten es ja beim Worten nennen heute.

Joel Kaczmarek: Ja, aber stimmt. Passiert das öfters, dass jemand da in so einer Box liegt und dann klopft es?

Björn Wolff: Also man liest das bestimmt ab und zu auf ein Bild und dann war es in irgendwelchen anderen Ländern. Ich glaube, mit der Herangehensweise, wie wir es in Deutschland haben, sollte das nicht passieren. Also mir ist es noch nicht passiert.

Joel Kaczmarek: Ist so ein Krematorium immer angedockt an die Friedhöfe? Also ist das sozusagen Friedhofsleistung oder ist das bei euch Teil der Dienstleistung?

Björn Wolff: Also Krematorien sind meistens eigenständige Betriebe, genauso wie Trauerredner haben wir intern, aber manchmal nutzen wir auch externe Trauerredner, Blumen, die von Blumenläden kommen, die haben auch eigene Blumenläden, aber nicht überall, also hat man auch da wieder externe Gewerke. und ja, da sind wir wieder bei dem Anfangskommentar, eigentlich sind wir jetzt so Ventmanager, weil wir müssen die verschiedenen Gewerke unter einen Hut bringen, sie steuern und unser Ziel ist aber trotzdem, dass es für den Kunden so wahnsinnig einfach ist, dass er sich nicht um irgendwas kümmern muss, sondern dass wir sagen, ja, das möchten wir so, wir setzen das für dich um und am Ende bekommst du eine Rechnung, da steht alles drauf.

Joel Kaczmarek: Heißt das in der Konsequenz, dass ihr in allen Städten, in denen ihr Angebot haben wollt, Lokalitäten haben müsst? Oder habt ihr zum Beispiel anfangs eher so gearbeitet, dass ihr wie so eine Art Marktplatz fungiert habt, dass ihr einfach bestehende Bestatter aus den Städten abbildet, bei denen sozusagen was passiert und ihr seid einfach nur die Plattform darüber?

Björn Wolff: Mymoria hat sich über die Zeit entwickelt, das auch alles Kapitalbedarf hat, zum anderen, weil man auch nur in den Kapazitäten arbeiten kann, die man gerade hat. Und wir haben am Anfang uns der Digitalisierung verschrieben. Da haben wir erst eine Plattform gebaut, über die man Angebote erstellen kann und relativ schnell, ich glaube, wir hatten da keine drei Monate gebraucht, haben wir über komplett Deutschland auf Postleitzahlenebene Angebote für Bestattungen abgeben können und die auch zu dem Preis umsetzen. Wir hatten damals noch nicht überall eigene Leute, die dann auch die letzte Meile umsetzen konnten. Also nämlich, die Wortspiele im Bestandteilbereich sind tief. Also wir hatten zum Beispiel für die Trauerfeiern, für die Überführungen, die man ja auch fahren muss, weil man muss ja so einen Verstorbenen auch von A nach B überführen, keine eigenen Leute. Das heißt, da haben wir auf Subdienstleister, wie wir Subdienstleister Krematorium, Subdienstleister Blumenhaus etc. haben, Dann eben auch Bestatter und Subdienstleister genommen, die für uns das vor Ort gemacht haben und trotzdem haben wir alles arrangiert. Wir waren nie ein Vermittler, also das wollten wir nie machen, weil wir wussten, in dem Bereich geht es sehr um standardisierte Individualität, wenn man so will. Es geht sehr um Qualität und gibt man es aus der Hand und vermittelt nur, dann gibt man genau die Essenz aus der Hand, nämlich die Qualität. Ist manchmal auch wahnsinnig schwierig und das hat uns auch Blutschweiß und Tränen gekostet, aber ich glaube, es war es wert, weil nur dadurch konnten wir das Produkt bauen, was wir heute haben. Dann haben wir 2019 angefangen, auch in der Fläche uns aufzustellen, sodass wir alles selbst machen können und haben dann Autos, Personal für Überführungen eingestellt, sodass wir das selbst machen können, Personal für Trauerfallbegleitung eingestellt, sodass wir das selbst machen können. Was wir bis heute noch nicht selbst machen, ist sowas wie Kremation. Da fallen wir immer noch zu den Krematorien. Aber alles, was die eigentliche Bestatter-Kernleistung ist, machen wir mittlerweile selbst.

Joel Kaczmarek: Was ist denn so der Tipping-Point? Ich denke gerade so an Picknick. Bei Picknick war es ja so, die haben immer Städte gehabt und dann haben die so eine Seite aufgemacht und haben gesagt, hier, wenn du von uns Essen geliefert haben willst, melde dich an. Ab 5000 Leuten, die bei uns bestellen würden, fangen wir an, das in den Katalog zu nehmen. So nach der Logik ungefähr. Du musst natürlich gucken, wo hast du denn ein Lager etc. pp. Und ich kann mir vorstellen, dass es bei euch so einen ähnlichen Take gibt, dass man sagt Ab wann rechnet es sich denn, dass wir selbst jemanden haben, der die Leiche da fährt? Ab wann rechnet es sich, darüber nachzudenken, Trauerredner fest vorzuhalten für ein Stadtgebiet oder ein Bundesland oder whatsoever? Gibt es da bei euch so Tipping Points, wo du sagst, okay, ab dann ist es attraktiv, das komplett selbst umzusetzen? Deswegen haben wir angefangen?

Björn Wolff: Die Stückzahl der Sterbefälle bringt auch mit sich, dass man dann eben Auslastung schafft, dass sie nicht warten müssen darauf, dass sie wieder mal in Überführung fahren, sondern dass wir sie halt am Laufen halten. Das ist aber ehrlicherweise im Bestattungsbereich, mittlerweile kaufen wir ja Bestattungshäuser dazu und integrieren die dann in unsere Gruppe. Da sehen wir manchmal, dass so der Umkreis dessen, was ein Bestatter macht, gar nicht so groß ist. Und manchmal siehst du da so Bestandungsautos, die du mitkaufst, die sind 10 Jahre alt und haben nur 10.000 Kilometer runter. Da fragen wir uns immer, wie funktioniert das? Weil die halt keine großen Wege haben. Die fahren dann halt in ihrem Bereich, wo sie nur sind. Und dann fahren die halt direkt hin zum Standesamt und dann nochmal zum Klimaraum und nochmal zum Krematorium. Das war's. Während wir schon größere Radien haben, die diese Leute dann bedienen müssen und wir dadurch auch Auslastung schaffen. Und so lohnt sich das relativ schnell.

Joel Kaczmarek: Makaber so die Frage, aber gibt es Saisonalität beim Sterben? Also Sommer zum Beispiel, weil wegen Hitze ganz viele sterben oder Winter wegen Einsamkeit oder whatever it is. Gibt es das?

Björn Wolff: Ja, absolut. Jetzt, wo wir sprechen, fängt die Hauptsaison wieder an, wenn man so will. Der Sommer ist sehr ruhig. Das ist für die Bestatter einerseits gut, weil da können sie mal in Urlaub fahren. Hauptsterbezeit ist der Winter. Da ist es halt nass, kalt, für den Kreislauf schwierig und da sind die meisten Bakterien unterwegs. Da kommt viel zusammen und deswegen ist der Winter deutlich stärker als der Sommer.

Joel Kaczmarek: Ich denke das gerade einfach mal kalt wie ein Geschäftsmodell durch. Wie ist es denn, gibt es auch so B2B-Nachfrage für euer Geschäft, dass jetzt zum Beispiel der Staat sagt, wenn wir irgendwie Soldaten in Kriegsgebieten haben, dass ihr sozusagen solche Massenaufträge habt? Oder macht der Staat sowas zum Beispiel selbst? Oder ist es so, dass ihr, wenn man jetzt mal in B2B weiterdenkt, zum Beispiel mit anderen Bestattungshäusern, die nicht euch gehören, sagen könntet, eure Software, eure Planung, eure IT-Tools, whatsoever, verkauft ihr an die weiter?

Björn Wolff: Können wir machen. Das gibt es im Markt auch. Also es gibt auch Bestatter-Software-Tools. Mehr oder weniger in der Nachgründung schon das erste Mal angeguckt und die passten nicht zu dem, was wir bauen wollten oder wo wir hinwollten. Deswegen war es relativ schnell klar, wir müssen in eigene Infrastruktur investieren und deswegen haben wir von Anfang an selbst gebaut. Es gibt auch Ausschreibungen für zum Beispiel ordnungsbehördliche Bestattungen von Städten. Das sind so, wenn man Sozialbestattungen hat, wo niemand mehr lebt, muss sich irgendjemand drum kümmern. Und da gibt es dann, je größer die Stadt, desto mehr gibt es und so. Das ist dann schon, dass eine Stadt eine Ausschreibung dafür macht und dann eben Städte sich bewerben dürfen, wer würde das für welchen Preis machen. Ist gut, weil so kümmert sich da jemand drum. Das ist ein sehr positives Momentum des Sozialstaats, dass sich eben auch jemand kümmert um Leute, die niemand mehr haben. Insofern ja, all das, was wir machen, könnte man wahrscheinlich auch im B2B-Markt machen, ist aber nicht unser Fokus. Also wir haben einen reinen B2C-Ansatz, wachsen damit und fokussieren uns auch darauf.

Joel Kaczmarek: Jetzt sag mal mal, Hand aufs Herz, wer wird denn Bestatter oder Bestatterin? Also ist ja jetzt nicht unbedingt, dass du sagst, ich gehe studieren, ich mache eine Ausbildung. Das ist ja schon ein ungewöhnlicher Beruf. Stirbt es auch aus?

Björn Wolff: Es ist ja schon auch ein schöner Beruf. Denkt man vielleicht auf den ersten Moment nicht, aber wir haben sehr, sehr viele Sinnbewerbungen. Also Leute, die sagen, ich habe halt keinen Bock beim 48. Food Delivery Service zu arbeiten, sondern ich will irgendwie der Gesellschaft was zurückgeben. Und das ist ja bei uns auf eine Art und Weise schon so, weil wir nahe Menschen arbeiten und in einer sehr schwierigen Situationen helfen, so gut wir können. Und so wie ich das mitkriege, kommen da viele gute junge Bestatterkollegen nach. Das freut mich tierisch, weil ich glaube, der Bestattermarkt braucht jungen Input, weil er schon alt gewachsen ist. Dann muss man, glaube ich, noch einmal historisch zurückschauen. Wir hatten ja bis 1989 nun zwei Staaten in einem. Auch der Bestattungsbereich war staatlich in den neuen Bundesländern. Und daraus sind dann Bestattungsunternehmen hervorgegangen im Ostbereich. Und im Westbereich gab es das schon länger. Da war es oftmals ein Gewerk, was aus Schreinereien herauskam früher. Die dann merkten, wir machen eh schon Kisten dafür, die Särge. Können wir auch gleich die ganze Bestattung machen. Und wir haben mittlerweile in Deutschland einen hyperfragmentierten Markt. Also wir haben über 6000 Bestatter und die meisten davon sind wirklich Kleinstbetriebe. Aber es ist kein Geschützberuf. Du musst also nicht unbedingt eine Ausbildung machen, um Bestatter zu sein. Also du könntest auch morgen Bestatter sein.

Joel Kaczmarek: Ich kann jetzt in meinem Büro umflaggen und könnte sagen, ich bringe Leute unter die Erde und dann darf mir das keiner verbieten. Ich dürfte jetzt morgen Bestatter werden.

Björn Wolff: Ja, ich könnte auch morgen ein Podcast-Haus werden. Wäre ja auch kein Thema. Muss ich auch können. Also Unschonlist geht auch. Aber ich glaube, es ist auch gut, wenn man eine macht. Und da geht der Trend so ein bisschen hin, dass Leute auch die Ausbildung machen. Der Verband hat dafür ein Ausbildungszentrum geschaffen. Und ich glaube, da kommen gute junge Köpfe nach.

Joel Kaczmarek: Wenn du sagst Ausbildung, was lernt man da genau? Lernt man da, sag ich mal, was Handwerkliches? Lernt man da das Emotionale, den Umgang mit den KundInnen? Lernst du da, sag ich mal, das Organisatorische, wenn du es eher wie so einen Eventplaner siehst? Was ist so das Wichtigste, was man eigentlich können muss als Bestatter?

Björn Wolff: Oh, das sind jetzt aber zwei Fragen. Was lernst du da und was ist das meiner Meinung nach Wichtigste, was du gönnen musst? Ich fange mal mit dem meiner Meinung nach Wichtigsten an. Ich glaube, es gibt unterschiedliche Bereiche dort und deswegen auch unterschiedliche Anforderungen. Wir sind jetzt kein Unternehmen, was in der Couleur so klein ist, dass wir die eierige Wollmilchsau brauchen, also einer, der irgendwie wunderbar mit Leuten kann und gleichzeitig auch einen Grab schaufeln, sondern wir können das in die einzelnen Untergewerke aufteilen. So Kleinstbetriebe, bei denen ist das natürlich so, dass sie viel abdecken müssen. Und ich glaube, das aller allerwichtigste ist eigentlich, dass man empathisch ist. Dass man mit Menschen reden kann und vielleicht nicht reden, sondern noch viel wichtiger zuhören. Weil manchmal geht es einfach erstmal darum zuzuhören und in einer schlimmen Situation jemanden aufzufangen, dadurch, dass man ihm eine Möglichkeit gibt, dass er reden kann. Also ganz kurz im Bogen spannen, es gibt alles im Bestandesbereich. Es gibt ja nicht nur Leute, die sitzen vor dir und sie nur umheulen können, eigentlich kein Wort rauskriegen. Nee, es gibt ja auch ganz aufgeräumte Leute. Es gibt auch Leute, die gar nicht mit uns in Kontakt kommen wollen. Auch für die haben wir eine Lösung. Klassisch, meinen Vater habe ich gar nicht kennengelernt. Er ist vor meiner Geburt schon weggerannt, also eigentlich Erzeuger. Jetzt wurde ich vom Amt angeschrieben, ich bin der Bestattungspflicht, ich soll den unter die Erde bringen. Könnt ihr euch bitte um alles kümmern. Ich unterschreibe jetzt das Angebot und ich will nie wieder was davon hören. Schickt mir einfach die Rechnung. Hört sich kalt an, aber ich finde auch etwas, was man respektieren muss. Und ich glaube, diese Bandbreite muss man erfüllen können. Und das ist das Empathische, was man mitbringen muss. Und dann gibt es für die unterschiedlichen Gewerke eben Sachen, die man, glaube ich, mitbringen muss. Bei der Ausbildung, die du fragtest, ich glaube, lernt man schon das ganze Package. Ich glaube nur nicht, dass jeder immer das ganze Package bespricht. Es ist gut, wenn man theoretisch weiß, wie man einen Sarg macht und wie man vielleicht das ausschalt, wenn man es mit der Hand machen muss oder wie man es mit dem Bagger macht. In den Kleinstbetrieben muss ich vielleicht auch viele selber machen. Aber wenn es ein bisschen größer wird, dann ist es auch gut, wenn man wiederum Experten hat, die das eine machen und Experten, die das andere machen. Weil auch ich könnte vielleicht viele Sachen davon. Ich habe auch alles mal irgendwie mitgemacht, damit ich weiß, was wir machen. Also ich habe schon Trauerreden gehalten. Ich habe Überführungen mitgemacht, ich habe Grundversorgungen mitgemacht am toten Menschen. Ich war mit, ich darf keinen Bagger fahren, aber ich war mit dabei, wenn wir Gräber aufgemacht haben. So, also ich bin dem allen Herr. Ich würde jetzt aber sagen, ich bin nicht in allem ein Experte. Da gibt es Leute in unserer Firma, die machen mir bei Längen das vor, was sie da besser können.

Joel Kaczmarek: Erinnerst du dich noch an eure erste Beerdigung?

Björn Wolff: Ja, also ich erinnere mich an den ersten Sterbefall, auf den haben wir lange gewartet, weil damals waren wir ja ein Online-Tool und wir hatten ja eine wahnsinnig coole Idee, wie das funktioniert und wie man so als Gründer da reingeht. Denken wir, okay, wenn ich jetzt live schalte, dann hagelt es hier. War aber gerade Dürrezeit und es hakelte leider nicht. Und dann haben wir da gewartet, ich glaube fünf Tage lang und sah, da kommt Traffic rein und passierte was. Und dann plötzlich buchte einer wirklich darüber eine Bestattung. Und dann war ich so, wow, es kann anscheinend funktionieren. Den Ansatz, den wir damals hatten, haben wir relativ schnell wieder verworfen, weil er war nicht gut für die Kunden. Und das war in unserer Idee richtig, aber den mussten wir immer weiter justieren. Aber ich kann mich an ganz viele Sachen erinnern. Ich kann mich an meine erste Trauerrede erinnern. Ich kann mich an Wir haben ein paar witzige Sachen, wir haben Gunter Gabriel bestattet, das war ein riesen Aufriss. Wenn du Schlüsselmomente willst, ich habe einen, der war im ersten Jahr 2016 zur Weihnachtszeit. Da waren wir noch in der Reinhardstraße gesessen. hier, wie man sich so ein kleines Büro eines Startups vorstellt. Zwei Räume, viel zu viele Leute drin, also viel zu viele waren. wir, glaube ich, acht, aber war schon zu viel. Und wir hatten einer älteren Dame geholfen, ihren Mann zu bestatten. Und anders als in allem, was ich vorher gemacht habe, ist die Bestatterbranche ja etwas, wo man auch mal Feedback bekommt. Und zwar nicht einfach nur eine Bewertung, sondern auch manchmal auch einfach wahnsinnig persönliches Feedback. Und da kam eine riesen Kiste an mit der Post und die war einfach randvoll mit selbstgebackenen Plätzchen. Und diese Dame hatte eben mitbekommen, wir sind da ein Unternehmen in Berlin, wir sind nicht so viele Leute und wollte sich bedanken und hat uns einfach eine Kiste voller selbstgemachter Plätzchen geschickt. Ich war ja vorher bei HRS und habe Hotelzimmer vermittelt. Da habe ich nie Plätzchen bekommen von einem Kunden. Dafür, dass ich vielleicht ein saugutes Hotelzimmer zu einem schmalen Preis vermittelt habe. Also nicht so, ich glaube auch die HS-Kollegen machen einen super Job und kriegen auch gute Bewertungen, aber so dieses wahnsinnig nahe am Kunden, das habe ich vorher nie so erlebt und das treibt mich auch immer noch.

Joel Kaczmarek: Gab es was sehr lustiges, was du mal erlebt hast?

Björn Wolff: Also ich muss sagen, wir sind jetzt kein Verein, der immer die ganze Zeit zum Lachen im Keller geht. Bei uns ist es auch nicht unbedingt langweilig. Ich habe wahnsinnig viele lustige Momente mit meinen Kollegen gehabt, auf unterschiedlichster Couleur, mit Kunden auch. Ich habe am Anfang ja sehr, sehr viele Wochenend- und Nachtdienste, wo ich Handy neben mir liegen hatte, selbst gemacht und deswegen sehr, sehr viel mit Kunden gesprochen. Ich glaube, einer der besonderen Momente war, als ein Kunde, der eine Vorsorge bei uns abgeschlossen hat, also sagte, ich möchte Erdbestattung, der Sarg, die Blumen und so weiter, dann nochmal um 1000 Euro erhöht hat und meinte, das ist für Schnaps. Ich will, dass die sich richtig einen reinziehen auf meiner Bestattung.

Joel Kaczmarek: Ja, ich weiß nicht, manche Leute haben ja auch so einen trockenen Humor oder so einen trockenen Zugang dazu. Ich weiß, ich war mit meiner Oma mal, die ich jahrelang nicht gesehen hatte, also manchmal ist es ja so, dass man manche Familienteile nicht sieht, stand ich mal irgendwie, stand wir vor einem Grab auf einer Beerdigung, dann stand die da, guckte wirklich in das Loch im Boden und meinte, ich bin die Nächste, die in die Kiste hüpft. Ja. Ich gucke mich so an und ich sage, wieso? Ich sage, du kannst doch nicht, du bist doch fit. Ja, ich habe Krebs und dies und das. Machen wir uns nichts vor. Ich mache als nächstes einen Abgang. Und voll souverän. Also meinte die auch ganz ernst. Und deswegen, also ich meine, die nächste Frage wäre so gewesen, erzähl doch auch mal von deiner Trauerrede. Wie war das so? Da warst du ja richtig an der Front quasi. Das muss ja krass gewesen sein.

Björn Wolff: Ja und ich habe das nicht einmal passiert, also ich habe schon Blumenstrauß-Trauerreden hinter mir. Das letzte Mal, ehrlicherweise, der Vater meines Mitgründers ist verstorben und da hat mich die Familie dann gefragt, ob ich es dann machen kann. Und das, muss ich sagen, war, ich habe es wahnsinnig gerne gemacht, aber das war emotional das, was mich am meisten mal mitgenommen hat. Ich kann sonst schon sehr gut unterscheiden und man bekommt als Bestatter, glaube ich, auch ein dickes Fell. Und man ist ja meistens auch der hilfreiche Mensch, der eben mit Rat und Tat zur Seite steht. Und wenn ich jetzt die Leute vor mir nicht kenne, dann kann ich da schon eine Trauerrede machen, die emotional ist, aber die mich jetzt nicht so berührt, dass ich dann nicht mehr weiterreden kann. Da war es schon nah dran. Da musste ich schon ab und zu mal schlucken. Aber es war wunderschön und ich war dankbar, dass ich helfen konnte. Ich hoffe, ich habe es auch gut gemacht. Also du hast ja immer ein Vorgespräch, du lernst was über die Leute, du lernst was über, wie die aufgewachsen sind, was die speziell gemacht hat und dann ist das irgendwie eine wahnsinnige Ehre, so die letzten Worte auf jemanden zu sprechen und das Leben vielleicht nochmal wiederzugeben, so dass die Leute sich daran erinnern. Und was ich da mache ist, ich versuche immer lustige Anekdoten einzubauen, weil das ist das Schönste auf der Bestattung, wenn du so die Leute vor dir sitzen hast, egal ob das jetzt 12 oder 120 sind. Und die Leute, ja, dann war er da, dann hat er das gemacht, dann hat er da studiert oder ist er da aufgewachsen und so weiter. Und dann, was besonders war bei ihm und dann kommt eine lustige Anekdote. Und du siehst die Leute das erste Mal so lachen. Das ist so eine Erleichterung für die Leute auch. Und deswegen, da versuche ich auch immer sowas einzubauen. Also frage ich die Leute auch da, was war denn irgendwie ganz speziell oder gab es irgendeinen Tick von dem, den man nennen sollte. Und da kommt ja immer was. Also gibt es wahrscheinlich bei mir auch genug, was die Leute erzählen würden.

Joel Kaczmarek: Ich war ganz baff, dass manche Leute, also hast du auch gerne mal, dass du mit einem Priester dann da sitzt und dann erzählst dem, wie war denn der Schatzi so? Boah, finde ich manchmal erstaunlich, dass die dann so

Björn Wolff: Wie hart sie dann manchmal ins Gericht gehen.

Joel Kaczmarek: Also ich würde einfach sagen, das heißt jetzt nicht so, ach, er war immer für die Familie da, er opferte sich für alle so. Nee, da kommt dann so, ja, der hat halt fremdgefickt oder hat halt hart gesoffen oder keine Ahnung.

Björn Wolff: Ja, ich glaube, wenn man nur so Trauerreden schreibt, dann versucht man das ja trotzdem in einen guten Kontext zu bringen. Ja.

Joel Kaczmarek: Gibt's eigentlich, ich hab ja damals diese Serie gesehen, ich fand das sehr schade, dass die die nicht fortgesetzt haben. Ich mach mich mal bei dir stark, dass du die hier vielleicht gebrandet finanzieren solltest mit Anke Engelke, wo die Trauerrednerin war. Und da gab's ja, ich fand das war so witzig.

Björn Wolff: Und wir beide aber in der Nebenrolle?

Joel Kaczmarek: Ja, wär doch gut, ich bin dabei.

Björn Wolff: Du als Leiche, oder?

Joel Kaczmarek: Ich würd hier den machen, der immer diese, der so komische, der so grottenollmäßig aussieht in den Serien, immer der hinten dann die so präpariert. So den, den würd ich.

Björn Wolff: Ja, da musst du aber so ein Praktikum bei mir machen.

Joel Kaczmarek: Na gut, nein, aber Spaß beiseite. Was ich da witzig fand, war, da gab es ja richtig so Motto-Beerdigungen. Da hatte einer sich in so einem rot-weißen FC Union-Fußball begraben lassen.

Björn Wolff: Also ich glaube, das ist natürlich überzeichnet, aber sowas gibt es natürlich immer. Wir haben witzigerweise sogar bei uns in der Gruppe eine Bestattungshali. Also wirklich eine Hali und nebendran ist ein Anbau, also wie man jetzt zu zweit an einem Motorrad fahren würde, in den du aber einen Sarg, also aus Glas, in den du einen Sarg reinlegen könntest. Da gab es schon auch so eine Bikerbestattung, wo 250 Bikes hinterher gefahren sind, wir vorne raus. Das war jetzt eher so ein Club, die haben jetzt nicht die Polizei gefragt, ob sie die Ampeln sperren können, die haben die dann einfach gesperrt. Also das machen wir auch möglich. Wir sind ja nur mitgefahren, für uns wurde gesperrt.

Joel Kaczmarek: Kennst du hier der 100-Jährige, der aus dem Fenster und so weiter? Und da gibt es einen zweiten Teil, hast du den gelesen?

Björn Wolff: Nee.

Joel Kaczmarek: Und da ist ja so die Geschichte, der kommt ja durch die Weltgeschichte und dann kommt er irgendwie mit so einer Frau in Kontakt, die ist halt Bestatterin. Und dann kommen die auf die Idee, die verkaufen Särge, die handbemalt sind, individuell. Und dann ist der Klimax sozusagen, der hat so einen Rocker-Neonazi, der mit so SS-Sprüchen seinen Sarg beschreiben will. Die sind ja auch so, die machen das dann noch, wo du denkst, das ist ja das Skurril an dem Buch. Und dann ist irgendwie ein Kind gestorben und es wird mit so einem rosa, mit so Wölkchen und einem Häschen drauf besprüht. Und dann verwechselt derjenige, der die Dinger ausnimmt, so die Särge. Und dann hast du bei den Neonazis halt das Ding und daraufhin wird der um die Ecke gebracht. Also da hab ich grad so ein bisschen dran gedacht.

Björn Wolff: Eine Sache, die man da ernsthaft mit rausnehmen kann, Was ich schon immer merke und was man jetzt auch hier merkt, wenn man mal in der Situation ist, dass man darüber sprechen kann, ohne dass man gerade einen Bestattungsfall hat, links oder rechts. Dann ist ja schon so, dass Leute wie trockene Schwämme sind, weil sie haben wahnsinnig viele Fragen. Sie haben nur nie die Möglichkeit, die zu stellen. Und das ist schon ein bisschen so, ich erzähle das immer gerne, es ist, wenn ich mit meiner Frau und Freunden und Bekannten essen bin, dann ist ja, also in Berlin ist ja das Übliche, was machst denn du so, was machst denn du so? Und dann kann ich halt immer sagen so, ich bin Unternehmer, da bist du in Berlin relativ schnell so, ah ja, okay, nicht so. Oder ich sage, ich bin Bestatter. Und dann weiß ich aber, nächste Stunde darf ich den Tisch unterhalten. und deswegen, ich gucke vorher mal zu meiner Frau und wenn die abnickt, dann gehe ich all in, ansonsten nicht.

Joel Kaczmarek: Was macht denn deine Frau?

Björn Wolff: Die ist auch bei einem Startup. Also das ist schon lange kein Startup mehr, aber die ist in diesem Marketing.

Joel Kaczmarek: Und sag mal, worauf es jetzt auch ein Stück weit hinausläuft, ist so das Thema Ernsthaftigkeit. Also ich finde ja auch spannend, mal mit dir so Entwicklungen zu verstehen. Gefühlt ist ja wirklich so tot, was bierernst ist in Deutschland. Und wie du gesagt hast, da wird so totgeschwiegen. Also man redet irgendwie auch nicht drüber. Also A finde ich mal interessant, warum ist das eigentlich so?

Björn Wolff: Wir haben ein Hashtag, wir reden drüber.

Joel Kaczmarek: Aber warum ist es so, dass viele das nicht machen? Also das mit dem Krieg fand ich schon mal ein interessanter, verstehe ich schon mal einiges, ja, aber es gibt ja die afrikanische Gesellschaft, da wird ja gefeiert, wenn die tot sind. Drei Tage haben die noch die Leichen im Wohnzimmer. Ja, da gibt es ja ganz viel. Also A, warum ist das so? und B, wandelt sich das? Also kommt auch so ein bisschen mehr Lockerheit oder Offenheit da rein?

Björn Wolff: Also in der Bestatterbranche, glaube ich, denkt man das. Also in dem inneren Kreis, da kommt halt sehr viel jetzt irgendwie schwappt mal rüber und man macht das. Ich sehe das jetzt in der Gesellschaft wenig. Da ist schon immer noch sehr, sehr viel in den alten Normen. Und ich sehe jetzt nicht, dass die Leute irgendwie anfangen, so viel wahnsinnig drüber zu sprechen. Das kann man eigentlich nur machen, indem man es den Leuten anbietet. Und wir machen ganz viele Sachen in unseren Bestattungshäusern und bieten an, dass die Leute da teilnehmen. Und da gibt es schon coole Sachen. Also wir haben zum Beispiel jedes Jahr machen wir beim Maustag mit, von der Sendung mit der Maus, wo ja Kinder eingeladen werden zu verschiedenen Berufen und dann die Gewerke öffnen. Da machen wir jedes Jahr mit und in allen unseren Häusern werden dann Särge bemalt und die Kinder dürfen mal pro liegen und so. Und denen ist das ja egal. Also ich finde es ja spannend zu verstehen, ah ja, Leute sterben, wie funktioniert denn das? Jetzt kann ich da noch mit anmalen. Ich lege mich da mal rein, es wird ja ein großer Spaß, aber man öffnet dieses Thema so total und die wachsen dann vielleicht anders auf und fragen vielleicht auch zu Hause mal nach, weil gerade bei Kindern, denen muss man immer einen besseren Rahmen bauen. Also wir haben mal eine Zeit lang versucht so Wunderkerzen mitzunehmen in jeder Bestattung und haben die einfach ausgeteilt, damit man so einen letzten Moment hat. Wir haben das eigentlich gemacht, weil wir das mal gesehen haben und dachten so, die Kinder freuen sich dann tierisch drüber. Die sind auf der Bestattung, da sind eh schon alle am einen. Jetzt ist das ein Moment, wo alle eine Wunderkerze hochhalten. Ist für die Kinder halt cool. Und dann nimmt das einen anderen Touch an und dann gehen die auch anders damit nach Hause und dann geht man offener mit dem Thema um. Und ich glaube, nur durch solche kleinen Sachen werden wir es schaffen, dass es gesellschaftsfähiger wird. Du kannst natürlich auch irgendwie Trauercafés anbieten und all das, was so als Initiativen ist, das sind bestimmt gute Sachen, aber ich glaube, wir müssen eigentlich da anfangen, wo es dann in unsere Gesellschaft hinein irgendwann trägt. Der Bestattungsmarkt an sich, der wandelt sich schon. Wir hatten vor, als wir angefangen sind, hatten wir noch fast 50 Prozent Sargbestattung und 50 Prozent Erdbestattung. Heutzutage sind wir bei 80 Prozent Feuerbestattung, also da geht fast alles in die Urne. Im Digitalbereich sogar noch höher, da bist du bei 90 Prozent, da ist fast gar keine Sargbestattung mehr. Das ist auch deswegen das Sarggewerbe. Also du brauchst in Deutschland auch einen Sarg für eine Feuerbestattung, weil der Sarg geht auch mit ins Feuer. Aber jetzt so ganz aufwendige, was ich Schalke 04 Sarg oder so, das ist halt dann selten. Das ist halt die Schalke 04 Urne. Das gibt es schon. Warum? Weil unsere Gesellschaft sich wandelt. Gesellschaftlichen Wandel der Mobilität, die Zweite und dritte Generationen, die wohnen nicht mehr da, wo die erste wohnt, pflegen die nicht mehr, sind einfach woanders. Also sieht man bei mir, meine Mutter wohnt in München, wir wohnen hier in Berlin. Das heißt, man kann auch keinen Grab mehr pflegen, deswegen versucht man dann auch Bestattungsarten zu nutzen, die vielleicht keine Grabpflege mit sich bringen. Preissensibilität ist ein anderes Beispiel. Früher, da war das ja, also ich komme vom Bayerischen Dorf, da war es undenkbar. Also da hat man den Pfarrer gefragt, was muss ich jetzt machen? Der sagte, du gehst zu dem Bestatter und dann hat man aber nie über den Preis gesprochen. Gebe ich klar noch ein Beispiel dafür. So kam ich auch zu dem Markt. Aber da hat man nicht über den Preis gesprochen. Mittlerweile ist unsere Gesellschaft ein bisschen mündiger, glaube ich. Wenn man halt so einen Kleinwagen ausgibt, dann fragt man auch mal nach. Ist ja auch zu Recht. Also klar, das ist eine Leistung wie jede andere, die du einkaufst, dann sollst du doch wissen wofür. Als ich mir überlegt habe, Mama Moria zu gründen, das ist das Beispiel dazu, da wussten das meine Schwiegereltern schon und waren so nett, als ein Elternteil meiner Schwiegereltern verstorben ist, mich mitzunehmen. Und da waren die dann im größeren Familienkreis, sind zum Bestatter gegangen, zum örtlichen. Das war eine echt gute Beratung und ich habe mir das alles angehört, habe geschaut, wie die es machen. Dann ist man so durch die Sargausstellung gegangen, das fand ich zu der Zeit ein bisschen komisch, aber das fanden irgendwie alle nicht gut. Man hat die einzelnen Sachen ausgesucht und am Ende hat man geschrieben und war sich einig, wie man es macht. Und dann sind wir rausgegangen auf den Parkplatz und bevor alle in die Autos eingestiegen sind, fand ich sehr nett, fragten mich meine Schwiegereltern und die Onkels, Tanten meiner Frau dann so, sag mal, wie war es denn für dich? Hast du was mitgenommen? Weißt du jetzt, ob du was weiter in dem Bereich machen willst oder nicht? Und ich fragte, ja, ich habe echt viel mitnehmen können. Darf ich euch eine Frage stellen? Ja, klar. Was kostet es denn? Und die waren so, ja, haben wir gar nicht besprochen, ne? Ne, ihr habt einfach nur geschrieben. Und das heilt so bis heute nach. Und das war so der Moment, wo ich gesagt habe, okay, also Preistransparenz ist das Erste, was ich angreife, weil das muss in den Markt ein. So, wir hatten den gesellschaftlichen Wandel an Mobilität, um da wieder dran zu kommen. Preismündigkeit, wir haben weniger Religiosität. All das führt dazu, dass sich so der Bestattungsmarkt verändert. Hin zu mehr Digitalisierung, hin zu anderen Bestattungsarten. Das sind zum Beispiel Seebestattung, weil Seebestattung ist etwas, was, eine wunderschöne Bestattungsart ist, aber man eben der offenen See hingegeben wird. Und dann kannst du da zwar, wenn du willst, einmal im Jahr mal hinfahren, mal rausfahren und dann nach dem Rechten gucken, aber du musst keinen Grab irgendwie pflegen. Baumbestattung ist etwas, was en vogue ist, sodass man einfach in einem Wald, ins Erdreich oder ins Wurzelwerk abgelassen wird. Aber da hat man keinen Grabstein, keine Blumen, die man auslegen darf, sondern da hat man maximal eben ein Namensschild am Baum. Also auch da gibt es keine Folgekosten. Es gibt auch immer noch ein sehr, sehr hartes Friedhofsgesetz. Es ist auf kommunaler Ebene. Also jede Stadt darf das irgendwie selbst machen für sich. Aber wir sind da schon super restriktiv gegenüber all unseren Nachbarländern. Da wäre ich froh, wenn Europa das mal durchzentralisieren würde. Also in Holland, in der Schweiz kannst du alles machen. Da darfst du die Urne mit nach Hause nehmen, wenn du magst. Darfst du in Deutschland nicht.

Joel Kaczmarek: Man darf ja auch nicht verstreuen selber, oder?

Björn Wolff: Du darfst ja nicht verstreuen. Die muss in einer Urne oder in einem Sachgebend abgelassen werden. Und so weiter und so fort. Alles das Sachen, immer wieder geht es um die Totenruhe, wir wollen die Totenruhe nicht stören, das verstehe ich, aber ich könnte auch verstreuen und ich hätte nichts dagegen. Und wenn das der Verstorbene vielleicht auch noch selbst will, ist doch super. Und wenn es für die Familie das ist, was ich wünsche, dann fehlt mir so ein bisschen die Weltoffenheit manchmal. Und man würde jetzt denken, das entwickelt sich schnell, weil Bremen hat es jetzt mal hinbekommen, dass man auch zu Hause bestatten darf, aber das hat auch lange gedauert und so langsam fließt das so vor sich hin. Da sind wir noch den europäischen Nachbarn sehr weit hinterher.

Joel Kaczmarek: Also ich bin so groß geworden, mein Vater hat immer zu mir gesagt, Leute, wenn ich mal tot bin, dann fackelt mich ab, packt mich in den Schuhkarton und schmeißt mich in die Mülltonne. Wenn ich tot bin, interessiert mich eh nicht mehr, was mit mir ist und wisst ihr, warum soll man nett sein zu den Leuten, wenn sie gestorben sind, seid lieber nett zu mir, wenn ich noch lebe. Das ist so der Habitus, mit dem ich irgendwie groß geworden bin und mir ging es aber auch immer so.

Björn Wolff: Total egoistisch meiner Meinung nach. Ja, findest du? Ja, finde ich. Erkläre ich dir auch, warum. Weißt du, wie viele hundert Mal ein Erstgespräch gemacht habe mit Trauernden und die dann in einer Situation, wo sie sich eigentlich genau um das kümmern sollten, nämlich um, ich will Abschied nehmen, ich will trauern, um Banalitäten kümmern müssen, wie welcher Sarg, welche Urne, welche Blumen. Und hätte dein Vater was für euch tun wollen, nämlich euch die Last.

Joel Kaczmarek: Er lebt ja noch, keine Ahnung.

Björn Wolff: Lieber Vater von Joel, wenn du deiner Familie später mal die Last von den Schultern nehmen willst in dieser Situation, weil da gibt es schon genug Last, dann nimmst du die emotionale Last am besten dadurch, dass du vorher schon sagst, wie genau es sein soll.

Joel Kaczmarek: Jetzt haben wir ganz viel schon über dieses Geschäft geredet. Gib mir doch eigentlich mal ein Gefühl, wie seid ihr eigentlich als Firma aufgestellt? Wie viele Menschen arbeiten mittlerweile für dich? Also acht werden es wahrscheinlich nicht mehr sein in den zwei Räumen.

Björn Wolff: Zwei, drei mehr. Bisschen über 170 Leute wahrscheinlich. Wir arbeiten ja immer noch deutschlandweit. Bevor du fragst, nein, wir haben momentan kein Interesse daran, irgendwie zu internationalisieren, weil der deutsche Markt gibt noch so viel mehr her. Wir haben 47 Standorte mittlerweile, wachsen anorganisch. Das heißt, wir kaufen Bestattungshäuser und integrieren die dann in die Gruppe. Die Kennzahlen für unser Unternehmen nennen wir meistens nicht.

Joel Kaczmarek: Kannst du sagen, wie viele Menschen du pro Jahr unter die Erde bringst?

Björn Wolff: Also wir sind nicht fünfstellig. Wir haben irgendwann zusammengezählt, wir haben irgendwie vor kurzer Zeit mal unsere 20.000 zur Bestattung oder so gemacht, insgesamt. Ich glaube, daher können wir schon sagen, wir haben relativ viel Erfahrung.

Joel Kaczmarek: Wie viele Marge sind eigentlich auf so einer durchschnittlichen Beerdigung?

Björn Wolff: Das kommt total darauf an, also je nach Bestattungsart, was dazu gebucht wird, was du noch drauf hast. Ich glaube, ich könnte diese Frage nicht so beantworten, weil in Berlin ist es komplett anders als zum Beispiel in Stuttgart. Auch die Bestatter arbeiten anders. Wir haben oftmals Bereiche, wo Bestatter alles aus einer Hand machen. Wir haben aber auch so Bereiche wie Berlin, da kannst du zu 99% der Bestatter gehen, die sind Annahmebüro, aber dahinter gibt es dann Überführungsservices, die machen eigentlich die Tätigkeiten, also die holen dann ab, die sind bei der Trauerfeier, die fahren zum Krematorium.

Joel Kaczmarek: Du hast ja gesagt, es gibt irgendwie 6000 Bestatter oder über 6000 Bestatter in Deutschland. Gibt es da

Björn Wolff: Zweieinhalbtausend Tote am Tag, falls du das fragst.

Joel Kaczmarek: Ich frage mich gerade

Björn Wolff: Knapp eine Million im Jahr.

Joel Kaczmarek: Wer sind so die größten Player? Und dann frage ich mich auch mal, ist das eigentlich so überregional? Weil ich kenne zum Beispiel in Berlin gibt es dann irgendwie, sehe ich immer Green Eisen. Das ist so, wenn du in Berlin bist, kommst du da gar nicht dran vorbei, gefühlt. Bums. Wenn ich dich jetzt gleich frage, wie viel größt du bist, wo sagst du mir eh, sage ich dir nicht. Aber deswegen würde mich mal interessieren, gibt es da so

Björn Wolff: Also ich glaube, wir sind wahrscheinlich in den Top 5.

Joel Kaczmarek: Wie gut funktioniert eigentlich dieses Geschäft? Es gibt ja so den einen oder anderen Bestatter, der so Worte wie Discount oder Billig oder was Vergleichbares im Namen hat. Also ist der Markt so ähnlich, wie man das auch sonst aus dem Handel kennt? So die ganz günstigen, die Luxus und das daneben. und ist das günstige Segment was, was attraktiv zu erschließen ist? oder ist gar nicht Geld dasjenige, was es macht?

Björn Wolff: Ich würde sagen, jedes Döpsche hat sein Deckelsche. Gibt es natürlich. Also es gibt auch den Markt für Discount-Bestattungen. Der ist nicht sonderlich groß, glaube ich. Der macht halt einen einstelligen Prozentsatz im Bestattungsmarkt aus. Aber natürlich gibt es auch Leute, die genau nach dem Preis gucken müssen. Und für die ist es halt super. Auch wir haben ein Einstiegsangebot. Wir nennen das jetzt nicht Discount oder brüllen nicht billig raus. Sondern wir haben einfach ein sehr, sehr performantes, günstiges Angebot, wo wir einmal alles reinmachen. Wir machen aber auch keine Nepperschlepper-Bauanfänger-Angebote. Du findest bestimmt ganz schnell ein Bestattungsangebot, wo steht ab 666 Euro, was aber dann am Ende vielleicht sehr viel teurer wird, weil das sind nur die Grundbasis XY, die du da hast und eigentlich brauchst du noch A, B und Z. Das kommt auch noch oben drauf und wir versuchen eher alles aus einer Hand zu machen und da über die Qualität zu überzeugen. Aber trotzdem haben wir auch für Leute, die eben nicht so viel Geld haben, auch gute Einstiegsangebote.

Joel Kaczmarek: Was kostet das eigentlich, wenn du jetzt so ein Bestattungsunternehmen, so ein lokales kaufst? Also du hast ja beschrieben, roundabout acht Leute arbeiten da, die haben ihren schwarzen Mercedes, der 10.000 nur auf dem Tacho hat, der eigentlich nur kurze Strecken fährt. Was ist denn so ein Bestattungsinstitut wert heutzutage?

Björn Wolff: Wir schauen uns an, wie viel Umsatz machen die, wie viel EBITDA kommt da raus und dann überlegen wir uns eigentlich, was würde denn rauskommen unter den Zahlen, die man hat, zu dem, wie wir aufgestellt sind. Also was würde es bei uns bringen? und darauf können wir dann schauen, was können wir uns dafür leisten. Es ist halt ein Peoples-Business. Bestattung ist halt, das ist nicht irgendwie nur Amazon-Seller, wo es einfach darum geht, wie viel wird da verkauft, wo kommen die Sachen her etc. Sondern bei uns ist halt super viel Peoples-Business. Also wenn das halt ein Unternehmen ist, wo nur zwei Leute arbeiten und das sind die beiden, die raus wollen und das sind aber glücklicherweise auch die, die haben den Namen, der an der Tür steht und die sind im Sportverein, im Dackelzüchter-Club usw., Dann weißt du halt, wenn die beiden sofort rausgehen, wird dein Geschäft wahrscheinlich untergehen. Also dann weißt du, das ist vielleicht ein Momentum, da willst du auch nicht kaufen, egal wie günstig das ist. Also da kommt sehr, sehr viel noch, softe Punkte auch on top, die man sich angucken muss.

Joel Kaczmarek: Wie macht man eigentlich Marketing für, ich bringe Leute unter die Erde?

Björn Wolff: Als die ersten Querdenker-Demos durch Berlin gelaufen sind, haben wir so ein fahrbares Plakat auf die Straße geschickt und haben geschrieben, unsere Mitarbeiter des Monats, das fanden die nie so gut. Aber ansonsten, wir versuchen offen und ehrlich über das Thema zu kommunizieren, wenn es eine sachliche Kommunikation ist und wenn wir witziges Marketing machen wollen, dann sind wir auch manchmal on the edge.

Joel Kaczmarek: Ich würde dir mal tippen, die meisten gucken doch wahrscheinlich irgendwie lokal oder googeln Bestatter und that's it, oder?

Björn Wolff: Das sind die drei großen Quellen, sind erstmal, also wie gesagt, du kommst nur alle 18 Jahre in die Situation, du hast keine Ahnung, was du machen willst, was machst du? Ich google das mal. Da ist natürlich ein Weg, dass Leute erstmal gucken, wo ist denn hier der nächste Bestatter? Ich glaube, im urbanen Raum ist das dann nochmal anders, weil da kennst du den Namen nicht. Im eher ländlichen Raum, da kennst du halt den einen Bestatter. Da googelst du eigentlich nur noch nach der Nummer. Dann, wenn du das nicht machst, sind die zwei anderen Hauptwege, also zweiter Weg ist Freunde und Bekannte und das dritte ist einfach zum Bestatter zu gehen. So, das weißt du, wer es ist und gehst dahin. Also das ist der dritte Weg, wie man zu einer Bestattung kommt. Viele Namen sind sehr, sehr bekannt im Bestattungsbereich für einen ganz kleinen Bereich, also im Umkreis von fünf Kilometern. Je ländlicher es wird. Das ist der Bestatter, der da schon immer ist. Dann gehe ich halt da hin. Da ist Oma schon hingegangen. Aber auch das wandelt sich. Das merkt man schon, weil Leute eben auch digitaler sind. Die Leute, die drin sitzen, haben oftmals nicht mehr den Namen an der Tür. Das gibt es schon auch, weil auch schon dreimal verkauft. Da hat man zwar 180 Jahre Tradition, aber die 180 Jahre Tradition sind auf mehrere Familiennamen verteilt.

Joel Kaczmarek: Ich überlege gerade, an welchen Orten ich werben würde. Und es ist ja, so zynisch es ist, aber wahrscheinlich sind es doch so Altenpflegeheime, Krankenhäuser, Hospize oder die Friedhöfe, wo du wahrscheinlich immer irgendwie dein Logo platzierst, oder?

Björn Wolff: Ja, das sind ja auch wirklich genau die Lokationen, wo sich meistens Bestatter niederlassen. Also wenn du mal gegenüber vom Friedhof guckst, dann sitzen da plötzlich drei. Wir haben ja mit den eigenen Malmoria-Boutiquen eine andere Strategie verfolgt, auch für die Gesellschaft. Da sind wir ja mitten, also in Großstädten, mitten in die Innenstädte gegangen. So in 1a, 1b lagen und haben dort boutique-ähnliche Geschäfte gemacht. bei dem man ganz genau so eine Bestattung planen kann, die aber auch noch knapp 100 kuratierte Produkte haben. Schöne Karten, Bücher, Kinderbücher zu dem Tod, wenn man in die Situation kommt, Kerzen, Kerzen zum Selbermachen, alles in einer gewissen Designqualität. Wir wollen die Transparenz, die wir auch im Digitalen mitgebracht haben, die wollen wir auch in den Bestattungsmarkt bringen. Deswegen sind wir in Innenstädte gegangen und deswegen haben wir komplett transparente Schaufensterflächen da, wo du durchgucken kannst. Es gibt auch Bereiche, wo du dich darin zurückziehen kannst, wenn du mal Beratungen dann machen willst, aber du kannst da vorne erstmal durchgucken, da gibt es einen Eingang, da gibt es einen Tresen vorne, da kommst du an, da kannst du mit Leuten reden, kriegst einen Kaffee. Jeder, der da irgendwo vorbeiläuft, einfach kurzer Losang und mal einen Kaffee fragen, kriegst einen Kaffee umsonst. Da redet immer jemand mit dir über das Thema, egal ob du einen Steifel hast oder nicht. Und dann waren wir aber vor dem Punkt, wie nennen wir das Kind? Wenn wir das Bestattungshaus nennen, dann hat ja jeder in seinem Kopf genau wieder diese Bilder. Also mussten wir es irgendwie anders nennen. Und dann, da ging es auch so ein bisschen Marketing los, wie könnte man es nennen? Und dann kamen wir irgendwann Bestattungsboutique raus, weil wir etwas anderes damit implizieren wollten, sodass man eben denkt, wow, das muss vielleicht auch was Schönes sein. Es kommen nicht so viele Leute aus dem Krankenhaus rübergestolpert, wie wenn du beim Krankenhaus bist, aber dafür kommen so viel mehr Leute mit deiner Marke in Kontakt.

Joel Kaczmarek: Ja, spannend. Aber abschließende Frage an dich. Was glaubst du wird noch so? euer Ausbau? Also wo geht es für euch hin? Geht es nur darum, dieses Fragmentierte in Deutschland, sag ich mal, zu konsolidieren und da Größe zu gewinnen oder habt ihr noch andere Vorhaben?

Björn Wolff: Das Konsolidieren ist ja nur der Baustein dessen, dass man die Qualität und das, was man macht, noch viel mehr professionalisiert. Ich habe immer das Gefühl, wir stehen bei sieben Prozent und 93 haben wir noch vor uns, aber das hatte ich schon am ersten Tag. Zum Beispiel unsere digitalen Tools, die haben sich immer wieder nach den Anforderungen, die wir haben, weiterentwickelt. Also wir waren ja am Anfang nicht mandantenfähig, weil wir eben, es gab mal Moria und keine andere Marke. Mittlerweile haben wir so viele Marken, mussten wir irgendwann mandantenfähig werden und mussten das irgendwie ausbauen. Und dann musst du dein Marketing wiederum so aufbauen, dass du halt auch mit ganz verschiedenen Brands das machen kannst. Und so weiter und so fort. Und ich glaube, je feinflächiger wir über Deutschland mit unseren Standorten wären, desto besser werden alle Prozesse in sich greifen und desto ausgelasteter wird jede einzelne Person bei uns arbeiten, desto besser wird der Preis für den Kunden. Wenn du dann abtrittst, was willst du hinterlassen?

Joel Kaczmarek: Was ist dir wichtig?

Björn Wolff: Also wenn, dann würde ich es auf jeden Fall über unser Haus machen. Ich würde immer, immer unser Produkt nutzen, weil ich so fest davon überzeugt bin, dass wir eine sehr solide, saubere, gute Qualität bekommen. Und damit habe ich eigentlich schon viel hinterlassen. Und wenn das Leuten hilft, habe ich doch so viel mehr erreicht, als ich mir jemals träumen konnte wahrscheinlich.

Joel Kaczmarek: Was glaubst du denn, was nach dem Tod passiert?

Björn Wolff: Oh, ich bin nullgläubig.

Joel Kaczmarek: Exitus, schwarz, bumm, aus?

Björn Wolff: Ja, ich denke, also ja, da muss man dazu sagen, ich bin zwar römisch-katholisch, unter Franken, unter der schwarzen Wolke der CSU aufgewachsen, aber ich bin nichtgläubig. Ich denke, da kommen die Regenwürmer, wenn du im Sankt bist oder eben das Feuer und dann das Asche.

Joel Kaczmarek: Lieber Björn, es hat mir viel Spaß gemacht. Vielen, vielen Dank für die Reise dahinter. Und ja, ich sehe schon, vielleicht leite ich dich auch mal ein hier zu 5 Dinge mit 20. Mal hören, was ein Bestatter gern schon mit 20 gewusst hätte.

Björn Wolff: Bis dahin.

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