Das kleine 1x1 für erfolgreiches Gründen

19. März 2024, mit Joel Kaczmarek

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Joel Kaczmarek: Hallo Leute, mein Name ist Joel Kaczmarek. Ich bin der Geschäftsführer von digital kompakt und heute bieten wir, meine Damen und Herren, das kleine Einmaleins des erfolgreichen Gründens. Und dazu habe ich mir eine Gästin eingeladen, die ich schon sehr lange kenne. Ich glaube so ums Jahr 2009, 2010 rum habe ich sie kennengelernt. Und seitdem begleitet sie GründerInnen und UnternehmerInnen schon sehr erfolgreich und sehr intensiv. Und zwar ist das die liebe Julia Derndinger. Wer Julia kennt, weiß, die ist selber Seriengründerin und vor allem ist sie aber auch Sparringspartnerin für UnternehmerInnen ab 5 Millionen Euro Umsatz, hat auch ein eigenes Gründerprogramm, also sie hat so einen schönen Accelerator, dazu erzählt sie bestimmt auch ein bisschen was nachher. und ich kann euch sagen, Julia ist die Ich-leg-den-Finger-in-die-Wunde-Frau. Ich telefoniere auch mit ihr öfters zu meinen Vorhaben. Dann haben wir uns irgendwann überlegt, hey, eigentlich sollten wir doch mal das, was man so beachten sollte, wenn es ums erfolgreiche Gründen geht, einfach mal einen Podcast aufbereiten. Und hier stehen wir nun. Und ich freue mich auf dieses Finger in die Wunde legen, weil genau das braucht man ja als UnternehmerIn, dass einem jemand mal sagt, wo es hapert und nicht immer nur das Schöne sagt. Weil wenn man unternehmerisch ist, hat man ja Bock, sich zu verändern. Von daher, that being said, hohe Erwartungen heute an dich, liebe Julia. Schön, dass du da bist. Moin, moin.

Julia Derndinger: Ja, vielen Dank für die Einladung. Der Druck ist angekommen.

Joel Kaczmarek: Cool. Magst du mal so einen Satz sagen, mit was für Menschen du so zusammenarbeitest? Also aus was für einer Sphäre ziehst du so dein Wissen, was wir dann jetzt gleich hier gemeinsam aufbereiten?

Julia Derndinger: Also wie du schon gesagt hast, arbeite ich aktuell eher mit Gründern Later Stage zusammen, die schon 5, 50 oder 100 Millionen Umsatz machen. Das heißt, die haben schon erfolgreich selber was aufgebaut. Meistens sind die in dem Technologieumfeld. Das ist für mich aber nicht ausschlaggebend. Also das könnte auch ein Mittelständler oder ein Retail-Mensch sein oder so. Das ist eigentlich egal. Es sind immer die gleichen Themen und Muster, die beim Unternehmensaufbau relevant sind. Und warum habe ich den Schwerpunkt bei Later Stage gelegt? Das liegt einfach an der Art, wie ich arbeite, das intensive Dransein. Das muss natürlich auch irgendwie bezahlt werden, wenn man sieben Tage die Woche erreichbar ist und auch für den Kunden weiter mitdenkt und Kontakte und Netzwerk und all das einbringt. Und ich habe so festgestellt, das ist so die Phase, wo ich das gut vertreten kann, so viel Geld für mich auszugeben.

Joel Kaczmarek: Und ich habe ja eben auch schon angerissen, dass du so ein Accelerator-Programm hast. Vielleicht sagst du auch mal einen Satz dazu, weil ich könnte mir vorstellen, vieles, was wir heute besprechen, passiert da in irgendeiner Form auch oder du trägst da Wissen raus, was du heute einbringst.

Julia Derndinger: Also das ist tatsächlich ganz neu. Seit 2023 im April habe ich das Gründerprogramm gestartet, weil ich schon mal acht Jahre lang einen Accelerator für die Entrepreneurs Organization aufgebaut habe. der sich an frühphasigere Gründer richtet mit ersten Umsätzen, die aber noch keine siebenstellige Umsätze haben. Und ich habe mich vor einigen Jahren gefragt, was ist so mein Leidenschaftsthema? Und das ist schon, die jungen Gründer haben nochmal eine andere Energie. Wenn du denen sagst, ich kann nur Sonntagfrüh um sieben, dann sagen die, wo? Und das hat mir immer viel Spaß gemacht. Ich finde es aber auch schwierig, da sehr viel Geld zu nehmen oder sich meine Arbeit gut bezahlen zu lassen. Und wenn ich dann abwägen muss, ich arbeite mit einem Frühphasengründer versus jemand, der mir vielleicht das Fünffache zahlen kann. Dann muss auch ich mich oder dann möchte ich mich auch für die wirtschaftlich gute Lösung entscheiden, sonst wäre ich ja auch ein schlechter Berater. Dann könnte ich Charity aufmachen. Und so habe ich überlegt, wie kann ich denn wieder mit dieser Zielgruppe arbeiten, denen gerecht werden und auch für mich da trotzdem ein gutes Geschäftsmodell draufsetzen. Und so ist letztes Jahr mein Gründerprogramm entstanden.

Joel Kaczmarek: Das kann ich total verstehen und nachvollziehen. Geht mir genauso, dieser Spirit, der da irgendwie rüberkommt. Wenngleich ich staune mit dem 7 Uhr morgens. Ich habe immer erlebt, die sind erst ab 10 ansprechbar und dafür bis 12 in den Abend. Aber ich verstehe auf jeden Fall, was du meinst. Ja cool, dann lass uns doch mal straight rein starten. Also ich habe das ja heute so als das kleine 1x1 des erfolgreichen Gründens geframed. Und ich würde behaupten, es ist wahrscheinlich relativ einfach, was man tun soll. Aber Einfachheit ist ja manchmal total schwer, lustigerweise. Und das Erste, wo ich mit dir gerne mal anfangen möchte, ist so das Thema Idee. Okay. Weil Unternehmertum und Unternehmerinnentum auch beginnt ja am Ende mal mit einer Idee, mit einer Geschäftsidee. Das ist ja oft so der Nukleus, der Anfang von vielem. Und was ist denn so der Faktor, auf den du schaust, wenn es um das Thema Idee geht?

Julia Derndinger: Ja, du hast ja jetzt da schon rausgepickt, vielleicht einmal den Gesamtkontext. Man braucht eine Idee, man braucht ein Geschäftsmodell und wahrscheinlich braucht man auch ein Team. Und wenn wir mit der Idee anfangen, ich glaube, die Welt ist voller Ideen. Da musst du nur einmal zum Stammtisch gehen, da sitzen lauter Leute, die sagen, man müsste, man könnte, man sollte. Und 95 Prozent setzen nicht um. Und dann gibt es 5 Prozent, die sagen, die Idee ist so gut, ich will das umsetzen. Und ich weiß gar nicht, ob eine Idee immer krass innovativ sein muss. Ich glaube, man kann auch mit einer Reinigung, einem Gastronomiebetrieb oder irgendwas anderem erfolgreich sein, wenn man etwas anders und besser macht als alle bisherigen Ideen. Insofern gibt es halt da unterschiedlichen Innovationsgrad, aber die meisten Ideen werden ja schon aus einem eigenen Problem geboren oder einer Ineffizienz, die man selber im Markt beobachtet und sodass man denkt, hey, das sollte man eigentlich machen und dann wäre für mich der erste Schritt, die Idee zu validieren. Also ist die Idee, keine Ahnung, Pommes mit Trüffelmayonnaise zu verkaufen, nur etwas, was Julia schmecken würde. oder braucht die Welt das? Und ich glaube und empfehle, man sollte mit so vielen Leuten wie möglich über seine Idee reden, um ein Gefühl dafür zu kriegen, ob es sich lohnt, an dieser Idee zu arbeiten. Ganz krasse Innovation. Also wenn ich jetzt vor 30 Jahren von fliegenden Autos gesprochen hätte, dann hätten wahrscheinlich alle gesagt, du spinnst, brauchen wir nicht, Straßen sind frei oder irgendwie sowas. Aber es macht Sinn, so viel wie möglich über die Idee zu reden, damit die Idee sich rauskristallisieren kann. Geht es wirklich um Trüffelpommes. oder wollen die Leute eigentlich Pommes ohne Kalorien oder wollen sie welche, die anders schmecken, die einen anderen Zweck erfüllen oder die schon zu Hause frittiert und heiß ankommen? I don't know. Also Während man vor einigen Jahren gesagt hat, sprich bloß nicht über deine Idee, der Nachbargründer kopiert das einfach. Da hatten wir so die Phase der Rocket-Internet-Geschäftsmodelle, wo es halt auch genug Leute gab, die das einfach dir klauen und umsetzen konnten. Ich glaube, die meisten Leute nehmen nicht deine Idee. Würde ich jetzt meine Idee für einen veganen Hotdog dem Ikea-Gründer erzählen, der sofort die Möglichkeiten hat, das in seinen Geschäften auszurollen? Nein, aber die Gefahr ist groß. Otto, Normalverbrauchern in meinem Umfeld zu erzählen, ist, glaube ich, okay, weil die sind potenzielle Kunden.

Joel Kaczmarek: Ich habe mal eine Podcast-Reihe mit Sebastian Krumbiegel gemacht von den Prinzen und ich weiß, der hat sich eine Sache total festgesetzt, die ich mal zu ihm gesagt habe, da hat er immer drauf rumgedacht und das war die Aussage, dass Ideen nichts wert sind, wo ich bis heute davon überzeugt bin. Und ich finde, das geht genau damit, was du gerade beschrieben hast, Hand in Hand, dass viele Leute ja immer Angst haben vor diesem Ideen-Diebstahl. Und ich weiß, ich hatte bei Gründerszene früher, habe ich teilweise E-Mails bekommen, da haben mir dann Leute geschrieben, ja, ich baue das nächste Facebook, aber bevor ich davon jemandem erzähle, so nach dem Motto, am besten sollte ich ihm noch ein NDA unterschreiben und so weiter und so fort. und das war dann immer ein Indiz für extreme Unerfahrtheit für mich und dass die Idee alles andere als gut ist. Das ist ganz ulkig. Beobachtest du das immer noch? Also haben Leute immer noch Angst, Ideen zu teilen? Ja.

Julia Derndinger: Ich glaube, das hält sich tapfer, diese Meinung. Ich würde das auch unterschreiben, Ideen sind nichts wert. Manchmal hat man natürlich eine Idee und darauf baut dann eine Erfindung, aber nur die Idee ist nichts wert. Und was auch ganz interessant ist, wenn ich Gründer treffe und ich frage, wie sind die Anteile verteilt? und dann hat einer fünf Prozent mehr oder hat die Mehrheit, dann wird häufig argumentiert, ja, der hatte die Idee. Ja, und wenn wir fünf oder zehn Jahre weitergucken, wie relevant war die Idee. Und meistens ist es noch nicht mal mehr die gleiche Idee, sondern was ganz anderes. Also da würde ich dir recht geben und auch dem Club beitreten. Nimm deine Idee nicht so wichtig, sprich viel drüber. Und die meisten Ideen sind auch nicht komplett neu. Das sind inkrementelle Innovationen. Und wenn du nur eine Idee hast und die nicht schützbar ist, dann ist sie auch nichts wert.

Joel Kaczmarek: Genau, also ich finde, man sollte der Fairness selber mal sagen, wir reden jetzt natürlich hier nicht davon, wenn ich jetzt irgendwie eine Pharmaformel entwickelt habe oder eine chemische Formel, wie ich einen neuen Kunststoff, der irgendwie sich härtet und wieder weich werden lässt, das ist ja was anderes, ja.

Julia Derndinger: Das ist aber auch keine Idee, das ist eine Erfindung und da ist hoffentlich auch was schützbar. und wenn nicht aber lauter Quantenphysiker sitzen zusammen oder lauter Pharmaforscher sitzen zusammen und sagen, wir könnten doch das mit dem zusammen mischen und da ist noch nie einer drauf gekommen, dann ist das vielleicht eine geniale Idee. Aber das ist dann auch immer noch kein Produkt, das ist auch immer noch kein Erfolg und das muss dann auch immer noch einer umsetzen.

Joel Kaczmarek: Und deswegen möchte ich ja die Leute auch mal bestärken, weil ich habe das auch, dass ich mit extrem vielen Leuten extrem freigiebig über Ideen rede und das kommt bei vielen auch manchmal komisch an, die mich so von der Seitenidee begleiten und sagen, das erzählst du denen einfach. Also ich meine, du und ich ja beispielsweise auch. Du hast ein Accelerator-Programm, ich habe einen Business-Club, da könnte man easy immer Angst haben, der eine nimmt dem anderen eine Idee weg und ich empfinde das gar nicht so, sondern im Gegenteil, man schlaut sich eigentlich eher auf, jeder hat einen anderen Zugang, da kommen wir dann auch gleich beim Thema Geschäftsmodell zu und man lernt eigentlich eher voneinander, ja.

Julia Derndinger: Und es ist ja auch so, also wenn du mir jetzt was erzählst, ich mache so und so ein Format und ich nehme das und ich setze das um und ich setze das besser um und zu mir kommen die Leute, dann war deine Idee auch nicht gut. Also und wenn ich deine Idee so einfach umsetzen könnte, dann könnte das auch noch zehn andere. Also Ich habe ja vor Jahren diese Firma mit den Handy-Anhängern gemacht und wir waren nicht die Ersten. Also den Trend gab es schon in Japan und es gab auch zeitgleich mehrere Leute, die das versucht haben. Aber wenn du die gleiche Idee fünf Themen gibst. Ich habe mich entschieden, das mit Cartoon-Lizenzen umzusetzen. Ich habe gewisse Vertriebskanäle aufgemacht. Ich habe ein gewisses Branding draufgesetzt. Es war ganz anders als Leute, die für 30 Euro einen Schmuckanhänger entwickelt haben. Also auch da würde ich sagen, die Idee Handy-Anhänger war nicht unik. Ich musste mir was anderes einfallen lassen, um einen Wettbewerbsvorteil zu erzeugen.

Joel Kaczmarek: Genau, also vervollständigen wir den Satz. Zuerst ist Learning, Ideen sind nichts wert, sondern die Umsetzung. Und das andere ist ja, da kannst du bestimmt ein leidvolles Liedchen singen. Ich habe eine Vermutung, dass das einen Großteil deiner Beratung ausmacht, nämlich Dieses Thema, mehrere Ideen zu haben und dann immer vielen Ideen auf einmal hinterher zu gehen. Ich sage immer gerne, hokus pokus, keep the focus. Ich glaube, das ist so ein Ding, was Unternehmer haben, damit sie sich schwer tun, oder?

Julia Derndinger: Also erstmal ist das ja gut, Ideen zu haben. Also wenn du nie Ideen hast, ist auch doof und dann wirst du nicht Gründer. Dann wirst du vielleicht Verwalter und Ideen sind gut. Aber wenn du jeden Montag eine neue Idee hast und keine Idee umsetzt oder immer nur neue Domains sicherst und nicht in die Umsetzung kommst, dann wird es schwierig und dann wäre es gut, einen Geschäftspartner zu haben, der umsetzungsstärker ist als du. Und die Frage ist ja auch, warum hast du immer neue Ideen und bleibst nicht dran? Also Eine These wäre ja auch, dass aus den Ideen nicht so schnell ein Erfolg gekommen ist. Und ich glaube, der Erfolg kommt aber meistens nicht schnell, sondern man muss da ein bisschen dranbleiben und anpassen. Und wenn du dann aber noch drei neue Ideen verfolgst, hast du nicht die Zeit und die Ressourcen und die Kraft, die andere über die Ziellinie zu tragen. Und dann ist halt die Idee wieder nichts wert, weil wenn du nicht ins Ernten kommst, nützt die beste Idee nichts. Und das ist auch bei den Spätphasengründern das Problem. Also wer aus einer visionären Denke eine tolle Idee geboren hat, der lässt das ja nicht dann sein, wenn er eine Firma hat. Und der geht auf ein Seminar oder der geht in einen Business-Club und dann kommt er halt immer wieder, guck mal, ich habe das Buch gelesen, das, das, das und will alles in seiner Firma umsetzen. Und das Team denkt irgendwie, oh blöd, nicht schon wieder eine neue Idee.

Joel Kaczmarek: Hast du einen Tipp, wie du damit umgehst, dass man diese Fokussierung hinkriegt? Weil ich ertappe mich ja auch dabei, ganz oft sind ja die Ideen wertvoll, aber es hat auch so eine Zeitachse. Also man macht nicht alles auf einmal, sondern man macht es teilweise seriell oder vielleicht konzentriert man sich auf einen Strang und muss dafür zwei andere manchmal abschneiden. Was ist denn so deine Technik, um sich zu fokussieren?

Julia Derndinger: Also ich glaube, das Erste ist ja erstmal die Erkenntnis zu haben und das Muster zu erkennen, wenn man was ändern will. Und dann muss man sich drauf committen. Also ich glaube, du musst erstmal sagen, ich will nicht mehr der Ideagei sein, der jeden Montag eine neue Idee hat, sondern von den letzten zehn Ideen picke ich mir jetzt eine oder zwei raus, auf die ich mich fokussieren will. Das heißt, du musst das erstmal erkennen, dann musst du dich bekennen, dass du es ändern willst. Und dann ist die Frage, was brauchst du, um ein Commitment, was du ausgesprochen hast, umzusetzen. Es gibt Leute, die sind so diszipliniert erreicht, dass die das bekannt haben. Es gibt Leute, die neigen zur Ablenkung, die könnten sich einen Accountability-Partner suchen oder die könnten sich im Team oder sonst wo jemand suchen. Die könnten sich einen Peer suchen, einen anderen Gründer oder was auch immer, der sie Accountable hält.

Joel Kaczmarek: Das habe ich auch schon gehabt, das kenne ich, ich glaube, das ist ganz gut. Oder man geht hin und sagt, ich habe dauernd Ideen, ich mache das zum Geschäftsmodell, ich verkaufe dir Ideen.

Julia Derndinger: Dann kommen wir zum nächsten, musst du ein Geschäftsmodell finden, wo einer für deine Ideen bezahlt, wenn du für jede Idee 5000 Euro kriegst und keine Mitarbeiter hast. dann kann das ein Geschäftsmodell sein. Oder du kannst überlegen, ist dein Geschäftsmodell Ideen für andere haben? Es gibt ja auch nicht so visionäre Gründer, die einfach keine Ideen haben. Die würden vielleicht für einen Kreativ-Workshop mit dir 5.000 Euro zahlen. Machst du zweimal im Monat, Rest der Woche frei.

Joel Kaczmarek: Das ist was, was ich übrigens gerne immer so jungen Gründern versuche zu erklären. Was ist der Unterschied zwischen einer Geschäftsidee und einem Geschäftsmodell? Wie erklärst du ihnen das?

Julia Derndinger: Also ich würde sagen, die Idee ist erstmal, was will ich machen? Und das Geschäftsmodell ist, wie verdiene ich damit Geld? Und das ist auch manchmal so, ich starte mit etwas und habe eine Idee, wer dafür wie viel bezahlen könnte und manchmal passiert es anders. Rund um dein Business-Club-Thema gibt es natürlich die Möglichkeit, du könntest sagen, ich zahle pro Event oder ich mache eine Membership oder ich lasse einen Dritten dafür bezahlen, einen Sponsor bezahlen. Ich bin zum Beispiel Kunde als Unternehmer bei Amazon oder bei Hewlett Packard, vielleicht würden die meine Membership bezahlen, dass ich mich bei Joel vernetze und austausche und aufschlaue etc. Und ich glaube, dass die meisten Geschäftsmodelle sich auch entwickeln. und ich Ich habe ja auch nicht mit 5.000 Euro Retainer angefangen. Ich habe mit 150 Euro die Stunde angefangen und alle zwei Jahre 50 Euro draufgeschlagen, bis ich irgendwann einen Kunden hatte, wo ich dachte, Mensch, können wir nicht mal eine Pauschale versuchen, weil du schreibst mir auch noch 17 Mal zwischendurch WhatsApp und ich halte mir den Termin frei, ob du dann kommst oder nicht. Und dann habe ich da mit 1.200 angefangen und dann habe ich mich so hochgearbeitet auf 2.000 oder 3.000 und mittlerweile tue ich so viele Dinge, die nicht in Zeiteinheiten messbar sind. Ich treffe mich mit dem Joel und der hat einen Impuls. und dann sage ich meinem Kunden, geh doch mal dahin. oder der Joel sagt, der Dienstleister kann was, der kann nichts. und dann saß ich da eine Stunde mit Joel und habe für mich was abgegriffen. und jetzt will der Joel aber auch noch was fragen. und dann stecke ich noch eine Stunde rein. und ich würde sagen, zum Teil mache ich das auch, um meinen Kunden besser helfen zu können, weil die haben nicht die Zeit dafür, tagsüber mit dem Joel ein Teechen zu trinken. und So habe ich mein Geschäftsmodell entwickelt. und manchmal ist das so im Dezember, ab 15 sagen die Julia, lass mich in Ruhe fürs Jahr, ich brauche eine Pause. und trotzdem kündigen die meinen Retainer nicht, weil sie das wertschätzen, dass ich verfügbar bin und dass ich Kontakte habe zu Agenturen und Dienstleistern und Anwälten. und wenn die Anwälte wissen, die kommen von Julia, Dann geben die sich auch doppelt Mühe und wissen auch, dass sie die Rechnung nicht erst nach sechs Monaten schicken dürfen und sowas. Und das habe ich alles eingepreist, aber das wäre am Anfang nicht möglich gewesen.

Joel Kaczmarek: Gut, also kann man ja auch eigentlich schon mal festhalten, was wir da auch raushören. Es hat immer zwei Komponenten, nämlich was bepreise ich, also welche Leistung in welcher Art und Weise und vor allem ja auch wem. Also wer zahlt eigentlich dafür?

Julia Derndinger: Ja, vielleicht nochmal im Gesundheitssektor. Ich entwickle eine App für Patienten, die Krankenkasse übernimmt das. Ich muss einmal bei den Krankenkassen, also einmal brauche ich die Zulassung, dann brauche ich die Wahrnehmung bei der Krankenkasse, aber ich muss auch Werbung beim Patienten machen und der kann das buchen und kaufen, zahlt aber nicht. Es gibt so einen schönen Spruch, if you don't pay, you are the product. Da ist auch was dran. Also wir nutzen ja alle Google kostenlos. Aber wenn wir es nicht nutzen würden, würden die auch kein Geld verdienen. Aber also das macht einfach Sinn, nochmal drüber nachzudenken und da auch offen und flexibel zu sein.

Joel Kaczmarek: Und was sagt so deine Erfahrung? Also wie viele Prozent deiner Gründer haben mit dem Thema Geschäftsidee zu einem Geschäftsmodell zu überführenden Problemen?

Julia Derndinger: Das Gemeine ist ja, ich arbeite in beiden Modellen eigentlich nach Product-Market-Fit. Also wenn du fünf Millionen machst, hast du keine Probleme mehr im Geschäftsmodell. Da kannst du optimieren, da kannst du Preise optimieren, da kannst du Kanäle optimieren, da kannst du expandieren. Aber ab fünf Millionen ist die Wahrscheinlichkeit des Totalaussetzers nicht mehr gegeben. Und auch im Gründerprogramm suche ich Kunden bewusst mit Product-Market-Fit, weil ich ja in einer Gruppe coache. Und wenn da 10, 15 Leute drin sind und du hast dein Product-Market-Fit noch nicht gefunden, dann kann ich nicht in einer Viertelstunde dein Thema lösen. Da müssen wir mehrfach drüber reden und iterieren und dann stehen da alle und denken, okay, der verdient noch nicht mal Geld, das passt nicht. Und das ist auch bei mir wichtig, dass ich sehr klar sage, für wen ist das Programm und für wen passt es nicht. Weil ich dir dann für das Geld, was du zahlst, nicht gut genug helfen kann.

Joel Kaczmarek: Preis ist ein interessantes Thema. Vielleicht kannst du ja auch nochmal so dein Vorgehensmodell beschreiben, nachdem du so ein Geschäftsmodell abklopfst. Also wir hatten ja eben schon so Kundennähe, also was du meintest bei der Idee, mit vielen Leuten sprechen, das sind ja so potenzielle Kunden. Geht es darum oder was? sind so die Faktoren, die du anlegst, wenn jemand sein Geschäftsmodell mit dir spart?

Julia Derndinger: Ganz häufig frage ich, hast du ein Produkt, das funktioniert? Hast du ein Produkt, was jemand kauft? Ja, gut. Wie viele kaufen das und warum kaufen sie das? Und nimmst du schon genug Geld dafür? Aber die meisten haben dann, die haben ein Produkt, was funktioniert, aber sie haben noch nicht genug Leute, die es kaufen. Und die Frage ist, können wir replizierbar dieses Produkt vermarkten? Erst dann haben wir doch wirklich ein Product Market Fit. Und Ganz häufig treffe ich Gründer, die sagen, ja, mein Produkt steht eigentlich, aber die rennen mir noch nicht die Bude ein. Und dann ist die Frage, wissen denn genug Leute davon? Hast du mit genug Leuten gesprochen? Hast du mit 100 Leuten gesprochen und das erzählt? Würde das eigentlich auf ihr Produkt passen oder ihr Need passen? Und warum kaufen sie es dann nicht? Ist es zu teuer oder was ist es? Und wenn es wirklich ein Pain Reliever ist, wenn es ein Problem deines Kunden löst, dann kaufen die auch. Also ich sage immer so böse, Solange jeder Otto-Normalverbraucher für 1200 Euro ein blödes iPhone kauft, ist auch Geld da. Natürlich gibt es Leute, die kein Geld haben, aber wenn du eine relevante Lösung bist und nicht nur nice to have, dann würde das auch gekauft werden. Also warum wird es noch nicht gut genug gekauft? Und bei ganz vielen Gründern ist das Produkt gut genug gekauft, aber der Vertrieb nicht gut genug. Und da muss ich dann ran. Und ganz viele Gründer, gerade diese Ideal Guys, wollen immer ihr Produkt besser machen. Und wenn es aber schon 10, 20, 30 Leute gekauft haben, dann kann es nicht so schlecht sein. Und wenn die Leute dir nicht schon siebenmal geschrieben haben, dass dein Produkt schlecht ist, dann mach mal einen Haken an das Produkt, dann hast du ein Vertriebsthema. Und das haben die meisten Gründer und niemand will gerne Vertrieb machen. Niemand will sich ein Nein abholen. Und gerade ein persönliches Produkt, wie ein Coaching-Produkt, ich will mein Produkt auch nicht reinpushen, weil ich möchte Leute haben, die früher aufstehen, um bei mir im Gründerprogramm zu sitzen. Aber wenn nicht genug Leute davon gehört haben und nicht genug Leute verstehen, welches Problem ich da löse, werden sie nicht kommen. Also ich weiß nicht, ob ich deine Frage richtig beantwortet habe, aber meistens steht das Produkt und man kann ein Produkt immer besser machen, aber meistens reicht ein 80% Produkt und es ist dann eher ein Vertriebsthema. oder ich habe noch nicht die richtige Zielgruppe oder noch nicht den richtigen Preis.

Joel Kaczmarek: Ich ertappe mich immer dabei, dass ich viele GründerInnen erlebe, die halt nicht so nah an den Kunden dran sind, beziehungsweise merke ich das bei mir selber auch manchmal, was für Aha-Momente ich habe, wenn ich die nochmal frage, wie benutzt du das? Zeig mal, mach mal mit deiner App auf, zeig mir das mal, lass mich mal zugucken. Und dann hast du so Bing, Bing, Bing, Bing, merkst du so, ach guck mal, also dieses nah am Kunden dran sein und schnell iterieren, das sind ja eigentlich so die Klassiker sonst des digitalen Arbeitens, sage ich mal. Das habe ich, also ich stelle es bei mir fest zumindest.

Julia Derndinger: Und manchmal ist aber auch genug iteriert. Jetzt musst du dein Popo da raus bewegen und verkaufen. Und wenn du eine Idee hast, ach, weißt du, Gründer träumen dann vom Logo und vom Ladenlokal und Geschäftsausstattung und Hochglanz-Tüten. Wenn du irgendwas verkaufen willst, mach es, stell es her, stell dich sechs Wochen auf den Marktplatz am Hackischen Markt und guckst, ob einer kauft. Wenn es dort keiner kauft, kaufen die das auch nicht in einer Fancy-Location. Und wenn du ein, lass uns das versuchen zu übertragen, wenn du einen Business-Club machen willst, dann wäre meine Verprobung gewesen, mach ein Event für 10, 20, 30 Leute, sag, das kostet 100 Euro, weil umsonst kommt jeder. Ganz wichtig in der Session bei Akadi, frag nicht Leute, ob sie es hypothetisch kaufen würden. Frag Leute, Julia, würdest du für eine Session mit ABC 100 Euro zahlen, Freitag 9 bis 11? Kannst du hier buchen. Du hast die Reichweite und wenn das dann nicht 10, 20 Leute buchen, dann war es das nicht wert, dann sind sie gewohnt, Content umsonst zu kriegen. Wie in deinem Podcast, du gibst mir schon so viel umsonst, warum soll ich etwas, wo ich auch noch hinfahren soll, auch noch 100 Euro zahlen? Wann würde Julia denn 100 Euro zahlen? Das ist die Frage.

Joel Kaczmarek: Kommen wir zum nächsten spannenden Thema, woran ja auch irgendwie viele Gründungen scheitern, das Thema Team. Was ist so dein Take da drauf?

Julia Derndinger: Also ich glaube, die meisten Gründer wollen gar kein Team haben. Niemand gründet ein Unternehmen, weil er gerne ein Team führen möchte. Und das ist so das Dilemma, wo er dann die nächsten fünf bis zehn Jahre drinsteckt. Vielleicht als erstes mal, warum braucht er ein Team? Wenn du dich selbstständig machst und eins und eins Beratung anbietest oder du zeichnest nur deinen Podcast auf, dann brauchst du kein Team. Dann bist du selbstständig. Totally fine. Ich glaube, wir haben ganz viele tolle Selbstständige und das ist super und das ist auch okay so und das ist sehr stressfrei. Du kannst auch Freelancer werden oder so. Wenn du aber eine Idee umsetzen willst, die größer ist als du, brauchst du komplementäre Fähigkeiten. Die wenigsten Gründer können alles und besser und gut genug und auch in dem Volumen, um ein Unternehmen zu bauen. Also ich glaube, was du alleine machen kannst, ist vielleicht begrenzt bei einer halben Million oder auch einer Million Umsatz, wenn du ganz clever und ein ganz toller Experte bist. Wenn du aber aus Julia Beratung ein Produkt machen willst, wie mein Accelerator-Programm oder bei dir der Business Club, dann brauchst du in Anführungsstrichen Erfüllungsgehilfen. Und im Idealfall sind diese Erfüllungsgehilfen in etwas besser als du. Sonst hast du nämlich Leute, denen du ständig erklären musst, wie du es haben willst etc., Es wäre also cool, wenn wir dann irgendwann jemanden haben, der besser Online-Marketing kann, besser Vertrieb kann, jemand, der besser Community-Service kann, der besser die Technik kann etc. Und dann kommen nämlich von diesen Menschen auch Ideen und sagen, Mensch Julia, jeden Monat sitzt du da und machst Gründer-Coaching. Ich habe jetzt gemerkt, wir machen immer diese drei Dinge gleich. Was wäre denn, wenn wir da ein Template so machen und wir lassen die das vorher ausfüllen? hätte Julia auch drauf kommen können, Julia kann aber nicht alles. Also ist es gut, jemanden im Team zu haben, der anders denkt und anders strukturiert ist und wenn der auch noch Folien besser machen kann als ich, dann sieht das sogar gut aus. Und so wachsen Ideen. und ich glaube, Aber die schlimmste Gefahr eines Unternehmers ist zu glauben, dass er das Smarteste im Raum ist oder sich ein Team aufgebaut zu haben, wo er das Smarteste ist. Natürlich sollte er den Gesamtüberblick haben, ist er so wie der Clubmanager vom Fußballverein. Er rekrutiert elf Spieler und einen Trainer und einen Masseur und irgendwas. Der sollte nicht auf den elf Positionen spielen. Aber wenn er der beste Torkeeper ist, dann gut nach Deutschland, dann wird diese Mannschaft nicht zum Erfolg kommen. Und es gibt leider noch zu viele Gründer, die sich dann so ein Ökosystem aufbauen um sich rum, was nicht gut genug ist. Und da fängt man ja vielleicht auch an, die ersten Leute, die man rekrutiert, sind halt die Freunde von Geschwistern und irgendwas und die Leute, die wir für wenig Geld kriegen. Und in dem Moment, wo wir anfangen, Leute, Profis zu heiern, kommen wir halt aufs nächste Level.

Joel Kaczmarek: Es gibt auch diesen schönen Satz, A-People hire A-People and B-Player hire C-People. Kennst du bestimmt.

Julia Derndinger: Absolut, ist auch ein Modell, was wir besprochen haben. Ich glaube, da gibt es so einen falschen Glaubenssatz, A-Player heißt immer McKinsey-Berater. Also wer an der WHU war und bei McKinsey war, ist ein A-Player. Die richtige Definition von A-Player heißt, auf der Rolle und der Position, die ich zu besetzen habe, wenn ich mir den ganzen Markt angucke, die Top 10 Prozent für das Budget, was ich mir leisten kann. Also dein A-Player für Customer Success ist kein McKinsey-Berater. sondern ist von allen Customer-Success-Rollen für das Budget 40.000 Euro Jahresgehalt, davon die besten 10%. Und da haben wir noch einen Bias, den Gründer haben. Gründer heiern gerne Leute, die wie sie sind oder sie suchen immer Leute, die wie sie sind und die bringen sie nicht dahin, wo sie hinwollen. Und ich habe eine Sache, die ich immer wieder in der Zusammenarbeit mit Gründern feststelle oder wo sie schockiert sind, wenn ich sage, Ich gehe davon aus, dass alle in meinem Team so denken und so motiviert sind wie ich und wahrscheinlich auch noch so ausgebildet sind. Wenn sie aber genauso wären, würden sie nicht für das Geld in der Rolle für dich arbeiten. Also kein kleiner Joel würde für dich arbeiten, weil der würde da draußen sein mit seinem Mikro und sich seine ersten Sporen verdienen. Und das ist okay so. Also vielleicht, wenn er ganz klein ist, sagt er, ich mache da mal ein Schnupperpraktikum beim Joel, damit ich lernen kann. Aber in dem Moment, wo er eine eigene Marke sein, sich positionieren will etc., wird er sagen, verdiene ich lieber gar kein Geld, aber ich gehe da raus. Und das ist gut so. Du brauchst nicht noch drei Joels im Team. Du brauchst ganz andere Typen.

Joel Kaczmarek: Aber hast du eine Empfehlung, wie man mit der Reibung umgeht, die sich ja automatisch einstellt, wenn man halt von Menschen umgeben ist, die anders ticken als man selbst? Also Diversität kann sich ja in ganz vielem bemerkbar machen. Alter, Branche, Background, Arbeitsweise.

Julia Derndinger: Also sind wir auch erstmal beim Erkennen. Also ich glaube, man muss immer als erstes sich verstehen. Wie bin ich? Was für ein Persönlichkeitstyp bin ich? Und wen brauche ich? Ich habe vor 15 Jahren erstmalig dieses DISC-Modell kennengelernt. Die meisten kennen das so unter Farben. Und in der Version, wie ich es kennengelernt habe, gab es vier Typen. Es gab den Visionär, den Macher, den Analytiker und den Teamplayer. Und dann habe ich so das Durchlaufen diesen Tests und ich habe das auch mit meinem Team gemacht. Wir waren da zusammen in einem Training und da kam raus, ich bin ganz krasser Macher. Und viele in meinem Team waren eher analytisch. Der Visionär, mein Co-Founder, war nicht dabei. Und ich habe erst mal verstanden, wie bin ich. Und die Trainerin, also ich bin ganz stark Macher, ich hatte 23 von 40 Punkten bei Macher. Ich bin schnell und ich bin umsetzungsstark, aber ich arbeite nicht besonders sauber. Und dann hat diese Trainerin mich auf den Platz von dem Teamplayer gestellt und hat gesagt, organisier mal eine Weihnachtsfeier wie ein Teamplayer. Klein Julia stand da nach fünf Minuten noch und wusste nicht, wie ein Teamplayer eine Weihnachtsfeier organisiert. Julia hätte den Termin festgelegt, die Einladung rausgeschickt, die Location gebucht und dann festgestellt, dass sie keine Bedürfnisse vom Team getroffen hat und die Weihnachtsfeier auf den 27. Dezember gelegt hat. Aber schnell und erledigt. Ein Teamplayer hätte gesagt, ist es Freitagnachmittag, wir haben unser Teammeeting, ich würde gerne mal über die Weihnachtsfeier reden, wie könnten wir das denn machen, sollen wir mit Partnern, ohne Partner, sollen wir das noch dieses Jahr machen? oder nächstes, was für Essen etc. Es killt mich, ich denke nicht wie ein Teamplayer. Ich glaube, ich bin ein netter Mensch, aber kollektive Abstimmungsprozesse machen mich wahnsinnig. Ich habe aber an diesem Beispiel erkannt, dass meine Art und Weise zu arbeiten für manche nicht die richtige ist und ich das Team damit vielleicht auch nicht abhole. Ich habe also für mich erkannt, ich bin so und das ist eine Stärke, ich brauche aber auch das andere. Analytiker hatte ich schon viele geheiert und Gott sei Dank, wenn meine Analytiker mit mir was besprechen wollten, haben sie geschrieben, Julia war ein Problem mit dem Kunden, das ist die Vorgeschichte, es gibt drei Optionen, ich würde so entscheiden, Julia konnte schnell und wie immer zack zack mit ja finde ich okay antworten. So, also Analytiker war abgedeckt, Teamplayer war abgedeckt, Visionär war mein Co-Founder, das war auch gut, dass der nicht mit in dem Training war, das ist immer vor allem ein bisschen anstrengend, also jeden Montag neue Idee, overpromising, tschakka, tschakka, tschakka. Das ist auch wichtig, wenn man gründet, das ist aber im ongoing Business-Aufbau nicht ganz so wichtig und das ist dann auch manchmal gut, wenn die Außenminister sind und auf den Konferenzen reden oder mit Kunden reden und uns in Ruhe arbeiten lassen. Das Teamplayer-Ding hatte ich nicht so abgedeckt und Gott sei Dank habe ich dann festgestellt, dass sowohl meine Assistentin als auch mein HRler da viel Potenzial hatten. Aber das Wichtigste war eigentlich die Selbsterkenntnis, wie bin ich? und es gibt Menschen, die anders sind und das ist gut so, weil es braucht alle vier Typen für ein erfolgreiches Unternehmen. Also wichtigster Schritt erstmal anerkennen, wie bin ich. Es verstehen, anerkennen, wir sind andere. Verstehen und respektieren, die anderen sind auch wichtig und die machen uns besser. Und dann auch überlegen, wie kann denn eine Zusammenarbeit funktionieren. Zum Beispiel funktioniert es nicht, wenn ich als Macher für einen Analytiker arbeite. Stell dir vor, ein Geschäftsführer, forschendes Pharmaunternehmen, sauberes Arbeiten ist wichtig und Julia rotzt da so ein Newsletter raus, wo die Kernaussagen falsch sind. Würde nicht klappen. Und andersrum, Julia Schäff, nicht forschendes Pharmaunternehmen, jemand macht einen ganz tollen Newsletter, wo alles, was Julia toll macht, runterdekliniert dargestellt ist, kann super klappen. Und das einfach zu sehen. und es gibt auch verschiedene Positionen. Also ich nutze diesen Test auch bei Einstellung. Ich sage immer so schön, keine Visionäre in der Buchhaltung. Visionäre sind gut und wichtig, die funktionieren in der Geschäftsführung, die funktionieren gut im Vertrieb, in Dingen wie Buchhaltung oder Finanzen oder sowas hätte ich die nicht so gerne. So und natürlich entsteht Reibung, aber wenn ich verstehe, wie ich bin und dass ich die anderen auch brauche, begegne ich dem Anderssein ja auch mit Respekt.

Joel Kaczmarek: Also ich habe gerade von dir gelernt, du bist wahrscheinlich wie ich Präkrastiniererin. Es gibt Prokrastinieren, wenn die Leute nicht ins Machen kommen, es gibt Präkrastinieren, wenn man alles schon abhaken will und dann vielleicht nicht immer die beste Lösung, aber die schnellste hat. So geht es mir zumindest auch manchmal.

Julia Derndinger: Ja, ich hatte mal einen Kunden, der war auch Macher und ich habe ihm von diesem Test erzählt. in einer Session und während wir sprachen, hat er das schon an seine Direct Reports geschickt, bitte mal machen. von mir sein können. und heute weiß ich, ich muss Leuten Kontext geben, sonst sage ich, hier ist mal ein Test, ich will dich testen. Die kannten ihn natürlich auch schon und konnten mit der Art und Weise umgehen, aber insofern macht das Sinn, da auch den Wert des Anderssein anzuerkennen. und ich glaube, bei allen Dingen, wo Menschen zusammenarbeiten, Nummer eins ist Klarheit und über Erwartung sprechen. Hey Joel, ich arbeite mit dir zusammen, ich weiß, dass du anders bist als ich, aber diese drei Dinge sind mir wichtig. Dann kannst du dir überlegen, ob das Sinn macht, dass wir zusammenarbeiten. Aber ich habe dir zumindest gesagt, was für mich wichtig ist. Dann kannst du noch sagen, was dir wichtig ist. Und das machen die meisten Menschen nicht explizit.

Joel Kaczmarek: Und ich meine, sind wir ehrlich, die Tests sind ja auch so, man hat ja mal Anteile. Das finde ich dann auch manchmal ganz wertvoll zu denken. Da kann man ja dann auch ankoppeln. Also man ist ja eigentlich nicht 100% Analytiker oder 100% Visionär, sondern in der Regel so ein bisschen Anteil hat man ja. Das stimmt.

Julia Derndinger: Wir haben eine Mischung, aber ich habe einen extremen Macher. Ich habe ein bisschen Visionär und ein bisschen Analytisch. Also ich bin analytisch genug, um gut genug denken zu können. Aber ich habe sehr wenig Teamplayer und das ist nicht verhandelbar, weil Es gibt noch eine Bezahlversion von diesem Text und da gibt es halt einmal deine Ursprungsform und deine gelernte Rolle. Das ist bei mir komplett deckungsgleich. Du machst mich nicht zu jemand der Teammeetings. wo alle gleichberechtigt reden, als besonders wertvoll empfindet.

Joel Kaczmarek: Ich fühle mich ein bisschen da auch wieder erkannt. Aber ist ja auch egal, darum geht es ja gerade gar nicht, sondern eher so um die, wie ich das inkorporieren kann. Und hast du denn auch, sage ich mal, Tipps, Wege, wie du Konflikte und Disharmonien ausgebügelt bekommst? Weil die meisten Gründungen, auf jeden Fall sehr, sehr viele scheitern ja an Teamkonflikten.

Julia Derndinger: Also, ich habe tatsächlich in den letzten zehn Jahren 25 Co-Founder-Konflikte begleitet. Ich habe ein, zwei, dreimal auch schon die Creation of Teams begleitet, wo es dann dank meiner Beratung nicht zu einer Gründung kam. Und nicht, weil ich das empfohlen hatte, sondern weil sie ihre Hausaufgaben vorher gemacht haben. Ich habe so eine Checkliste, die findet man auch, wenn man meinen Namen googelt und Co-Founder. Das sind so elf Punkte, die man mal durcharbeiten kann, bevor man zusammenarbeitet. Und neben diesem, was ist unsere gemeinsame Vision und was bin ich für ein Persönlichkeitstyp oder wie will ich arbeiten, macht es einfach Sinn zu besprechen, wie werden denn die Entscheidungen getroffen, wie werden Anteile verteilt, werden die gewestet etc. Und das schon zu besprechen, bevor man zum Notar geht. Also Wie entsteht denn eine Gründung? Meistens haben zwei, drei Leute zusammen eine Idee, man begeistert sich, das ist wie verliebt sein und wir wollen das zusammen machen. und man macht eigentlich nicht die Grundlagen, die man bei einer anderen Beziehung macht, wo man sich erstmal kennenlernt, wo man datet, wo man guckt, was sind denn die gemeinsamen Interessen, was ist mit Kindern, was ist mit Geld und all sowas oder Sex, wie wollen wir damit umgehen, sind wir monogam oder nicht, das vergessen wir beim Gründen alles, sondern wir sind begeistert zusammen, was zu machen, komm, wir machen jetzt einen Business Club zusammen und dann legen wir mal los und vielleicht reden wir noch darüber, wie das Geld verteilt wird. Und dann passiert das Leben und es dauert alles länger. und dann macht Julia noch drei Side-Projekte und dann denkst du, wieso macht die nicht alles in dem Business-Club? und du machst noch deinen Podcast und irgendwie sowas und man verpasst das, darüber zu reden. Und das ist, glaube ich, so das Wichtigste, über die Erwartung zu reden, über die Zusammenarbeit und das auch immer wieder zu tun. also mindestens einmal im Quartal über die Zusammenarbeit zu reden, aber vielleicht auch einmal jährlich so ein Co-Founder-Check-in zu machen, am besten auch moderiert, wo stehen wir in der Zusammenarbeit. Weil meiner Erfahrung nach, du startest mit drei gleichberechtigten Gründern und nach ein, zwei, drei Jahren ist irgendeiner mehr committed, einer hat ein Kind gekriegt, einer ist nicht so gut, wie man dachte und wir sind gleich verteilt, 50-50 oder ein Drittel, ein Drittel, ein Drittel. Und wir können noch nicht mal einseitig eine Entscheidung treffen, das zu ändern. Und dieses Fifty-Fifty ist tot auf Raten. Du kommst da nicht raus. Und ich habe vor zwei Wochen mit einer Gründerin gesprochen, die ich vor zehn Jahren in so einem Prozess begleitet habe. Sie wollte damals zwei Partner reinnehmen in einem Unternehmen. was schon ein paar Jahre existent war. Und ihr war das ganz wichtig, dass alle auf Augenhöhe sind und gleichgestellt sind. Und ich habe damals wohl gesagt, du kannst ja gerne das Geld, was ihr erwirtschaftet, gleich verteilen. Aber du hast dieses Unternehmen schon fünf, sechs, sieben Jahre lang aufgebaut. Das passt nicht. Ihr seid nicht auf Augenhöhe. Ihr könnt eine Augenhöhe darstellen. Ihr könnt sagen, welche Entscheidung trefft ihr gemeinsam und wie verteilt ihr das Geld? Sie hat sich nachher nur für einen Partner entschieden und sie sind dann nachher bei 30, 70 geblieben, haben alles gemeinsam entschieden und auch das Geld gleich verteilt. Und jetzt nach zehn Jahren ruft sie mich an und sagt, wir müssen dann nochmal drüber reden. Ich habe zehn Jahre lang, war ich dankbar, dass ich hier eine Mehrheit habe und dass ich auch im Zweifel mich von einem Partner wieder trennen kann. Das ist gar nicht das, was ich will. Aber ich hätte die Möglichkeit und das war gut. Und das hat wieder gespiegelt die Historie des Unternehmens. Und ich bin dir heute noch dankbar, dass du nicht mir geholfen hast oder dem geholfen hast, sondern dass du die Interessen des Unternehmens vertreten hast und eine Handlungsfähigkeit erhalten hast. Da kommt man aber frisch verliebt nicht drauf.

Joel Kaczmarek: Und ich erinnere mich auch, als ich mal zu dir gesagt habe, ich hätte gerne so einen Late Co-Founder, weil Verantwortung auf mehrere Schultern und Leute, die ein bisschen unternehmerisch denken und so weiter und da warst du sehr ablehnend. Also ist das so ein Pattern, den du vielleicht gesehen hast sogar?

Julia Derndinger: Ich glaube, das ist ein Pattern von Julia, dass sie immer erstmal ablehnend ist. Das braucht man nicht zu erzählen. Nein, ich glaube schon, es ist super schwierig, überhaupt einen tollen Co-Founder zu finden, der deine Vision teilt und dich richtig gut ergänzt und den du aber dann auf Augenhöhe auch noch wertschätzen kannst und das zu einem späteren Zeitpunkt, den zu finden und dass das perfekt passt, kommt selten vor. Kann aber super sein. Also schönes Beispiel, die Miriam Jax, die hat ja so Kosmetikpinsel, die hatte als Influencerin angefangen, hat eine wahnsinnige Reichweite aufgebaut und war schon sehr erfolgreich. Und hat dann aber eine junge Frau, ich weiß gar nicht ihren Namen, dazugenommen als Partnerin und hat ja auch, glaube ich, und das sind alles öffentliche Informationen, ein Viertel der Firma geschenkt oder verkauft oder was auch immer und diese Frau hat halt jetzt den ganzen B2B-Arm aufgebaut und wahrscheinlich die zweiten 5 Millionen reingebracht. Ich weiß nicht, wie die Entscheidung treffen, ich weiß nicht, wie die zusammenarbeiten, ich habe da keine Insights, aber für sie war das ein Game Changer, dass sie diese Frau nicht nur bezahlt hat als Angestellte, sondern sie zu ihrer Co-Founderin gemacht hat. Wenn das passt, großartig. Wir müssen nur die Option mit im Raum lassen, dass es nicht passt. Ich habe auch einen anderen Fall gesehen, da hat jemand auch so eine Agentur über zehn Jahre aufgebaut, wollte immer einen Co-Founder, hat jemand mit reingenommen. Ich glaube, gemeinsam dann eine neue Firma gegründet. Er hat natürlich all seine Kunden und alles mit reingebracht und die haben das zwei, drei Jahre zusammen gemacht und es hat nicht so richtig geklappt. Und der andere war dann auch viel krank oder Burnout oder irgendwas. Und schlussendlich sind sie wieder getrennte Wege gegangen und dann wollte der halt auch die Hälfte der Firma ausbezahlt haben, weil es gehörte ihm ja die Hälfte. Hat sich nicht so gut angefühlt. Und es gibt nicht den richtigen Weg und es sagt auch, Julia weiß nicht besser. Ich glaube, was wichtig ist, dass man einen guten Prozess hat und dass der von einer neutralen Person begleitet wird. Und manchmal ist ein Anwalt nicht der richtige Ratgeber, weil der nur sagt, was rechtlich möglich ist. Und eigentlich braucht es noch einen Advokaten für den Unternehmer am Tisch. der dafür sorgt, dass auch ein Joel in seiner Begeisterungsfähigkeit nicht irgendjemand an Bord schnackt, sondern in diesem Prozess muss der Schwächere gestärkt werden, weil das in deinem Interesse ist. Dein Interesse ist nicht jemand für minimale Anteile, möglichst gut zu verhaften, sondern jemanden zu kriegen, der gestärkt ist, der nicht nach sechs Monaten sagt, ich habe mich da reinquatschen lassen, sondern der sagt, ich habe mich bewusst hierfür entschieden, das ist genauso mein Ding und ich stehe gegen Joel auf und ich kämpfe für das beste Ergebnis. Das ist in deinem Interesse, auch wenn es anstrengend ist.

Joel Kaczmarek: Was ist deine Haltung zu Gründen mit Familie oder mit Freunden?

Julia Derndinger: Who am I to judge? Also die Chance, dass du irgendwann nicht mehr mit denen befreundet bist, ist groß, weil es halt viel Reibung gibt und eine andere Ebene. Andererseits komme ich aus einem Familienunternehmen, ich kenne das nur so und ich bin auch, ich meine, ich bin nicht besonders streitsüchtig und eher konsensfähig und ich habe das täglich gesehen, wie meine Eltern und meine Familie sehr konstruktiv zusammenarbeiten. Ich kann mir das vorstellen, aber wenn du schon vor der Gründung zu Beziehungskrisen neigst, würde ich es dir nicht empfehlen.

Joel Kaczmarek: Na gut, cool. Du, dann haben wir doch heute einen guten Ritt mit dem kleinen Einmaleins hinter uns. Also Idee, Geschäftsmodell, Team waren so unsere drei Achsen und ich glaube, das wird nicht das letzte Mal sein, dass du und ich hier reden. Von daher für heute schon mal vielen, vielen Dank und natürlich viel Erfolg bei all deinen Unterfangen.

Julia Derndinger: Vielen Dank für deine Fragen.

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Selbstoptimierung

Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um Selbstoptimierung: Als Macher von digital kompakt hat Joel Kaczmarek das Privileg, regelmäßig interessante, kompetente und innovative Menschen zu treffen. Was er von diesen über die (Digital-)Wirtschaft, Unternehmensführung und Persönlichkeitsoptimierung lernt, teilt er in Folgen wie dieser.