Switchouts – der Konkurrenz die Kunden abwerben

12. September 2018, mit Joel KaczmarekGero Decker

Dieses Transkript wurde maschinell erstellt. Wenn dir ein Fehler auffällt, schreib uns gerne zu diesem unter redaktion@digitalkompakt.de.

Joel Kaczmarek: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen The Art of Sales Podcast von Digitalkompakt. Mein Name ist Joel Kaczmarek und heute geht es um die richtig harten, knackigen Themen, nämlich wie man seinen Wettbewerbern Kunden abwirbt. Und wen könnte ich dazu besseren fragen als den guten Gero? Nicht, weil er hier so ein Cowboy ist im Sales-Bereich, sondern weil er sich einfach generell mit Sales gut auskennt. Moin Gero.

Gero Decker: Hallo Joel.

Joel Kaczmarek: Ja, sag mal an, wie reitet man da los? Also manchmal sagt man sicher, man versucht so fresh starts and new beginnings sich eher zu akquirieren, also eher neue Player am Markt oder vielleicht welche, die noch nicht versorgt sind. Und manchmal aber ist es vielleicht auch attraktiv oder sogar notwendig, in einem Wettbewerb mal jemanden wegzuschnappen. Was ist da so dein Gedanke zu der erste Idee, die dir in den Kopf kommt?

Gero Decker: Ja, also das ist ein ganz guter Punkt, den du gerade anbringst. Es ist immer wesentlich einfacher, quasi einen Greenfield zu backern oder einen Markt zu backern, wo ein gewisses Grundverständnis schon da ist, aber noch keine Alternativprodukte im großen Stil im Einsatz sind. Weil Switchouts oder Replacements sind immer schwieriger zu machen, als wenn man quasi der Erste ist, der ein Produkt in einem bestimmten Bereich dort anbietet. So und dann denken wir einfach mal vom Kunden her. Die Frage ist, Joel, warum sollte der Kunde sein altes Produkt wegwerfen, seine alte Dienstleistung wegwerfen und ein neues Produkt nutzen?

Joel Kaczmarek: Also ich könnte mir vorstellen, bessere andere Funktionalität. Ich könnte mir vorstellen, besserer Preis. Ich könnte mir vorstellen, dass das andere Produkt schlecht läuft. Wir hatten das ja bei unserem Ausschreibungspodcast, wo du zum Beispiel erzählt hattest, dass jemand billig verkauft hat und dann hat man eigentlich über Services reinverkauft. Also das wären mal so drei klassische Wege. Und wenn ich mal meine Zeit zurückdenke, wo wir Online-Meeting-Lösungen verkauft haben, dann wäre man der Meinung, wir können irgendwas signifikant besser machen. Also ich glaube, das war so unser zentrales Moment, zu sagen, hey, wir können Online-Meetings irgendwie webbasiert, du musst keine Software installieren, was damals noch so war. Ich hätte jetzt von der Feature-Seite argumentiert.

Gero Decker: Also nicht immer nur Feature-Seite, ganz wichtig, aber die Beobachtung, es muss dramatisch besser sein. Wenn dein Produkt, deine Dienstleistung 10, 20, 30 Prozent besser ist, reicht das meistens nicht, um einen Replacement anzustoßen. Das mag bei Commodities so sein, du kaufst Öl für deine Tanke ein, okay, das switche ich von einem Anbieter zum anderen Anbieter, wenn ich irgendwie 0,2 Prozent Preisvorteil habe, weil das ist ein super vergleichbares Produkt, es ist halt Commodity. Habe ich auch keine Wechselkosten von dem einen zum anderen, da gehe ich selbst bei einem Preisunterschied von 0,2 Prozent schon zum anderen Anbieter. Bei den meisten Produkten und bei den meisten Dienstleistungen ist es so, dass 0,2 Prozent bei weitem nicht reicht. Selbst 10 Prozent reicht nicht häufig, 20 Prozent reicht nicht. Sondern so diese Grundregel, wenn man über Disruption redet, disruptive products, sozusagen die andere komplett ersetzen, dann setzt man sich immer dieses 10x fest. In den Kopf. Ich muss zehnmal besser sein. Wenn ich zehnmal besser bin, dann ist es compelling enough, dann ist es spannend genug, über einen Wechsel definitiv nachzudenken. Was heißt zehnmal besser? Zehnmal besser kann sein, ich koste nur ein Zehntel. Ich kriege das Gleiche, aber für ein Zehntel des Preises. Dann hören mir die Leute zu. Oder das, was ich tue, ist zehnmal schneller, gibt zehnmal mehr Outcome für den Kunden. Also die Frage, was ist sozusagen mein 10x? Und natürlich genau in den Fällen, was du eben angesprochen hast, ich habe etwas eingekauft, aber es funktioniert einfach gar nicht. Da habe ich etwas gekauft, ich kriege aber nur die Hälfte oder ein Viertel oder ein Zehntel dessen, was ich eigentlich an Erwartungswert dort hatte, kriege ich eigentlich raus. Dann ist die Argumentation natürlich sehr einfach, dass ich sage, ich verspreche dir womöglich genau nur das Gleiche, was der andere Anbieter dir auch versprochen hat, aber der Unterschied ist, bei mir funktioniert es halt und bei mir bekommst du diesen Outcome.habe ich trotzdem diesen 10x-Effekt, dass das, was ich biete, dramatisch viel besser ist. Und da muss man halt einfach viel Zeit mit verbringen, was für mich möglich ist. Am schwersten ist immer dieses 10x billiger. Weil das bedeutet ja, dass dein Produkt, deine Dienstleistung, die muss grundsätzlich anders funktionieren, grundsätzlich anders geliefert werden. Da muss irgendwas fundamental anders sein, damit ich so einen 10x-Effekt da überhaupt reinbekomme. Also ein gutes Beispiel, ein Partnerunternehmen von uns hier in Berlin, der ist ein Camunda. Die bieten eine Prozessautomatisierungslösung. Also ich habe einen Kreditbearbeitungsprozess und will das irgendwie per Custom-Software umsetzen. Dann haben die eine Plattform, um genau solche Prozesse halt softwaretechnisch abzubilden. Die machen einen Großteil ihres Geschäftes oder sind sehr, sehr erfolgreich geworden mit IBM-Switch-outs. Kunden, die vorher IBM-Plattformen im Einsatz hatten. Und bei denen greift dieser 10x-Gedanke halt auf zwei verschiedenen Dimensionen. Einmal auf den Preis. Dort ist es halt auch einfach genug, wenn du sagst, okay, bei IBM hast du vorher, sagen wir mal, 2 Millionen gelatzt und ich verkaufe dir das Produkt für 200.000. Dann kann man sich überlegen, ja, gut, das ist immer noch hoch genug, dass ich da eine vernünftige Marge drauf mache. Und ich bezahle halt einfach nicht diesen aufgeblasenen Apparat mit, den IBM da zum Beispiel finanzieren muss. Dadurch kann ich das realisieren. Aber bei denen ist zum Beispiel noch das zweite Argument, dass ich zehnmal so effektiv bin mit dieser Plattform. Bei dem einen bin ich in proprietäre Technologien gebunden, kriege Leute nicht ran. Es ist super kompliziert, mit der Plattform umzugehen. Bei dem anderen habe ich einen Open-Source-Ansatz, Java-Technologie oder was auch immer. Irgendwas, wo ich Leute sozusagen in rohen Mengen selber zur Verfügung habe oder holen kann. Und damit, wenn ich bei denen sogar diese zwei Hebel habe, dann hören mir natürlich alle zu. und sagen, ich werde zehnmal so schnell in der Umsetzung und es kostet mich nur ein Zehntel dessen, was ich bezahle. Dann wird es sozusagen zu einem No-Brainer. Dann wird es offensichtlich, dass ein Switch-Out Sinn macht. Weil eine Sache muss einem ja immer klar sein, es gibt halt diese Switching-Kost. Switching Cost kann sein, überhaupt ein neues Produkt zum Laufen zu bringen, dass es irgendwelche Implementierungskosten gibt. Man stelle sich SAP vor, da hört man ja typischerweise von Millionenbeträgen, die es kostet, überhaupt das System so zu konfigurieren, dass es für mich funktioniert. Aber es gibt auch das ganze Thema Gewohnheit. Ich habe womöglich Dutzende, Hunderte, Tausende von Leuten, die halt an ein bestimmtes Produkt gewöhnt sind. Und wenn ich die davon wegkriege, da habe ich halt Widerstand, da habe ich Zeit, die mir verloren geht, da muss ich Leute trainieren, was auch immer. Und deswegen, das ist sozusagen der zweite wichtige Punkt, den man verstanden haben muss. Wie einfach oder schwierig ist es denn für den Kunden zu switchen?

Joel Kaczmarek: Ja, das ist ganz lustig. Das deckt sich echt so mit meiner Erinnerung damals, was so unsere Meetinglösungen angeht. Das war, wenn wir hingegangen sind, haben wir gesagt, so ja, guck mal, wir können irgendwie Online-Meetings machen, total geil. Und du musst aber nicht auf all deinen Rechnern irgendwie von deinen Mitarbeitern irgendeinen Scheiß installieren. Dann hast du noch so ein Firewall-Thema und Compliance und so. Das ist doch viel besser. War eigentlich nichts, womit man die Leute jetzt groß in einem Ofen herlockte. Und mir war eigentlich immer klar, das wird irgendwann kommen. Chrome konnte das irgendwann im Browser und, und, und. Aber wenn du hingehen konntest und konntest sagen, naja, schau mal, deine Mitarbeiter machen wahrscheinlich so und so viele Meetings pro Woche, dein durchschnittliches Lohnlevel ist X und mit uns sparst du so und so viel ein, dann hattest du auf einmal die Aufmerksamkeit. Ich hatte nochmal so den Eindruck, und da können wir mal das Thema Wechselkosten auch weiter vertiefen, dass manchmal auch so das Thema war, ich habe was eingekauft und dann wollten die da halt sehr stark daran festhalten, weil es ist ja für einen Einkauf auch irgendwie so ein Schwachsinn. Stück weit ein Image-Thema, dass sie sonst das Falsche eingekauft hätten, wenn sie jetzt dich irgendwie dafür nehmen stattdessen. Ist das auch so eine Form von Wechselkost, dass du so merkst, so okay, also gerade bei Einkaufsprozessen will man sich ja oft immer absichern, also spricht es ja eigentlich dafür, wenn man was Falsches gekauft hat, dass da irgendjemand einen Fehler gemacht hat. Ist das auch so ein typischer Faktor oder gibt es da noch ganz andere?

Gero Decker: Klar, das darf man nicht unterschätzen. Leute, auch je nachdem, wie wichtig diese Entscheidung für das Unternehmen war und um wie viel Geld es dort ging. Du willst dir ja nicht die Blöße geben, sagen zu müssen, ich habe das Falsche ausgesucht. Deswegen gibt es typischerweise so eine gewisse Schamfrist. Also wenn jemand etwas einkauft, dann ist es sehr, sehr selten, dass in den nächsten zwölf Monaten diese Entscheidung infrage gestellt wird. Du musst schon mindestens zwei oder drei Jahre ausharren, weil dann kann die Person womöglich auch ohne Gesichtsverlust sagen, naja, wir haben es ja vor drei Jahren ausgesucht, da war der Markt ja ein ganz anderer. Und das Produkt hat sich jetzt so stark entwickelt in diesen drei Jahren, das ist eine ganz andere Situation. Also das hatten wir bei Signavio ganz häufig, dass wir in den Frühzeiten der Company zwar im Auswahlverfahren schon drin waren, aber wir dann womöglich doch den Deal verloren haben. Und drei Jahre später kamen die Leute dann auf uns zu und haben gesagt, lass uns noch mal reden. Oder wir kamen auf die zu und es kam dann tatsächlich zu einer Bestellung. Nicht, weil das Produkt Das Produkt war gar nicht grundsätzlich anders, sondern es war einfach die Schamfrist war quasi abgelaufen und die konnten guten Gewissens behaupten, naja, der Signavo war ja damals noch gar nicht so weit. Ja, ich sage so Bullshit. 98 Prozent von dem, was ihr jetzt hier seht, da gab es vor drei Jahren auch schon. Man gibt denen halt eine Argumentation und sagt, ja, genau, hat sich halt alles sehr stark weiterentwickelt und so kann ich gut verstehen, dass vor drei Jahren das noch nicht reif genug war, aber jetzt es halt so weit ist. Ja, und super, sehr schön, Herr Decker, dass wir jetzt nochmal reden. Fazit, die haben damals einfach das falsche Produkt gekauft. Das wissen die auch. Und jetzt findet man eine Argumentation, wie die sich da möglichst ohne Kratzer sozusagen rauswinden können.

Joel Kaczmarek: Aber gut, fairerweise darf man das ja auch echt nicht unterschätzen, wenn du jetzt meinetwegen sowas wie ihr, Prozesssoftware, wenn du das über 50, 80, 100, 200 Mitarbeiter irgendwie änderst. Also das muss man sich ja immer bewusst sein. Deswegen finde ich dieses 10x eigentlich auch ganz plausibel, dass die Kosten für so einen Wechsel halt schon ziemlich, ziemlich hoch sind. Also so rein operativ einfach auch.

Gero Decker: Genau, deswegen, wenn du eine dedizierte Switch-Out-Kampagne machen willst, also du suchst dir Leute, wo ein Konkurrenzprodukt im Einsatz ist, versuchst du jetzt umzuswitchen. Es muss für die, von der Leistung her, muss offensichtlich sein, dass es wesentlich besser ist, als das, was sie vorher hatten. Diese Argumentation musst du führen. Wenn du nicht zeigen kannst, dass das, was du anbietest, wesentlich besser ist, dann bleibt dir nichts anderes übrig, als für ein Zehntel des Preises anzubieten. Das ist die einzige Möglichkeit und meistens willst du das nicht. Deswegen musst du diesen 10x auf dem Wert irgendwie verargumentieren können. Und dann musst du noch zwei weitere Dinge machen. Dann musst du sicherstellen, dass es die nichts mehr kostet. Idealerweise bezahlen die dann das Gleiche oder weniger im Vergleich zu dem, was sie vorher im Einsatz haben. Wenn sie ein totales Billo-Produkt haben, okay, fein, dann muss man sich daran nicht halten. Aber gerade wenn du von so einem, ich sage mal, so einem IBM-Switch-Out oder was auch immer, wo du halt ein mächtiges Produkt da eingekauft hast, dann darf es eigentlich nicht sein, dass der Kunde hinterher mehr bezahlt, weil sonst kommt er intern wieder in Argumentationsschwierigkeiten. Und das Dritte, was du sicherstellen musst, ist, du musst ihm einen klaren Plan aufzeigen, wie eine Migration von dem alten zu dem neuen passiert. Alle Risiken, die es dort geben kann, musst du alle proaktiv adressieren und einen Plan dafür haben, das zu machen. Das heißt, du kommst mit einem Schulungskonzept, du kommst mit einem Datenmigrationskonzept, du kommst mit Beispielen, wo das super smooth funktioniert hat. Weil dann können die Leute intern hingehen und sagen, guck mal, wir kriegen hier was, was wesentlich besser ist als das, was wir vorher hatten, für den gleichen Preis oder sogar ein bisschen günstiger. Und der Wechsel ist nicht so hart, wie ihr alle befürchtet. Wenn du diese drei Dinger, diesen Dreiklang sozusagen machen kannst, dann hast du eine realistische Chance auf einen Switch-Out.

Joel Kaczmarek: Das heißt dann in der Konsequenz aber eigentlich, dass ich immer nur Produkte sozusagen switchen kann proaktiv, die größer oder gleich groß zu mir sind. Dass wenn ich jetzt zum Beispiel sage, okay, die haben irgendeine kleinere Lösung und ich will jetzt nicht irgendwie auf das Preislevel runtergehen, also macht es eher Sinn, große, starke Wettbewerber.

Gero Decker: Ja, also Replacement, wenn ich so eine Replacement-Kampagne mache, dann typischerweise gehe ich dort auf Legacy, teure Legacy-Produkte und versuche so viel wie möglich von dem, was die anderen an kommerziellen dort haben rausholen können, da nahe heranzukommen. und einfach eine wesentlich bessere Lösung denen zu geben. Das ist der typische Weg. Der andere Weg, dass du, sagen wir mal, eine sehr, sehr günstige Lösung dort hast, dann ist es quasi wie ein Greenfield-Verkauf. Du musst halt zeigen, dass du auf der Stufe, wo du gerade stehst, da kannst du gar nicht bleiben. Das geht gar nicht. Eine Company, die geht bankrott, wenn du das machst. Du bist gar nicht für die Zukunft gerüstet. Das ist weniger ein Switch-Out, sondern eher, dass du denen quasi zum ersten Mal das Licht zeigst.

Joel Kaczmarek: Okay, verstanden. Und wenn du jetzt so eine Switch-Out-Kampagne planst, wie fängst du das an? Nimmst du dir zum Beispiel irgendwie einen dezidierten Wettbewerber, von dem du weißt, der ist irgendwie teuer, groß, vielleicht nicht so gut gediegen bei den Kunden, guckst dann auf der Webseite, wen der alles angibt und grast die alle ab. oder wie machst du das?

Gero Decker: Genau, also du willst eine Switch-Out-Kampagne genau immer gegen einen Wettbewerber definieren, weil dann kannst du dir alle deine Argumentation zurechtlegen. Hier sind die typischen Frustrationspunkte, die die Kunden mit dem Produkt haben. Wenn es ein total grandioses Produkt ist, wo die Leute total happy damit sind, dann würde ich niemals eine Switch-Out-Kampagne machen. Ich würde jeden für verrückt erklären, der versucht, eine Switch-Out-Kampagne gegen Signavio zu fahren, weil die Kunden sind einfach zu glücklich. Das macht gar keinen Sinn. Wenn wir jetzt eine Company wären auf einem absteigenden Ast, dann ist das ein anderes Thema. Und alle hassen das Produkt. Aber wenn dem nicht so ist, dann versucht es gar nicht erst. Das ist vergebene Liebesmüh. Aber wir hatten in der Anfangszeit auch einen großen Anbieter vor uns. In unserem Fall war das die Software AG. Und da war es einfach draußen am Markt bekannt, das ist teure Software und jeder hasst es. Jeder will es eigentlich loswerden. Oder es gibt so eine latente Loswerdelust zumindest. So, das ist natürlich schon mal ein guter Nährboden. So, was machst du dann? Dann ist die nächste Frage, du suchst dir einen Wettbewerber aus. Du legst dir die ganze Story zurecht. Was sind deine Talktracks? Was ist deine Argumentation? Was ist denn dieses 10x, was die Kunden bekommen? Was ist der Differentiator, wo du wesentlich besser bist? Wenn du das nicht hast, brauchst du gar nicht erst den Weg zu gehen. Also das ist die ganze Vorbereitung. Dann musst du natürlich rausfinden, wer sind denn überhaupt die Kunden? Kannst du das rausfinden? Naja, du kannst die auf der Webseite gelistet sind. Das ist aber typischerweise nur ein Bruchteil, 5% oder maximal 10% der Kunden. Und typischerweise sind das die glücklicheren Kunden, sonst würden sie nicht als Referenz gelistet sein. Die spannende Frage ist, wie komme ich an die anderen 90% ran? Da gibt es womöglich User-Foren von dem bestimmten Produkt, wo die Leute sich alle tummeln. Bei Xing, LinkedIn schreiben die Leute sich das als Kompetenz irgendwie in ihr Profil mit rein. Twitter-Follower, Facebook-Follower, das sind alles so Dinge, wo du rausfinden kannst, wer ist denn wahrscheinlich ein Kunde. Es gibt auch Data Provider, wo du sozusagen Kundenlisten kaufen kannst, aber da die Datenqualität ist meistens so miserabel, dass du genauso gut alle Unternehmen antilafonieren könntest. Also solche Listen würde ich nicht kaufen, weil, wie gesagt, die Datenqualität einfach sehr schlecht ist. Oder du hast womöglich Partner, die früher mit deinem Wettbewerber zusammengearbeitet haben und die wissen genau, dass hier sind die 50, 60, 70, 100 Kunden in unserem Markt. Können wir jetzt gemeinsam alle mal durchklappern. Also das ist sozusagen der zweite Punkt, Targetliste bauen.

Joel Kaczmarek: Kann man auch so Mitarbeiter von denen zum Beispiel abwerben und dann auf dem Weg versuchen, dass man an Kundenlisten kommt?

Gero Decker: Weiß ich nicht, ob das so zielführend ist, weil gerade bei den Großen haben die Mitarbeiter häufig nur einen mini-mini-Einblick, wer überhaupt Kunden sind. Die kennen so diese fünf oder zehn shiny Examples und wahrscheinlich sind das die, die am schwersten zu konvertieren sind. Und dass die irgendwie kurz vor ihrem Abgang nochmal einen Abzug vom CRM-System machen, das willst du gar nicht erst vorschlagen. Weil das wäre fieser Datenklau, den darf man und will man nicht unterstützen. Deswegen, nee, also ehemalige Mitarbeiter eher weniger. Target-Liste bauen und dann geht es los. Dann ist die spannende Frage, wie bei jeder Outbound-Aktion, ich habe eine Target-Account-Liste, dann innerhalb der Target-Account-Liste muss ich mich natürlich zu den entsprechenden Ansprechpartnern vorhangeln. Und da erlebt man manchmal so das blaue Wunder. Wir haben zum Beispiel gemerkt, dass selbst wenn wir auf einen Kunden gestoßen sind, Die Kunden wussten das zum Teil gar nicht, dass sie diese Software im Einsatz haben oder lizenziert haben. Und dann war das Outcome, oh, das ist ja super, dass ihr uns Bescheid sagt, da können wir endlich mal unseren Vertrag kündigen. Das ist so eine Karteileiche bei uns. Sehr toll, dir hat es jetzt nichts gebracht. Du hast jetzt dem Wettbewerber da einen Kunden sozusagen abschwänzig gemacht, aber selber kein Deal gemacht. Das bringt dir auch nichts. Also lange Rede, kurzer Sinn. Ehrlicherweise ist so ein Replacement-Ansatz sehr mühsam.

Joel Kaczmarek: Na, was hast du so für eine Prozentwahrscheinlichkeit, wenn du jetzt irgendwie eine Target-Liste von 100 Leuten hast oder meinetwegen 1000, die du irgendwie abtelefonierst, wie viel davon kriegst du konvertiert, dass die so einen Switch-Out machen?

Gero Decker: Es kommt ganz auf den Pain drauf an, kommt ganz drauf an, über was für Produkte wir reden. Also ganz ehrlich, wenn du 10% schaffst, ist das schon super. Und dann ist ja auch die Frage, über welchen Zeitraum reden wir. Hier zum Beispiel unsere Kollegen von Camunda, die Es ist halt ein Zeitraum von fünf bis zehn Jahren, wo die halt so einen Markt abgrasen und einen nach dem anderen rüberholen. Und irgendwann hast du halt so eine Welle, also bei denen zum Beispiel ist es Versicherungsbranche, wo dann hinterher, da bleibt halt dann auch kaum einer noch übrig, der IBM benutzt, sondern die sind dann halt alle übergewechselt. Und da fühlt es sich dann auch nicht mehr wie ein Switch-Out an. Bei den ersten fünf fühlt es sich an wie ein Switch-Out und danach ist es ganz normale Marktbearbeitung.

Joel Kaczmarek: Und dann kommt IBM irgendwann und kauft die.

Gero Decker: Ja, wenn es strategisch genug für die ist, wenn genug Schmerzen sind. Ich meine, wenn du nur ein Zehntel des Preises realisierst beim Kunden, dann ist das für die womöglich auch einfach inkompatibel mit dem Modell, was die fahren. Und sagen, ja, okay, das Produktsegment haben wir jetzt halt aufgegeben.

Joel Kaczmarek: So von der Ansprache her, sollte man irgendwie Wettbewerber proaktiv schlecht machen oder sollte man eher mit sich selbst argumentieren? Das ist ja immer so ein heikles Ding, wenn man sagt, ihr habt ja IBM oder ihr benutzt ja Salesforce, das ist ja so teuer und das ist ja so und so. Wie gehst du da vor?

Gero Decker: Wettbewerber schlecht machen ist immer eine ganz schlechte Idee. Und es geht ja immer darum, den Schmerzen des Kunden herauszuarbeiten. und seine Sorgen und Nöte zu verstehen. Du kannst natürlich reingehen und sagen, wir haben jetzt schon mit vielen Organisationen gesprochen, die das und das im Einsatz haben. IBM nehmen wir mal jetzt mal, um bei dem Beispiel zu bleiben, die IBM dort im Einsatz haben. Und was sie uns berichten, ist, dass es einfach viel zu lange dauert, da Projekte drauf zu realisieren. Und ist das ein Problem, was ihr auch habt? Seht ihr das? Also das ist übrigens ein allgemeiner Trick, wenn man über Wettbewerber sprechen will oder auch über einen selber, kann man häufig den Umweg gehen und sagen, Kunden berichten oder Leute erzählen uns. Weil das ist halt dann nicht eine eigene Meinung und es ist nicht verifizierbar, ob das tatsächlich so ist. Muss man dann einfach in dem Moment glauben. Sagen, ja, viele Kunden, die gewechselt sind in der Vergangenheit, die haben einfach berichtet, dass die Usability von dem anderen Ding halt wesentlich schlechter ankam bei den Mitarbeitern als das, was wir denen dort bieten. Wir wissen alle, Usability ist ein hochgradig subjektives Thema. Da kann ich jetzt nicht so wahnsinnig viel zu sagen, aber es ist halt das, was uns die Kunden widerspiegelt. Und ich würde gerne herausfinden, ob das bei euch jetzt euch auch helfen würde, die Akzeptanz dafür, das Thema hochzubringen, mehr Leute auf die Plattformen draufzunehmen, euch dort produktiver zu machen, ob es den Case bei euch gibt.

Joel Kaczmarek: Wie ist der umgekehrte Fall? Mal abschließend, wie würdest du versuchen, dich gegen Switch-Outs zu verteidigen?

Gero Decker: Ein gutes Produkt liefern, einen guten Service liefern.

Joel Kaczmarek: Also da kannst du gar nicht proaktiv Kampagnen sozusagen starten, dass wenn du mitkriegst, jemand geht da alle deine Kunden an, telefoniert die ab, dass du dann irgendwie hingehst und mit denen auch mal redest und irgendwas tust.

Gero Decker: Wenn du ein gutes Kundenverhältnis hast, wenn du zufriedene Kunden hast, musst du überhaupt gar keine Angst haben, dass da jemand abwandert. Also die Antwort auf Switchouts vermeiden ist Customer Success. Du brauchst halt eine gute Kundenbeziehung und du musst dich ständig darum kümmern, dass deine Kunden erfolgreich sind und da proaktiv dran arbeiten. Das ist hilfreich, um Churn zu vermeiden. Das ist hilfreich, um Upsells zu machen. Hilft dir halt, Wettbewerber draußen zu halten.

Joel Kaczmarek: Was sind so abschließend deine goldenen Regeln, wenn es um Switch-Outs geht? Also wenn du es versuchen willst, was wären dann so Sachen, wo du sagst, das solltest du wirklich auf dem Schirm haben, nochmal zusammengefasst?

Gero Decker: Also nochmal einen Schritt zurück. Switch-outs ist der beschwerlichere Weg. So ein Greenfield oder so eine Konsolidierungsthematik, wo Kunden halt so ein bisschen was im Einsatz haben, aber nicht so richtig konsequent und du kommst da rein als die erste richtige Lösung. Das ist immer das viel bessere Szenario. Switch-outs ist immer so ein bisschen Zweite oder dritte Wahl, was man machen will. Und dann ist der Rat halt, mach es nur, wenn der Case wirklich spannend genug ist. Wenn du diese Frage, was ist das 10x? Nur wenn du die beantworten kannst, geh überhaupt den Weg von Switch-Out-Kampagnen. Ansonsten ist es vergebene. Liebesmühe.

Joel Kaczmarek: Hervorragend. Ein gutes Schlusswort. Und ich danke dir ganz herzlich. Und wie immer freue ich mich aufs nächste Mal mit dir.

Gero Decker: Absolut. Bis zum nächsten Mal. Ja.

Mehr zum Thema

Sales

Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um Sales: Ka-Ching! Hier kommt dein Pflichtprogramm, wenn du verstehen möchtest, wie (B2B-)Sales funktioniert. Gemeinsam mit diversen Gästen hebt Joel deine Fähigkeiten im Vertrieb anhand vieler Beispiele und konkreter Tipps auf ein neues Level.