Wie funktioniert Preisfindung im B2B-Sales?

9. August 2017, mit Joel KaczmarekGero Decker

Dieses Transkript wurde maschinell erstellt. Wenn dir ein Fehler auffällt, schreib uns gerne zu diesem unter redaktion@digitalkompakt.de.

Joel Kaczmarek: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen The Art of Sales Podcast von Digital Kompakt. Mein Name ist Jörg Kaczmarek und ich sitze wieder in den heiligen Hallen des Salesmasters schlechthin von dem guten Gero. Hallo Gero.

Gero Decker: Hallo Joel.

Joel Kaczmarek: Also wir sitzen hier in einem pinken, also immer wieder pinke Elemente sind hier in diesem Büro.

Gero Decker: Brombeerrot ist das Joel. Brombeerrot, okay.

Joel Kaczmarek: Brombeerrot und Grau, das sind so ein bisschen aus den Eifern. Oder hat das auch wieder einen hübscheren Namen? Silber.

Gero Decker: Das ist, keine Ahnung, Grau würde ich sagen, ja.

Joel Kaczmarek: Also wenn ihr mal was über gute Prozesse lernen wollt, müsst ihr nicht mal nur die Lösung von Signavio auswählen, da müsst ihr auch mal ins Büro kommen. Das ist faszinierend. Das ist eines der ersten oder wenigen Büros, was ich kenne, wo selbst an den Meetingraumtüren so schöne E-Ink-Displays sind, wo man die Räume buchen kann. Alles richtig schön durchstrukturiert. Also man merkt, Gero's Struktur hat er nicht nur in seiner Sales-Dinge, sondern auch in der ganzen Firma. So, aber weg von den Ablenkungen. Wir reden heute über das Thema Preissetzung und Preisdurchsetzung. Also, wie setze ich eigentlich einen Preis im B2B-Sales? Und wie sollte ich da vorgehen? Was für Ansätze gibt es? Welche Metriken? Was für Logiken? Wir werden ein bisschen über Freemium reden. Und natürlich dann auch an die Front gehen. Also wenn ich einen Preis gesetzt habe, ist das die Theorie. Wie sieht eigentlich die Praxis aus und wie sollte ich dort agieren? Fangen wir mal ganz simpel an, so Grundfrage. Man hat ja auch, ich glaube, so ein Thema, was viele Leute immer beschäftigt, sind so Preislisten. Und sollte man das auf der Webseite zeigen? Ja, nein. Wie geht man eigentlich vor, wenn man einen Preis setzt und was für Elemente würdest du da vorsehen?

Gero Decker: Genau, also die spannende Frage ist ja, brauche ich eigentlich eine Preisliste? Oder habe ich nicht einfach gnadenlos gute Vertriebler, die den perfekten Preis für jeden einzelnen Kunden ermitteln? Und es gibt tatsächlich Vertrieber, die einem sagen würden, bleib mir weg mit deiner Preisliste. Mir geht es darum zu verstehen, was hat der Kunde für eine Situation, was ist sein Pain und was ist er bereit dafür Geld auszugeben. Und dann schneide ich ihm schon irgendwie das perfekte Paket. Preisliste, die hindert mich nur in der Kreativität und womöglich verkaufe ich auch viel zu billig. Das mag so sein, wenn ich eine Organisation habe mit einem oder zwei Vertriebskollegen, Und ich habe vielleicht 20 oder 30 Kunden, dann kann ich das vielleicht noch machen, aber das Modell skaliert halt null. Und sobald ich eine größere Organisation baue, sobald ich hunderte oder sogar tausende von Kunden habe, brauche ich einfach einen Referenzpunkt. Und das ist die Preisliste und da stehen dann halt verschiedene Produkt- oder Service-Items halt drauf und da gibt es halt auch einen definierten Preis dafür.

Joel Kaczmarek: Also, wenn ich es richtig verstanden habe, ist die Gefahr, wenn ich irgendwie skalieren will und so einen Ansatz habe, dass ich irgendwie Konflikte habe in der Kundenkommunikation, wenn ich mal Preis A, mal Preis B, mal Preis C kommuniziere.

Gero Decker: Es hat sowohl interne Geschichten, sonst habe ich einen super Education-Aufwand, mit den verschiedenen Vertrieblern überhaupt so einen Preispunkt zu ermitteln beim Kunden. Ich habe auch gar keine interne Erwartungshaltung, was ich dort eigentlich erwarte bei so einem Kunden oder bei einem Account. Das ist so die interne Perspektive. Und die externe Perspektive ist natürlich auch, die Kunden reden ja auch miteinander. Und da willst du auch irgendwann eine gewisse Vergleichbarkeit haben, so nach dem Motto, du bist in Produktedition X und du hast irgendwie das an so und so viele Leute rausgerollt und so weiter. Und da ist es dann komisch, wenn du total individuelle Modelle für jeden einzelnen Kunden schneidest.

Joel Kaczmarek: Dann widmen wir uns mal genau der Frage, wie setze ich jetzt eigentlich so einen Preis, den ich ja erstmal brauche, um eine Preisliste erstellen zu können. Vielleicht fangen wir mal ganz basic an. Wie hoch sollte typischerweise ein Preis sein? Das ist ja so ein bisschen die Kernfrage. Was kommt rein und wie viel kann ich dafür verlangen? So, was reinkommt mal als zweites? Oder vielleicht fangen wir mal an mit Preishöhe.

Gero Decker: Genau, genau. Da gibt es im Prinzip vier Ansätze, wie man sich da ranrobben kann an so eine Preishöhe. Einmal ist es, einen Industrie-Benchmark sich zu ziehen, zu fragen, wie viel geben eigentlich die Kunden, an die ich verkaufe, typischerweise für Softwareprodukte aus? Egal, ob die jetzt genau in meiner Produktkategorie drin sind oder in einer ganz anderen, wie viel geben die eigentlich ganz grundsätzlich aus? Da kann man sich, es gibt ganz viele Surveys und Benchmarks da draußen, Da sieht man halt, je größer die Firma ist, desto höher ist natürlich auch der Preis, den ich dort mit den Kunden erzielen kann. Wenn man jetzt über Subscription Business redet, Zahlen, die mir noch im Gedächtnis sind, ist, wenn ich über Large Accounts rede, also sagen wir mal 10.000, 20.000 Mitarbeiter plus, dann ist es nicht unüblich, als Softwarehersteller dort einen durchschnittlichen Preis von 150.000, 200.000 Euro pro Jahr zu erzielen. Während wenn ich über einen SMB rede, dann ist es womöglich nicht unüblich, Kleine und mittelgroße Unternehmen? ist es nicht unüblich, dort 6.000 oder 7.000 oder 8.000 Euro pro Jahr mit diesem Kunden zu verdienen. Und dann so Mid-Market, wo ich vielleicht 1.000, 2.000 Mitarbeiter habe, dann bin ich vielleicht in einer Range von 20.000, 40.000, 60.000 Euro. Also die Unternehmensgröße bestimmt schon sehr, was für Preise ich überhaupt am Markt erzielen kann. Dann die zweite Geschichte ist natürlich, in was für einem Wettbewerbsumfeld befinde ich mich. Ganz doof ist es immer, wenn ich keine Wettbewerber habe, wenn ich allein auf weiter Flur bin. Das ist nämlich dann typischerweise ein sicheres Anzeichen dafür, dass es diesen Markt gar nicht gibt. Also Wettbewerb ist immer sehr, sehr gut. Da ist natürlich die Frage, wenn ich jetzt, also ganz aus der Perspektive des Kunden gesprochen, man stelle sich vor, ich habe zwei mehr oder weniger vergleichbare Produkte. Ja klar, selbst als Hersteller denkt man immer, das Produkt ist so besonders und so viel toller und besser als alle anderen. Das ist ganz klar. Diese Vorstellung sollte man auch haben, aber aus Sicht des Kunden gibt es dann doch häufiger eine größere Vergleichbarkeit, als man das so wahrhaben will. Und dann ist die Frage, ich habe hier zwei vergleichbare Produkte vor der Nase, wie viel, okay, ich mag dein Produkt lieber, aber wie viel mehr bin ich denn bereit zu zahlen? Unsere Erfahrung ist, 20 Prozent höherer Preis kannst du ganz, ganz locker durchsetzen, wenn du einfach das klar bessere Produkt hast. 50 Prozent, da musst du schon ein bisschen mehr ackern. Also bei manchen Unternehmen geht das einfach. Bei manchen ist die Schmerzgrenze bei 50 Prozent Premium sozusagen schon lange erreicht. 100 Prozent mehr haben wir selten gesehen. Also dass jemand sagt, das sind zwei grundsätzlich vergleichbare Produkte. die grundsätzlich das Problem lösen könnten. Das eine kostet doppelt so viel wie das andere. Selbst wenn ich das sehr viel besser finde, gehen die Leute meistens mit dem halb so teuren Produkt. Das wäre Punkt zwei, also Wettbewerbssituation. Dann der dritte Punkt ist natürlich, wie viel Wert generiere ich eigentlich beim Kunden bezüglich Risikominimierung, Kosteneinsparung, Umsatzsteigerung, Compliance. Das sind so die vier Werttreiber typischerweise. Und wie viel Wert kann ich da tatsächlich generieren? Dadurch, dass ich ein Tool einsetze, ein Screen-Sharing-Tool, Beispiel aus der vorjährigen Edition, ich habe ein Screen-Sharing-Tool, Und da ist das Argument, ich kann Dienstreisen vermeiden oder ich vermeide es, dass Leute von einem Gebäude ins nächste laufen müssen, durch die Möglichkeit, sich jetzt virtuell zu treffen. Da kann ich ganz einfach natürlich mit einer Kosteneinsparung argumentieren. Deine Leute kosten x pro Stunde und ich spare dir sozusagen x Stunden ein pro Jahr. Und davon hätte ich gerne einen gewissen Prozentsatz, 10, 15, 20 Prozent von dem, was ich dir an Kosteneinsparung generiere, hätte ich gerne für mein Produkt. Das ist dieser ganze Bereich Value, Value-Based Pricing. Und dann der vierte Punkt ist Marktrecherche. Ich frage einfach Kunden oder potenzielle Kunden, was bist du denn bereit dafür auszugeben? Und da tastet man sich langsam vor und spielt das auch einfach ganz offen und sagt, hey, hör zu, wir wollen hier für den Markt und für die Zielgruppe einfach ein optimales Pricing auch herstellen. Erzielen, was ist deine Meinung dazu? Klar, die tief stapeln meistens ein bisschen, also was sie dir dann erzählen, da kannst du meistens nochmal 20, 30, 40 Prozent draufsetzen, aber halt meistens nicht Faktor 5 oder Faktor 10.

Joel Kaczmarek: Wenn wir jetzt mal eintauchen in die unterschiedlichen Faktoren noch so ein bisschen, also Industry Benchmark war ja so das Erste, was du gesagt hast, mal zu gucken, in welcher Industrie bewegen die sich, welche Größe haben die und wie vergleichen die sich? Oder wie vergleichbar sind die? Wie gehst du denn da vor? Woher kriegst du solche Daten zum Beispiel? Wenn das jemand jetzt vielleicht noch relativ jung macht, fragt er sich vielleicht gerade, okay, woher weiß ich denn, was irgendwie für ein SMB, also Small, Medium-Sized Businesses, relevant oder realistisch ist? Oder im Softwarebereich versus in der Hotellerie oder so.

Gero Decker: Also im Softwarebereich gibt es unglaublich viele Surveys und Benchmarks, die man einfach kostenlos im Internet runterladen kann. Vielleicht da gleich mal ein bisschen Werbung für einen. Wie ich finde, sehr gelungenes E-Book, was man sich besorgen kann. Das nennt sich Mastering SaaS Pricing von Openview. Ich glaube, Openview ist ein Investor, bin mir aber nicht ganz sicher. Aber die machen ganz viel Content Marketing. Sehr, sehr viel spannende Sachen, haben da auch einen Blog zu, auch rund um das Thema Pricing. In solchen Publikationen findet man solche Zahlen drin. Es gibt alle möglichen, Pacific Crest machen ein sehr spannendes Survey zu Software-as-a-Service-Firmen auch, nicht nur zum Thema Pricing, aber auch. Und Vertriebsmodellen und so weiter, die produzieren auch zum Beispiel sehr spannende Zahlen. Da muss man einfach ein bisschen recherchieren im Internet. Zum Thema Pricing, inzwischen gibt es da eigentlich sehr viel, aber immer Achtung, dadurch, dass die größte Population an Firmen aus Amerika kommt, typischerweise so 80 Prozent der Teilnehmer in solchen Services sind halt amerikanische Unternehmen, dort findet halt, die Softwareindustrie ist halt dort nun mal wesentlich größer als hier in Deutschland. Das heißt, da muss man gucken, ob das sozusagen eins zu eins anwendbar ist, aber meistens passt das. Also meistens ist das, was in Amerika passiert, zum großen Teil übertragbar auf Deutschland.

Joel Kaczmarek: So, Wettbewerbsanalyse finde ich noch relativ klar. Da kann man ja so eine klassische SWOT-Analyse eigentlich machen. Also welche Stärken habe ich im Vergleich zu den Schwächen gegenüber so einem Wettbewerber? Also ich finde den Punkt valide, was du sagst, dass man immer denkt, man ist viel besser und der Kunde versteht das sofort und für den ist das relativ gleich. Also wo du von Screensharing redest, wir wurden damals mit Google Docs verglichen, wo du halt sagst, hä? Wir machen irgendwie einen Kommunikationstool. Du vergleichst uns mit einem Dokumententool. Also finde ich relevant, das auf dem Schirm zu haben. Aber das ist noch gut verständlich. Also kann ich mir gut vorstellen, dass man da sich sehr schnell selbst helfen kann. Beim Thema Value vielleicht nochmal. Da hast du ja gesagt, was ich den Kunden im Prinzip an Werten schaffe. So Beispiel mit Reisen ersparen oder mehr Umsatz generieren oder Compliance erfüllenoder, oder, oder. Wie bezifferst du sowas? Das habe ich zum Beispiel mal relativ schwierig gefunden. Also ich konnte in meinem Fall,wir haben ja irgendwie so eine Meeting-Lösung gemacht,zum Beispiel hingehen und sagen, okay,wie viel Zeit spare ich denen ein,wenn ich ein Meeting 20% effizienter machebei 5 Leuten durchschnittlich pro Meeting,habt ihr es so hochkaskaliert. Aber es ist ja immer noch schwierig,da musst du überlegen, was für Gehaltslevel haben dieund, und, und. Hast du da so typische Vorgehenund auch typische Prozentsätze, wo du sagst,okay, ich rechne mir einen Wert aus nach dem Schemaund nehme dann meinetwegen 15% dessen oder 20,mit dem ich dann mein Tool bepreise?

Gero Decker: Also sowas finde ich natürlich nur im Gespräch raus, wenn ich mit vielen Leuten da draußen spreche. Das funktioniert nicht, wenn ich das nur im stillen Kämmerlein mache und mir irgendwie eine theoretische Rechnung zurechtlege. Das funktioniert nicht, sondern ich muss halt mit 20, 30 Kunden oder potenziellen Kunden da draußen sprechen und rausfinden, was wirklich für die der Werttreiber ist. Das ist übrigens auch für den Vertrieb im Allgemeinen, um auf einzelnen Opportunities erfolgreich zu sein. Eine sehr starke eigene Disziplin, Value Engineering. Die SAP hat da sogar mal ein eigenes Riesenteam dazu aufgebaut, was sich um nichts anderes beschäftigt als solche Return on Investment-Kalkulationen im Prinzip zu machen oder halt zu verstehen, wo sind eigentlich die Werttreiber innerhalb des Unternehmens. In unserem speziellen Fall, wir sind darauf gekommen, es gibt so 20, 30, 40 verschiedene Werttreiber, die möglich sind beim Unternehmen. warum die Leute dann auch hinterher im Nachhinein sagen, ja, das war eine total gute Investition, das einzuführen. Das ist natürlich unterschiedlich von Firma zu Firma, hat mit deren Größe zu tun, mit ihren Situationen zu tun, mit deren Startpunkt, wo sie heute stehen, wo sie hinwollen zu tun. Da muss man sich halt einfach in Gesprächen vortasten. Das ist halt zunächst mal eine ganz starke qualitative Forschungsaufgabe, sich mit den Kunden dort hinzusetzen und zu sagen, warum ist das denn eigentlich spannend für dich? Und lass uns jetzt mal eine Rechnung aufmachen, wie viel dir das tatsächlich bringt.

Joel Kaczmarek: Ich meine also Stichwort Market Research oder MAFO, wie man ja im Medienbereich so schön sagt, Marktforschung. Habt ihr das zum Beispiel bei euch selbst gemacht, dass ihr selbst mit den Kunden geredet habt und hattet ihr irgendwie so ein bestimmtes Vorgehen, dass ihr euch zum Beispiel so Ragebögen entwickelt habt oder dass ihr erstmal getestet habt, was passiert und dann irgendwie hinterher nochmal befragt und dann immer wieder iteriert? Habt ihr da irgendwie so ein Standardvorgehen gehabt?

Gero Decker: Nein. Also wir sind das typische Beispiel, nämlich eine Firma, die sich lange Zeit überhaupt gar nicht damit beschäftigt hat, wie setze ich eigentlich einen richtigen Preispunkt. Und wahrscheinlich da drin auch immer noch nicht wahnsinnig gut sind. Meistens ist Price Setting ja wirklich eine Ad-Hoc-Geschichte, die in Unternehmen stattfindet. Das ist einfach die Realität in wahrscheinlich 90, 95 Prozent der Firmen da draußen. Bei uns, klar, anekdotisch kann man erzählen, wie Preise zustande kommen. Zum Beispiel, ich erinnere mich an unseren ersten großen Kunden, den wir hatten. Da haben wir dann drüber geredet, wie viel Geld wollen die eigentlich ausgeben? Und die haben uns relativ klar kommuniziert, was soll eigentlich der Zielbetrag sein? Wie viel Euro sind die bereit, auf den Tisch zu legen? Das waren im damaligen Fall, die wollten so 80 bis 100.000 Euro ausgeben. Das war sozusagen deren Betrag, deren Budget und haben gesagt, das wollen wir verwenden, um eure Software einzukaufen und so. Und dann war für uns damals, weil wir noch gar kein Preismodell so richtig hatten, die Frage, was für eine Kalkulation setzen wir denn jetzt an, um auf diesen Preis zu kommen? Wie brechen wir das jetzt runter in Angebotspositionen? So, und dann kamen wir da drauf. Wir haben so einen Mix gemacht zwischen halt Softwarelizenzen, also wo die fürs Produkt bezahlen, und es war so ein kleines Projekt daran beteiligt, wo wir halt so pro Manntag ein paar Tage aufgeschrieben haben. Wir sind damals davon ausgegangen, dass es für die wesentlich einfacher zu schlucken ist, halt für Manntage x Euro zu bezahlen, weil wir das so kannten, dass es da wesentlich vorgegebenere Preisranges gibt, wie viel sowas kostet und wie viel dafür Leute bereit sind, wie viel dafür ausgeben würden und hatten irgendwie so ein Modell, irgendwie so 50-50, 50% Produkt, 50% Services. Dann kam halt das Feedback zu sagen, ja, das Package, so wie er uns das anbietet, das ist schon total super und der Endpreis ist auch total super, aber damit es bei uns einfacher durchgeht, erkennen wir, weil wir haben unser Services, es würde dann ein Teil aus dem Services-Budget kommen und eins sozusagen aus dem Investitions-Budget. In dem Investitionsbudget haben wir viel mehr Geld drin als in dem Services-Budget. Wir haben zu viele Consultants im Hause gehabt in den letzten Monaten. Können wir nicht sozusagen eure Services offiziell für wesentlich weniger Geld einkaufen und dafür euer Produkt für mehr? Und dann haben wir das so umgestellt, dass dann 90% des Preises, also gleicher Endpreis, 90% Produkt, 10% Service und haben wir einfach einen höheren Pro-User-Preis. Aufgerufen, gleiche Useranzahl und einfach einen höheren Preis aufgerufen und hinten runter. halt die Services gediscounted mit x Prozent. Und dann meinten die, okay, super, jetzt können wir es bestellen. Und der Effekt war aber, wir haben in dem Moment einfach mal unsere Listenpreise dramatisch angehoben und haben auch nie wieder verkauft. Oder haben dann für die nächsten Monate diesen Preis auch weiterhin benutzt. Also hätte dieses Gespräch nicht stattgefunden, hätten wir unser Produkt für signifikant weniger Geld pro User verkauft. Und das war jetzt ein Glücksfall, dass sie gesagt haben, nee, den Pro-User-Preis, das können wir super verargumentieren. Nur halt an dem Service, der Preis müsste runtergehen. Also das sieht man auch in den meisten Startups, dass das eher so anekdotisch passiert, wie so Preise zustande kommen und da gerade in den frühen Tagen keine große wissenschaftliche Methode angewendet wird.

Joel Kaczmarek: Ja, man sieht das aber auch irgendwie öfters, dass Kunden nicht so gerne für Manntage bezahlen, wenn sie so das Gefühl haben, sie bezahlen eine Pilotierung, so ein Projekt bei demjenigen. Also im Prinzip zahlen sie deren Firmenaufbau. Ich habe immer so den Eindruck, die zahlen lieber für Produkte als für Business Development. Kann das sein?

Gero Decker: Das ist von Firma zu Firma unterschiedlich. Manche Firmen, die sind nur auf Freelancern und Contractoren gebaut. Die sind für diesen Services, Kosten, das machen die jeden Tag. Andere sind anders gebaut. Was willst du eigentlich als Firma, als Anbieter? Wenn du die aussuchen kannst, will ich mehr Produktumsatz machen oder will ich mehr Servicesumsatz machen, willst du immer mehr Produktumsatz machen. Und wenn du Produktumsatz machst, dann willst du immer Subscriptionumsatz machen. Warum? Ja, ganz plump gesagt

Joel Kaczmarek: Skalierbar und wiederkehrend.

Gero Decker: Skalierbar und wiederkehrend, aber auch einfach Revenue Multiples und Bewertung deines Unternehmens. Also wenn du dir anguckst, du kriegst ein Revenue Multiple auf Services von Faktor 1, wenn überhaupt. Du kriegst ein Revenue Multiple auf, ich sag mal, einen einmaligen Kauf von irgendwie Faktor 2 bis 3. Und du kriegst ein Multiple of Recurring Revenues von irgendwas zwischen 6 bis 25. Da willst du lieber Subscription Revenues buchen und deine Kunden dahin erziehen, dass sie möglichst viel Subscription kaufen und möglichst wenig Services.

Joel Kaczmarek: Macht ja total Sinn. Ist ja auch planbar und so. Sehr einleuchtend. Dann lass uns doch dieses Beispiel, was du gerade gehabt hast, mal als Brücke nehmen, weil ich glaube, das funktioniert sehr, sehr gut. Also wie ihr zu eurem Preis kamt, ist ja auch ein bisschen eine Frage der Preismetrik. Also wie bemesse ich eigentlich Preise? Genau so eine Frage. Zahle ich pro Lizenz und wenn ich das mache, dann wie läuft das ab pro Nutzer, pro Transaktion? Geht es um die Größe der Firma, was wir vorhin hatten mit SMB versus irgendwie Corporate? Was sind so die Standardansätze und die Standardüberlegungen, die du dir machst, wenn du eine Preismetrik entwickelst?

Gero Decker: Also das ist ganz spannend, ist ja auch so ein bisschen in die Geschichte zu gucken, wie wurde eigentlich Software früher verkauft, vor Jahrzehnten? Ganz am Anfang gab es häufig so Pauschalpreise für Software oder Software wurde verschenkt zusammen mit der Hardware. Irgendwer hat dann mal angefangen, überhaupt für Software Geld zu nehmen. So Unternehmen wie Oracle und andere sind dann darüber ja sehr stark erfolgreich geworden. In den Anfangstagen hattest du häufig sowas wie einen Softwarepreis bemaßig an, auf wie vielen Prozessoren zum Beispiel sowas läuft. Also ich kaufe ein Oracle-Datenbanksystem und bezahle per Core. Das war Das ist eine ganz, ganz alte Metrik, weil du stellst dir selber die Hardware zur Verfügung und du hast irgendwie noch diese Konnotation, dass Software an Hardware gebunden ist und je mehr Hardware du verwendest, desto teurer ist die Software. Das ist so wirklich. anodat zum Preismetrik. Dann gab es schlaue Kollegen, die angefangen haben, Per-User-Pricing zu verwenden und das sehr erfolgreich. SAP wäre ein Beispiel, die auf einmal Millionen Lizenzbeträge nur dadurch am Markt realisieren konnten, weil die ein Per-User-Modell hatten. Für die Kunden ist es dann einfacher zu bemessen, welchen Wert kriege ich da raus. Bei einem ERP-System wie SAP kann ich dann bemessen, wie viele Personen befähige ich damit, wie viel besser kann ich arbeiten, wie viel produktiver mache ich meine Leute durch so ein System. Und da ist so eine Per-User-Metrik auch heute noch eigentlich der Standard. Also im Software-as-a-Service-Bereich ist Per-User-Pricing, würde ich mal schätzen, bei 70, 80 Prozent aller Produkte immer noch das Relevanteste. Weil einfach zu messen, skaliert schön mit dem Einsatz beim Kunden. Ich fange mit fünf Usern oder zehn Usern an und dann gehe ich auf 50, 100, 1000, 10.000 User hoch über die Zeit. und kann das relativ gut planen. Klar, es gibt auch Per-Transaction-Pricing, es gibt sozusagen Pauschal-Pricing, wo ich einfach sage, wie groß ist deine Firma. Du hast 50 Mitarbeiter, Preis X, du hast 500 Mitarbeiter, Preis Y 5000, Preis Z. Damit habe ich natürlich wenig Spiel. Das ist womöglich ein bisschen zu einfach und habe da nicht genug Spiel, auf der Vertriebsseite auch den perfekten Preispunkt zu finden.

Joel Kaczmarek: Fühlt sich aus Endkundensicht natürlich auch immer so an, als wenn dann schnell teuer wird, so ein Einkauf. Also wenn man manchmal überlegt, so ganz banale Sachen, Google for Work, so 9 Euro pro Monat pro Nutzer und dann merkst du, du hast ein Team von 10, dann bist du auch immer schon bei 90 mal 12. Also das nimmt schon Skalierung an auch irgendwann trotzdem.

Gero Decker: Klar und ich sage mal, schlaue Einkäufer, Die wissen das natürlich auch, dass so ein Ding hochskalieren kann und die verhandeln dann typischerweise bei der Initialbestellung schon Preise, Preisstrukturen, wenn die größer wachsen. Je mehr User sie kaufen, desto mehr Rabatt wollen sie dann einfach schon vorab rein verhandelt haben. Das ist eigentlich ein typisches Vorgehen. damit ich so eine gewisse Sicherheit habe. Und irgendwann, also je nachdem, wie hoch der Preis dann auch ist oder wie stark die Nutzung pro User oder der Wert pro User dann auch abnimmt, je mehr ich das in die Breite trage. Weil häufig ist es ja so, dass die ersten fünf User sind die absoluten Power-User. Und wenn ich es dann an die ganze Firma ausrolle, da ist nicht jeder ein Power-User davon. Nicht jeder zieht den gleichen Wert raus. Deswegen ist es dann häufig so, oder nicht unüblich, dass man ab einer gewissen Qualität Größenordnung sagt, hey, dann laufen wir in so eine Art Unlimited-Modell halt rein. Dann sozusagen irgendwo ist es gecappt und sagen wir mal, wenn du 10% deiner Belegschaft erreicht hast, dann laufen wir sozusagen in einen Cap rein und dann geben wir es einfach at no additional cost sozusagen an alle. Kommt natürlich auf die Art des Produktes an.

Joel Kaczmarek: Was ist denn mit dem ganzen Thema Freemium? Das könnte man bei solchen Preismetriken ja auch nochmal andenken. Also eigentlich der Gedanke, gewisse Funktionen sind kostenlos und wenn ich gewisse Zusatzfunktionen haben will oder bestimmte Größen erreiche, dann muss ich zahlen.

Gero Decker: Also Freemium war ja mal eine Zeit lang das Stichwort. Also ich schätze mal so vor fünf Jahren oder zehn Jahren war Freemium so das Nonplusultra bezüglich Pricing. Die Idee hinter Freemium ist ja, dass ich in der User Acquisition moderner Customer Acquisition sehr viel günstiger unterwegs bin. Weil ich ja ein kostenloses Produkt habe, ist sozusagen die Hürde für den Kunden, für den Nutzer sehr gering, das auch tatsächlich zu nutzen. Und dann habe ich entweder Premium Features oder ich habe irgendeine sozusagen Volume, eine Volumenbeschränkung oder so und dann irgendwann kommen Leute nach ihrer Nutzung auf den Trichter auch dann was zu bezahlen. Es gibt grandiose Beispiele, wo das super funktioniert hat oder auch heute noch funktioniert. Also Yammer mit dem Social Network war so ein Beispiel. Dropbox wäre so ein Klassiker, wo das relativ gut funktioniert. Neueres Beispiel wäre zum Beispiel Slack. Slack ist super für alle, die es kennen. Kann sozusagen ein Messaging-Tool. Und bei uns genau der Effekt ist eingetreten. Also wir nutzen auch Slack im großen Stil bei uns. Genau der Effekt ist eingetreten. Am Anfang haben die Entwickler das genutzt. Und du hast aber nur x Messages. Eine limitierte Historie, die du in dem Tool siehst. Wenn du zehn User drauf hast oder fünf User drauf hast, kommst du eigentlich nicht in dieses Limit rein. Bei uns war es dann aber so, erst waren zehn User drauf, dann waren 30 User drauf, dann 50, dann 100, dann 150. Und dann war es so, dass sobald die ganze Firma auf dem System war, sind die Messages dann nach drei oder vier Tagen schon verschwunden. Weil halt dann dein Volumen sozusagen dieses Free-Volumen sozusagen innerhalb von drei oder vier Tagen aufgebraucht war. Das heißt, das System wurde unbenutzbar. Die Leute waren süchtig danach und wollten es alle nutzen und brauchten das für ihre tägliche Arbeit. Aber es wurde unbenutzbar, weil die Messages alle wie von Geisterhand halt unglaublich schnell verschwanden. Und dann bist du auf einmal in einem Bezahlmodell drin. Slack kostet, glaube ich, keine Ahnung, sieben Dollar pro User oder so. Und schwuppdiwupp hast du dann einen entsprechenden Software-Einkauf und bezahlst dann deine Kann man ja hochrechnen. 100 User mal 7 Dollar. 700 Dollar im Monat. Knapp 10.000 im Jahr für 100 User. Für 200 User 20.000. Schwuppdiwupp, hast du schon einen Eine entsprechende Ausgabe.

Joel Kaczmarek: Dann klingt ja Freemium für so ein Modell nach einer guten Idee, aber per se ist es vermutlich nicht mehr, höre ich so aus deinem. Vor fünf Jahren war das wohl angesagt daraus.

Gero Decker: Ja, also Freemium sieht man weniger und weniger am Markt. Freemium hat da ganz viele Nachteile. Freemium hat fast mehr Nachteile, als es Vorteile hat. Also wie gesagt, Vorteile, günstige User Acquisition. oder wenn ich ein virales Modell habe, ist das halt super, das uns zu unterstützen. Aber es hat natürlich zwei ganz entscheidende Nachteile. Einer ist der sogenannte Penny Gap. Wenn ich von 0 Cent auf 1 Cent hochspringe, das ist sozusagen die schlimmste Preiserhöhung, die es gibt. Die tut viel mehr weh als eine Preiserhöhung von 100 auf 200 Euro. Warum? Weil ich habe mich daran gewöhnt, was ich dort kostenlos bekomme. Und den Preis, den ich bezahle, dort bezahle ich ja nur für die wahrgenommene Differenz. Also wenn ich dort 100 Euro pro User pro Monat für ausgebe, für die Bezahlversion, dann frage ich mich, rechtfertigen diese 100 Euro das Delta, was ich bekomme gegenüber der kostenlosen Variante. Während wenn ich kein kostenloses Modell habe, dann sind die 100 Euro sozusagen für das Gesamtprodukt und nicht nur für das Delta. Das heißt Diesen Sprung zu machen auf einer Bezahlversion ist unglaublich schwierig, plus du verlierst womöglich ganz, ganz viele Kunden, die sonst bezahlen würden, an das Free-Modell. Und du kriegst ihn nie konvertiert auf ein Bezahlmodell. So, das ist der Punkt 1. Und der Punkt 2 ist, ein Free-Modell, gerade wenn es um Millionen von Usern geht, zehren natürlich unglaublich auf der Kostenseite. Wenn man sich so die Finanzkennzahlen von Unternehmen wie Dropbox und so weiter anguckt, dann sieht man, dass das ganz massiv an den Margen zehrt. Ich gebe x Gigabyte kostenlosen Speicherplatz an jeden einzelnen User, ich habe Customer Support, ich habe all das, was ich brauche, um einen User zu servicen. Aber die bezahlen halt keinen Cent dafür. Also bei Dropbox und bei anderen Firmen kannst du es halt in der Bilanz oder in der G&V kannst du es halt eins zu eins ablesen, wie viel dich das kostet. Dann ist wirklich die Frage, ist das wirklich das beste und günstigste User Acquisition Modell? Oder ist es nicht sogar günstiger, hochbezahlte Vertriebler von Tür zu Tür zu schicken? Weil am Ende des Tages ist Freemium halt doch nur einer von vielen Lead Generation Kanälen, die ich gehen kann. Aber heutzutage haben viele Softwareunternehmen für sich entdeckt, das ist halt nicht der beste Lead Generation Kanal.

Joel Kaczmarek: Also ist eigentlich die Lead-Generierung, die upfront günstig ist, wird eigentlich wieder aufgefressen durch die Servicekosten, die ich hintenrum zur Erhaltung habe.

Gero Decker: Ich meine, hier in Berlin haben wir auch ein schönes Beispiel, wo Freemium nicht funktioniert hat. Sechs Wunderkinder haben eine wunderschöne To-Do-App. Die Vision war immer, ich glaube, Wunderkit oder so hätte es heißen sollen, oder hieß es, sozusagen eine Bezahlversion, wo ja die Conversion, also ich kenne keine interne, aber so meine Außensicht, meine Vermutung wäre, dass das nicht funktioniert hat, auf diese Bezahlversion zu konvertieren. Und da hast du nun diese Millionen und Abermillionen von begeisterten Usern, aber du kriegst das halt partout nicht monetarisiert. Und dann ist die Frage, will ich vielleicht lieber nur ein Zehntel der User haben, aber dafür, welche die halt bezahlen.

Joel Kaczmarek: Ja, ich meine, ein anderes Beispiel ist ja gerade super aktuell, wäre so Spotify versus Soundcloud. Also Spotify, glaube ich, so mit roundabout 25 Prozent zahlenden Kunden, der Rest freemium. Auch unfassbar teuer, kommen ja noch Lizenzen rein und bei SoundCloud, glaube ich, wesentlich viel schwerer. Also da kriegst du schon mal so ein Gefühl, du brauchst sehr viel Kompetenz, um eigentlich dann so dieses Delta, was du beschrieben hast, das finde ich schon plakativ, weil man ja eigentlich sagt, ich überlege mir, sind mir die Zusatzfunktionen das Geld wert und du hast gar nicht auf dem Schirm, dass du die Basis, die du schon nutzt, damit eigentlich refinanzierst.

Gero Decker: Genau, genau, genau. Also deswegen die Mechanismen, die man heutzutage eigentlich eher nutzt, sind Free Trials. Also das ist gang und gäbe in der Software-as-a-Service-Welt. Typischerweise 30 Tage, manchmal 14 Tage, manchmal zwei Monate, aber 30 Tage ist eigentlich so das Übliche. 30 Tage lang kann ich das Produkt kostenlos nutzen. In der Zeit, sehe ich entweder, ob das Produkt für mich wertstiftend ist oder ich sehe es halt nicht. Wenn ich es halt nicht sehe, gut, dann kann ich es auch nicht weiter benutzen, aber dann falle ich dir auch nicht zur Last, falle ich dir nicht zur Last als sozusagen nicht zahlender Kunde oder mir gefällt es halt und dann fange ich an zu bezahlen. Das ist ein Weg, der sehr üblich ist oder was anderes, was man häufiger findet, ist, wenn man schon einen Freemium-Weg geht, dass man sehr, sehr kleine, zugeschnittene Produkte rausgibt, die sozusagen als Lead-Generierung nutzt, aber halt mit einem ganz günstigen Servicing-Modell sozusagen versieht und dann als Lead-Generierungskanal sozusagen davor schaltet. Aber nicht wie Dropbox im Sinne von, ich kriege das volle Produkt. kostenlos, sondern nur sozusagen einen ganz kleinen Teil der Funktionalität.

Joel Kaczmarek: Wobei ich glaube, da wäre Wunderlist sogar das bessere Beispiel, wenn ich mich richtig entsinne, sollte dieses Wunderkit nämlich so eine Art Projektmanagement-Tool werden. Und der Gedanke, den die ursprünglich mal hatten, war, ich gebe eine To-Do-List raus, die irgendwie schick aussieht, hole da Nutzer rein, die sich so in unsere Welt gewöhnen und gebe ihnen dann die Packages on top, glaube ich.

Gero Decker: Genau, die Frage ist nur, in welcher Reihenfolge ich das mache. Der schlauere Weg ist, erst das Produkt zu bauen, wofür die Leute hinterher bereit sind, Geld auszugeben. Okay. dass ich einen klaren Monetarisierungskanal habe und eine klare Value Proposition, wofür die Leute bereit sind, Geld auszugeben. Und dann mache ich im zweiten Schritt einen Lead-Generierungskanal, setze ich da vor. Das ist so ein bisschen hoffen auf die Zukunft, wenn ich mir erst einen Lead-Generierungskanal baue. Aber ich weiß überhaupt gar nicht, was ich mit den vielen tollen Leads, die da rauspurzeln, wohin ich die hinterher konvertieren will und kann. Also deswegen, das ist kein, also Freemium ist keine Pricing-Strategie, sondern Freemium ist vielmehr ein Lead-Generierungsmechanismus, der mit Kosten verbunden ist. Kosten, das bereitzustellen, zu bauen und so weiter. Einen Bereich, den wollte ich gerne noch ansprechen, weil das super relevant geworden ist in letzter Zeit und sehr, sehr populär. Das ist das Konzept von sogenannten Product Qualified Leads. Die Idee ist, du hast ein günstigeres Produkt, also kein kostenloses Produkt, aber ein günstigeres Produkt. Günstig zum Beispiel, es kostet 5.000, 10.000, 15.000 Euro im Jahr. Du hast einen Preispunkt, der sozusagen leichter zu verdauen ist von dem Kunden. Du hast aber auch ein Vertriebsmodell dahinter. Und du bist schon profitabel oder nah an profitabel mit diesem günstigen Produkt. Und dann hast du aber ein sozusagen hochpreisiges zweites Produkt, wo es einen gewissen Conversion-Pfad sozusagen gibt von dem günstigen auf den teuren, wo du sozusagen sobald Nutzungsverhalten oder Nutzungspatterns halt entsprechend sich darstellen kannst, auf dem günstigen Produkt, dass du sozusagen das misst und dir anguckst, welcher Kunde nutzt das eigentlich in welcher Art und Weise, sodass du dann genau eine Vorqualifizierung schon hast, wer sind eigentlich die 10% spannenden Accounts, wo ich dann vertrieblich reingehen will mit dem großen Produkt. Also genau dieses Modell machen wir zum Beispiel bei Signavio auch. Wir haben sozusagen das Produkt, mit dem die Firma auch gestartet ist, für Prozessmodellierung und Kollaboration. Das kommt mit einem sehr verdaubaren Preispunkt an den Markt. Auch mit diesem Produkt sind wir profitabel und wir haben einen Vertriebsansatz, der sich lohnt. Aber wir haben dann ein zweites Produkt, was sich sozusagen anschließt, was komplementär dazu ist, was nur für eine kleinere Zielgruppe relevant ist. aber sich wie gesagt nahtlos anschließt und wir halt durch die Kundenbeziehungen, die wir schon aufgebaut haben und auch sozusagen Nutzungspatterns, wie die Kunden unser anderes Produkt nutzen, können wir sehen, wer sind eigentlich die idealen Kandidaten für dieses hochpreisigere Produkt. Das heißt, dort müssen wir keine, haben wir sozusagen womöglich gar keinen eigenen Lead Generation Kanal dafür, sondern wir konvertieren einfach von dem günstigeren Produkt auf das teurere Produkt.

Joel Kaczmarek: Okay, es ist jetzt nicht so, dass wenn man in ein bestimmtes Volumen reinrauscht, dass man dann hochgegradet wird und dazu sozusagen gezwungen wird. Gar nicht so eine Usage-Bepreisung, sondern das heißt eigentlich, es ist ein Filter für dich. Du nimmst dir gewisse Patterns. Wenn die erfüllt sind, gehst du hin, hast eine hohe Erfolgswahrscheinlichkeit, weil du weißt, dein Produkt 2 passt sehr gut auf die Bedürfnisse.

Gero Decker: Genau. Und die Idee ist, dass du auch mit dem ersten Produkt schon ein nachhaltiges Geschäftsmodell aufbaust. Da darf jetzt kein Geld verloren gehen oder so. Aber da ist womöglich die Profitabilität leicht kleiner als bei einem anderen.

Joel Kaczmarek: Ist dann ein Brot- und Buttergeschäft eher das kleinere oder eher das größere?

Gero Decker: Wir sind momentan noch bei dem kleineren. Das ist immer noch das Brot- und Buttergeschäft, wo das meiste unseres Umsatzes herkommt. Das andere Produkt ist relativ neu. Das haben wir so seit einem Dreivierteljahr auf dem Markt. Aber wir sehen halt, dass dieser Conversion-Pfad sehr, sehr gut funktioniert.

Joel Kaczmarek: Das ist jetzt so das ganze Thema Preissetzung gewesen. Also wir haben irgendwie gesagt,wie hoch sollte so ein Preis sein,nach welcher Metrik berechne ich den,haben mit Freemium mal irgendwie ein Themairgendwie behandelt, was, wie du ja sagst,mehr so in Akquisition geht als eigentlich Setzung,aber wo man mal drüber gesprochen haben sollte. Jetzt ist dann eben das PQL,Product Qualified Lead. Jetzt nach Preissetzungkommt natürlich auch die Preisdurchsetzung. Das heißt, man muss mal so ein bisschenso einen Realitätsabgleich machen. Wie kommt das eigentlich an? Wir haben ja als erste Frage gesagt,sollte ich eine Preisliste haben? Du hast gesagt, ja, wenn ich skalierbar sein will,brauche ich das definitiv. Und vor allem, wenn ich auch intern messbar und vergleichbar sein will etc. pp. So, jetzt kommt die Wirklichkeit irgendwie reingegrätscht. Man hat vielleicht Marktforschung gemacht, aber dann kommen ja ganz schnell zum Beispiel so Themen auf wie Discounts oder Individualisierung. Ja, wir brauchen Anpassungen oder wir sind ja irgendwie so und so speziell, deswegen sind wir nicht bereit, so viel zu zahlen, sondern weniger oder oder oder. Wie würdest du da vorgehen an diesen Fronten? Also was ist sozusagen typisch und normal bei Discounts, Individualisierung und Co.? ?

Gero Decker: Also da muss man zwei Dinge natürlich unterscheiden. Einmal verkaufe ich meine Software rein über einen Shop, wo ich einfach nur Dinge in meinen Warenkorb reinlege und dann eine Kreditkarte und dann kaufe ich es. Da kaufe ich natürlich immer ohne Discounts, ist klar. Oder habe ich eine Vertriebsmannschaft zwischengeschaltet. die auch die Flexibilität haben, Discounts oder Preise individuell mit Kunden festzulegen. Das typischere Modell ist das zweite, dass ich Vertriebler habe. Und dort wird das Thema natürlich spannend. Erste Beobachtung ist, wenn deine Vertriebler zwar die Möglichkeit haben, Discounts zu geben, aber sie geben typischerweise keinen Discount oder sie geben nur 5% Discount im Schnitt. Die Vertriebler werden dir natürlich sagen, dass es daran liegt, dass die so tolle Helden sind. und den Preis beim Kunden ganz easy durchbekommen. Wahrscheinlich sind das ganz tolle Typen, aber was noch wahrscheinlicher der Fall ist, ist, dass deine Preise zu niedrig sind. Also wenn du eine Vertriebsmannschaft hast, aber du reichst keine Discounts raus, ist das das klarste Anzeichen, dass du deine Preise anheben solltest. Wie hoch liegen typische Discounts? Oder vielleicht nochmal einen Schritt davor. Sollte ich anfangen, wenn jemand sagt, dein Angebot, das passt mir nicht so richtig, ich habe irgendwie eine leicht andere Situation. Fange ich an, im Prinzip ein eigenes Product Bundling oder ein eigenes, komplett individuelles Modell für Kunden zu fahren? Wenn du erst 10 oder 20 Kunden hast, klar, dann kannst du ganz viel individuell machen. Wenn das dein Kunde Nummer 100 oder 200 ist, dann willst du das nicht mehr machen. Sondern dann gehst du genau von deiner Preisliste aus und arbeitest halt lieber mit Discounts. Das macht viel Dinge einfacher in deinem Contract Management, im Lizenzmanagement,Vergleichbarkeit hinzubekommen im Unternehmen und so weiter und so fort. Geh von deiner Preisliste aus und arbeite dann mit Discounts. So, was sind typische Discounts? In der alten On-Premise-Software-Kaufwelt und gerade bei Großkunden war es üblich, Discounts zu geben zwischen 60% am unteren Ende und 95% am oberen Ende. Da wusste jeder oder weiß jeder, wenn, nehmen wir mal an, eine SAP um die Ecke kommt und die verkauft, keine Ahnung, BASF, ihr neuestes ERP-System, Preisliste ist nett, das ist eine Zahl auf dem Papier, aber das hat überhaupt gar nichts damit zu tun, was die hinterher bezahlen. Sondern da werden halt riesige Discounts angewendet. Wie gesagt, 80, 85 Prozent, sogar 90 Prozent ist nicht unüblich. Und das führt natürlich dazu, dass wenn man jetzt als Startup bei so manchem Großkunden aufschlägt, mit einer professionellen Einkaufsabteilung, dann sagen die ja, euer Angebot ist zwar schön und gut, aber guess what? wir kaufen üblicherweise mit 67 oder 75 Prozent Discount ein. Wenn du mir jetzt hier auf den Preis, den du mir gerade angeboten hast, 75 Prozent Discount anbietest, dann kann ich kaufen. Dann sagst du, das kann ich mir überhaupt gar nicht vorstellen. Wer würde denn 75 Prozent Discount geben? Überraschung, Überraschung, dann werden sie dir erzählen, ja, das ist genau das, was ich mit SAP und Oracle jeden Tag mache. Okay, ja, das ist halt so. die alte Lizenzwelt, da ist das halt auch so. In der Cloud-Welt, in der Software-as-a-Service-Welt sind so hohe Discounts, unglaublich unüblich. Die große Änderung, die mit Subscription Pricing gekommen ist, ist, dass Listenpreise und tatsächlich realisierte Preise beim Kunden viel, viel näher aneinander gerückt sind. Die Argumentation, die du dem Kunden gegenüber gibst, ist halt gerne mal auch, naja, bei dem einen kaufst du ja nur eine Lizenz und ich schicke dir eine CD und du installierst die. und bei Software as a Service ist es ja, wie der Name schon sagt, ganz eine große Service-Portion dabei. Ich hoste das für dich, ich muss das sicher machen, Da ist Support und alles ist in diesem Preis schon drin. Und es ist nicht nur ein Lizenzkauf, den ich ganz hoch rabattieren kann. Was sind so übliche Discounts? Also ich sage mal so, wenn man durchschnittlich 15% Discount gibt, also es gibt viele Firmen, die, ich sage mal so, in dieser Range 15, 20% durchschnittlicher Discount liegen. Andere Firmen, die liegen eher so bei 30, 35 Prozent, 40 Prozent durchschnittlicher Discount. Aber Cloud-Companies mit einem höheren durchschnittlich an Kunden durchgereichten Discount sind eher selten. Und wenn, dann wie gesagt in diesem eher einem Großkonzerngeschäft. Also wenn du mit Market und SMB bist du typischerweise eher so in diesem 10, 15, 20 Prozent Discount-Range unterwegs.

Joel Kaczmarek: Ist das eine Qualitätsaussage, wenn ich 30 oder 40 Prozent Rabatt gebe? Also heißt das im Umkehrschluss, mein Tool ist nicht gut genug? Oder richtet sich das eher danach, wie einkaufsstark ist mein Gegenüber? Wie viel Umsatz bringt er mir? Oder hat das gar nichts miteinander zu tun? Also es liegt da gar keine Wertung jetzt sozusagen drin?

Gero Decker: Da ist zunächst mal gar keine Wertung drin. Es ist einfach die Frage, wie du deinen Vertrieb organisierst. Du kannst natürlich niedrigere Preise ansetzen und dann deinem Vertriebler sagen, du hast halt dann null Flexibilität. Aber dann hat er halt auch null Flexibilität. Und es gibt Also wenn du einen durchschnittlichen Discount von 30% rausreichst, heißt das ja auch im Umkehrschluss, dass du sehr wahrscheinlich ganz viele Kunden hast, die gar keinen Discount bekommen oder 5% Discount bekommen. Aber dann womöglich auch einige wenige Kunden, die 50% Discount bekommen. Weil die so viel kaufen oder weil die so strategisch wichtig sind für dich oder weil die eine besonders wertvolle Referenz sind oder was auch immer. Was der Grund dann ist für dich, dort runter zu gehen. Oder weil du halt eine super harte Wettbewerbsposition dort hast in demsozusagen in dem Auswahlprozessund zurück zu dem Punkt von vorhin,deine Wettbewerber halt da irgendwiemit verrückten Preisen halt um die Ecke kommenund du irgendwie mitziehen musst,um da nicht rauszufliegen. Deswegen Discounting ist halt super,um halt, wie gesagt, deiner Vertriebsmannschafteine Flexibilität zu geben. Aber du solltest typischerweise so eine,also was man typischerweise macht,du hast so eine Guidance, wo du sagst,bis Discount X darfst du selber entscheiden Ab dann muss halt dein Manager das approven. und vielleicht gibt es noch eine zweite Stufe, wo Geschäftsführung sozusagen auch noch ihr Okay geben muss. Aber es hilft einfach zu, besser auf die Bedürfnisse des Kunden auch reagieren zu können.

Joel Kaczmarek: Was hast du denn für Strategien, um Discounts zu vermeiden? Also ich fand dein letztes Argument zum Beispiel im Gegensatz zu den Softwareanbietern sehr plausibel, dass man sagt, na gut, der ganze Services-Anteil, den ja Softwareanbieter sehr, sehr teuer reinverkaufen hinterher oft. Also ich habe so ein Microsoft zum Beispiel im Kopf, wenn die irgendwelche gerade sozusagen webbasierte Software verkaufen, also was weiß ich, Serversoftware und solche Geschichten, da ist ja so ein sehr signifikanter Teil auch nochmal irgendwie Wartung, Weiterbildung etc. mit drin. Also das wäre sozusagen ein Argument, was man bringen könnte, dass bei dir das irgendwie alles mit eingepreist ist. Hast du noch so andere Faktoren, die du nennst, um irgendwie Discounts abzuwatschen?

Gero Decker: Also Preis ist ja immer die Einigung darauf, für wie wenig Geld gebe ich mein Produkt oder meine Dienstleistung ab.in Kombination gebracht mitwie viel ist es dir wertund wie viel bist du bereit dafür auszugeben. Insofern ist Preis jazunächst einmal etwastotal Flexibles. Wichtig ist,das kann man gar nicht häufig genug sagen,dass der Kunde den Wertdeines Produktes und deiner Dienstleistungverstanden haben muss. Es nützt dirauch langfristig nichts, Wenn der Kunde den Wert deines Produktes nicht realisiert hat und sagt, ja, ich kann nur ein Zehntel dessen, was du mir hier angeboten hast, kann ich intern verargumentieren. Klar, jetzt kannst du dir überlegen, zu sagen, verkaufe ich jetzt für 90% Discount. Aber sehr wahrscheinlich, was hier passiert ist, ist, dass dein Gegenüber einfach den Wert deines Produktes nicht verstanden hat. Und dann musst du dir genau überlegen, willst du so einen Kunden auch haben, der diesen Wert nicht sieht oder auch da nicht rausziehen kann? Oder willst du dich nicht lieber auf die Fälle konzentrieren, wo du den Wert auch vernünftig vermittelt bekommst? Also insofern über den Wert zu sprechen, das ist immer die Übung Nummer eins. Also wenn du als Vertriebler unterwegs bist, rede nie über den Preis, bevor du nicht über den Wert gesprochen hast. Der Kunde muss erstmal verstehen, was es ihm bringt und warum das wichtig für ihn ist und was er da rausziehen kann. Davor ist Preis einfach nur, da können zwei Dinge passieren. Entweder der Preis ist viel zu hoch und der Kunde sagt, nee, habe ich keine Lust mehr, mich weiter anzugucken. Oder er ist viel zu niedrig und er sagt, ja, super, kaufe ich. Beide Fälle sind suboptimal. Weil in einem Fall fliegst du unnötigerweise raus und bei dem anderen Fall gehst du halt womöglich nur mit der Hälfte oder ein Fünftel dessen, was du dort hättest erzielen können, raus. Also den Wert zu verstehen, da gehört natürlich auch das Thema dazu, wie umfangreich. Also wenn zum Beispiel eine Metrik per User Pricing ist, ist es für den Kunden halt auch wichtig zu verstehen, dass es für ihn auch keinen Sinn macht, das nur mit zwei Leuten einzusetzen. Da zieht er gar nicht den Wert raus, den er rausziehen könnte. Er muss das mit 50 Leuten nutzen. Damit er überhaupt das, was er vorhat, realisieren kann. Und dann kannst du dir überlegen, verkaufe ich lieber zwei Lizenzen undiscounted oder verkaufe ich lieber 50 Lizenzen, wo ich 30% Discount gebe. Oh Wunder, oh Wunder, mache ich lieber zweiteres. Aber das kommt halt alles aus dieser Wertdiskussion raus. Und Wert bezieht sich immer darauf, was sind die Herausforderungen, die der Kunde zu meistern hat. Und wie hilft mir meine Lösung, ihm genau das zu tun?

Joel Kaczmarek: Wie bullisch sollte man bei Wert sein? Weil das ist ja eine gern geübte Übung von Käufern. Wenn du jetzt ein Auto kaufst oder eine Kamera im Mediamarkt, dass sie hingehen und das irgendwie schlecht reden. Dass sie sagen, ja, ich verstehe das grundsätzlich, aber das passt nicht für mich und das nicht. Und guck mal, das Objektiv sitzt schief und die Farbe gefällt mir nicht und dies und das und jenes. Also das macht man ja manchmal gerne. Oder wie auf dem Flohmarkt. In den kleinsten Verhandlungseinheiten hast du ja oft den Fall, du putzt das so ein bisschen runter, um den Preis zu drücken.

Gero Decker: Also darauf würde ich mich gar nicht einlassen. Da würde ich den Leuten ganz klar sagen, hey, hör zu, wenn du glaubst, dass du hier ein schlechtes Produkt vor der Nase hast, dann kauf es einfach nicht. Geh auf den Flohmarkt an den nächsten Stand. Wenn dir die Dinge dort besser gefallen, wir haben beide nichts davon gewonnen, wenn du das Gefühl hast, du kaufst ein schlechtes Produkt, dann bist du nicht glücklich und ich bin auch nicht glücklich. Geh lieber einen Stand weiter. Also auf so eine Diskussion würde ich mich gar nicht einlassen. Also wenn der Kunde dir vermittelt, vermitteln zu versuchen, er kauft ein schlechtes Produkt, also da ist für mich die Diskussion relativ schnell zu Ende. Wir reden hier momentan gar nicht konstruktiv. Wenn das für dich eine Einkaufstaktik ist, fein, da können wir über andere Wege rangehen. Lass uns drüber reden, was dein Budget ist und lass uns drüber reden, welchen Wert du hier wirklich wahrnimmst und dann finden wir schon den richtigen Preispunkt für dich. Aber nicht hier von hinten rum Dinge schlecht machen oder so. Und wir beide wissen, dass du das gar nicht meinst, was du gerade sagst. Das ist ja auch einfach unehrlich.

Joel Kaczmarek: Ich meine, manche sagen dir einfach nur, dass es für sie nicht passt. So nach dem Motto, ihr Use Case ist ja anders als der von allen deinen anderen Kunden, obwohl du den vielleicht sozusagen artverwandt bei dir im Portfolio hast als Kunden, weshalb sie dann irgendwie der Meinung sind, das müsste ja da irgendwie ein bisschen gedreht werden. Gut, aber du kannst es wieder

Gero Decker: Was ist die Wertwahrnehmung des Kunden? Da kann man offen drüber reden. Der kann sagen, ich finde deine Software total super. Und ich kann auch gut nachvollziehen, dass bei anderen Kunden von dir, die damit drei andere Dinge noch mitmachen, dass der Wert einfach höher ist als das, was ich bei mir intern realisieren kann. Aber machen wir uns nichts vor. Das ist halt genau den Wert, den ich erkannt habe, den ich sehe, den verstehe ich. Und ich brauche jetzt aber auch wirklich einen Preis, der zu dieser Wertwahrnehmung auch einfach passt. Wenn wir beide uns nicht einigen können auf einen Preis, der dafür passt, dann kommt halt kein Deal zustande.

Joel Kaczmarek: Würdest du Preise eigentlich generell auf eine Webseite schreiben?

Gero Decker: Gute Frage. Wir hatten, also wenn ich uns selbst angucke, wir hatten in den Anfangstagen den Preis immer auf der Webseite drauf. Warum? Weil wir waren in unserer Produktkategorie die Ersten, die Software as a Service gemacht haben, Cloud. Und wo in den Anfangstagen Cloud viel so assoziiert wurde mit super transparent und einfach. Und ich kann mir selber als Käufer das auf der Homepage alles schon selber erklären, kann es ausprobieren und weiß schon genau, was ich haben will. Dann sage ich einfach, ich hätte gern fünf Stück, fünf Bananen. Und ich habe gesehen, es kostet X, wo kann ich bestellen? So ist es ja immer. Wie gesagt, nur im Ausnahmefall oder bei bestimmten Produkten oder bestimmten Preissegmenten. Deswegen, wir zum Beispiel haben die Preise runtergenommen von der Webseite, weil es womöglich Leute ablenkt, erstmal überhaupt in die falsche Richtung zu gucken. Dass sie preisgetrieben sagen, wir können uns ja nur das leisten oder das klingt ja irgendwie halb so teuer wie das, also gucke ich mir das Teurere gar nicht erst an. Das verhindert halt eine sinnvolle Wertdiskussion, wenn ich vorschnell über Preise rede. Vermeide ich durch das Nicht-Publizieren der Preise auf der Homepage, vermeide ich, dass meine Wettbewerber meine Preise kennen? Natürlich nicht. Weil sobald ich eine signifikante Präsenz am Markt habe, irgendwie kommen die Informationen, was in meinen Angeboten drinsteht, kommt schon irgendwie an den Wettbewerber. Also früher oder später kennst du von deinen Wettbewerbern die Listenpreise und du weißt auch, wie deren Discounting-Strategien typischerweise aussehen. Das weißt du irgendwann, das kriegst du irgendwie mit. Irgendwer erzählt dir das schon irgendwie, ob du es auch wissen willst oder nicht. Insofern also gegenüber Wettbewerbern, ob ich es auf die Homepage schreibe oder nicht, hat keinen Effekt. Es hat eher einen Effekt gegenüber den Kunden halt. Die Frage, wie viel Diskussion kann ich führen oder wie sehr bin ich abgelenkt durch Pricing.

Joel Kaczmarek: Ich habe ja dabei nur immer die Sorge, also eigentlich zweierlei. Das eine ist, ob es Friction, also Reibung erzeugt, weil ich immer denke, da muss dann irgendein Mensch reinkommen und mir das sozusagen als Vertriebler verkaufen, vielleicht onboarden und solche Geschichten. Und das zweite ist, ob es so ein böses Erwachen am Ende gibt. Du verliebst dich in so ein Produkt und dann merkst du, ach du Scheiße, es ist dreimal so teuer, wie ich gedacht hätte.

Gero Decker: Kann passieren, passiert meistens nicht, weil, zurück zu dem Punkt vorhin, Industry Benchmark. Käufer wissen ja auch, dass du, wenn du Erfolg am Markt hast als Unternehmen, und das kannst du ja daran ablesen, wie viele Kunden du hast, wie glücklich die Kunden sind, bla bla bla, was du für eine Reputation am Markt hast. Die Kunden wissen ja, dass wenn du eine gewisse Traction am Markt hast, dass du nicht komplett daneben liegen kannst. Das muss ja für andere auch kompatibel gewesen sein. Und es wäre jetzt ein großes Wunder, dass ich jetzt der Einzige bin, für den das komplett daneben liegt. Wie gesagt, zurück zur Frage, vielleicht kann ich da weniger Wert draus ziehen als die anderen, kann passieren. dass ich da mit anderen Erwartungshaltungen reingehe und eine gewisse Enttäuschung erfahre. Aber grundsätzlich kriege ich ja am Markt auch durch Reputationen über Berichte, über Foren, was auch immer, kriege ich ja so ein gewisses Gefühl dafür, ist jetzt Anbieter X eher total hochpreisig oder total crazy mit seinen Preisen oder ist das der totale Budgetanbieter. So ein grundsätzliches Gefühl kriege ich ja. Insofern

Joel Kaczmarek: Aber wenn ich da versuche, Transparenz und Vergleichbarkeit auch so ein bisschen zu verhindern, also es gibt ja Sparten, wo massive Preistransparenz da ist und dann gehen deine Margen ganz schnell runter. Das wird also nicht als unseriös oder irgendwie frustrierend auf Kundenseite wahrgenommen, in deiner Erfahrung?

Gero Decker: Nein.

Joel Kaczmarek: Wie machst du das rein vom Prozess her, würde mich mal interessieren. Also ab wann gehst du hin und kommunizierst Preise und wie machst du das? Sagen wir mal, jemand will jetzt bei euch Produkt B kaufen, das ist schon ein bisschen das Teurere sogar, weil er genau das gemacht hat, was du gesagt hast, den Wert des Produkts betrachtet und merkt, das ist irgendwie toller. Wie gehst du dann vor? Also sammelst du seine Daten ein und dann ruft dir ein Vertriebler an oder machst das per Mail oder ist das sozusagen Self-Service? Wie gehst du da vor mal rein, so als ein Praxisbeispiel, wie man das tut?

Gero Decker: Also nehmen wir mal an, jemand kommt bei uns, meldet sich für eine Pre-Trial an, benutzt die, guckt sich vielleicht noch ein Webinar an. Also dann wird er wahrscheinlich sogar von uns aktiv kontaktiert. Oder falls das nicht geschehen ist, sagen wir mal, füllt er ein Kontaktformular aus oder schreibt eine E-Mail. Dann ist er in einem ganz Standard-Vertriebsprozess drin. Und dann muss halt eine Qualifizierung stattfinden durch die Vertriebsmitarbeiter. Worum handelt es sich hier eigentlich? Was hat er eigentlich für Herausforderungen? Warum interessiert er sich dafür? Was treibt ihn an? Was für Projekte will er damit realisieren? Ist es nur er? Was für eine Gruppe in seinem Unternehmen ist das? Wie ist der Scope? Für den Kunden macht dieses Gespräch übrigens auch Sinn, weil Ich habe ja nicht nur einen Verkäufer vor mir, sondern ich habe ja auch jemanden vor mir, der ganz viel Erfahrung hat, wie es bei anderen Kunden läuft. Der mir womöglich ganz viele spannende Dinge auch erklären kann und erzählen kann, in welche Richtung ich überhaupt gucken muss, wie andere, wie womöglich Wettbewerber an der einen oder anderen Stelle angefangen haben oder weitergemacht haben. Also insofern, dieses menschliche Gespräch ist nicht zu unterschätzen im B2B-Bereich. Und wenn du Käufer hast, die partout nur sich das selber angucken wollen und dann sagen, ich weiß genau, was ich haben will, drei Lizenzen, gib mir einen Preis, ich kaufe es. dann findet das meistens in dem sehr niedrigpreisigen oder am unteren Ende des Preisspektrums statt. Da geht es dann meistens um 2.000, 5.000, 10.000, 15.000 Euro pro Jahr. Und es wird auch nicht größer dadurch. Die Erfahrung zeigt, dass wenn du größere Preise bei dem Kunden bekommst, etablieren willst und das korreliert ja auch damit, dass die mehr Wert daraus ziehen können. Also wie gesagt, Preis und Wert korreliert immer sehr stark. Dann musst du ganz zwangsläufig in diese Gespräche rein und das ist immer noch das ganz normale im B2B-Geschäft. Wann kommunizierst du Preise? Erst dann, wenn du überhaupt seinen Bedarf, seine Herausforderung verstanden hast. ein Gefühl hast, dass er den Wert versteht, wie du ihm bei seinen Herausforderungen helfen kannst. Erst dann kommunizierst du Preise.

Joel Kaczmarek: Letzte Frage. Wer sollte eigentlich für das ganze Thema Preisfindung und Preissetzung verantwortlich sein?

Gero Decker: Das ist eine sehr gute Frage, weil, wie ich vorhin schon gesagt habe, Preissetzung ist meistens eine super Ad-Hoc-Aktivität in den meisten Firmen für lange, lange Zeit. Ich habe irgendwo mal gelesen, dass in frühen Phasen eines Startups in 80, 90 Prozent der Fälle der CEO den Preis setzt. Und selbst bei großen Firmen, in über der Hälfte der Firmen immer noch der CEO für Preissetzung verantwortlich ist. Wenn man jetzt sich fragt, wo könnte ich denn sonst noch Preissetzung im Unternehmen andocken, kann man ja die verschiedene Funktionen im Unternehmen durchgehen und gucken, ob das ein guter Fit ist. Marketing. Was passiert, wenn ich Preissetzungen ans Marketing-Team gebe? Die haben häufig, weil die sehr Lead-Generierungs-fokussiert sind, bauen die halt dann gerne Preismodelle, die halt für Lead-Generation gut sind. Also fragst du die Marketingabteilung, was für ein Preismodell wir finden sollen, oh Wunder, oh Wunder, was werden sie dir sagen?

Joel Kaczmarek: Relativ niedriges.

Gero Decker: Freemium.

Joel Kaczmarek: Oh, okay.

Gero Decker: Lass uns doch freemium machen. Dann kriegen wir ganz viele Deeds. Was passiert, wenn du Finance fragst? Klar, die sind analytisch unterwegs und achten sehr auf Profitabilität und so weiter und so fort. Können das differenziert von der quantitativen Seite aussehen. Die haben aber meistens nicht genug Kundenkontakt, um überhaupt zu wissen, was kommt beim Markt an und was ist überhaupt realistisch. Sales, wie gesagt, wie ich schon am Anfang meinte, es gibt halt immer wieder Sales-Kollegen, die sagen, ja, Preisliste ist für Anfänger. Ich tüftel das individuell aus mit dem Kunden. Und genau so könnte deine Preisliste dann auch aussehen. Du hast dann irgendwie 100 verschiedene Optionen, um nur jeden erdenklichen Fall sozusagen abzudecken. Und dann gibt es da auch so magische Posten auf der Preisliste, wo du womöglich dreimal genau das gleiche verkaufst, aber halt mit ganz dramatisch unterschiedlichen Preisen. Ja, welches findet denn jetzt Anwendung? Naja, ein guter Vertriebler kriegt das schon raus, was man dort platzieren kann. Ich habe Bisher noch kein Unternehmen gesehen, wo Pricing eine Aufgabe des Sales war. Keine Ahnung, ob das Zufall ist oder aus diesem Grund, den ich gerade genannt habe. Product Teams, sollte Product Management zum Beispiel Preissetzungen auch machen. Da ist dann häufig auch die Gefahr, dass du zu featureorientiert denkst. So nach dem Motto, hier haben wir ja, keine Ahnung, drei Monate dran entwickelt und hier haben wir fünf Jahre dran entwickelt. Also muss das, woran wir fünf Jahre entwickelt haben, viel teurer sein als das, was wir in drei Monaten gebaut haben. Aber der Aufwand, den es mich kostet, etwas zu bauen und zu shippen, korreliert womöglich nicht nicht stark mit dem wahrgenommenen Wert beim Kunden. Und insofern ist da die Gefahr da, dass ich zu sehr sozusagen auf Features oder Product Capabilities gucke und nicht auf den Wert. Also lange Rede, kurzer Sinn. Also ich finde den CEO auch weiterhin eigentlich die richtige Person, wo das angedockt sein müsste. Wenn er das nicht mehr schafft oder da nicht mehr genug Überblick hat, Dann nochmal eine separate Person, die sich mit Preissetzungen einfach dediziert auseinandersetzt und da auch Analysen fahren kann und Zeit hat, Marktrecherchen zu machen und sich Benchmarks anzugucken und blablabla. Oder durch alle Opportunities durchzugehen und zu gucken, hätten wir hier mit einem, keine Ahnung, 10% höheren Preis oder mit einem anderen Product Bundling irgendwie ein besseres Ergebnis sowohl für den Kunden als auch für uns erreicht, dann macht das Sinn. Aber es ist immer eine sehr übergreifende, es muss immer eine sehr übergreifende Funktion sein, die Preissetzung.

Joel Kaczmarek: Also im Prinzip ist deine Aufgabe dann, dass du eigentlich die ganzen Departments, die du gerade durchdekliniert hast, eigentlich alle mal fragst, sich mit denen austauscht. Also ein bisschen Product-Blick, ein bisschen die Lead-Kosten im Blick haben und trotzdem auf einer Sales-Front wissen, was der Kunde will. Genau. Ja, spannend. Das war, glaube ich, ein sehr unterhaltsamer und sehr vielseitiger Ritt durch das ganze Thema Preissetzung und Durchsetzung. Wie immer gilt dir mein herzlicher Dank für auch die Praxisbeispiele. Das finde ich mal cool. Das müssen wir noch mehr machen, glaube ich. Machen wir schon viel. Genau. Dafür also ganz herzlichen Dank und ich freue mich schon aufs nächste Mal.

Gero Decker: Sehr schön. Bis dann. Ciao, ciao.

Mehr zum Thema

Sales

Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um Sales: Ka-Ching! Hier kommt dein Pflichtprogramm, wenn du verstehen möchtest, wie (B2B-)Sales funktioniert. Gemeinsam mit diversen Gästen hebt Joel deine Fähigkeiten im Vertrieb anhand vieler Beispiele und konkreter Tipps auf ein neues Level.