Woom 🚲 : Aus der Garage zum Marktführer für Kinderfahrräder

25. Oktober 2023, mit Joel Kaczmarek

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Joel Kaczmarek: Hallo Leute, mein Name ist Joel Kaczmarek. Ich bin der Geschäftsführer von digital kompakt und heute mal ein ganz spannendes Startup, was eigentlich gar kein Startup mehr ist, sondern schon ein Scale-Up, man könnte auch fast sagen ein Mittelständler. Und zwar so der Star schlechthin, wenn es um das Thema Kinderfahrräder geht. Vielleicht, auch wenn ihr irgendwie noch keine Kinder habt, habt ihr mal auf den Straßen diese schönen Fahrräder gesehen mit dem Namen Woom. Das ist ja wirklich einer der Stars, wie gesagt, geworden, was das Thema Kinderfahrräder angeht.

Und ich habe heute den lieben Marcus Ihlenfeld zu Gast. Der ist Gründer von Room und mittlerweile auch mit Advisory Board. Wir werden mal darüber reden, hey, sag mal, wie ist das eigentlich entstanden? Weil es ist eine ziemlich coole Geschichte. Was macht ihr da eigentlich? Was ist das für ein Produkt? Und das übliche Kladderadatsch, also ein bisschen Wettbewerb, bisschen Marketing, bisschen Finanzierung, Investoren. Also ich glaube, heute wird es nicht langweilig. Also in diesem Sinne, lieber Marcus, moin moin.

Marcus Ihlenfeld: Moin moin, danke für die Einladung. Ja, es ist eine lange Geschichte, du musst mich einbremsen, weil ich kann natürlich zehn Stunden überreden, was wir in den letzten zehn Jahren oder zwölf gemacht haben. Aber im Endeffekt kann man sagen, da habe ich den Christian Betzdecker getroffen, der die Idee eigentlich schon im Computer hatte. Der hatte schon das Woom-Logo und hatte eigentlich die Idee, bessere Kinderräder zu machen. Und er ist Industriedesigner und weiß, wie man Kinderräder machen muss, dass sie gut sind. Wir haben uns zufällig getroffen, vor zwölf Jahren, das war so 2011. Und er hat mir davon erzählt, dass er das gerne machen möchte.

Dann haben wir uns zwei-, dreimal getroffen, auf einen Kaffee. Und ich habe gesagt, ja, super Idee. Ich kaufe dir zwei Räder für meine Kinder ab. Und dann beim nächsten Mal habe ich gesagt, ja, wo sind denn die Räder? Er sagt, na ja, ist nicht so einfach. Das muss alles aus dem Computer noch raus. Und wir brauchen dann noch Geld und Marketing und eine Webseite und so weiter. Und So beim dritten Kaffee hat er dann gesagt, hey, wollen wir das nicht zusammen machen? Weil ich ziemlich motiviert war, weil ich auch Kinder im gleichen Alter hatte, die waren damals zwei und vier. Und dann haben wir gesagt, ja, machen wir das doch. Das war ein bisschen naiv, weil wir hatten ja beide noch Jobs. Also ich war damals Marketingleiter oder Direktor für Opel in Österreich, hatte 50 Stunden Jobs, großes Team in Anführungszeichen, viel Verantwortung. Er hatte seinen Job als Designer und als Industriedesigner mit seinen Aufträgen und mit seinen ganzen Projekten, die er da hatte.

Wir hatten beide Kinder und wir hatten beide gute Beziehungen. Also die haben wir immer noch zu unseren Frauen. Und so hat der Tag zwar 24 Stunden, du hast zwar noch die Nacht und die haben wir dann eigentlich genutzt. Wir haben uns jeden Abend zwei Jahre lang so um 8 oder 9 Uhr, nachdem die Kinder im Bett waren, getroffen. Dann haben wir überlegt, welche Farben, welche Vertriebswege, wo suchen wir das Ganze. Und haben dann aber auch bald festgestellt, dass wir das sehr naiv angegangen sind, weil das dann am Ende doch komplizierter ist, als man denkt.

Joel Kaczmarek: Nee, ich staune auch total, weil Fahrräder sind ja wirklich ziemlich komplex. Also die Rahmen herstellen dann irgendwie die Räder, die Gangschaltung und, und, und, und, und. Also sowas kann man doch eigentlich total schwer in der eigenen Garage bauen, hätte ich gedacht, oder? Also wie habt ihr das denn hingekriegt, da zu einem fertigen Produkt zu kommen?

Marcus Ihlenfeld: Naja, das war am Anfang das Schwierigste. Die Komponenten konntest du kaufen, das war weniger das Problem. Den musstest du aber spezifizieren und dann hatten wir am Anfang sehr geringe Stückzahlen. Im ersten Jahr haben wir 500 Räder bestellt eben. fünf verschiedenen Größen. Das heißt also 100 Räder pro Größe. Und das ist eigentlich eine Order, die platziert der kleine Schrauber in der Ecke, platziert so eine Order. Und die haben wir halt im Werk bestellt oder in verschiedenen Werken bestellt in Asien. Und der Rahmen war auf uns zugeschnitten. Also der Rahmen war individuelle Produktion für uns. Das war eigentlich die größte Herausforderung, den irgendwo produziert zu bekommen in den Stückzahlen.

Und ja, und dann habe ich mich einfach nachts hingesetzt und habe 20 Rahmenhersteller angeschrieben und die haben ja alle, also es hat keiner geantwortet, außer einer, der hat mir eine Absage geschickt, der saß in der Tschechei. Und dann habe ich gesagt, Christian, super News, ich habe eine Absage, da fahren wir morgen hin. Ja, dann sind wir ins Auto von Wien aus, sind dann in die Tschischai gefahren zu dem Typ und der so, ja, ich habe euch doch abgesagt. Ja, super, ihr habt euch gemeldet und dann haben wir ihm unsere Geschichte erzählt und unsere Vision und was wir da vorhaben und warum wir anders sind als andere. Und dann hat er dann am Ende vom Meeting nach zwei Stunden gesagt, ja, okay, gut, ich baue euch eure 500 Räder. Hauptsache, ihr lasst mich in Ruhe. Ja, genau. Ja, das war echt gut. Und dann hat er uns die 500 Räder gebaut oder die 500 Rahmen gebaut und die haben wir dann zu mir in die Garage schicken lassen und haben die Komponenten überall herbekommen, die Reifen von Schwalbe, die Komponenten aus Asien und haben das bei mir dann in der Garage eigentlich so Stück für Stück angefangen zusammenzubauen. ganze Zeugs, weil so ein Rad ist ja dann, sieht erstmal einfach aus, aber wenn du nur mal schon mal so ein Bremsseil, also schon so eine Bremse zu installieren mit den zehn Einzelteilen, das ist halt alles sehr mühsam. Und so alles nachts oder nach der Arbeit draußen dunkel und kalt und war eine heftige Zeit, ja.

Joel Kaczmarek: Ich kann es echt nachvollziehen.

Marcus Ihlenfeld: Es war eine geile Zeit, weil du hattest zwar so viel zu tun, aber du konntest das alles noch selbst kontrollieren. Ja, du hattest den Kundenkontakt direkt. Die Leute sind vor die Garage gekommen und wollten ein Radfahrrad abholen oder kaufen und probieren. Und wir hatten super engen Kundenkontakt am Anfang bei den ersten 500, weil wir die Leute alle persönlich gekannt haben. Heute treffe ich noch Leute, die sagen, ich war bei dir in der Garage und du hast meinem Kind Fahrradfahren beigebracht. Du hast dann da mit deinen Handschuhen gestanden und einem Blaumann und hast dann dem Kind auf der Straße Fahrradfahren beigebracht mit dem Rad und da hast du sehr viele Insights bekommen, in wie die Kunden denken und was sie für Ansprüche haben und es hat eine sehr starke Bindung auch mit den ersten Kunden gebracht und es war sehr hilfreich, seine Kunden gut zu kennen, zu wissen, auf was sie abfahren.

Joel Kaczmarek: Sag mal, wo kam der Name her? Also was hat der zu bedeuten?

Marcus Ihlenfeld: Der Name ist Woom. Also es ist ein Soundname von einem vorbeifahrenden, also von so einem Matchbox-Auto oder sowas. ist das ja. Die zwei Os könnten Fahrräder sein. Und das ist ein Name mit vier Buchstaben. Das ist auch gut. Das ist symmetrisch. Und vor allen Dingen der Name Woom ist, ich kenne jetzt den Begriff nicht, da gibt es einen lateinischen Begriff, aber das Logo kannst du immer umdrehen. So wie du willst, dann hast du immer das Gleiche.

Joel Kaczmarek: Ja, das habe ich auch gedacht, wenn man es auf den Kopf dreht, stimmt.

Marcus Ihlenfeld: Das hat Christian entwickelt und funktioniert gut.

Joel Kaczmarek: Ja, ist vor allem auch internationalisierbar, wenn ich drüber nachdenke. Also klingt jetzt auch nicht irgendwie so deutsch oder spezifisch und so. Ja, crazy. Du klingst aber übrigens doch so hochdeutsch. Ihr kommt doch alle beide aus Österreich, oder?

Marcus Ihlenfeld: Christian ist Wiener. Ich bin aus Rüsselsheim, aus Deutschland. Da bin ich geboren, bin dort aufgewachsen und bin dann von Opel versetzt worden. Habe in Amerika studiert, acht Jahre oder sieben Jahre. Bin dann zu Opel gegangen, durch Opel dann nach Zürich versetzt worden, fünf Jahre bei einer Familie und von Zürich aus nach Wien. Und dort habe ich den Christian kennengelernt. Das ist die Geschichte, ja. Ich habe zwar den Wiener Schmäh, glaube ich, manchmal, aber nicht den Wiener Dialekt. Kriege ich nicht rein.

Joel Kaczmarek: Ja, krass. Okay, cool. Also ich finde es ja wirklich respektabel. Das Ergebnis sowieso gar keine Frage. Das ist ja ein mega Erfolg. Nur einfach auch so die Produktkategorie. Also von allem, was man sich aussuchen kann, ist ja Fahrrad wirklich maximal schwer. Ja, weil ich kenne das auch. Ich bin handwerklich begabt, aber Fahrrad reparieren hasse ich wie die Pest. Das gebe ich immer den Profis ab. Wie ist es denn für euch weitergegangen? Also was waren die wichtigsten Meilensteine, um das zu so einer Größe zu bringen, die es jetzt hat?

Marcus Ihlenfeld: Ich glaube, der größte Meilenstein am Anfang war eine AWS-Förderung. Also wir haben eine ganz gute Förderlandschaft hier in Österreich. Also damit konnte man das überhaupt finanzieren, das Projekt. Der zweite Meilenstein war wahrscheinlich der erste Mitarbeiter, der uns geholfen hat, die Räder in der Garage zusammenzubauen und zu verschicken. Aber wir waren ja am Anfang nur ein Direktvertriebler, also wir haben keine Händler gehabt. Wir hatten keinen Deckungsbeitrag auf die ersten Räder. Das war einfach fast ein Nullsummenspiel und da ging sich keine Händlermarge aus. Meilenstein für uns war, dass wir eigentlich die ersten vier Jahre unprofitabel waren. Das wussten wir. Also deine Stückzahlen kriegst du nicht, die Einkaufspreise, die du brauchst. Du kriegst erst ab gewisser Stückzahl, sagen wir mal 10.000 oder so, kannst du erst mal reden. Wirst du eingeladen von dem Hersteller überhaupt auf der Messe zu einem Tee oder einem Kaffee. Vorher bist du nur irgendeine Mücke in der Ecke.

Dann haben wir am Anfang, und das war wahrscheinlich die größte Herausforderung, war die Finanzen. Du hast einen sehr hohen Wareneinsatz mit dem Ganzen und musst sechs Monate vorher schon Anzahlungen leisten usw., Größter Meilenstein war eigentlich, dass wir angefangen haben, unsere Kunden anzuschreiben und zu fragen, ob sie uns finanziell unterstützen wollen mit Privatkredit, nachrangigen Privatdarlehens ab 1.000 Euro. Wir haben Anfang 10% Zinsen bezahlt und Gutscheine fürs Fahrrad haben diese Investoren bekommen. Also wir haben unser eigenes Crowdfunding eigentlich gemacht. Bis 2017 haben wir ziemlich viel Geld eingesammelt eigentlich. Es gab Weit über 100 Kreditverträge und über 2 Millionen Euro haben wir da eingesammelt und alles wieder zurückgezahlt. Ja, das war das Krasseste eigentlich. Irgendwann ganzen Hefter voll Kreditverträge und also das schon allein zu managen, das war schon Chaos. Aber es hat jeder sein Geld zurückbekommen. Jeder war Teil von Woom. Also das war eine ganz wichtige Gruppe von Menschen, die uns da unterstützt haben. Teilweise mit 1.000 Euro. Wir haben was zusammengekratzt. Hier habt ihr 1.000 Euro. Wir finden das cool, was ihr macht.

Von Anfang an einen super Kundenservice gehabt, wenn einer Irgendein Problem hatte er beim Rad, habe ich ein neues geschickt und habe ihm dann erst das alte abholen lassen und so Geschichten. Also wir waren extrem kundenfreundlich unterwegs. Und dann sind wir 2017, da kamen natürlich erst mal noch Mitarbeiter. Das ist natürlich auch der große Sprung, sich ein kleines Team aufzubauen von fünf Leuten. Und dann 15 dann von der Familienphase in die Teamphase und dann in die Organisationsphase und jetzt in die Internationalisierungsphase. Also das ist auch immer sehr interessant. anstrengender Prozess, permanent Re-Orgs zu machen, permanent Leute einzustellen und Prozesse neu zu definieren. Wir hatten am Anfang von unseren Mitarbeitern gar keine Arbeitsverträge teilweise. Die haben wir jetzt natürlich alle. Wir hatten keine Job Descriptions, weil in dem Moment, wo du die Job Descriptions fertig hattest, hast du schon einen neuen Mitarbeiter da gehabt und konntest alles wieder umschreiben. Weißt du, so dieses typische Startup-Ding, wo du einfach nur alle Bälle in der Luft hast und jeder fängt irgendwas auf. Das war eigentlich eine ganz wichtige Phase. Und dann natürlich die erste, die Profitabilität in 2017. Also profitabel war man nicht wirklich, aber wir hatten endlich 0,1% Eigenkapitalquote. Das war ein Riesenerfolg. Und dann sind wir Banklupen geworden. Das heißt also, wir haben unseren ersten Bankkredit bekommen und da ging das eigentlich erst so richtig los, dass wir überhaupt mal so richtig wachsen konnten. Vorher, das war einfach nur ein Gestückel und ein Gezacker war das permanent.

Joel Kaczmarek: Ja, aber krass. Also wenn man mal sich die Erfolgsgeschichte anguckt und so, also wie viele Menschen werden sonst vorher abgesprungen? Vielleicht ist es auch genau das, was euch ausmacht. ausmacht, ja, so diese Resilienz, so abends so nach einem echt anstrengenden Tag in der Kälte noch Räder zusammenbauen und dann diesen unkonventionellen Weg gehen. Also würdest du sagen, dass das so ein Ding war, dass es euch das eigentlich erfolgreich gemacht hat, genau gerade diese Schwierigkeiten?

Marcus Ihlenfeld: Ja, ich glaube schon. Ich glaube auch, dass es dieses, was du natürlich brauchst als Gründer, ist diese Resilienz, ja. Also dieses, der Elon Musk hat es mal gesagt, mit dem wir uns natürlich nicht vergleichen wollen, aber irgendwo ist es doch so, irgendwo beschreibend ist, dass es morgens aufstehen und Glas fressen und abends in den Abgrund schauen, ja. Also dir passieren so viele Dinge und PayPal sperrt dich auf einmal, ja, mit 50.000 Euro im PayPal-Konto, weil sich ein Kunde beschwert hat, dass ein Rad so lange braucht, bis es geliefert ist, weil wir natürlich nur zwei, drei Räder am Tag bauen konnten, ja, das war ja ein Riesenaufwand. Und da musst du denen beweisen, was dein Businessplan ist, dass es dich wirklich gibt und dass du kein Fraud bist. Also so Kleinigkeiten hat einfach, ja, Resilienz, glaube ich, so dieses dicke Fell dann irgendwo anwachsen lassen, ist sicher gut, aber Ich habe immer wieder positives Feedback von den Kunden bekommen. Und das hat uns eigentlich extrem angespornt, zu sehen, wie die Nachfrage war. Wir hatten nie genug Ware gehabt. In Corona, also so 2019, dachten wir, jetzt haben wir genug Räder. Dann kam Corona und dann hatten wir wieder nicht genug Räder. Also wir haben jetzt erst zehn Jahre nach dem ersten Mal Lager mit Rädern. Und die Kunden waren halt happy, strahlende Kinder. Und das hat auch nochmal so einen Unterschied jetzt. Die Branche ist eine positive Branche. Es macht Spaß. Du siehst das Resultat. Du siehst Kinder da im Park fahren, die strahlen und ihre Freude haben. Und das ist ein Trendsignal.

Joel Kaczmarek: Ein guter Zeitpunkt auch immer mal über das Produkt zu reden. Also wir haben jetzt uns hier so romantiziös chronologisch durchgearbeitet. Wie erklärst du denn eigentlich mal so euer Produkt? Weil es ist ja okay, Plain Vanilla, ihr macht Kinderfahrräder. Okay, aber ich finde, wenn man dann auf eure Seite geht, merkt man schon, es gibt so Abstufungen, es gibt Klassen und das ist ja so ein, da steckt ja ganz viel Intelligenz, finde ich, drin. Also welche Reihen bildest du an? In welche Märkte gehst du? Also da kann man sich auch total verzetteln. Ich kann es ja mal beschreiben, wie ihr das aufgebaut habt.

Marcus Ihlenfeld: Total. Und da setzen wir so viel Energie rein ins Produktportfolio, in die Model-Updates, die kommen. Das kann sich kein Mensch vorstellen, wie viele tausende Stunden wir schon mit verbracht haben, wie das Portfolio aussieht, wie die sich differenzieren, wie die User sich differenzieren. Also das ist nicht so mal schnell am Flipchart. Ja, da machen wir jetzt die Räder, die Farben und so weiter. Das ist bei uns seit Anfang an. Ich glaube auch unsere Kernkompetenz. Weil unsere Kernkompetenz ist Keep it simple. Das heißt, wir haben sechs Fahrräder. Die haben wir am Anfang auch gehabt. Und wir decken damit alles Mögliche ab, was du brauchst für dein Kind.

Und wir haben nicht jetzt 100 verschiedene Bauvarianten, sondern stell dir vor, du konfigurierst dir einen Audi A4 oder du hast schon mal einen Tesla konfiguriert. Den Tesla hast du in drei Minuten fertig. Da sagst du, okay, ich nehme noch einen weißen. Die Sitzbezüge schwarz, die Felgen Long Range und fertig. Und ein Audi A4 oder irgendwas anderes Standardmäßiges, da kannst du fünf Stunden konfigurieren und dann weißt du am Ende, das weiße Interior kann ich nicht nehmen, weil meine Klimaanlage automatisch sein muss. Also das war uns halt wichtig, ein ganz einfaches, simples Product Offer zu geben und auch ein Model Range von 1 bis 6 so seamless zu machen wie möglich. Das heißt, dass du weißt, ab dem, dem Alter und der Größe kann ich aufs nächste Rad gehen und nimmst damit die Komplexität und die Bias eliminierst du damit und sagst, wir halten das ganz einfach, ja.

Aber was macht die Räder eigentlich aus? Ich glaube, die Frage will ich nochmal beantworten. Es ist zum ersten Mal, es ist das, was die meisten Leute sehen, die sagen, die sind leicht, ja, okay, wir haben die leichtesten Räder, das ist schon wichtig. Da waren wir, glaube ich, revolutionär und das war wahrscheinlich das wichtigste Argument für die Kunden am Anfang, die Räder zu kaufen, weil Kinderräder damals, 2010, ich weiß es noch nicht so lange her, aber die haben alle mindestens 10 Kilo gewogen. Es kamen sogar Leute, die gesagt haben, die Kinderräder müssen schwer sein, dass sie eine bessere Laufleistung, dass sie besser rollen, dass die Kinder sicherer fahren. Das ist halt voller Schwachsinn gewesen. Dagegen haben wir noch gekämpft. Wir haben auch gekämpft gegen Stützräder, weil die Leute sagten, die Kinder müssen Stützräder haben. Und was auch totaler Schwachsinn ist, die kommen vom Laufrad aufs Fahrrad und die können Fahrrad fahren innerhalb von 10 Minuten. Vielleicht mal 20 und vielleicht mal 50.

Also das Gewicht war ein Riesenthema und dann waren wir eigentlich die Ersten, die qualitativ hochwertige Komponenten verbaut haben. Das heißt also so gedichtete Innenlager, also wirklich qualitativ hochwertige Bremsen. Also dieses Thema Nachhaltigkeit hatten wir schon im Produkt. Da wussten wir aber noch nicht, dass es Nachhaltigkeit heißt. Einfach, dass die Räder sind reparierbar, die sind einstellbar und es ist nicht so, dass du sagst, okay, ich muss jetzt, nach sechs Wochen geht die Vorderbremse nicht mehr. Also es waren viele Räder mit ziemlich viel Klumper drauf an Komponenten, also ziemlich vielen Schrottkomponenten. Also die Qualität war dem eines erwachsenen Rads entsprechend. Und das Dritte ist eigentlich das, was die meisten Leute eben nicht sehen, was die Kinder aber spüren, aber auch nicht kommunizieren können, ist die Geometrie. Das ist sehr ausgefeilt. Also wir haben hunderte Kinder am Test, wir simulieren, da geht es um ein halbes Grad Lenkwinkel, also ein halbes Grad bei der vorderen Gabel, in welchem Winkel die steht, wie das Rad fährt, welcher Reifendurchmesser drauf ist. Da sind wir sehr akribisch unterwegs mit ziemlich viel Feedback von Kindern, testen auch viel wie den Sattel jetzt. Schauen uns ein Kinderbecken an. Es ist in Relation kein. Und es gab es halt früher, waren die meisten Kinderfahrräder so kleingeschrumpfte Erwachsenenräder.

Und die Kinder haben aber ganz andere Proportionen von Armlängen, von Fingerlängen und so weiter und auch von Beckenknochen zum Beispiel. Kinderbeckenknochen ist in Proportionen noch viel schmäler als das von einem Erwachsenen runtergeschrumpft auf die Größe. Das heißt, ich brauche einen ganz anderen Sattel auf dem Fahrrad. Und das ist die Detailarbeit, fast schon wie bei einem Formel-1-Team, wenn sie ihr Package entwickeln, wo sie sagen, ich mache da noch einen Spoiler hin und da noch ein halbes Grad und da noch irgendeinen Windtunnel-Test. Also wir waren da sehr ekribisch unterwegs und ich glaube, die Kunden haben das auch gespürt, dass wir da mit Leib und Segel dabei waren. Der größte Differenziator zwischen den großen Herstellern, die eine Gesamtproduktpalette anbieten, ist, dass wir halt tatsächlich nur in dieser Nische Kinderrad waren. Und in der Nische halt eben drei Kilometer tief gebohrt haben und das nicht einfach oberflächlich behandelt haben. Also wir haben Kinderräder geträumt nachts. Es ging nur um Kinderräder.

Joel Kaczmarek: Ich kann aber auch genau nachvollziehen, was du sagst. Also wenn man irgendwie Eltern ist, Vater, Mutter, dann weiß man genau, was du meinst. Ich habe von meinem Freund Marcus Diekmann so ein Rose Bike, so ein richtig schönes Mountainbike. Und mein Sohn, das Rad ist irgendwie die Hälfte so groß und es ist schwerer als meins. Das heißt, wenn ich das in den Keller trage, da buckelt man sich einen ab. Plus irgendwie diese ganze Verarbeitung. Also ich irgendwie hab immer auch das Gefühl, bei Kinderrädern wird immer gespart. Die kosten dann vielleicht maximal 200 Euro, damit halt, weil sie schnell wieder runterwachsen und man die nächste Größe ansteht, weil da sozusagen so ein Geiz besteht. Und da habt ihr ja irgendwie so gefühlt das Gegenteil bewiesen. Das hätte ich jetzt mal so aus der Laiensicht gesagt.

Marcus Ihlenfeld: Ja, das ist so. Und wenn du dir überlegst, bei dem Thema Gewicht, ja, weißt du, wir knausern bei unseren Rädern um jedes Kilo, weil jedes Kilo zählt. So, und bei den Kindern, die, sagen wir mal, 25 Kilo wiegen, ist natürlich ein Kilo drei-, viermal so wichtig wie bei uns, ja. Und die Kinder, die sitzen ja nicht nur am Rad und fahren mit uns zusammen, 30 Kilometer, sondern die spielen am Spielplatz, die wollen das Rad hochnehmen, wollen draufspringen, fahren, sammeln Beeren, suchen Bienen, schmeißen es wieder hin, gehen auf die Rutsche. Und weißt du, das ist ein Spielzeug für die Kinder. Und wenn das halt eben 10 Kilo wiegt oder 12, dann haben die da auch irgendwann noch keinen Bock mehr drauf. Und das haben wir gewusst, weil wir ja eigene Kinder hatten und wir mussten ja die Waffenräder von unseren Kindern am Anfang ja auch rumschleifen. Ich hab das Gleiche gemacht wie du. In die Wohnung hochschleifen und dann, oh mein Gott, ja. Und ja, das war halt ein Thema.

Joel Kaczmarek: Ich kotze da beim Radfahren meinem Sohn, kotze ich nur ab, alleine, der hat auch so die Handgriffe, die sind so komisch perforiert, so ganz billig, da spürst du, dass es einfach Mist ist, wo ich denke, da will auch kein Kind mit fahren, ja, von daher.

Marcus Ihlenfeld: Ja, das ist ein gutes Beispiel, das ist, dass 99% aller Kinderradhersteller nehmen die Ware aus dem Lager und wir bauen, also seit 8 Jahren entwickeln wir eigene Komponenten. Und wir haben uns halt gefragt, warum muss ein Kinderlenker und ein Kindergriff 21cm Standarddurchmesser haben von einem Erwachsenenrad? Weil die Hand von einem vierjährigen Kind ist wahrscheinlich halb so groß wie meine. Die Kinder haben überhaupt keinen Halt auf dem Ding. Und geschweige denn dann anzufangen zu bremsen. Und dann haben wir angefangen und haben einen eigenen Lenkerstandard entwickelt mit eigenen kleinen Griffen drauf. Und das sind halt die Dinge, die wir halt eben permanent uns anschauen und weiterentwickeln. Und ich glaube, das macht uns auch aus. Es wird auch nie Ruhe geben.

Joel Kaczmarek: Weißt du, ich habe mich in Vorbereitung auf unseren Podcast, ich habe das ja noch nicht probiert, also ich bin noch nicht Anwender eurer Produkte, dann habe ich mich belesen und dann gab es so einen FAZ-Artikel, glaube ich war es. Es muss nicht immer ein Woom sein. Und hat der Autor da irgendwie mehrere Fahrräder verglichen. Und dann fängst du an, diesen Artikel zu lesen und denkst dir schon so, naja, ist wahrscheinlich so ein Clickbait-Ding. Und dann realisierst du so, ja, also das ist total leicht, es ist irgendwie wirklich viel, viel weniger Gewicht als bei anderen Fahrrädern. Es hat ein tieferes Tretlager, dadurch kommen die Kinder besser auf ihr Fahrrad. Der Einstieg ist viel niedriger, deswegen ist es auch simpler. Es hat leichte und ergonomische Bremshebel, vor allem sind die Bremsen bunt, dass ich nicht sagen muss, bremst mal vorne, bremst mal hinten, aber ich sag, bremst mal grün, und dann weiß das Kind auch, wo es anfasst, ja. Und dann hat es auch noch eine Lenkeinschlagsbegrenzer, das Ding kannst du sozusagen nicht zu weit nach links oder rechts drehen, dass das Kind hinfällt. Das Ergebnis des Tests war dann, ja, irgendwie sind die Kinderräder alle ganz gut und das Boom ist schon berechnet, dass es mit eins der Besten ist, ja. Aber das fand ich so witzig, weil A zeigt, wie viele Gedanken ihr euch über Details macht und dann fängt man erstmal drüber an nachzudenken. Ich finde, es ist genauso, by the way, bei so einem Thema Medikamente zum Beispiel. Frauen haben andere Medikamentenphase als Männer. Medikamente werden immer auf Männer portioniert und nicht auf Frauen. Und so, finde ich, habt ihr das auch gemacht, dass ihr mal sagt, okay, warte mal, wir denken jetzt Fahrrad für Kinder. Was heißt das aber eigentlich, weil wir haben das bisher immer bei Männern oder bei Frauen, bei Erwachsenen abgeguckt. Naja, long story short, also du merkst, es gibt offensichtlich Fanboytum zu euch.

Marcus Ihlenfeld: Der Artikel war übrigens krass, ich habe nämlich die Headline gelesen und dachte so, oh mein Gott, was ist das? Und dann habe ich unten gelesen, ja, soll das eigentlich doch in WOOM kaufen? Ja, okay, schöner Bericht. Aber das ist genau das Thema, das ist genau das, was ich dir zu überlegen, weißt du, die Eltern kaufen dann ein Feuerwehrfahrrad oder, weißt du, das war am Anfang auch das Thema, wo die Eltern das Rad kaufen für die Kinder, ne? Und eigentlich ist die Zielgruppe natürlich, die Eltern kaufen es oder die Omas oder Tanten oder wie auch immer, aber am Ende ist es auf den User ab, das muss für den User passen, ja. Wenn da jetzt eine Benjamin-Blümchen-Dings drauf ist oder was weiß ich was, irgendein Marvel-Zeug, dann ist das vielleicht geil im ersten Augenblick, aber es geht um die Fahrt, um die Nutzung des Kindes dann und da spezifisch drauf einzugehen, das war so ein bisschen unser Differenzial dort zu den anderen bestehenden Produkten.

Und das Rad gab es ja schon seit 300 Jahren. Uns haben am Anfang alle Leute gesagt, ihr habt einen Vogel, wie kannst du deinen Job bei Opel aufgeben? Ich habe dann nach den ersten 300 Rädern in der Garage dann meinen Job gekündigt bei Opel. Meine Frau ist dann wieder arbeiten gegangen und hat die Rechnungen bezahlt. Und mir haben alle Leute gesagt in meinem Umfeld, außer meiner Familie natürlich, ihr habt einen kompletten Dachschaden, was ihr da macht. Es gibt ja schon Fahrräder, warum sollt ihr das machen? Aber es zeigt so ein bisschen, dass man immer, egal was es auf der Welt gibt, kann immer irgendwo was finden, eine Nische finden, die man dann doch noch irgendwo etwas besser machen kann.

Joel Kaczmarek: So, also vielleicht auch nochmal Menschen, die sich mit euch noch nicht so auseinandergesetzt haben, auch ein Gefühl zu geben. Also ihr habt so verschiedene Modellreihen. Also ihr habt zum Beispiel diese Original, das sind eher so die Allround-Räder. Dann habt ihr das Woom Now, das ist eher so urban, so ein bisschen Lifestyle-Bike. Dann habt ihr Offroad-Buddies, nennt ihr die, die heißen Off und Off Air. Und ihr habt auch sogar ein E-Bike für Kinder, habe ich gesehen, das heißt Up. Also echt krass. Und dann immer die unterschiedlichen Altersgrößen. Kannst du den Menschen mal ein Gefühl geben, was kostet denn so ein Kinderfahrrad bei euch von bis jetzt?

Marcus Ihlenfeld: Das geht bei 200 los und geht bis 3000, kostet das Elektrorad. Also das ist natürlich nur eine Heavy-User-Anwendung. Aber mit dem Sweetspot so 14 Zoll, 16 Zoll ist nur bei 300 Euro. Und nach oben hin ist da natürlich keine Grenze gesetzt. Da kommt es halt darauf an, was du für ein User bist. Viele Eltern, die angefragt haben, haben gesagt, hey, meine Kinder wollen zur Schule fahren. Diese Mobilitätswende, die ist zwar langsam, aber die geht los. Eltern, die sagen, ich habe gar kein Auto mehr, ich bewege mich hier nur noch mit dem Fahrrad und Öffis, brauche eine Lösung für unsere Kinder. Und dann haben wir das Now gemacht, was eben im urbanen Leben anzuwenden, also nutzbar ist mit Lichtanlage, Dynamo und genug Gepäckträger drauf, ausgewogenen Geometrie. Dann hast du Eltern, die wollen mit den Kindern Mountainbiken gehen, haben wir das Up to Off entwickelt. Und dann kam die Frage auch nach Elektrorädern auf.

Und dann haben wir eigentlich einen Testballon damals, den wir gestartet haben. Das ist ein teures Fahrrad, das ist ganz klar, aber du, wenn du am Wochenende mit deinem Kind, mit deinem achtjährigen Kind eine 80 Kilometer Mountainbike Tour machst und du fährst mit einem Rad ohne Elektromotor, Aber 60 oder 30? Ja, und das Kind hat Spaß und du hast Family Time. Und dann relativiert sich das dann auch wieder. Was ein Riesenpunkt bei uns ist, ist eigentlich, was ein Riesenverkaufsargument für unsere Räder ist, dass die qualitativ so hochwertig sind, dass du einen sehr hohen Wiederverkaufspreis hast. Also wenn du mal auf eBay Kleinanzeigen oder hier in Österreich auf Willhaben schaust, da verkaufen die sich nach vier, fünf Jahren immer noch für 80 Prozent vom Kaufpreis. Das heißt, du verlierst 60, 70 Euro nach drei, vier Jahren an dem Rad. Und es ist eigentlich nur eine Investitionsgeschichte.

Joel Kaczmarek: Es gibt eigentlich nur eine Sache, die erinnert mich ehrlich gesagt an den Kinderwagenkauf. Wenn man sich so einen teuren Kinderwagen heutzutage kauft, dann hat man auch gerne mal, dass so bestimmte Artikel, die du dir dann automatisch irgendwann wünschst, immer so Zubehörfaktor sind. Also einen Schirm, eine Regenabdeckung, einen Kaffeebecherhalter. Und es scheint bei Kinderfahrrädern insgesamt, also nicht nur bei euch auch so zu sein, dass sowas wie ein Fahrradständer, eine Klingel, die Schutzbleche, dass man das mittlerweile irgendwie alles immer on top berechnet. Ich persönlich finde das ja ehrlich gesagt nervig. Ich bin mir aber sicher, aus unternehmerischer Sicht gibt es da einen guten Grund für.

Marcus Ihlenfeld: Ja. Den gibt es total, weil du einfach so viele verschiedene Anwendungen hast für die Fahrräder. Und da haben wir uns schon am Anfang so viele Gedanken drüber gemacht. In einigen Ländern hast du Anforderungen, dass eine Klingel dabei sein muss, ein Ständer dabei sein muss. Aber prinzipiell spezifizierst du dir das Fahrrad so, wie du es brauchst für dein Kind. Es braucht nicht jeder einen Reckträger. Das ist ja auch alles Gewicht. Das sind ja alles Teile, die dich limitieren. Du kannst ja auch mit dem Original, also mit unserem normalen Allround-Fahrrad, Kannst du ja auch wunderbar Mountainbike-Touren machen. Jetzt hast du da ein Schutzlicht drauf und einen Gepäckträger drauf und ein Nabendynamo drauf. Das ist ja alles Quatsch. Das brauchst du gar nicht.

Und die, die es dann haben wollen oder die es brauchen wollen, die bestellen sich es dann auf das Basismodell. Aber das ist keine Profitgeschichte, sondern das ist einfach tatsächlich eine User-Feedback-Geschichte. Weil wir haben das am Anfang schon gehabt und dann haben die Leute gesagt, ich brauch's nicht, ich montiere es ab. Und dann haben wir gesagt, okay, dann machen wir es runter und du spezifizierst dran. Wenn du dann richtig Mountainbiken willst, dann nimmst du dir den Off. Und wenn du richtig in der Stadt fahren willst mit allem Pipapo, dann nimmst du dir das Now, das Urbanbike. Und ansonsten braucht der eine vielleicht nur eine Klingel, der andere will nur einen Ständer, der dritte Schutzblech und so weiter. Also ist unheimlich kompliziert. Das ist interessant.

Joel Kaczmarek: Ich habe immer gedacht, es gibt so Standards. Ich habe immer gedacht, Schutzbleche, Ständer und Klingel sollten dazugehören und ein Licht vorne hinten. Das war für mich als Kind, als ich das auf so Fahrradplätzen gelernt habe, war das immer so der Standard. Und ja, vor dem Gesetz, deswegen musst du das. Die Lehrer haben uns immer angemault, wenn wir keine Klingel hatten in der Schule, dann gab es richtig eine drauf. Aber es ist interessant, dass das gar nicht so, also dass das die Nutzer wollen. Ich habe immer eher gedacht, ach, das ist so ein netter Trick, das als Unternehmer zu tun, weil es mehr Umsatz bringt. Ah, okay, jetzt guck, was gelernt.

Marcus Ihlenfeld: Natürlich verdient man mit den Accessoires Geld. Das ist ja keine Frage, weil du musst es ja verschicken und alles und lagern. Das muss ich schon rentieren auch. Aber der Profit ist da nicht der erste Gedanke. Das ist tatsächlich, dass der Kunde sagt, ich brauche nur das und alles anzubieten. Also wenn du jetzt dann sagst, ich schmeiße alles mit rein, kostet das Rad halt 100 Euro mehr oder 50, dann sagt der Kunde euch und montiert es sich ab und legt es sich in den Keller. Er muss es also noch abmontieren. Und die meisten Eltern mit Kindern, sagen wir mal drei, vier, fünf, sechs, die fahren nicht im Regen, die Sie fahren immer mit ihren Kindern gemeinsam, also du hast so ganz verschiedene Anwendungsbereiche auch für die Räder.

Joel Kaczmarek: Wie funktionieren eigentlich so diese Zusatzdinge, die ihr tut? Also ihr macht ja auch ganz viel mit Zubehör, Helme sind ja bei euch ein großes Thema, Kleidung habe ich sogar gesehen, macht ihr bei diesen Bundles, ist ja eigentlich auch Zubehör. Ist das ein relevantes Geschäft beim Thema Fahrrad?

Marcus Ihlenfeld: Der Helm war, da haben wir lange, lange, das sieht man natürlich auch nicht, wenn man sich das Ding anschaut, sagt man, ja, schöner Helm ist gut. Arbeiten wir seit, glaube ich, sieben oder acht Jahren, haben wir angefangen daran zu arbeiten, weil wir halt eben auch da das gleiche Thema sehen. Du siehst unheimlich viele Kinderhelme, die einfach vorne und hinten nicht passen. Die hängen immer wieder hinten oder vorne und die Kinder können keine Brille drunter aufziehen oder keine Kappe drunter oder haben keine Belüftung. Also wir haben da einfach gesehen, dass es da nichts Gescheites am Markt gibt und haben uns dann entschlossen, den selbst zu entwickeln.

Haben wir ein bisschen unterschätzt, was für viel Aufwand das ist, aber mittlerweile verkaufen wir richtige Stückzahlen und ist für uns natürlich auch so ein Marketingding, dass die Kinder, ich freue mich auch über ein Kind mit einem Woom-Helm auf einem anderen Fahrrad. freue ich mich genauso, als wenn es ein Wohnfahrrad nur fährt und einen anderen Helm. Aber wir machen das ja nicht, dass ich Freude habe, sondern das ist ein Business und das ist naheliegend. Und wir haben uns da ja auch nicht einfach einen Helm gemacht, sondern wir haben uns da auch hunderte Köpfe angeguckt. Gemessen auch in verschiedenen Kontinenten, in Asien und den USA. Es sind überall ein bisschen Unterschiede. Und haben da versucht, den besten möglichen Helm am Markt zu bauen. Und ich glaube, es ist uns auch gelungen.

Joel Kaczmarek: Ich tippe mal, die Deutschen haben so den Dickkopf. Guter Ausgangsmarkt. Ja, krass, aber ich hab auch drüber nachgedacht, dass das wahrscheinlich das beste Marketing ist, was man haben kann, weil euer Schriftzug ist so groß und so prägnant und so kurz, also da helfen, glaube ich, die vier Buchstaben echt. Die Helme und die Fahrradnarben, das ist, glaube ich, gefühlt so die größte Posterkampagne, die man an eurer Stelle wahrscheinlich haben kann, ne? Ja.

Marcus Ihlenfeld: Ja, das haben wir gerne. Kleidung haben wir gestartet. Das hat nicht funktioniert am Anfang. Also da haben wir zu viel, das war zu früh in der Unternehmensphase, da haben wir zu viele SKUs, also zu viele verschiedene Produkte gehabt fürs Lager und fürs Versenden. Also das haben wir irgendwie, da haben wir jetzt ein paar Teile noch im Angebot, aber das ist jetzt nicht, das ist nichts, wo wir sagen, das ist jetzt eine Erfolgsgeschichte. Da verkaufen wir ein paar, aber das ist jetzt nicht das große Ding. Aber das geht man nur mal in Zukunft an, wenn wir ein bisschen professionalisierter unterwegs sind.

Joel Kaczmarek: Und sag mal, gibt es eigentlich bei euch auch so eine Art Fahrrad-Abo? Habe ich das richtig verstanden? Irgendwann meinte mal zu mir, man könnte die Fahrräder auch wieder eingeben, eintauschen und sich die nächstgrößere Größe dann holen. Ist das so?

Marcus Ihlenfeld: Ja, das ist das Upcycling. Das heißt, wir kaufen dir dein Rad zurück für 60% des Kaufpreises. Wenn du es neu kaufst, dann rechne dir das an. Aber das Problem ist, dass das nie wirklich funktioniert hat, weil unsere Räder im Gebrauchtmarkt Da kriegst du 80 Prozent und wir zahlen dir 60. Also die meisten Fahrräder verkaufst du eigentlich an deine Nachbarn und Freunde, weil da kommt schon einer und sagt, hey, wenn du fertig bist mit dem, dann nehme ich dir das abgebraucht und dann brauchst du wieder das nächste und so gehen die meisten Räder eigentlich weg, ja, in deinem bekannten Freundeskreis.

Joel Kaczmarek: Wie ist es denn generell, wie verkauft man denn eigentlich Kinderfahrräder? Also ihr seid ja jetzt nicht nur eine Direct-to-Consumer-Brand, also ihr verkauft ja nicht nur direkt, aber wahrscheinlich auch sehr stark, sondern ich tippe mal dann über so ein klassisches Händlernetzwerk auch, oder?

Marcus Ihlenfeld: Ja, genau. Also wir haben verschiedene Sachen. Also wir haben einen riesen Milestone, habe ich vergessen. Wir haben 2014 angefangen, in den USA zu verkaufen. Mein Bruder lebt seit 30 Jahren in den USA, ist dort hängen geblieben nach dem Studium.

Joel Kaczmarek: Wo wohnt er denn da?

Marcus Ihlenfeld: In Austin, Texas. Und dem haben wir Fahrräder rüber geschickt für seine Kinder und die hat er gleich an seine Nachbarn verkaufen wollen. Und dann haben wir So ist es da drüben gewachsen und mittlerweile ist es unser zweitstärkster oder drittstärkster, zweitstärkster Markt ist die USA. Und dort machen wir nur Direktvertrieb. Wir machen viel Direktvertrieb in Europa, haben aber dann angefangen, als wir Margen darstellen konnten, haben wir angefangen, uns Händler zu suchen. 500 Händler. Wir haben in einigen Ländern, wo wir die Sprache nicht beherrschen, so Polen, Norwegen, Finnland und so weiter, haben wir uns Distributoren gesucht, die auch Direktvertrieb machen und auch Händler haben. Also wir sind so Omnichannel, wie man heute modernerweise sagt, sind wir unterwegs. Weil so ein Kinderrad willst du manchmal schon auch anfassen und sehen, wenn du es nicht bei den Nachbarn irgendwo siehst. Willst dein Kind mal draufsetzen. Viele machen eine Zeremonie draus, kommen die Oma und der Opa und kaufen dem Bulli sein erstes Fahrrad, wollen es testen und wollen sicherstellen, dass alles passt. Und dann brauchst du schon auch die Händler im Spiel.

Joel Kaczmarek: Hast du mal ein Gefühl für mich, wie viel Marge ist eigentlich auf Fahrrädern? Ich habe da immer kein Gefühl für. Es klingt aber immer so, als wenn es gar nicht so viel ist dafür, dass es ein sehr hochpreisiges Produkt eigentlich ist.

Marcus Ihlenfeld: Es ist nie viel gewesen und wurde jetzt auch in Corona durch die Supply Chain und die Inflation und die ganzen Kosten, das war natürlich ein Riesenproblem für die ganze Branche. Die ganze Kostenexplosion ist hier natürlich noch geringer geworden. Also wir schaffen schon eine gute Händlermarge darzustellen, aber im Endeffekt ist es Stückzahlspiel. Jetzt mit den Preisen anfängst du einmal 1.000 Räder verkaufen zu wollen, dann tust du dir tatsächlich schwer. Also es ist ein Massenmarkt-Thema, also es ist ein Stückzahlspiel.

Joel Kaczmarek: Wie viele Fahrräder verkauft ihr so pro Jahr?

Marcus Ihlenfeld: Wir haben dieses Jahr über 400.000 Räder.

Joel Kaczmarek: Das ist ja so beeindruckend, wenn man mal so eure Zahlen liest. 2021 habt ihr so, glaube ich, Umsatz kommuniziert 86 Millionen. Wenn man sich das überlegt, 2013 und Folgejahre so 500 aus der Garage und jetzt irgendwie 400.000, das ist schon surreal, ne?

Marcus Ihlenfeld: Es ist surreal, es ist totaler Wahnsinn und es ist echt surreal. Also wenn du mal einen Container ausgeladen hast mit jetzt 400 oder 500 Rädern, dauert das dreiviertel Stunde, du bist nass geschwitzt im Sommer und das sind 400 Räder und dann überlegst du dir, dass bald 1000, also schon allein das Ausladen von Containern und das Versenden, also schon Tonnen wir da durch die Gegend schieben, das ist schon Wahnsinn, ja.

Joel Kaczmarek: Und wie läuft das so mit den Händlern? Also klar, Margethema eins mal außen vor, aber ich glaube, du hast vollkommen recht, das ist bestimmt so ein haptisches Thema auch, dass man das Ding mal hochgehoben haben will und das Kind mal drauf gesehen hat und dann ist das so ein Selbstläufer. Wie wichtig ist so ein Händlernetz für jemanden wie euch?

Marcus Ihlenfeld: Ein Händlernetz war gerade am Anfang wichtig und das rate ich auch jedem Gründer irgendwo, der ein Produkt auf den Markt bringt. Das nur online mittlerweile zu machen, ist extrem schwierig. Du musst diese Präsenz irgendwo haben und du brauchst gute Händler. vor allen Dingen und das war uns am Anfang wichtig, da waren wir sehr, sehr selektiv, nur mit Leuten zusammenzuarbeiten, die verstehen, um was es geht, die das Rad erklären können, also nicht irgendwo, es jetzt irgendwo hinzustellen und den Kunden sagen, da ist ein Radl-Kauf, sondern wirklich zu erklären, was die Vorteile sind, das war uns wichtig und ich glaube auch, dass dieses, zeigt uns ja jetzt auch so ein bisschen diese Online, jetzt will ich nicht sagen Krise, aber so nach Corona hat das alles ja umgeschwenkt, eher mehr zu Retail wieder, dass ein Händler doch, wenn es ein guter Händler ist, dass es voller Relevanz in deinem Channel hat und das muss einfach sein.

Joel Kaczmarek: Wo fertigt ihr denn eigentlich eure Fahrräder?

Marcus Ihlenfeld: Wir fertigen die in Bangladesch, Kambodscha, Vietnam und seit zwei Jahren in Polen. Also wir haben jetzt dann versucht, wieder die Produktion eher, sei es auch eher ein Nachhaltigkeitsthema, die Produktion dort zu haben, wo der Markt ist. Und arbeiten jetzt an der USA-Produktion oder der Nordamerika-Produktion, um tatsächlich dort zu sein. Das Zeugs um die Welt zu schippern, ist ja Quatsch eigentlich. Und da arbeiten wir dran, aber es ist Trotzdem nicht so einfach, weil die europäische Radindustrie ist vor 30, 40 Jahren komplett abgezogen nach Asien, nach Taiwan. Und das jetzt wieder aufzubauen und dort Partner zu finden, die auch die Qualität liefern, ist extrem schwierig. Es ist nicht einfach, so in einem Jahr zu machen. Aber es ist schon unsere Vision, da wieder zurückzukommen.

Joel Kaczmarek: Ja, weil das beschäftigt mich immer. Ich meine, zu Corona haben wir es ja alle mitgekriegt, da war ja wirklich Fahrradboom noch und nöcher und keiner konnte liefern, weil speziell, glaube ich, auch so die Schaltwerke, die dann teilweise auch aus Japan, glaube ich, kommen oder halt die Teile aus China, weil du halt massiven Mangel hattest. Und das ist ja plus den Umweltaspekt noch. Und da habe ich mich immer gefragt, ob das wirtschaftlich abbildbar ist, so was nearshoring-mäßig in Europa zu machen. Also so halbwegs höre ich daraus.

Marcus Ihlenfeld: Ja, halbwegs, weil du hast natürlich schon mal so einen Fahrradrahmen, kannst hier schweißen, du kannst ein paar Komponenten machen, aber weißt du, die ganze Reifen, es wird ja in Europa irgendwann ja keine Reifen mehr produziert, es werden auch keine Schaltungen produziert, es gibt überhaupt kein Know-how hier. Das liegt alles in Asien, das haben wir alles verloren über die letzten 30, 40 Jahre, das alles abgewandert. Schon das Schweißen von Aluminium ist nicht mehr da in großen Mengen. Du hast noch ein paar Manufakturen, die schweißen ein paar Kleinteile. Ein paar kleine Stückzahlen, aber im Großen ist uns da eine ganze Industrie abgewandert und die fehlt uns jetzt. Und gerade in Corona, ich weiß nicht, ob es uns in Corona geholfen hätte, weil das Rohmaterial kommt ja trotzdem irgendwo her und muss verschifft werden und hängt an dem Hafen und hängt in irgendwelchen Lagerhäusern und ist Corona gesperrt gewesen. Also das hätte uns in Corona nicht unbedingt geholfen, aber es hilft uns langfristig dafür zu sorgen, wieder sukzessive Stück für Stück von den Komponenten wieder da hinzuholen, wo es auch vielleicht dann automatisiert gebaut wird, einfach um diese Verschiffung und so weiter zu reduzieren.

Joel Kaczmarek: Weil Nachhaltigkeit scheint euch sowieso ein Thema zu sein, wenn man sich auf eurer Seite mal umguckt. Also da sind ja ganze Kataloge drauf, was ihr alles leistet und liefert und welche Ziele ihr habt und so. Also fand ich schon, war schon außerhalb des üblichen Greenwashing-PR-Gebubbles, was ihr da macht, hatte ich in Eindruck.

Marcus Ihlenfeld: Ne, also wir haben einen Nachhaltigkeitsreporter. Es ist veröffentlicht vor zwei, drei Wochen. Und das ist wahrscheinlich, also dem Team zu verdanken, aber das ist wahrscheinlich der beste Nachhaltigkeitsreport von irgendeinem Fahrradhersteller der Welt. Also das ist großartig. Das Thema Nachhaltigkeit war uns schon wichtig. Da wussten wir noch gar nicht, dass es das überhaupt gibt, dass es überhaupt ein Thema ist. Wir wollen da unseren Beitrag leisten. Wir haben ja Kinder und wir wollen den Planeten besser hinterlassen, als wir ihn vorgefunden haben. Da liegt uns wirklich was dran. Also es ist kein Greenwashing. Aber es ist halt auch nicht was, wo du sagst, okay, jetzt machen wir einen Nachhaltigkeitsreport. Ich finde, das haben wir vor drei Jahren angefangen, das mit dem Thema wirklich zu beschäftigen, einen Report zu machen und dann fängst du erst und dann guckst du erst mal, wie komplex das eigentlich ist, in wie viele Löcher du reinkriechen musst, wo du nicht weißt, was am anderen Ende ist. Also es ist hardcore und da hat das Team einen super Job gemacht und steht ganz oben auf der Liste drauf, ja.

Joel Kaczmarek: Muss ja riesig sein, also was du da für Komponenten an so einem Fahrrad hast, vom Reifen über die Schläuche über die Aluminiumteile, Sattellenker, also kann ich mir nicht mehr vorstellen, der Kaninchenbau. Was mich noch so beschäftigt ist, ich weiß, als ich mit meinem Freund Marcus Diekmann über Rosebikes mal geredet habe, so im Interview war eine der ersten Sachen, die er meinte, ich bin zu Rosebikes gekommen, habe als erstes mal so und so viele Märkte gestrichen und so und so viele Modelle. Ihr seid in 30 Märkten aktiv, habt jetzt diese vier Spaten und teilweise bis zu sechs Modelle, also schon auch gar nicht so eine geringe Komplexität. Merkt ihr, dass das manchmal zu viel ist oder gerade das genau Richtige?

Marcus Ihlenfeld: Das Rose-Beispiel ist ein gutes, weil wir haben ein extrem, also geile Räder, sagen wir mal, fangen wir vorne an, ja, Supermarke, bin totaler Rose-Fan, aber du merkst halt, dass dann, wenn du ein Komplettanbieter bist, dann kannst du dich ganz schnell verzetteln lassen. 150 verschiedene Bauvarianten und dann musst du Lagerhaltung haben, du musst Kundenservice haben, du musst Ersatzteile haben und dann explodiert dir irgendwann dein Kopf, ja. Und wir haben es halt sehr einfach, wir haben diese sechs Basisräder, die machen 80% der Stückzahlen aus und da haben wir vier Farben und fertig, ja. Und so operieren wir und so sind wir auf der Produktseite sehr, sehr effizient. Wir haben sehr hohe Stückzahlen pro Modell. Also du musst dir vorstellen, wir haben wahrscheinlich 50.000 bis 70.000 Stückzahlen pro Modell. Und wenn du dir jetzt so ein Specialized oder Dreck oder Rose anschaust, hast du dann noch drei Rahmengrößen, drei Farben und dann hast du teilweise Stückzahlen bei gewissen Modellen, die wahrscheinlich noch nicht mal 100 Stück erreichen. Und für die musst du dir auch Spare Parts zur Seite legen und musst sie managen und musst Inventories managen und das wird kompliziert. Das ist einfach.

Die internationale Expansion ist tatsächlich ein schwieriges, also es ist kein schwieriges Thema, aber man kann sich ganz schnell verzetteln, indem man zu viel in zu vielen Plätzen macht. Und wir haben halt eben durch unseren Online-Shop in Schweden Räder verkauft, was weiß ich, jetzt tausend Stück nach Schweden, ob wir gewollt haben oder nicht, haben wir die dahin verkauft, aus unserem Shop raus und haben englischen Customer Service und das war in Ordnung. Also gewisse Länder sind ein No-Brainer. Andere sind dann schon komplizierter, wo du dann tatsächlich, wie Frankreich, wo du dann tatsächlich Auch die Kultur mit reinnimmst. oder weißt du, wo du dich dann auf das Land, du brauchst einen Customer Service, einen speziellen, du brauchst einen Business Development Manager, also du brauchst ein richtiges Team, was sich dann auf den Markt einlässt und den Markt bearbeitet. Das ist Performance Marketing und das ist natürlich auch auf Messen zu stehen und Kunden zu sprechen. Und das Ganze kannst du nur fokussiert machen. Also das kannst du jetzt nicht auf einmal in 30 Märkten machen. Wir haben ein paar Fokus-Märkte, die wir uns raussuchen und da geben wir Gas und die anderen laufen halt mit. Ob wir jetzt in Dänemark da jetzt 1.000 oder 1.500 Räder verkaufen, ist jetzt mal wurscht.

Joel Kaczmarek: Wie ist denn aber eigentlich mal so die Quote? Also wenn ihr ein Händler-Netzwerk habt in einem Markt, so wie jetzt Deutschland, wie viel Prozent macht ihr über Eigenverkauf und wie viel über Händler?

Marcus Ihlenfeld: Ja, ganz genau kann ich das nicht sagen, aber wir sind ungefähr so bei 40%, 30, 40% Umsatz vom E-Commerce. Das ist von Land zu Land unterschiedlich, aber so in Summe sind es so 30, 40%.

Joel Kaczmarek: Und sag mal so, langsam mal in Richtung Ende kommt, wie war denn eigentlich so die Wettbewerbslage, die ihr vorgefunden habt? Also bei mir ist ja so, auch aus meiner Kindheit raus, also ich meine mich so daran zu erinnern, Puky ist irgendwie immer sowas, was ich irgendwie mal kannte und gesehen habe. Und dann habe ich durch diesen Artikel gelernt, es gibt noch eine ganze Reihe anderer anscheinend. Nalu, Frog, Cubikes, war mir gar nicht so gewahr, ehrlich gesagt. Wie ist denn so die Wettbewerbslage beim Thema Kinderräder? Bei Erwachsenen ist ja ziemlich heiß umkämpft.

Marcus Ihlenfeld: Ja, bei Kinderrädern ist es auch heiß umkämpft. Also es ist nicht so, dass die Kunden auf der Nudelsuppe dahergeschwommen kommen. Also es ist schon ein Aufwand. Also es passiert nicht von alleine. Du brauchst schon ein gutes Team, was wirklich hart arbeitet und das tun alle bei uns. Aber die Wettbewerbssituation bei Kinderrädern war tatsächlich ein bisschen, wie war so ein bisschen im Dornröschenschlaf. Es gab so Zwei, drei Player, die Early Rider, die Kubike, Isla Bike in England, die waren wie wir, die haben eher auch zu dem Zeitpunkt angefangen. Also wir waren so die jungen Wilden, würde ich mal sagen. Und dann gab es ein paar Eingesessene, so wie Puky, die aber ein breites Spektrum auch an Produkten haben. Die machen ja mehr Umsatz, glaube ich, oder habe ich irgendwo gelesen, die machen mehr Umsatz mit den kleinen Rutschis und mit so Dreirädern und so, als mit den Fahrrädern.

Und für die war es wahrscheinlich auch schwierig, sich da so schnell weiterzuentwickeln im Fahrradsegment, weil die wahrscheinlich den Fokus auch nicht so hatten. Also es war schon ein Markt da. Die Kinder sind ja auch Fahrrad gefahren. Es ging nur darum, die Eltern darauf hinzuweisen, zu sagen, hey, da gibt es was Besseres für eure Kinder. Und das war eigentlich die Idee. Und dann die Großen ziehen jetzt langsam nach, machen auch bessere Räder. Die Großen Komplettanbieter, weil sie sehen, dass ihnen da die Fälle ein bisschen davon schwimmen. Und es ist uns aber auch recht, weil wir wollen, ja, unsere Vision ist oder Purpose ist, Millionen von Kindern die Liebe zum Fahrradfahren zu vermitteln, um die Welt ein bisschen besser zu machen. Die Kinder später lieben, Fahrrad zu fahren. Und natürlich sollte es mit einem Woom-Fahrrad passieren, aber wenn jetzt jemand ein anderes gutes Rad scherzt, ist mir das immer noch lieber, als irgend so ein Schrottrad zu fahren. Es gibt Eltern, die sagen, ich gebe maximal 100 Euro aus für ein Fahrrad. Dann sage ich, fair enough, ist okay, das passt. Aber dann kriegst du halt, hast wenig Freude dran, sage ich mal. Da findet auch so ein bisschen in der Gesellschaft so ein Wechsel in den Einstellungen der Eltern statt. Du hast ja auch Kinder, du beschäftigst dich mit den Käufen vom Kinderwagen, von der Matratze, von dem Bett, von der Wickelauflage, von dem Kindersitz. Die Eltern wollen Qualität, Nachhaltigkeit und weniger jetzt dieses, wir gehen ja von der Wegwerfgesellschaft weg und ich glaube, das hilft uns halt auch eben im gesamten Markt.

Joel Kaczmarek: Sag mal so, letzte Frage, was würdest du denn eigentlich sagen, war so der Bekanntheitsweg, den ihr gegangen seid? Also welches Marketing hat euch geholfen? Wie habt ihr es geschafft, vom Garagenverkäufer zum 400.000-Räder-im-Jahr-Unternehmen zu werden?

Marcus Ihlenfeld: Ja, das ist eine gute Frage. Erstmal ein super Team, was gutes Marketing macht, aber im Endeffekt ist es der Kunde, das Fahrrad ist visible draußen am Spielplatz. Es ist das, was wir mit dem Kunden machen, weil wir haben nicht nur ein gutes Produkt, sondern auch einen super Service und das Mit dem Super Service war eigentlich ein ziemlich einfacher Differenziator zu vielen anderen Wettbewerbern, weil wir das, wir haben natürlich, waren in den USA jetzt sehr erfolgreich und haben von dort sehr viele Impulse bekommen, wie dort Customer Service abläuft. Und da kriegst du ein ganz anderes Benchmark. Und dann siehst du nicht deinen Wettbewerber als Benchmark, sondern sagst, hey, warum sollen wir das in Europa nicht genauso machen, wie die es in den USA machen? Ja, und dann war das unser Benchmark, also dann haben wir uns da dran justiert und dann kriegst du halt Kunden, also Mundpropaganda ist, denke ich, das größte Marketing-Tool, was wir haben, dass am Elternabend danach beim Bier oder beim Wein oder beim Tee, dass da auch drüber gesprochen wird, was fährt dein Kind für ein Fahrrad? oder was hat dein Kind für einen Schreibtisch oder für eine Wickelauflage, du fragst ja erstmal in deinem Umfeld und da kommen wir, glaube ich, ganz gut weg.

Joel Kaczmarek: Sehr gut. Ja, cool, Marcus. Also vielen, vielen Dank, dass du mich da mal mit hinter die Kulissen genommen hast. Ich bereue ein bisschen auch um das Gespräch mit dir, weil jetzt habe ich noch mehr Lust, eins zu kaufen. Aber das finde ich immer toll, wenn jemand A, Widerstände überwindet und B, dann auch noch auf Qualität setzt und irgendwie Differenzierung. Also dann weiterhin viel Erfolg und vielen, vielen Dank.

Marcus Ihlenfeld: Vielen Dank, Joel. Danke fürs Gespräch.

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