Der Stand von KI und Hardware

13. Mai 2016, mit Joel Kaczmarek

Dieses Transkript wurde maschinell erstellt. Wenn dir ein Fehler auffällt, schreib uns gerne zu diesem unter redaktion@digitalkompakt.de.

Joel Kaczmarek: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen Deep Dive Podcast von Digital Kompakt. Dieses Mal wird es fast ein bisschen experimentell, weil wir widmen uns einem Thema, das glaube ich sehr, sehr viele Leute spannend finden, wo man gleichzeitig aber auch nicht so richtig ein Gefühl hat, wo ist der Stand jetzt eigentlich wirklich. Und zwar geht es um künstliche Intelligenz und alles, was da so ein bisschen dranhängt. Also Machine Learning. Man kann sogar auch so ein bisschen in Richtung Robotics mit abtauchen. Da habe ich einen sehr, sehr spannenden Interviewpartner heute. Gebt uns gerne mal Feedback in den Kommentaren, ob ihr das Thema irgendwie spannend findet, weil wir überlegen auch wirklich, ob wir da nicht eine ganze Reihe draus machen, weil irgendwie AI, da passiert ja so viel gerade. So, aber offensichtlich bin ich jetzt nicht der Einzige hier oder generell nicht derjenige, der der Experte ist, sondern jemand anders und das ist mein Partner, der

Fabian Westerheide: Hallo, hier ist Fabian.

Joel Kaczmarek: Der Fabian. Sag mal ein paar kurze Worte zu dir. Du bist ja eigentlich in Berlin, würde ich mal sagen, sehr gut vernetzt und fast bekannt wie ein bunter Hund.

Fabian Westerheide: Das würde ich nie so einschätzen. Ich bin vor ein paar Jahren bei Team Europe eingestiegen, habe danach Portland Capital mitgegründet gehabt, dann die Seiten gewechselt und Wunschbordkleid gegründet, war dann so für drei, vier Jahre der größte Brautmodenhändler in Deutschland. Dann wieder die Seiten gewechselt, aber in der Kombination und habe Asgard gegründet, eine Venture Capital Firma mit dem Fokus auf künstliche Intelligenz und Internet der Dinge. Und nebenbei blogge ich recht gerne auf Bootstrapping.me, da habe ich ungeheuren Spaß dran. Heute mein erster Podcast, ich bin sehr gespannt.

Joel Kaczmarek: Hoffentlich nicht der letzte. Jetzt musst du uns natürlich erzählen, wie wird man, also wie kommt man auf Brautkleider und wie kommst du von Brautkleider dann zu AI? Da ist ja jetzt schon ein bisschen so eine Brücke zwischen.

Fabian Westerheide: Ja, ich war vorher halt bei Point9 als Investor tätig und es hat mich immer frustriert gehabt, dass ich die andere Seite nicht kannte. Also die Seite der Unternehmer, die wirklich kreativ sind, was erschaffen, die Unternehmen aufbauen. Und ich wollte drüber und ja, Bautkleider war eigentlich eine super Nische, kam aus der Familie raus, meine Schwester suchte ein Bautkleid, hat nichts gefunden. und ich sagte, google einfach, hat auf Google nichts gefunden. und da dachte ich mir, gut, dann löse ich das Problem. Da habe ich über die Jahre dann halt einen Marktplatz gebaut, wo man gebrauchte neue Bauteile etc. finden kann. Fand ich super, ist ein Produkt, wo man viel mit Frauen zu tun hat, wo man eine sehr dankbare Stilgruppe hat, wo es einfach sehr sehr viele schöne Emotionen gab, aber gleichzeitig natürlich eine Nische ist, die begrenzt zu wachsen ist. und irgendwann war ich an der Wachstumsgrenze angekommen, wo ich mich entscheiden musste, was mache ich? und dann habe ich einen Käufer gesucht, die Firma Break-Even gefahren, Käufer gefunden, Firma abgegeben und parallel dann gesagt, ich möchte wieder das machen, was mir am meisten Spaß macht, wo ich wirklich Leidenschaft habe und das ist es, mit jungen Teams an wirklich fundamentalen Themen zu arbeiten. Und dann habe ich mir super viel angeguckt von Virtual Reality oder Robotik oder Biotech und Fintech. Und am Ende habe ich gesagt, ich fokussiere mich lieber auf das, was mich wirklich begeistert und das ist künstliche Intelligenz. Und das beschäftigt mich nicht nur beruflich, sondern auch privat. Ich habe ein ganzes Bücherregal voller Science Fiction. Ich habe wahrscheinlich jeden Film gesehen, den es da draußen gibt und ich veranstalte selber Konferenzen zu dem Thema. Das Thema beschäftigt mich also komplett.

Joel Kaczmarek: Man denkt bei Film immer ganz schnell hier an Hayley Joel Osment und AI von Steven Spielberg. irgendwie, ne? Das ist so

Fabian Westerheide: Das ist ein schon historisches Relikt.

Joel Kaczmarek: Ein historisches Relikt, man merkt, das war meine Jugend, also bin ich schon ganz schön alt. Jetzt sag uns doch mal vielleicht noch ganz kurz einen Satz zu dir, für all die Leute da draußen, die was irgendwie mit AI machen oder irgendwie was zumindest artverwandt oder nah dran ist. Wonach guckst du und wie gehst du da so vor? Weil es ist ja auch nicht ein ganz simples Feld. Also ich glaube, damit irgendwie schnell einen Return zu erzielen, da ist es ja sehr komplex, teilweise ist es jetzt nicht immer ganz leicht.

Fabian Westerheide: Ich gucke mal zwei Themen an. Das eine Thema, ich nenne das immer horizontale Technologien. Das sind Teams, die kognitive Modelle entwickeln oder auf dem Weg zu so einem AGI sind, also Artificial General Intelligence. Der nächste Sprung, um danach eine übliche AI zu kriegen. Da gibt es Leute, die entwickeln das und haben verschiedene Methoden. Mit denen treffe ich mich und da gucke ich mir das an und versuche herauszufinden, ob die technologisch auch wirklich da dran sind und arbeite mich da in die Technologie rein. Das andere sind Teams, die die aktuellen Werkzeuge, die es gibt, aktuelle Framework, Libraries, Tools benutzen, um konkrete Probleme in der Industrie zu lösen. Ob es jetzt E-Commerce ist, ob es Handel ist, ob es Fintech ist. Das heißt, die gehen direkt in die Industrien rein und nehmen aktuelle Technologien. State-of-the-Art-Machine-Learning in AI-Komponenten, um damit Umsatz zu generieren.

Joel Kaczmarek: Okay, also einmal wirklich so Kernfokus und einmal eher so ein bisschen Zulieferer, so wie bei der Autoindustrie diejenigen, die die Scheibenwischer machen.

Fabian Westerheide: Genau, aber ich bin ja auch der Meinung, dass Wertschöpfungsketten ja immer mehr auseinandergezogen werden und Startups können gar nicht eine komplette Wertschöpfungskette sofort abbilden, sondern eigentlich nur Elemente ergänzen oder austauschen.

Joel Kaczmarek: Ist es nicht trotzdem aus Investorensicht ein relativ undankbares Thema? Weil man steigt, glaube ich, schwer durch, wenn man jetzt nicht gerade einen Hardcore-Tech-Background hat. Und wie gesagt, also mein Eindruck ist immer, wenn man so das nächste Siri baut in richtig funktionabel, das sind halt so dicke Bretter. Da brauchst du auch eigentlich erfahrungsmäßig viel Kapital, viel Zugang. Du musst viel lernen. Also du hast wahrscheinlich oft Pivots irgendwie als Thema. Ist das nicht schwierig?

Fabian Westerheide: Stimme ich dir zu? Der Vorteil für mich ist, dass ich mit einer neuen Firma, neuen Fonds, mir eigentlich aussuchen konnte, wo möchte ich aktiv werden. Wäre ich vor 15 Jahren schon aktiv gewesen, hätte ich damals wahrscheinlich E-Commerce gemacht und vor 10 Jahren hätte ich Software-as-a-Service, Marktplätze und Mobile gemacht. Und heutzutage ist das in diesen ganzen Märkten schon eine gewisse Reife, also muss man sich auf sehr junge Märkte konzentrieren. Ich hatte einfach die Möglichkeiten dadurch, dass ich mal die Zeit hatte, mich wirklich tief in die Thematik einzuarbeiten, mich viel mit Experten getroffen, viel in wissenschaftliche Literatur eingearbeitet, viel gelesen, um so einfach zwei Jahre lang nochmal mein Fachwissen aufzubauen. dass Investoren, die bereits im aktuellen Geschäft sind, gar nicht die Möglichkeiten haben. Jemand, der bereits ein Portfolio von 20, 30 Firmen hat und bereits Experte ist, der hat gar nicht immer die Kapazitäten, sich nochmal zwei, drei Jahre ein komplett neues Thema einzuarbeiten. Und diesen Vorteil hatte ich einfach und das habe ich genutzt, weil es sowieso eine Kombination war mit meiner Leidenschaft, weil da auch eine gewisse Philosophie dahinter natürlich ist, ob man Pro und Contra ist, wie man das Ganze unterstützt.

Joel Kaczmarek: Asgard, ja, das kenne ja sogar ich als Science-Fiction-Fan sogar. Das ist ja die nordische Götterwelt und wenn ich von dir E-Mails kriege, dann sind die immer mit Yggdrasil. Wenn ich mich nicht täusche, ist das die Schlange, die die Welt umspannt. Sag mal einen Satz noch vielleicht so ein bisschen zu euch. Warum Asgard als Name? und woher kommt eigentlich das Kapital, das ihr investiert?

Fabian Westerheide: Ich hatte schon immer ein Faible für nordische Mythologie, allgemein für Mythologie. Asgard ist das eine aus der Edda, aus der Helden- und Götter-Saga. Auf der anderen Seite natürlich, ich bin immer ein großer Stargate-Fan gewesen.

Joel Kaczmarek: Ja, ich auch, da erkenne ich das nämlich.

Fabian Westerheide: Und die Asgards waren halt die technologieführende, pazifistische Kultur, die der Menschheit geholfen hat. Und die fand ich immer sympathisch und Thor kam da drin vor und das fand ich auch gut. Den Thor fand ich immer noch cooler als diesen metrosexuellen Thor, der da jetzt rumläuft. Und das andere, Yggdrasil, ja, das ist mein privates Holding. Ich habe noch eine Handvoll andere Firmen. Ich habe irgendwann entschieden, ich benenne einfach alle meine Firmen nach Göttern oder nach Rollen in der Mythologie.

Joel Kaczmarek: Okay, er hat eine gewisse Bescheidenheit, die das kommuniziert.

Fabian Westerheide: So, auf der anderen Seite ist, wir sind derzeit eine familiengeführte Venture-Capital-Firma. Also Venture-Capital-Firma, das heißt BAföG registriert, das Ganze öffentlich zugelassen etc. Aber das Kapital kommt derzeit primär aus der Familie. Ich habe mich mit meinem Vater zusammengetan. Mein Vater ist seit 30 Jahren Unternehmer. Kommt aber aus der Old Economy, also klassisch Automotive und Kunststoff und sitzt im BDI und macht diese ganzen Themen. und das war einfach die perfekte Mischung, weil ich gelernt hatte in Gründung dazu vor, man sollte am besten mit Leuten arbeiten, denen man vertraut und die einen ergänzen und am besten die älter sind als man selber, weil ich bringe so die ganze Energie und diese Jugendhaftigkeit ein und auch manchmal diese ganze Naivität. Die die Jugend dann mit sich bringt. und mit dem Vater zusammenzuarbeiten ist natürlich der Vorteil, dass er einfach deutlich gelassener ist und sehr, sehr viel schon gesehen hat und entspannter mit den Themen umgeht und auch Fragen stellt, die wir uns in der New Economy nie stellen würden. Die absolut logisch sind, aber wir überhaupt nicht so denken. Wir haben das komplett verlernt oder nie gelernt und die Welt hat sich schon immer gedreht, auch bevor es das Internet gab. Und manchmal ist es gar nicht so schlecht, sich auch gerade mit Old Economy zu beschäftigen.

Joel Kaczmarek: Gut, also du hast Unternehmer-Background, du hast auch die Investoren-Seite gesehen und bist da noch aktiv. Jetzt robben wir uns mal so ein bisschen an das Thema Künstliche Intelligenz ran. Was sagst du denn, gibt es eigentlich so ein Zentrum, wo das gerade passiert? Also ist Deutschland da zum Beispiel überhaupt irgendwie auf der Agenda? Man denkt immer so bei Technologie vielleicht an Karlsruhe, aber so Hardcore-Tech, wovon wir jetzt gerade reden, passiert hier eigentlich nicht so stark. Also wo findet das Thema eigentlich gerade primär statt?

Fabian Westerheide: Also in Deutschland haben wir das DFKI, das Deutsche Forschungsinstitut für Künstliche Intelligenz. Wir sitzen in Osnabrück und im Saarland. Und das war es dann. Wir sind gar nicht mal so schlecht im Bereich Robotik und alles, was so in die Industrie reingeht. Da sind wir auch da, was Systemsteuerung angeht, eigentlich recht gut. Alles, was Endkonsumenten getrieben ist und alles, was In der Wahrnehmung getrieben ist es natürlich sehr amerikanisch, weil wir alle amerikanische Medien konsumieren, weil die viel besser im Marketing PR sind als wir. Ich würde mal sagen, natürlich, wie bei vielen Themen, ist Silicon Valley führend. Da sitzen nun mal die besten Leute, aber auch The Big Four oder The Big Five heutzutage, haben dort ihre Forschungszentren, also in Google und Spotify und Facebook und die haben alle ungeheuer viel investiert und haben da in Silicon Valley, weil da das Know-how da ist, auch die Zentren. Ansonsten ist das Thema natürlich stark aus der Forschung getrieben und dadurch sind die Hubs teilweise da, wo die Universitäten sitzen. Und das sind ganz andere Orte. China ist zum Beispiel sehr stark, hat sehr, sehr viele Veröffentlichungen. Ich habe in der letzten Statistik gesehen, dass China die zweitmeisten Veröffentlichungen zum Bereich Künstliche Intelligenzen hat. Korea ist irgendwie auf Platz 3. Die Amerikaner sind auf Platz 1. Die Deutschen sind auf Platz 11 oder 12.

Joel Kaczmarek: Das verortet das ein bisschen. Ich hätte gedacht, dass Osteuropa und Israel auch irgendwie eine Adresse wären.

Fabian Westerheide: Ich habe in Israel die Erfahrung gemacht, dass sie sehr gut sind im Bereich Security. Da ist Machine Learning eine Komponente, aber nicht die künstliche Intelligenz selber. Natürlich gibt es auch Orte wie Zürich. Durch die ETH sind da einige gute Leute. Es hängt immer davon ab, weil es ein Forschungsthema ist. Da, wo die Professoren der letzten 20, 30 Jahre aktiv waren, sitzen die Doktoranden und die Doktoranden treiben das Thema vorher. Ich beobachte aber, dass Berlin als Hub natürlich Leute anzieht und ich habe jetzt wieder mit zwei Teams gesprochen, die, der eine aus Zürich, die andere kommen aus London, die kommen hierher, weil sie in Berlin am liebsten gründen wollen, weil sie hier natürlich das beste Setup haben. Das heißt, Berlin zieht die Leute an, zieht sie aber nicht an wegen Expertise für günstige Intelligenz, sondern weil es einfach ein toller Ort ist, um eine Firma aufzuziehen.

Joel Kaczmarek: Bedeutet das eigentlich in der Konsequenz? Alexander Graf spricht, glaube ich, immer von der GAFA-Ökonomie. Google, Apple, Facebook, Amazon. Ist bei dem ganzen Thema AI eigentlich so ein bisschen vorgezeichnet, dass eigentlich nur so die richtig Großen in dem Bereich was Erfolgreiches machen können, weil du diese ganze a. finanzielle Power brauchst und b. die Rechenleistung?

Fabian Westerheide: Und die Daten vor allem? Wahrscheinlich, ich hoffe es nicht. Ja, von denen wird was kommen. Ich glaube auch, dass die Unternehmen der Zukunft Softwareunternehmen sind mit menschlichen Monitoring. Also eine DL wird in 20 Jahren, wenn sie es überleben, eigentlich nur noch ein Center haben, wo ganz viele Rechner sind, wo die Menschen auf die Screens gucken, aber alles andere wird gesteuert von der Software. Das heißt, die Großen haben natürlich den Vorteil, dass sie softwaregetrieben sind. Das sehen wir auch bereits, dass ein Airbnb 1200 Mitarbeiter hat, aber genauso viele Häuser hat wie Hilton und die ganzen anderen Ketten zusammen, die hunderttausende Mitarbeiter brauchen, um dieselbe Leistung irgendwie hinzukriegen. Also Software kann da schon sehr, sehr viel rausholen. Deswegen werden die das auch vorantreiben. Ich hoffe natürlich, dass Innovation immer aus den in den längsten Ecken kommt. Die Frage ist, haben wir ein Ökosystem, wo das gefördert wird, Venture Capital, Staatsfinanzierung, oder ist es ein System, wo die Großen alles wegkaufen. Und ja, dieses Risiko besteht, die kaufen alles weg, das heißt, die werden dafür sorgen, dass das Know-how sehr, sehr in ihrem System drin bleibt. Aber gleichzeitig setzen wir natürlich darauf, dass jede Menge Gründer da draußen ganz coole Ideen haben und sich durchsetzen und nicht sofort verkaufen.

Joel Kaczmarek: Aber als Investor ist ja schon ein bisschen Lotto spielen, wenn man in den Bereich investieren will, oder? Hast du das Gefühl?

Fabian Westerheide: Also ich persönlich habe mehr Angst vor Aktien, weil für mich Aktien Lotto ist und ich gebe mein Geld lieber in Startups rein. Ich glaube, je mehr man sich damit beschäftigt, desto weniger Lotto ist es und desto mehr Fachwissen baut man hoffentlich auf und trifft fundierte Entscheidungen. Aber ja, natürlich, es sind gewisse Wetten, es sind Wetten auf Trends, es sind Wetten auf Teams, es sind Wetten auf Marktentwicklung, aber das ist bei allen Investitionsentscheidungen, überall wo man mit Geld arbeitet, es ist so, man trifft jetzt eine Entscheidung und hofft, dass man in der Zukunft einen Return hat.

Joel Kaczmarek: Dann lass uns doch mal so ein bisschen eingrenzen vielleicht, weil es macht ja immer Sinn, dass man vorher erstmal definiert, worüber man eigentlich spricht, dass man das gleiche Verständnis hat. Was ist eigentlich jetzt, nicht im Kernforschungssinne, aber in dem Bereich, in dem wir uns bewegen, was wird da eigentlich unter künstlicher Intelligenz genau verstanden?

Fabian Westerheide: Ich glaube, die Menschen verstehen unter künstlicher Intelligenz eine Interaktion mit einer Maschine, die ihnen eine menschenähnliche Intelligenz bietet. Also sie glauben, dass sie dieser Tönentest, sie sprechen mit jemandem und wissen nicht, ob es ein Mensch oder eine Maschine ist. Ich halte das für sehr egozentrisch, sehr auf uns Menschen bezogen, weil wir definieren, alles was Mensch ist, ist intelligent, alles was nicht Mensch ist, ist nicht intelligent. Ich glaube, dass die Zukunft der Maschinen auch so ist, dass wir die Natur nachbilden. Im Internet der Dinge sieht man, wir werden ganz viel haben, was wir als Insekten wahrnehmen, Schwarmtechnologien oder ganz viele Sensoren, die miteinander vernetzt sind, bis zu wenigen großen Superintelligenzen, die wir eines Tages haben, die ein Intelligenzlevel erreichen, das wir gar nicht verstehen können. Auf dieser Spannbreite sind wir. Also zum Beispiel heutzutage sage ich, wir haben bereits eine Narrow Artificial Intelligence. Wir haben Maschinen, die können besser Auto fahren als wir, die können besser Drohnen steuern als wir, die können besser Logistikzentren leiten, die können besser Schach spielen als wir, die können besser Jeopardy als wir, die können besser Röntgenaufnahmen analysieren. Also für bestimmte Probleme haben wir bereits jetzt Software, die besser ist als wir. Nennen wir sie intelligent. Nein, aber ich bin mal ehrlich, ich kenne auch viele Menschen, die ich getroffen habe, die würde ich auch nicht super smart bezeichnen.

Joel Kaczmarek: Ja, ich würde schon sagen, weil der Turing-Test ist ja so der Standard. Also dieser Test, was du gerade gesagt hast, wirkt eine Maschine so menschlich, dass man es jetzt nicht erkennt, wenn man nicht weiß, mit wem man da gerade kommuniziert. Und ich glaube, Elisa war doch der Computer, mit dem damals das stattfand. Das war ja eigentlich gar keine Intelligenz in dem Fall, sondern das war ein Computer, der dir sozusagen nach bestimmten Regeln, Gesetzen, Vorgaben Antworten auf deine Fragen gegeben hat. Teilweise so ein bisschen auch nach dem Therapeutenmuster. Wenn du gesagt hast, was soll ich tun, sagt er dir, was denkst du denn, was du tun solltest. Es gab, glaube ich, sehr, sehr viele Menschen, die nicht bemerkt haben, dass das ein Computer ist. Trotzdem war es jetzt nicht intelligent, weil es hat nicht selbst nachgedacht, sondern es gab eigentlich ein relativ enges Regelset und ein relativ kleines. Und da hat sich, glaube ich, bis heute jetzt wahrscheinlich nicht so viel daran geändert. Also so ein Siri zum Beispiel ist ja auch ähnlich. Da hast du nicht mehr einen Rechner, der den Regeln folgt, sondern es liegt alles in der Cloud. Aber das heißt auch nicht, dass Siri aktiv überlegt, sondern es nimmt ja bestimmte Parameter. Wenn es hört, okay, Kino, dann will der vielleicht gucken, was in der Gegend passiert da an Filmen. So richtig das Computer selber denken, da ist man ja noch nicht.

Fabian Westerheide: Da springen wir ja direkt ein. Also ich sage, derzeit ist state of the art, dass wir kognitive Modelle entwickeln. Also dass Startups da draußen entweder komplexe kognitive Modelle entwickeln oder bereits versuchen anzuwenden. Heißt, was sind kognitive Modelle? Informationsumgestaltung auf Deutsch. Es sind also Menschen, aber auch Software, die in der Lage ist, Wissen zu generieren, eine Erinnerungsfunktion hat, das Ganze bewerten kann, Entscheidungen treffen kann und dann halt Problem-Solving macht, also erkennt Probleme, löst die Probleme und versteht das Ganze. Dazu gehört auch eigentlich der Wille und der Glaube. Und wenn wir dann schon anfangen, was ist Wille, was ist Glaube, das können wir noch nicht mehr definieren, das können wir mathematisch nicht definieren. Wir selber sind ja intolerante Menschen, wir akzeptieren ganz selten den Glauben anderer Menschen zum Beispiel. Weil wir glauben, das, was wir wollen und glauben, ist das einzig wahre. Wie sollen wir das auch in der Maschine beibringen? Aber es gibt Maschinen, die viel besser in der Lage sind, Daten zu generieren als wir. Es gibt Maschinen, die sind viel besser in der Lage, Entscheidungen zu treffen und schneller zu treffen. Das heißt, auf einzelnen Modulen sind wir bereits in der Lage, Maschinen zu bauen, die dem Menschen überlegen sind. Nur wir glauben, im Gesamtbild ist es noch nicht so weit. Und da stimme ich auch zu, das dauert noch eine Weile. Es ist auch die Frage, ob wir das je haben, ob wir je eine Intelligenz entwickeln, die wir als Menschen akzeptieren.

Joel Kaczmarek: Ich meine, man ist ja sehr schnell bei diesen Horrorvorstellungen von Skynet, bei Terminator, man lernt und fragt sich irgendwann Ich habe einen Freund, der ist so ein bisschen der Paranoika, ist auch so ein zukunftsdenkender Mensch und der sagt immer, irgendwann kommen die Computer, denken schneller als wir und dann haben wir so für die den Charakter von Ameisen eigentlich. Wir sind langsamer, wir sind dümmer, wir sind schlechter, wir sind biologisch, warum sollten die uns noch brauchen? Und deswegen sage ich, das ist so ein shaky Thema. Es gibt schon Sachen, die sehr spannend sind, die gut funktionieren. Also ich glaube, vor 15 Jahren hätte man sich nicht vorstellen können, dass man mit dem Computer die komplette Terminkoordination überlässt, indem man das irgendwie ausliest und dann Siri einem sagen kann, welcher Kinofilm läuft in der Ecke, wenn ich nur sage, was kann ich heute Abend gucken. Deswegen, ich finde, es ist schon noch so ein bisschen ungreifbar. Genauso wie bei Elektroautos ungreifbar ist, ist jetzt irgendwie Elektro in die Zukunft. Ist das bei diesem ganzen Thema Machine Learning und KI irgendwie ungreifbar? Sind diese Horrorszenarios oder umgekehrt diese Paradiesvorstellungen, der Computer lernt und wir können so ein bisschen wie bei Wall-E uns alle die Beine hochlegen. Ist das realistisch? Was ist denn da dein Blick auf das Thema?

Fabian Westerheide: Ich würde mal sagen, das, was wir entwickeln, werden wir nie als intelligent definieren. Keiner von uns denkt, dass Siri oder Amazon Echo oder so etwas intelligent ist, weil wir uns einfach sehr schnell an die Technologie gewöhnen. Wenn man aber natürlich Siri jemandem vor 15 Jahren gibt, dann denkt der, wow, was ist das für eine Surprise. Selbes mit Google. Gibt jemandem vor 30 Jahren Google und der denkt, was für ein Monster ist das? Amazing, weil Google aber deutlich mehr weiß als wir. Google weiß ja schon, was wir eintippen wollen, bevor sie es getippt haben. Das ist eine gewisse Form von Intelligenz. Mathematisch gesehen ist es nur eine Vorhersage, aber auch wir Menschen sind nichts anderes als Maschinen. Und auch wir haben eine gewisse Mathematik im Kopf, nur dass wir einen biologischen Speicher haben, welcher übrigens viel schlechter funktioniert als ein Speicher aus Silicon. Das ist also eine komplett andere Diskussion. Nochmal ist ja natürlich, was sich durchsetzt, ja, Ich glaube, der nächste Sprung ist, ich nenne das mal die Botsysteme. Also ich habe beobachtet, dass diese ganzen Botsysteme immer mehr eindringen. Wir reden von Personal Assistant, also X.AI macht ganze Terminkoordinationen. Wir haben ja Versuche von GoButler in diesen Bereich zu gehen, dass sie sagen, sie wollen Reisen machen und Hotels etc. Das Ganze kann man über eine Maschine viel schneller abwickeln als über Menschen, die das einhacken. Wir haben Facebook Siri, wir haben die Firma Inbots, wir haben Parlamind. Wir haben immer mehr Unternehmen, die sich im Bereich der Mensch-Maschine-Kommunikation einklinken, um die Maschinenkommunikation einfacher zu machen. Im Endeffekt sorgen sie dafür, dass das Interface verschwindet. Also ich habe die These, dass da wo wir eine App haben heutzutage, die App dient dazu, dass wir der Maschine sagen, was wir wollen. Viel besser ist es, wenn wir eine Maschine sagen können in gesprochener Form oder in geschriebener Form und die Maschine versteht das. Und da gibt es einige interessante Fortschritte im NLP, National Language Processing, die in der Lage sind, dass die Maschine besser versteht, was wir wollen, gesprochen oder geschrieben. Das wird in den nächsten zwei, drei Jahren noch besser. Und dann werden wir auf einmal ganz anders mit unseren Maschinen interagieren. Wir werden viel weniger auf dem Handy hoffentlich kleben und irgendwas einhacken müssen oder am Rechnersein einhacken müssen, sondern die Maschine wird mehr in der Lage sein, zu verstehen, was wir wollen, indem wir sprechen und interagieren, so wie wir mit Menschen agieren, so wie wir mit einer Assistenz agieren. Und dann werden wir das auch nicht eine Intelligenz nennen, aber wir werden die Maschine aus meiner Sicht bequemer mit umgehen können, also mit der Frage der Usability.

Joel Kaczmarek: Ich meine, das ganze Thema Conversational Commerce ist ja jetzt auch so, weil du gerade GoBuddle auch angesprochen hast, sprich, ich habe teilweise ein Interface, das sieht aus wie WhatsApp, tippe irgendwas ein und kriege Antworten, als wenn mir mein Computer eine SMS schreiben würde, so ein bisschen, ja. Also ich meine, da bist du relativ schnell dann auch so bei diesen Star Trek Ideen mit Computer und dann fragst du denen irgendwas und kriegst halt eine Antwort. Also du glaubst schon, dass das irgendwie so der Weg ist, den man da geht?

Fabian Westerheide: Ja. Da gibt es halt die Frage, wie man das Problem drangeht. Man kann sagen, okay, ich nehme einen ganz, ganz konkreten Problemfall, wie zum Beispiel Terminanfragen. Und dann Terminanfragen ist gar nicht so komplex. Also man hat fünf, sechs Faktoren. Man muss Ort und Datum und Zeit und Mitglieder und wo trifft man sich jetzt alles abstimmen. Und bisher war es halt so, man setzt die Software in CC, die fragt das ab, testet in der Datenbank, ob alle Informationen in der E-Mail drin sind, schreibt wieder in die E-Mail und fragt das Ganze ab. Am Anfang muss das ganze System trainiert werden. Das heißt, man hat in Madagaskar irgendwie Mitarbeiter sitzen, die für drei Euro die Stunde diese ganzen Daten abfragen, das nachhacken und das System lernt dann wiederum, wie ich das Ganze mache. Das ist lösbar. Nächste Stufe ist natürlich für komplexere Themen, wie zum Beispiel Kundensupport. Du schickst eine E-Mail. Habe zwei Pakete gekriegt, eins möchte ich behalten, das andere geht zurück. Im Moment braucht man den Menschen das auseinanderzunehmen. Inzwischen hat man schon Software, die erkennen kann, ist der Kunde zufrieden, ist er böse, wie ist seine Laune drauf, um was für einen Fall geht es? und kann das schon dem richtigen Kunden-Support-Mitarbeiter dann zuweisen.

Joel Kaczmarek: Wie weit bist du denn da aber wirklich? Ich habe gerade gestern einen Artikel gelesen nach dem Motto, es macht einen riesen Unterschied, ob du sagst, das iPhone war noch nie gut oder das iPhone war noch nie so gut. Also ein Wort kann ja manchmal irgendwie schon die Bedeutung um 180 Grad drehen, würde ich damit sagen. Also wenn ich so an meine E-Mails denke, die ich manchmal irgendwie an Support schreibe mit, ich habe das Problem, ich habe jenes Problem, da ist ja, also wie standardisierbar ist das? und sind wir da wirklich schon so gut, dass ein Computer das lesen kann?

Fabian Westerheide: Ich habe mich mit einem meine Vorschau getroffen, die daran arbeitet an dem Thema seit zehn Jahren und auch ein Startup daraus gemacht hat und hat mir die Technologie erklären lassen. und das ist super komplex, also echt komplex, so komplex, dass ich es sogar wiedergeben kann. Ich habe das versucht einfach nur zu verstehen. Im Endeffekt haben die 150 verschiedene Fälle, die es gibt, Storno, Retoure, falsche Lieferungen etc. Und zu jedem dieser Fälle entwickeln die bis zu 1000 Iterationen. Und die haben einen Bot, der alle E-Mails durchgeht und abprüft, okay, das ist einer dieser Fälle und passt das in die Iteration. Und wenn es da reinpasst, dann sagt er, okay, das ist dieser Fall. Wenn es nicht reinpasst, dann versucht er zu lernen und das wieder zuzuordnen. Im Endeffekt hat man also Bots, die immer wieder lernen, mit jeder weiteren Variante, die es gibt, versuchen das Ganze zuzuordnen. Wir sind noch in der Phase des sogenannten Supervised Learnings. Das Hauptproblem ist, die Daten, die wir kriegen, sind unlabelt und unstructured. Also wie du sagst, Umgangssprache, die sind sehr, sehr komplex und es gibt sehr, sehr viele Möglichkeiten. Noch sind die Maschinen nicht in der Lage, die Daten unbereinigt sofort zu verstehen. Also ist derzeit der größte Engpass für eine Maschinenintelligenz, dass man Manpower braucht, um diese ganzen Daten aufzubereiten und der Maschine zu sagen, bestes Beispiel, das ist eine Katze, damit die Maschine einmal gelernt hat, okay, das ist eine Katze und danach alle Katzen erkennt. Noch kann man ganz schwierig im Bereich Visualisierung, klappt das schon, aber bei Sprache kann man denen nicht einfach hier Text reinwerfen und sagen, mach was daraus. Noch muss man sagen, okay, diese Texte haben diese Bedeutung, aber die Maschine lernt und wenn man sie trainiert, wird die Maschine immer besser bis zu einer Quote von 90%, 95%, 98% Textverständnis. mit einem gewissen Training.

Joel Kaczmarek: Also verstehe ich das richtig, im Prinzip bist du immer noch auf dem 80er Jahre, ich definiere ein Regelset, nur dass sozusagen der Input, den du gibst, maximal viel größer wird, gerade weil du technologiebasiert auch sagen kannst, das liegt alles in der Cloud, also Speicher kostet ja heutzutage nichts mehr. Du jagst das nur noch voll mit Informationen, gibst Regeln an die Hand, wie Informationen zu deuten sind und bist da auch effizienter geworden, sodass du eigentlich, die Intelligenz dann darin besteht, zu sagen, du klasterst. Also eigentlich wird sozusagen sortiert, du nimmst Abzweige und erklärst demjenigen einmal, wann er welchen Abzweig nehmen soll.

Fabian Westerheide: Es ist eine Mischung von mehreren. Wir reden von Clusters, wir reden von Segmentierung, wir reden von Cleansing, wir reden von Tokens. Wir reden aber auch von neuronalen Netzen. Da gibt es verschiedene Möglichkeiten. Das Schöne an diesen neuronalen Netzen ist, dass es so ein bisschen Blackbox ist. Also du kannst nicht mehr die Regeln definieren, sondern du gibst Daten vorne rein und sagst, okay, optimiere hier drauf und die Maschine fängt zu optimieren. Google hat das gemacht mit seinen Serveranlagen. So eine Serveranlage, da sind hier extrem viele Rechner. Die wollten das Ganze optimieren. Leistung, Strom, Verbrauch etc. Und da sind über 1000 Variablen. und da haben sie gesagt, neuronales Netzwerk drüber gelegt, das gesagt hat, optimiere das. Und das hat dann angefangen zu optimieren. und dann kamen nach ein paar Wochen mal Resultaten raus, die ein Mensch in seiner Lebenszeit hätte gar nicht kriegen können, weil er es gar nicht messen kann, wenn er a ändert, was bei b rauskommt. Und wir wissen nicht unbedingt, was in diesen neuronalen Netzen unbedingt passiert. Du kannst es also nicht immer nachvollziehen, aber es kommt ein Output raus. Das haben wir ja gesehen bei Go. Als Deepmind Go diesen Weltmeister geschlagen hat, gab es Bewegungszüge, die wir als unlogisch erachteten, aber die Maschine hat das gemacht und hat trotzdem gewonnen. Wir wissen also gar nicht, wie die Maschine darauf gekommen ist, wir wissen aber nur, sie hat es getan. Da gibt es bei ganz anderen Startups, die ich gesehen habe, die neuronale Netze benutzen, die packen da Daten rein, da kommt was raus und sind total fasziniert, was dabei rauskommt. Genauso wie neuronales Netz in der Lage ist zu träumen oder Bilder zu malen. und wir ihm nicht vorgegeben haben, wie es das Bild zu malen hat. Das ist eine Komponente, wo diese Zufallskomponente reinkommt, wie auch beim Menschen, das lässt sich nicht immer planen. Aber ja, Machine Learning ist eine Kombination aus stochastischen Modellen, aus Decision Trees, aus Szenarioanalysen, aus neuronalen Netzen, das Ganze natürlich kombiniert. Dazu kommt noch, dass die Rechner halt schneller geworden sind. Also vorher Selbst heute, ich frage so ein Team, wie lange braucht denn die Maschine, um so einen 1000 E-Mails wieder zu erarbeiten, sagt sie, 30, 40 Minuten. Da bin ich natürlich schockiert, dass eine Maschine noch 30 Minuten braucht, um eine Rechnung zu machen. Aber das hat vor Jahren, vor 30 Jahren, ging es noch gar nicht. Also mit den Rechnern kommt es. Dazu kommt nochmal ein Trend, dass die Prozessoren immer besser werden und inzwischen jetzt auch Prozessoren für neuronale Netze extra entwickelt werden. Das heißt, wir können neuronale Netze dann überall reinbauen, auch in Telefone. Dadurch sind wir in der Lage, eine Siri nicht nur in der Cloud zu haben, sondern eine Siri auf dem Rechner zu haben, mit einer Leistung, die diese Latency nicht mehr hat, diesen Lack hat, sondern sofort reagieren kann.

Joel Kaczmarek: Aber ich meine, es ist ja schon unheimlich, wenn da jemand entscheidet und du weißt eigentlich gar nicht, warum. Also wenn so eine Intelligenz richtig zur Blackbox wird, deren Regeln du immer mal vorgegeben hast und wo du Material reinstopfst, aber was dann damit im Kasten drin passiert, weißt du gar nicht mehr.

Fabian Westerheide: Das ist es. Und das ist auch das mit diesen kognitiven Modellen. Es gibt dieses Unternehmen, Microsoft Industries, die entwickeln eine Maschine mit einer Motivation. Die haben dann einen Minecraft-Bot geschrieben und gesagt, überlebe. Und sonst nichts. Und dieser Bot ist da reingegangen und hat dann angefangen rumzulaufen und dann Essen gesucht und Häuser gebaut und hat einfach nur optimiert aufs Überleben. Und man gibt diesen Maschinen inzwischen eine Motivation, ein Ziel vor, was gar nicht Optimierung ist, sondern einfach mach mal und dann überlässt man es. Sie bewegen sich, sie machen etwas.

Joel Kaczmarek: Aber musst du dir nicht noch Zusatzinformationen geben? Beispiel, wenn dein Essen ausgeht, ist dein Überleben gefährdet. Wenn dich irgendwie jemand anschießen will, ist dein Überleben gefährdet.

Fabian Westerheide: Sie lernt. Die Maschine lernt. Das ist ja auch was, die gemacht haben mit den Arcade Games, also hier mit Mario und so etwas, bei DeepMind. Die haben einfach nur gesagt, optimiere den Punktestand. Dann hat die Maschine angefangen. Es gibt diese Videos, wo man sieht, sie stirbt sofort und dann lernt sie. Sie stirbt dann weniger und dann stirbt sie immer weniger und dann macht sie mehr Punkte, bis sie dann aufhört zu sterben. und ein perfektes Spiel, das ein Mensch spielen kann. Das ist diese Komponente. und noch ist es ja, was Sie sagen, die Never AI. Man muss ihnen noch sagen, okay, hier ist das Computerspiel, lerne das. Man kann leider nicht hinterher sagen, und hier ist ein Auto und fahre jetzt das Auto. Also man kann doch nicht dieselbe Software nehmen und sie ins Auto setzen und vom Auto in die Drohne reinsetzen. Man muss immer noch sagen, hier ist das Auto, fahre und werde immer besser dabei. Und deswegen sage ich, wir sind auf der Phase von, dass künstliche Intelligenz ist auf dem Baby-Level. Dem Baby muss man ungeheuer viel noch beibringen, auch wenn es da gewisse Bedürfnisse schon gibt. Und wir sind gerade auf dem Sprung zum Kleinkind, wo die Maschine eine gewisse Überraschungsintelligenz kriegt, aber gleichzeitig der Mensch immer noch sagt, gut, es ist halt ein kleines Kind und ich gucke dem Ganzen zu. Das ist, was ich sage, vom Supervised Learning zum Unsupervised Learning. Viel interessanter wird es, wenn die Maschine in die Pubertät kommt irgendwann. Dann ist auch immer der gefährliche Moment, also alle Science-Fiction-Autoren behandeln, oder viele behandeln genau das Thema, wenn künstliche Intelligenzen in die Pubertät kommen und dann sich zu Skynet entwickeln, dann ist es schlecht für die Menschheit. Wenn sie dann erwachsen werden, ist es wieder gut für die Menschheit. Man muss also auch irgendwann, dann kommt diese kritische Phase, wo Künstliche Intelligenzen Fehler machen, wo sie Fehler machen, die wir moralisch nicht mögen. Das selbstfahrende Auto fährt in die Menschenmasse rein. Das ist das schöne moralische Beispiel, was wir immer haben. Da sind wir noch nicht so weit, aber natürlich, deswegen diskutieren wir es jetzt, um darauf vorbereitet zu sein, wenn es so weit ist, dass wir wenigstens rechtzeitig die Diskussion angefangen haben und uns damit auseinandersetzen.

Joel Kaczmarek: Ich meine, man merkt ja so ein bisschen, da steckt ja fast Philosophie manchmal auch hinter und durchaus Moral. Also ich erinnere mich an so eine Diskussion. selbstfahrende Autos, was macht man in der Serpentine, wenn irgendwie dir ein Fahrradfahrer entgegenkommt, du siehst ihn um die Kurve nicht oder zu spät, der hat irgendwie eine Regel gebrochen, nämlich nicht in die Gegenspur fahren, sondern muss ein Auto entscheiden. Fahre ich in den Fahrradfahrer rein und er ist tot oder weiche ich aus, der Fahrradfahrer überlebt, aber ich gehe die Gefahr ein, dass derjenige, der in meinem Fahrzeug drin sitzt, über die Klippe runtersegelt.

Fabian Westerheide: Da würde aber auch jeder Mensch anders entscheiden. Ein Familienvater gegenüber vielleicht einem Investmentbanker mit einem hohen Gehalt, der keine Familie hat, entscheidet anders als eine Rentnerin, als ein 18-jähriger Fahranfänger. Und wenn wir überlegen, wo passieren die meisten Notfälle, ja mit Leuten, die gerade erst angefangen haben zu fahren. Also die Anfänger machen es, die Anfänger und die Leute, die Drogen genommen haben. Diese beiden Gruppen töten die meisten. Und ich bin da eigentlich ganz optimistisch. In den USA sterben jedes Jahr 45.000 Menschen durch Autounfälle. In Deutschland sind wir da etwas sicherer, wir sind bei 3.000, 4.000. Wenn also eine Maschine ein Auto fährt und die Fehlerquote so gering ist wie beim Flugzeug, dann würde ich sagen, super. Also wenn die Maschine, das Auto fährt und da sterben noch ein paar Leute, okay, aber solange es unter den 40.000 sind, wir reden, wir kommen raus bei 3.000, also vielleicht 10% davon oder wir kommen raus bei einem Prozent davon, ist das eine signifikante Verbesserung für das Menschenleben aller Leute, die da draußen auf der Straße

Joel Kaczmarek: rumlaufen. Ich meine, es ist ja ironisch, gerade wo du Flugzeuge ansprichst, da hat man ja eigentlich meistens den Fall, dass menschliches Versagen oft noch so das Hauptthema ist.

Fabian Westerheide: Kommt drauf an. Also ich habe mit einem Pilot genau über das Thema gesprochen. Die Flugzeuge fliegen eigentlich schon bis auf Start und Landung komplett automatisch. Die Abstütze in der letzten Zeit waren alles menschliches Versagen. Oder Maschinenprobleme, die der Mensch nicht erkannt hat. Also ein Pilot ist heutzutage wie ein Checklistenbetreiber. Bevor man fliegt, geht man ganz viele Checklisten durch und guckt, wie die Flugzeuge sind. Mir wurde auch gesagt, die neueste Generation von Flugzeugen sind auch besser aufgebaut vom Interface. Also diesen ganz klaren Warnsignal hier, diese drei Lampen, wenn die leuchten, nicht fliegen. Und alles andere ist okay. Und das Flugzeug, das zum Beispiel gleich von Brasilien nach Frankreich fliegen sollte und abgestürzt ist, das war ein Computerausfall, wo der Mensch es nicht erkannt hat.

Joel Kaczmarek: Das heißt, ich habe da mal einen relativ langen Bericht zugelesen. Das war Stalling, glaube ich, hieß es. Oder Stalling, also to stall heißt ja, das Flugzeug ist zu steil. Das heißt, irgendwie gab es, glaube ich, das Problem war, der Co-Pilot hat das Lenkrad rangezogen teilweise, was der Hauptpilot nicht gemerkt hat, weil die Lenkräder nicht irgendwie verbunden waren. Das Flugzeug stand also total steil und du hast es aber nicht gemerkt, weil irgendwie ein Sensor ausgefallen war, der vereist war. Also im Prinzip, ja okay, ich glaube, da brauche ich heute mein Wissen.

Fabian Westerheide: Aber das habe ich ähnlich so gehört, ja, dass es eine Maschine hat, Den Fehler gemacht, ja, aber der Mensch hat es nicht erkannt und hat das Ganze verschlimmert, indem er auch nicht richtig reagiert. Und da haben sie ein paar Learnings rausgezogen, unter anderem, dass Piloten wieder mehr fliegen müssen, dass sie auch fliegen können müssen und so etwas. Wenn die Maschine ausfällt, muss jemand fliegen können. Deswegen ist es auch interessant, wir haben irgendwann selbstfahrende Autos. Was ist, wenn der Autopilot ausfährt und jemand sitzt hinter dem Steuer, der keinen Führerschein hat?

Joel Kaczmarek: Ja, spannende Überlegung. Ich meine, vor allem auch, eigentlich ist man ja ganz schnell bei dem ganzen Thema Workforce. Also Taxifahrer, LKW-Fahrer, Busfahrer, im schlimmsten Fall vielleicht auch Spediteure, Logistiker, Postboten, vielleicht auch Piloten. Das sind ja Berufsgruppen, die sind ja latent arbeitslosigkeitsgefährdet.

Fabian Westerheide: Absolut, aber wir können das Ganze weitermachen, Journalisten. Also alle Leute, die Text generieren, der nicht unbedingt investitiv ist. Wir reden über Analysten, wir reden über Börsenhändler. Wir reden aber auch über Data Scientists. Also Data Scientists ist jetzt super wichtig. In zehn Jahren haben wir hoffentlich eine Softwarelösung dafür. Alles, was heutzutage in Excel abgebildet wird, wird eine Software machen können. Jeder, der einen Job hat, wo er Daten in Excel einhackt oder wieder rausholt oder mit Datenbanken arbeitet, brauchen wir irgendwann nicht mehr, weil die Maschine einfach besser rechnen kann. Früher hatten wir riesige Büros, wo Leute nicht anders gesessen haben, mit Schreibmaschinen irgendwelche Lochkarten zu bearbeiten. Heutzutage haben wir Excel, als nächstes hast du eine künstliche Intelligenz dafür. Nur wir werden sie nicht so nennen. Wir sind bei Doktoren, Chirurgen, überall, wo man Millimeterarbeit braucht. Da haben wir bereits in der Industrie Laserroboter für. Noch lassen wir Menschen, die sehr fehleranfällig sind, an unserem Herzen operieren. Jetzt gab es die ersten Ergebnisse wieder, dass Herz-OPs durchgeführt wurden von Maschinen. Ich glaube, der Mensch hat eine Möglichkeit da, wo noch Interaktion wichtig ist, also Mensch zu Mensch. Also gerade der Arzt, der einem Der Allgemeinarzt wird immer noch eine Existenz haben, aber alles, was dahinter ist, zum Beispiel Radiologen, derzeit schicken Radiologen ihre Bilder nach Indien, um die über Nacht auswerten zu lassen. Dafür gibt es auch schon längst Software, die das sofort macht. Also ganz, ganz viele Bereiche werden da kommen, überall, wo es repetitive Aufgaben gibt. Also alles, was man lernen kann, kann eigentlich die Maschine irgendwann machen.

Joel Kaczmarek: Was ist deine Hypothese, was macht das mit so einer Volkswirtschaft, wenn potenziell sehr, sehr, sehr viele Menschen arbeitslos werden?

Fabian Westerheide: Das wird jetzt gerade politisch, weil heute einen sehr schönen Artikel darüber gelesen, über Bits Society versus Atom Society. Das heißt, die Leute, die unter anderem Trump gerade unterstützen in den USA, sind sehr für dieses, ich nenne es Old Economy, wir wollen wieder produzieren, wir wollen, dass alles wieder einen Schritt zurück geht, wir wollen Arbeitsplätze haben etc. Und Silicon Valley treibt das Ganze nach vorne und sagt, wir brauchen das nicht mehr, ihr müsst alle später nicht mehr arbeiten, deswegen diskutieren wir auch über das bedingungslose Grundeinkommen. Ich persönlich glaube, wir werden an den Punkt kommen, wo wir uns genau zu dieser Diskussion stellen müssen. Die haben wir bereits in Ansätzen, wo wir uns damit auseinandersetzen müssen. Wenn wir diesen Fortschritt vorangehen, dann ist eine Konsequenz, dass wir einfach weniger arbeiten müssen. Für mich ist das Bild Wall-E. Wir hocken nicht alle hoffentlich auf solchen kleinen Robotern und werden dick. Aber für mich ist eine ideale Zukunft, keiner muss mehr arbeiten, sondern jeder kann arbeiten, wenn er will. Jeder sucht sich seinen Beruf als Berufung und keiner muss mehr bei McDonalds sitzen, weil er halt die 8,50 Euro die Stunde braucht, sondern dass das Basic Need, also Miete und Wegen Essen und Ausbildung, dass das gedeckelt ist und dass die Leute rausgehen zu arbeiten, weil sie wirklich arbeiten wollen oder weil sie einfach einen Luxus- und Lebensstandard haben wollen, den sie sich sonst nicht leisten können und dafür mehr zu leisten haben. Das wird ein sehr, sehr interessantes Thema werden, aber wir haben einfach nicht für siebeneinhalb Milliarden Menschen genug zu tun.

Joel Kaczmarek: Aber ich meine, da kannst du ja fast noch einen Schritt weitergehen und sagen, Geld wird ein Stück weit obsolet, weil wenn eigentlich, wenn Arbeitsleistung keinen Wert mehr hat, weil sie tendenziell maschinell erzeugt werden kann, klar, eine Maschine kostet irgendwie Geld, aber ich kann mir durchaus vorstellen, es gibt ja ganz andere Währungen als Geld.

Fabian Westerheide: Für mich ist Geld Lebenszeit, also ein Tauschmittel für Lebenszeit. Und wenn ich mir ein neues iPhone kaufe, dann kaufe ich mir das, weil mir das ungeheuer viel Lebenszeit spart. Also ich weiß, dass ich mit dem iPhone einfach viel produktiver bin, als ich noch vor 15 Jahren war. Dafür ist es mir das Wert. Aber ich habe zum Beispiel kein Auto, weil ich nicht bereit bin, 50, 80, 100.000 Euro für einen Gegenstand auszugeben, der sofort, nachdem ich ihn gekauft habe, 20% seines Werts verloren hat.

Joel Kaczmarek: Du kannst ja einen für 15.000 kaufen und ich glaube, die verlieren sogar 50% des Werts. Absolut.

Fabian Westerheide: Ich fahre einen 20 Jahre alten Polo.

Joel Kaczmarek: Also es ist doch ein Auto.

Fabian Westerheide: Ja, genau. Aber den habe ich seit 15 Jahren. Deswegen habe ich nie etwas Neues gekauft. Den habe ich seit 15 Jahren. Der hat keine Kosten. Also ich glaube, die Leute denken mehr darüber nach, was Geld ist. Und ja, Geld wird immer weniger wichtig. Aber das ist doch auch so. Jeder Mensch heute hat mehr Informationen und mehr Zugang zu Technologien als Präsidenten der USA vor 15 Jahren noch. Jeder Mensch heute lebt besser, als das 1% vor 100 Jahren gelebt hat. Ich meine, wir müssen uns nur angucken, wir sind hier in Berlin, wir gucken uns die ganzen Schlösser mal an und die hatten kein fließendes Wasser, die hatten kein Internet zum Zugang, die hatten keine Heizung, die hatten keine Badewanne, die hatten keine Antibiotika, die hatten nichts. Und wir haben all das hier und wir zahlen wenige dafür. Wir leben in einer verdammt guten Zeit und uns Menschen geht es wirklich, wirklich gut. weil wir auch offen gegenüber Technologie sind, weil Technologien uns geholfen haben, ein besseres Leben zu führen. Ich glaube, das wird sich fortsetzen. Es ist nur sehr, sehr schwer, sich vorzustellen, so wie vor 150 Jahren sich ganz wenig Menschen wahrscheinlich vorstellen konnten, wie das Leben heutzutage aussieht.

Joel Kaczmarek: Lass uns doch nochmal einen kleinen Exkurs machen in das Thema Hardware. Wie wichtig sind denn eigentlich Smartphones, wenn es um das Thema AI geht? Weil man hat ja schon so das Gefühl, man hat erstmalig eine Situation, wo du als Mensch extrem viele Sensoren eigentlich mit hast, Also ist das so ein bisschen auch so ein Push gewesen für das ganze Thema?

Fabian Westerheide: Ja, das iPhone und die anderen Smartphones haben natürlich die ganze Mobile-Ära reingebracht und wir reden von 300 Millionen Desktop-PCs, die es da draußen gibt und 7,2 Milliarden Smartphones, die alle besser sind als Rechner noch vor zehn Jahren. Das heißt, wir reden von der Explosion von Computing-Power, die da draußen ist. Und jeder, der ein Smartphone in der Tasche hat, ist, meine These immer, ist auf dem Weg zum Cyborg. Wir integrieren die Maschine schon in unseren Körpern, in unseren Alltag. Also ist das da. Wobei es weniger um das Smartphone geht, sondern die Akzeptanz, dass künstliche Intelligenz wird auf dem Smartphone. Du wirst wahrscheinlich in fünf Jahren 10, 20 Apps haben, die eine gewisse künstliche Intelligenz drin haben, weil heutzutage jede App, die entwickelt wird, sollte Machine Learning State of the Art drin haben und eine gewisse Intelligenz haben. Das heißt, eine Software zu entwickeln, die mitlernt und dich versteht. Also das Smartphone wird das haben, du wirst einfach Apps haben, die mitlernen, aber gleichzeitig ist es auch so, dass deine Umgebung mitlernen wird. Auf Kickstarter gibt es so wunderbare Kampagnen und hier ein Berliner Team Bodyguard hat eine künstliche Intelligenz fürs Haus entwickelt. Also so einen kleinen Minicomputer, den hängst du an und er erkennt, wer die Wohnung betritt. Wenn du das bist, Facebook-Condition, sag das, ist alles super. Und wenn du das nicht bist, kriegst du eine Nachricht auf dein Handy mit einem Foto, wer ist gerade vor deiner Haustür, wer ist gerade reingekommen. Wenn das jemand ist, den du sagst, okay, das ist Freund, Familie, dann fine. Wenn nicht ist, gibt das sofort einen Alarm. Wenn du nicht reagierst, geht das über Social Circles zu dem Nächsten hin. Das System lernt also mit. Es lernt, wer bist du, lernt aber auch zum Beispiel Privacy-Themen. Wenn du sagst aus, dann geht das Ding aus oder ist einfach inaktiv oder so etwas. Diese Interaktion wird da und es wird es in vielen Komponenten geben. Das wirst du im Schlafzimmer haben, das wirst du im Wohnzimmer haben, das wirst du im Büro haben. Du wirst einfach viele Hardware-Komponenten haben, die Software drin haben, die dir einfach hilft, mit dem ganzen System zu kommunizieren.

Joel Kaczmarek: Da ist ja die Brücke eigentlich zu dem ganzen Thema Datenschutz, auch wenn man irgendwie als technologieverliebter Mensch das immer ein bisschen ätzend findet, eigentlich relativ naheliegend. Also was glaubst du, für einen deutschen Politiker ist sowas ja eigentlich ein Albtraum, das ganze Szenario. Also Daten überall haben, sehen, wer vor meiner Tür ist, Fotos haben, Fingerabdrücke. Und erfahrungsgemäß, viel Macht wird ja eigentlich auch immer missbraucht, zeigt ja so ein bisschen die Erfahrung.

Fabian Westerheide: Meine persönliche Meinung zum Thema Datenschutz ist, dass wir eh keinen Datenschutz mehr haben. Also die NSA weiß schon seit Jahren, was wir machen. Mich würde es auch nicht wundern, wenn irgendwann rauskommt, dass jeder Rechner eigentlich komplett immer gespiegelt wird. Das ist eine Frage der Datenpower. Eigentlich weiß die NSA und dadurch auch alle anderen Geheimdienste bereits die ganze Zeit, was wir machen. Und das andere Thema ist, wie man damit umgeht. Also was willst du auch wirklich schützen? Ich habe diese Erfahrung zum Beispiel gemacht, ich war bei einer Krankenkasse und habe gesagt, hey, gib mir mal bitte, ich bin seit 30 Jahren bei euch in der Krankenkasse, gib mir bitte alle Daten, die ihr für mich habt. Ich würde gerne mal herausfinden, ob man damit mit diesen Daten ein bisschen arbeiten kann. Die speichern gar nichts. Da ist nichts. Die sagen, ja, wir löschen eigentlich alles, was zehn Jahre zurückliegt und für die letzten zehn Jahre löschen wir auch nochmal 80 Prozent der Daten. Wir können ihnen nur 18 Monate liefern, aber in diesen 18 Monaten steht nicht drin, wo sie waren und was sie getan haben. Also wirklich so, wir haben immer Angst vor Daten. Die meisten da draußen erheben viel zu wenig Daten noch, dass ich mir überhaupt Sorgen machen müsste. Wenn, A, was hat man zu verstecken? Das ist so eine moralische Frage. Und B, wer missbraucht es? Der Staat weiß bereits super viel über uns, weil das System versucht sich zu schützen in gewisser Art und Weise. Ich habe eher Angst vor Kriminellen. dass jemand Daten benutzt, um uns Schaden zuzufügen. Aber das ist dasselbe wie auch mit dem Haus. Wir schließen die Haus ab, du schließt das Fahrrad hier in Berlin ab. Manche Leute nehmen das Fahrrad immer nach oben hin, weil sie es sich nicht trauen. So ist es auch mit Daten. Also es ist eine Frage, wie bewusst gehe ich damit um und wie hausiere ich mit denen.

Joel Kaczmarek: Das ist halt so ein bisschen die Erik-Schmidt-Haltung. Ich finde das ja trotzdem schwierig. Also wenn ich zum Beispiel zurückdenke, wir hatten in Berlin ja mal so eine Phase, wo irgendwie jede Nacht Autos gebrannt haben. Man hat sich gewundert, was ist da los? Wenn da einer irgendwie ein glühendes Stück Grillanzünder auf den Reifen legt und weggeht, so jemanden kriegst du ja schwer gegriffen. Und es wurde dann meines Wissens gelöst, indem man die Handymasten angezapft hat und hat immer verglichen, bei den brennenden Autos, welche Handys waren sozusagen in dem Bereich angemeldet. Heißt in der Konsequenz, und da hast du, glaube ich, moralisch schon irgendwie ein sehr, sehr großes Thema, jeder, der sich irgendwie in dem Bereich aufgehalten hat, sein Handy dort liegen hatte, wurde schon erstmal unter Generalverdacht gestellt. Ja, mag jetzt nicht schlimm sein, wenn dir nichts passiert. Du warst es nicht und alles ist gut. Vielleicht warst du aber auch irgendwie Pech gehabt und warst zufällig in einem Bus da irgendwie auch mal bei zwei Tatorten. Also, das ist ja schon schwierig. Auch mit dem Ja, die NSA weiß alles. Zwischen Wissen und was man damit macht, ist ja auch immer noch so ein Unterschied.

Fabian Westerheide: Ich stimme dir vollkommen zu. Aber das beste Beispiel ist gerade Bargeldverbot. wollen sie machen. Ja, angeblich um Terroristen zu verhindern. Bullshit. Ja, es geht einfach nur darum, dass der Staat eigentlich möchte, dass wir gar kein Bargeld mehr haben, weil er dann Negativzinsen erheben kann und die Enteignung des Volkes vorantreiben kann. Das ist ein reines politisches Kalkül und es wird immer übergehäuft mit, ja, wir wollen irgendwas Gutes für die Leute machen. Und da stimme ich dir zu. Wahrscheinlich ordnen sie alles, um Einzelfälle zu unterdrücken. Gleichzeitig gibt es Unternehmen, die erkennen bereits, weil sie ganz viele Daten akquirieren, unter anderem von Grenzübergängen, die Kennzeichen scannen, erkennen sie bereits Einbruchsserien, bevor sie passieren. Sie wissen also auch bereits über den Einbruch, bevor der Einbrecher weiß, dass er da einbrechen will, weil sie statistisch sagen können, okay, jetzt wird in den nächsten 24 Stunden oder in den nächsten zwei Tagen, wird wahrscheinlich mit hoher Wahrscheinlichkeit in diesem Stadtteil gerade eingebrochen und schickt präventiv Polizei hin. Und hat zum Beispiel in Zürich und München haben sie das gemacht und da, wo sie es eingesetzt haben, 40, 50 Prozent weniger Einbrüche gehabt nach ein paar Monaten schon.

Joel Kaczmarek: Das ist ja bei Kreditkartenfirmen, glaube ich, ähnlich. Also die können ja an deinen Ausgaben ablesen, ob du dich gerade geschieden hast, ob du ein Kind bekommst oder was weiß ich. Und wahrscheinlich könnt ihr das auch prognostizieren, wie es dann bei dir in ein paar Jahren aussieht. Also da gibt es ja durchaus einige Themen.

Fabian Westerheide: Aber wenn es ein Mensch macht, sagen wir mal, das ist ein guter Kundenberater, der gibt mir gerade eine Finanzanlage, der passt genau auf mich. Wenn es eine Maschine macht, dann ist das Buki.

Joel Kaczmarek: Ja gut, weil die Maschine halt auf Daten basiert und der Mensch meistens eher auf Intuition, auf Vermutung.

Fabian Westerheide: Ich bin modern, ich traue der Maschine mehr als den Menschen. Also es ist aber so meine Erfahrung damit gemacht. Ja, Maschinen machen Fehler, aber meistens ist der Fehler vor dem Computer. Ich glaube, als letzten Satz würde ich noch gerne dazu geben, dass AI hat jetzt, die können Schach spielen, die können Jeopardy, die können Go. Meine Hoffnung ist, dass sie als nächstes lernen, Starcraft zu spielen. Wenn AI in der Lage ist, StarCraft zu spielen, dann wird es sehr interessant. Warum? Um StarCraft gut zu spielen, muss man bluffen. Man muss Angriffe faken, um hinten rumzukommen. Das heißt, man muss in der Lage sein, auf Moral im Spiel nicht zu betrügen, aber Leute in die Täuschung zu führen. Und wenn Software in der Lage ist, uns zu täuschen, um zu gewinnen, dann wird das nochmal ein ganz anderes Gespräch.

Joel Kaczmarek: Das ist doch ein schöner Schlusssatz. Also wir haben gesehen, es ist ein sehr, sehr spannendes Thema. Man kann von Pontius bis Pilatus reden. Darum, wie gesagt, nochmal hier die Bitte an alle, die zuhören, kommentiert gerne mal, ob ihr das irgendwie spannend findet als Thema, ob wir da eine ganze Reihe draus machen sollen und das dann vielleicht mal so ein bisschen systematisieren. Das war ja jetzt wirklich mal so ein Ritt, wo man viele Sachen nur so an der Oberfläche ankratzt und wo so gesundes Halbwissen vielleicht manchmal, zumindest bei mir, mitspielt. Also, wenn ihr das gut findet, dann kommentiert und dir danke ich ganz herzlich für deine Zeit. Hat viel Spaß gemacht.

Fabian Westerheide: Ebenso, danke.

Joel Kaczmarek: Over and out.