Wie bewältigst du Überforderung im Business?

19. September 2024, mit Joel Kaczmarek

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Joel Kaczmarek: Hallo Leute, mein Name ist Joel Kaczmarek. Ich bin der Geschäftsführer von digital kompakt und vielleicht habt ihr in letzter Zeit, ihr erinnert euch vielleicht, gut aufgepasst und da eine spannende Folge bei uns im Podcast gehört, da habe ich nämlich mit einer Dame über hochsensible Scanner-Persönlichkeiten geredet. Und ich dachte erst so, ach Mai, vielleicht ist es ja auch so ein Thema, was nur dich interessiert, weil du da irgendwie betroffener bist. Bei mir war es nämlich so, als ich von Bettina Reuss, die ist nämlich Business Coach für hochsensibles Innerpersönlichkeit, eine Mail bekommen habe, wo sie beschrieben hat, was das so ist und ob wir da nicht mal drüber reden wollen, habe ich mich total ertappt gefühlt und dachte, wow, das trifft ja genau auf dich zu. Und die Folge kam aber so gut an bei so vielen Menschen, die sich darauf angesprochen haben. Also da merkt man dann erstmal, wie viele Menschen man im Umfeld hat, die genauso sind wie man selbst. Das heißt, wir können ja gleich nochmal eine Sekunde eintauchen, was eine hochsensible Scanner-Persönlichkeit ist. Das wird Bettina uns nochmal auseinandernehmen. Aber nachdem das so gut ankam, habe ich gedacht, Bettina, dann musst du nochmal wiederkommen. Und heute reden wir mal darüber, wie schafft man es eigentlich, die Überforderung, die im Business derzeit so um sich greift, eigentlich in den Griff zu kriegen. Natürlich mit Fokus auf so hochsensible Scanner-Persönlichkeiten, was das gesagt ist, hören wir gleich. Aber das ist natürlich auch anwendbar für alle anderen da draußen. Das heißt, wir werden heute mal darüber reden, was machst du eigentlich, wenn du zu lange To-Do-Listen hast oder wenn du so gelernten Leistungsdruck eigentlich dauernd ausgesetzt bist oder auch mit dem neuzeitlichen Informations-Overload zu kämpfen hast. Von daher Heute, glaube ich, für jeden was dabei, egal ob Scanner, egal ob hochsensibel, so oder so ein wichtiges Thema. Und das freut mich, dass du dafür gekommen bist, liebe Bettina, nochmal herzlich willkommen. Schön, dass du da bist.

Bettina Reuss: Ja, vielen Dank für die erneute Einladung, lieber Joel. Freut mich sehr, dass wir heute wieder miteinander talken und auch über die Themen im Schwerpunkt für die Menschen, die etwas anders sind, die sich anders fühlen oder auch als schwarze Schaf fühlen und nicht so richtig ins Ja, System zu passen.

Joel Kaczmarek: Ja, ich habe nämlich ganz oft, seitdem du und ich das gemacht haben, dass ich Menschen habe, denen ich das dann so erkläre. Also ich hatte zum Beispiel Andrea Balschuh vom ZDF, die hat gesagt, ja, ich bin immer so begeisterungsfähig, ich mag so viele. Dann sage ich, hey, vielleicht bist du ein Scanner. Oder ich hatte jetzt Celine Flores-Villa, das ist ja auch so eine große Business-Influencerin, die hat mir Ähnliches erzählt, dass sie meinte, ey, alle sind zu mir mal gekommen und haben gesagt, du musst dich fokussieren, um erfolgreich zu sein. Das stimmt nicht, ich brauche Stimuli. Und dann habe ich ihr erklärt, naja, da könnte es was geben. Von daher ist es mir jetzt mal ein Denken und lass uns doch einsteigen, indem wir vielleicht mal einen Satz zu dir sagen und dann mal erklären, was das eigentlich ist und dann tauchen wir mal in unser eigentliches Thema ein, nämlich die Überforderung im Business. Aber wir fangen mit dir mal an. Also du bist Business-Coach für hochsensible Scanner-Persönlichkeiten und ich glaube, du machst ja demnächst sogar auch was, was auf meine Zielgruppe ganz gut abzieht, nämlich so speziell Gründerinnen und Gründer orientiert, oder?

Bettina Reuss: Also ich bin die Bettina aus München, bin jetzt seit viereinhalb Jahren selbstständig als Karriere- und Business-Coach und habe mich auf hochsensible Scanner-Persönlichkeiten spezialisiert, weil ich einfach vor gut fünf Jahren selbst draufkam. Das war so im ersten Jahr meiner Selbstständigkeit als Coach. 2019 habe ich gegründet, bin sofort in die Vollselbstständigkeit nach 17 Jahren in einer Vertriebsmanagement-Karriere, in der ich mich richtig schön selbst verheizt habe, passt auch zu unserem heutigen Thema. Und dann lag es für mich eben nahe, mich auf die Zielgruppe zu spezialisieren. Und wie es ja bei vielen Scannern auch so ist, dieses Spezialisieren, auf etwas zu fokussieren, das kann ja gar nicht sein. Und bei mir war es die Konzentration auf diese Nische, das war innerhalb von acht Wochen der Durchbruch damals, als ich das 2020 dann als Thema gelauncht habe. Und bislang war der Schwerpunkt eben auf Karrierecoaching, also berufliche Neuorientierung. Die meisten kommen da klar, weil ich bin bislang im klassischen B2C-Bereich unterwegs, dass eben Menschen, die im Angestelltenverhältnis sind, Ja, eigentlich eine berufliche Neuorientierung wollen, aber bei vielen merke ich, okay, so richtig wollen die dann doch aus dieser Safe-Base, Komfortzone, Angestelltenverhältnis dann doch nicht raus. Für die meisten aus meiner Zielgruppe hochsensibles Kennerpersönlichkeiten, die ein extremes Bestreben nach Selbstbestimmung, Unabhängigkeit, Freiheit, Gestaltungsfreiheit haben, dass das Angestelltenverhältnis auf Dauer zumindest in Vollzeit einfach nicht passt. und Ja, der Weg in die eigene Business-Idee ist natürlich schwierig. Bei mir war es ja auch ein Prozess von anderthalb Jahren, mich von diesem Angestellten-Dasein, auch von diesem Angestellten-Mindset, zu verabschieden, hin zur Selbstständigkeit. Auch dieses Mindset der selbstständigen Person dann zu gehen und dann auch noch im nächsten Schritt eben ein Unternehmer-Mindset aufzubauen. Also das war auch bei mir ein Prozess von anderthalb Jahren. Und ja, so ist bei mir jetzt auch gerade. Ich bin jetzt wieder in einem Change, der eigentlich im April durch einen privaten Change so passiert ist. Ich habe das anfangs gar nicht so gemerkt, weil ich einfach irgendwie so in meinem Business-Wahnsinn drin war. Bis ich dann selbst auch wieder so richtig schön an den Overload rankam, wo mir alles über den Kopf gewachsen ist, wo ich mir dachte, ich schmeiß hin, ich habe keinen Bock mehr. Das nervt mich alles nur. Ich arbeite jetzt momentan auch wieder mit zwei Mentoren. Das macht auch absolut Sinn, sich begleiten zu lassen. weil wir einfach unsere Blindspots haben und uns ganz oft auch im Unternehmeralltag mit uns selbst im Kreis drehen zwischen Überforderungen, viel zu langen To-Do-Listen. Wenn ich meine angucke, schlage ich manchmal selbst die Hände über den Kopf zusammen und denke mir, das passt in keinen Tag und in keine Woche rein, was du da alles irgendwie so machen willst und am besten sofort gestern. Damit machst du dir natürlich selbst einen Leistungsdruck. und dieser ganze Informations-Overload, über das wir ja heute sprechen wollen, das ist Mach nur mal Social Media auf, was du alles machen musst, woran du alles denken musst. Und ja, so ist jetzt ein neues Programm entstanden, was ich im, ja, mein Scanner wird es ja gerne gestern launchen, wo ich mir noch die Hoffnung mache, okay, vielleicht kriege ich das noch im Oktober gelauncht. Realistischer wird wahrscheinlich eher November, eben Gründer und bereits Selbstständige, die einen Business-Relaunch brauchen. Also wenn du einfach im Laufe der bestehenden Selbstständigkeit, das ist auch meist im ersten Jahr und ich weiß auch, wie es sich anfühlt, wenn du Fehlpositionierungen hinlegst, weil ich zwei hingelegt habe in meinem Coaching-Business, wo ich einfach relativ schnell nach einem Launch komme. von einem Konzept gemerkt habe, ich habe da schlicht und ergreifend keinen Bock drauf. Die Zielgruppe passt nicht, das Angebot passt nicht. Dann bist du einfach auch nicht gut, wenn du in die Akquise gehst und sollst closen und sollst Sales machen und Kunden begeistern, wenn du selbst von deinem Business, von deiner Idee, von der Zielgruppe, vom Angebot, wenn du selbst nicht begeistert bist, dann kannst du es lassen. Das wird nichts.

Joel Kaczmarek: Jetzt haben wir ja schon einigen Spannungsaufbau gemacht. Für Menschen, die die ursprüngliche Folge nicht gehört haben oder zum ersten Mal von dem Begriff hören, lass uns mal noch so eine kurze Erklärung geben, was eine hochsensible Scanner-Persönlichkeit genau ist.

Bettina Reuss: Also rund 20 Prozent der Menschen geschätzt sind hochsensibel. Das heißt, es sind Menschen, die über Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Tasten und auch über die gefühlte Wahrnehmung einfach sehr viel mehr intensiver, differenzierter wahrnehmen können. Es fehlen Filter im Gehirn, das klingt erstmal negativ, aber dafür kommt halt auch sehr viel mehr Positives an. Es fehlen Filter im Gehirn und dadurch kommen sehr viel mehr Informationen im Bewusstsein an und das überfordert natürlich. Also vor allen Dingen, wenn du nicht weißt, okay, es könnte daran liegen, dass ich hochsensibel bin, dass einfach diese Filter fehlen. Du bist sehr viel empathischer, du spürst teilweise Emotionen von anderen. Du gehst in einen Meetingraum beispielsweise und merkst, okay, hier ist dicke Luft und dann machst du nur einen kurzen Scan über die Person und weißt, wer kann mit wem und wer kann nicht und wer hat mit wem ein Thema und du weißt es. und die Leute, die es betrifft, weil du sie gerade siehst, die wissen das selbst gar nicht oder können es auch nicht zuordnen. Und was man zur hochsensiblen Persönlichkeit und Scanner sind, einfach vielbegabte, vielinteressierte Menschen mit zigtausend Ideen. Die Regeln, Vorgaben mal individuell deuten. Ich hatte immer auch so meine Probleme mit Chefs, weil ich mir immer dachte, warum soll ich machen, was du mir gerade sagst, dass ich es machen soll. Es ergibt für mich überhaupt keinen Sinn. Das heißt, Scanner suchen im Pickpicture den Sinn und wenn sie den da nicht verstanden haben, dann verstehen die den auch nicht in ihrem kleinen Mikrokosmos, den sie an Aufgabenbereich haben. Und Das sind Menschen, die schnell sind und 30 Prozent der Hochsensiblen sind geschätzt gleichzeitig vielbegabt, eben da ich beides selbst bin. Für mich war das 2019, als ich da draufkam, dachte ich mir, okay, du hast doch keinen an der Waffel. Du bist doch kein schwarzer Schaf. Du bist doch nicht so durchgeknallt, wie dich die Umwelt immer hinstellt. Ja, weil es hieß halt immer, jetzt sei halt nicht so sensibel. Und ach Gott, du nimmst ja alles so zu Herzen. Das ist hochsensibel. Und als Scanner hörst du immer, jetzt bleib doch endlich mal bei einer Sache. Jetzt hast du schon wieder so verrückte Ideen und so völlig verrückte Ideen, die keiner macht, weil Scanner einfach extrem visionär und strategisch unterwegs sind. Aber es sind keine Umsetzer. Da klagen viele, mit denen ich arbeite. Sie sagen, die sind in administrativen Jobs, wo ich sage, da bist du völlig fehlplatziert. Weil du bist Ideengeber oder Ideengeberin, aber du bist kein Umsetzer. Das sind mal so die Highlights. Das geht natürlich noch sehr viel tiefgreifender. Ich habe nächsten Donnerstag wieder einen Workshop, wo ich diese Themen vorstelle und darauf eingehe. Was macht hochsensibles Kenner aus? Welche Probleme haben sie gerade im beruflichen Umfeld? Egal, ob du jetzt angestellt oder selbstständig bist oder Hybridmodell fährst, die Problematiken sind gleich. Du kommst einfach mit deinen vielen Antennen, die du hast, wo du die Welt viel intensiver wahrnimmst, in diesen systemgeprägten Formen, egal in welchem Lebensbereich, kommst du einfach weniger gut klar, weil du die Welt mit sehr viel mehr Antennen erfasst. und auch Von den Talenten her, von den angeborenen Talenten, die hochsensible Scanner haben, wo ich sage, das sind so krass geniale Future Skills, die der Arbeitsmarkt von heute und vor allen Dingen von morgen braucht, mit diesen rasanten Veränderungen, die ja heute da sind, durch KI, durch Robotik, durch Digitalisierung und Co. Da wird sich ja so viel verändern und die Menschen kommen ja in diesen Veränderungsprozessen gar nicht mehr mit. Hochsensibel ist keiner schon, wenn man sie denn lassen würde.

Joel Kaczmarek: Ich kann mir auch total vorstellen, warum das, was du gerade gesagt hast, so mit einer Selbstständigkeit, die man dann auf die Erfolgsspur führen möchte, so ein Thema ist. Weil ich höre ja deinen Podcast auch öfters mal und da sind ja ganz oft Menschen, die dann berichten, dass die so Lebensläufe haben. wo die halt jedes Jahr einen neuen Job haben. Also so 20 Stationen oder so was oder 30, was ja wirklich unvorstellbar für viele Menschen ist. Also man merkt so dieses Hopping. Und wenn man sich dann natürlich unternehmerisch mit irgendwas beschäftigt, läuft man natürlich auch immer Gefahr, dass man irgendwie links, rechts drei Abzweige noch mitnimmt und dann da noch was und sich alles viel zu voll lädt. So und viel zu voll laden ist ja eine gute Überführung zu unserem Thema. So der erste Aspekt, über den wir mal reden wollten, waren die To-Do-Listen, die ja gerne mal zu lang sind. Und ich finde so einen Faktor zur Eröffnung ganz interessant, wenn man hochsensitive Scanner-Persönlichkeit ist, sagst du ja auch immer, dann kriegt man eigentlich viel mehr unter in seinem Tag. Also ich wurde zum Beispiel gestern gefragt, wie viele Stunden arbeitest du so pro Woche? und ich sag so, naja 40, 45, aber bei mir ist eine Stunde nicht eine Stunde, sondern wenn ich eine Stunde mache, dann steckt da viel, viel mehr drin. Das mal so als ein Element, aber das kannst du glaube ich noch viel, viel besser beschreiben, was das eigentlich bedeutet, wenn da noch eine volle To-Do-Liste dazu kommt.

Bettina Reuss: Ja, insgesamt haben hochsensible Scanner Persönlichkeiten und das kommt auch mehr aus der Vielbegabung für mein Empfinden und aus meiner Erfahrung. Das ist keine wissenschaftliche Erklärung. Du bist als Scanner, kannst du in vier Stunden erledigen, wofür andere vielleicht sechs oder acht Stunden brauchen, weil du einfach sehr auf Effizienz aus bist, was durch diese Suche nach Sinn, macht es Sinn oder macht es keinen Sinn, es kommt daher und Ich hatte mal einen Kunden, den hatte ich vor drei Jahren bei mir im Coaching, der hat für Salesforce gearbeitet. Und der sagte, Bettina, das macht mich total fertig. Ich bin mittags mit meinem ganzen Business-Kram durch und dann langweile ich mich. Und dann fängt ein Scanner natürlich an, sich Aufgaben zu suchen. Und auch wenn du selbstständig bist, dir fallen ja ständig hunderttausend Ideen ein. Und dann schreibst du auf und dann schreibst du Listen und Listen und Listen. Und dann muss das alles irgendwo in einen Tag passen. Also als Kenner ist man schon schnell, den meisten fehlt aber dann auch die sinnvolle Struktur. Mich hat mal eine Kundin in einem Gruppencoaching gefragt, Bettina, wie kriege ich denn zu viele To-Dos in meinen Teilzeitjob? Ich sage, gar nicht. Also zu viel ist ja schon das Wort, wo du dir die Antwort selbst geben kannst. Und da ist es einfach ganz wichtig, dass wenn ich mir die ganzen Ideen aufschreibe, dass ich dann auch hergehe und fange an zu priorisieren und sage, okay, was ist denn jetzt sofort wichtig ist zu bearbeiten, was muss auch von mir selbst gemacht werden, was kann ich delegieren, was kann ich terminieren, das ist auch bei vielen Unternehmerinnen und Unternehmern. dass sie schlecht delegieren können. Gerade als hochsensibles Kennerpersönlichkeit. Na, ich mache es selbst. Dann weiß ich, es ist gescheit und es ist schnell gemacht. Aber so dieses schnell, schnell birgt auch oft ein ganz hohes Fehlerpotenzial. Und dann musst du es nochmal machen. Oder du hast einfach Böcke geschossen. Also das passiert mir teilweise auch. Dann mache ich schnell, schnell. Ach, dann mache ich hier noch schnell einen Vertrag. Und da mache ich auch noch schnell. Das ist alles Bullshit-Käsekuchen, weil dann haust du Fehler rein, wo du dir selbst mit der Pfanne auf den Kopf schlagen könntest. Was habe ich mir denn dabei gedacht? Und deshalb ist es ganz wichtig, und das ist Selbstführung, Selbstmanagement, was da ganz, ganz wichtig ist, weil die meisten sagen dann, ja, wie soll ich das denn machen? Ja, geh in die Selbstführung, führe dich selbst. Und gerade als Unternehmerin und Unternehmer muss ich das Vermögen haben, auch das Unternehmer-Mindset, mich selbst führen zu können. Und dazu gehört das richtige Priorisieren, das richtige Delegieren und auch das richtige Terminieren. Und die Tages- und die Wochenstruktur auch in Zeitblöcke einzuteilen. Bei hochsensiblen Scannern muss da auch ausreichend Pause und Me-Time dabei sein, weil wenn das Gehirn bis zu fünfmal mehr und schneller Informationen aufnimmt Das Gehirn ist ja wie ein Muskel, das braucht auch Zeit, um sich mal zu regenerieren. Da sage ich immer, wenn du ins Fitnessstudio gehst und machst Bizeps-Training, die Handel kriegst du irgendwann nicht mehr weiter hoch, weil der Muskel müde ist. Beim Gehirn ist es so, da kannst du es noch kompensieren. Das ist ja auch das Schlimme bei den meisten hochsensiblen Scannern, die versuchen dann zu kompensieren, die merken, sie werden müde. Und dann geben die richtig Gas. Dann glauben sie, sie müssen noch mehr machen. Und da sind wir schon bei diesem gelernten Leistungsdruck. Es darf nicht weniger sein. Und auch nur mit harter Arbeit kannst du zu was kommen. Dann kommen wir auf das Thema Glaubenssätze, was mit gelerntem Leistungsdruck zusammenhängt. Auch, darf Arbeiten Spaß machen? Scanner sind spaß- und interessensorientiert. Da sage ich immer, du brauchst nichts machen, was dir keinen Spaß macht, weil du hast einen viel zu hohen Energieverlust dabei. Und die Produktivität sinkt ohne Ende. Und mit mehr Pausen, regelmäßigen Pausen, das muss ich auch lernen. Letztes Jahr war ich zweimal an einem Punkt, mein Business hinzuschmeißen, weil ich habe halt pro Tag fünf Coachings gegeben. Und zwar fünfmal anderthalb Stunden. Muss ich ja jedes Mal in die Prozesse reindenken. Und muss da ganz tief mit drin sein. Und ich habe mir irgendwann gedacht, ich schmeiße hin. Das ist dann so der klassische Punkt, wo ich sage, ich gehe nach Malle und mache eine Biokräuterfarm. Und da ist es auch wieder, sich immer wieder an die Selbstführung zu erinnern und sich die Tages- und Wochen-, auch Monatsstruktur wirklich realistisch mit ausreichend Pausen zu planen.

Joel Kaczmarek: Ja, ist ganz komisch. Ich erfinde mich darin wieder, was du beschreibst. Ich habe das immer, dass ich abends beim Abendbrot dann merke, wie müde ich bin. Oder wenn ich die Kinder ins Bett bringe, schlafe ich als erster ein und bin so richtig weg. Weil tagsüber fällt mir dann immer auf, wann hast du mal Pausen gemacht, hast du gar nicht gemacht. Ich springe dann mal von, ah ja, jetzt mache ich mal ein Musikvideo, dann machst du mal ein Newsletter, dann machst du Social Post, dann hast du Podcast, dann das. Gibt es gar nicht, dass ich dazwischen irgendwie mal sage, jetzt gehe ich mal auf die Parkbank Vögel beobachten oder so. Wie gelingt dir das, dass du so diese Disziplin hast, wenn man eigentlich so Sensation Seeker ist und irgendwie Reize sucht, dass du dann sagst, oh, Zeit für Reizarmut, Zeit für mal entspannen. Wie machst du das bei dir?

Bettina Reuss: Also wirklich eiserne Disziplin, eiserne Selbstführung und Es ist gerade auch für mich eine spannende Erfahrung, mit zwei Mentoren zu arbeiten, wo du natürlich auch als Coach dann mal wieder daran erinnerst wirst, was hast du eigentlich zu tun? Auch die Routinen wieder zu machen, Mentaltraining zu machen. Ich bin jetzt nicht die, die sich hinsetzen kann und meditiert. Das ist für viele hochsensiblen Scanner einfach nicht das Ding, weil du den Geist nicht ruhig bekommst. Ich habe mir wirklich in die Wochenstruktur gelegt, diszipliniert meine Sportstunden rein, das muss ich auch machen, Sport und Sauna, weil du wirst sofort produktiver. und das ist ja auch mit den ganzen To-To-Listen, die man sich dann so schreibt, da auch für sich selbst zu sagen und das, was ich jetzt sage, also setze ich auch eins zu eins selbst um, Dann zu sagen, okay, was ich am Abend nicht geschafft habe, das mache ich dann den anderen Tag. Oder zu reflektieren, habe ich mir die To-Do-Liste denn wirklich realistisch, dass sie in einen Tag passt, geschrieben. Weil sonst rennst du halt ständig mit dem Gefühl umher. Und gerade am Abend denkst du so, oh Gott, ich habe das nicht geschafft, ich habe das nicht geschafft, ich habe das nicht geschafft. Du hast eigentlich immer ein schlechtes Gewissen. Dann schlägt das nächste Mindset zu, ja, mit Schuldgefühl, mit Schamgefühl. Dann kommst du in die Selbstzweifel rein und das ist einfach ungut, weil das zieht uns die Energie runter. und gerade als Unternehmerin, als Unternehmer brauchst du einfach eine hohe Energie. und es ist immer die Frage, was kann ich für mich tun, damit ich meine Energie hochhalte und dadurch auch ja mein Produktivitätslevel hochhalte. Und ich zwinge mich da wirklich zwei bis dreimal in der Woche, spätestens um 16 Uhr, Laptop auszumachen, zum Sport zu gehen und dafür zu sorgen, dass es mir auch körperlich, geistig, mental gut geht.

Joel Kaczmarek: Ja, ist ganz komisch. Ich kenne das total, was du beschreibst und ich hab dann oft so den Faktor, dass ich denke, ich kann noch so viel Impact mit jetzt irgendwie einer halben Stunde erzeugen. Wenn ich jetzt eine Stunde aufs Laufband gehe versus ich mache jetzt noch eine Stunde dies, das, jenes fertig, was für ein Output erzeuge ich dann noch? Und das fällt mir so schwer, dann zu sagen, nein, sei vernünftig, du schaffst vielleicht heute mehr Output, dafür morgen aber die Hälfte, weil dann tut dir der Rücken weh, weil du so viel gesessen hast, dann hast du nicht genug Sport gemacht und so weiter. Also diese Disziplin ist echt anstrengend. So. Und ich weiß nicht, wie es dir geht, du hast ja so schön diesen schwarzen Schaf-Gedanken auch beschrieben, dass man immer dann so denkt, ah, bin ich falsch, stimmt mir was nicht. Bei mir war das zum Beispiel mit Tools so. Ich weiß noch, in meiner ersten Firma bei Gründerszene, da war es dann immer so, ehe man mich mal zu einer vernünftigen Benutzung des Kalenders gebracht hatte, das war, glaube ich, ein echter Act. Das war für mich voll nervig. Hä, komm, mach ich so. Und als dann Asana aufkam, das hab ich ja gehasst wie die Pest. Und heute bin ich mal derjenige, der Asana nutzt, um sich die To-Dos aufzuschreiben und Aber ich merke es immer noch manchmal. Also wenn ich zum Beispiel Podcast-Aufnahmen habe oder wichtige Termine, ich gucke mir abends die Termine an und stelle mir zehn Minuten vor dem Termin den Wecker, weil es mir teilweise passiert, dass ich das trotzdem verschlafe. Also dass ich dann so aufgesogen in einer Aufgabe bin, dass ich einfach übersehe, oh scheiße, du hast da irgendwie eine geile Podcast-Aufnahme oder ein Call oder ein weiß ich nicht was. Die meisten Leute sind ja netterweise verzeihend, wenn man dann mal sagt, ach du Scheiße, tut mir leid. Aber naja, von daher, da kannst du damit relaten. Ist das ähnlich? Beobachtest du das auch bei anderen, die so HSP sind, wie du das immer nennst?

Bettina Reuss: Also klar, kenne ich das natürlich von mir. Ich kenne es von Unternehmerinnen und Unternehmern, die ich coachen darf und von vielen meinen Kunden.

Joel Kaczmarek: Und sag mal, ich hatte heute dazu auch ein ganz interessantes Gespräch zu dem, was du gerade noch gesagt hast. Und zwar ging es da um die Frage, das ist ja so ein bisschen artverwandt, sollte man eigentlich nur das tun, was man liebt oder auch nicht? Wir hatten so zwei Extreme in dem Gespräch, das war ich und ein anderer Unternehmer. Das eine Extrem war John Strzelecki, das Café im Rande der Welt, wo es ja darum geht, wozu bist du hier, sich diese Frage zu stellen. Und wenn man seinem Purpose folgt, also das nennt er ja immer Zweck der Existenz, dann zieht man halt voll die Energie raus und dann geht die Rakete hoch. Und auf der anderen Seite des Extrems war David Goggins, dieser eine Extremsportler, der ist ja bei YouTube immer und der sagt ja immer, mach Sachen, die du richtig scheiße findest. Du kannst auch Sachen, die du scheiße findest, lernen zu mögen. Der menschliche Geist kann geformt werden, quäl dich, arbeite. Also es ist so das genaue Gegenteil, wo ich denke, oh mein Gott. Und da haben wir so drüber diskutiert, weil Auf der einen Seite dieses Purpose, da kann man ja so einen Haken hinter machen, das ist ja total klar. Auf der anderen Seite verwechseln Leute dann manchmal, glaube ich, auch, dass sie denken, ich mache jetzt nur noch Sachen, die ich geil finde. Ich mag gerne reisen, das mache ich jetzt. Ja, ich könnte Geld verdienen mit einem Reiseblog, aber so WordPress einrichten finde ich irgendwie doof. Nee, ich mag ja lieber reisen. Weißt du, was ich meine? Und das ist so, was ich dich gerne noch mal fragen möchte, was so deine Haltung dazu ist. Wie sollte man das tarieren, das, was man gerne macht und das, was vielleicht aber auch erforderlich ist?

Bettina Reuss: Das ist natürlich jetzt eine sehr coole Frage. Also jetzt gerade mal bei meiner Zielgruppe oder generell habe ich heute die Auffassung, tu, was du liebst, dann bist du richtig gut da drin und das zieht dir nicht so viel Energie. Also ich hatte ja auch so diverse Berufswünsche und bin dann so einen ganz anderen Weg gegangen. Dann habe ich mit Mitte 20 nochmal Marketing studiert, um relativ schnell festzustellen, im ersten Job, den habe ich nach sechs Wochen hingeschmissen, ich habe keinen Bock auf Marketing. Das ist überhaupt gar nicht meine Welt, da passe ich null rein. Und war ja dann ganz bewusst in eine Vertriebskarriere eingestiegen und das fand ich richtig cool. Also ich habe als Frau 17 Jahre technische Produkte in eine absolut reine Männerdomäne reinverkauft. Das hat mich als Introvertierte auch, das lässt mich zumindest als heute extrovertiert wirken, weil ich da einfach Schlagfertigkeit und gelernt habe. Und zurückblickend betrachtet sage ich auch immer, Vertrieb, das war so meine erste Berufung, weil ich habe es einfach geliebt, Lösungen für Kunden zu finden. Nicht zu verkaufen. Ich würde nicht sagen, dass ich gut verkaufen kann. Was ich gut kann, ist mit Menschen. Und wenn ich hinter etwas stehe, ich habe zehn Jahre für Pelikan gearbeitet, den blauen Vogel kennt jeder, da stand ich volles Rohr dahinter, bis der Merch kam, komplett neues Management, wo ich dann nach zwei Jahren den Hut genommen habe, weil das ging wertetechnisch überhaupt gar nicht mehr. Also da konnte ich null konform gehen. Da sollte ich so viele Dinge umsetzen, wo ich sage, das kann ich nicht. Da verheize ich mir meinen Namen zu den Kunden hin. Und klar kann man sagen, ja, ich trainiere mich jetzt an Dingen, die mir keinen Spaß machen. Seit ich selbstständig bin und da lebe ich meine zweite Berufung. Ich arbeite heute mit Menschen, was ich richtig gut kann, ist motivieren und begeistern, wenn ich dahinter stehe. Und ich merke das heute, wenn ich im Urlaub bin, irgendwann so nach einer Woche fängt es an, dass es mir fehlt, dass ich so mit meinen Kunden sprechen kann. Den ganzen Tag bin ich mit Gleichgesinnten am Start. Und das finde ich einfach total cool. Und da habe ich heute die Philosophie, wenn du tust, was du liebst, bist du da drin einfach richtig gut. Und du hast so einen hohen Spaßfaktor. Und natürlich gibt es im Business immer Dinge, auf die du keinen Bock hast. Und ich habe ganz viel in den letzten Jahren erlebt, An Freelancer, auf eigene Mitarbeiter habe ich einfach partout keine Lust, weil sie null zu meinen Werten, Motivatoren und Bedürfnissen passen. Und merke aber jetzt, dass viele Dinge, auf die ich einfach keine Lust hatte, Technik machen. Im Marketing. Also ich habe 17 Jahre klassischen Vertrieb gemacht. Seit fünf Jahren bin ich so in diese Online-Blasereien. Also ich schüttle ja heute mit dem Kopf, dass ich sage, oh Gott, wie habe ich denn früher Vertrieb gemacht? Das geht ja gar nicht. Kundengewinnung, was?

Joel Kaczmarek: Nee.

Bettina Reuss: Und da merke ich jetzt auch, okay, so ein paar Dinge, auf die ich eigentlich partout überhaupt gar keinen Bock habe, muss ich mich jetzt mit auseinandersetzen, ob ich will oder nicht, weil es wird mich mein Business besser führen lassen. Also auch gerade das ganze Thema KI, wo ich schon mit den Augen rolle und die Hände über den Kopf zusammenschlage und mein Business-Coach jetzt sagt, du musst KI einführen, nicht so, geh mir weg mit dem KI-System. Natürlich arbeite ich über Kalender mit Outlook und alles, aber ich druck mir die Seiten vom Outlook noch immer schön auf und die schreibe ich meine Termine auch mit der Hand rein. Weil alles, was du handschriftlich machst, setzt einfach einen anderen Impact. Und ich sehe beispielsweise auch bei Kunden, die kriegen von mir ja ein E-Workbook und du merkst einfach einen Unterschied, ob die das mit der Hand machen oder ob die das online machen. Weil alles, was du mit der Hand ausfüllst und beschreibst, setzt so einen anderen Impact. Und um auf deine Frage nochmal zurückzukommen. Ich hatte mal eine Kundin, die wurde von ihrer Chefin auf eine Stelle gesetzt, damit sie ihre Schwächen ausmerzt. Was hatte das zur Folge? Die sind ins Burnout gerasselt. Die hat den Job verloren. Die haben einen Aufhebungsvertrag gemacht, wo ich sage, wie kann man als Führungskraft mit Verlaub so irre sein, eine Mitarbeiterin auf eine Stelle zu setzen, damit sie ihre Schwächen ausmerzt. Geht's noch? Und ich sage immer A-Player, A-Führungskräfte. Das sind die, die fremde Götter neben sich dulden können. Die sehe ich, die es verstehen. Und dann bin ich wieder bei diesem John Sterakley, das Buch Big Five for Life. Da beschreibt er das zum Teil auch gut. Als richtig gute Führungskraft holst du dir Experten in dein Team, die teilweise besser sind als du. Und du weißt, dass du mit denen dein ganzes Team, dein ganzes Projekt richtig erfolgreich führen kannst. Dann gibt es so die anderen Führungskräfte, die dulden keine fremden Götter neben sich, die scharen Indianer unter sich. Das habe ich ganz, ganz viel in meiner Managementkarriere erlebt. Die denken, sie wären die Größten, die Schlauesten und die Hellsten. Das mag jetzt für das eine oder andere Ort despektierlich klingen, das ist aber gelebte Praxis draußen. Das sind dann auch so Führungskräfte, die hergehen und sagen, wie kann ich einen Mitarbeiter unterdrücken, wie kann ich die Ideen von Mitarbeitenden als meine nach oben hin verkaufen. Ich höre die verrücktesten Geschichten und das habe ich auch 17 Jahre selbst erlebt. Setze Leute da ein, wo sie gut da drin sind. Natürlich kannst du an Schwächen arbeiten, wenn du es möchtest. Wenn du dich in irgendwas verbessern willst, dann setz dich mit etwas auseinander, wo du sagst, boah, da muss ich mich echt anstrengen und das Wachstum fängt ja auch hinter der Komfortzone an. Nur wenn du einen Wachstumsschmerz hast, dann wirst du dich entwickeln. Die meisten hängen ja in dieser Softie-Rolle rum, sagen so, ja, ich hätte gern ein bisschen was anders, aber wasch mir den Pelz, mach mich nur nicht nass dabei. Das funktioniert nicht. Ja, aber ich erlebe das so häufig in den Coachings, das Übergeben der Verantwortung. Kannst du mal die Lösung für mich finden? Nein, kann ich nicht. Wohne ich in dir? Nein. Das darfst du selbst machen. Und das ist uns ja auch in der heutigen Zeit so abtrainiert worden, sich auf das eigene Gefühl zu verlassen. Die Menschen wollen alles mit dem Ego machen. Wir werden zu 5% vom Verstand gesteuert und zu 95% übers Unterbewusstsein. Und unser komplettes Denken und Handeln wird unterbewusst gesteuert.

Joel Kaczmarek: Ich habe von jemandem erzählt bekommen, ich kriege die Zahlen nicht mehr genau zusammen, aber mit dem Denken kannst du, glaube ich, so ungefähr acht Informationen pro Sekunde verarbeiten. Mit dem Fühlen bist du, glaube ich, so bei 30.000 oder so. Gigabytes. Exponentiell mehr, ja, von daher. Und Fühlen ist vielleicht auch wieder ein gutes Stichwort für eine schöne Themenbrücke. Du hast ja vorhin so von diesem gelernten Leistungsdruck gesprochen. Was genau verbindest du damit alles?

Bettina Reuss: Der Leistungsdruck in der heutigen Zeit ist ja sehr hoch. Also was wir alles sein müssen, wie wir es sein müssen, was wir alles können müssen. Wenn du dir mal Jobdescriptions durchguckst, dann wird da ja schlicht und ergreifend die eierlegende Wollmilchsau gesucht. Gibt es nicht. Und es ist auch so der Selbstoptimierungswahnsinn, der draußen vonstatten geht. Also die Menschen konsumieren einfach nur, Und tun Dinge, wo sich die wenigsten fragen, möchte ich das selbst für mich? Möchte ich das aus tiefster Überzeugung, aus tiefstem Herzen? Die meisten konsumieren nun, das ist immer auch beim nächsten Thema, diese Informations-Overload. Was habe ich gestresste People bei mir im Coaching, wo ich sage, wie schläfst denn du? Was ist denn morgens deine allererste Amtshandlung? Da gucke ich aufs Handy. Ich sage, und das liegt wahrscheinlich auch noch direkt neben deinem Bett. Ja, das ist super. Penst du voll in der Elektrosmog-Wolke? Dein Schlaf ist ja gut, ist der schlecht? Der ist schlecht. Ich sage, dann geh mal als allererstes her und schalte alle Elektrosmog-Quellen aus. Ich habe gestern wieder mit einem rumdiskutiert, daran glaube ich nicht, sei es mir völlig egal, was du glaubst, probiere es einfach aus oder lass es. Wenn du deine Schlafqualität, die schlechte Schlafqualität behalten willst, dann lass es weiter bei. Heißt, wir konsumieren ja heute an allen Ecken und Enden und machen Social Media auf. Da kriegst du ja ständig präsentiert, was du machen musst und wie du zu sein hast. Ja, und auch dann wieder mit Glaubenssätze. Nur wenn du richtig Leistung bringst, dann musst du dies und dann musst du jenes und dann musst du ein Bachelor und noch ein Master und am besten noch ein drittes Studium und dann musst du fünf Sprachen können und, und, und. Und was bei meiner Klientel ja auch ist, die sind einfach keine Spezialisten, das sind Generalisten. Und was sucht der Arbeitsmarkt von heute noch? Die brauchen aber Generalisten, Menschen, die breit gefächerte Fähigkeiten haben. Die meisten haben ja auch den Glaubenssatz, ich bin nicht gut genug. Ich habe Promovierte, ich habe sogar Menschen mit Professur, mit Mathematikstudium, mit Physikstudium, wo ich mir selbst denke, die sind ja zehnmal schlauer als ich. Die sitzen vor mir und sagen, ich kann nichts. Wie hast du denn deine Promotion geschafft? Wie hast du denn deine Professur geschafft? Und das ist eben dieser Leistungsdruck, weil wir schon ab Kindergartenalter auf Leistung getrillt werden. Wie müssen wir sein? Dann geht es im Schulsystem weiter über die Benotung, dieses Vergleichen, Bewerten, Verurteilen. Und 99 Prozent der Menschen laufen mit einem mehr oder weniger stark angeknacksten Selbstbewusstsein draußen rum. Aufgrund dieses Leistungsdrucks, weil dir die Gesellschaft oder uns die Gesellschaft ständig sagt, zumindest wenn du im System bist, wie du zu sein hast, was du zu tun und zu lassen hast und was du alles bis 30 gemacht haben musst. Als Mann musst du einen Baum gepflanzt haben, musst eine Familie gegründet haben, ein Haus gebaut. Es gibt ja so diese Klischees, wo kommen die her? Das baut ja einen unheimlichen Druck auf. Und dann sagt man heute jemandem, hey, mach, was du fühlst.

Joel Kaczmarek: Wissen die wahrscheinlich gar nicht, was du dann von ihnen willst.

Bettina Reuss: Dann sind wir dann gleich beim esoterischen Humbug.

Joel Kaczmarek: Ja, ist ganz interessant, was du alleine mit dem Handy gerade meintest. Ich habe einen Podcast darüber, wie man Mails los wird. Also, dass du keine E-Mails mehr bekommst. Weil ich habe einen Bekannten, der hat halt seit zehn Jahren in seinem Team intern benutzt der E-Mail nicht mehr. Gar nicht. Null. Zero. Gibt es nicht mehr. Sondern nur von extern. Und er hat genau mit dem gleichen Thema aufgemacht wie du. Und ich habe das Video bei LinkedIn gepostet. Das hat mittlerweile irgendwie fast 230.000 Aufrufe, wo er halt sagt, die meisten benutzen ihr Handy sogar noch als Wecker. Das ist die erste Todesfalle, in die du tippen kannst, weil dann ist das Erste, was du in der Hand hast, dein Gerät, dann machst du auf, machst du E-Mails, bist im Arbeitsmodus, bumm, hast den Kopf voll. Also kauf dir einen normalen Wecker, war sozusagen der erste Take. Und was ist denn sonst so? dein Rezept, um so diesem Overload zu entkommen?

Bettina Reuss: Handy-Detox. Also ganz, ganz klassisch. Wir sind so abhängig von diesen Teilen. Seit ich den Film The Social Dilemma geguckt habe, wird es mir selbst noch mal deutlicher. Und ich nutze mein Handy nur zu bestimmten Zeiten am Tag. Da gibt es dann privat welche, die sagen, ja, du hast noch gar nicht auf meine Nachricht geantwortet. Nee, habe ich auch seit vier Stunden nicht auf mein Handy geguckt. Das ist immer lautlos. Und ich versuche morgens immer natürlich aufzuwachen. Und das Handy mache ich irgendwo mal nach meiner Morgenroutine an. Also ganz routiniert. Und tagsüber gibt es einfach mittags mal, wo ich sage, okay, dann mache ich mal so meine WhatsApp-Korrespondenz. Es gibt Zeitblöcke, wo ich Insta bearbeite und ja auch, wo ich E-Mails bearbeite. Anders kriegst du das nicht gebacken. Und ich merke das ja bei mir auch. Natürlich tappe ich auch in die Falle. Wer ist denn bitte immer selbstdiszipliniert? Das bist du nicht mal als Coach. Und ich merke das teilweise, wenn es mir dann morgens doch mal passiert, dass ich dann auch so YouTube aufmache und höre mir schon mal Beiträge an. Ich fühle mich nach einer halben, dreiviertel Stunde geistig wie zugemüllt. So, und dann ist es Viertel vor neun, um neun starte ich den ersten Coaching-Call und denke mir so, ja, jetzt geht es richtig schön vollgemüllt in ein Meeting, super.

Joel Kaczmarek: Ich meine, da sprichst du ja auch was Interessantes an. Ich denke gerade so darüber nach, wenn wir sagen, zu lange To-Do-Listen, gelernter Leistungsdruck, neuzeitlicher Informations-Overload, den hast du im Business-Kontext ja auch nochmal mehr. Ich denke gerade so über mich nach. Das ist ein bisschen ein selbstgewähltes Schicksal. Ich habe mir eine Business-Community gebaut, die mittlerweile auf WhatsApp abhängt. Also wenn ich da was reinschreibe, dann geht das Gewitter los, was so an Antworten kommt. Also ich frage was, kriege sofort Tipps. Oder jemand anders fragt was, es gibt sofort irgendwie Diskussionen. Aber wenn ich mal so meine Kommunikationswege durchgebe, mein Team jammert immer so ein bisschen so, hast du auf Slack schon das und das gesehen? Aber alleine bei mir jetzt mal. Ich habe WhatsApp, super viele Zeugs. Ich kriege irgendwie auf LinkedIn Nachrichten. Ich habe irgendwie Slack mit meinem Team. Ich habe irgendwie E-Mails. Und dann vielleicht noch ein bisschen Instagram, das hab ich jetzt nicht so krass, weil meine Bubble ist eher LinkedIn. Aber ich hab schon mal vier Plattformen und mit Circle hab ich sogar auch noch eine eigene Business-Community-Plattform irgendwie hintendran. Also ich hab vier bis fünf Kanäle, wo alle Leute mich was anschreiben und irgendwie mit Reaktionen rechnen. So, und in dem John Strelacki-Buch hat er ja sogar schönerweise mal vorgerechnet, wenn du jeden Tag nur, ich glaub, zehn Minuten mit E-Mails verbringst, die du scheiße findest, summiert sich das über ein Leben auf ein Jahr. Also ein Jahr Lebenszeit für beschissene E-Mails. Hast du dafür ein Rezept für dich gefunden, wie du diesen Overload der Kommunikationsebene, dass Leute dauernd was von dir wollen, wie du dem herwirst?

Bettina Reuss: Fokus, also absoluter Fokus. Ich kannte das ja auch von früher in meiner letzten Position, weil ich ja Vertriebsleiterin, ich hatte 130 Mitarbeitende unter mir und ich hatte BMW als strategischen Kunden mit ungefähr 60 Projekten. Und was mich richtig angekotzt hat, das war so dieses CC, diese E-Mails in CC und BCC. Ich habe irgendwann mal ein Meeting anberaumt, auch mit internen Kollegen, wo ich gesagt habe, hört auf, mir E-Mails in CC und BCC zu schicken. Ich mache nur noch löschen, löschen, löschen. Weil das ist ein absoluter Kindergarten und Vierlefanz. Unterscheidet bitte das Oberwichtige vom Wichtigen und den Rest lasst weg. Weil ich lese diese E-Mails nicht mehr. Ich mache einfach nur Kopie. Weil eben Führung, Selbstführung. Als Unternehmer musst du führen. Wenn du Kunden hast, musst du auch deine Kunden führen. Es braucht auch eine gewisse Erziehung. Es ist teilweise, es ist im Business wie mit kleinen Kindern. Man muss sie erziehen. Und ich war auch vorhin in unserem Meeting noch, vor unserem Podcast-Interview jetzt in einem Interview, In einem Meeting, auch in so einem Unternehmerkreis, wo einer sagt, die Mitarbeitenden machen einfach nicht das, was sie sollen. Wie kommunizierst du das denen denn? Man muss klare Ansagen machen. Und ich bleibe bei der Selbstführung. Wenn du heute Unternehmerin oder Unternehmer bist, solltest du wissen, wie du dich selbst führst. Und das ist ein Entwicklungsprozess. Wenn du den alleine nicht schaffst, dann hol dir Unterstützung. Dafür gibt es ja Coaches und Coaches. Berater, die einfach unterstützen. und auch wenn ich schon lange im Business bin, macht es durchaus Sinn, mir mal jemanden zu holen, der mir einfach auch hilft, die Blindspots, die jeder Mensch hat, zu beleuchten, weil du kannst dich nicht selbst unter das Mikroskop legen und dann mal oben reingucken. Es schafft kein Mensch, egal wie schlau du bist. Es schafft kein Mensch. Und manchmal macht es Sinn, uns von Zeit zu Zeit zu hinterfragen, ist das, was ich tue, bin ich damit auf dem richtigen Weg? Und was kann ich optimieren? Welche Kompetenzen brauche ich, um anders besser zu werden? Und eben die Selbstdisziplin.

Joel Kaczmarek: Hast du mir den Spruch beigebracht, wenn man in der Flasche sitzt, kann man das Etikett von außen nicht sehen und die Richtung geht es ja, ne?

Bettina Reuss: Nee, der kommt nicht von mir. Von mir ist das Mikroskop. Kannst dich nicht selbst runterlegen und gleichzeitig oben reingucken.

Joel Kaczmarek: Aber es sind zwei Bilder für genau einen schönen Prozess, weil ich weiß gerade im Begriff dich auch nochmal zu fragen, wenn wir nochmal von dort aus jetzt wieder zurückwandern zum gelernten Leistungsdruck, hat ja viel mit Glaubenssätzen, mit Überzeugung zu tun. Hast du für dich Pfade gefunden, die gut funktionieren, um das abzulegen?

Bettina Reuss: Also ganz viel Glaubenssatzarbeit. Deshalb arbeite ich persönlich auch regelmäßig mit den entsprechenden Mentoren und ich befinde mich gerade eben in einem Coaching, wo ich mir dachte, krasser Scheiß, ich habe wirklich sechs, sieben Mentaltrainer aus und weiter Bildungen und ich habe schon ganz viel Glaubenssatzarbeit gemacht und habe jetzt gerade aktuell das Gefühl, ich habe ja noch nie nichts gemacht. Und da fällt dir das halt auch alles so auf. Ja, was sind denn eigentlich meine Antreiber? Ich glaube, der größte Dämon, den die meisten Leute mit sich rumtragen, ist die Angst vor Ablehnung. Was denken die anderen? Wenn ich dies oder jenes tue und wenn ich Leistung bringe und dann bei meiner Klientel ist es natürlich auch dieses extreme Bestreben nach Anerkennung und Wertschätzung. Dafür gehen sie ja im Job so weit über ihre Grenze, ich mache extra Aufgabe, ich mache extra Überstunde, ich mache hier das extra ganz toll und dann zeige ich das am Montag meiner Chefin oder meinem Chef und denen oder die interessiert das überhaupt gar nicht, ja. Das heißt, wir machen sehr, sehr viel aus einem unterbewussten Verhalten raus. Meist Angst vor Ablehnung. Was denken denn die anderen? Der eine ist ein eigener Glaubenssatz, der andere ist ein übernommener. Glaubenssätze, das sind so diese inneren Dämonen und Antreiber, die uns zu Dingen veranlassen. die uns nicht gut tun. Und da müssen wir eben ansetzen. Also mein Erfolgsrezept liegt dabei, mentales Training, Arbeit an Glauben setzen. Das kannst du den ganzen Tag rauf und runter beten. Was kannst du selbst tun, um dich mental zu trainieren. Und in meinen Coachings ist das ein elementarer Bestandteil. Das heißt, ich baue Settings an neuen Glaubenssätzen, die aber auch emotional stimmig sind. Weil du kannst aus einem Ich-bin-nicht-okay nicht ein Ich-bin-okay machen. Den kannst du dir hunderttausendmal durchlesen. Da wird sich nichts ändern, weil das Ego will vielleicht, dass du dich okay findest, aber du fühlst es nicht. Und dann baue ich Settings mit Kundinnen und Kunden bei mir auf und dann frage ich die, Was hat sich verändert? Wie trainierst du das? Ja, habe ich einmal durchgelesen. Super. Das ist wie wenn du dich auf einen Marathon trainieren willst und du gehst halt einmal zwei Kilometer. Da wird nichts draus. Das heißt, es ist ein stetiges Training deiner selbst.

Joel Kaczmarek: Bei dem Beispiel, was du gerade genannt hast, wie wäre denn so eine Abwandlung von so einem Glaubenssatz, wie du ihn bauen würdest, dass der auch ankommt?

Bettina Reuss: Ich arbeite mit Brücken.

Joel Kaczmarek: Erzähl mehr.

Bettina Reuss: Ja, mit einem Wording, dass du diesen neuen Satz so baust. Beispielsweise, ich öffne mich dafür, okay zu sein. Das ist so die niedrigste Glaubensgrenze. Oder auch, dass du mit Warum-Affirmationen arbeitest. Weil ein neuer Glaubenssatz, ein neu kreierter Glaubenssatz darf keinen inneren Widerstand haben. sondern er muss was Positives, emotional Positives auslösen. Und da ist es eben das Wording. Manche müssen es sich erlauben oder darf ich das? Ich baue die Sätze so, dass die Kunden sagen, ja, das fühlt sich jetzt für mich bestärkend an.

Joel Kaczmarek: Und sag mal, ich fand auch was ganz Interessantes gerade bei deiner anderen Ausführung, dass du gesagt hast, Menschen machen immer so diese Extrameter und die werden aber gar nicht gesehen. Also manchmal ja vielleicht auch schon oder manchmal fordern Leute ja von einem auch viel mehr, als man eigentlich geben möchte. Und da schließt sich ja eine spannende Frage an, nämlich die der richtigen Kommunikation. Das heißt, wenn ich aus dem Hamsterrad aussteigen möchte, was wir jetzt gerade schon über verschiedene Bausteine hier betrachtet haben, was ist deine Beobachtung, welche Kommunikation es dann mit deinem beruflichen Umfeld braucht? Weil du bist ja immer ein System eingebunden und das System muss ja realisieren, dass du dich änderst.

Bettina Reuss: Was ich bei vielen feststelle, ob es jetzt hochsensible Scanner sind oder normalsensible Normalbegabte, denn meistens sind ihre Bedürfnisse gar nicht wirklich bekannt. Und da die Bedürfnisse nicht bekannt sind, können sie die auch nicht kommunizieren. Und so entstehen halt unheimlich viele Misunderstandings, auch aufgrund von Erwartungshaltungen. Und die sind teilweise so krass überzogen. Also gerade bei meiner Klientel, die haben ohnehin ein unterbewusstes Problem der völlig übersteigerten, überzogenen Erwartungshaltung. Die können sie selbst nicht erfüllen und die kann auch kein anderer erfüllen. Ist blöd, wenn du Chefin oder Chef bist. Weil du auch an deine Mitarbeitenden einfach eine enorm krasse Erwartungshaltung hast, die keiner erfüllen kann. Und dann findest du die Mitarbeitenden doof und sagst, jetzt machen die nicht, was ich erwarte. Ja, hast du es denn klar kommuniziert? Dann schaue ich in Fragezeichen-Gesichter. Wo ich sage, nee, hast du nicht klar kommuniziert. Oder habt ihr denn mal die Erwartungshaltungen geklärt? Das ist eine Übung, die ich oft bei Führungskräften einsetze. Wie gesagt, gegenseitige Erwartungshaltung, nee, über Ziele und Co. sprecht ihr. Und was der eine für ein Defizit hat und der andere besser machen kann, darüber sprecht ihr auch. Aber Erwartungshaltungen, habt ihr die geklärt? So, Klärung der Erwartungshaltung. Das ist auch eine Übung, Teil meiner Programme. Also es sind immer individuelle Geschichten, das braucht jetzt nicht jeder. Aber das eben zu klären und auch für sich selbst mal die Erwartungshaltung zu klären, die hängt immer unmittelbar mit unseren Bedürfnissen zusammen. Und wenn ich die nicht kenne, weiß ich vielleicht gar nicht, dass ich überzogene Erwartungshaltungen habe. Und dann kann ich es auch nicht klar kommunizieren. Die meisten Menschen, was mir auffällt, ob im Business-Kontext, die wollen etwas erklären. Ich als Kennerin sage da ja schon nach zwei Sätzen, komm auf den Punkt, ich habe es eh schon längst verstanden, was du zum Ausdruck bringen willst. Die meisten Menschen erklären fünf Minuten und du denkst dir, was ist denn jetzt die Message dahinter? Das ist wie wenn du ein Buch liest, Das kannst du eigentlich, die Kernbotschaft kannst du auch in zehn Seiten auf den Punkt bringen, wenn du überhaupt zu viele Seiten dazu brauchst. Es wird halt mit den karierten Maiklöckchen angehübscht.

Joel Kaczmarek: Das Irritierende ist, es gelingt ja sozusagen Scannern wie dir und mir schnell zu verstehen. Bei anderen Menschen merke ich immer, es gibt auch immer diesen Satz, wenn du denkst, ich habe es jetzt einmal zu viel erklärt, dann ist es immer noch einmal zu wenig. Weißt du, was ich meine? Man muss siebenmal eine Botschaft rüberbringen, damit sie verstanden wird.

Bettina Reuss: Das Problem der heutigen Zeit ist, dass die Menschen gar nicht wirklich zuhören. Die hören nicht zu. Du erzählst etwas und ich spüre das, zumindest nicht im Coaching. In der Zweierkonstellation, also im Coaching habe ich das generell nicht, ob jetzt im 1 zu 1 oder in Gruppencoachings, aber wenn ich jetzt privat rausgehe. Ich merke und mich nervt das Brutalst, weil als Hochsensible ist es eine absolute Stärke, dass du zuhörst und zwar mit aufrichtigem Interesse zuhörst. Wenn mich heute jemand fragt, wie geht es denn, sage ich am liebsten gut, weil ich weiß, interessiert dich eh nicht. Was soll ich dir das erzählen? Oder interessiert es dich wirklich? Nee, hast du gar keine Zeit, weil du merkst an der Mimik, an der Gestik, am Blick bei den meisten Menschen, die sind zwar da und die gucken dich auch an, Aber die sind gedanklich komplett, die sind gar nicht bei dir. Und dann erzählst du was und zwei Minuten später kriegst du eine Frage. Ich sage dann immer, habe ich dir vor zwei Minuten erzählt? Soll ich es jetzt nochmal machen? Hörst du mir jetzt zu? Ja, dann höre ich manchmal, bist du jetzt beleidigt oder schnippisch? Ich sage, nee, aber ich merke einfach, du hörst mir nicht zu. Und das ist ein generelles Problem von der heutigen Zeit, dass die Menschen nicht zuhören. Oder so dieses Hinhören und auch wirklich mit dem Fokus jetzt beim Gegenüber zu sein. Die denken an tausend andere Sachen dabei. Oder du erzählst was, das geht mir auch oft so, ich erzähle was und plötzlich fällt mir der andere ins Wort und fängt von seinem Scheiß an mit Verlaub. Wo ich mir denke, hallo, interessiert es dich überhaupt, was ich sage? Und ich merke das ja auch mit Freelancern. Ich arbeite jetzt seit einem Dreivierteljahr mit welchen zusammen. Das ist schon eine sehr lange Zeit für mich. Das war auch ein Prozess, um die Kommunikation zu lernen, wirklich mitzuteilen, klar auf den Punkt zu bringen, was will ich wirklich von dir? Und dass der andere auch fragt, habe ich dich richtig verstanden? Und da merke ich ganz oft, nichts verstehen die Menschen, weil sie nicht zuhören. Du erzählst was und die sind schon in ihrem gedanklichen Susa irgendwo, keine Ahnung, irgendwo im Kosmos unterwegs. Ja, da wird das nichts. Und so ist das in ganz vielen Arbeitskontexten. das Problem, das Hauptproblem der Kommunikation nicht, wie kommunizierst du richtig? und dann musst du es so machen und laut Struktogramm dem Grünen musst du es so sagen und dem Gelben so und dem Blauen so und dem, weiß ich nicht, was es da noch gibt. Im Inside-Modell gibt es noch irgendwas anderes. Rot, Grün, Gelb, Blau. Das Problem ist das Zuhören. Höre zu und versetz dich mal in dein Gegenüber rein und stell vielleicht auch mal die Rückfrage, habe ich dich richtig verstanden? Ich stelle mir ja manchmal so Chefs vor oder auch wenn ich so an früher denke, da kriegst du ja so die Messe vom Chef gelesen. Und einfach nur so ein monologischer Schwall von einer halben Stunde. Also ich habe da frühzeitig immer abgeschaltet, weil ich mir dachte, und wenn dann noch jemand so monoton redet, so kein Tonorik oder Sonorik in der Stimme, wo ich denke, geht gar nicht zum Zuhören. Und sich da auch mal Gedanken zu machen, wie bringe ich eine Botschaft drüber, sodass es das Gegenüber auch verstehen kann. Weil es ist nicht, als Kommunikationssender bist du dafür verantwortlich, dass die Message so ankommt, wie du sie verstanden haben willst. Wenn mir einer sagt, das hast du falsch verstanden, dann sage ich, Moment, wie hast du es denn kommuniziert? Welche Botschaft wolltest du mir denn vermitteln? Wie muss ich es denn verstehen? Wie soll ich es verstehen? Das sind Kommunikationsprobleme.

Joel Kaczmarek: Ja, aber du hast recht, ich finde es auch mal einen sehr charmanten Weg, die Leute nochmal abzufragen, was hast du denn verstanden, was du jetzt machen sollst? Und da merkt man dann den Mismatch zwischen dem, was habe ich gesendet und dem, was ist sozusagen empfangen worden auf der anderen Seite.

Bettina Reuss: Genau, und der Empfänger muss halt auch auf Empfang sein, wenn der schon gleich irgendwo, du merkst, du sollst was machen und dann gehst du schon, dann hörst du gar nicht mehr zu, was du machen sollst und kriegst vielleicht gerade erzählt, wie du es machen sollst. Sondern du bist schon in diesem Mindset drin, habe ich gar keinen Bock drauf.

Joel Kaczmarek: Ja, ich weiß, was du meinst, weil man hat ja, also ich beobachte mich da manchmal bei mir selber auch, wenn man hört was zu, kriegt eine Inspiration. Du hast, sag ich mal, fünf Messages. Bettina bringt euch die fünf Tipps für. Dann hört man den ersten und dann schweifen die Gedanken. Oh ja, stimmt, was sie da gerade sagt, letzte Woche und bist du raus. Oder du gibst einen Auftrag und dann denken die schon so, ah, warte mal, die Bettina will Webseite, neuer Bereich, warte mal, was wäre das Erste? Erstmal WordPress anpassen, dann dies, dann das andere, zack, hast du auch verloren. Also ich glaube, ich weiß ganz gut, was du meinst. Gut, so, damit wir mal zu einem Wrap-Up kommen jetzt, nach fast einer Stunde. Was wären so die drei wichtigsten Punkte, die du mitnimmst, um mit Überforderung im Business klarzukommen?

Bettina Reuss: Die drei wichtigsten Punkte, eine klare Tages- und Wochenstruktur zu machen, richtig zu priorisieren, sein Mindset zu pflegen wie einen Garten, regelmäßig das Unkraut auszupfen, das heißt Journaling zu machen. Sport zu machen, Pausen zu machen, Meditation zu machen, damit du einfach deine Energie hochhalten kannst. Und Handy-Detox, Informations-Detox. Man muss nicht jede Information wissen, nicht jede Nachricht, nicht jeden Beitrag. Man muss nicht auf jeder Hochzeit tanzen, weil das Leben geht auch weiter, wenn du nicht auf jeder Hochzeit tanzt und alles weißt und überall mitreden kannst und, und, und. Es macht zufriedener, es macht innerlich ausgeglichener, es macht selbstbewusster, es macht selbstsicherer, wenn du mehr bei dir bist und weniger im Außen.

Joel Kaczmarek: Good one. Ich ertappe mich auch dabei. Ich hatte einen Bekannten, der neulich zu mir meinte, ey, du feuerst ja gerade auf allen Kanälen. Das ist ja unfassbar. Du bist ja überall. LinkedIn, YouTube, Instagram, überall. Und ich sag so, ja, die Magie der Tools. Ich schreibe einen Beitrag und dann wird der sozusagen zack, zack, zack, viermal irgendwie geteilt. Es hat einen Effekt. Aber es ist auch mega nervig. Also wenn du den gleichen Beitrag viermal teilst, für so einen Scanner wie mich ist es ja ein bisschen die Hölle manchmal, zu sagen, oh super, jetzt schreibst du das, was du auf LinkedIn auf der einen Tonalität geschrieben hast, machst du jetzt nochmal für TikTok in der anderen und auf Instagram wieder in der anderen und bei X, oh Gott, oh Gott, wie kriegst du das jetzt nur auf zwei Zeilen? Deswegen, ich weiß glaube ich ganz gut, was du meinst.

Bettina Reuss: Es ist aber auch Reduktion, also weniger ist da manchmal mehr. Ich hatte dieses Jahr auch, ich wollte im Mai, Juni wollte ich schon einen YouTube-Kanal starten. Und das war klar, dass wir mit meinem Podcast, dass wir auf zwei Folgen in der Woche gehen. Ich kann mich noch an deine Aussage, als ich dir das erzählt habe, erinnern. Oh Gott, Bettina, kriegst du so viel Content zusammen? Ich dachte mir nur so, oh Gott, Joel hat gesagt, kriegst du so viel Content zusammen? Oh je, das wird, glaube ich, glaube ich nichts. Sind wir schon beim Glaubenssatz? So, und dann durch diese private Veränderung haben ja meine Freelancer dann auch irgendwann gesagt, Bettina, das kriegst du energetisch nicht gebacken, dass wir jetzt YouTube-Kanal starten, dass du alle Podcasts im Video-Format aufnimmst, weil du Zieh es gerade nicht nach High Energy aus, weil ich hatte eine Trennung im April eben und das macht was mit dir. Ich habe das anfangs gar nicht gemerkt, aber meine Energie ging immer mehr runter und die ging so weit runter, dass ich irgendwann gar keine Anfragen mehr bekommen habe, wo ich mir dachte, siehste, Business, das stürzt mir jetzt auch noch zusammen. Jetzt habe ich an dem einen Lebensbereich eine Reißleine gezogen, jetzt kracht mir alles zusammen und meinen Wohnort hinterfrage ich jetzt auch noch. Dann war es eben auch, dass ich gesagt habe, okay, YouTube, das geht jetzt nicht. Und wir haben auch diesen zwei Podcast-Folgen pro Woche. Das hatten wir dann von Mai auf Juni, dann auf Juli. Und ich glaube, wir haben es im August dann gestartet mit zwei Folgen. Du musst das Ganze auch vorproduzieren. Und ich produziere echt einmal im Monat vier Einzelfolgen. Und schade dann auch immer, dass ich relativ blockweise dann auch die Interviews hinbekomme. Und weniger ist manchmal mehr.

Joel Kaczmarek: Ich habe da gerade eine Erzählung zu bekommen mit dem Marmeladenphänomen. Und das sagt ein Coach zu mir. Mein Unternehmerfreund und Coachfreund Stefan hat gesagt, Joel, kennst du das Marmeladenparadoxon? Und ich sage, nee. Früher in den 80er Jahren wollten die Supermärkte und die Marken auch mehr Marmelade verkaufen. Da gab es noch nicht irgendwie 15, da gab es halt zwei. Da gab es halt meinetwegen von den Sorten Erdbeer und Kirsche. Und dann sind die Hingänger angefangen, mehr Sorten zu machen. Dann gab es eben Kirsche und Erdbeer, gab es meinetwegen noch Aprikose und Stachelbeere und einen Früchtemix und dies und das und jenes. Und die Marken haben zugenommen. Was war das Ende vom Need? Die Leute sind da vorgestanden, guckten sich das an. Und dann griffen sie es zur Schokocreme, weil sie es überfordert hat. Also der Absatz an Marmelade ging nicht durch die Auswahl nach oben, im Gegenteil.

Bettina Reuss: Wir müssen uns ja heute zwischen zu vielen Dingen entscheiden. Und das finde ich irgendwie Steve Jobs echt cool, weil der hat immer schwarze Pullover und schwarze Hosen angezogen. Da musst du dich nicht entscheiden. Und das ist ja heute auch wieder zum Thema Informations-Overload gekommen. Wir haben zu viele Möglichkeiten in der heutigen Zeit. Es ist einfach von allem viel zu viel da. Mich nervt das total, also mal davon abgesehen, dass ich mich in einem Restaurant meist zweimal umsetze, mindestens einmal umsetze, weil dann ist es hier zu laut und wenn die Karte zu groß ist, überfordert mich richtig. Wenn ich sage, ich muss erstmal ein Diplom auf die Karte machen, überfordert mich.

Joel Kaczmarek: Also, guter Punkt. Da haben wir sogar fünf zum Ende noch gehabt. Also, Tages- und Wochenstruktur priorisieren, Mindset pflegen, Handy- und Informationsdetox und weniger ist mehr. Liebe Bettina, es war mir ein Fest und ich glaube, ich kann sagen, bis zum nächsten Mal. Da finden wir bestimmt noch weitere Themen, die auf diesen schönen Bereich andocken. Danke dir. Ich danke dir, Joel.

Bettina Reuss: Ganz, ganz lieben Dank.

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