Remote Sales in Corona-Zeiten

19. Juni 2020, mit Joel KaczmarekGero Decker

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Joel Kaczmarek: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge Digital Kompakt. Mit dem wunderbaren und einzigartigen Joel Kaczmarek und Gero. Heute heißt es wieder The Art of Sales. Wie kriege ich meine Produkte, meine Dienstleistungen zum Kunden? Ich freue mich. Wie geht's dir?

Gero Decker: Ich freue mich auch. Es macht viel Spaß mit dir immer, daher freue ich mich sehr. Heute ja auch ein spannendes Thema. Es geht nämlich um Remote Sales. Sprich, wie verkaufe ich, wenn meine Organisation nicht an einem zentralen Ort sein kann? Also gerade zu Corona super aktuell, aber auch generell, glaube ich, interessant für Organisationen, die vielleicht auch darüber nachdenken, ihre Sales-Abteilung über mehrere Länder zu verteilen oder generell sich zu überlegen, muss ich die bei mir im Büro sitzen haben. Das heißt, wir werden heute darüber reden, wie beeinflusst eigentlich die Seniorität eines Verkäufers oder auch die Rolle, in der er steckt. seinen Remote-Sales-Ansatz. Was ist eigentlich relevant? Je nachdem, wo ich im Sales-Cycle bin, ändert sich vielleicht auch der Faktor Remote-Sales und einiges mehr. Das ist heute unser Thema. Vor allem bin ich auch mal gespannt, die Dynamik Outcome versus Activity. Vielleicht auch mal ganz generell eine interessante Metrik, über die wir nach hinten raus noch sprechen. Das mal als bisschen holpriger Erwartungsmanagement-Eintritt heute. Lieber Gero, wie ist es bei euch? Ihr müsst ja wahrscheinlich auch gerade Remote-Sales machen, oder?

Joel Kaczmarek: Für alle Unternehmen, die remote arbeiten können, ist ja die Maßgabe auch von der Regierung, das tatsächlich so zu tun. Wir haben mal ausgerechnet, wie viele Leute dürfen bei uns ins Büro und wir kriegen maximal ein Sechstel der Mannschaft unter, wenn wir alle Regeln einhalten wollen und nicht jetzt Riesenbaumaßnahmen oder sowas einleiten. Remote Work ist die neue Realität und das auch noch für viele Monate.

Gero Decker: Und wie macht sich das im Sales bemerkbar? War das große Umstellung? Gab es da irgendwie Gemurre? Oder wie fühlt sich so die Stimmung da an?

Joel Kaczmarek: Es gibt ja erstmal keine Wahl. Also im März haben ja alle Firmen ihre Mitarbeiter nach Hause geschickt. Es ist jetzt eher die Frage, wie hoch der Bedarf ist, wieder ins Büro zurückzukehren. Und die spannende Beobachtung ist, es geht weniger darum, die Arbeit besser tun zu können vom Büro aus. Ja, diese Fälle gibt es auch, die zu Hause zu wenig Platz haben, abgelenkt sind durch Kinder oder vielleicht ganz, ganz schlechte Internet-Connectivity-. Aber der Hauptgrund, warum die Leute ins Büro zurück wollen, ist Socializing, sich zu treffen, ein Bierchen zusammen zu trinken, zusammen Mittagessen zu gehen und so weiter.

Gero Decker: Ich meine, im Sales ist ja auch so, wenn man hier so an Wolf of Wall Street und Co. denkt, also um jetzt mal hier die richtig plumpen, platten Beispiele zu bringen, da hast du ja auch immer so diese Boiler-Room-Atmosphäre, dass die Leute sich so gegenseitig pushen. Also ich weiß, da gab es ja irgendwie auch so Szenerien, wo die unterm Schreibtisch telefonieren, weil es sonst so laut ist und sie nichts verstehen. Ist das so ein Faktor, dass Sales, also jetzt ist es vielleicht ein Extrembeispiel, aber dass schon man sich so in so einem Sales-Team gegenseitig pusht und dass den Leuten das fehlt im Homeoffice?

Joel Kaczmarek: Es kommt natürlich ganz auf die Rolle drauf an und die Tätigkeit, die ich gerade durchführe. Also manche Aktivitäten im Sales-Zyklus, die mache ich viel besser, viel effektiver, wenn ich meine Ruhe habe, wenn ich mich darauf konzentrieren kann, wenn ich mich vernünftig darauf vorbereiten kann, nicht abgelenkt bin durch große Aktivität links und rechts und Lärm und so weiter. Und dann gibt es andere Aktivitäten, wo das natürlich total hilfreich ist, auch diesen Buzz zu haben, dass es sich anfühlt wie so ein Bienenstock, wo alle aktiv sind, wo alle das Beste bringen, sich gegenseitig antreiben, sich gegenseitig mitziehen und so weiter und so fort. Aber das sind nur ganz bestimmte Tätigkeiten innerhalb des Vertriebsprozesses, wo das tatsächlich hilfreich ist.

Gero Decker: Also da kennt man ja die wildesten Geschichten. Ich habe von Oliver Samba mal gehört, dass der bei Groupon irgendwie alle Leute in den Gang gesetzt hat, damit da mehr Atmosphäre ist. Er hat gesagt, das muss hier wie auf dem Bahnhof sein, das ist mir hier zu leise, was ist hier los, ihr müsst euch pushen. Also das sind ja so die Stimmungsfaktoren da. Aber gut, fangen wir mal so vielleicht ein bisschen geordnet an. Macht es einen Unterschied, du hast ja gerade angedeutet, wo du bist, also nicht vom Ort her, sondern in welchem Zyklus sozusagen deines Verkaufs oder vielleicht auch in welcher Rolle. Macht es einen Unterschied, welche Salesrolle ich habe, ob Remote Work dann anders ausfällt oder nicht?

Joel Kaczmarek: Nach meiner Beobachtung korreliert Remote Work und ob das gut oder schlecht funktioniert, vor allen Dingen mit der Seniorität des Mitarbeiters. Wenn ich dort jemanden habe, der seit 10, 15, 20 Jahren im Vertrieb unterwegs ist, der hat schon häufig genug alle möglichen Techniken durchgeschliffen und ist wirklich auf der höhe seiner schaffenskraft sozusagen angekommen hat eine hohe eigenmotivation weiß genau was er zu tun hat. für solche leute ist remote work überhaupt kein problem. und tatsächlich auch pre corona waren die meisten dieser kollegen auch jetzt schon vom home office aus unterwegs weil diese ich sagen, hey, ich habe sowieso Reisen, die ich zum Kunden mache, wo ich durch die Republik jette oder woanders hin. Da will ich doch. die Zeit, wo ich nicht unbedingt on the road sein muss, will ich dann auch mal zu Hause sein und mit der Familie verbringen und will jetzt nicht ständig im Auto sitzen. Also solche Leute sind es eigentlich gewohnt, zwei, drei Tage mindestens von zu Hause aus zu arbeiten pro Woche. Und für die ist das jetzt natürlich überhaupt gar keine Umstellung diese Zeit. Größte Umstellung ist, sich nicht mehr physisch mit dem Kunden treffen zu können, weil der das nicht mehr möchte oder das Regularien nicht zulassen. Wenn ich sehr juniorige Mitarbeiter habe, die, sagen wir mal, die kommen gerade aus der Ausbildung, aus dem Studium, fangen gerade frisch an. Ganz plump gesagt, haben von Tuten und Blasen keine Ahnung. Dann ist natürlich die spannende Frage, wie kriege ich diese Person bestmöglich geonboardet? Wie kann ich denen Dinge bestmöglich beibringen? Und da ist dieser Effekt, nebeneinander zu sitzen, Dinge gemeinsam zu machen, Dinge in Zweier- oder Dreiergruppen anzugehen, sich gestalten. ständig Feedback zu geben, ist natürlich extrem wichtig. Das heißt, für die Beginner, für die sehr juniorigen Kollegen ist Remote Work wesentlich schwieriger zu bewerkstelligen als für die Seniorigen.

Gero Decker: Und so von der Sales-Rolle her, macht es da auch einen Unterschied? Also ich sage mal vom Arbeitsfeld, wir hatten ja auch schon mal Podcast-Folgen dazu, welche Rollen es gibt, wie die SDR outbaut, all solche Geschichten. Macht es da einen Unterschied?

Joel Kaczmarek: Genau, also wenn wir nochmal den Zyklus durchgehen, vorne Lead-Generierung, wo kommen die Leads her, entweder kommen die aus dem Marketing und es geht darum, die zu qualifizieren und die sozusagen durch den Tunnel zu schicken. oder halt Outbound, also wo ich gewisse Targets habe, gewisse Unternehmen, an die ich proaktiv rangehe und mit denen zu sprechen, also diese klassische BDR, SDR Rolle, dann geht es weiter ab einem gewissen Punkt, wo ich sozusagen eine qualifizierte

Gero Decker: Also Business Development Representative und Sales, was war das SDA?

Joel Kaczmarek: Sales Development Rep, genau. Manche nehmen den einen Begriff, manche den anderen. Meistens meint es so ziemlich das Gleiche. So, das haben wir als eine Rolle und dann geht es irgendwann an den Vertriebskollegen, Account Executive oder wie auch immer, Sales Rep, wie man den auch immer bezeichnet, der dann diese Opportunity übernimmt, bis zur Bestellung begleitet und darüber hinaus. Wenn wir diese SDAs, BDAs uns angucken, dort habe ich natürlich verschiedene Tätigkeiten. Alles, was ich per E-Mail mache, also wo ich zum Beispiel outbound 200, 300, 400 Leute raussuche, ich mache pro Person vielleicht eine Recherche, was interessiert den, was treibt den um, was sind so die Themen, crafte dann eine Message, basierend entweder auf Templates oder weil ich mir kreativ was ganz Neues ausdenke, das sind alles Tätigkeiten, die kann ich remote fast genauso gut machen, wie wenn ich zusammensitze. Messages gemeinsam zu craften und uns zu reviewen und rauszugehen. Hier haben wir einen Telefonblock, wo wir jetzt mal zwei, drei, vier Stunden am Stück bestehende Kontakte angehen oder neue. Also alles, was E-Mail ist, kriege ich remote relativ gut hin. Ja, da mache ich einfach einen Zoom-Session auf oder was auch immer man gerade benutzt. Dort kann man sich dann gegenseitig über die Schulter gucken, Leute sharen, was sie gerade bei sich auf dem Bildschirm haben, Feedback einholen von den anderen Kollegen. Und es ist quasi so, als ob man einen Open Office hat, nur dass alle Leute an unterschiedlichen Stellen sitzen. Das funktioniert ganz gut. Diese Telefonaktion, dort ist es am schwierigsten. Zum einen habe ich nicht diese Stimmung im Raum, dass ich sehe, von meinen sieben Kollegen telefonieren gerade fünf. Also hebe ich jetzt auch den Hörer hoch und mache etwas. Also dieser motivatorische Effekt, den kann ich halt nur schwer erzeugen in einem Remote-Work-Setting. Und auch dieses Thema, ich höre jetzt zum Beispiel einfach mal in Gespräche von Kollegen rein. Also das ist auch gern genommene Methode, um zu lernen, um zu trainieren. Einer telefoniert, hat sein Telefon auf Lautsprecher gestellt und es sitzen zwei oder drei drumherum, die hören zu oder schreiben, wenn sie eine Idee haben, was auf ein Stück Papier und reichen das dem Sprecher sozusagen rein. Das ist natürlich sehr, sehr schwierig zu machen in dieser Zeit. Die meisten Unternehmen haben jetzt nicht irgendwie so eine ausgefuchste virtuelle Telefonanlage, wo man einfach im Silent Mode nochmal Leute mit reinnimmt oder so etwas. Das steht den meisten nicht zur Verfügung, sondern die nutzen einfach ihr Handy und rufen an. Das ist natürlich sehr, sehr schwierig dieser Zeit. Was gibt es sonst noch für Aktivitäten? Ich habe natürlich so meine Lessons Learned Sessions. Also in vielen Teams ist das so, dass man entweder einmal am Tag oder alle zwei Tage macht man wie bei den Entwicklern so ein Daily. Die Leute erzählen, was sie gerade tun, was sie gerade umtreibt, vielleicht Dinge, die sie gelernt haben, was gerade funktioniert oder was geschieht. gerade nicht funktioniert. Solche Sessions kann man natürlich super auch in der Remote Work machen und da stellt man dann einfach täglich einen Kalendereintrag ein und sagt 16.45 Uhr oder was auch immer die Zeit ist, treffen wir uns für 15 Minuten, 20 Minuten, wir kommen alle zusammen oder man macht es morgens, bevor alle loslegen, telefonieren wir uns kurz zusammen, machen da unseren Chaka, geben uns Stimmung für den Tag und legen dann los. Also ich glaube, das ist wichtig, so eine gewisse Struktur auch aufrecht zu erhalten, um dieses Energielevel auch hochzuhalten. Ist natürlich jetzt schwierig mit Homeschooling und was da alles dazu kommt, dass man halt nicht mehr dieses, ich bin im Büro und kann mich deswegen auf meine Arbeit konzentrieren und mache das ununterbrochen. Das hat man natürlich jetzt weniger, je nach persönlicher Situation. Da muss man ein bisschen drum herum arbeiten.

Gero Decker: Und ich tippe mal, den größten Schmerz hast du ja, je weiter nach hinten du im Sales Cycle kommst. Also wenn du eigentlich mit den Kunden wirklich abschließen willst, dahingehend, dass du auch dich mal triffst und irgendwie die Beziehung vertiefst. Wie machst du das? Hast du da schon Konzepte für euch entwickelt?

Joel Kaczmarek: Also momentan ist der Standard Remote. Also nur eine ganz, ganz kleine Menge von Unternehmen, die partout irgendwie sich nicht an dieses Remote-Work-Thema konzentrieren. anpassen wollen oder können die lassen noch vor ort termine zu oder fragen das explizit an. aber ich würde mal schätzen in 95 prozent der fälle oder mehr ist auf kundenseite remote work auch der standard und da gibt es überhaupt keine diskussion dass das so gemacht werden soll. in manchen bräunchen Branchen sind Kunden mit diesem ganzen Remote-Work, Web-Meeting-Software, all diesem modernen Ding, denen liegt das irgendwie nicht so im Blut. Das heißt, allein schon die Tatsache, wenn das alles wunderbar funktioniert, wenn man denen da genug Hilfestellung gibt oder wenn man auch mal spannende, interessante Dinge mit reinbringt. Man macht eine digitale Whiteboard-Session und schickt denen einen Link zu einem Miro-Board oder was auch immer man verwendet und es funktioniert dann auch. Da sind die Kunden super dankbar dafür, weil man denen nicht nur über ein Produkt spricht, was an den Mann gebracht werden soll, sondern weil man denen wirklich hilft in ihrer Situation und dort voranschreitet. Grundsätzlich ist natürlich das Tolle an Remote Work, dass ich unglaublich viel effizienter bin in dieser Tage, weil dieses ganze Rumsitzen am Flughafen, im Taxi sitzen, Zeit verschwenden in einer Lobby, sich erstmal einen Gästeausweis holen und dann über das Firmengelände tapern. in der Pre-Corona-Welt, wenn ich sehr viel vor Ort mache, da bin ich ja schon froh, wenn ich zwei Termine an einem Tag machen kann. Und dann kann ich noch E-Mails machen und vielleicht noch ein, zwei Telefonate auf dem Weg zum Flughafen. In dieser Zeit kann ich natürlich dort, wo ich früher zwei Gespräche geführt habe, kann ich jetzt vier oder fünf führen. Ist natürlich erstmal gut für die Effizienz und trotzdem bin ich zu Hause und kann mit der Familie essen. Bei manchen Kunden, die müssen halt ein bisschen warm werden, einen auch persönlich sehen, bis die was von einem auch kaufen möchten. Bei vielen sehen wir aber, dass es keinen Unterschied macht. Und das, was extrem gestiegen ist jetzt im Rahmen von Corona, ist, dass die Leute bei den Webmeetings auch tatsächlich ihre Kameras anmachen. Das war früher nicht. Früher Webmeeting hieß, der Kunde schaltet sich ein und du siehst ihn nicht. Und die sind da irgendwie so anonym hinter so einer Wand. Heutzutage hat sich das etabliert, dass die Leute sich auch in die Augen gucken können, auch in der digitalen Welt.

Gero Decker: Ja, ich hatte das auch mal die Tage bei einem Call mit einer Agentur. Ich kam da rein und dann waren irgendwie fünf Leute, ich einer davon und vier waren irgendwie die Screens ausgeschaltet. Und teilweise haben die sogar gesehen, oh, meine Kamera ist an und zack, wieder ausgemacht. Also ich kann das total nachvollziehen, dass das sich komisch anfühlt. Und in der Tat habe ich mich dann auch dabei ertappt, so, hä, jetzt macht doch gerade jeder, warum ihr nicht? Aber du hast ja eben eigentlich schon mal was angesprochen, was wir auch eingangs thematisiert hatten, als sozusagen Heißmacher. Diese Metrik, Outcome versus Activity, darauf zieht es ja so ein bisschen ab. Also früher konntest du, wenn du Glück hattest, zwei Termine machen, jetzt machst du fünf. Ist das deswegen wertvoller? Also vielleicht kannst du ja auch nochmal ausführen, was da für dich welche Relevanz hat bei diesen beiden Metriken.

Joel Kaczmarek: Was bedeutet das erstmal, Activity versus Outcome? Outcome ist alles, was hinten bei RUM kommt. Umsatz, Pipeline kommt bei RUM, Pipeline Progression, ja, dass eine Opportunity von einem Stage in die nächste kommt oder auch vorne im Funnel, dass ich eine Menge von qualifizierten Leads habe, mit denen ich weitergehen kann. Das sind alles Outcomes entlang des Vertriebszyklus. Und dann gibt es Activity. Activity heißt, ich mache vier Meetings und nicht nur zwei. Oder ich schreibe zehn Messages und nicht nur fünf. Und ich habe 20 Kontaktpunkte und nicht nur acht. Recherchiere zwei Stunden lang und nicht nur fünf Minuten. Das ist alles sozusagen die Aktivität, die ich tue auf dem Weg des Vertriebsprozesses. Activity kannst du auch sagen, ich sitze acht Stunden lang auf meinem Stuhl und bin anwesend. Das ist ja auch schon mal eine Form von Aktivität. In einem Setting, wo alle in einem Raum sitzen, verwechselt man häufig, dass Leute, die ganz besonders beschäftigt tun oder gestresst sind oder von einem Ding zum nächsten hassten, da denkt man manchmal, boah, die sind ja fleißig, die machen ja viel, die müssen ja richtig gut sein. Das ist ja völlig egal, wie sehr ich hin und her haste oder wie viel ich eigentlich tue, wenn hinten nichts bei rumkommt. Diese Zeit von Remote Work ist ja ganz spannend, wie Unternehmen damit umgehen. Und das hat nicht nur was mit Vertrieb zu tun, sondern mit Produktivität allgemein. Es gibt die Firmen, die noch viel besser darin werden, Ziele zu formulieren, die zu tracken, sich Outcomes anzugucken mit ihren Mitarbeitern. Und dann gibt es aber auch die Firmen, die fangen jetzt an, Überwachungssoftware zu installieren. Und zu gucken, ob ihre Mitarbeiter denn wirklich acht Stunden zu Hause aktiv an ihrem Rechner sitzen. Und die Software, die trackt, ob da gerade auf dem Bildschirm was passiert oder noch fiesere Dinge und guckt, ob die Webcam irgendwas ausspuckt. Und das ist halt ein grundsätzlicher Unterschied, wie ich an so eine Sache rangehe. Im Vertrieb, wie in allen anderen Bereichen, wird gerne mal der Fehler gemacht, wie gesagt, dass man beschäftigt sein gut findet und in einem Bürosetting das ist, was man sich anguckt, aber hinterher gar nicht so genau drauf guckt, wie viel kommt denn hinten bei rum. Also es ist eher so ein Appell als alles andere an die Vertriebsteams da draußen und die Vertriebsmanager vor allen Dingen, sich zu fragen, was sind denn die Dinge, die wirklich wichtig sind? Die Dinge, die wir wirklich tracken müssen, wo wir wirklich gut sein müssen. Ein Forecasting zum Beispiel machen oder eine Regelmäßigkeit reinbekommen, eine Sales Opportunity sich auch bewegt und nicht nur drei Wochen lang im gleichen Zustand rumliegt. Dort viel stärker dieser Tage drauf zu gucken, weil das sind die Dinge, die ich auch remote extrem gut machen kann oder genauso gut machen kann wie vor Ort und sich so ein bisschen davon zu verabschieden, zu sagen, es geht mir nur darum, mir jetzt Aktivität sich anzugucken.

Gero Decker: Gut, jetzt haben wir natürlich ganz viel festgestellt, was anders ist, wenn man remote arbeitet, aber wir wollen den Leuten ein bisschen Anleitung geben, vielleicht auch ein paar Tools mal mit an die Hand geben. Was hast du denn bei dir in der Organisation verändert, nachdem jetzt deine Teams remote arbeiten mussten? Also hast du für dich so Mittel und Wege gefunden? Also du hast ja eben schon mal ein bisschen was gesagt, diese Telefonate, tägliche 15-Minuten-Chakras, wo ich auch irgendwie schmunzeln musste. Aber gibt es sonst irgendwie Faktoren, wo du gesagt hast, okay, remote machen wir jetzt diese Sache anders, die wir vorher so gemacht hätten? oder das ist so mein bester Tipp?

Joel Kaczmarek: Also eigentlich, wenn man gut aufgestellt ist, hatte man auch vorher schon eine ganze Menge von Tools im Einsatz und hat die vernünftig verwendet. Auch nur so kriege ich eine Skalierbarkeit ins Unternehmen und eine Wiederholbarkeit ins Unternehmen. Also ganz zentrales Tool für jede Vertriebsorganisation ist ganz klar das CRM-System, Single Source of Truth. Alles, was stattfindet, wird dort dokumentiert, abgebildet. Mit dem CRM tracke ich nicht nur meine Leads und Opportunities, sondern ich mache vor allen Dingen zum Beispiel Offerings. mein forecasting darauf ich habe. meine reports dort laufen sowohl auf team ebene oder organisationsebene als auch auf individueller ebene wo ich immer ganz genau sehe wo stehe ich wo müsste ich eigentlich sein? welchen fortschritt habe ich seit letzter woche gemacht? bin ich diesen monat on track oder nicht on track? das sind all die dinge. wenn ich nun crm system vernünftig konfiguriert habe müssten die eigentlich alle per knopfdruck aus diesem system rauskommt. das heißt ich habe auf persönlicher ebene meine ein bis zwei persönlichen dashboards wo ich mich selber sozusagen checken kann. Ich habe dann, wie gesagt, auf Team- oder Regionsebene oder Company-Ebene dann auch jeweils mindestens ein Dashboard, wo ich genau sehe, wie entwickeln sich die Dinge. Current Quarter, Next Quarter, Rolling Pipeline, Pipeline Progression, was dort sozusagen alles drin ist. Damit kriege ich ein Tracking in die Organisation rein und auch eine Sichtbarkeit, ob Dinge vorangehen oder auch weitergehen. nicht voran geht. dann haben wir auch schon mal darüber gesprochen gibt es alle möglichen tools die sozusagen vorne und hinten dran hängen habe ich meinen marketing automation tools und tracken und analysieren aber vor allen dingen auch zum nurturen und zum proaktiven angehen von interessenten. das sind natürlich alles wertvolle informationen und wertvolle tools. auch ich habe immer noch meine datenbanken wo ich data enrichment mache wo ich e mail adressen wo ich telefonnummern herbeziehen kann informationen wie einen zoom info die jetzt gerade an die Börse gegangen sind, beziehen kann über Organisationsstrukturen, mit wem habe ich es eigentlich dort zu tun, Veränderungen in den Organisationen. LinkedIn, Sales Navigator, ganz wichtig, um Leute zu finden, um zu verstehen, was deren Rolle ist, was deren Interessensgebiete sind und so weiter und so fort. Es gibt natürlich dann so diese allgemeinen Tools, sage ich mal, für Kundenkontakte, aber auch für das interne Management und interne Zusammenbringen. Sowas wie ein Zoom oder Google Hangouts, Webmeeting-Software. Ohne die geht es ja gar nicht mehr. Gut ist auch immer, da ein oder zwei oder drei Alternativen zur Verfügung zu haben, weil es kann sein, dass zum Beispiel ein Zoom von einem Kunden nicht benutzt werden darf zum Beispiel oder gesperrt ist. Blöd ist, wenn ich dann kein Backup habe, Alternative, die ich benutzen kann. Da gibt es natürlich diese ganze Menge von neuen Tools, die jetzt eher in diese Richtung Überwachung mit reingehen, also wo ich eine Sprachanalyse auf dem Telefonat mit aufschalten kann, um zu analysieren, wie gut läuft denn das Gespräch und werden da die richtigen Dinge gesagt und so weiter und so fort. Ich bin da noch nicht so richtig sicher, was ich davon halten soll. Mein Ingenieursherz schlägt natürlich in mir und ich finde es immer spannend, was so möglich ist. Aber die Frage ist immer, wenn es hilft, wenn es mir hilft als Mitarbeiter, mich selbst zu verstehen und zu verbessern, finde ich das grundsätzlich gut. Wenn es dazu führt, dass es einfach nur noch Überwachung und Big Brother ist, weiß ich nicht, da bin ich so ein bisschen reserviert. Und das Gleiche gibt es natürlich auch, um E-Mail und Schriftverkehr analysieren zu können.

Gero Decker: Wie machst du es dann, als du eben gesagt hattest, manche Kunden können keinen Zoom zum Beispiel benutzen? Da habe ich auch schon drüber nachgedacht. Bei einer Organisation wie deiner ist es ja richtig teuer, wenn man da viele Lizenzen vorhalten muss für solche Tools. Habt ihr so zwei, drei, vier, fünf irgendwie als Bouquet und dann vielleicht nur einen Nutzer, den ihr euch teilt? Oder wie macht ihr das?

Joel Kaczmarek: Ich würde mal vermuten, wir haben fast alle die. die es so am Markt gibt in irgendeiner Form im Einsatz. Ich kenne mich jetzt mit den Lizenzstrukturen nicht aus. Ich weiß, manche sind so gebaut, dass du Anzahl von paralleler virtueller Sessions bezahlst, also quasi so ein Concurrent-Modell. Das muss halt dann groß genug gesized sein, sodass nicht Gefahr ist, dass viele Leute das nutzen. Andere sind userbasiert. Kann ich dir jetzt ehrlich nicht sagen. Aber was ich weiß, ist, diese Webmeeting-Tools sind jetzt nicht die teuersten Tools.

Gero Decker: Also sagen wir mal so, es ist abbildbar. Es ist abbildbar.

Joel Kaczmarek: Für ein CRM-System gibt man typischerweise mehr Geld aus als für Webmeeting-Systeme.

Gero Decker: Was ist so deine Beobachtung? Gibt es irgendwie Faktoren, vielleicht auch wenn du es mal bemisst, weil wir haben ja eben gesagt, Outcome versus Activity. Wie würdest du messen, komplett remote versus vorher, also pre und post Corona oder pre und mit Corona? Warst du vorher besser oder nachher? oder wo warst du vorher besser und wo bist du vielleicht sogar jetzt besser?

Joel Kaczmarek: Wo man jetzt besser ist, ist Effizienz. Also man schafft mehr an einem Tag. Einmal, weil man sich besser konzentrieren kann, aber auch gerade diesen Travel-Overhead nicht hat. Und ganz ehrlich muss man ja auch sagen, die Leute haben vorher eine halbe Stunde, dreiviertel Stunde, Stunde pro Weg ins Office rein, aus dem Office raus verbracht. Nicht selten wird diese Zeit jetzt mit Arbeiten verbracht. Da muss man auch ganz ehrlich sehen. Wir tracken das nicht. Aber meine Vermutung wäre, dass ganz natürlich Leute tatsächlich auch ein Stück weit mehr arbeiten einfach jetzt in dieser Zeit. Was schwieriger ist, Budget Cuts, Leute, die weniger Geld ausgeben. Das hat natürlich einen Einfluss darauf, wie viel Pipeline kann ich hinterher tatsächlich konvertieren, aber auch wie groß ist meine Pipeline. Eine Opportunity, die vorher vielleicht 80.000 Euro groß war, ist jetzt in Corona-Zeiten mit reduzierten Budgets vielleicht nur noch 40.000 oder 50.000 Euro groß. Oder ist um drei Monate verschoben. Muss man sich jetzt überlegen, ob man sich quasi den Deal erkauft oder ob man darauf hofft, dass es in drei Monaten besser ist und dann die alten Werte angewendet werden können. Also das sieht man schon, das Pipeline-Building ist schwerer geworden in Zeiten von Corona und auch die Konvertierung von Pipeline in Umsätze ist schwieriger geworden. Aber das natürlich ganz unterschiedlich je nach Branche.

Gero Decker: Und wenn du sagst, die Aktivität ist gestiegen, ist der Outcome trotzdem gleich gut? Also konvertierst du auch gleich gut? Jetzt hast du gesagt, okay, Abstrich, weniger Budget und teilweise verschoben. Wenn man das mal versucht rauszurechtkalkulieren, hast du trotzdem das Gefühl, man schließt gleich gut ab, wenn man remote mit jemandem redet, als wie wenn man früher dahin gefahren wäre?

Joel Kaczmarek: Genau die gleichen Deals, die vor Corona möglich waren, sind jetzt auch möglich. Aber was schon erstaunlich ist, ich habe jetzt keine wissenschaftliche Untersuchung dazu, aber es ist eher so ein Bauchgefühl. Es ist natürlich von Vorteil, dass ich schon eine Vertrauensbeziehung aufgebaut habe pre-Corona, die ich jetzt aktiviere oder die ich jetzt sozusagen progresse. und in die neue Welt mit rübernehme. Dafür ist Corona einfach noch nicht lang genug unterwegs, um sagen zu können, wirklich von First Touchpoint, das erste Mal, dass ich mit jemandem gesprochen habe, bis ganz hinten im Funnel, hat man nur sich virtuell getroffen. Das Remote-Work-Thema ist gerade mal drei Monate alt. Dafür ist es noch ein bisschen zu früh, um zu sagen, hat das jetzt einen Riesen-Impact oder ist es eigentlich relativ gleich.

Gero Decker: Was sagt das Gefühl? Wird es, wenn Corona weg ist, so bleiben? Also werden deine Kunden auch weiterhin viel irgendwie auf Remote setzen? Also glaubst du, dass du immer noch Remote mit Sales gut bewegen kannst oder wird das wieder zurückschwappen?

Joel Kaczmarek: Also ich würde das natürlich hoffen, weil es allen hilft. Wenn ich effizienter arbeiten kann, mehr schaffe, weniger reise, hilft das am Ende des Tages allen. Wenn ich mit dem gleichen Arbeitseinsatz doppelt so viele Deals machen kann, kann ich das am Ende des Tages auch dem Kunden wieder zurückgeben. Günstigere Preise, bessere Kondition und nicht andauernd nur Geld ausgebe für Flüge. Das wäre schon mal eine grundsätzlich tolle Sache. Zum einen für den Geldbeutel und zum anderen für die Natur. Insofern würde ich das hoffen, dass das so ist, aber ich weiß natürlich auch aus der Pre-Corona-Zeit, wir sind nun mal soziale Wesen und die Leute finden es toll, dass du nicht nur ein Meeting hast, sondern vielleicht nach dem Meeting auch zusammen essen gehst und entdeckst, dass du eine gemeinsame Passion fürs Mountainbiken hast oder fürs Gassigehen mit deinem Hund oder was auch immer. Ja, so sind wir ja gebaut. Von diesen Dingen gehen natürlich jetzt durch dieses Remote-Work-Thema geht natürlich auch das eine oder andere ein Stück weit verloren.

Gero Decker: Abschließend, hast du noch so drei Tipps oder die wichtigsten Hausaufgaben, die Menschen beachten sollten, die sich jetzt mit Remote Sales ernsthaft auseinandersetzen?

Joel Kaczmarek: Also die Top drei Dinge für Sales in Zeiten von Remote Work. Stelle sicher, dass du genug Zeit verbringst mit den eher juniorigen Kollegen. Die brauchen das, die brauchen die Hilfestellungen in diesen Zeiten genauso, wie sie es vorgebraucht haben. Dafür muss man sich die Zeit nehmen und sich auch die Mühe machen, genau wie vorher. Zweitens, dieses ganze Thema. Teamkoordination, Motivation, Struktur, das muss vernünftig in die Remote-Uhr übergenommen werden und da auch sicherstellen, dass dort nichts hinten runterfällt und vielleicht auch mal die eine oder andere Spaß-Session mit einbauen. Nur weil wir jetzt remote arbeiten, heißt das nicht, dass man keinen Spaß mehr zusammen haben kann und nur Dinge macht, die maximal produktiv sind. Und natürlich jetzt die Zeit auch als Chance begreifen, sich das Thema Outcomes, was soll hinten eigentlich rauskommen, genau anzugucken, dort noch viel besser zu werden, das zu tracken, nicht nur Aktivität zu tracken, sodass ihr auch ein gutes Verständnis für euer Business, für euren Vertriebsprozess, für das, was euch erfolgreich macht, zu bekommen und sich darauf vor allen Dingen zu konzentrieren und nicht nur, dass Leute acht Stunden ganz busy sind.

Gero Decker: Hervorragend, lieber Gero. Das war, glaube ich, ein guter und kompakter Ritt. Ich bin auch mal gespannt, wie sich das entwickeln wird. Also ob wir Natur schonen und wie wichtig der soziale Faktor hinterher ist. Aber jetzt sind wir schon mal gut gerüstet für Remote Sales und ich freue mich schon aufs nächste Mal. Ich habe heute auch wieder Themen mitgenommen. Vielleicht reden wir mal über Pipeline Progression oder Sales Analyse. Also allein daran schon wieder viele Anknöpfungspunkte. In diesem Sinne, lieben, lieben Dank dir und bleib gesund.

Joel Kaczmarek: Ebenso, bleibt gesund und helft alle mit, dass die Situation so gut bleibt, wie sie jetzt ist. Tschüss. Hey! Hey! Hey!

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