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Stefan Lammers (Führungsexperte): 5 Dinge, die ich gerne mit 20 gewusst hätte
25. Februar 2025, mit Joel Kaczmarek
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Joel Kaczmarek: High Five, Leute! Schön, dass du eingeschaltet hast. Hier ist wieder der liebe Joel und ich habe heute wieder eine tolle Person am Start, die mir ihre fünf Dinge verrät, die sie gerne schon mit 20 gewusst hätte. So und heute ist das mal wieder ein bisschen mehr aus der Business-Sphäre, weil du weißt ja, mit meinem Business-Podcast digital kompakt rede ich regelmäßig über Business-Themen, zum Teil auch sehr intensiv über Führungsthemen. Und wenn ich über Führung rede, mache ich das dort in der Regel mit dem lieben Stefan Lammers. Stefan ist nämlich einer der Besten und zwar der allerbeste Führungskräfteberater in Deutschland. Für mich zumindest. Oder man könnte es auch so sagen, er nennt sich selber nämlich Executive Companion. Das heißt, wenn eine Führungskraft nicht weiter weiß, dann ruft sie Stefan und der steht dann an der Seite und berät sie. Und ich glaube, Stefan hat mehr Zusatzausbildungen als andere Leute Socken und Unterhosen in ihren Schubladen. Und deswegen war ich total neugierig darauf, jemand mit so viel Lebenserfahrung und auch schon wirklich harter Lebenserfahrung und so vielen Menschen, die er begleitet hat, da mal zu hören, was sagt der denn eigentlich, was er gerne schon mit 20 gewusst hätte. Deswegen freue ich mich sehr, dass er heute Rede und Antwort steht in diesem Sinne. Hallo Stefan, schön, dass du da bist.
Stefan Lammers: Hallo Joel, ich bin schon sehr gespannt auf diese Folge.
Joel Kaczmarek: Ja, ich auch. Die Latte liegt hoch bei dir, mein Freund.
Stefan Lammers: Ich gebe mir Mühe.
Joel Kaczmarek: Sag mal so. als erstes, bei Männern kann ich das immer ein bisschen unbedenklicher fragen als bei Frauen. Magst du uns verraten, mit welchem Alter du gerade zurückblickst auf die 20?
Stefan Lammers: Mit welchem Alter ich zurückblicke?
Joel Kaczmarek: Also wie alt bist du jetzt?
Stefan Lammers: Ja, ich habe mir schon gedacht. Ich habe mir jetzt aber überlegt, das gibt mir ja die Möglichkeit, mich jünger zu machen, als ich bin. Also ich fühle mich wie Anfang 50 und bin letztens noch auf 45 geschätzt worden. Also würde ich sagen mal, man ist ja immer so alt, wie man sich fühlt. Insofern würde ich sagen, mit Anfang 50 blicke ich zurück.
Joel Kaczmarek: Okay, also schon roundabout 30 Jahre. Ich habe gelernt, man ist so alt, wie man sich anfühlt. Von daher müssen wir mal deine Haut beim nächsten Livetreffen hier ein bisschen quetschen.
Stefan Lammers: Können wir gerne machen.
Joel Kaczmarek: Ja gut, wie schwer ist dir denn gefallen, fünf Dinge zu finden?
Stefan Lammers: Ehrlich gesagt, anfangs habe ich so die ersten zwei, drei Punkte gefunden und habe gedacht, das ist echt total spannend. Und in der Zwischenzeit ist es eine ganze Menge geworden. Mal gucken, wo wir heute so vorbeikommen. Ich bin ja an der Ecke immer jemand, der sehr selbstkritisch da auch drauf guckt und sich da nochmal in die Lage reinversetzt. Das habe ich auch nochmal so getan. Wo war ich da so in dieser Zeit und was habe ich alles so erlebt? Und bin aber offen und ehrlich gesagt nicht ganz immer bei 20 hängen geblieben. Ich bin auch durchaus bei 26 oder 27 dann teilweise da drin. Das muss man fairerweise sagen, aber spannend. Ist schön, so einen Rückblick zu machen.
Joel Kaczmarek: Ja, ich habe von dir schon im Vorgespräch gelernt, dass du eigentlich acht Sachen hast. Also ich bin jetzt neugierig. Ich fange mal straight an. Was ist denn dein erster Punkt?
Stefan Lammers: Also der erste Punkt ist ganz klar, warum Scheitern für deine Entwicklung so wichtig ist. Das ist der erste Punkt. Also Klar, wenn du als junger Mann nach vorne gehst und die Welt erobern willst, dann willst du nicht über das Scheitern nachdenken. Dann willst du eigentlich immer nur Gewinner sein und nach vorne gucken und zeigen, wie stolz du sein kannst, wie andere auf dich blicken, wie natürlich die Frauen auch auf dich blicken, was auch immer da für Beweggründe dahinter sind, was deine Freunde über dich denken. Und insofern bist du natürlich der große Freund davon, Erfolgsstories zu generieren. Und das habe ich auch getan, habe auch meine Erfolgsstories generiert. und gleichzeitig ist dann aber das Thema Scheitern für mich zu einem großen Thema geworden tatsächlich. Und das ist mir gar nicht erst so richtig bewusst geworden, das ist mir tatsächlich erst ein bisschen später bewusst geworden, als ich zwei junge Studentinnen bei mir hatte, die mich interviewt haben und zwar zu dem Thema, dass ich schon mal gescheitert bin. Und dann war ich aber schon Berater in dem Moment. Und dann habe ich denen gesagt, oh, scheitern? Habt ihr so viel Zeit mitgebracht, dass ich da jetzt mit euch drüber reden kann? Und dann haben die beiden zu mir gesagt, oder haben die sich erst mal angeguckt. Und dann haben die mich komisch angeguckt. Dann habe ich gesagt, was ist los? Na ja, wir haben jetzt verschiedene Beratungsfirmen dazu interviewt. Und keiner konnte uns irgendetwas sagen, wo die jemals gescheitert sind. Du erzählst jetzt, dass das länger dauern wird. Und Ich glaube, dass das ein Erfolgserzept ist, sich auch anzugucken, ganz ohne sich Vorwürfe zu machen. Immer wieder darauf zu gucken, was ist mir nicht gelungen und was kann ich daraus lernen, was kann ich damit wieder anders machen. Und das kann sowas wie einen großen Fun-Faktor am Ende auch entwickeln, dass man da eben einfach Spaß dran hat. Und du hast es ja eingangs schon gesagt, ich bin ja Learning-Junkie. Mit meinen vielen Ausbildungen und dazu gehört aber auch sicherlich immer dazu, sich selbst anzugucken und über sich selbst auch was zu lernen und sich weiterzuentwickeln.
Joel Kaczmarek: Ich denke gerade so daran zurück, ich habe mit Christian Kroll, das ist der Gründer von Ecosia, diese krasse Suchmaschine, die Bäume pflanzt, also der Typ hat 200 Millionen Bäume gepflanzt, mit dem habe ich mich neulich unterhalten und der hatte so erzählt Ja, viele Leute, die dann viel Geld haben, sind immer der Meinung, sie hätten das verdient. So, es stehe ihnen zu. Und wie viel ist eigentlich nur Glück und Fügung? Und ich denke gerade so darüber nach, wenn man Scheitern halt nie erlebt hat, dann lernt man glaube ich auch nicht so viel. Es gibt so ein schönes George Clooney Zitat, was ich mal gehört habe. You learn nothing from success, you only learn from failure. Und gleichzeitig bist du vielleicht verführt, sodass du denkst, okay, das steht mir alles zu, das ist so mein Habitus, das gehört zu mir. Ist aber gar nicht so. Also es trifft dich umso härter deshalb, wenn du es nicht gewohnt bist. Aber ich erzähle jetzt hier so meine Story, was mich ja viel mehr interessiert ist, warum betrachtest du denn Scheitern als wichtig? Also du hast erzählt, du hast viel gemacht, aber warum die Wichtigkeit hoch ist, das habe ich noch nicht von dir verstanden.
Stefan Lammers: Die Wichtigkeit ist für mich hoch, weil ich war ja in meiner, ich würde wirklich sagen, dass ich in ganz unterschiedlichen Lebensphasen wirklich gewesen bin, die ich auch extrem jeweils ausgelebt habe. Und ich würde schon sagen, dass ich ein sehr egozentrisches Arschloch früher gewesen bin. Und ich würde auch sagen, dass viele Leute keinen Mut gehabt haben, mir das zu spiegeln. Oder aber, dass ich in einem Umfeld war, wo die anderen auch ähnlich waren. Und ich glaube, dass mir das einfach geholfen hat, da rauszukommen und ein Stück weit auch eine andere Persönlichkeit zu entwickeln. Und das hätte ich schon eher machen können. Und ich glaube auch, dass ich vielen Leuten vor den Kopf gestoßen habe zu dem Zeitpunkt und das einfach überhaupt nicht gemerkt habe und realisiert habe. Und das habe ich durch diese Reflexionen, die ich dann für mich entwickelt und gelernt habe, einfach ganz anders gesehen. Und ich glaube, ich hätte Verletzungen bei anderen erspart dadurch, ich hätte Verletzungen bei mir dadurch erspart und deswegen ist das einfach, glaube ich, ein ganz, ganz wichtiger Punkt. Und zum anderen hätte ich, ja ich hätte schon eher Progress machen können an der einen oder anderen Stelle dadurch, wenn ich da ehrlicher mit mir gewesen wäre.
Joel Kaczmarek: Stimmt das denn, was ich da gerade von Cluny zitiert habe, dass man aus Siegen nichts lernt und eigentlich nur aus Niederlagen?
Stefan Lammers: Die Gefahr bei Siegen ist halt einfach, dass du einen Spannungsabfall hast. Also dass du, wenn du es gewohnt bist zu siegen, dass du dann irgendwann davon ausgehst, dass es immer so ist. Das hat auf der einen Seite was Gutes, weil es dich auch ein Stück weit treibt. Das heißt aber auch auf der anderen Seite, wenn du dann Unter Umständen bist du sehr eingefahren in deinen Denkweisen und irgendwann bist du dann nicht mehr am Siegen und hast auch nicht mehr die Flexibilität, dich anzupassen. Und auf der anderen Seite ist es auch so, wenn du dann viele längere Erfolgserlebnisse hast und dann fällst du sehr tief, dann ist das halt nochmal eine andere Geschichte, das zu verpacken und zu verarbeiten. Das merke ich auch des Öfteren im Coaching bei Führungskräften, die also immer eine Success-Story nach oben gehabt haben und wo dann auf einmal ein Bruch reinkommt in der Karriere, aus welchem Grunde auch immer, da ist was nicht gelungen. Und das ist dann schon sehr hart zu verarbeiten in dem Moment. Und das gibt, glaube ich, je eher du das lernst, dass eben auch die Niederlagen dazugehören, dass die Fehler dazugehören in deinem Leben, es gibt dir eigentlich eine größere Resilienz, damit umzugehen. Man kann das Grow-Modell wieder ansetzen, dass es dir mehr Gelassenheit gibt, weil du weißt, dass es dazugehört und gibt dir dadurch auch mehr Handlungsmöglichkeiten in dem Moment.
Joel Kaczmarek: Das Grow-Modell ist aus deiner Praxis sozusagen ein typisches Modell?
Stefan Lammers: Ja, genau. Das ist das, Gott, muss ich dir sagen, von wem das war, weiß ich gerade nicht mehr im Moment.
Joel Kaczmarek: Also ich lese hier online gerade nur, das GROW-Modell ist ein Akronym für Ziel, Realität, Optionen und Wille und wurde in den späten 80er Jahren von Sir John Whitmore und seinen Kollegen Graham Alexander und Alan Fine entwickelt.
Stefan Lammers: Kommen wir in die Shownotes rein oder was auch immer.
Joel Kaczmarek: Nevermind. Ja, aber Niederlage, was du eben meintest, ist ein interessantes Stichwort, weil Scheitern hat ja auch mit Niederlagen irgendwie zu tun. Ich habe mit Franziska van Almsick neulich, ich war auf so einem Award und da war sie auch, Wir haben uns ein bisschen unterhalten und hat sie auf der Bühne irgendwie ganz fleißig erzählt, dass sie das so unmöglich findet, warum man irgendwie den Kindern heutzutage in Deutschland abtrainiert, dass man auch verlieren kann. Dass allen dann immer so, nein, du hast nicht verloren, guck mal und dann wird immer so ein Winkel gesucht, wie man seinem Kind eigentlich vermitteln kann, dass sie jetzt nicht verloren hat. Siehst du das ähnlich? Ja. Aber die Frage, die ich an dich stellen wollte, du bist ja auch im Sport aktiv. Handball war ja so deins. Was ist denn sozusagen eine gute Technik, um dann aus Scheitern, sag ich mal, gestärkt hervorzugehen? Also wie lerne ich daraus, wie entwickle ich, dass mir das nicht so umhaut?
Stefan Lammers: Ja gut, das wird ja im professionellen Bereich auf jeden Fall so gemacht, dass du dir die Analyse hinterher anguckst, tatsächlich im Videostudium oder ähnlichem. Und dann auswertest, was da verändert werden kann, angepasst werden kann, um damit umzugehen und da wieder die Erkenntnisse rauszuziehen. Und was für mich wirklich immer wieder einer der größten Punkte ist, ist halt, dass du… Aufpasst, dass du auf der einen Seite, wenn du siegreich bist, dass du den Spannungsabfall nicht verlierst, dass du nicht auf einmal, das kennst du ja auch, hast du bestimmt schon, ob das jetzt im Fußball oder sonst wo gewesen ist, dann ist der vermeintlich schwache Gegner, der dann auf einmal gewinnt. weil man selber denkt, man ist ja so stark, der andere kann ja nichts. Das sind viele mentale Dinge, die da einfach eine Rolle spielen, dass man eben immer auf Augenhöhe bleibt. Und das haben wir ja jetzt auch gesehen, dass eine Mannschaft es gerade geschafft hat, bei Leverkusen, ich glaube, 51 Spiele unbesiegt gewesen zu bleiben. Und dass sie dann eben viele Tore in der Nachspielzeit gemacht haben oder in den letzten Minuten, das spricht eben für diese Resilienz. dass sie eben keine Angst davor haben zu scheitern, sondern dass sie diesen Ehrgeiz haben, das aufrecht zu erhalten. Dann haben sie das Endspiel verloren in der Europa League und haben es aber geschafft, drei Tage später dann wieder das Pokalfinale zu gewinnen. Und das würde für viele Mannschaften, wenn man da nicht aktiv mit arbeitet und sich auch darauf vorbereitet auf solche Momente, Dass es irgendwann zum Scheitern kommt wieder, das würde auch bei vielen Mannschaften dazu führen, dass sie auch möglicherweise dann das zweite Endspiel verloren hätten, weil sie dann einfach so gefrustet sind. und da ist es eben wichtig, wirklich aktiv mitzuarbeiten. und dazu gehört natürlich das Bewusstsein und das ernst zu nehmen und zu sagen, okay, es ist okay zu scheitern und Wir haben nächste Woche die Möglichkeit, wieder was damit zu machen. Und was sind unsere Erkenntnisse daraus? und was darf uns das nächste Mal dann wieder nicht passieren? Und vielleicht war es tatsächlich das Finale, was sie verloren haben. So ein bisschen der Spannungsabfall. Sie haben ja ganz anders gespielt als sonst, wenn ich das richtig mitbekommen habe. Und könnte so dieses Gefühl des Unbesiegbaren gerade da gewesen sein. Und dann führt das schnell dazu, dass sowas passiert.
Joel Kaczmarek: Das hat man sogar aus der Zuschauerperspektive nachempfunden, fand ich. Weil, so sagtest du ja auch gerade, das erkennt man ja gar nicht. Die liegen 2 zu 0 zurück. Was ist denn da los? Und die spielen ja scheiße. Ach du je, das gibt's noch. Oh ja, du hast total recht. Und ich erinnere mich, ich war mal auf so einer Delegationsreise in Israel und da haben so Investoren zu uns gesagt, in Israel kriegen nur UnternehmerInnen ein Funding, die schon mal gescheitert sind. Also die gucken sich immer an, die oder derjenige, mit dem wir da so ein bisschen geredet haben, die finanzieren nur Gründerinnen und Gründer, die gesagt haben, die haben schon mal auf der Nase gelegen, haben sich auf die Nase gelegt, weil die wissen dann sozusagen, dass sie damit umgehen können. Naja, gut, spannend. Was ist dein zweiter Punkt?
Stefan Lammers: Warum Ego bedeutsam für ein gesundes Leben ist. Das ist mal so die andere Perspektive. Wenn man zu viel von sich gibt und wenn man immer nur für andere da ist und sich nicht mehr um sich selbst kümmert. Und für viele ist das so ein Missverständnis. Und das war es für mich teilweise auch. Bei mir war ja Egozentrik teilweise wirklich da, nicht mehr Egoismus. Egozentrik ist ja die krankhafte Form und Egoismus ist die gesunde Form. Es geht darum, dass wir immer für uns selber sorgen. Dass wir immer für uns gucken, dass wir gesund sind, dass es uns gut geht. dass wir im richtigen Umfeld sind. Und von da aus können wir eben gut unterwegs sein. Und das ist für mich sozusagen der Gegenpart zu dem, was ich vorhin gesagt habe. Dieses Thema zu gucken, was brauche ich eigentlich, um mich gut zu fühlen? Was gehört dazu, damit ich mich gesund entwickeln kann? Und diese Bedeutung, etwas für mich selber zu tun, Das hört sich widersprüchlich an, weil ich eben gesagt habe, ich war ein großer Egoist und Egozentriker an vielen Ecken. Aber an vielen Ecken habe ich auch was für andere getan. Habe das aber auch mit einem hohen Egozentrischen wegen Status, Anerkennung und so weiter irgendwo getan. Aber ich habe nicht wirklich selber stattgefunden. Und diese Pflege meines wirklichen Ichs, das habe ich erst viel zu spät begonnen. Und das hätte ich gerne eher gewusst, wie wichtig das ist. Und das habe ich nie kennengelernt vorher.
Joel Kaczmarek: Der Begriff Egoismus ist ja auch stigmatisiert eigentlich, also der ist negativ belastet.
Stefan Lammers: Leider, leider. Im Englischen Selfish ist etwas Gesundes, was wir brauchen, um überleben zu können. Und aus einem gesunden Geist entspringt ja was. Und deswegen ist es eben auch wichtig, für sich selbst zu gucken und das aber nicht zu übertreiben, sondern für sich gut zu gucken, was ist für mich eigentlich in dem Sinne richtig. Und von dem aus würde ich auch gerne gleich direkt, weil ich jetzt so ein bisschen die Befürchtung habe, dass das in die Richtung auch gehen kann, nur noch Selbstverwirklichung und sonst was nach vorne stellen, würde ich gerne so zu meinem dritten Punkt, weil der gehört so ein bisschen zusammen, da gleich direkt rüber gehen. Der eine oder andere, der mich vielleicht kennt von den Podcasts und auch diese privaten Folgen gehört hat, hat ja mitbekommen, dass ich früher sehr viel krank war und dass ich mir mit 16 vorgenommen habe, spätestens mit 40 mich umzubringen und nicht mehr zu leben. Jeder, der Depressionen hat, sollte im Übrigen Telefonhotline oder Ähnliches anrufen. Das möchte ich an der Stelle nochmal sagen. Die habe ich glücklicherweise nie gehabt. Aber wenn wir über so ein Thema reden, ist mir das wichtig. Ich habe dadurch, und das ist mir letztens erst so wie Schuppen von den Augen gefallen, ich habe dadurch in meinen jungen Jahren komplett eigentlich über meine Verhältnisse gelebt. Ich habe alles Geld rausgeschossen, was ich hatte und noch viel mehr. Ich habe mir Geld geliehen und so weiter, um ein Leben zu leben, wie ich das cool fand. Und ich kann hier jedem sagen, ich habe ein mega interessantes, spannendes, geiles Leben gelebt. Und ich habe mir aufgrund dieser Entscheidung nie Gedanken über die Zukunft gemacht. Und das war mir völlig egal, weil ich ja dachte, ich werde nicht älter. Jetzt bin ich älter. Da haben wir ja anfangs drüber gesprochen. Und ich habe dadurch nicht gut für mich vorgesorgt. Ich habe dadurch keine gute Rente und ähnliches. Ich weiß nicht, wie lange ich arbeiten werde. Vermutlich noch etliche Jahre. Wie spannend die Jahre und die Zeiten im Alter sein können, hätte ich mir damals nie erträumen lassen. Nie. Hätte ich mir nie vorstellen können. Damals waren ältere Leute auch anders als heute. Ihr kennt das vielleicht noch irgendwo aus Fotos, wo eure Eltern in braunen Klamotten, Mofarben, was auch immer da durch die Gegend gelaufen sind und in ihren Anzügen. Ältere Leute sind heute viel jünger als früher. Und das habe ich alles nicht gesehen. Und das war mir scheißegal. Und wenn ich heute Generation Z teilweise sehe, mit ihren Selbstverwirklichungsansprüchen und Ähnlichem und mit dem, was sie für sich sagen, dieses, ja, es gibt ja sowieso keine Rente, ich habe keine Zukunft und sonst irgendetwas und ich möchte jetzt mein Leben leben und so weiter. Ich habe genau nach dem gelebt. Ich habe das genau so gemacht. Ich kann das total gut verstehen, wie es da jedem Einzelnen geht. Ich aus meiner heutigen Sicht würde heute anders handeln. Ich habe vieles an Kohle rausgehauen, was ich heute nicht mehr raushauen würde. Ich habe vieles an vielen Ecken mich gehen lassen, was ich heute nicht mehr machen würde. Und wenn ich den ein oder anderen dazu anregen kann, da mal drüber nachzudenken auch. Das Leben ist länger als 30 oder 40 zu werden. Das Leben bietet so viele Perspektiven über einen ganz, ganz langen Zeitraum. Macht euch früh Gedanken darüber, wie ihr den gestalten wollt und was ihr dafür rechtzeitig tut.
Joel Kaczmarek: Wie hast du deinen dritten Satz formuliert?
Stefan Lammers: Meinen dritten Satz? Ich habe selber wie Generation Z gelebt, aber ich habe vergessen, was für heute zu tun. Das Leben ist immer noch schön. Aber ich habe so viel Geld für Unsinn rausgehauen, dass ich dafür heute auch noch an manchen Stellen büßen muss.
Joel Kaczmarek: Erstmal meine Gänsehaut sozusagen wieder glatt streichen, die ich gerade sowieso schon bekommen habe. Aber jetzt hast du mir ganz viele Dinge hingelegt, die wir mal aufarbeiten. Also um mal die Neugierde der Menschen als erstes zu befriedigen, weil es hat ja nicht jeder diese andere Folge gehört, von der du gerade geredet hast. In einer Nutshell kurz zusammengefasst, was war so dein Krankheitsbild? Was war da los? Und dass du dann sogar sagst, älter als 40 willst du nicht werden.
Stefan Lammers: Ich habe eine Krankheit nach der anderen gehabt und bin zwei, dreimal dem Tod von der Schippe gesprungen, unter anderem mit Nierenkrankheiten und Ähnlichem. Und es hat sich immer was abgelöst, mit 14 Jahren Chemotherapie gehabt und einfach vom vierten Lebensjahr bis zum vierzehnten Lebensjahr hauptsächlich, oder hauptsächlich ist Quatsch, aber extrem viel in Krankenhäusern und so verbracht. Und da hatte ich einfach keinen Bock mehr drauf.
Joel Kaczmarek: Und warum 40? Also wie kamst du auf diese Zahl?
Stefan Lammers: Ich weiß es nicht. Irgendwie hatte ich gedacht, okay, ich will ja noch was vom Leben mitkriegen.
Joel Kaczmarek: Und ab 40 ist man alt, oder?
Stefan Lammers: Ja, vielleicht tatsächlich. Also eigentlich ganz schön, passt auch zu dem, was ich gerade gesagt habe. Ich habe das, glaube ich, wirklich schon ein Stück weit gedacht. Mit 40 bist du ja schon scheintot. Da ist ja nichts mehr im Leben. Und insofern, das ist echt anders. Du kannst heute auch mit 50 so ein wundervolles Leben, so viele erleben, so viele tolle Sachen machen. Und man hat auch Familie, die sich total freut, wenn man möglichst alt wird und wenn man noch Spaß hat, mit denen Dinge zusammen zu unternehmen und so. Und ja, es lohnt sich.
Joel Kaczmarek: Aber ich gebe dir recht, also irgendwie, man ist vielleicht älter, aber mental ist man glaube ich, also es sind viele Leute, die alt werden, nicht mehr so. Absolut, absolut. Jetzt hast du ja interessanterweise in Zusammenhang mit deinem zweiten Punkt gebracht, also auf der einen Seite ist Ego bedeutsam für ein gesundes Leben, auf der anderen Seite hast du dich genötigt gefühlt, diesen Punkt nachzuschieben. Warum?
Stefan Lammers: Ja, nicht genötigt, den nachzuschieben, das sind für mich zwei Punkte, ne? Ich habe ja eben das Leben gelebt, in Anführungsstrichen. Und es ist eben wichtig für einen gesunden Geist, sozusagen auch an sich zu denken und zu gucken, was man dafür letztendlich tut. Und ich habe aber, glaube ich, eben zu dem Zeitpunkt viel mehr kompensiert, Und nicht was für mein gesundes Ego getan, sondern viel mehr kompensiert im Außen. Damals gab es halt, also wahrscheinlich wäre ich Influencer geworden oder was auch immer, keine Ahnung. Also mein Leben, ich hätte Gott weiß wie viele Follower, was ich alles gemacht habe damals, ohne dass ich dafür Geld gekriegt habe, dass ich das allen zeige. Und im Grunde genommen habe ich ja so gelebt, an vielen Ecken. Und das ist aber alles Schein. Das ist keine Reality. Und das Ego ist Reality.
Joel Kaczmarek: Jetzt denke ich gerade so, was du da gemacht hast, das klingt irgendwie so nach, einen Ticken nach Party, teure Autos, teuren Uhren, Geld ausgeben. Redest du von sowas oder geht es da um Reisen, um Dinge erleben, um was weiß ich?
Stefan Lammers: Begegnungen mit Menschen, Reisen. Außergewöhnliche Orte, außergewöhnliche Plätze, immer nur Luxus. Also das war so im Vordergrund. Aber Uhren haben mich nie interessiert.
Joel Kaczmarek: Ja, ist komisch, ne? Geht mir auch so. Wobei neulich saß ich neben Nico Rosberg, der hat eine sehr schöne Uhr, aber da habe ich gedacht, eine viertel Million wäre es mir trotzdem wahrscheinlich nicht wert.
Stefan Lammers: Ja, es gibt auch schöne Uhren.
Joel Kaczmarek: Ja, interessant. Ich meine, Ego ist ja auch ein ganz interessanter Punkt, den du da bringst, weil gerade wenn jemand sagt, es ist ja eigentlich ein Kontinuum, würde ich mal sagen. Also du hast jetzt gesagt, ich kam aus einem übersteuerten Kontinuum, Ego-Kontinuum und es ist aber trotzdem wichtig, eins zu haben. Also auch nicht so diese selbstaufopfernde, altruistische Haltung zu haben. Wie ist es dir gelungen, das zu tarieren?
Stefan Lammers: Zu tarieren habe ich tatsächlich nicht, also so bescheuert das hört, Punkt eins, indem ich irgendwann Fehler erkannt habe und festgestellt habe, wo ich gescheitert bin und dann habe ich mir Hilfe von außen geholt. Also ich habe den einen oder anderen Psychologen verschlissen im Laufe der Zeit. Und dann haben wir natürlich, du hast es ja auch anfangs gesagt, die Gott weiß, wie viele Ausbildungen ich gemacht habe. Und da ist ja gerade, wenn man in diesem Bereich Beratung unterwegs ist, extrem viel Selbsterfahrung auch drin. Und das hat mir sicherlich auch geholfen. Und um nicht gleich wieder auf das nächste Thema zu gehen, tolle Freunde, die ich dann auch hatte. Und zwar tolle Freunde sind für mich eben nicht die, die sagen, bist du geil und tolle und so weiter und so fort. Sondern die einem sagen Das, was du machst, ist gerade scheiße.
Joel Kaczmarek: Hast du jetzt eine Art Alarmsystem oder sowas, für wann es zu viel ist?
Stefan Lammers: Was genau meinst du mit wann es zu viel ist?
Joel Kaczmarek: Woher weißt du denn, wann du gesund egoistisch bist und wann du ungesund egozentrisch bist?
Stefan Lammers: Das ist eine gute Frage. Ich glaube, das Frühwarnsystem sind sowohl Mitarbeitende als auch Familie und Freunde, die einfach extrem offen zu mir sind an der Ecke und die mir das zurückspiegeln. Und diese Offenheit ist halt ein grandioses Fund, sein Leben zu leben und zu wissen, dass man nicht ignoriert wird, also das heißt, dass einem kein Feedback mehr gegeben wird, sondern dass die Leute wissen, dass man zuhört, wenn man Feedback bekommt, um damit was zu machen. Das heißt nicht, dass ich jedes Feedback einmal annehme und sage, da stimme ich hundertprozentig überein, aber es ist total wichtig, darüber nachzudenken. Und das Umfeld habe ich halt kreiert.
Joel Kaczmarek: Woher kommt das denn eigentlich, dass Menschen heutzutage Egoismus als so unangenehm empfinden? Also ich glaube, es gibt ganz, ganz viele, die jetzt zuhören und sagen, oh ja, finde ich mich total wider. Und ich bin irgendwie auch mal diejenige oder derjenige, die hier irgendwie ausgenutzt wird und irgendwie, hm und ach. Aber wenn man sozusagen in die Gegensteuerung geht, dann kommt so dieses reflexartige, nein, man darf ja nicht egoistisch sein. Nein, es darf ja nicht um mich gehen. Nein, ich darf mich nicht in den Mittelpunkt stellen und so weiter und so fort.
Stefan Lammers: Ja, die Frage ist jetzt, auf welcher Ebene wir über Egoismus reden. Also das ist ja nicht nur, da gibt es ja ganz viele Facetten drin. Und für mich ist dieser gesunde Egoismus, wo ich einfach gucke, was sind die Dinge, die mich nähren, die mir wirklich was geben, die mich bereichern. Und wie sorge ich auch dafür, dass ich diese Dinge bekomme? Das heißt ja nicht, dass ich jetzt immer eine Kontrmeinung haben muss und die dann auch gegen alle durchsetzen muss oder ähnliches. Und das ist schon zu unterscheiden. Also ich spreche davon, sozusagen diesen gesunden Geist zu haben und für sich an dieser Stelle zu sorgen. Um mein Lieblingsbeispiel da mit der Atemmaske auf dem Flugzeug zu nehmen, also wenn die Maske runterfällt, ziehe ich mir die erst selber rüber und dann helfe ich anderen. Also erst wenn es mir gut geht, bin ich auch in der Lage, andere zu supporten und nicht umgekehrt, dass ich nicht in der Selbstaufgabe lande. sondern dafür sorge, dass ich eben einen guten Grundsatz habe, von dem ich aus losgehen kann.
Joel Kaczmarek: Okay, aber es ist glaube ich auch nochmal eine ganz schöne Zuspitzung. Also ich habe gerade so ein Beispiel im Kopf, der Elektronikladen macht auf, die neue Videospielekonsole kommt, es sind nur 500 Stück geliefert, dann ist jetzt sozusagen gesunder Egoismus nicht zu sagen, ich stoße meinen Ellenbogen hier in den Nebenmann und die Nebenfrau, einmal in die Rippen und in die Gusche, damit ich so eine Konsole kriege, weil es ja nur so wenige sind, weil ich an mich denke, sondern es geht eigentlich eher um so ein Universum, was man um sich aufbaut, also um so eine Welt, in der man sich wohlfühlt und wo es einem selber gut geht und dann kann man sozusagen sich auch anderen öffnen.
Stefan Lammers: Ja, aber es kann auch durchaus sein, dass ich sage, ich weiß, also jetzt blödsinnig bei dem Beispiel, was du gerade wählst, aber ich weiß, dass diese Spielkonsole Und das jetzt ernst gemeint, also nicht als diese Spielkonsole, ist für mich so extrem wichtig, um für mich selber zu sorgen. Wie gesagt, ist ein schlechtes Beispiel. Aber dass ich dann hingehe und da sind 500 Leute, dass ich nicht einfach sage, ah, da sind 500 Leute, dann lasse ich die mal, ich gehe jetzt nach Hause. Sondern dass ich da auch versuche, dafür zu sorgen, dass ich dann meine Spielkonsole kriege. Und insofern vielleicht doch ein gutes Beispiel, weil die 500 Leute haben auch ihren Anspruch, gar keine Frage. Aber ich hab auch einen. Und ich darf den auch geltend machen. Und ich muss nicht zurückstehen für die anderen. Sondern ich, was meine Bedürfnisse sind, ist auch wichtig.
Joel Kaczmarek: Nochmal zurück zur vorherigen Frage. Woher kommt es, dass so viele Menschen ihre Bedürfnisse heutzutage in den Hintergrund stellen?
Stefan Lammers: Ich weiß gar nicht, ob das so ist, dass so viele Menschen die in den Hintergrund stellen. Ähm Ich glaube, das ist ein Ähnlich hast du das ja eben vorhin genannt mit der Franzi von Almsick. Mit dem Thema, dass die Kinder heute ein Stück weit das Verlieren verlernen. Oder das Siegen genießen verlernen. Weil das alles nur noch irgendwie gar nicht mehr darum geht, Sieg oder Niederlage oder was auch immer. Und da gibt es so ein falsches Harmoniegefühl. Das sehen wir ja auch ganz, ganz oft in Teams, dass in Teams die Produktivität total verloren geht, weil sich alle nur noch lieb haben und sich keiner mehr traut, die Dinge, die geändert werden müssen, anzusprechen. Das ist so eine Harmoniefalle, die in irgendeiner Form da ist. Und dadurch entsteht nichts mehr. Also es ist ganz traurig, finde ich persönlich, weil du keine Bewegung mehr hast und keine Reibung mehr hast. Und wenn du dir anguckst, was für Innovationen von Reibung aus entstehen. was für Veränderungsmöglichkeiten von Reibung aus entstehen, ist es ganz wichtig. Und deswegen ist unsere Grundlage auch die, dass wir sagen, ein Team ist eben nicht ein Durchschnitt von Menschen, sondern das sind viele Persönlichkeiten, die für sich stimmig sind und gesunden Egoismus für sich haben und gemeinsam auf ein Ziel hinarbeiten. Und da geht es nicht darum, dass alle sich kleiner machen müssen, damit sie zu diesem Team gehören dürfen oder sowas. Das finde ich total Quatsch. Das macht auf Dauer auch keinen Spaß.
Joel Kaczmarek: Ich sage auch immer, Reibung ist anstrengend, aber produziert Wärme. Vielleicht als Abschlussfrage daher auch zu dem Punkt von dir. Wie gelingt es einem denn, da einen guten Mix zu finden? Weil Harmonie ist ja schon ein erstrebenswerter Zustand oder auch ein Zugang zu Dingen. Es sagt jetzt aber auch keiner, dass man Harmonie aufgeben soll, aber halt nicht um jeden Preis höre ich daraus. Also wie machst du sowas, dass du sowas gut gesteuert bekommst in einem positiven Sinne?
Stefan Lammers: Im Privaten oder im Geschäftlichen?
Joel Kaczmarek: Ich sage auch gerne mal beides. Wenn es sich unterscheidet, umso interessanter.
Stefan Lammers: Ja, dann würde ich jetzt tatsächlich schon wieder auf den nächsten Punkt übergehen wollen, weil der dazu gehört. Und das ist für mich, was mir damals nicht so bewusst gewesen ist, tatsächlich nochmal, wie wichtig das ist, ein gutes Netzwerk zu haben. Und ein gutes Netzwerk sind eben nicht die, die mir alle zustimmen und die genauso denken wie ich, sondern dass ich von Anfang an versuche, mich mit Menschen zu umgeben, die ganz unterschiedliche Professionen haben, die ganz unterschiedliche Ideen und Gedanken haben und ich mich davon bereichern lasse. Und nicht einfach hingehe, die anderen sind doof, alle anderen sind falsch und wir sind dann, man baut dann so eine Wagenburg-Mentalität, wir denken ja alle gleich, wir gehören zusammen und alle anderen sind doof. Das merken wir ja heute auch leider Gottes in der politischen Debatte. Eine politische Debatte ist früher sehr, sehr anders gelaufen, konstruktiver als sie heute ist. Heute reden die Leute ja gar nicht mehr miteinander, sondern sie ziehen sich in ihrer Wagenburg zurück und sagen, die anderen sind und urteilen über die anderen und keiner geht mehr ins Gespräch. Finde ich, dass das einer unserer großen Probleme ist und dass das alles über dieses scheiß Social Media dann noch läuft. So, da findet keine Diskussion mehr statt, sondern es ist nur noch Abwertung. Und ein konstruktives Umfeld aufzubauen, in dem ich eine Vielschichtigkeit von unterschiedlichen Typen drin habe, an denen ich wachsen kann. Das ist das, was ich damals auch nicht so gesehen habe. Da habe ich mich eher mit denen umgeben, die ähnlich waren zu mir, die mir zugestimmt haben, die die gleichen Ideen gehabt haben. Und diese Heterogenität ist halt wahnsinnig befruchtend. Also wenn du einen Freundeskreis hast, der sehr, sehr unterschiedlich ist und Bekanntenkreis. Und wenn du dich darüber halt austauscht, wenn du darüber im Dialog bist und da auch die Offenheit eben kreiert hast, dass wir offen miteinander umgehen und konstruktiv diskutierst, kannst du unheimlich viel für dich erreichen und kannst ein sehr bereicherndes Leben haben.
Joel Kaczmarek: Und zur Harmoniefrage nochmal, also den Abschluss suchend, findest du es dann sozusagen als harmonisch, wenn du dich mit Leuten umgibst, die dir offen die Meinung sagen, aber was macht es dabei trotzdem angenehm? Weißt du, was ich meine? Also was ist das eine Element, dass man Widerstand hat oder Meinungsverschiedenheit, das sich aber trotzdem harmonisch anfühlt?
Stefan Lammers: Ja, das ist dieser Respekt, den man miteinander hat, dass man weiß, dass ich das genauso dem anderen geben kann und sagen kann. Wie der mir auch. Also es ist für mich diese respektvolle Begegnung miteinander auf Augenhöhe, wo es nicht darum geht, wenn ich dir jetzt etwas gesagt habe, was mein Feedback ist oder sowas, dass der andere es nicht auffasst an, oh jetzt bin ich sozusagen in einer niedrigeren Stellung als er. sondern dass ich das auf Augenhöhe annehmen kann, wertschätzend und sagen kann, wow, vielen Dank, das hilft mir echt gerade weiter. Und ich jetzt auch nicht in diesen Reflex reinkomme, okay, wenn ich das nächste Mal habe, muss ich dem auch irgendwas sagen, sondern dass ich einfach sage, das kann auch sein, dass der mir dreimal was sagt und ich habe nichts, was ich dem anderen sage, aber ich lerne davon und wir sind in einem guten Austausch. Und er meint das auch gut mit mir. Und ich glaube, dieser Respekt, der ist wichtig. Also Respekt voreinander zu haben als Mensch, als Person, Und sich da auf dieser Ebene zu begegnen und sich auch miteinander auszutauschen, das ist ein ganz entscheidender Punkt.
Joel Kaczmarek: Weißt du, was mir eben aufgegangen ist, wie du erzählt hast, ein gutes Netzwerk ist wichtig. als dein vierter Punkt? Wenn man das hört, ich glaube, ganz viele Menschen biegen dann ab in diese Richtung, ah ja, okay, man muss viele Menschen kennen damit und dann so in Verbindung und so weiter. Aber das Lustige daran ist, ich habe noch nie das Wort Netzwerk eigentlich auseinandergenommen, dass da zwei Worte drinstecken. Nämlich einmal das Wort Netz, was dich irgendwie auffängt und das Werk, was sozusagen produziert. Also ich stelle mir da gerade so Zahnräder vor und
Stefan Lammers: Produktives.
Joel Kaczmarek: Probe, sowas, ja. Also ich stelle mir da gerade so Zahnräder vor.
Stefan Lammers: Und für mich geht das immer noch ein Stück weit drüber hinaus, weil du Und je nachdem, wo du bist, also dich auch fragen musst, was ist das Netzwerk, was wir da haben? Ist das etwas Tragfähiges oder geht das immer noch einen Schritt weiter? Bin ich da in einer bestimmten Community, also von Leuten, die ähnlich denken, die auch nach vorne denken, die… sich weiterentwickeln wollen. Also was ist die Community, in der ich mich dann auch aufhalte? Und das bringt dann eine sehr, sehr hohe Produktivität. Und ich habe früher, also dann später nach 20, ich bin immer wieder in die unterschiedlichsten Bereiche reingegangen, um Menschen kennenzulernen. Also Politik auch, ganz unabhängig davon, von Parteizugehörigkeiten oder in das Thema, oh Gott, wie viele philosophische Cafés oder was auch immer habe ich besucht. Also immer da, wo Zirkel sind, da, wo Menschen sich austauschen mit unterschiedlichen Ideen und das Denken angeregt wird, das Reflektieren angelegt wird, das ist halt einfach dann total toll. Das hatte ich mit 20 nicht, aber das hat mich hinterher total weitergebracht.
Joel Kaczmarek: Ich war kürzlich auf einer Konformation und war in der Kirche. Und es war aber nicht hier die üblichen Vereine, sondern es war neuapostolisch. Und da habe ich hinterher auch gedacht, ach guck mal, ist echt ganz interessant, wenn die hier alle zusammenkommen und dann merkst du halt, ja okay, der ist irgendwie Tischler und der macht einen Bürojob und der Hansel da ist ein Podcaster und so weiter. Also da staunt man dann schon, was da sozusagen an Perspektivvielfalt zustande kommt. Also gefühlt gibt es ja immer so eine Wertegemeinschaft, aber darunter kann sich ja ganz viel tun. Also ich verstehe bei Parteien zum Beispiel manchmal auch nicht, warum immer alles entweder links oder rechts ist. Also vielleicht ist man ja bei manchen Sachen mal da, ein bisschen mehr in der Mitte und da mal ein bisschen weiter außen. Aber ich verstehe, was du sagst, so diese Vielfalt. Aber gleichzeitig ist es auch, wenn wir mal ehrlich sind, auch manchmal ein bisschen schmerzhaft. Also ich habe das mit Künstlern gehabt. Als ich durch meinen Podcast mit Künstlern sozusagen zu tun hatte, wurde ich irre. Also dieses, ah, komme ich heute nicht, komme ich morgen und ja, wieso? Und erst mal die Säfte fließen lassen und nee. Und die haben, glaube ich, umgekehrt auf mich geguckt und haben gesagt, aber dir geht es immer nur um die Kohle, du bist so hektisch, bist so getrieben, was ist denn mit dir los, du Benner? Ja, also immer redest du über Geschäftsmodell und, und, und, wie viel man verdienen kann, sowas, ne? Na klar.
Stefan Lammers: Und das ist doch, aber auf der anderen Seite ist es doch einfach total schön, diese Möglichkeiten zu haben, diese unterschiedlichen Perspektiven und dann wieder so ein Stück auf sich selbst zurückgeworfen zu sein und sich zu fragen, ey, warum reagiere ich denn da eigentlich so drauf? Was tickert mich da gerade so an? Und ich habe ja immer dann diese Psychiaterfrage, was hat das mit mir zu tun? Also an welchen Haken hänge ich meinen eigenen Mantel, dass ich da gerade so drauf reagiere? Bin ich neidisch, dass der das gerade so hinkriegt und sich das erlauben kann und ich nicht? Und dann wird es spannend. Also dann kommst du auf ganz andere Ebenen wieder und reflektierst und lernst und wächst wieder daran.
Joel Kaczmarek: Ja, das ist echt gut. Was ist denn aber so dein Weg, um diese Netzwerkvielfalt herzustellen? Weil gefühlt, wenn man mal so über das eigene Netzwerk nachdenkt, das man beschreibt, ist ja ein Stück weit so auch der Freundeskreis, der da mitschwingt. Weil gefühlt kennt man sich halt seit der Schule oder seit der Uni, kennt sich das halbe Leben oder es waren die NachbarInnen. Also auf der anderen Seite hat man natürlich auch Vereinsamung gerade, was mit ganz vielen Menschen was macht, was die betrifft. Das heißt, was wäre denn so dein Weg, wenn du heute dieses Netzwerk nochmal ausbauen möchtest? Wie würdest du das heute machen?
Stefan Lammers: In der heutigen Zeit wäre für mich, also wenn wir das jetzt auf dem Beruflichen sehen, ist es tatsächlich oftmals so, dass teilweise auch aus Kunden, irgendwann gute Bekannte werden und dass sich daraus ein gutes Netzwerk ergibt. Vielfach noch ehemalige Arbeitskollegen, mit denen ich unterwegs bin. Und spannenderweise für mich auch gerade wieder, das war lange Zeit gar nicht so stark bei mir von Bedeutung, so auf alte Klassenkameraden gehe ich gerade wieder zu. wo ich mich total drüber freue. Und dann gibt es halt diese Themen, so wie ich es vorhin gesagt habe, philosophisches Café, Improvisationstheater mal wieder zu spielen. Oder in Bereiche zu gehen, auf Kongresse zu gehen und zu gucken, wen trifft man da eigentlich. Auf den Ausbildungen, die ich gemacht habe, habe ich immer unheimlich wertvolle Menschen kennengelernt. Also das ist schon echt spannend. Und mein Claim ist ja respektvoll schonungslos, das bin ich ja zu den Menschen. Und dadurch sehen die aber auch mich. Dadurch ergibt sich ja auch ein Vertrauensverhältnis. Und dann wissen die Leute, die mit mir in Kontakt sein wollen, wissen auch, dass sie mit mir in Kontakt sein wollen. Und die anderen Leute wissen auch, dass sie nicht mit mir in Kontakt sein wollen. Und das ist irgendwie ganz gut. Und dadurch ergibt sich dann auch, dass man Menschen trifft, wenn man sich zeigt, wenn man wieder an der Stelle sein Ego pflegt, also dass man so offen ist, die Dinge zu sagen, die man denkt. ergeben sich auf einmal tragfähige Beziehungen, die auch über Jahre halten und wo man sich vielleicht auch selten sieht, aber dann wieder sprechen kann. Also ich habe das gerade gestern noch tatsächlich ganz aktuell. Da gibt es einen ganz langjährigen Kollegen von mir, mit dem wir früher immer mal enger in Kontakt waren. Das ist aber schon fast 20 Jahre her. Das letzte Mal, dass ich mit dem wirklich eng in Kontakt war, ist vielleicht Jahre oder neun Jahre her. und ich hatte gestern ein Thema, wo ich weiß, der ist einfach echt super in dem Thema und dann habe ich dem gestern Abend eine SMS geschrieben, habe dem dann geschrieben, was so gerade meine Gedanken sind und so weiter. und wir haben heute Abend ein Telefonat. Obwohl wir uns so lange nicht gesehen haben und der war sofort on point, das ist ein sehr persönliches Thema und der war sofort on point da und das sind eben, man muss da gar nicht immer regelmäßig sich treffen oder sowas, aber man muss sich aufeinander verlassen können und sich respektieren. Das macht so viel aus.
Joel Kaczmarek: Ich weiß, ich habe mal an der Volkshochschule einen Sportkurs gemacht, das ist auch manchmal ganz geil, weil das ist ja wirklich so, da kommt halt jede und jeder von woanders her. Ja.
Stefan Lammers: Da lernst du wieder ganz andere Leute kennen.
Joel Kaczmarek: Na gut, laut Liste. Was ist dein fünfter Punkt? Eigentlich hast du ja acht. Bleibt das noch dabei?
Stefan Lammers: Nein, nein, ich habe ja schon ein paar Punkte gerade zusammengebracht an der Ecke. Ich habe noch eigentlich tatsächlich einen Punkt. Das ist nochmal das Thema, das ist heute für mich nochmal deutlich geworden innerhalb eines Coachings, dass ich das zum Thema machen möchte. Und zwar diese folgende Geschichte. Wenn wir Positionen angeboten bekommen, wenn man gerade so auf dem Karrierepfad unterwegs ist, dann fühlt man sich ja in seiner Person auch gebrauchpinselt, wenn man diese Positionen angeboten bekommt. Und dann sagt man in den wenigsten Fällen, wenn es was Besonderes ist, nein. Man will dahin, man schwebt dahin und so weiter. worüber man sich viel zu wenig Gedanken oftmals macht, ist das Thema, was ist denn überhaupt die Rolle, die da erwartet wird? Was wird da eigentlich wirklich von mir erwartet? Und will ich das denn eigentlich auch geben? Und habe ich die Bereitschaft, mich der Rollenerwartung anzupassen? Oder aber sage ich, ich gehe da so rein, wie ich bin und werde da schon rocken. Und Das ist etwas, was ich relativ häufig feststelle, dieses Thema, dass Menschen Rollen in ihrem Leben annehmen und ich auch angenommen habe früher, ohne sich Gedanken darüber zu machen, was wollen eigentlich die anderen von dir und was sind die Erwartungen daran. Und dann bin ich da einfach draufgegangen und habe das mit meinem Vermögen so ausgefüllt, wie ich das wollte. Und wenn andere Leute gesagt haben, ja, das reicht jetzt aber nicht oder das passt jetzt gerade nicht oder ich habe mir keine Gedanken gemacht. Ich bin einfach nur immer rein und habe meine Dinge gesagt und meine Dinge gemacht. Aber das waren nicht die Besten immer. Und sie waren auch nicht die, die eigentlich je von der Rolle erforderlich gewesen sind oder erfordert wurden. Und das sich bewusst zu machen, dass man innehält, das hätte ich gerne eher gewusst, sich zu überlegen, was ist das denn eigentlich, was diesen Job ausmacht und was sind denn auch möglicherweise die Dinge, die da von mir erwartet werden, die gar nicht hundertprozentig zu mir gehören? Und habe ich dann auch hinterher tatsächlich diese Bereitschaft, das zu lernen, das trotzdem zu können oder das zu wollen? Oder ist da eine Begrenzung? Und das ist oftmals ein Thema, was ich heute eben auch in der Beratung mitbekomme, dass dann eben Dort Kunden sitzen, die im Grunde genommen sagen, ich komme jetzt an eine Stelle, wo ich Dinge nicht machen will. Die gehören gar nicht dazu. Oder aber sie sagen einfach, ich verstehe überhaupt nicht, was von mir gefordert ist und so weiter. Und das muss man doch nicht machen und so weiter. Aber es ist Rollenerfordernis. Und sie haben sich vorher keine Gedanken darüber gemacht. Und dann sind sie in dem Dilemma, dass sie sich fragen, okay, ist das überhaupt noch der richtige Job für mich? Ist das das überhaupt, was ich wollte? Und manchmal sitzen da Leute jahrelang auf einem Job, den sie eigentlich nie richtig wollten, weil sie sich vorher keine Gedanken darüber gemacht haben. Und dieses vorher sich wirklich Gedanken zu machen, bin ich der Richtige dafür. und ist der Job auch der Richtige, der für mich, bevor ich da drauf gehe. Das hätte ich auch gerne mit 20 schon gewusst, um da wirklich für mich auch nochmal an der einen oder anderen Stelle mich besser vorzubereiten, auch mit einem anderen Mindset da reinzugehen, anstatt immer nur meine eigenen Themen da durchzusetzen. Oder eben auch vielleicht an der einen oder anderen Stelle zu sagen, der Job ist gar nichts für mich. Oder die Rolle.
Joel Kaczmarek: Ich denke die ganze Zeit darüber nach, weil wenn ich solche Punkte höre, prozessiert es in meinem Kopf immer, was kann man da wirklich für andere Menschen übertragen? Und ich denke die ganze Zeit darüber nach, ob der Punkt nicht eigentlich immer im Leben funktioniert. Weil es gibt ja oft so Situationen, dass Erwartungen eingestellt werden, man eine Rolle gerät und sich überlegen kann, nehme ich das an und verbiege ich mich, ja oder nein? Beim Job hat es natürlich den Umstand dass du das auf Jahre tust und dafür bezahlt wirst, dass es sozusagen eine hohe Visibilität gibt und so weiter. Da denke ich gerade einfach so drüber nach.
Stefan Lammers: Ich weiß gar nicht, wie viele Menschen mir gesagt haben, schon in ihrem Leben, dass sie für ihren Job Schmerzensgeld kriegen.
Joel Kaczmarek: Ja, stimmt. Ein Drittel Schmerzensgeld, ein Drittel Schweigeld, ein Drittel Gehalt.
Stefan Lammers: So ungefähr, ja. Aber dieses Thema Schmerzensgeld ist ein ganz häufig genannter Grund und das ist doch schon einfach, wo ich nachdenken muss. Da stimmt ja was nicht. Also was kann ich möglicherweise entweder anders gestalten oder was hätte ich vorher anders rausfinden können, bevor ich da überhaupt drauf gegangen bin? Was treibt mich da eigentlich hin?
Joel Kaczmarek: Ja, vor allem was ganz interessant war, was du vorhin gesagt hast, war, wenn man eine Position angeboten bekommt, ist man auch irgendwie wahrscheinlich immer mit einer gewissen Neigung dabei, sie anzunehmen.
Stefan Lammers: Ja, man ist ja vielleicht stolz, gebrauchpinselt und so weiter. Also das ist schon wieder, das ist die Frage eben wieder zwischen gesundem Ego und Also gucke ich auf mich, dass es für mich gut ist oder lasse ich mich möglicherweise von irgendetwas ziehen oder von außen beeinflussen. Partner sagt, wow, ist das toll, dass dir das angeboten wird. Endlich lohnt sich das, dass du so viel gelernt hast und so viel investiert hast und so weiter und so fort. Und dann irgendwann stehst du da, dass alle Leute auf dich einreden und du hast nicht mehr den Mut, eine Entscheidung für dich selbst zu treffen zum Beispiel. Oder die andere Geschichte ist, hast du möglicherweise nicht die Bereitschaft zu sagen, ja, ich werde möglicherweise an der einen oder anderen Stelle Dinge machen müssen, die nicht zu meinem Naturell gehören, aber sie gehören zum Job dazu und ich habe auch die Bereitschaft, das zu tun. Und sie machen das in dem vollen Bewusstsein, ja dazu zu sagen. Das ist ja auch okay. Wir haben immer Dinge, wo wir Sachen machen müssen, die wir nicht gerne tun oder was auch immer. Und dieser Anteil darf halt nicht zu groß werden. oder aber ich muss da hundertprozentig ja dazu sagen, weil sonst arbeite ich gegen mein eigenes Ego wieder.
Joel Kaczmarek: Ja, das ist echt ganz ulkig. Ich hatte das gerade mit jemandem, der mir dann irgendwie sagte, ich mache so eine Rechnung auf. Also ich zähle Plusse auf, ich zähle die Minusse auf und solange unter dem Strich ein Plus steht, mache ich es. Und wenn es die negative Zahl gibt, die da unten drunter steht, dann mache ich es halt nicht mehr. Wo ich so dachte, also irgendwie klang das nicht so richtig funktional für mich. Weißt du, was ich meine?
Stefan Lammers: Für mich auch nicht. Aber ich habe auch schon mal, mit 20 hätte ich auch genau so gedacht. Da habe ich auch mit Plus-Minus-Listen gearbeitet und so weiter. Heute gehe ich nach dem Gefühl. Also ich lehne ja auch Aufträge ab, das ist gar nicht so selten. und da gehe ich nach dem Gefühl. Ist das gut für mich, ist das nicht gut für mich, passt das, kann ich der anderen Person helfen? Wie sehr muss ich mich dabei verausgaben? Passt das mit meinem Wertesystem zusammen? Es gibt ganz viele Parameter, die aber viel mehr mit mir zu tun haben, als was ich mit einer Plus-Minus-Liste oder sowas abarbeiten könnte.
Joel Kaczmarek: Ich erinnere mich gerade an ein Gespräch, was ich dazu hatte mit Karin Kuschik. Die hat dieses Buch geschrieben, 50 Sätze, die das Leben leichter machen und die ist auch eine unglaublich tolle Coachin, by the way, und auf vielen Ebenen super. Und dann habe ich ihr von einem Job erzählt, der mir voll auf den Sack geht, der mir keinen Spaß macht, aber den ich gerade halt irgendwie brauchte wegen Finanzfaktoren. Also zahlte die Miete, war notwendig und so weiter. Dann hat sie zu mir gesagt, das war ja sehr geil in der Sprachnachricht, meinte sie so, naja Joel, einen Job machen fürs Geld, den man eigentlich nicht mag, das kennen wir doch alle, das heißt anschaffen gehen. Und wir waren alle schon mal anschaffen. und jetzt gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder sagst du, ja nee, ist nichts mit mir, passt nicht, ich gehe nicht anschaffen, funktioniert nicht oder du änderst deine Einstellung dazu. Was darf es denn sein? Und da denke ich gerade drauf rum in Bezug auf das, was du gesagt hast. Man kann natürlich sich so eine Plus-Minus-Rechnung aufmachen und man kann auch sich die Einstellung angucken. Also man kann halt sagen, okay, ich finde jetzt diese und jene Komponenten an dem Job nicht so geil. Rein operativ gucke ich mir das aber einfach mal an und überlege, kann ich vielleicht auch einfach meine Einstellung dazu ändern. Ja, klar.
Stefan Lammers: Und ich kann auch hingehen und für mich schon im Vorfeld festlegen, wo sind denn Grenzen. Also je erfahrener ich werde, desto mehr stelle ich fest, was passt zu mir und was passt zu mir nicht. Und so gibt es bei uns eben auch das eine oder andere, was auf einer Liste steht, wo ich sage, nee, in den Bereich gehe ich nicht mehr. Da habe ich keine Lust drauf. Tut mir nicht gut.
Joel Kaczmarek: Du musst doch als Berater auch so ein System haben, oder? Wenn du jetzt sagst, Stefan Lammers 2024, die 4.0-Variante. Wenn ich einen Job angetragen bekomme, läuft folgendes Programm ab. Was ist das? Oder ist das wirklich nur reinfühlen?
Stefan Lammers: Ist wirklich reinfühlen. Wobei es eben tatsächlich in Anführungsstrichen so eine schwarze Liste bei uns gibt. Von Firmen beispielsweise, für die wir nicht arbeiten. Oder bestimmte Aufträge, die wir nicht annehmen. Die gibt es, keine Frage. Branchen. Und das ist eineindeutig und dadurch auch macht es das einfacher. Aber ansonsten ist es am Ende reinfühlen und ist es Erstgespräche machen, jemanden kennenlernen und darüber ein Gefühl entwickeln, wo ich dann frage, gibt es eine Energie drin? zu sagen, da reinzugehen. Also ich bin ja sehr viel so mit dem Thema Energie unterwegs und beschreibe das gerne über Energiefühle dahin, ob das eine Energie in mir auslöst, das zu tun. und wenn es das ist, dann mache ich das und manchmal mache ich das auch nicht.
Joel Kaczmarek: Ich gucke jetzt gerade auf deine fünf Punkte und finde es total schön, dass die alle so miteinander zusammenspielen, also was du gerade hattest. als letzten Punkt, was ist denn eigentlich so die Erwartung, die an mich gestellt wird und möchte ich damit irgendwie Hand in Hand gehen? Passt super mit deinem zweiten Punkt, warum ist irgendwie Ego relevant, solange es sozusagen im Maß ist für ein gesundes Leben? oder auch der dritte Punkt, ich will auch an morgen denken, hätte ich das mal früher getan. und dann auch der vierte, ein gutes Netzwerk, was mich umgibt. und dann last but not least, vielleicht braucht es manchmal dann auch den ersten, dass man dann halt auch mal wieder scheitert, um dann wieder diese anderen Systeme alle zu justieren.
Stefan Lammers: Absolut, ja. Das nennt man Leben.
Joel Kaczmarek: Schön war's, Stefan. Finde ich gut, dass du älter als 40 geworden bist.
Stefan Lammers: Danke. Ich auch.
Joel Kaczmarek: Ich hoffe, es kommen noch ein paar hinzu, dass wir uns fleißig wiedersehen im Podcast.
Stefan Lammers: Sehr, sehr gerne, Joel. Ich freue mich.
Diese Folge stammt aus unserem Podcast „5 Dinge mit 20“: Bei [5 Dinge mit 20](https://lnk.to/5Things20) trifft Joël Kaczmarek bekannte, erfolgreiche und interessante Menschen und befragt sie, was ihre 5 Dinge sind, die sie gerne schon mit 20 gewusst hätten. Auf diese Weise leiten diese inspirierenden Personen ihre wesentlichen Learnings und Lebenseinsichten ab und bescheren dir echte Wissensabkürzungen. 💛 Hat dir die Episode gefallen? Dann abonniere „5 Dinge mit 20“ auf Plattformen wie Apple Podcasts oder Spotify. Beachte, dass wir nur ausgewählte Folgen auch auf Digital Kompakt veröffentlichen. Abonniere dort, um Zugang zu mehr und früheren Episoden zu erhalten!