Mit Vertriebsmethoden die eigene Firma verkaufen

3. Juli 2023, mit Joel KaczmarekGero Decker

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Intro: Digital Kompakt. Heute aus dem Bereich Sales und Vertrieb. Mit deinen Moderatoren Joel Kaczmarek und Gero Decker. Los geht's!

Gero Decker: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge von Das braucht die Welt. Heute in dieser Folge Seife.

Joel Kaczmarek: Habe ich dich extra mal aufgenommen, weil ich denke, du sagst was Vernünftiges, aber nein.

Gero Decker: Was erwartest du von mir, Joel?

Joel Kaczmarek: Hallo Leute, mein Name ist Joel Kaczmarek. Ich bin der Geschäftsführer von Digitalkompakt und habe heute wieder den lieben Gero Decker an meiner Seite. Und wenn Gero da ist, dann reden wir über B2B-Sales. Und heute machen wir es mal ganz abgefahren. Für alle UnternehmerInnen da draußen wird das ein richtiges Highlight. Wir gehen mal durch, ob man B2B-Sales-Vorgehen nicht auch auf den eigenen Firmen-Exit anwenden kann. Also wenn du deine Firma verkaufen willst, kann es dann nicht funktionieren, dass ich die Madpick-Logik, die wir zum Beispiel vor kurzem durchgesprochen haben, auch dann anwende. Also werden wir mal diskutieren, wie sehen diese einzelnen Schritte aus, was sind Unterschiede, aber was kann ich davon auch anwenden. That being said, lieber Gero, moin moin.

Gero Decker: Hallo und herzlich willkommen.

Joel Kaczmarek: Ja, du hast ja auch schon deine Firma erfolgreich verkauft, von daher bist du ja schon geübt. Da erwarte ich jetzt hier.

Gero Decker: aber was, wie immer. Ja, ich bin mal ganz gespannt.

Joel Kaczmarek: Vielleicht fangen wir mal mit dem Oberflächlichen an. Macht es Sinn, beides mal durchzudeklinieren? Was ist anders, was ist gleich? Weil ich hätte sonst gesagt, fangen wir mal an, was ist anders, wenn ich eine Firma verkaufe versus wenn ich ein Produkt verkaufe. Also das Offensichtlichste ist, ich kann eine Firma im Idealfall nur einmal verkaufen, der nächste kann sie dann wieder weiterverkaufen, aber ansonsten wäre das so der Unterschied. Oder was fällt dir noch ein?

Gero Decker: Naja, hoffentlich auch der Preis, dass man über einen höheren Preis für die ganze Firma redet als für ein Produkt. Und insgesamt, the stakes are higher. Wahrscheinlich sind alle ein bisschen angespannter, überlegen sich das viel genauer, ob dieser Unternehmensverkauf oder Kauf auf der anderen Seite Sinn macht. Aber ich glaube, auch die Gemeinsamkeiten sind größer. durchaus nicht zu unterschätzen. Die Frage, passt das überhaupt zu mir? Werde ich den Wert dort rausziehen können, den ich mir erwarte? Lohnt sich das? Return on Invest, was bekomme ich dort eigentlich raus? Wird das Produkt in sich zusammenfallen in zwei Monaten, nachdem ich es gekauft habe und muss es dann womöglich zurückschicken? Also viele Dinge sind dann auch gleich und ich glaube, das ist eine sinnvolle Übung, einfach mal durch diese Madpick-Methodik durchzugehen. Die haben wir ja eingeführt, um Sales Opportunities, Verkaufschancen qualifizieren zu können, damit man die auch priorisieren kann und ich bin mal ganz gespannt, was daraus kommt.

Joel Kaczmarek: Ja, ich auch. Also ich glaube, es gibt noch so ein paar Details. Man kann jetzt irgendwie sagen, das Paperwork ist ein bisschen anders und es gibt vielleicht noch Helfer. Also Investoren haben was mitzureden. Du kannst vielleicht manchmal gar nicht selbst entscheiden, 100 Prozent, ob du das Produkt verkaufst oder hast auch noch Verkaufshelfer, wenn du so M&A-Boutiquen zum Beispiel an der Seite hast. Aber im Kern wird das schon irgendwie gehen, glaube ich auch. Und wir können ja mal anfangen. Also Madpick ist in der Tat ein Framework, um seinen Sales-Prozess durchzustrukturieren und es ist ein Anagramm, das heißt jeder der Buchstaben steht auch für etwas und der erste steht für Metric, also Metric.

Gero Decker: Genau und die Frage ist, was kriege ich eigentlich quantifiziert aus diesem Deal heraus als Käufer? Also wir gucken hier mit Madpick vor allen Dingen auf den Käufer. Und versuchen das zu verstehen, ob das zu dem Angebotenen, in diesem Fall das Unternehmen, passt. Also was ist der Economic Impact, der Return on Invest, den ich durch den Kauf bekomme? Und hier gibt es Ähnlichkeiten. Also klar, je höher der Preis ist, desto genauer überlege ich mir das. Aber auch im Produktvertrieb kann es sein, dass ich hier mich auf mehrere Millionen Euro committe, wenn ich ein Produkt lizenziere oder eine Dienstleistung einkaufe. Und bei einem Unternehmensverkauf kann man über ähnliche Größenordnungen oder womöglich sogar noch sehr viel mehr reden. Jetzt ist die Frage, was bekomme ich denn nach einem Jahr, nach zwei Jahren, nach drei Jahren? Beim Unternehmensverkauf gibt es natürlich unterschiedliche Methodiken, Discounted Cashflow, Rechnungen oder Fragestellungen, wie passt das in meine Wachstumsregelung. Story kann ich meine Wachstumsstory dadurch sozusagen anheben. Aber ehrlicherweise stellen sich ja ähnliche Fragestellungen auch für den Einsatz des Produktes. Kann ich da meinen Umsatz steigern? Kann ich dort meine Kostenbasis mit optimieren? Ja, analog dazu wären das Synergien beim Unternehmenskauf. Also insofern, hier würde ich sagen, sind wir relativ ähnlich beieinander, aber der große Unterschied, bei einem Unternehmenskauf komme ich um einen Business Case gar nicht drum herum, da kaufe ich nicht mal aus Lust und Dollerei, weil mein Bauch mir sagt, das brauche ich jetzt. und bei Produkten, vor allen Dingen, wenn es ein bisschen günstiger ist, manchmal sagt der Käufer dann, boah, irgendwie macht das schon viel Sinn, ich kaufe das jetzt einfach mal.

Joel Kaczmarek: Was waren denn so Metriken, wenn du dich mal zurückerinnerst, die ihr in eurem Firmenverkauf betrachtet habt?

Gero Decker: Naja, es geht am Ende darum, wie viel Umsatzcontribution machst du und wie viel Profitabilitätscontribution machst du. Das ist sozusagen einer der Hauptaugenmärkte langfristig, weil sozusagen nach fünf bis zehn Jahren hast du vor allen Dingen einen monetären Impact. Aber auch kurzfristiger strategische Fragestellungen. Kann ich andere Initiativen, die ich habe, dadurch beschleunigen? Kann ich Cross-Sell-Effekte, also in unserem Fall war das, unser Käufer war ja SAP und da gab es bestimmte strategische Produkte, die im Markt erfolgreich platziert werden sollten. Und da hat man dann zum Beispiel Synergien freisetzen wollen und das ist auch hinterher so passiert, Produkte sozusagen gemeinsam positionieren zu können und damit beides aufzuwerten.

Joel Kaczmarek: Ja, spannend. Ich meine, wir haben ja auch mal viel bei Sales darüber geredet, dass es auch auf die Story ankommt und da kriegt man dann auch schon das Feeling, dass dann Umsatz und Profitabilität sind relativ harte Faktoren, aber gerade bei dem strategischen, da kann man im Storytelling natürlich nochmal eben so einen aufmachen.

Gero Decker: Genau, absolut.

Joel Kaczmarek: Gut, der zweite Punkt von Madpick ist ja der Economic Buyer, also die Käuferperson. Manchmal hat man es ja, dass man mit jemandem zu tun hat und es gibt einen Economic Buyer, aber auch noch andere Rollen. Was siehst du dafür parallel?

Gero Decker: Du kommst wieder auf den Preis drauf an. Je nachdem, wie viel etwas kostet. Je teurer, desto höher muss ich in der Organisation gehen, um quasi Dinge ökonomisch kommerziell freigezeichnet zu bekommen. Bei einem Unternehmenskauf ist es meistens so, dass es mindestens mal im Vorstand landet. In manchen Fällen sogar im Aufsichtsrat. Und die das quasi freizeichnen müssen und den Case quasi akzeptieren. Wenn ich Produkte einkaufe, Wenn die teuer sind, landet das auch im Vorstand oder in einer Geschäftsführung. Aber was ich noch nicht erlebt habe, ist, dass ein Aufsichtsrat bemüht wurde, um ein Produkt oder eine Dienstleistung einzukaufen. Also das ist normalerweise außerhalb. Aber ansonsten, also wenn ich Produkte für Firma zu Firma unterschiedlich bekomme. Und auch je nachdem, wie locker das Geld sitzt. Manchmal beginnt das schon bei 100, 200, 500.000 Euro, dass wirklich bis zum Geschäftsführung, bis zum Vorstand Entscheidungen getroffen werden müssen. Bei großen Konzernen kann es sein, dass es auch erst bei mehreren Millionen losgeht.

Joel Kaczmarek: Kannst du eigentlich mal geneigten HörerInnen, die nicht so tief in dieser Welt sind, so den Unterschied zwischen Vorstand und Aufsichtsrat ein bisschen nahe bringen?

Gero Decker: Naja, Vorstand ist das, was in der GmbH die Geschäftsführung ist, also das sind die, die das Unternehmen leiten operativ, die typischerweise mindestens 40 Stunden damit beschäftigt sind, das Unternehmen zu leiten und der Aufsichtsrat, das ist quasi die Vertretung der Gesellschafter, also die Vertretung derjenigen, denen das Unternehmen gehört. Im Falle von einem aktienbasierten Konzern in Deutschland ist es typischerweise dann die Hälfte, die gestellt wird oder gewählt wird von den Aktionären und dann die anderen, die gewählt werden von Mitarbeitern und die dann gemeinsam den Aufsichtsrat ausmachen.

Joel Kaczmarek: Hast du noch irgendwie einen Punkt, wenn man darüber nachdenkt? Also wir haben ja, wenn wir über Economic Buyer reden, auch oftmals versucht, so diesen Pfad zum Ziel uns anzuschauen. Also manchmal ist es ja so, dass man Bottom-up oder Top-down arbeitet. Würdest du sagen, beim Firmenverkauf gibt es da irgendwie einen Unterschied? oder was wäre so der Weg zum Economic Buyer, wenn du eine ganze Firma verscheuerst?

Gero Decker: Wir sind ja auch gleich. dann bei dem D oder zweimal D, Decision Criteria, Decision Process. Also die Frage, wie läuft so ein Entscheidungsprozess? Erstaunlicherweise, und jetzt wird es wirklich überraschend, in vielen Fällen geht ein Unternehmenskauf schneller vom Entscheidungsprozess her, als ein Produkt zu kaufen. Also wenn ich jetzt mal in unserem Fall, SAP war der Käufer für das Unternehmen, sage, SAP als Unternehmenskäufer angucke, wenn alles wahnsinnig schnell läuft, kann von Erstgespräch bis Vertragsunterzeichnung das Ganze in zehn bis zwölf Wochen durch sein. Und in unserem Fall war es auch in zwölf Wochen beendet. Von, wie gesagt, Initialgespräch, zum ersten Mal am Telefon gesprochen, bis hin Gang zum Notar, alles in Sack und Tüten. So, all die lieben Dienstleister und Hersteller da draußen, die Produkte oder Dienstleistungen an die SAP verkaufen, die wissen, dass es dauert. Meistens Monate, bis man da durchs Supplier-Onboarding durch ist, bis man da den Rahmenvertrag verhandelt und in Sack und Tüten hat und bis dann da die Bestellung ausgelöst wurde. Das dauert wirklich im besten Fall Monate und manchmal sogar länger. Erstaunlich, es geht hier um mehr bei einem Unternehmenskauf in diesem Fall als um einen Produktkauf. und trotzdem geht es schneller, aber warum ist das so? Naja, wenn man halt nicht schneller wäre, wenn man langsamer wäre, dann hat man womöglich nicht mehr die Chance etwas zu kaufen. und wenn man Produkte einkauft, dann hat man den Eindruck, naja, wenn ich es heute nicht kaufe, kann ich es morgen immer noch kaufen. Das ist halt bei Unternehmen womöglich nicht so, weil jemand anderes dann einfach schneller ist und mir sozusagen das begehrenswerte Objekt vom Markt wegschnappt vor meinen Augen.

Joel Kaczmarek: Ja, ist ja ein bisschen so. Wir haben ja du und ich auch schon mal eine Folge über Kunstkaufen gemacht. Wenn es halt nur einen Original Rembrandt gibt und nicht irgendwie, ich kaufe ein Foto, was replizierbar ist, dann muss ich zuschlagen. Aber dann ist jetzt die Quintessenz, wenn wir über Economic Buyer reden, dass es schneller geht, weil man wahrscheinlich auch einfach wirklich top-down einfadet. Also man Im besten Fall wird man angesprochen, aber ansonsten gehst du auf die obere Ebene.

Gero Decker: Und noch was ganz Erstaunliches, was mich auch echt überrascht hat. Es geht wesentlich schneller und einfacher, bis in die oberste Ebene vorzudringen, wenn es um einen Unternehmensverkauf geht, als wenn es um einen Produktverkauf geht. Also man wünscht sich ja auch. häufig möglichst hoch in die Organisation zu kommen, weil die halt über mehr Geld verfügen können und noch mehr entscheiden und bewegen können. Aber wenn ich bei denen anklopfe und denen E-Mails schreibe, die kalt antelefoniere und sage, guck mal hier, ich habe ein ganz tolles Produkt, willst du das nicht bei dir einsetzen, ist die Wahrscheinlichkeit durchzukommen relativ gering. Da muss man sich schon sehr anstrengen und gut sein. Wenn es um einen Firmenverkauf geht, dann ist das meistens sehr, sehr einfach, weil der Käufer weiß, aha, ich habe jetzt hier eine zeitlich limitierte Chance. auf etwas, was sehr rar ist und da gucke ich mir das besser an, ansonsten ärgere ich mich hinterher womöglich, dass ich das nicht gekauft habe.

Joel Kaczmarek: Und Logik wäre dann auch, Economic Buyer sind dann da eigentlich auch immer mehrere Personen, also wenn du gerade gesagt hast, Vorstand und oder Aufsichtsrat, deswegen staunt man eigentlich wirklich, dass es so schnell geht, wenn es, aber okay, kein Verstand. Decision Criteria und Decision Process hast du ja gerade gesagt, werden so die nächsten bei Medpick, vergleich doch mal, fang mal mit den Kriterien an.

Gero Decker: Genau, die Kriterien können ganz unterschiedlicher Natur sein. Also eben waren wir ja schon bei den Metriken, wie kann ich Dinge quantifizieren und den Return messen. Also bei einem Firmenzukauf? in den meisten Fällen interessiert mich, wie wirkt sich das langfristig auf mein finanzielles Profil aus, Umsatz umzusetzen. Und Profit, das ist ein großes Thema, aber, und jetzt wird es spannend, bei Unternehmensverkäufen oder Unternehmenskäufen ist es ja selten so, dass ich einfach nur mir Umsatz oder Profit zukaufe. Das passiert sehr, sehr selten, sondern deswegen redet man ja auch von einem strategischen Käufer. Es gibt strategische Überlegungen, dass man sagt, ich will mich in einem bestimmten Bereich inhaltlich weiterentwickeln oder ich möchte als Innovationstreiber am Markt wahrgenommen werden und dafür brauche ich jetzt einfach etwas, ja. Irgendwie, keine Ahnung, AI ist jetzt das Thema des Tages und wenn wir jetzt im Bereich AI nichts machen, dann werde ich am Markt abgestraft und stehe als doof da. Das heißt, jetzt kaufe ich mal lieber eine AI-Company oder jemanden, der da mit dem Thema zu tun hat. Also es gibt dort immer einen Mix an Themen, die dort zusammenkommen. Aber ehrlicherweise habe ich das ja bei komplexeren Produkten auch, dass ich dort wahrscheinlich auf mehreren Punkten einen Fortschritt machen will. Vielleicht eine Effizienzsteigerung hier, eine Kundenzufriedenheitsverbesserung an anderer Stelle, vielleicht etwas anbieten, was ich vorher nicht anbieten konnte. Und insofern liegt das hier gar nicht so wahnsinnig weit auseinander. Aber es gibt natürlich Punkte, die den Unternehmenskauf noch ein Stück weit komplizierter machen. Und zwar kaufe ich ja hier nicht nur eine Sache, die man irgendwie anfassen und verwenden kann, sondern ich kaufe ja eine ganze Organisation. Und da stellt sich die Frage, wenn das hinterher funktionieren soll, dann muss ich davon ausgehen, dass auch die Organisation in Teilen oder in Gänze irgendwie sauber integriert werden kann in meine Organisation. Das heißt so Fragen wie, kultureller Fit zwischen dem, was ich dort kaufe und dem, was ich selber bin, die stellt sich bei einem Unternehmenskauf natürlich ganz, ganz, ganz massiv. Bei einem Produktkauf, naja, da drücke ich womöglich noch ein Auge zu. Aber auch dort wissen wir, dass Kunden manchmal Produkte deswegen nicht kaufen, weil sie sagen, die Leute dahinter, die schmecken mir einfach nicht. mit solchen arroganten Nasen will ich nichts zu tun haben, deswegen kaufe ich lieber von den anderen. Das kann auch sein, aber von der Rolle her, von diesem Cultural Fit ist das natürlich bei einem Unternehmenskauf ganz, ganz oben auf der Agenda auch.

Joel Kaczmarek: Ja, also ich meine, wenn man es mal genau anguckt, ist ja das Offensichtlichste das Thema Umsatz und Profit. Also das ist ja klar. Man hat ja auch immer so dieses schöne Does it move the needle Thema, weil viele Startups werden teilweise nicht gekauft, weil sie gar keinen Impact machen auf die Umsatz-Balance-Sheet sozusagen der Käufer. Aber, und ich finde dann, der nächste Punkt wäre für mich auch Strategie und Innovation gewesen, aber gerade dieser Team-Faktor fand ich auch nochmal interessant. Also manche Firmen werden ja gekauft wegen Kunden, Also ich denke zum Beispiel gerade so an Apple, als sie damals Beats gekauft haben, diese Kopfhörer, also ich glaube Apple hätte auch eigene Kopfhörer bauen können, machen sie ja auch mit ihren AirPods jetzt mittlerweile intensiver, aber da ging es ja glaube ich so um Marktzugang oder auch um irgendwie die Musikverträge, während bei anderen vielleicht eher das Team auch manchmal eine Rolle spielt, also diese Talentakquisition auch. Was würdest du sagen, ist so, wenn du dir Verteilung anguckst, wie war es bei euch, sowas wurde am inszenitivsten gefragt?

Gero Decker: Also ich meine, die drei Hauptthemen sind häufig bei Unternehmenskäufen, was ich mir angucke, Produkt, also das, was ich dort kaufe, macht das Sinn, ist das erfolgreich im Markt oder muss das komplett neu gebaut werden, weil es schon jetzt nicht mehr zeitgemäß ist, wie steht das im Wettbewerb da, ist das competitive oder nicht. Dann das zweite ist Kunden oder Umsatz oder beides zusammen. Also welche Kundenbasis hole ich mir da eigentlich ins Haus? Kann ich diesen Umsatz eigentlich eins zu eins fortschreiben oder verliere ich die Hälfte der Kundenbasis, weil zum Beispiel die Kunden des Unternehmens, was ich dort kaufe, zufälligerweise meine ärgsten Konkurrenten sind und die sich dann dreimal überlegen, ob sie noch ihre Verträge weiter behalten wollen. Und wie werthaltig ist das? Sind das Kunden, die alle auf dem Absprung sind und nur nach einer Möglichkeit suchen, sich umzugucken? Oder loyale Kunden, die noch weiter ausbauen wollen und so weiter? Und markt natürlich dahinter, also Kunden und potenzielle Kunden. Und das dritte ist Team. Wen hole ich mir da ins Haus? Cultural Fit ist das eine. Aber können die eigentlich das, was die dort tun? Hol ich mir gute Leute ins Haus oder muss ich die womöglich zur Hälfte durchtauschen, weil das wirklich nicht gute Leute sind? Das sind so die drei großen Faktoren. Produkt, Kundenbasis, Schrägstrich Markt und Team.

Joel Kaczmarek: Und sag mal, ich überlege gerade so, ob an der Stelle vielleicht sogar viel mehr diese Make-or-Buy-Frage aufkommt, als sie bei Produkten aufkäme. Also wenn ich dein Produkt kaufe, käme ich glaube ich nie auf die Idee zu sagen, ich kann jetzt mal irgendwie Business-Process-Software selber bauen oder ich mache jetzt mal einen Slack-Kommunikationskanal, aber bei einer Firma ja ein bisschen schon.

Gero Decker: Also selbst bei Produkten ist es ja häufig so, dass ich die Wahl habe zwischen, ich nehme jetzt einen Dienstleister und beauftrage den für 50 Tage, 100 Tage, mir irgendwie was hinzuhunzen oder kaufe ich mir ein Off-the-shelf-Produkt, was halt sozusagen direkt aus der Box heraus funktioniert oder nur noch leicht angepasst werden muss für meine Zwecke. Also das stellt sich beim Produktvertrieb genauso die Frage, aber ja, da kommt man weniger häufig auf den Schluss, dass selber machen das Schlauste wäre. Aber gerade wenn man große Kunden hat, da kann das schon häufiger passieren, dass sie sagen, ach, wir geben ja hier sowieso, also bevor wir hier drei Millionen Euro Lizenzgebühren ausgeben, für drei Millionen können wir ganz schön viel Unheil anrichten, indem wir Dienstleister losschicken, uns was auf den Leib zu schneidern. Bei kleineren Beträgen, ja, für 100 Euro komme ich nicht auf die Idee, mir ein Microsoft Word selber programmieren zu wollen, sondern da kaufe ich mir eine Lizenz von Microsoft. So, bei Unternehmen, klar, ist immer diese Fragestellung, baue ich das selber, dieses Thema, dieses Team, dieses Produkt, was ich dort bekommen würde. Und typischerweise muss man schon mindestens, ich sag mal, zwei bis fünf Jahre Beschleunigung erwarten können, wenn ich eine Firma kaufe, im Gegensatz zu, ich mache es selber. Gerade je größer das Unternehmen ist, desto schneller. Komplizierter ist es, das innerhalb von kurzer Zeit auch darstellen zu können, weil das unterschätzt man ja häufig. Ich muss nicht nur das Produkt mal so eben bauen, sondern ich muss es auch marktfähig und sozusagen umsetzungsfähig, einsatzfähig bringen. Und da gehören häufig viele Dinge dazu, die sich über Jahre hinaus quasi feintunen, einschleifen, bewähren. Und das muss ich ja alles von Grund auf selber machen, wenn ich das selber bauen will.

Joel Kaczmarek: So, jetzt sind wir beim vierten Buchstaben angekommen von Matt Pick, dem Decision Process. Du hast ja gesagt, zehn bis zwölf Wochen ist die Verkaufsdauer. Der Entscheidungsprozess muss ja deutlich anders aussehen, wenn ich eine Firma einkaufe, als wenn ich ein Produkt einkaufe, wenn er so viel signifikant schneller ist. Oder geht es da mehr um den dann gleich folgenden Punkt, den Paper Process, dass es einfach schneller abbildbar ist?

Gero Decker: Also beim Prozess bei Unternehmenskäufen, da gibt es eine Zweiteilung typischerweise in zwei Phasen. Und zwar endet die erste Phase damit, dass ich kommerziell überzeugt bin, dass es eine gute Idee ist, dieses Unternehmen zu kaufen und ich auch schon eine Idee davon habe, wie der Deal kommerziell aussieht. Also sozusagen bis zur Hälfte wird der quasi schon kommerziell verhandelt und ich habe eine sehr gute Idee davon, ob das Produkt gut ist und ob der Markt stimmt und so weiter und so fort. Und dann die zweite Phase ist quasi nur die Umsetzung des Deals. wo es dann darum geht, Vertragswerke zu machen und die letzten Details zu überprüfen. Also häufig legal ist dann sozusagen der eine Stream, der eine Arbeitspfad, der dort verfolgt wird, dass man sozusagen zu unterschriftsfähigen Verträgen kommt. Und der zweite Pfad nennt sich dann Confirmatory Due Diligence, also wo man eigentlich Annahmen hat, was man sich dort ins Haus holt und sich dann in dieser zweiten Phase einfach noch die Zeit nimmt, gewisse Dinge einfach detaillierter anzugucken. Womöglich nochmal einen Kunden durchzutelefonieren, um zu bestätigen, dass das tatsächlich so ist, was dort behauptet wird oder wo in die Technologie doch nochmal ein Stück tiefer reingeguckt wird, zu gucken, ist das wirklich so, funktioniert das wirklich so, wie wir uns das vorstellen. Beim Produktvertrieb gibt es diese Zweiteilung in der Form nicht. Da ist es ein bisschen mehr gestückelt und ein bisschen fließender. Aber dieser Punkt zu sagen, ja, ich will kaufen und jetzt geben wir es sozusagen in den Einkaufsprozess rein, um das zu Ende zu führen, Auch das gibt es, aber halt auch diese Dokumente auf dem Weg, da ist es bei einem Produkteinkauf typischerweise nicht ganz so formalisiert wie bei einem Unternehmenskauf. Dort endet nämlich die erste Phase mit einem LOI, Letter of Intent oder Termsheet, wo quasi auf zwei bis zehn Seiten… wo grob festgehalten wird, worum geht es hier in dieser Transaktion, Preis, gibt es irgendeine Struktur in dem Deal oder wie auch immer. Und dieses Document Term Sheet oder Letter of Intent, den gibt es bei einem Produkteinkauf in der Form nicht.

Joel Kaczmarek: Jetzt hast du gesagt, der Prozess ist zweigeteilt. Der erste, die kommerzielle Überzeugung, ist ja das, was spannend ist. Wo siehst du da Varianzen?

Gero Decker: Je nachdem, wen du fragst. Ja.

Joel Kaczmarek: Aber wo siehst du da Unterschiede, wenn ich sozusagen die Kaufüberzeugung leisten muss, wenn ich das für eine Firma tue versus wenn ich es für ein Produkt tue?

Gero Decker: Ja, also da springen wir fast schon so ein bisschen zu dem Thema Champion, weil es muss natürlich eine frühe Grundüberzeugung da sein von jemandem auf der Käuferseite, dass das eine gute Idee ist. Weil er sich das Thema schon monatejahrelang angeguckt hat, da ein gutes Gefühl hat und auch mit einer gewissen These reingeht, dass dieser Deal Sinn macht und auch erfolgreich sein könnte. Und dieser Champion Ist super, super wichtig, weil das ist die Person, die die große Überzeugungsarbeit auf Käuferseite leistet und auch sicherstellt, dass alle Stakeholder, die abgeholt werden müssen, auch entlang dieser Kette tatsächlich abgeholt werden und die dann abends sich noch die Finger wund telefonieren und die Leute im Urlaub erreichen, um sicherzustellen, dass jeder, der abgeholt sein muss, auch tatsächlich abgeholt ist. Ehrlicherweise, das ist ziemlich analog zu Produktvertrieb, weil da brauche ich auch genau diesen Champion, der oder die die Überzeugung hat, dass der Einkauf dieses Produktes wertstiftend ist, super Sinn macht und dass es der richtige Partner ist und man grob in die richtige Richtung läuft und die zum Zweiten die interne Erfahrung auch mitbringt, wer muss denn alles auf den Knopf drücken, wer muss denn alles eingebunden werden, welches Budget muss angezapft werden, um diesen Case durchzubekommen.

Joel Kaczmarek: Jetzt kann man ja diesen Prozess auch unterschiedlich einleiten. Also es kann ja entweder so sein, man wird angefragt, ob Interesse besteht zu verkaufen oder ich kann halt mich entschließen, einen Prozess zu starten und dann wird man im Prinzip angeboten. Idealerweise willst du in beiden Szenarios ja an den Punkt kommen, wo du mehrere Bieter hast. Würdest du sagen, da gibt es trotzdem Unterschied im Vergleich zu Produkten? Das ist ja ähnlich. Mal fragt der Kunde bei dir an und interessiert sich für dein Produkt, also inbound und mal musst du outbound auf ihn zugehen. Gibt es da einen Unterschied?

Gero Decker: Ja, ich wollte gerade sagen, also beim Produktvertrieb habe ich ja genau das Gleiche. Da gibt es Interessenten, die auf mich zukommen und sagen, ich habe gehört, ihr habt da was, können wir uns mal treffen, ich würde mir gerne mal angucken, was ihr zu bieten habt. Und outbound, wo der Interessent noch nicht auf dich gekommen ist oder das gerade nicht auf dem Schirm hat und du dann dort quasi freundlich an die Tür anklopfst und sagst, ja, ich bin der Joel, ich habe da ein unwiderstehliches Angebot zu machen, wollte euch das nicht mal angucken. Also diese beiden Wege gibt es, aber du hast schon was ganz Richtiges gesagt. Beim Unternehmensverkauf ist es so, es gibt ja genau diese eine Firma zu verkaufen zu dem Zeitpunkt und idealerweise habe ich mehrere alternative Käufer. Beim Produktvertrieb ist es ja eigentlich genau andersrum. Ich habe einen Käufer und der hat mehrere Anbieter, die gerne verkaufen wollen und der Wettbewerb besteht zwischen den verschiedenen Verkäufern. Eine Situation, wo ein Unternehmen sagt, ich muss jetzt eine Firma kaufen und jetzt mache ich hier ein Schaulaufen von fünf verschiedenen Anbietern, die alle in Frage kommen und bei dem ich die besten Konditionen kriege, den kaufe ich dann so ungefähr. So vergleichbar sind ja die verschiedenen, womöglich angebotenen Unternehmen dort nicht, wie es bei einem Produktvertrieb wäre. Bei Produktvertrieb sind meine Alternativen, die ich kaufen kann, sehr viel ähnlicher. Bei Unternehmen sind keine zwei Unternehmen gleich, sondern sehr, sehr, sehr, sehr, sehr unterschiedlich. Das heißt, selbst in dem Fall, ich sage mal jetzt mal Analogie Inbound Interest, also ein Käufer sagt, hier gibt es einen Bereich, da muss ich mich verbessern, ich würde gerne eine Firma zukaufen und jetzt gehe ich raus in den Markt und gucke mir an, welche sieben Firmen auf der Welt machen denn gerade Large Language Models. Und welche könnte ich denn davon gerade mal kaufen? Da eine Evaluierung findet dort dann natürlich in ähnlicher Weise statt. Aber wahrscheinlich kommen von den sieben dann tatsächlich auch nur zwei in Frage. Und wenn es dann halt keine ist, dann ist es halt auch so. Und dann muss ich halt selber machen, während das beim Produktvertrieb leicht anders ist.

Joel Kaczmarek: Paper Process ist unser nächster Bereich. Also du hast ja schon angedeutet, deutlich standardisierter vermutlich auch auf der Käuferseite, was Firmenverkäufe angeht. Oder was siehst du sonst so als Vergleich?

Gero Decker: Also es gibt bei beiden ja Produktverkauf und Unternehmensverkauf gibt es ja, ich sag mal grundsätzlich mehr oder weniger standardisierte oder Vertragswerke, an die man sich andehnt. Also in dem Bereich. Im Unternehmensverkauf, da gibt es das Share-Purchase-Agreement als das zentrale Werk, wo geregelt wird, unter welchen Bedingungen jetzt die Firmenanteile den Besitzer wechseln. Und dann gibt es da vielleicht noch Anhänge wie Garantiedokumente oder irgendwelche kleine Meilensteinplane, die Pläne für die Zukunft, die da vielleicht noch rangehangen sind oder Verträge, die sich auf Einzelpersonen beziehen wie Wettbewerbsverbot und sowas. Beim Produktvertrieb habe ich den Kaufvertrag. Nicht Share Purchase, sondern Product Purchase Agreement und daran lehne ich mich an. Aber auch dort kann es sein, dass ich so etwas wie Garantien oder sozusagen Anhänge habe, die einfach nochmal die Qualität des Gekauften in gewisser Weise sicherstellen. Bei Softwareprodukten sind es dann Featurelisten, die ich dort zum Beispiel mit liefere, wo eine Beschreibung drinsteht, was habe ich denn hier eigentlich gekauft im Detail. Die Analogie bei einem Unternehmensverkauf wäre zum Beispiel eine Garantieliste, wo man dann halt garantiert, keine Ahnung, ich bin tatsächlich der Besitzer folgender Marken und ich habe jetzt tatsächlich Softwarefirma, sagen wir mal, Quellcode geschrieben, der frei von rechten Dritter ist und so weiter und so fort. Das ist sozusagen die Analogie zu der Featureliste oder Produktbeschreibung beim Produktverkauf.

Joel Kaczmarek: Ich überlege gerade, machst du bei Produktkäufen eigentlich auch so eine aggressive Due Diligence? Also hast du das auch so einen rechtlichen Check-up? oder ist das da nicht so intensiv?

Gero Decker: Gibt es tatsächlich, aber eine Zweistufigkeit typischerweise. Stufe 1 ist Supplier Onboarding, wo ich als Verkäufer gelistet werde und da finden dann so Prüfungen statt wie, keine Ahnung bin ich, findet bei mir Kinderarbeit statt oder nicht? Habe ich vielleicht irgendwelche Qualitätszertifikate wie eine ISO-Zertifizierung oder so etwas? Bin ich auf irgendwelchen Sperrlisten drauf wegen irgendwelcher Embargos oder so etwas? Also diese Vendor-Due Diligence, die heißt tatsächlich so, Vendor-Due Diligence, die findet im Rahmen des Supplier-Onboardings im Einkaufsprozess statt. Und dann gibt es natürlich den zweiten Teil, quasi die Product-Due Diligence, wenn man so will. Die wird meistens dadurch durchgeführt, dass man Requirements-Listen hat, die man halt durchgeht, wo es ein User-Acceptance-Testing gibt, also wo Leute tatsächlich sich das Produkt angucken und auf Herz und Nieren durchtesten, ob es das tut, was man auch sich wünscht und erwartet oder wo ein Pilot stattfindet. Spannend, so ein Pilot, so ein Test-Drive, den wir typischerweise bei Verkaufsprozessen sehen, also jetzt gerade bei Softwareprodukten, da kenne ich mich natürlich mehr aus als bei anderen Produkten, da ist so eine Pilotierung häufig gerne genommen vom Käufer. Und lustigerweise bei unserem Verkaufsprozess an die SAP haben wir genauso einen Piloten gemacht, weil die gesagt haben, wir müssen jetzt hier intern nochmal ein paar Leute überzeugen können und dann innerhalb dieser zwölf Wochen Zeitschiene wurde halt nochmal ein drei, vier Wochen Pilot mit eingebaut zu sagen, hier wir wollen für folgende interne Use Cases das nochmal ausprobieren, um uns nochmal davon zu überzeugen, dass es auch in Anwendung beim Kunden entsprechend funktionieren würde.

Joel Kaczmarek: Beim kommenden Punkt bin ich mal neugierig. Identified Pain ist der nächste Buchstabe. Das ist ja beim Firmenkauf eine spannende Frage. Wie betrachtest du das?

Gero Decker: Also erstmal Madpick Framework, daran hangeln wir uns ja durch. Das I ist eigentlich an der falschen Stelle positioniert, das sollte eigentlich ganz am Anfang stehen. Also die Frage, was ist denn eigentlich mein Pain, den ich durch den, also Madpick bezieht sich ja immer auf den Käufer. Was ist denn mein Pain als Kunde, den ich hier befriedigen will? Also lustig, der Pain kann auch sein, Fear of Missing Out, ja, und spannend, ohne da jetzt zu sehr aus dem Nähkästchen zu plaudern, aber SAP hat ja einige Firmen gekauft, über 80 Stück in den letzten zehn Jahren. und bei dem einen oder anderen Kauf hat man sich dann hinterher schon gefragt, sag mal, also inhaltlich hat das jetzt nicht so richtig gepasst, ja, aber…. Die Firmenstrategie ist halt, wir müssen zu einer Cloud-Company werden und da müssen wir uns halt auf Teufel komm raus, nicht nur Cloud-Umsatz sozusagen intern organisch schaffen, sondern auch Cloud-Umsatz extern zukaufen von Firmen. Und da wurden halt zum Teil auch sehr hohe Preise bezahlt, um halt einen Sprung machen zu können und da draußen sagen zu können, guck mal, unser Cloud-Umsatz ist gerade nach oben gesprungen. Auf einmal werden da Dinge abgekürzt, weil halt diese Fear of Missing Out da ist, dass man das Gefühl hat, nee, also es kann jetzt nicht sein, dass unsere zwei größten Wettbewerber sich das einverleiben. Es passt zwar nicht so richtig, wenn wir ehrlich zu uns sind, aber lieber wir nehmen das auf als unsere zwei Wettbewerber.

Joel Kaczmarek: Ja, ich würde gerade sagen, manchmal kauft man auch damit andere nicht kaufen.

Gero Decker: Ja, genau. Nee, aber Identified Pain, also wie schon vorhin gesagt, hierbei handelt es sich ja immer oder fast auch schließlich um strategische Überlegungen. Also nicht nur reines Zukaufen von Umsatz und Profitabilität, sondern man hat eine eigene Produktstrategie, man hat ein eigenes Narrativ draußen im Markt und das will man weiter ausbauen können, sich womöglich erneuern und so weiter. Und das funktioniert ja in Unternehmen immer so, ich mache einen Strategieprozess, ja, hin und wieder mal, vielleicht einmal im Jahr oder alle paar Jahre. Und da schreibe ich mir auf, hier sind meine Wachstumsbereiche oder das sind die Dinge, wo wir glauben, in Zukunft besonders erfolgreich sein zu können im Markt. Und dann überlegt man sich, was haben wir denn heute schon im Haus, was können wir denn schon? oder was können wir auch noch nicht? Was müssen wir denn machen, wo sind die Investitionsbereiche? Und dann als Folgeschritt ist die nächste Frage, machen wir das jetzt organisch oder machen wir das anorganisch durch Zukauf? Also lustigerweise, also während in großen Unternehmen das sehr, sehr strukturiert stattfindet, so wie ich es gerade gesagt habe, ist das in kleinen Firmen häufig überhaupt gar nicht strukturiert, sondern da ist es so, keine Ahnung, nehmen wir mal an hier E-Scooter, die hier auf der Straße rumfahren. Also Geschäft ist nicht ganz so einfach. So, da steht es ja nicht im strategischen Pamphlet drin, wir wollen jetzt zwei Firmen kaufen, ja, um uns hier groß zu machen, sondern dass dann ja häufig so einer der Anbieter, dem geht es halt vielleicht dann doch nicht so gut oder eine Finanzierungsrunde platzt, ja, und dann ruft man halt an und sagt hier … lieber Martin oder wie die Kollegen alle heißen, ja, wie sieht es denn aus? Wir könnten hier einen Deal machen und dann überlegt man sich da zwei Tage lang oder ein paar Stunden lang, ja, das macht Sinn, sich hier groß zu kaufen. Und in dem Moment, was ich nur sagen will, dass in diesem Moment des sozusagen Angebots, hey, wollt ihr nicht mal über einen Kauf nachdenken, man sich womöglich zum ersten Mal Gedanken drüber macht. Bei großen Unternehmen ist es genau andersrum. Da ist meistens ein sehr, sehr strukturierter Prozess, sich anzugucken, was brauchen wir denn, wo wollen wir uns denn hin entwickeln? und man entwickelt so eine Target-Liste auch häufig. Was sind denn die Unternehmen, die wir tracken wollen, die so grob in den Fundus für uns reinpassen, dass, falls sich dort das Fenster auftut und die Möglichkeit gibt, diese Firmen zu kaufen, dass wir dann auch dabei sind und uns das genau angucken und womöglich mitbieten.

Joel Kaczmarek: Ich habe die ganze Zeit, während du geredet hast, auch überlegt, ob bei dem Thema Opportunität manchmal mehr eine Rolle spielt. Also Produkte kaufst du ja eigentlich wirklich aus Pain, dann gehst du in diese Make-or-Buy-Überlegung und guckst dir halt auch den Impact an und bei Firmenverkäufen hast du aber wahrscheinlich ab und zu mal so mehr diesen Opportunitätsfaktor, oder?

Gero Decker: Ja, die Chance tut sich halt auf und sie ist dann auch nur für einen begrenzten Zeitraum da. Und da muss ich mir halt überlegen, ob ich es haben will oder nicht. Aber wie gesagt, wenn ich eine wirklich gute Entscheidung, nachhaltige Entscheidung treffen will, meistens habe ich vorgebaut, habe ich vorgearbeitet, kenne den Namen mindestens mal dieser Firma schon, kenne die Produkte idealerweise schon, habe vielleicht sogar eine Partnerschaft in irgendeiner Form schon seit mehreren Jahren laufen und man kennt sich. Und kauft dann nicht die Katze im Sack. Dann fällt die Kaufentscheidung wesentlich einfacher und dann ist man womöglich auch bereit, einen höheren Preis zu zahlen, weil man einfach ein besseres Gefühl hat, dass das, was man dort kauft, auch wirklich passt und qualitativ hochwertig ist.

Joel Kaczmarek: So, der vorletzte Buchstabe des Madpick-Musters, den hast du ja schon angerissen, den Champion. Haben wir da noch was vergessen? Gibt es noch was zu ergänzen?

Gero Decker: Also vielleicht auch die Frage, wie kann ich bestmöglich vorgehen, den Champion zu finden, den Champion aufzubauen, den Champion zu unterstützen. Und ich glaube, der Unterschied beim Produktverkauf, da kann ich viel besser beeinflussen, mir meinen richtigen Champion auch zu suchen und den oder die zu überzeugen und zum Champion aufzubauen. In Unternehmen, diese Personen müssen irgendwie magisch da sein, die kann ich nicht aufbauen, also wenn ich dort, selbst das tollste Unternehmen, was zum Verkauf steht und es passt bestmöglich in die Strategie rein, aber die zwei, drei Personen, die dort als Champion inhaltlich von der Position her in Frage kommen, die einfach die falschen Personen sind, dann hast du einfach keine Chance, die wirst du auch nicht zu guten Champions machen, die müssen das irgendwie in sich spüren. Ich kenne das ja selber von mir, gefühlt kriege ich jede Woche oder alle zwei Wochen eine Anfrage, hey, guck mal, hier ist eine Firma, wollt ihr die nicht mal angucken, ob ihr die nicht potenziell kaufen wollt? So, ganz ehrlich, wenn ich gar keinen Bock habe, eine Firma zu kaufen, wenn ich sage, oh, ich habe so viel zu tun, mein Leben ist schon so kompliziert genug Warum soll ich denn jetzt noch eine blöde Firma kaufen? Ich muss sie integrieren und es kostet mich wirklich viele Nächte, bis man sich da überhaupt einig geworden ist und so weiter und so fort. Und dann hinterher muss ich dann auch noch ein Team von x Leuten bei mir integrieren und dann bricht alles zusammen und ich muss noch Dinge intern versprechen und dann die auch noch wieder abliefern hinterher. Ich habe gar keine Lust zu kaufen. Ja, dann wird auch nicht gekauft. Also wenn ich nicht in Kauflaune bin als Champion, dann gute Nacht, dann kann das strategisch noch so sehr passen, weil wenn der Champion nicht in Kauflaune ist und sich berufen fühlt, dort so einen Deal zu machen, dann ist es immer ganz einfach tausend Gründe zu finden, warum dieser Deal ganz doof

Joel Kaczmarek: ist. Unser letzter Buchstabe, das letzte, zweite C für Competition, also Wettbewerb. Man versucht ja vor allem beim Firmenverkauf immer Wettbewerb auf der Käuferseite zu schaffen, aber so ein Käufer guckt sich natürlich auch an, wer noch so im Markt ist. Siehst du da irgendwie große Unterschiede? oder ist das ziemlich ähnlich, wie dann so Firmen verglichen werden? Weil du hast ja auch gesagt, es gibt eigentlich viele ähnliche Produkte, aber nicht viele ähnliche Firmen.

Gero Decker: Ja, genau. Also die größte Competition für ein Unternehmen, was man kaufen kann, ist immer es selber zu machen. Und das hat auch ein bisschen was mit Unternehmenskultur zu tun. Also wenn man ein Unternehmen hat mit Not-Invented-Tier-Syndrom, also wenn man es nicht gerade selber gebaut hat, ist es Mist. Dann ist es unwahrscheinlicher, dass man ein Unternehmen dazukauft und dann wird fast immer die Competition gewinnen, nämlich ich mache es selber oder ich mache es gar nicht und bleibe einfach hier sitzen und bewege mich nicht. In Firmen, die sagen, ohne Zukäufe kommen wir hier nicht so richtig vom Fleck und wir können uns das leisten und wir haben das Geld oder wir können es unseren Aktionären ganz einfach verkaufen. Dann hat man schon mal eine bessere Basis. So, zum Thema Competition, das geht zu dem zurück, was ich vorhin gesagt habe. Wenn ich das strukturiert angehe, dann gucke ich mir natürlich auch zu jedem Zeitpunkt den Markt an und sage, was sind die Themen, wer sind die Anbieter? Also jetzt mal Beispiel, weil es gerade ein Hype-Thema ist, AI. Dann tracke ich das, sage, AI ist für mich wichtig. Wie baut sich denn der Markt auf? Was sind denn die Capabilities oder die Arten von Produkten, die ich brauche, um mich selbst sozusagen zu erweitern, weiterzuentwickeln? Und dann gucke ich mir das aus allen möglichen Dimensionen halt an, wie diese verschiedenen Optionen. Aber dieses, ich sag mal, ich muss jetzt gegen jemand anderen pitchen, warum wir und warum nicht die anderen, das passiert sehr, sehr selten, würde ich mal behaupten, in einem Unternehmensverkaufsszenario. Weil entweder die anderen gar nicht zum Verkauf stehen, da kann man sich noch so sehr auf die Hinterbeine stellen und sagen, ich will dich aber kaufen. Nein, aber die sind nicht zu kaufen. Das ist das eine. Und das andere ist, der Käufer hat sich selber schon so detailliert ein Bild gemacht, dass er überhaupt nur Gespräche mit denen führt, die überhaupt in Frage kommen. Und dann ist es die Frage, kommt der Deal zustande oder nicht und nicht, kommt der Deal mit dir zustande oder der Deal mit jemand anderem zustande. Also das habe ich ehrlicherweise noch nie gehört, dass ein Käufer gleichzeitig mit zwei verschiedenen Anbietern verhandelt. So nach dem Motto, wenn ihr nicht spurt, dann mache ich den Deal morgen mit dem anderen. Das habe ich in der Form noch nicht gehört, wohingegen das beim Produktvertrieb ja täglich Brot ist. Bis zum Ende halte ich mir alle Optionen offen und alle haben ihr Angebot auf dem Tisch und ich muss nur noch sagen, du bist es und jetzt unterschreibe ich ihr.

Joel Kaczmarek: Ich glaube, bei Groupon war das damals so, als die City-Deal gekauft haben versus Daily-Deal. Also wenn es so hardcore gekopikettet und irgendwie gleiches Modell ist und dann kommt der Ami rüber und hat so diese Make-up. Aber das stimmt schon, das hat sehr nachgelassen, glaube ich auch. Ich überlege gerade sogar eher, ob manchmal der Wettbewerb vielleicht sogar förderlich ist für den Verkauf, weil man den als Benchmark nutzt. Also man kennt das ja gerne, wenn Firmen gekauft werden, dann sucht man ja immer so, was ist so ein Multiple-Indikator, also Gibt es irgendwie einen Branchenplayer oder was börsennotiert ist, was ich heranziehen kann, um den Preis zu taxieren? Ist nicht sogar vielleicht fast manchmal hilfreich, dann Wettbewerb gut zu kennen?

Gero Decker: Ne, es sind einfach Datenpunkte und ob die Datenpunkte dir zugute kommen oder dir nicht zugute kommen, das steht auf einem ganz anderen Blatt. Und das hast du bei Verkauf, das hast du bei Finanzierungsrunden und so weiter. Ich weiß immer, der Käufer, der sagt, naja, aber ich will ja eigentlich gar nicht so viel bezahlen, ja, guck mal, meine Multiples und meinen Benchmark, der sieht folgendermaßen aus und dann sagst du, ja, dann zeig mir doch mal die Liste, dann zeigen sie dir die Liste. und dann sagst du, ja, aber das ist ein Unternehmen, was halt auch wirklich seit 20 Jahren keine Innovation mehr geliefert hat und deswegen wird es an der Börse auch gerade massiv abgestraft, weil es halt nicht spannend ist und nicht wächst. Damit vergleichst du mich und dann sagt er, ja, ihr seid ja in dem gleichen Segment unterwegs, so, und dann sagst du, ja, schön, dass du es gemacht hast, aber für mich ist dieser Datenpunkt irrelevant, ja. Wohingegen du in anderen Fällen das vielleicht haben kannst, zu sagen, ja, guck mal, hier sind Highflyer, die zu folgenden Bewertungen Geld aufgenommen haben oder sie zu folgenden Bewertungen verkauft wurden. Lieber Käufer, jetzt will ich aber auch den gleichen Preis von dir haben. Und dann sagt er halt, ja, ist ja schön für die, aber das ist mir einfach nicht wert. Das heißt, diese Frage Preisfindung, Preis ist ja immer die Einigung zwischen dem, was der eine bereit ist, sein Produkt oder seine Firma in diesem Fall abzugeben und gegen Geld zu tauschen und der andere zu sagen, es ist günstig genug, dass es für mich Sinn macht, mein Liebesgeld gegen das Produkt oder das Unternehmen zu

Joel Kaczmarek: tauschen. Ich überlege gerade, also wir sind jetzt einmal durch, durch Madpick. Was würdest du sagen, gibt es so Kaufabbrüche wahrscheinlich deutlich häufiger bei ganzen Firmen? oder vielleicht auch gerade nicht, weil es so eine Once-in-a-Lifetime-Geschichte auf die Firma bezogen ist? Was glaubst du, ist es ähnlich?

Gero Decker: Das ist eine sehr, sehr gute Frage und ich weiß gar nicht, was häufiger ist, weil bei vielen Vertriebsprozessen von Produkten, die brechen auch irgendwann ab. Ja, also bei vielen. Und bei Unternehmenskäufen, Verkäufen auch. Also Ich würde mal sagen, so rum, die Latte, ein Unternehmen zu kaufen, liegt halt ein bisschen höher, weil ich kann halt nicht sagen, naja, ich kaufe mir jetzt hier mal eine Subscription für drei Jahre und wenn es nicht klappt, dann cancel ich die halt wieder und dann gucke ich mir was anderes an. Wenn ich so ein Unternehmen kaufe, dann habe ich es halt an der Backe, weißt du? Da komme ich ja nicht wieder von los. Ich kann ja nicht sagen, also kann ich schon sagen, ich kann jetzt sagen, ich stampfe das jetzt alles ein, aber die Altlasten habe ich womöglich. und die Rechtsstreite, die da an dem Unternehmen dran hängen, die habe ich ja immer noch. Selbst wenn ich das Produkt eingestampft habe. Also long story short, die Latte liegt höher, aber auf der anderen Seite überlege ich es mir natürlich auch genauer, will ich überhaupt so einen Prozess und solche Gespräche starten? Ich starte ja nicht mit Hinz und Kunzen einen Kaufprozess oder einen Verkaufsprozess. Also insofern, I don't know, das wäre immer eine spannende Frage, wie viele Abbrüche gibt es? Aber es gibt eine signifikante Anzahl von Abbrüchen in beiden Fällen.

Joel Kaczmarek: Aber relevanter Faktor, den wir bei den Decision-Kriterien noch hätten aufnehmen können, Rechtsstreit zum Beispiel anhängige oder so Patentgeschichten.

Gero Decker: Klar, genau, genau. Der jetzt aus dem D-Kessel geplaudert bei uns, als es an den Verkauf an SAP ging. Das war halt eins der Themen, da wurde wirklich kein Kieselsteinchen auf dem anderen gelassen. Also niemand hat sich diese Firma davor und danach jemals wieder so genau angeguckt. Allein 150 Kollegen, die unterwegs waren, halt diese ganzen juristischen Sachen durchzuleuchten.

Joel Kaczmarek: Krass.

Gero Decker: Da habe ich manchmal gefragt, boah, das haben auf unserer Seite zwei, drei Leute verantwortet die ganzen Jahre und auf einmal müssen da 150 Leute kommen, um in den verschiedenen Konstellationen und Ländern und hast du nicht gesehen, alles einmal auf links zu drehen.

Joel Kaczmarek: Was das kostet auch, ne?

Gero Decker: Ja, mega. Also die Transaktionskosten, die gehen auf keine Kuhhaut. Aber das kann auch beim Produktverkauf oder Produktkauf auch teuer sein. Das macht man sich ja häufig auch nicht so klar, dass man Zeit und Liebe rein investiert, Piloten zu fahren, Leute abzustellen, sich auf die Suche zu machen und so weiter und so fort. Das hat mich früher übrigens in den Anfangstagen von Signal wie immer so ein bisschen frustriert. Da gab es Berater, die nichts anderes gemacht haben, als Einkaufsprozesse zu unterstützen. Also sie kommen halt mit Domänexpertise und kennen sozusagen die Anbieterlandschaft, die wissen, wie man so ein RFP, Request for Proposal, Katalog, Kriterienkatalog bauen und so weiter und so fort. Und die haben zum Teil das Doppelte von dem an Umsatz gemacht, nur diesen Selektionsprozess zu begleiten, als das Produkt, was dann am Ende des Tages beschafft wurde, ja. Oder noch viel schlimmer, dann sagt dir der Kunde, ja ich habe so viel Geld für den Einkaufsprozess ausgegeben, ich muss jetzt leider bei dir Abstriche machen und kann dir nur weniger Geld geben. Also irgendwo hört es ja wirklich auch auf. Das ist eine verrückte Welt hier. Naja, also insofern zu diesem Thema Transaktionskosten sind hoch oder niedrig. Die Transaktionskosten sind hoch, aber hoffentlich im Verhältnis zum Verkaufs- oder Kaufpreis im Rahmen.

Joel Kaczmarek: So, jetzt haben wir die Unterschiede beleuchtet und haben das Framework einmal durchdekliniert. Jetzt wäre es ja abschließend nochmal ganz spannend zu sagen, kann man jetzt vielleicht nicht in aller Tiefe machen, aber mal die typischen Sales-Prozess-Schritte, die wir mit dir sonst immer durchgehen, auch nochmal kurz anzuwenden. Also Lead-Generation, Pipeline-Aufbau, Opportunity-Qualification, Wo verbringe ich eigentlich meine Zeit mit, wenn du das jetzt mal auf einen Firmenverkauf anmeldest?

Gero Decker: Und vor allen Dingen noch spannend, auch wie lang ist so ein Sales Cycle eigentlich? Jetzt habe ich gerade gesagt, zwölf Wochen von Initialinteresse oder Initialgespräch, so rum, Initialgespräch zu Unterschrift im Falle des Verkaufsprozesses im Idealfall. Das bildet ja die Realität nur so teilweise ab. Was ich damit sagen will ist, man hat sich ja also in unserem Fall schon jahrelang mit dem Thema beschäftigt, man hat schon jahrelang seine Pappenheimer getrackt, die potenziell hinterher in Frage gekommen werden für eine Akquisition. Also insofern, was würde ich damit eigentlich sagen? Lead-Generierung ist halt spannend, weil je länger ich eine Vertrauensbasis habe und bekannt bin, das Produkt kenne, die Firma kenne, die Leute dahinter kenne, desto einfacher ist es hinterher, tatsächlich auf den Knopf zu drücken und zu sagen, ja, mache ich. Oder hinterher zu sagen, das ist ganz schön teuer, aber ich gehe mit, weil ich will das unbedingt haben und ich bin mir sicher. Also dieses Thema wahrgenommene Qualität des Unternehmens steigt massiv dadurch an, dass ich eine vorherige Beziehung habe. Deswegen, wenn Leute zu mir kommen und sagen, ja, wie kann ich denn mein Unternehmen an die SAP verkaufen bestmöglich? Dann sage ich immer, dann habe einfach schon eine sehr lange Beziehung zu SAP als Partner, als Ökosystem-Player, weil das hinterher die Chance massiv erhöht, Champions zu haben, genügend Wumms zu haben und auch eine gute Position zu haben und nicht den letzten kleinsten Preis nur durchdrücken zu können. Also Lead-Generierung heißt, möglichst früh schon Kontakte haben, selbst wenn man so eine latent Wettbewerbssituation hat. Also Coopetition-mäßig einander bekannt zu sein, Produkte und Team und Idealfall sogar schon gemeinsame Erfolge irgendwo gefeiert zu haben. Boosted massiv. Wir haben das gesehen, da wieder aus dem Nähkästchen geplaudert, als unser Akquisitionsprozess an SAP losging. Nach dem dritten Telefonat merkst du, oh. Das wird ja jetzt wirklich ernst. Das nächste, was du tust, ist zu gucken, ja, wer sind denn die anderen Bieter? Oder gehst du in diesen Prozess halt mit einem Bieter? Und wenn das dann der Moment ist, wo du wie wild um dich rumtelefonierst und sagst, guck mal hier, wir gehen jetzt wahrscheinlich in den Verkaufsprozess rein, wollte mitbieten, dann ist es meistens ja schon zu spät. Sondern du musst eigentlich in so einem latenten Interessens Gewabere schon drin sein, damit du das reaktivieren kannst. In unserem Fall, wir haben nicht schnell genug, ich sag mal, seriöse Mitinteressenten aktiviert bekommen. Und wir hatten in dem Fall dann genau nur einen Bieter.

Joel Kaczmarek: Also wenn wir beim Thema Pipeline sind, ist es da schwierig aufzubauen. Also Lernich musst du eigentlich über Jahre hinweg nurturen.

Gero Decker: Genau, genau. Also selbst wenn man das nicht als Ziel hat. In unserem Fall war der Firmenverkauf ja nie das Ziel. Wir wollten ja immer unabhängig bleiben und idealerweise in die Börse gehen und so weiter. Aber selbst wenn es nicht dein Ziel ist, lohnt es sich immer in Kontakt zu bleiben, seine Pappenheimer zu kennen. Also in unserem Fall nicht nur die Kollegen bei SAP kennst, sondern auch die Kollegen bei Salesforce und bei Oracle oder wer da noch alles grundsätzlich in Frage kommt, Microsoft oder so, weil wenn es dann doch mal hart auf hart kommt, dann willst du idealerweise auch so ein bisschen Optionen haben und dann nicht beim erstbesten Angebot entscheiden müssen, das ist es jetzt.

Joel Kaczmarek: Wo du dein Nähkästchen schon ein paar Mal geöffnet hast heute, mal als lustige Frage, hat es dir eigentlich geholfen, dass du an Hasso Plattners Institut ausgebildet wurdest, das ja so ein bisschen Romantik auch hatte?

Gero Decker: Den romantischen Aspekt gab es dort weniger, sondern was mehr geholfen hat, war, dass es einfach unglaublich viele persönliche Querverbindungen gibt. Also viele Leute, die uns gekannt haben. und was noch viel massiver geholfen hat, war, dass unser Produkt funktioniert. bei SAP schon jahrelang im massiven Einsatz war. Und es war dann lustig, als es dann announced wurde, also es ist ja immer nur eine begrenzte Menge von Leuten, die in so einem Kaufprozess tatsächlich beteiligt sind. Und dann, als es announced wurde, war das ja eine Überraschung für die meisten. Und ich weiß noch, an dem Tag, wo es announced wurde, habe ich 150, 200 E-Mails bekommen von SAP-Kollegen, die gesagt haben, boah, wie geil ist das denn? Wir waren schon immer große Fans von euch. Endlich können wir jetzt tolle Dinge zusammen machen und so weiter. Das hilft natürlich ungemein, anders als, und das ist immer ein bisschen schwierig, wenn du von einem Unternehmen gekauft wirst, wo dann eine interne Konkurrenzsituation auf einmal entsteht. Das wird dann immer ein bisschen schwierig, weil dann kriegst du nicht die E-Mails, ich freue mich, sondern dann kommt die E-Mail, hau bloß ab, geh bloß weg. Nein, die E-Mail kriegt man dann nicht, die sagen dann nichts, aber hinter vorgehaltener Hand wird das halt erzählt und die Leute fürchten da um ihre Freunde.

Joel Kaczmarek: Wenn du es jetzt im Nachhinein nochmal neu machen könntest, also wenn du in die Vergangenheit reisen könntest oder wenn du anderen Menschen, die über Firmenverkauf nachdenken, einen Tipp geben könntest, wie würdest du Lead Generation und Pipeline-Aufbau im Nachhinein vielleicht anders machen?

Gero Decker: Also diese beiden Themen, ich wollte das immer nicht so wahrhaben, auch weil wir Verkauf nie auf der Agenda hatten. Aber ich erinnere mich, als unser Head of Alliances, Head of Partnerships an Bord gekommen ist, hat er gesagt, Gero, Ich werde dein bester Freund sein, habe ich gefragt, warum? Und er meinte, naja, weil in allen Firmen, wo ich bisher war, war Partnerschaften, war halt das Eintrittsticket in M&A-Gespräche. Und da habe ich gesagt, ja, nee, aber das ist ja für uns gar kein Thema. Konzentrier dich du mal darauf, dass wir hier gemeinsam Umsatz machen da draußen am Markt und gemeinsam irgendwie tolle Projekte stemmen und so. Erinnere dich an meine Worte. Eines Tages wirst du sagen, du hattest recht. Und so ist es dann gekommen. Und er war halt schlau genug, der hat immer gesagt, Gero, ich habe hier gerade eine super spannende Partnerschaft, du solltest die auch mal treffen. Und ich kann hier mal was aufsetzen und dann sprichst du mal mit denen und so. Und ich habe immer gesagt, du lass mich in Ruhe, gib mir Influence Revenue. Gib mir Joint Pipeline, gib mir Sales Numbers. Dann hat er gesagt, Gero, du unterschätzt hier die Möglichkeiten, nicht, dass du dich hinterher ärgerst. Also long story short, Partnerschaften ist ein ganz, ganz, ganz vielversprechendes Einfallstor, hinterher Optionen überhaupt zu kennen, bei wem es Sinn macht.

Joel Kaczmarek: Das ist ja selten, dass du dich mal hörst. Da bin ich ja ganz begeistert. und dann trotzdem diese Reflektiertheit. Sehr gut. Letzten zwei Punkte, vielleicht können wir sie so ein Stück weit verbinden. Opportunity Qualification und wie man in diesem ganzen Prozess eigentlich seine Zeit plant, weil das ist ja so ein bisschen Hand in Hand. Wie siehst du das in der Retrospektive, wenn du eine Firma verkaufst versus beim Produkt?

Gero Decker: Naja, wir haben jetzt ja hier Madpick vorgestellt und angewandt. Ich glaube, dass jetzt, wo wir hier die ganze Liste durchgegangen sind, das haben wir ja hier live on the fly gemacht. Wir haben uns ja vorher gar nicht die Antworten aufgeschrieben. Ich glaube, das macht total Sinn, all diese Punkte durchzugehen und sich zu fragen, haben die überhaupt genügend Need, das zu tun? Und haben die überhaupt Budget dafür, sich das leisten zu wollen? Was sind denn deren Alternativen? Was machen die denn, wenn die dich nicht kaufen? Und ist der Champion überhaupt motiviert genug, das durchzubringen? Ist der Decision Process klar? Und so weiter und so fort. Also eigentlich kann man genau dieses Framework benutzen, um zu erkennen, wer meint es ernst und wer meint es nicht ernst. Lustigerweise, jetzt wieder aus dem Nähkästchen geplaudert, wir hatten so ein halbes Jahr, bevor SAP dann auf uns zukam, hatten wir ein anderes Unternehmen, auch großer Softwareanbieter, die auf uns zukamen und gesagt haben, Gero, hey, super cool, wir haben schon so viel zusammen gemacht, Partnerschaft läuft super, wollt ihr nicht Teil von uns werden, wollt ihr euch nicht kaufen lassen? Ja, und das war natürlich ein total spannender Übungsgrund, weil, wie gesagt, Reaktionen, auch wieder später bei SAP haben wir gesagt, nee, Verkaufen kommt eigentlich nicht in Frage, aber lasst uns trotzdem mal unterhalten, weil hier zum Thema Economic Buyer, das halt immer eine wunderbare Möglichkeit ist, ganz bis nach oben durchzugehen. Ja, ich habe mich dann mit dem CEO getroffen, dem CFO getroffen, dem CTO getroffen von dem Unternehmen. Leute, die normalerweise, wenn ich denen gesagt habe, hey, können wir uns nicht mal treffen auf dem Mittagessen oder wie auch immer, hätten die normalerweise gesagt, nee, komm, ihr seid ein Partner von 500, hab keine Zeit für dich. So, und allein deswegen habe ich gesagt, okay, wir treffen uns mal und besprechen, aber bei mir immer im Hinterkopf, wir stärken jetzt die Partnerschaft dadurch und reden nicht über Verkauf. Long story short, dort war es ganz spannend, weil der gesamte Vorstand, alle, Chief Marketing Officer, alle fanden das supergeil, haben gesagt, Signal, wir wollen was kaufen, mega, mega cool. Und hinterher, was dort überhaupt nicht gepasst hat, war, zum einen hatten wir überhaupt gar kein Budget, ja, eigentlich komisch. Scheinbar hatten die eine ganz andere Bewertungsvorstellung, ja, also die Frage hier, Quantifiable Impact und so, keine Ahnung, was die sich dabei gedacht haben. Und es war dann total uninteressant und jenseits von gut und böse, was dort bei denen möglich war. Und auch hinterher stellte sich raus, die haben mit ihrem Supervisory Board, mit ihrem Aufsichtsrat überhaupt noch gar nicht darüber gesprochen und die haben dann scheinbar irgendwann gesagt, sag mal, seid ihr von allen guten Geistern verlassen, also jetzt da so eine Firma kaufen, also das ist nun wirklich nicht das Wichtigste, was wir hier zu tun haben, ja, macht mal lieber eure Hausaufgaben hier. Also da war scheinbar sozusagen Stakeholder-Management hinten und Decision-Process war von denen total unterschätzt. Und es verlief dann auch superschnell im Sande und wir haben da jetzt auch nicht wahnsinnig viel Zeit investiert. Aber es war halt schon spannend, weil du musst dich halt dann mit so einer Fragestellung, ist Verkauf überhaupt eine realistische Option, muss man sich dann beschäftigen. Antwort war damals nein, aber lasst uns die Möglichkeit suchen, die Partnerschaft zu vertiefen. Und spannend war es allemal und lernen kann man immer. Und das Essen war auch lecker.

Joel Kaczmarek: Würdest du den Prozess denn im Nachhinein wieder alleine machen oder würdest du dir Hilfe holen, zum Beispiel in Form von M&A-Beratern, Anwälten, whatsoever?

Gero Decker: Naja, Dienstleister hast du ja immer. Also ohne Anwälte geht nicht. Also Anwälte sind immer der Art von Dienstleister, ohne die man nicht auskommt. Und Anwälte sind übrigens wesentlich billiger als M&A-Berater. Der Unterschied ist nämlich, Anwälte, die verdienen pro Stunde und M&A-Berater, die verdienen typischerweise einen Prozentsatz auf die Transaktionssumme. Also wenn die Summe hoch genug ist, dann sind die juristischen Kosten verschwindend gering gegenüber dem, was man für einen M&A-Berater bezahlen würde. Und es kommt natürlich immer darauf an, was du für ein Team hast, wie gut die das können. Mein CFO hat damals gesagt, oh, Gero, geil. Als ich ihn angerufen habe, hier, SAP ist interessiert, hat er gesagt, oh, Gero, ich liebe Transaktionen. Endlich kann ich mal wieder die Wochenenden durcharbeiten. Und so war es dann auch. Ich erinnere mich dran, Weihnachten, Heiligabend, 24. Dezember, 18 Uhr, Lawyer Call, irgendwelche Redlines durchsprechen, 18 bis 21 Uhr. Tragswerke durchgewühlt an Heiligabend.

Joel Kaczmarek: und deine Frau hat dein Geschenk in den Kamin geworfen.

Gero Decker: Ja, das fand ich nicht so lustig.

Joel Kaczmarek: Letzte Frage bei diesen acht Schritten, weil wir darüber gesagt haben, wo verbringst du deine Zeit? Was hältst du für den wichtigsten zu optimierenden Faktor von den acht?

Gero Decker: Also ganz wichtig als Eintrittskriterium ist Champion. Das ist wirklich ein Kristallisationspunkt, weil das sind die Leute, die machen das ja nicht ohne Grund. Das sind ja die, die auch sozusagen den Case bauen und den auch im Zweifelsfall ein bisschen optimistischer darstellen, sodass es dann halt hinterher für den Deal passt. Bei uns war auch ganz spannend, mein Champion bei der Akquisition durch SAP war mein jetziger Partner. Co-Lead, Ruven, und es ist halt eine ganz spannende Grundgemengelage, weil der Case, der dort gerechnet wird, muss ja durch den Champion meistens hinterher dann auch geliefert werden. Das heißt, du bist so ein bisschen hin und her gerissen, du versuchst ihm möglichst gut und positiv zu rechnen, dass du halt die Kaufsumme auch rechtfertigen kannst, aber er muss niedrig genug sein, damit du halt hinterher dich nicht sozusagen um Kopf und Kragen versprochen hast und das niemals liefern kannst. Und da gab es dann auch den Punkt, weil es dann in der Preisverhandlung ging, dass es dann nochmal signifikant nach oben im Rahmen des Prozesses ist, dann musste der Case halt nochmal neu gerechnet werden. So nach dem Motto, jetzt muss ich intern verkaufen, dass ich hier was gelernt habe, dass der Case viel besser ist als vorher gerechnet, weil sonst halt einfach der Kaufpreis nicht hätte gerechtfertigt werden können.

Joel Kaczmarek: Stimmt mir da eigentlich das Gerücht, dass du damals auf die Frage geantwortet hast, bleibst du auch an Bord, dass du bereit wärst, dir deinen kleinen Finger abzuschneiden?

Gero Decker: Ja, lustige Story, ja, ja, ja. Nein, weil diese Frage, sozusagen Founder Retention heißt es bei SAP, also die Frage, wie lange bleiben die Gründer mit an Bord? Das ist halt ein Qualitätskriterium. Seitdem mal eine Akquisition, da gab es mal eine Akquisition, wo nach einem Jahr die Hälfte der Mannschaft weg war. Und das Ding ist dann halt total implodiert und die Gründer waren weg und alle und es nahm dann auch kein gutes Ende. Und deswegen guckt man, also gerade bei SAP, aber bei vielen anderen Käufern auch drauf, bleiben die Gründer denn an Bord? Und es war relativ klar, dass man das nicht irgendwie sinnvoll vertraglich abgedeckt bekommt. Es war auch klar, dass man es nicht kommerziell irgendwie vernünftig abgebildet bekommen, weil wir eigentlich schon so das absolute Maximum ausgereizt haben, was von SAP-Seite möglich war und was auch für uns und unsere Investoren interessant war. Und für ein kommerzielles Incentive hätten ja die Investoren quasi etwas aufgeben müssen. Und die haben gesagt, nix da, Georg, spinnst wohl. Alle Gesellschaften werden hier gleich behandelt. So, long story short, was gibt man als gute, als Reassurance sozusagen ab? Dann habe ich gesagt, Jürgen, ich bleibe mindestens zwei Jahre an Bord, kannst dich darauf verlassen, verspreche ich dir, wenn ich das nicht mache, dann darfst du höchstpersönlich mit einer rostigen Axt meinen kleinen Finger abhacken. Und dieses Statement hat es scheinbar auch in die Aufsichtsratsentscheidungsvorlage geschaffen. Manchmal sind es halt die lustigen Sachen. So ist es ja immer im Leben. Wir sind alles Menschen. Und sowohl im Produktvertrieb als auch im Verkauf von Unternehmen menschelt es links und rechts immer sehr. Und auch den Spaß und den Humor darf man da nicht zu kurz kommen lassen.

Joel Kaczmarek: Das ist doch ein schönes Schlusswort. Lieber Gero, vielen Dank. Es hat viel Spaß gemacht. Wie viele Jahre musst du noch, bis dein kleiner Finger sicher ist?

Gero Decker: Ich bin ja jetzt schon mehr als zwei Jahre.

Joel Kaczmarek: Na, guck.

Gero Decker: Mein Finger, der bleibt jetzt dran.

Joel Kaczmarek: Sehr gut. Die Hörerinnen und Hörer hoffentlich auch mal. Danke dir.

Outro: Super. Bis zum nächsten Mal. Danke fürs Zuhören beim Digital Kompakt Podcast. Du merkst, hier ziehst du massig Wissen für dich und dein Unternehmen heraus. Wenn du mit uns noch erfolgreicher werden möchtest, abonniere uns auf den gängigen Podcast Plattformen. Und hey, je größer wir werden, desto mehr Menschen können wir helfen. Also erzähl doch auch deinen Kolleginnen und Kollegen von uns. Bis zum nächsten Mal.

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