How To: Verkaufen in der Krise

13. Mai 2020, mit Joel KaczmarekGero Decker

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Joel Kaczmarek: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen The Art of Sales Podcast von Digitalkompakt. Mein Name ist Joel Kaczmarek und heute etwas, was glaube ich viele beschäftigt, nämlich Verkaufen in der Krise. Wie stelle ich mich auf, wenn man wie jetzt so eine Corona-Krise hat oder vielleicht auch generell eine bestimmte Branche durch eine Krise geht, ich dort aber gerne etwas verkaufen möchte? So, das heißt aus der heutigen Folge nimmst du natürlich ganz viel mit zum Thema Segmentierung, also wie identifiziere ich Krisengewinner und Verlierer und verkaufe an die? Welche Phasen gibt es eigentlich, die Unternehmen durchlaufen, wenn so eine Krise ansteht? Und was muss ich tun, um mein Narrativ, meine Value Proposition anzupassen? Denn am Ende des Tages geht es ganz klar darum, den Sales Cycle zu verkürzen. So wie man als Gerne Preview für heute. Und heute gibt es auch ein kleines Jubiläum. Ich habe gelernt, Gero's Firma ist heute elf Jahre alt geworden. Lieber Gero, herzlich willkommen und herzlichen Glückwunsch. Juhu! Und, wie fühlt es sich an nach elf Jahren? Ist es noch dasselbe?

Gero Decker: Ja, man liest ja immer in den Medien, wie die Leute dann ihre Firmen verlassen. Und ja, nach drei Jahren wollte ich dann mal was anderes machen. Oder wenn die Leute nach fünf Jahren gehen oder nach sieben Jahren, ja, können alle gut total verstehen. Ich muss sagen, nach elf Jahren ist es fast wie am ersten Tag.

Joel Kaczmarek: Ja, ich meine, das finde ich auch mal eine gute Message, weil so viele Leute sagen ja irgendwie, ich baue eine Firma auf und ziele nur auf einen Exit, nach zwei Jahren schieße ich das Ding weg. und wenn du mit den ganzen Mittelständlern redest, sagen die zwei Jahre, weil das ist in meinem Zeithorizont irgendwie ein Fliegenschiss, das ist so ein bisschen schade. Ja, aber stimmt, ich habe gelesen, Jens Begemann ist gerade bei VUGA raus, nach irgendwie, ich glaube auch sieben oder elf Jahren, ich weiß gar nicht. Elf Jahre auch, glaube ich. Ja, siehste. Lieber Jens, herzlichen Glückwunsch. Du hast gute Arbeit geleistet. Deswegen finde ich das toll, dass du so lange da bist. Aber dann hast du ja auch ein bisschen einen Blick über die Historie. Das heißt, du hast ja vielleicht die eine oder andere Krise schon selbst miterlebt. Und gerade ist ja wirklich so, also mich beschäftigt das auch, wie verkauft man eigentlich in der Krise? Und mein erster Gedanke war, so in Vorbereitung von unserem Podcast, dass man wahrscheinlich viel darüber nachdenken muss, wer ist Krisengewinner, wer ist Krisenverlierer und sich mehr auf die Gewinner konzentrieren, oder?

Gero Decker: Die Regel Nummer eins im Vertrieb ist ja immer, seinen Kunden zu verstehen. Wenn ich nicht verstehe, was mein Kunden umtreibt, was er gerade braucht, wofür er bereit ist, Geld auszugeben, was ihm hilft, dann brauche ich gar nicht erst antreten. Und genauso ist es natürlich auch in der Krise. Und eine offensichtliche Frage, die man sich stellen kann, ist, wer investiert denn heutzutage eigentlich noch? Wer kauft denn noch? Und wer ist so dermaßen im Kostenreduktionsmodus, dass da links und rechts alles abgeschnitten wird? Es gibt so die offensichtlichen, klar, Reiseanbieter, eine Kreuzfahrtgesellschaft, da brauche ich gar nicht mehr herantreten. Oder Airlines, ein hoffnungsloser Fall momentan. Airportbetreiber. Retail war in letzter Zeit extrem gebeutelt. Das sind so Branchen, Wenn ich mich dort darauf auch fokussiert habe und vor allen Dingen an solche Unternehmen verkaufe, dann habe ich es jetzt einfach extrem schwer. Und dann gibt es Unternehmen, die ganz offensichtlich profitieren. Man denke im Softwarebereich an Kollaborationstools, an Zoom, Videoconferencing. Die natürlich total durch die Decke gehen, aber auch im physischen Geschäft. Wir haben gerade gesprochen über Heimtrainer. Die Leute können nicht mehr ins Fitnessstudio gehen, müssen sich das jetzt zu Hause aufbauen. Ich selbst habe es gesehen, wenn man jetzt versucht, ein E-Bike zu kaufen, die kommen gar nicht hinterher mit dem Demand, was sie dort haben. Und diese Unternehmen, die überlegen sich natürlich auch, wie komme ich damit klar? Aber dann auch die nächste Frage, wie nachhaltig ist das und wie lange hält das an? Ist das jetzt nur ein Spike, der gerade passiert, der in zwei Monaten, in fünf Monaten wieder vorbei ist oder ist das eine nachhaltige Trendwende für mich und mein Geschäftsmodell?

Joel Kaczmarek: Ja, ich meine, man merkt ja, selbst die Gewinner haben ja irgendwie sozusagen ganz andere Schwierigkeiten. Also du kannst ja gleich mal deine Videoconferencing-Geschichte erzählen und ich erzähle meine Fitnessgeschichte. Aber bei mir war es so, ich habe einen der Fitnessproduktehersteller kontaktiert und sage, ey du, ich hätte gerne Laufbahn fürs Büro und wollen wir mal ein bisschen Deal machen, ein bisschen Werbung gucken? und dann schauen wir mal, vielleicht ist auch ein bisschen Cash da und so. und dann sagte der mir, du klar. Können wir gerne reden, ich bin Fan von euch und so, Laufbänder, alles kein Thema, aber Werbung will ich gerade überhaupt nicht. Vielleicht für die zweite Jahreshälfte, dann nehme ich sie mit Handkuss, aber jetzt vergiss es. Ich habe Fernsehsender, die ich aus meinen Läden rausschicke, ich habe irgendwie Webseiten, ich musste unsere englische Webseite komplett offline nehmen für eine Woche, weil wir so viel nachfragen, wir kommen nicht mehr hinterher. Ich mache den Umsatz eines Monats teilweise an einem Tag. Ja, und gleichzeitig, weiß ich nicht, Produktion kommt nicht so schnell nach, Ware wird nicht so schnell geliefert, ich kann im Versand irgendwie die Leute nicht so arbeiten lassen wie sonst, weil ich auf andere Hygienevorschriften achten muss, sprich, ich habe die Nachfrage meines Lebens in einer Off-Season, also Frühling, Sommer ist totale Off-Season für Fitnessgeräte und gleichzeitig komme ich aber gar nicht hinterher, weil, wie gesagt, die ganzen Sachen da so ein bisschen eingegrenzt sind. Also selbst Gewinner, habe ich gemerkt, können manchmal gar nicht so investieren, beziehungsweise haben sie ja so eine Welle, dass sie gar nicht den Bedarf haben, unbedingt was zu kaufen. Vielleicht erzählst du mal deine Videogeschichte, das fand ich auch ganz interessant, ja.

Gero Decker: Ja, also jetzt in der Krise arbeiten alle von zu Hause und da will man natürlich auch die beste Videoconferencing-Software benutzen. Wir haben sehr viel rumprobiert, haben uns für Zoom entschieden und dann habe ich mir die Verträge angeguckt, die wir dort dann mit Zoom auch geschlossen haben. Da habe ich mich gefragt, sag mal, warum schenkt ihr uns eigentlich die Software momentan und warum verzögert ihr die Umsätze, warum schiebt ihr die so weit in die Zukunft? Die machen uns Geschenke noch und nöcher. Und sehr weit in der Zukunft erst kommen die eigentlichen Beträge dann zu Trage. Und der Hintergrund ist ganz einfach. Die sind börsennotiert, die haben Angst davor, jetzt sozusagen so als Eintagsfliege in der Krise zu gelten. Ja, jetzt ist der Boom, alle wollen Videoconferencing-Software kaufen, das ist wie blöd. Und dann, wenn alle zurück in den Büros sind, dann werden die ganzen Verträge gecancelt und die haben Churn ohne Ende und die Umsätze brechen wieder zusammen. Und das wollen die einfach vermeiden und wollen eine gute Wachstumskurve zeigen können für 12, 18 Monate. Die haben Umsätze mehr, als sie brauchen. um eine gute Story darlegen zu können und dann schieben sie einfach wie Blöde auf die Zukunft, damit die Zahlen in der Zukunft gut aussehen. Solche Effekte gibt es auch.

Joel Kaczmarek: Und ich sage mal so, jetzt sagt man, okay, wir segmentieren nach Gewinnern und Verlierern, man fokussiert dann seine Sales-Force quasi eher auf die Gewinner. Wird denn aber generell gekauft in der Krise? Weil bei den Endkunden ist ja immer so ein Stück weit, okay, Schockstarre. Man denkt immer so, ja super, jetzt können die ja alle online shoppen, wie blöde. Passiert am Anfang ja auch nicht, weil jeder eigentlich sein Geld zusammenhält. Wie ist das auf Firmenebene? Also kann ich davon ausgehen, dass wenn ich Gewinner identifiziert habe, dass da was passiert oder ist das irgendwie so, dass die trotzdem sie gewinnen, eher sagen, naja, okay, mal abwarten, was passiert.

Gero Decker: Also eins müssen wir auch ganz klar sagen, in so einer Krise wie bei Corona gibt es wesentlich mehr Verlierer als Gewinner. Es gibt ganz, ganz wenige Fälle, die dann typischerweise auch in der Presse sozusagen dann hochgejubelt werden von Leuten, die klar profitieren. Aber es gibt auch ganz viele Unternehmen, die Verlierer sind. Man würde glauben, Krankenhäuser zum Beispiel wären jetzt die großen Krisengewinner. Pustekuchen. Weil die vorausschauend für Corona ganz viel Kapazitäten freigehalten haben, Behandlungen nach hinten rausgeschoben haben, gibt es die ersten Krankenhäuser, die Kurzarbeit anmelden, weil sie nicht genug zu tun haben, weil die Leute sich entweder nicht mehr trauen, behandelt zu werden oder Dinge halt in die Zukunft verschoben werden und ich mit den Corona-Fällen auch einfach nicht genug Geld verdiene oder es meine Kapazitäten momentan auch nicht auslaste. Also insofern ist die Grundannahme, wenn ich quasi so ein diversifiziertes Bild an Zielgruppe sozusagen vor mir habe, mit dem ich potenziell Business machen kann, in solchen Zeiten, in solchen Krisenzeiten kann man davon ausgehen, weniger als 5%, wahrscheinlich weit weniger als 5% sind klare Krisengewinner. und dann habe ich, je nachdem wie schlimm die Krise ist, irgendwas 10, 20%, die halt extrem gebeutelt sind durch die Krise. Und der Rest ist auch gebeutelt, aber halt nicht ganz so krass. Und die fragen sich natürlich auch, Unsicherheit, Planung ist sehr viel schwieriger, wie gehe ich damit um? Das heißt, der Standardfall ist nicht, ich habe hier jemanden, der schwimmt jetzt im Geld, der schwimmt in Aufträgen, der schwimmt in Geschäft und ich kann mich komplett auf diese Leute konzentrieren, sondern man muss sich darauf einstellen, in einem diversifizierten Modell, dass ich vor allen Dingen mit Leuten zu tun habe, die es in der Krise auch nicht einfach

Joel Kaczmarek: haben. Was für Phasen durchläuft denn eigentlich ein Unternehmen, wenn es durch so eine Krise geht? Weil am Ende des Tages, man muss ja immer so ein Stück weit wissen, wenn man an jemanden verkauft, wo der sich gerade befindet, damit ich mich auf ihn einschießen kann.

Gero Decker: Jetzt bei Corona ist ja auch alles sehr, sehr schnell gegangen. Also in vergangenen Krisen, Finanzkrise 2008, 2009, das ging im Vergleich mit Corona alles im Zeitlupentempo. Oder auch damals Dotcom-Boom und Bust 2000, 2001, 2002. Das lief alles im Vergleich zu dem, was wir jetzt sehen, im Schneckentempo ab. Und das macht diese Krise auch so ein bisschen besonders, weil die Leute total überfordert sind mit der Geschwindigkeit, wie sich die Dinge überschlagen. So, was sind die Phasen, durch die so ein Unternehmen durchgeht? Erste Phase ist React and Respond. Was sind die unmittelbaren Dinge, die ich machen muss? Ich muss zum Beispiel mein Geschäft auf Homeoffice, soweit es möglich, umstellen. Ich muss davon ausgehen, dass meine Lieferketten, die über Grenzen rübergehen, nicht mehr funktionieren. Oder dass einzelne Zulieferer aus Italien zum Beispiel komplett die Produktion eingestellt haben. Das sind so die Dinge, auf die ich unmittelbar eingehen muss, um überhaupt mal einen Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten. Überleben ist sozusagen die Devise. Der zweite Schritt ist Kosten senken. Es ist eine Nachfragekrise. Ich kann weniger verkaufen, entweder jetzt schon akut oder in der ersten Welle, in der zweiten Welle, die kommt. Die Leute verdienen weniger, deinen Kunden geht es auch nicht gut. Oder den Kunden deiner Kunden geht es nicht gut. Das heißt, womöglich in fünf oder sechs Monaten erst siehst du die Effekte. Das heißt, du wirst in den allermeisten Firmen eine Nachfrageschwäche haben. Du kannst weniger verkaufen. Dementsprechend kannst du dir auch weniger leisten, musst deine Kosten senken. Phase 2. Und dann Phase 3 ist, wie kriege ich quasi Resilienz, wie kriege ich Abwehrkräfte in mein Unternehmen rein? Wie kann ich mich aufstellen, dass mich sowas in der Zukunft nicht wieder durchschüttelt? Wie kann ich mich flexibler aufstellen? Viele der Krisengewinner sind die, die sich möglichst schnell haben umstellen können, ihr Geschäftsmodell umstellen können. Beispiel ArtNight. Die haben so Malkurse, wo man hingeht, die haben innerhalb weniger Tage ihr Modell auf ein digitales Modell umgestellt. Anderes Beispiel, 3M, die produzieren alles Mögliche, unter anderem auch die Schutzmasken, die man jetzt braucht. Und die haben quasi über Nacht ihre Kapazitäten verdoppelt und verdreifacht. Also manche Unternehmen waren einfach an Flexibilität sehr, sehr gut und das versuchen jetzt auch, Unternehmen umzusetzen, diese operative Exzellenz ins Unternehmen reinzubringen, viel mehr Sichtbarkeit reinzubekommen, wie sie arbeiten und so weiter und so fort. Damit sie in der Zukunft stabil aufgebaut sind. Und der vierte Punkt ist fast der spannendste, weil die Welt wird nach der Krise anders aussehen als vor der Krise. Dinge werden sich verändern. Beispiel Homeoffice. Wenn ich es geschafft habe, zwei oder drei Monate komplett im Homeoffice zu arbeiten mit einer ganzen Firma, ist es unwahrscheinlich, dass ich zu dem alten Modell eins zu eins wiederkehre, sondern sehr viel wahrscheinlicher, dass ich zum Beispiel ein flexibleres Modell habe. Oder Beispiel, wenn man mit Vielfliegern dieser Tage redet, die sonst den ganzen Tag nur im Flugzeug sitzen und von einem Ort zum anderen jetten, die sagen sich, wie cool ist das denn, Zeit mit der Familie zu verbringen. Also es ist garantiert nicht das erste nach der Krise, dass ich mich wieder in einen Transatlantik-Flug setze. Ich werde versuchen, in der Zukunft das zu vermeiden und ich glaube, wir sind alle smart genug, um das zu vermeiden. Also manche Dinge werden nach der Krise komplett anders sein. Und jetzt ist die Frage, was heißt das denn für mein Geschäft? Wie muss ich mich denn neu aufstellen? Oder was kann ich auch Smartes tun, um mich in dieser neuen Welt, die zwangsläufig digitaler ist, die ist womöglich lokaler, regionaler. Ich habe womöglich eine andere Wahrnehmung, was für mich wichtig ist und was für mich unwichtig ist. Wie kann ich und mein Unternehmen mich darauf einstellen? So, und das sind die Fragen, die sich dein Kunde stellt. Und die Frage ist, wie kannst du ihm dabei helfen, dieses Renew umzusetzen für sich und sein Unternehmen? Also Fazit, vier Phasen, React und Respond, Phase Nummer eins, dann Kostensenkung Nummer zwei, operative Resilienz quasi Phase Nummer drei und dann Renew Nummer vier. Die sehr weitsichtigen Firmen, die haben schon sehr frühzeitig angefangen, sich sozusagen über alle vier Dinge Gedanken zu machen. Aber dann die meisten Firmen, die waren auch einfach total überwältigt und die sind jetzt noch im Kostensenkungsmodus oder sind da noch gar nicht richtig durchs Unternehmen einmal durchgegangen. Und andere, die sind immer noch total in Schockstarre und die liegen komplett am Boden. Und dann gibt es wiederum andere, die haben schon Szenarien gebaut, wie die Zukunft nach Corona wohl für sie aussehen wird und wie sie jetzt anfangen müssen, ihr Geschäftsmodell umzubauen.

Joel Kaczmarek: So, und jetzt ist ja für mich als Verkäufer dann spannend, wie ich diese ganzen Phasen adressieren muss. Also ich schätze mal, in einer Kostenreduktionsphase oder auch in einer, wo ich noch auf eine Krise reagiere, werde ich wahrscheinlich nicht viel verkaufen, aber vielleicht auch doch. Sag mal, wie stelle ich mich also darauf ein? Wenn ich diese vier Phasen vor der Brust habe und sage, okay, das ist ja auch eine Form von Segmentierung, also ich kann nach Gewinnern, Verlierern, nach Branchen segmentieren oder nach Phase, wo die sich befinden, wie verkaufe ich je nach Phase?

Gero Decker: Also die erste Phase, da muss ich einfach Glück haben, dass ich genau das habe, was der Kunde gerade will. Beispiel, alle Leute gehen ins Homeoffice, ich verkaufe Laptops, super, weil das ist genau das oder Webcams, super, da habe ich gerade Glück gehabt, sollte das noch viel mehr machen und das noch viel mehr an den Mann bringen. Wenn das nicht mein Geschäftsbereich ist und ich gerade nicht Glück gehabt habe, dann kann ich da auch nicht viel machen. Kostensenkungen gibt es auch nur wenige, die dort Produkte und Dienstleistungen wirklich im größeren Stil an den Mann bringen können. Alles klar, was so, also zum Beispiel Einkaufsberatung. Ich berate Unternehmen dabei, wie sie ihren Einkauf besser gestalten können, wie sie besser Rahmenverträge aushandeln, wie sie bei Zulieferern nochmal 10 oder 20 Prozent mehr rausholen können. Das hat jetzt natürlich total Hochkonjunktur. Alle Leute, die in so einem Bereich unterwegs sind, die können sich vor Aufträgen nicht retten. Aber Wenn mein Geschäft nicht inhärent kurzfristig Kostensenkungen ermöglicht, habe ich schlechte Karten. Im IT-Bereich zum Beispiel ist ganz spannend, was sich gerade geändert hat. Wenn ich IT-Produkte anbiete, dann gucken die Leute heute ganz stark darauf, noch viel stärker darauf, wie lange dauert es quasi bis zum Return on Invest. Wenn ich ein Produkt habe, wo ich sage, damit stehe ich in zwei Jahren besser da oder damit stehe ich in zwölf Monaten besser da. ist das nicht mehr gut genug, sondern ich brauche etwas, was mir auf einen Zeithorizont von ein bis zwei Monaten Kosteneinsparungen bringt. Wenn ich das beweisen kann, dann kann ich auch in so einen Account sehr erfolgreich hineinverkaufen, der gerade oder in diesen Use Case reinverkaufen, Kostensenkung. Wenn ich Kosten spare, erst in sechs oder zwölf Monaten, Puh, das wird extrem schwierig. Das packen die Leute alle auf Eis. Alle diese IT-Großprojekte, die werden alle momentan geschoben, weil die Leute sagen, das wirkt sich in drei oder vier oder fünf Jahren positiv für uns aus. Das können wir uns momentan gerade nicht leisten. Wir wissen gar nicht, wie die Welt in drei, vier, fünf Jahren aussehen wird. Wir machen erstmal die Dinge, die sehr viel kurzfristiger sind. Lange Rede, kurzer Sinn. Aus vertrieblicher Sicht, die spannendsten Phasen sind natürlich dieses Thema operative Resilienz und das Thema Renew. Wie kann ich mich für die neue Welt aufstellen? Und das Renew ist noch spannender, weil ich dort natürlich auch ganz neue Produkte, Dienstleistungen sozusagen platzieren kann, an die der Kunde womöglich noch gar nicht gedacht hat. Wo ich wirklich mit ihm auch in einen Dialog, in einen Gestaltungsdialog reingehen kann. zusammen mit dem Kunden quasi seine Zukunft erfinde. Das ist eigentlich wahrscheinlich der spannendste Bereich, wo ich auch den größten Gestaltungsspielraum habe über den Vertrieb. Operative Resilienz, klar, dort kann ich, also jetzt mal für uns gesprochen, ist das natürlich super, diese Zeit, weil unsere Produkte da perfekt drauf passen, sich mit Prozessen zu beschäftigen und sich darüber zu unterhalten, wie man in der Zukunft noch viel schneller Dinge umbauen kann und Notfallpläne umsetzt und so weiter und so fort. Das passt schon. Aber auch, was weiß ich nicht, verkaufe ein Produkt, nehmen wir mal an, für Employee Engagement. Das ist natürlich für so ein Operational Resiliency Thema total super, weil ich damit auch in einem zukünftigen Szenario, wo alle Leute remote arbeiten, womöglich besonders gut tracken kann, ob die Leute gut drauf sind oder schlecht drauf sind oder sich beteiligen oder nicht beteiligen. Das heißt, die Aufgabe hier ist, ein Stück weit zurückzutreten und zu sagen, ich gehe jetzt mal von meiner Ursprünglichkeit, ursprünglichen Value Proposition ein Stück weit einmal zurück und versuche, auf diese vier Phasen gesprochen, neu zu komponieren, wo ich denn gerade reinfalle. Und dann kann man einen sehr guten Dialog mit den Kunden führen, weil jeder lächzt nach Input, jeder lächzt nach Ideen, wie er damit umgehen kann, weil die Krise, die wir momentan haben, gab es in der Form noch nie zuvor.

Joel Kaczmarek: Das ist ja ein ganz gutes Stichwort, sich Konzepte zu überlegen, weil ich muss mir ja quasi auch komplett neue Narrative wahrscheinlich bauen. Das heißt, jetzt würde der geneigte Hörer, wenn man so ein bisschen naiv reingeht, sagen, okay, was ist denn so mein Sales Pitch am Telefon? Und den muss man auf größerer Ebene quasi wie so ein Narrativ, wie so ein USP, die Value Proposition bauen, die dann auf diese Phasen einzahlt. Wie gehe ich da vor? Was mache ich, wenn ich jetzt weiß, okay, Segmente so, Phasen so? Wie erzähle ich meine Geschichte neu?

Gero Decker: Also ich sage es ja immer, Vertriebler müssen schlau sein. Das kann man nicht häufig genug sagen, gerade wenn ich komplexe Produkte und Dienstleistungen habe. Das ist nicht gleich Kugelschreiber verkaufen oder Seife verkaufen, sondern Vertrieb, wenn er gut gemacht ist, ist immer sehr schlau. Heißt in diesem Fall mehr denn je, ich muss signifikant Zeit mit meinen Kunden verbringen in Gesprächen, dieser Tage virtuell. verstehen, was sie umtreibt, verstehen, wo sie heutzutage stehen, wo sie hinwollen, was sind die Sorge, was sind die Nöte. Zweitens, ich muss mehr denn je mich auf dem Laufenden halten. Was treibt die Leute um? Marktstudien, was für Artikel gehen durch die Presse, das Unternehmen, mit dem ich dort gerade rede. Was weiß ich über das? Was ist seit gestern anders? oder was ist seit letzter Woche anders als noch in der Woche davor? Das sind die Dinge, die ich tun muss. Und dann probiere ich, dann teste ich einfach mal verschiedene Narrative aus. Das ist dieses, wir haben ja häufiger darüber schon gesprochen, über den Vertriebsprozess. Also klassisches Modell, wo ich zum Beispiel Active Outreach mache über BDRs oder andere Kollegen. Einfach mal mit verschiedenen Messages an meine Zielgruppe rangehe, einfach mal ausprobiere und Hypothesen teste. Ich sage, keine Ahnung, es gibt fünf Narrative, die ich so im engeren Zirkel habe. Und jetzt versuche ich einfach mal, Leute damit anzusprechen, gucke mir an, was für Response Rates bekomme ich, verstehen die Leute das, was für Gespräche entwickeln sich daraus, geht das weiter, geht das nicht weiter, sind das Leute, die potenziell eher noch Budget haben oder eher noch Interesse haben, sich Dinge anzugucken? oder habe ich vielleicht eine super Narrativ gehabt, aber für Firmen, die gerade, ich sage mal, am Abnippeln sind und überhaupt nicht mehr handlungsfähig sind. Also experimentieren ist ein großes Thema und experimentieren funktioniert zu einem Stück weit auch über Volumen und über Fleiß. Volumen, dass ich nicht nur mit einer Person rede am Tag, sondern idealerweise mit 20 oder mit 50, wenn ich das machen kann. Weil dann kriege ich diese Frequenz, diese Taktung da rein, dann kann ich mein Narrativ schärfen, kann meinen Gesprächsaufhänger sozusagen schärfen. um in die richtigen Dinge auch dann reingehen zu können. Und wie gesagt, das, was vor einem Monat oder vor zwei oder vor drei noch war, kann sein, dass das heutzutage komplett überholt ist und dass ich nochmal neu anfangen muss.

Joel Kaczmarek: Okay, also nah am Kunden sein, narrativ schärfen, quasi auch ausprobieren, testen. Wie steht es um Budgets? Also man kann ja manchmal auch so ein bisschen überlegen, bei wem ist sozusagen das Budget in der Phase vielleicht, attraktiver oder einfacher zu kriegen als woanders, weil man muss ja manchmal tricksen, also das ist ja auch bei unserem Bereich so, keine Ahnung, da gibt es Weiterbildungsbudgets, es gibt Marketingbudgets, Personalbudgets und so weiter und so fort. Macht das einen Unterschied? Also ist es vielleicht sogar schlau, wenn ich mir so eine Renew-Phase angucke oder Build Resilience, dass ich da mal drüber nachdenke, wer ist eigentlich mein Käufer und wessen Budget zapfe ich an?

Gero Decker: Ja, absolut. Also in dieser Krise wird eine Sache offensichtlicher mehr denn je, die aber eigentlich fundamental in diesem Vertriebsprozess drinsteckt. Ich habe die eine Phase, wo ich quasi Demand Generation mache, wo ich quasi die Gespräche aufnehme, Interesse wecke, anfange mit Leuten zu sprechen, Opportunities baue bei den Kunden, sozusagen potenzielles Geschäft kreiere. Ja, eine Sales-Pipeline aufbaue und so weiter und so fort. Das ist alles Demand Generation. Und dort, da haben wir gerade drüber geredet, muss ich mir genau angucken, was sind die Narrative, sind die anders als vorher, wer ist überhaupt jetzt noch empfänglich, wer säuft gerade total ab, wer arbeitet jetzt eigentlich, wer wird von seinen Firmen gerade nach Hause geschickt, ja, auch ein großes Thema. Das ist das ganze Thema Demand Generation. Momentan ist das an manchen Stellen leider total entkoppelt von der Frage, kriege ich diese Sales Opportunities am Ende des Tages auch konvertiert in Bestellung? Weil das passiert natürlich nur, klar, wenn das Produkt sitzt, Value Proposition sitzt und so weiter und so fort, alle das toll finden, aber auch Budgets da sind und Leute am Ende des Tages auch willens sind, die Unterschrift aufs Papier zu setzen. Und da ist momentan gerade so ein Problem, deutet sich an, weil es in vielen Unternehmen, gerade in den großen, noch einen Disconnect gibt zwischen den Leuten, die in den Fachabteilungen spannende Dinge tun und auch spannende Aufgaben haben und das lösen wollen und den Leuten, die am Ende des Tages finale Hoheit über die Budgets haben. In der Vergangenheit war das eher so ein bisschen Cruise Control. Wenn ich einen Case baue, der spannend ist fürs Unternehmen und das macht total Sinn, dann wandelt zwangsläufig irgendwann die Unterschrift drunter. Momentan ist das anders, weil die Controlling-Abteilungen, CFOs holen sich an vielen Stellen momentan sehr viel Macht, sehr viel Kontrolle wieder zurück und sagen, ja, das ist schön und gut, dass ihr hier arbeitet, aber am Ende des Tages kann es sein, dass wir dem allen einen Riegel vorschieben und sagen, wir machen hier einen Spend-Cut. Es gibt jetzt keine neuen Ausgaben, die wir nicht letzte Woche schon hatten. Die werden alle abgeschnitten. Und das überrascht dann Fachabteilungen zum Teil auch. Auf einmal, alles läuft grün, alles sieht gut aus. Es muss nur noch die Unterschrift drunter. Auf einmal kommt die Ansage, alles eingefroren für die nächsten 30 Tage, für die nächsten 60 Tage unterschreiben wir hier gar nichts, weil dann wissen wir erst, wie die Welt sich weiter dreht und dann können wir Freigaben für neue Ausgaben entsprechend kontrollieren. Long story short, die Projekte, Initiativen, die ganz weit oben im Unternehmen aufgehangen sind, die beim CEO laufen, beim CFO laufen oder anderen C-Level-Leuten laufen, die leiden momentan am meisten, weil die sind meistens die größeren Pakete. und die, wo Top-Management die volle Sichtbarkeit darauf hat, was dort passiert und die typischerweise schon sehr früh entschieden haben, ob das durchläuft oder nicht durchläuft. Und dieser Tage läuft sehr viel nicht durch, sondern wurde ganz viel geschoben. Wird gesagt, in sechs Monaten gucken wir uns das nochmal an. Für den Moment ist es nice to have, in sechs Monaten gucken wir uns das nochmal an und machen dann weiter. Die auf der Fachabteilungsebene, Also wo ich in großen Unternehmen, sagen wir mal, über so Beträge rede, 25.000 Euro, 50.000 Euro, 100.000 Euro, 200.000 Euro. Das sind die Dinge, die aus Top-Management-Sicht so ein bisschen unterm Radar fliegen häufig. Die laufen einfach so durch. Wir haben es in vielen Unternehmen gesehen, dass die ihre Kosten oder ihre Bestellverhalten, die waren noch gar nicht schnell genug. dass die neuen Regeln in der Fachabteilung angekommen sind. Das heißt, man sieht es in manchen Firmen, dass man sich unglaublich beeilen muss. Und das muss man seinen Ansprechpartner beim Kunden auch sagen, zu sagen, ihr müsst euch auch beeilen, weil wir glauben, was wir in anderen Firmen sehen, dass in spätestens zwei oder drei Wochen wird hier ein fieser Riegel vorgeschoben, vor alles, was passiert. Und ihr seid die Leidtragenden, weil ihr wollt es ja eigentlich haben, sonst würden wir ja gar nicht reden. Wir sind die Leidtragenden, weil wir nicht zu Geschäft kommen. Deswegen müssen wir jetzt in den nächsten fünf Tagen, in den nächsten zehn Tagen zu einem Abschluss kommen, weil sonst sind diese Budgets Schall und Rauch und diese Freigabe existiert nicht.

Joel Kaczmarek: Weißt du, warum man das erkennen kann? Also im Prinzip haben wir jetzt zwei Sachen von dir gelernt. Das eine ist, wenn ich Budgets habe, die sehr strategisch aufgehangen sind, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass ich da sehr viel Hassle habe, weil die sind sehr groß, sehr sichtbar und damit sehr oft aus dem Spiel genommen gerade. Wenn ich auf der Department-Ebene bin, habe ich quasi so eine Sanduhr, die läuft, weil du sagst, das kaskadiert sich nach unten irgendwann durch. Wie erkennst du von außen, was für ein Budget du da gerade anzapfst und ob du dich beeilen solltest oder nicht?

Gero Decker: Das ist ganz schwer. Man kann mit den Kollegen vor Ort reden, ob sie schon Anzeichen sehen an anderen Stellen im Unternehmen, dass dort eine Welle schon durchgelaufen ist oder ob es dort intern schon klare Kommunikation gab. Wenn es noch keine Kommunikation gab, wenn es noch keine Anzeichen gab an anderen Stellen, dass dort was angehalten wurde, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass dieser Schritt noch kommt. Wie gesagt, dann ist die Wahrscheinlichkeit sehr, sehr hoch. Wenn an anderen Stellen schon 50 Dinge angehalten wurden in ähnlicher Größenordnung und direkt neben einem schon Dinge angehalten wurden, aber das eigene Projekt noch nicht, dann sieht es fast besser aus, weil irgendeinen Grund muss es ja geben, dass das eigene Projekt, die eigene Initiative noch läuft und die anderen Dinge schon gestoppt

Joel Kaczmarek: sind. Was man aber unterm Strich auch mitnimmt, ist, dass man eigentlich den Zyklus, mit dem man verkauft, verkürzen muss. Also wenn du sagst, es gibt eine Möglichkeit, dass da eine Sanduhr am Laufen ist und überhaupt, man weiß ja eigentlich gar nicht, was morgen ist, das ist ja auch so ein bisschen ein Kernproblem von der Krise, dann muss ich mich ja eigentlich beeilen. Wie kriege ich das hin, dass ich meinen Sales-Cycle verkürze?

Gero Decker: Sales Cycle verkürzen ist übrigens nicht nur etwas, was in der Krise wichtig ist. Das ist immer wichtig, weil ich weiß nie, was morgen ist. Momentan ist die Unsicherheit noch höher, aber selbst in Nicht-Krisenzeiten weiß ich nicht, ob mein Ansprechpartner in einem Monat seinen Job noch hat. Ob vielleicht nicht die Quartalszahlen total schlecht sind und auf einmal ein Kostensenkungsprogramm umgesetzt wurde. Ob nicht übermorgen ein Merger ansteht oder eine Akquisition ansteht und dann ist alles on hold, weil dann wird erstmal alles re-evaluiert. Das weiß man nie. Deswegen ist ein wichtiger Punkt immer, dass ich meine Vertriebszyklen möglichst kurz halten muss und alle Beteiligten anhalten muss, dort hinzukommen. Und die wichtige Nachricht dort ist immer zu sagen, man muss sich immer klar werden und das muss man dem Kunden auch sagen, dass im B2B-Verkauf, sitzt der, der es kaufen will und der, der verkauft, wir sitzen im gleichen Boot. Wir beide wollen das ja, sonst würden wir nicht reden. Und wir müssen jetzt gemeinsam alles tun, quasi deine Maschinerie, die in deinem Unternehmen unterwegs ist, mit Einkauf und dem und das und Steering Committee und das und das und das und das. Das müssen wir zusammen möglichst gut orchestrieren, dass uns beiden dort keine blöde Überraschung morgen passiert. Also das ist immer das Wichtigste. Mein Champion, mit dem ich dort unterwegs bin, der ist sozusagen meine Eyes and Ears, meine Augen und Ohren innerhalb der Organisation. Den muss ich antreiben, den muss ich helfen, den muss ich erklären, wo er welche Informationen im Unternehmen abgreifen kann, wo wir wie was beeinflussen können gemeinsam. Und dann schaffe ich das auch, da möglichst durchzukommen.

Joel Kaczmarek: Was ist mit dem Zoom-Weg, wo du sagst, warum macht ihr mir solche Geschenke? Ihr verschiebt das alles nach hinten raus. Ist es sozusagen auch ein gangbarer Weg gerade, das Sales-Cycle zu verkürzen, indem ich Rabatte einräume, indem ich Optionen ermögliche mit später Zahlen? Oder macht das Sinn oder schießt man sich damit in den Fuß?

Gero Decker: Ne, kann man auch machen. Also mal ein Beispiel. Was du zum Beispiel immer sehr einfach machen kannst, ist Exit-Klauseln einzubauen. Stell dir vor, du verkaufst ein Software-Produkt. Wir sind uns handelseinig, wir machen heute den Abschluss, aber du, lieber Kunde, du kriegst für die ersten 30 oder 60 Tage quasi eine Rücktrittsklausel. Dass egal was passiert, du musst es nicht begründen, kannst du komplett von der Bestellung zurücktreten. Alles Geld, was du bisher bezahlt hast, kriegst du wieder zurück. Rein rechtlich gesehen oder wie es aus steuerlicher Sicht gemacht ist, solange du so eine Excel-Klausel drin hast, ist es so, als wäre die Bestellung fast gar nicht da. Solange der Kunde davon zurücktreten kann, hat das Ganze halt noch nicht so richtig Hand und Fuß. Es ist in den Büchern nur so halb angekommen so ungefähr. Und das ist ja aus einem Grund, weil das Commitment ja noch nicht da ist. Du kannst noch gar nicht sicher sein, ob das weiterläuft oder nicht. Insofern, klar, du kannst es machen, um quasi so eine Art psychologisches Commitment des Kunden abzuholen. Die Hürde, einen Vertrag, den ich eingegangen bin, wieder zu canceln, ist natürlich wesentlich höher, als eine noch nicht eingegangene Bestellung nicht auszulösen. Das stimmt. Aber wenn ich aus Vertriebsmechanik das angucke, muss es eigentlich sich psychologisch für den Kunden ähnlich anfühlen im Idealfall. Du willst ja in deinem Vertriebszyklus auch schon an verschiedenen Stellen quasi das verbale Commitment vom Kunden eingeholt haben, um es für ihn schwierig zu machen, hinterher dann doch nicht zu bestellen. Also lange Rede, kurzer Sinn. Ist das eine gute Idee, Excel-Klauseln einzubauen, um Dinge zu beschleunigen? Vielleicht ja, vielleicht nein. Ich bin da so ein bisschen skeptisch. Also auf jeden Fall für einen breiten Einsatz würde ich das nicht empfehlen. Ja klar, das ist halt, wenn ich beim Kunden kein Compelling-Event habe, dann versuche ich künstlich eins zu schaffen, indem ich dir sage, wenn du bis Freitag bestellst, kriegst du es 10% günstiger. Dann habe ich quasi ein Compelling-Event geschaffen, dass du innerhalb dieser Woche noch handeln musst. Das ist ein üblicher Trick, der zum Quartalsende oder zu irgendwelchen künstlich gesetzten Zeitpunkten immer gemacht wird und das ist nicht krisenabhängig. Also insofern würde ich jetzt mal behaupten, jede Vertriebsorganisation, die ordentlich gebaut und geführt ist, die nutzt solche Mechanismen sowieso. Und das ist jetzt nicht irgendwie ein zusätzlicher Trumpf, den ich im Rahmen einer Krise auf einmal ziehen kann.

Joel Kaczmarek: Hervorragend. Kannst du so abschließend vielleicht nochmal sagen, was sind die wichtigsten Hausaufgaben, die man in der Krise beim Verkaufen machen sollte? Also einmal so zusammengefasst, weiß ich nicht, die Top Five, Do's und Don'ts. Was würdest du da, wenn dich jemand jetzt beim Kaffee trinken, ich würde sagen bei der Cocktailparty, da darf man ja nicht mehr hingehen, treffen würde? Was wären so auf die Schnelle deine Hausaufgaben, wo du sagst, das muss unbedingt sitzen?

Gero Decker: Also Punkt Nummer eins, kenne deinen Kunden. Versuch, so nah dran zu sein, wie nur irgendwie möglich. Zweitens, baue noch viel stärkere Beziehungen auf zu deinen Ansprechpartnern. Die sind dafür in solchen Zeiten auch unglaublich offen und sehnen sich danach. Drittens, wenn du in Vertriebsprozessen momentan drin bist, versuche das zu beschleunigen, wie es nur irgendwie geht. Einen kleineren Deal vorziehen, gemeinsame Sachen machen mit dem Kunden und so weiter und so fort. Flexibel zu sein, denn Zeit tötet in solchen unsicheren Zeiten. Und viertens, achso, das hätte ich wahrscheinlich am Anfang gleich sagen müssen, passt dein Narrativ, passt deine Story, deine Value Proposition an auf die typischen Pattern, die du bei deinen Kunden entdeckt hast.

Joel Kaczmarek: Super, passt eigentlich. nochmal abschließend ein bisschen, haben wir noch gar nicht drüber geredet, aber so als Abschluss vielleicht ganz nett aus dem Nähkästchen geplaudert, wo ihr eigentlich steht, also wenn du dir die vier Phasen anguckst, vielleicht kannst du ja mal so einen ganz kurzen Signavio-Corona-Abriss geben, wie ihr euch quasi auch im Verkauf umgestellt habt, wo ihr jetzt steht.

Gero Decker: Also wir haben Mitte März angefangen, also als die ersten Lockdowns sozusagen, wo die ersten Beschränkungen umgesetzt wurden hier in Deutschland und anderen Ländern. Dort haben wir uns angefangen, Gedanken drüber zu machen, was treibt unsere Kunden um, haben versucht, Kundenstories zu sammeln, um auch Cases zu bauen, wie verändert sich das Verhalten unserer Kunden im Rahmen der Krise. Als Gesprächsaufhänger, aber auch um zu verstehen, wie sich unsere Value Proposition ändern muss. Wir haben zum 1.4. etwas gelauncht, das nennt sich COVID-19 Response Package. Wir haben für Prospects ein kostenloses Paket gemacht, wo die Leute quasi als Extended Trial loslegen können und sich um den Einkaufsprozess später kümmern können. Haben wir natürlich getaktet, wie sowieso unser Biorhythmus im Vertrieb aussieht. Das heißt, es kommt dem Zyklus zugute. Und dann sind wir damit losmarschiert. Und was natürlich die Leute auch immer toll finden, ist Emotionalität und Stories. Stories, Anekdoten, War-Stories, die lieben die Leute. Und wenn du natürlich dann zum Beispiel zeigen kannst, wie du hilfst, zum Beispiel Covid-19, klinische Pfade in den Krankenhäusern mit zu organisieren, Krankenhäusern hilfst, zusammenzuarbeiten und ihre Kräfte zu bündeln in solchen Themen und wieder deine Produkte und deine Technologie dabei hilft, Menschenleben zu retten und jeden Tag schlauer zu werden im Umgang mit der Krankheit, dann sind das natürlich Dinge, die super sind und sich super transportieren lassen. zu den Kunden.

Joel Kaczmarek: Hervorragend, denn vielen Dank für den spannenden Einblick aus der Praxis und dass du so hands-on, das ist mal geil, muss man ja mal sagen, heute angefangen darüber zu reden, 30 Minuten Anleitung zu verkaufen in der Krise. Also dafür vielen, vielen Dank, war sehr, sehr super wie immer und ich freue mich aufs nächste Mal mit dir.

Gero Decker: Ebenso, bis zum nächsten Mal, ciao.

Joel Kaczmarek: Und bleib gesund.

Gero Decker: Und bleib gesund, absolut.

Joel Kaczmarek: Ja.

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