Wie macht man Sales in den USA?
15. Oktober 2018, mit Joel Kaczmarek, Gero Decker
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Joel Kaczmarek: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen The Art of Sales Podcast von Digitalkompakt. Mein Name ist Joel Kaczmarek und heute sitze ich hier beim guten Gero. Grüß dich, Gero.
Gero Decker: Hallo, Joel.
Joel Kaczmarek: Man darf ja mal ein bisschen einen kleinen Eindruck vermitteln. An allen Türen hängen immer diese coolen OLED-Displays, damit man weiß, welches Meeting hier drin ist. Wo gibt es die? Die sind total geil.
Gero Decker: Ja, das war so eine Kickstarter-Kampagne, wo wir einer der ersten Sponsoren waren, um die ersten zehn Devices zu bekommen. Joanne begrüßt uns hier immer am Morgen. Ich weiß nicht, ob das Produkt so heißt. Muss ich nochmal raussuchen, wie das Produkt genau heißt.
Joel Kaczmarek: Ja, das ist ganz lustig, weil ich sehe ganz oft, dass Leute irgendwie Meetingräume haben. Dann hast du irgendwelche Kalender, musst den Rechner aufmachen, hast du nicht dabei und hier in jedem Raum. Also mal als kleiner Eindruck von der Front. Und heute wollen wir mal über eine neue Front reden, die US-amerikanische. Ihr seid ja auch irgendwie in den USA aktiv mit Signavio. Und ganz viele Leute trauen sich da nicht rüber und manche doch. Und wir wollen ja ein bisschen versuchen, den Leuten Lehrgeld zu ersparen, was das Thema Sales-Aufbau in den USA angeht. Und vielleicht können wir mal so einen ganz kurzen Dip machen, dass du mal erzählst, was ihr in den USA so tut. Also wo sitzt ihr da? Wie viele People habt ihr on the ground? Was ist das Ziel? Wie geht ihr da so vor? Lass uns damit mal anfangen.
Gero Decker: Genau. Starten wir vielleicht mal mit dem Warum. Warum überhaupt in die USA? USA ist für den Software-Markt einfach mit Abstand der größte Markt weltweit. Genau. Die USA ist wesentlich größer als die ganze EU zusammen, wenn es darum geht, wie viel Geld für Software ausgegeben wird oder Geld für Technologie ausgegeben wird. Also die USA, amerikanische Firmen geben da sehr viel aus. Das ist zum einen, also Marktpotenzial ist einfach riesengroß. und das zweite ist die Frage, die man sich selbst immer als Unternehmer stellt, will ich eigentlich ein lokales, regionales Unternehmen bauen oder habe ich den Anspruch, ein globales Unternehmen zu bauen. weltweit das beste Produkt auf dem Markt zu haben. Das hat natürlich dann hinterher was damit zu tun. Ich sage mal, Thema Equity Story. Willst du an die Börse gehen? Wenn ja, wenn du an die Börse gehen willst, in Nasdaq, an der Nasdaq zum Beispiel, dann musst du einfach 30, 40, 50 Prozent Umsatz mindestens in den USA vorweisen. Also das sozusagen mal von hinten gedacht, warum USA-Markteintritt Sinn macht oder spannend ist. Es ist super schwierig. USA ist wahrscheinlich einer der schwierigeren Märkte, um dort Fuß zu fassen. Aber können wir heute noch besprechen, warum. Aber jetzt die Frage, wie sind wir dort aufgestellt? Also wir haben relativ frühzeitig dort angefangen, aktiv zu sein, so drei, vier Jahre nach Gründung. Haben aber sehr minimalistisch dort angefangen, so mit zwei, drei Leuten. Eher so Lonesome Outpost. Versucht mit sehr geringen Kosten quasi dort erstmal Fuß zu fassen. Das hat am Anfang gut funktioniert, aber dann nicht mehr so gut. Und dann haben wir das. drei Jahre später, also sechs Jahre nach Unternehmensgründung, haben wir das komplett nochmal neu aufgesetzt. Ein richtiges Team gebaut, haben dort dann hochgefahren. Im ersten Schritt von drei auf zwölf, 15 Leute. Sind jetzt so 25 Leute. roundabout in den USA.
Joel Kaczmarek: Und wo sitzt ihr da?
Gero Decker: Unser US-Headquarters ist in Boston. Da sitzen ungefähr die Hälfte unserer Mitarbeiter und die andere Hälfte ist übers Land verteilt. Also einmal die Ostküste runter in verschiedenen Städten, dann in der Mitte, in der Zentraljugend. Wir haben auch ein, zwei Leute in Texas und dann ein, zwei Leute an der Westküste.
Joel Kaczmarek: Machen die dann Homeoffice? oder wie läuft das?
Gero Decker: Die meisten, die nicht in unserem Boston-Office sind, machen Homeoffice. Das ist in den USA auch sehr, sehr üblich. Und ein, zwei Ausnahmen, die haben so einen kleinen Desk in einem Coworking-Space, weil die das einfach cooler finden, nicht alleine zu arbeiten, sondern irgendwie eingebunden zu sein in eine Community und da in Veranstaltungen teilzunehmen und so weiter.
Joel Kaczmarek: Jetzt hast du gesagt, ihr habt relativ früh damit begonnen. Was würdest du denn sagen, ist so der ideale Zeitpunkt, um sich über einen Sales-Aufbau in den USA Gedanken zu machen?
Gero Decker: Also für mich gibt es zwei Szenarien. Ein Szenario ist, mein Produkt funktioniert auf dem Heimatmarkt oder hat zumindest die Chance, auf dem Heimatmarkt zu funktionieren. Und ich habe gut verstanden, wie ich auf dem Heimatmarkt, sei es Deutschland, sei es Europa, eine Menge von Ländern in Europa Fuß zu fassen und auch ein skalierbares Modell zu bauen. Dass nicht nur alle vertrieblichen Erfolge nur am Gründer hängen, sondern dass ich es schon geschafft habe, eine Vertriebsstruktur aufzubauen. Mit Vertrieblern, auch nicht nur mit einem, sondern idealerweise drei, vier, fünf. Mindestens, weil ich dann schon mal eine gewisse Wiederholbarkeit in meinem Modell habe. Ich will eine gewisse Grundgesamtheit an Kunden haben, um halt nicht in die Falle zu tappen, dass ich zufälligerweise irgendwelche Spezialszenarien bisher getroffen habe, sondern ich will schon ein sehr, sehr gutes Verständnis davon haben, was ist eigentlich so das typische Pattern meiner Kunden? Was sind die typischen Probleme, die ich löse? Was ist die typische Ansprache, die ich habe? Was ist ein typischer Vertriebsprozess, den ich habe? Wie lange dauert das? Was für Dealsizes habe ich? Wo sind da die Komplikationen? Das muss ich eigentlich alles gut verstanden haben, bevor ich anfange, im Ausland Fuß zu fassen, weil sonst verzettelt man sich, sonst hat man zu viele Fronten gleichzeitig. Die zweite Frage ist natürlich auch, kann ich es mir leisten? USA-Ausbau kostet viel Geld. Ich sage mal, mit einer Minimalausbaustufe sollte ich irgendwie eine Viertelmillion, halbe Million mindestens zur Verfügung haben, ich sage mal für ein minimales Setup. Wenn ich ein richtiges Setup haben will, dann sollte ich lieber zwei bis fünf Millionen sage ich mal so, als Spielkapital zur Verfügung haben, um dort Fuß zu fassen. Und dann ist die Frage, habe ich das aus dem Cashflow? Wahrscheinlich nicht. Dieses Geld zur Verfügung oder mache ich dafür eine Finanzierungsrunde? Wenn ich das mache, habe ich natürlich auch die Erwartungshaltung, dass es funktioniert innerhalb eines Zeitraums und so weiter. Das sind alles so Überlegungen. Zweites Szenario, und da kann ich vielleicht gleich noch eine kleine Geschichte einschieben, ist nämlich das Szenario, ich habe zwar ein total cooles Produkt oder zumindest glaube ich das, aber es funktioniert auf dem Heimatmarkt nicht. Ich habe zwei, drei Dinge ausprobiert, aber es will irgendwie nicht. Dann habe ich einen Typen getroffen in Kalifornien vor vielen Jahren, der kam aus der Slowakei und hatte eine super geile App gebaut, MDOT hieß die. War quasi ein Homepage-Baukasten, so wie Jimdo oder so, aber halt bedienbar in einer App. Also ich habe in einer App meine Homepage zusammengestellt. War ziemlich cool, ich konnte zum Beispiel irgendwie ein Foto aufnehmen und dann mit zwei Klicks konnte ich das auf meine Homepage einbinden. Da fragt man sich, ich komme aus der Slowakei und habe einen Homepage-Baukasten, der per App bedienbar ist. Gibt null Markt dafür, null. Also er hat es versucht irgendwie in den Mann zu bringen, in der Slowakei gab es keinen. Und dann hat ihm ein schlauer Mensch gesagt, die Slowakei ist einfach der komplett falsche Markt dafür. Du musst Verrückte haben, die Technologie lieben, geh in die USA, geh nach Silicon Valley, probier dort dein Glück, weil dort sind die, die die Technologie am frühesten adopten. Dort habe ich ihn getroffen auf so einer Party, er hat mir seine App gezeigt, super geil. Also so eine geile Usability muss man erstmal hinkriegen. Hat er es erzählt. Wir sind so lose in Kontakt geblieben. Einen Monat später sehe ich, hat irgendwie so eine Million oder anderthalb Millionen Seed Funding sich eingesammelt von so ein paar bekannten Business Angels dort vor Ort. Und dann haben wir irgendwie einen Kontakt verloren. Und dann ein Jahr später sehe ich, ich weiß gar nicht, was der genaue Betrag war, ich glaube so 30 Millionen oder so. Oder dann sein Unternehmen verkauft für 30 Millionen an GoDaddy. Also den URL- oder Domain-Vertreiber und Web-Poster. Und das sind so Geschichten, die gibt es halt nur in Silicon Valley. Was hatte er entdeckt? Den Markt, den er entdeckt hatte und warum das für GoDaddy spannend war, war Seine Zielgruppe waren Bäckereien, Friseurläden, so Zeugs halt. So Miniläden, die halt keinen Computer rumstehen haben. Und die eben schnell bei der Arbeit so nebenher sagen wollen, guck mal hier, die neuen Croissants sind gerade frisch gebacken und pushen das sozusagen raus über ihre Social-Media-Kanäle und irgendwie auf die Homepage und wie auch immer. Und brauchen keinen Computer dafür. Und das war halt genau die Zielgruppe auch für GoDaddy, weil die halt Domains sozusagen für den Longtail, ist das halt ein super wichtiges Geschäftsmodell für die. Also das war eine coole Story, weil USA scheinbar der erste oder der einzige Markt für die war, wo so ein super innovatives Produkt halt überhaupt Fuß fasst. Aber das nur sozusagen als Randnotiz. Also das Gro der Fälle ist ja so, dass ich im Heimatmarkt schon Erfolg habe, Traction habe, das Modell verstanden habe und dann erst rübergehe und versuche, Dinge davon zu replizieren oder halt anzupassen auf die lokalen Gegebenheiten.
Joel Kaczmarek: Mal so rein organisatorisch, hast du dafür irgendwie einen eigenen Ableger als Firma gegründet? Muss man da irgendwie eine Ink aufmachen, was ja ganz viele so in Delaware machen, wenn ich es mitkriege? Oder kannst du das auch in einer deutschen Firma machen?
Gero Decker: Also wir haben damals eine Inc. gegründet. Es geht relativ schnell. Also wir haben, ich glaube, so 3.000, 4.000 Dollar bezahlt für die Dienstleister. Also uns dort, keine Ahnung, Gesellschaftsvertrag, was du alles so brauchst dort. Die ganze Anmeldung vorzunehmen für uns und das hat einen Nachmittag Arbeit gekostet oder zwei Nachmittage. Also es ist halt super schnell. In unserem Fall, wir haben eine Inc. in Delaware. Ich weiß gar nicht genau, warum.
Joel Kaczmarek: Das gab es irgendeinen guten Grund, den ich wieder vergessen habe. Ich glaube, das hat mit Steuern zu tun. Es gibt zwei Staaten, wo man die Firmen anwendet. Delaware war der eine.
Gero Decker: Ich würde fast behaupten, das ist auf der juristischen Seite irgendwas, dass du besonders unternehmensfreundliche Gesetzgebung hast. Wie dem auch sei. Also in Silicon Valley war das einfach das Standardpattern. Du hast eine Inc. in Delaware und dann hast du überall dort, wo du Mitarbeiter einstellst, hast du quasi eine Betriebsstätte. Also wir hatten dann am Anfang eine Betriebsstätte in Kalifornien. Irgendwie Registered Business oder irgendwas hieß das. Aber das ging super schnell. Wie gesagt, zwei Nachmittage Arbeit, 3.000, 4.000 Dollar Kosten war das bei uns. Und das brauchst du aus zwei Gründen. Zum einen, um Mitarbeiter einstellen zu können vor Ort. Weil sonst kannst du nur über den Weg gehen, irgendwie freie Mitarbeiter einzustellen. Und der zweite Grund ist, dass deine Kunden wahrscheinlich sehr schnell von dir verlangen, dass sie Verträge nach amerikanischem Recht mit einem amerikanischen Counterpart schließen wollen. Das sozusagen so als beide Hauptgründe.
Joel Kaczmarek: Wenn jetzt jemand einen Investor bei sich drin hat und gründet eine US-Gesellschaft, wie muss man sich das vorstellen? Auch in so einem Exit-Fall zum Beispiel, sagt man dann, man trennt das so ein bisschen. oder machst du es zum Beispiel auch, dass du US-Mitarbeiter in den USA beteiligst, wenn du irgendwie ESOP rausgibst oder wenn es halt einen Exit gibt, rechnet man dann runter, kaskadiert man, was da passiert. oder ist das viel zu kompliziert gedacht?
Gero Decker: Nee, du machst eine 100%-Tochter ohne irgendwelche komischen Sonderlocken. Und wenn es um ESOP geht, dann machst du das auf die Muttergesellschaft. Also die amerikanischen Kollegen bei uns, die in so einem Optionsprogramm drin sind, die haben Optionen auf die deutsche GmbH.
Joel Kaczmarek: Gut, wenn wir jetzt mal USA als Markt so ein Stück weit verstehen wollen. Fangen wir mit dem Standort an. Du hast gesagt, ihr seid hauptsächlich in Boston. Was war der Grund für diese Standortwahl?
Gero Decker: Also wir waren ja am Anfang drei Jahre lang quasi in Kalifornien. Neun Stunden Zeitunterschied, riesige Flugdistanz. Das war ganz schrecklich einfach von der Zusammenarbeit her oder von der Logistik her. Und unsere Kunden waren eher, die sind zu 70, 80 Prozent an der Ostküste. Insofern einfach Flugentfernung und Kundenlokalisierung war für uns das Hauptargument, an die Ostküste zu gehen. Außerdem in Silicon Valley, da sind halt auch Preise heiß gelaufen. Es ist super schwierig, Leute zu halten in einem Unternehmen, weil die haben halt tausend Auswahl, wo sie hingehen können. Und das war an manchen Stellen an der Ostküste ein bisschen entspannter. Boston, warum? Wir haben einfach einen neuen US Head of Sales gesucht. und haben davon abhängig gemacht, je nachdem wo er wohnt oder wo er arbeiten möchte, dass wir dort einen Standort aufbauen. Und wir hatten 60 Prozent unserer Kandidaten für den Job in Boston. Warum? Weil Boston einfach ein Hotspot für Enterprise Software ist. Da sind viele Enterprise Software Companies dort lokalisiert. New York hat eher andere Branchen.
Joel Kaczmarek: Banking wahrscheinlich viel, oder?
Gero Decker: Ja, Banking, Fashion, Werbeindustrie, so etwas. Oder auch Consumer Products. hast du dort.
Joel Kaczmarek: Spielt Florida eigentlich bei dir eine Rolle? Das ist ja so eine alte Hochburg der Softwareindustrie aus Windows-Zeiten, so Tempa und die ganzen Ecken da, weil da auch viel US-Militär ist. Merkt man das bei euch auch?
Gero Decker: Nee, null.
Joel Kaczmarek: Okay. Wie ist das so mit Austin, Texas, was ja so aufsteht?
Gero Decker: Austin ist ein cooler Standort, also wenn es so um das Thema Lebensqualität geht. Ich führe immer so meine Liste meiner US-Best Cities to live in, ja. Austin ist auf Platz 2. Santa Barbara, Kalifornien ist Platz 3. Aber Boston ist tatsächlich Platz 1, muss ich sagen. Dieser europäische Flair. Einfach eine sehr nette Stadt, finde ich. Sehr lebenswert. Aber Austin ist auch super. Man merkt nicht, dass man in Texas ist. Texas ist sonst sehr, sehr anders. Austin ist sehr, sehr liberal, vibrant, jung, innovativ. Da passiert viel.
Joel Kaczmarek: Okay, also das ist sozusagen auf der Mitarbeiterseite dann potenziell und wie man so das soziale Umfeld hat. Ist es so kundenseitig relevant?
Gero Decker: Naja, in den USA, das ist der nächste spannende Punkt. Wo sitzen eigentlich die Kunden? oder adressierst du eigentlich die USA als Ganzes oder musst du dich irgendwie konzentrieren? Wenn du ein Inside-Sales-Modell hast, also heißt, du machst alles über Telefon und Webmeetings, dann kannst du quasi die USA relativ breit adressieren. Da hast du keine geografische Einschränkung. Sobald du irgendeinen Aspekt von Face-to-Face-Meetings hast, was du immer hast, wenn du über größere Kunden redest, dann fällt dir sofort auf, dass die USA einfach ein massiv großes Land ist. Also allein Boston, New York, die halt auf der Landkarte guckst du dir an und die ist fast so wie, keine Ahnung, Passt ein kleiner Finger dazwischen. Ja, denkst du, es ist so wie Frankfurt und Darmstadt. Ja, nix da. Da fährst du drei, vier Stunden Auto. Musst du fliegen. Ganz weit entfernt alles. Und dann fliegst du irgendwie von, keine Ahnung, Boston nach Houston, Texas. Das ist so wie von Berlin nach Dubai. Oder noch weiter. Also Das sind einfach riesen Distanzen und deswegen musst du halt eine geografische Konzentration machen. Und du musst natürlich sehen, dass sowas wie eine Greater New York Area einfach von der Wirtschaftskraft her ist vergleichbar wie ein signifikantes europäisches Land. Also du kannst auch sehr viel Business machen. In einem konzentrierten Bereich. Also Fazit, du willst, wenn du in die USA gehst und irgendeine Form von Face-to-Face-Kommunikation mit deinen Kunden brauchst, such dir zwei, drei ganz kleine Regionen aus. Also zum Beispiel Region Nummer 1, Greater Boston Area, Region Nummer 2, Greater New York Area. Und Region Nummer drei vielleicht Chicago. That's it. Und den Rest des Landes ignorierst du.
Joel Kaczmarek: Und ist das nicht ein Problem, wenn du jetzt mit irgendeiner New Yorker Firma zu tun hast, dass die dann mal deswegen sagen, okay, wir haben auch irgendwie Ableger in Los Angeles oder in San Antonio. Da werden wir auch Customer Support brauchen. Den hätten wir manchmal gerne live vor Ort. Können Sie sozusagen, können Sie das abdecken? Das ist kein Problem?
Gero Decker: Das ist nicht so ein großes Problem. Das sehe ich hier in Deutschland viel eher das Problem, weil du dann einen Ableger in China hast oder einen Ableger in Brasilien hast. Da stellt sich die Frage, wie deckst du es ab? In den USA, das ist nicht so ein Riesending. Die Frage ist, wo sitzen deine Hauptansprechpartner? Und wenn die in der Region zusammengezogen sind, keine Ahnung, Coca-Cola sitzt halt in Atlanta. 80% deiner Ansprechpartner sitzen halt in Atlanta. Oder, keine Ahnung, Goldman Sachs, die sitzen halt Zum großen Teil in New York oder New Jersey und zum kleinen Teil in Salt Lake City. Das ist eine sehr, sehr große Konzentration.
Joel Kaczmarek: Gut, verstanden. Jetzt hast du ja irgendwie auch die Zeitzonen schon angedeutet. Wie managst du denn sowas eigentlich? Also wenn du hier in Deutschland deine Zentrale, dein Hauptquartier hast und dann da deinen Ableger, macht ihr dann irgendwie in den Abendstunden eure Calls oder machst du das per E-Mail oder fliegst du rüber? Also wie sollte man eine Sales-Division, die auf einem anderen Kontinent in einer anderen Zeitzone sitzt, effektiv managen?
Gero Decker: Also im Best Case geht einer der Gründer für ein, zwei, drei Jahre rüber und bleibt dort permanent und kommt vielleicht für eine Woche pro Monat zurück nach Deutschland geflogen. Das ist sozusagen der Idealfall. Wenn das nicht geht, dann musst du trotzdem sehr, sehr regelmäßig rüberfliegen. Also ich zum Beispiel fliege einmal im Monat rüber in die USA für jeweils eine Woche, einfach um sehr, sehr nah dran zu sein. ein Gefühl dafür zu kriegen, ob die Dinge in die richtige Richtung laufen, auch da nah dran zu sein an dem Markt. Also physische Präsenz ist das A und O. Das zweite ist, du brauchst Leute dort drüben, quasi als deinen Stadthalter, die auch damit klarkommen, dass das Headquarter in Europa sitzt. Das ist nicht offensichtlich für einen Amerikaner und vor allen Dingen nicht, wenn du in einer Technologiebranche bist. Weil 98 Prozent der spannenden Firmen sind einfach headquartered in den US und die ticken ein bisschen anders, haben eine leicht andere DNA. Und für viele Amerikaner ist das einfach sehr, sehr, sehr, sehr, sehr ungewohnt. mit einem Headquarter zu tun zu haben, was weit weg ist, wo eine andere Sprache womöglich gesprochen wird bei vielen Leuten, wo du nicht so nah dran bist, um damit klarzukommen. Das heißt, wenn du dir dort einen Stadthalter suchst, such dir jemanden, der genau mit so einem Szenario schonen kann. Erfahrung hat. Und da ist es dann auch egal, ob der Erfahrung hat mit einer französischen, schwedischen, deutschen Firma. Hauptsache irgendwas in Europa, um diesen Modus schon mal erfahren zu haben.
Joel Kaczmarek: Wie machst du es dann vom Organisationsaufbau? Was ich so kennengelernt habe, war, als ich das Samba-Buch geschrieben habe, gab es so diese zwei Modelle Groupon und Jamba. Ein Modell war starke Zentrale und du hast im Prinzip in den Outliers, also USA wäre dann ein Outlier, nur bestimmte Positionen sitzen, die umsetzen müssen. Und das andere Modell war, du replizierst eigentlich deine Kernorganisation im Markt nochmal, weil du davon ausgehst, dass er so anders ist, dass du gar nicht alles eins zu eins übertragen kannst. Das heißt, du hast wahrscheinlich ein paar Vorgaben zentral, aber eigentlich dezentral nochmal komplette Organisationen aufgebaut. Wie habt ihr das gemacht und was ist so deine Beobachtung, was besser funktionieren könnte?
Gero Decker: Also ich bin ein großer Fan davon, eher das Modell ein Stück weit zu replizieren, also vor Ort eine starke Organisation aufzubauen, die auch einen großen Grad an Autonomie hat, um dort kreativ voranzugehen. Das hat auch was damit zu tun, was für Personen kannst du rekrutieren und welche Personen bleiben dann auch. Weil wenn du denen nur die ganze Zeit zentrale Vorgaben machst und die sind nur noch die Dullis, die vor Ort ausführen, da hat auch gar keiner Bock drauf, ehrlicherweise. Und da hast du nur Monkeys dort sitzen. Habe ich noch nie gesehen, dass das funktioniert. Das fällt früher oder später irgendwie in sich zusammen. Du brauchst starke Leute vor Ort, du musst denen Kreativität geben. Auch zum Beispiel, wie sie dein Produkt positionieren. Du denkst, du hast es total verstanden, aber in den lokalen Märkten gibt es vielleicht ganz andere Einflugschneisen für dein Produkt. eine ganz andere Wettbewerbssituation, dass du auf so einer Seite kreativ sein musst. Du musst ganz viel Kreativität erlauben auf der Marketingseite. Welche Kanäle funktionieren, welche Ansprache funktionieren, welche Community, Target Group, das kann sein, dass das in dem Markt signifikant anders ist, als das, was du von zu Hause gewöhnt bist. Und da brauchst du Leute, die Spaß daran haben, sich dort auszuprobieren. Also insofern, ich bin ein großer Fan von Autonomie. Dinge, die man zentral machen kann, alles, was sozusagen Backoffice ist, also Keine Ahnung, dein Finance-Team zum Beispiel. Da sehe ich noch keinen Grund dafür, warum man das weltweit replizieren muss. Du machst dann halt einen quasi als Shared Service Center, wenn man so will. Dann machst du so eine Funktion zentral. Oder R&D musst du natürlich nicht verteilen, sondern du kannst deine Produktentwicklung an einer Stelle zusammenziehen. Selbst so Themen wie Customer Support musst du nicht zwangsläufig replizieren. Aber alle die Funktionen, die quasi Face-to-Face-Kontakt mit dem Kunden am Ende des Tages haben, denen willst du große Autonomie vor Ort geben.
Joel Kaczmarek: So, wenn man da jetzt startet, wie fängt man eigentlich an? Also was ist so der erste Schritt, wenn du jetzt sagst, du hast gesagt, ich sollte einen Markt aussuchen, der für mich auch backerbar ist, wenn ich personelle Berührungspunkte habe. Du überlegst über die Zeitzone, du überlegst über deinen Firmenaufbau, das Cash liegt bei der Seite. Was ist dann so der erste Schritt?
Gero Decker: Also es kommt ganz oft dein Budget drauf an, wie du da rangehst. Nehmen wir mal an, du hast so ein 2-Millionen-Budget oder 3-Millionen-Budget. Den ersten Schritt, was du machst, ist, du suchst dir als allererstes einen starken Leader vor Ort. Dem kannst du auch im Routing-Prozess dann die Aufgabe geben, den Plan zu bauen, wie du an den Markt rangehst. Der wird sich ja relativ schnell in dein Produkt, in dein Offering reindenken und wird dann das gleich innerlich matchen mit, was für ein Target-Market, glaube ich, denn ist da das Richtige. Reden wir hier über Mid-Market, reden wir hier über Large-Enterprise. Reden wir hier über ein bestimmtes Industry Vertical, über was für Ansprechpartner im Unternehmen, reden wir hier und so weiter und so fort. Das sind ja die normalen Denkprozesse, die so eine Person sofort macht. Was sind die Deal Sizes, die ich glaube, bei Kunden realisieren zu können, zu wollen. Und dann kannst du sozusagen schon im Recruiting-Prozess, das ist dann eine ganz schöne Übung, lässt du dir von jedem irgendwie so einen 30, 60, 90 Tage Plan bauen und hast dann da schon mal ein bisschen Input. Wie gesagt, Achtung, solche Leute sind sehr, sehr teuer. Das heißt, man braucht das entsprechende Budget, um solche Leute an Bord zu holen. Das Schöne ist, wenn so eine Person mit an der Planerstellung dabei ist, dann hast du natürlich auch ein ganz anderes Commitment und ein ganz anderes Bayern.
Joel Kaczmarek: Also wenn ich das sauber verstehe, in dem Recruiting-Prozess hast du meinetwegen fünf Kandidaten in der älteren Auswahl und jeden lässt du so einen Plan machen und bezahlst ihn dafür? Nö. Okay, das ist sozusagen Teil des Vorstellungsgesprächs.
Gero Decker: Genau. Du sagst einfach, hey, hör zu. Du machst ja sowieso so ein mehrstufigen Interview oder mehrstufigen Recruiting-Prozess und du sagst halt in der einen Stufe, würde ich gerne mal, dass du halt dich in unser Unternehmen reindenkst und Mir erzählst 30, 60, 90 Tage. Und dann wird er natürlich, wenn er schlau ist, nicht einfach in sein stilles Kämmerlein gehen und dann irgendwie was sich ausdenken, sondern wird sagen, aber dafür brauche ich ja noch mehr Informationen über das Unternehmen. Und ich brauche das und das. Und du sagst, ja, super, geil, stelle ich dir alles zur Verfügung. Und dann siehst du schon, wie der arbeiten würde, wie seine Denkprozesse laufen und so weiter. Genau, so. und dann holst du die Person an Bord. Bei den Amerikanern geht alles sehr, sehr, sehr schnell. Du schaffst es, wenn du einen guten Sales Leader vor Ort hast, schafft die Person, ich sag mal so die ersten zwei Wochen oder die ersten vier Wochen braucht so eine Person, um überhaupt sich in dein Unternehmen reinzudenken. Den holst du nach Berlin oder wo auch immer du sitzt. Der guckt sich alles an, der spricht mit allen Sales Reps, die du hier vor Ort hast, spricht mit den Produktleuten, spricht mit allen Leuten, spricht mit den Serviceleuten, um sich sozusagen einzudenken. In dieser zwei bis vier Wochen Phase baust du dann quasi einen detaillierten Plan mit der Person zusammen, wie du da reingehen willst. So, dann geht die Person zurück und dann dauert das, also typischerweise im zweiten Monat findet das Staffing statt. Also wie gesagt, in den USA, ratze fatze geht das, dass du da dein Team gestaft bekommst. Eine gute Person bringt Leute mit oder kann Leute sehr einfach aktivieren aus dem eigenen Netzwerk. Das heißt, du hast die ersten drei, vier Kollegen oder fünf, sechs Kollegen, wie viel du auch mal einstellen willst, hast du da in Monat zwei stehen. Das heißt, der Milestone für Monat zwei Nachstart von dieser Person ist, du hast ein completely staffed Team. Dann hast du den nächsten Monat, also die nächsten 30 Tage, geht es dann darum, quasi Enablement zu machen und die Leute alle aufzuschlauen, mit dem Wissen zu equippen. Typischerweise in der ersten Woche machst du idealerweise so ein Bootcamp mit denen, also sozusagen Braindump, alles, was sie wissen müssen, kriegen die sozusagen übertragen, sodass die dann am sechsten Tag ihrer Anstellung schon das erste Mal zum Telefonhörer greifen können, um die ersten Gespräche mit Prospects zu führen, damit sich das sozusagen so einschleift. Das heißt, Milestone nach Also sozusagen Tag 90 ist, du hast ein existierendes Team und das ist onboarded. Und dann geht es darum, die nächsten drei Monate oder sagen wir mal die nächsten 60 bis 90 Tage, dann geht es darum, Pipeline zu bauen. Pipeline bauen heißt, Kunden-Opportunities auftun. Und da willst du dann in dem Zeitraum signifikanten Fortschritt sehen. Manchmal sieht man, dass man sich leicht verschätzt hat in den Profilen der Leute, die man dort eingestellt hat, muss dann womöglich nochmal nachjustieren. Du merkst in dieser Zeit, dass du womöglich deinen Sales Pitch, deine Ansprache, Benefit Argumentation und sowas, dass du das vielleicht gar nicht richtig gut genug verstanden hast, musst das dann on the fly nachschärfen. Also insofern macht es Sinn, in dieser Zeit als Gründer oder als Senior Leader sozusagen aus dem Mutterschiff auch dann komplett dort vor Ort zu sein, um dann daneben zu stehen. Und du willst sehr schnell so eine Daily, Weekly, Monthly Cadence, Cadence ist das Wort in den USA, so eine Regelmäßigkeit haben. dort einschleifen, dass du zum Beispiel sagst, okay, wenn es jetzt hier um Pipeline-Building geht, wie viele Calls wollen wir pro Tag machen? oder wie viele Leuten willst du reden pro Tag? Wie viele Produkt-Demos wollen wir vereinbart haben? Wie viel bla bla bla, was auch immer die Metrik ist und dass du es dann runterbrichst nach dem Motto, für das erste Quartal wollen wir x Millionen Pipeline gebaut haben. Wir glauben, das Average-Deal-Size wird, sagen wir mal, 50.000 sein. Also heißt 5 Millionen Pipeline, wäre jetzt ein bisschen viel, eine Million Pipeline in dem ersten Quartal gebaut, mit einer 50.000er Deal Size erwartet pro Opportunity, heißt, dass du 20 Opportunities von der Art aufgerissen haben musst. So, dann kannst du runterrechnen, okay, was heißt das pro Monat, was heißt das pro Person? Was glauben wir für eine Conversion Rate zwischen Product Demo und Actual Opportunity? Sagen wir mal, keine Ahnung, jetzt mal in die Luft geschossen, 4 zu 1, um jetzt mal irgendeine Zahl zu nennen. Dann weißt du, okay, ich muss 80 Produktdemos gemacht haben. Dann weiß ich, bis ich zu einer Produktdemo komme, muss ich, keine Ahnung, fünf Gespräche führen, um zu einer Demo zu kommen. Okay, 80 Produktdemos, das heißt, ich muss 400 Gespräche führen. Dann kannst du das auf der Zeitschiene genau eintakten und kannst sagen, das heißt, dass ich pro Tag x qualifizierte Gespräche geführt haben muss. Und das kannst du dann alles einschleifen, damit du halt nicht irgendwie in diesem Modus, ja, ich weiß ja gar nicht so richtig, was ich jetzt tun muss. Und ich gucke jetzt hier mal und jetzt heute war produktiv, morgen war aber nicht so produktiv. Das darf nicht sein. Amerika, die sind es gewohnt, hochgetaktet zu sein. Und wenn Dinge nicht funktionieren, dann veränderst du es oder du hörst auf damit. Aber du lässt da Dinge nicht einschleifen. Das heißt also Fazit, du hast den Leader vor Ort eingestellt. Nach drei Monaten hast du ein geonboardetes Team dort stehen. Nach sechs Monaten hast du dort eine Pipeline von x Dollar stehen. Und dann willst du nach neun bis zwölf Monaten x Umsatz dort stehen haben.
Joel Kaczmarek: Jetzt hast du gesagt, die Person ist sehr, sehr teuer. Du schaust dir mehrere an. Wie findet so jemand oder niemand so in den USA? Also habt ihr euch eine Recruiting-Agentur genommen? Wie läuft das ab?
Gero Decker: Also in unserem speziellen Fall hat unser Investor ein eigenes Recruiting-Team. Das haben wir einfach angezapft. Die stellen das als kostenlose Dienstleistung ihren Portfoliofirmen zur Verfügung. Die haben für uns quasi die Search gemacht. Kandidaten präsentiert, die ersten Stufen im Bewerbungsprozess alle abgehandelt. Und ich hatte dann so eine Shortliste von, ich glaube, 15, 20 Leuten, mit denen ich mich dann auseinandersetzen konnte. Und dann hatten wir so drei, vier präferierte Kandidaten. Und zwei oder drei haben wir dann auch nach Berlin eingeladen. Also die haben dann hier eingeflogen, dass sie sich das Unternehmen hier angucken können. Weil das ist ja auch ein Commitment beiderseitig, was du dort eingehst. Ansonsten nimmst du dir eine Search-Farm dort vor Ort. In Amerika ist ein Riesenmarkt, das heißt, die Spezialisierung ist sehr viel größer. Du findest dort spezialisierte Sales-Firms für Head of Sales, für eine Software-Company findest du dort, die nichts anderes macht.
Joel Kaczmarek: Und was kostet so eine Person, wenn du sagst, die ist sehr teuer im Jahresgeld?
Gero Decker: Typischerweise redet man da so über eine Range zwischen 300.000 und 500.000 Dollar.
Joel Kaczmarek: Boah, das ist ja schon ein Brett. Also, ist ja schon ein Management-Level, ne? Gewachsenes Start-up eigentlich.
Gero Decker: Ja, ist teuer. Okay. Jetzt die Frage, kann ich nicht auch jemanden einstellen für 100.000? Kurze Antwort ist nein. Gibt's nicht. Kriege ich jemanden für 150.000, der dann in die Rolle reinwächst, dann sage ich, willst du das Risiko wirklich eingehen? Du hast so viele Risiken. Du hast ein Marktrisiko, du weißt nicht, ob dein Produkt, dein Ansatz dort funktioniert, ja? Und Execution-Risiko. Und dann willst du auch noch das Risiko eingehen, dass die Person sich nicht schnell genug entwickelt? Ne, bitte nicht. Also unsere goldene Regel ist, je weiter Leute vom Headquarter entfernt sind, desto senioriger müssen sie in die Company kommen. Weil desto weniger Experimente kannst du dir erlauben, dass die Person vom Skillset, vom Erfahrungsschatz nicht funktioniert.
Joel Kaczmarek: Spannende Regel, finde ich eindeutig. War echt interessant. Und hast du dieses hohe Gehaltslevel bei allen Ebenen hinweg? oder ist das nur so weit oben so?
Gero Decker: Die USA ist insgesamt super teuer. Für viele Positionen bezahlst du das anderthalbfache, zweifache, manchmal dreifache von dem, was du hier aus Deutschland gewohnt bist.
Joel Kaczmarek: Macht es da einen Unterschied, ob du irgendwie in Boston, New York, Texas oder irgendwo in einem kleineren Ort liegst?
Gero Decker: Nicht signifikant. Also Boston, New York, San Francisco Bay Area sind wahrscheinlich schon so die teuersten Regionen. Also wenn du irgendwie nach Oregon gehst, dann kannst du vielleicht irgendwie 30 Prozent sparen. Aber dafür hast du natürlich auch nicht die Auswahl. Wenn du nach Boston gehst, du suchst einen Experienced Sales Leader. Die gibt es halt da wie Sand am Meer. Weil da gibt es halt Companies wie du, wie Sand am Meer. Das kennt man aus Deutschland gar nicht. Dass du richtig viele signifikante Firmen hast, Leute mit signifikanten Erfahrungsschatz. Der Talentpool, zumindest in diesen Zentren in Amerika, ist ganz, ganz, ganz anders als hier.
Joel Kaczmarek: Und gleichzeitig hoher War for Talents oder geht das an der Ostküste?
Gero Decker: Klar, du musst dich immer ins Zeug legen und dich auch von deiner besten Seite präsentieren. Das ist ganz klar. Aber es ist ein sehr In der Finanzwelt würde man sagen, liquider Markt mit sehr schneller Umschlagrate. Die Leute bleiben ja auch immer nur drei, vier, fünf Jahre in jedem Posten. Und dann hast du eine riesige Menge von Unternehmen. Dadurch hast du halt eine unglaubliche Fluktuation im Markt von Leuten, die Positionen wechseln.
Joel Kaczmarek: Also musst du auch selber regelmäßig durchwechseln bei dir?
Gero Decker: Das passiert ganz natürlich. Du willst gerade alles, was vertriebsnah ist, willst du sehr, sehr, sehr. sehr performanceorientiert aufsetzen. Und du hast natürlich eine natürliche Auslese, weil du typischerweise ja so einen 50-50-Split hast zwischen Fixgehalt und Bonus. Und wenn du nicht performst, na gut, dann kriegst du halt nur halb so viel Gehalt, wie du glaubst, dass du es kriegen würdest. Und dann sind die Leute von selber weg. Also Leute, wo es gar nicht funktioniert, das ist dann häufig nach spätestens einem halben Jahr ist das dann klar. Oder sogar schon früher. Oder Leute, die am Anfang richtig gut performen, aber dann irgendwie aus was für einem Grund auch immer, läuft es dann nicht mehr so rund. Die sind dann womöglich nach zwei Jahren oder zweieinhalb oder drei Jahren dann weg. Und die totalen Übersteiger, man muss ja auch mal sehen, je erfolgreicher die Leute in deinem Unternehmen sind, desto mehr Geld verdienen sie. Und desto weniger haben sie einen Incentive-Effekt zu gehen. Das ist eigentlich Win-Win für alle. Wenn du so ein stark performancebasiertes Vergütungsmodell hast, ist das ein sehr guter Selektionsmechanismus.
Joel Kaczmarek: Was für Rollen guckst du dir denn da an? Also du hast einmal gesagt, so ein Head of Sales, der das alles aufbaut. Und was baust du dann für Level darunter?
Gero Decker: Also ich kann jetzt einfach mal sagen, wie wir das aufgebaut haben. Also du hast quasi einen Head of Sales, der oben drüber sitzt und der ist übrigens mehr als nur ein Head of Sales. Das unterschätzen auch immer viele. Wenn du eine Firma hast mit amerikanischem Headquarter, dann hast du wirklich einen Head of Sales für irgendeine Region und der macht halt nur Head of Sales. Wenn du eine europäische Company bist und du willst vor Ort Fuß fassen, dann brauchst du jemanden, der viel generalistischer angelegt ist als ein Head of Sales. Weil ein klassischer Head of Sales, der hat halt seine Sales-Mannschaft und der weiß genau, wie er seine Leute unterstützt, ausbildet, coacht, aussucht oder auch aussortiert. Aber der hat typischerweise wenig Ahnung über Marketing, über Customer-Service-Themen, so was. Positioning-Messaging, keine Ahnung, kriege ich alles immer geliefert. Deswegen brauchst du eigentlich mehr. Country Manager willst du es nicht so richtig nennen, weil dann kriegst du die Leute, die irgendwie auch so Finance, Administration und so Themen spannend finden.
Joel Kaczmarek: Also ein saleslastiger MD sozusagen.
Gero Decker: Ja, genau. Du willst so einen saleslastigen MD oder einen Head of Sales, der als Karriereperspektive, dem du auch aufzeigst, dass du sagst, guck mal, in der Vergangenheit hast du mehr Head of Sales gemacht, aber ich weiß von deinem Profil, von deinem Charakter her, interessierst du dich für mehr. Deswegen ist der Karriereschritt, den du jetzt machen kannst, bei uns anzuheuern, ist, dass du halt dein Profil, dein Skillset erweitern kannst. Das ist auch ein ganz guter Pitch an die Leute. Manche wollen das gar nicht, aber manche finden das auch total spannend.
Joel Kaczmarek: Aber ist das nicht ehrlicherweise so ein bisschen so, dass du dann teilweise vor Leuten sitzt, die mehr Ahnung von deinem Geschäft haben als du, die vielleicht viel senioriger sind? Also ich stelle mir das relativ wirklich vor, dass da so ein graumilierter Amerikaner mit diesem irgendwie Schneid und Anzug reinschneidet und irgendwie ist gewohnt, viel zu verdienen. Und dann kommt so ein Gründer aus Deutschland daher, dem dann die Perspektive aufzeichnen muss. Also klingt für mich so oder ist das nicht so?
Gero Decker: Naja, du willst ja grundsätzlich immer nur Leute in Senior-Positionen haben, die viel mehr wissen als du. Das sollte ja ein grundsätzliches Pattern sein in deinem Unternehmen. Wenn man davor Angst hat, dann wird man immer nur kleine Brötchen backen.
Joel Kaczmarek: Aber jetzt haben wir gesagt, du brauchst diese Person und dann darunter wird wie gesteft?
Gero Decker: Also jetzt nur konkret unser Beispiel. Wir haben ein Team von BDRs, haben wir in einem anderen Podcast schon drüber geredet. Business Development Group. Business Development Representative, die sozusagen Incoming Leads, also Inbound Leads qualifizieren oder auch bei Outbound sozusagen mit dabei sind. In unserem Fall haben wir ein Team von vier eingestellt. Du solltest nie einen einstellen, sondern mindestens zwei oder drei, weil dann kriegst du so eine ganz natürliche Wettbewerbssituation auch hin, dass die Leute sich gegenseitig hochpushen. Dann haben wir eine Menge von Account Executives oder Sales Reps eingestellt, die halt die Quarter Carrier sind, also die eigentlichen Deals machen. Wir haben bei uns immer eine Ratio von 3 zu 1. Drei Sales Reps teilen sich ein. Pre-Sales Consultant, also der sozusagen technische Produktdemos, also den technischen oder schräg schräg tiefer gehenden Produktteil im Sales-Prozess übernehmen. Field Marketing brauchst du mindestens eine Person. What else?
Joel Kaczmarek: Wie hast du die Sales Reps genannt? Quota was?
Gero Decker: Quota Carrier. Die haben eine Sales Quota, die sie zu erfüllen haben. Und die definieren sich halt ausschließlich über Quota und Quota-Erreichung.
Joel Kaczmarek: Okay, verstanden. Gut, ist jetzt sehr Sales-lastig, ne? Also baust du auch parallel immer eine Marketing-Abteilung mit auf?
Gero Decker: Wie gesagt, also Field-Marketing brauchst du auf jeden Fall. Field-Marketing wird immer gemessen an Demand-Generation, also wie viele Leads. wie viele Inbound Leads werden produziert. Aber die müssen natürlich schlau sein, dass sie nicht nur irgendwie existierendes Material, existierendes Messaging irgendwie vom Headquarter übernehmen und einfach nur in irgendwelche Kampagnen übersetzen. Das wäre ein bisschen zu kurz gesprungen, sondern die müssen auch ein sehr gutes Gefühl dafür haben, was passiert gerade in dem Markt. Beispiel Wir haben hier GDPR in Europa gehabt. Das ist natürlich ein Traum für jeden Marketier, wenn du irgendwas zum Thema GDPR zu erzählen hast, weil du da super coole Kampagnen halt so fahren kannst. Aber die dann womöglich nur in einem Land funktionieren und im anderen komplett irrelevant sind. Sowas muss ein Field-Marketing-Mensch gut verstehen können. Also insofern, du brauchst keine komplette Marketingabteilung, aber du brauchst quasi eine Mini-Replika deiner Marketingabteilung mit sehr viel Autonomie und mit sehr viel Kreativität vor Ort.
Joel Kaczmarek: Gut. So, jetzt hast du diese Organisation gebaut in der eher größeren Fokussierung. Hast du noch ein paar Tipps an der Hand für jemanden, der vielleicht noch ein jüngeres Unternehmen ist, aber sagt, ich will sogar versuchen, ob ich da nicht meine Hauptaktivitäten mache, aber noch nicht diese 2 Millionen Euro auf der hohen Kante, dass ich das aus dem Cashflow mache. Was wäre so die Leitvariante von dem?
Gero Decker: Die Leitvariante ist, zu Hause zu bleiben.
Joel Kaczmarek: Okay, also ganz oder gar nicht.
Gero Decker: Ja, also man stellt sich das immer so leicht vor. Ich gehe da rüber und dann klopfe ich an zwei Türen und es geht los. Eine Leitvariante könnte sein, dass du, wenn du ein Inside-Sales-Modell hast, dass du den amerikanischen Markt von Europa aus wackelst. Warum nicht? Dann haben die Leute halt leicht andere Arbeitszeiten. Okay, fein, die schlafen morgens länger und arbeiten abends länger. Und versuche, sich da vorzuhangeln. Das ist manchmal sogar ein Weg auszutesten, wie gut funktioniert dein Pitch, was ist überhaupt sozusagen die Target Audience, die ich habe. Aber das macht nur in dem Moment Sinn, wenn ich weiß, dass Inside Sales halt auch das Modell ist, was langfristig mich tragen kann. Also es gibt viele Firmen, die sehr erfolgreich nach Amerika expandiert sind, ohne Leute vor Ort zu haben, sondern die haben dann in UK oder sonst wo in Europa halt ihr US-Team sitzen. wenn es halt Inside Sales Only ist. Sobald du Face-to-Face brauchst, da musst du rüber. Und irgendwie die ersten zwei Jahre das von Europa aus machen und dann gehe ich irgendwann rüber. Das ist quasi wie komplett neu aufsetzen.
Joel Kaczmarek: Lass uns mal auch ein bisschen was über Incentivierung, über KPIs sagen. Also wie genau steuerst du so einen Amerikaner? Ist das genauso, wie wir es hier irgendwie in Deutschland machen würden? Da hatten wir auch schon mal ein bisschen drüber gesprochen. Oder ist das da nochmal anders?
Gero Decker: Du hast natürlich so ein paar Kern-KPIs, auf die du guckst. Also Umsatz ist sozusagen das Hauptaugenmerk, auf das du guckst. Ein Frühphasenindikator, weil Umsatz wird die ersten drei bis sechs Monate kaum da sein. Da musst du schon glücklichen Zufall haben, wenn du das schaffst. Sondern das stellt sich wahrscheinlich erst so nach neun, zwölf Monaten ein. Und dann geht es so langsam los. Und Amerika dauert immer länger, als man glaubt. Was ist ein Frühphasenindikator? Pipeline. Also Sales Opportunities mit einem gewissen Erwartungswert da dran geknüpft. Aber du musst mit Adleraugen darauf gucken, ist das alles nur heiße Luft oder sind die Opportunities real? Und dafür musst du dir natürlich ein Qualifikationsschema, ein Bewertungsschema überlegen, was du dann auch hart durchhältst, zu sagen, was sind meine Opportunity Stages und was muss da passiert sein? Nicht, dass die Sales Reps da anfangen, irgendwie heiße Luft zu produzieren. Gut, das passiert. Ist es für die auch nicht gut vor Ort, weil spätestens drei Monate später fällt es auf die zurück, weil auf einmal aus den Opportunities kein Umsatz kommt. Sie können sich zumindest mal temporär über Wasser halten und fangen da an zu täuschen und zu tricksen. Aber wie gesagt, Pipeline ist sozusagen die Metrik für die ersten drei, sechs Monate.
Joel Kaczmarek: Wir haben ja in den vergangenen Folgen auch schon über Marketing Automation geredet, dass in den USA viele Sachen gehen, die hier nach DSGVO nicht mehr gehen. Merkst du, dass man dort Sales nochmal anders mit vielleicht mehr Boost machen kann oder ist das doch relativ ähnlich?
Gero Decker: Also inzwischen hat sich das relativ angeglichen, wie das gemacht wird. Der Hauptunterschied in Amerika ist, dass du einfach sehr viel bessere Leute im Markt findest, die einfach sehr viel mehr Ahnung davon haben, wie man so eine Go-to-Market-Organisation baut. Das heißt im Umkehrschluss aber, dass dein Wettbewerb auch diese Top-Leute hat. Während du in Deutschland, gibt es an vielen Stellen so, da hast du irgendwie eine Firma, die hat vielleicht ein ganz ordentliches Produkt, aber die kriegt den Go-to-Market-Seite irgendwie nicht so richtig aufgesetzt. Und dann kannst du links und rechts an denen mit 200 kmh vorbeiziehen. In Amerika wird man sehen, dass alle Leute, die dort ernst zu nehmen sind, die haben alle Top-Go-to-Market-Organisationen aufgebaut. Das heißt, es ist der Standard dort. Das heißt, ich sage mal so als Benchmark oder so als Indikator, wenn man als deutscher Gründer nach Amerika geht und dort ein Team aufbaut und man ist nicht von vorne bis hinten total geflasht, wie geil das alles dort funktioniert, dann hast du wahrscheinlich noch nicht das amerikanische Level erreicht.
Joel Kaczmarek: Wie schützt man sich denn davor, dass man auf Blender reinfällt? Weil ich sage mal so, in den USA kann ja gefühlt ein Taxifahrer schon besser verkaufen als man selbst. Die sind ja so eine Nation, die da irgendwie darauf trainiert wird. Wie erkennst du gute Leute im Recruiting eigentlich?
Gero Decker: Klar, also in Deutschland ist es ja häufig so, dass man irgendwie im Recruiting-Prozess hat man eine Person vor sich sitzen und dann denkt so, ja, passt eigentlich. Also irgendwie so, ich kippe jetzt nicht vor Begeisterung vom Stuhl, aber es ist schon ein guter. Und in vielen Fällen ist das dann halt auch ein Guter. Und das funktioniert wunderbar. In Amerika, du musst sowas von den Socken gehauen sein von den Leuten, dass du sagst, wie geil wäre das denn, diese Person an Bord zu haben. Wenn du dieses Gefühl nicht hast, sondern so, oh, ich habe hier einen leichten Zweifel links, einen leichten Zweifel rechts, stell die Person nicht ein. Weil es wird nicht besser. Also das ist das Erste. Das Zweite ist, In Amerika gibt es sehr viel mehr Transparenz darüber, über sozusagen vergangene Performance. Es gibt in Amerika häufig sowas wie ein Presidents Club oder nennt sich dann irgendwie anders, so ein High Achiever Club in Unternehmen, wo typischerweise so die Top 10% oder Top 15%, zum Beispiel der Seller, reinkommen. Wenn die Leute konsistent in so einem Presidents Club oder wie es auch immer heißt, reinkommen, das ist ein gutes Zeichen, genau diese Leute willst du haben. Frag immer nach Quota-Achievement der Vergangenheit. Lass dir für jedes Jahr der vergangenen fünf bis zehn Jahre zeigen, wie deren Quota aussah, wie die sich berechnet hat und wie die performt haben. Wenn da dir irgendwas komisch drin vorkommt, Finger weg.
Joel Kaczmarek: Okay, also eigentlich ein Land der Superlative, gefühlt.
Gero Decker: Es ist ein Land der Professionalität. Während hier in Deutschland ist Vertrieb häufig so eBay. oder ist das denn ein richtiger Job? Oder hast du denn nichts Vernünftiges gelernt? USA ist Sales, genau wie Medizin oder andere angesehene Berufe. Etwas, wo du eine ganz klar definierte Karrierepfad hast, ganz klar definierte Milestones hast, die du auf dem Weg nach oben erreichst, ganz klare Benchmarks hast, was bedeutet es, gut zu sein, schlecht zu sein, eine hohe Vergleichbarkeit im Markt hast. Also einfach sehr, sehr professionelles und nicht so Schattendasein führt oder ein Dasein im Verborgenen führt wie hier in Deutschland.
Joel Kaczmarek: Lass uns abschließend nochmal auf Herausforderungen im US-Markt eingehen. Du hast ja ganz am Anfang gesagt, dass es da unterschiedliche gibt. Was würdest du sagen, sind so die Top-Schwierigkeiten, mit denen man vielleicht auch gar nicht rechnet, wenn man als Deutscher darüber schippert und sich denkt, jetzt lege ich hier los wie geschnitten Brot.
Gero Decker: Also eine Beobachtung ist natürlich, dass in Amerika die besten Produkte der Welt vertreten sind. Jedes gute Produkt, was es auf dieser Welt gibt, versucht oder die Firma dahinter versucht, in Amerika Fuß zu fassen. Das ist ganz anders als hier in Deutschland. In Deutschland ist es so, du kannst eine Nische finden, weil halt irgendwie die besten Produkte auf dem Markt irgendwie noch gar nicht auf den Trichter gekommen sind, in Deutschland Fuß fassen zu wollen oder nicht committed genug sind auf den Markt. In Amerika, die besten Unternehmen sind alle committed auf den Markt. Das heißt, du musst nochmal ein, zwei Schippen meistens drauflegen. Bezüglich Produkt, aber auch Sales und Service Experience ist super, super wichtig. Also in Deutschland kannst du häufig noch mit einem guten Produkt und einem mittelmäßigen Vertrieb kannst du noch erfolgreich sein. Das geht in den USA nicht, sondern du musst quasi ein wirklich gutes Produkt haben, ein Top-Produkt haben. und dann Sales Experience, Service Experience muss auch top sein. Der Fokus auf Sales und Marketing ist halt enorm hoch bei allen Firmen, die in den USA unterwegs sind. Das heißt, die Kosten, die du hast pro neu gemachten Umsatz, wird wahrscheinlich in Amerika deutlich höher sein als das, was man hier aus Europa so kennt. Und man muss eine gewisse Geduld mitbringen. Also hochfrequente Taktung auf der einen Seite, sich jeden Tag, jede Woche angucken, was für einen Fortschritt man dort macht. Aber ich habe inzwischen schon so viele Firmen getroffen, die sich verschätzt haben darin, wie schnell dauert das, dort in den USA wirklich Fuß zu fassen. Wenn ich mal so unsere eigene Geschichte angucke, Wir haben Mitte 2012 dort gestartet, ganz okay, coole Kunden, coole Referenzen dort aufgebaut, aber dann hat es irgendwie so gedümpelt. Dann haben wir Mitte 2016 das komplett rebooted, bis sich das umsatzseitig bemerkbar gemacht hat, überhaupt bemerkbar gemacht hat, sagen wir mal so neun bis zwölf Monate. Jetzt sind wir dort zwei Jahre unterwegs und jetzt so langsam hat man das Gefühl, Wir haben jetzt einen Grip auf dem Markt, wir haben die Traction im Markt, wir haben da eine Predictability drin. Also es dauert lange.
Joel Kaczmarek: Woran liegt das?
Gero Decker: Du musst häufig an so vielen Stellen nachschärfen und auch Dinge ausprobieren oder auch Leute austauschen. Das dauert länger. In unserem Fall zum Beispiel, wir waren es gewohnt aus Deutschland im Mid-Market-Segment, Mit Market heißt bei uns so Firmengröße 1000 bis 5000 Mitarbeiter. Sehr, sehr erfolgreich zu sein. Und wir haben in Amerika gesehen, wir sind dort, wenn du dir die Opportunities anguckst, da sind fast alle Firmen, die wir dort als Opportunities haben, sind halt größer als 5000 Mitarbeiter. Aber das hat natürlich dann auch wiederum Auswirkungen, wie dein Vertriebsprozess gebaut sein muss, wie deine Ansprache gebaut ist, wie die Sales Cycles aussehen. Klar, idealerweise mit viel, viel größeren Dealsizes. Dadurch aber dann wieder viel mehr Volatilität in einem Sales-Outcome. Und da muss man sich erst so langsam rantasten und nachschärfen. Womöglich auch das Produkt nachschärfen, weil die Leute dort eine leicht andere Erwartungshaltung haben oder weil die Konkurrenzsituation eine andere ist und du brauchst irgendwie leicht andere Aspekte in deinem Produkt. Kann sein, dass du das erst nach einem Jahr dort überhaupt rausfindest.
Joel Kaczmarek: Ja, hervorragend. Dann danke ich dir ganz herzlich. Ich bin immer wieder erstaunt, wie konkret du das auch auf die Schnelle irgendwie runterbrechen kannst mit 30, 60, 90 Tage das Ziel, das Ziel, das Ziel. Also wenn ich eins jetzt mitgenommen habe, dann, dass man da halt eng getakt sein muss und fein reingucken unter die Haube. Aus gutem Grund. Ich danke dir ganz herzlich und freue mich natürlich aufs nächste Mal.
Gero Decker: Das tue ich auch. Bis zum nächsten Mal. Ciao, ciao.
Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um Sales: Ka-Ching! Hier kommt dein Pflichtprogramm, wenn du verstehen möchtest, wie (B2B-)Sales funktioniert. Gemeinsam mit diversen Gästen hebt Joel deine Fähigkeiten im Vertrieb anhand vieler Beispiele und konkreter Tipps auf ein neues Level.