Die richtige Incentivierung im Vertrieb einsetzen

4. November 2020, mit Joel KaczmarekGero Decker

Dieses Transkript wurde maschinell erstellt. Wenn dir ein Fehler auffällt, schreib uns gerne zu diesem unter redaktion@digitalkompakt.de.

Joel Kaczmarek: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen The Art of Sales Podcast von Digital Kompakt. Mein Name ist Joel Kaczmarek, wie immer an meiner Seite der Treue, Gero Decker. Hallo Gero, schön, dass du da bist. Wir reden heute über Incentives. Also, wie kann ich meine Sales Crew inzentivieren, alles zu geben? Das ist ja per se schon ein bisschen gegeben, sicherlich durch KPIs, die man erfüllen soll und die damit verbundenen Provisionen. Aber man kennt das ja aus ganz vielen Filmen auch und Serien, da gibt es ja manchmal die lustigsten Dinge, wie man Sales Leute irgendwie inzentiviert. Und ich habe es auch schon öfters gehabt, dass ich in Büros gegangen bin. Ich weiß noch damals von dem Philipp Magin, der hatte damals so eine Tischreservierungsplattform. Den habe ich dann mal getroffen, weil wir irgendwie über ein Interview reden wollten. War in diesem Büro und da hing überall an den Wänden so Sales Employee of the Month, irgendwelche sozusagen Tabellen, mit welcher Sales Guy den meisten Umsatz gemacht hat und und und. Also das ist sozusagen die Welt, in die ich heute mit dir abtauchen will. Bei euch habe ich sowas noch nicht gesehen, oder? Habt ihr einen Sales Boiler Room irgendwo?

Gero Decker: Du wirst lachen. Es hängt nicht physisch an der Wand, aber du wirst Dashboards auch sehen, auch mit Namen und wo du genau stehst.

Joel Kaczmarek: Sehr gut. Also heute werden wir also über Incentives reden, nicht monetäre sowie monetäre. Wir werden darüber sprechen, was davon sollte man strukturell aufsetzen und wo machen vielleicht Sonderaktionen Sinn. Und wenn man ein bisschen darüber nachdenkt, merkt man, dass man auch über so Dinge wie Transparenz und Fairness reden sollte und natürlich auch über Konflikte. Weil es ist ja auch nicht so ganz einfach in so einer Firma, wenn eine Abteilung da mit irgendwie attraktiven Boni versehen wird und die anderen vielleicht nicht. So, that being said, fang mal bodenständig an. Was würdest du sagen, wie soll ich eigentlich Inzentivierung ausrichten? Also was will ich inzentivieren, ist vielleicht die Grundfrage, die ich vorweg stellen sollte, oder?

Gero Decker: Genau, also wie das typischerweise funktioniert ist, ich gehe in ein neues Jahr rein, jetzt kommt demnächst 2021 um die Ecke, da überlege ich mir natürlich erstmal als Firma, was will ich erreichen, wo will ich hin, was sind so meine Ziele, was sind die wichtigsten Dinge, die für mich als Firma Sinn machen? und dann typischerweise so im November, Dezember geht es dann los, die sogenannten Comp-Pläne, Compensation-Plans zu bauen. Das sind genau diese schönen drei- bis zehnseitigen Dokumente. Kann sehr, sehr komplex werden, wo man quasi darlegt, wie sich für das nächste Jahr der Bonus für jeden einzelnen Mitarbeiter oder für den jeweiligen Mitarbeiter berechnet. Und im Sales-Bereich haben wir schon mal darüber geredet, es ist nicht untypisch, einen 50-50-Split zu haben von einem Gehalt her, das heißt 50%. Deines Gehalts ist ein Fixum, egal wie gut oder schlecht du deinen Job machst. Die anderen 50% gibt es, wenn du 100% deiner Ziele erfüllst. Dementsprechend weniger, wenn die Ziele nicht erfüllt werden. Dementsprechend mehr, wenn du einen ganz besonders guten Job gemacht hast.

Joel Kaczmarek: Läuft man auch ein bisschen Gefahr, dass wenn ich sozusagen über Geld hart inzentiviere, dass ich auch so Ellenbogenmentalität schaffe eigentlich?

Gero Decker: Naja, es soll natürlich so gebaut sein, dass du keine internen Konflikte kreierst oder keinen internen Wettbewerb sozusagen, keinen ungesunden internen Wettbewerb. Da haben wir das Thema Territory Planning. Ich glaube, da haben wir auch schon mal drüber gesprochen. Du kannst ja vielleicht verlinken die Folge, wo wir darüber gesprochen haben. Da geht es darum, natürlich ganz klar zu machen, welcher Kollege kümmert sich eigentlich um welchen Kunden. Und das lässt sich für die meisten relativ trennscharf definieren. Zum Beispiel das Land, wo der Kunde sitzt, wird dann einem entsprechenden Team zugeordnet und innerhalb des Teams definiert. Keine Ahnung, nach Branche oder nach Namen oder wie auch immer. Und dann die Frage, wie gehe ich mit den Konflikten um? Also stellen wir uns jetzt vor, eine Robert Bosch GmbH, die in allen Herrenländern sitzt. Wie verteilt sich das dann, wenn dort verschiedene Kollegen hoffentlich gemeinsam an einem Strang ziehen, um an den verschiedenen Standorten dort mit diesem Kunden zu arbeiten?

Joel Kaczmarek: Gut, tauchen wir mal ein. Nicht monetär versus monetär. Was wären so typische non-monetäre Inzentivierungen, von denen du gelernt hast, dass sie funktionieren? Oder vielleicht sagst du ja auch gerade, nicht monetär funktioniert gar nicht.

Gero Decker: Also das Allerwichtigste sind, muss man ganz klar so sehen, im Vertrieb monetäre Anreize. Also man kennt das vielleicht aus der Entwicklung oder anderen Bereichen, wo ich über die tollsten Dinge Leute motivieren kann. Ich gebe dir mehr Verantwortung, kannst dir einen Namen machen, kannst dir ganz viel gestalten, du bekommst ganz viel Ruhm und Ehre außerhalb der Firma und wir stellen dich aufs Podest und so weiter. Die meisten dieser Dinge, meiner Erfahrung nach, funktionieren im Vertrieb nicht. Und das ist einfach nicht das, was die Leute typischerweise, gucken die Leute aufs Geld und gucken sich an, was muss ich tun, um möglichst viel auch mit am Ende des Tages mit nach Hause zu nehmen. Also es geht ganz klar um das Thema Cash Compensation. Klar, es gibt so verschiedene zusätzliche Benefits, die es vielleicht geben kann, aber da können wir gleich nochmal einsteigen. Verschiedene Mechanismen, die man auch so übers Jahr, sage ich mal, sich dann noch zusätzlich ausdenkt, um das Geschäft in eine gewisse Richtung zu treiben. Aber nicht monetäre Geschichten funktionieren meiner Erfahrung nach eher schlecht. Und das Einzige, was nochmal dort raussticht, ist genau, wie du es schon gesagt hast, dieses Employee of the Year, Employee of the Month. Ich will natürlich in meiner Zunft oder mindestens mal in meiner Peergroup, wenn ich da ein bisschen rausstechen kann, finde ich das natürlich toll. Und dort kann man natürlich verschiedene Tricks auch anwenden, dass nicht nur die alten Nasen, die schon seit vielen Jahren sozusagen produktiv sind und jedes Jahr wieder dieses Ding einheimsen, dort was abbekommen. sondern natürlich auch sowas wie Rookie of the Year oder sowas, oder New Employee of the Month oder so, wo Leute sozusagen am Anfang schon besonders viel Traction entwickeln, einen besonders guten Job machen, dass ich dort auch verschiedene Kategorien schaffe, dass auch gerade neue Mitarbeiter eine Chance haben, dort mitzumachen.

Joel Kaczmarek: Ich muss gerade daran denken, ich weiß noch, als Movinga so seine Hochphase hatte, also diese Umzugsplattform, war ich mal da und war auch im Sales-Bereich und die hatten auch solche Leaderboards an den Wänden auf Monitoren live mit Cash-Umsatz und die hatten so einen Pokal, also wirklich so einen plumpen, wie du es aus dem Kegelverein kennst, hässlichen Pokal. Das war der Wanderpokal und der war aber ein bisschen größer, also der hatte so die Größe von einer großen Vase oder einer Karaffe so, ungefähr, weiß ich nicht, 40 Zentimeter hoch und derjenige, der im Monat am besten performt hat, hat den Pokal gekriegt und ich glaube irgendwie eine Cash-Komponente und das hat die Leute echt getrieben.

Gero Decker: Oder lustig in den USA, dort kommt ja jeder mit dem Auto zur Arbeit, dort kriegt dann der Employee of the Month den Parkplatz direkt neben dem Eingang und da steht dann auch sein Name auf diesem Parkplatz drauf für den Monat. Das funktioniert in Deutschland nicht so gut.

Joel Kaczmarek: Ja, aber das ist schon ein bisschen erschreckend eigentlich, oder? Ist das so eine Spezies Mensch, dass man so Ego und Geld fixiert?

Gero Decker: Schon ein bisschen, ja.

Joel Kaczmarek: Gut, also ich lerne. Viel Verantwortung tragen, Ruhm und Ehre oder mit tollen Kunden arbeiten können, nicht so wichtig, sondern eher Personen ins Zentrum stellen, sie leuchten lassen oder halt Cash. Okay, gut. Gehen wir mal zu Cash. Monetäre Anreize. Was sind denn dann, also klar kannst du sagen Boni zahlen, aber was ist sozusagen, an was denkst du sonst, wenn du über monetäre Incentives nachdenkst?

Gero Decker: Also wir können ja vielleicht Boni nochmal durchdeklinieren, bevor wir zu den anderen Themen kommen. Wie wird das überhaupt definiert? Dort die wichtige Frage, was willst du denn eigentlich als Outcome treiben für dich als Business? Und daran sollte dann auch idealerweise dieser Bonus hängen. Weil man kann ja alles Mögliche inzentivieren. Man kann sich tausend Metriken ausdenken, aber am Ende des Tages läuft man immer die Gefahr, dass ja auch, wenn ich eine Metrik optimiere irgendwie eine komische Stilblüte entsteht, dass irgendwie drei andere Dinge total negativ beeinflusst sind. Das ist ja mal das Doofe, wenn ich sozusagen versuche, auf einige wenige Metriken zu optimieren. Deswegen im Vertrieb ist ganz normal, es geht um Umsatz und das kommt dann sozusagen nur in kleinen, unterschiedlichen Flavoren, wie das gemacht wird. Also zum Beispiel wird, also nehmen wir mal an, es geht um ein Abonnementgeschäft, werde ich dort inzentiviert auf den Erstjahresumsatz oder werde ich dort stärker inzentiviert, wenn ich zum Beispiel ein 2- oder 3-Jahres-Commitment vom Kunden schon bekomme? Wird das sozusagen stärker bewertet? oder wird stärker bewertet, ob der Umsatz von einem Bestandskunden kommt und dort einfach eine Erweiterung stattfindet? Oder ob der Umsatz zum Beispiel von einem neuen Kunden kommt, der bisher nicht im Kundenportfolio drin war? Also diese Dinge muss man sich ausdenken, aber im Kern geht es um Umsatz. Oder auch nochmal kleine Details, gerade im Lizenzgeschäft ist es spannend, da gibt es häufig sowas wie Rahmenverträge, die aber dann vom Kunden überhaupt erstmal abgerufen werden müssen. Wo sozusagen dann ein Kontingent vereinbart wird, aber dann nutzungsbasiert abgerechnet wird zum Beispiel, ist dann wieder die Frage, was inzentiviere ich? Sozusagen das Kontingent, dass ich dort die Möglichkeit verkauft habe an den Kunden, dass er 500 Einheiten X abrufen kann. Oder wird tatsächlich inzentiviert, dass er von diesen 500 verkauften Dingern auch 100 oder 200 oder 400 abruft. Das kriegt natürlich dann eine gewisse Eigendynamik, weil in dem einen Fall bin ich sehr abschlussorientiert. Wenn der Vertrag da ist, ziehe ich sozusagen weiter. Darauf ist meine Arbeitsweise optimiert. In dem anderen Fall, wo er dann diese Einheiten auch abrufen muss, dann setze ich mich natürlich da noch viel verstärkt hin. Nach dem Vertragsabschluss, dass der Kunde auch tatsächlich diese Leistung abruft. Dadurch definiere ich natürlich auch ein Stück weit die Rolle des Vertriebskollegen und wie weit er geht. Und dann gibt es noch so ein paar andere Details, zum Beispiel, wann zahle ich den Bonus eigentlich aus? Wird der voll ausgezahlt oder voll angewendet in dem Moment, wo der Vertrag unterschrieben ist? Oder halte ich den Bonus zum Beispiel zurück, bis der Kunde tatsächlich bezahlt hat? Und das kann dann womöglich ein, zwei, drei Monate dauern. Und es kann mal so besser sein, mal so besser. Ja, also gerade wenn die, ich sag mal so die Finanzprozesse,Rechnungsstellung, Geldeintreiben und so weiternicht so richtig rund läuft,da kann man natürlich auch sehr viel interne Friktionkreieren, indem man sagt, du Vertriebler,du hast zwar einen schönen Deal geschossen,aber der Kunde bezahlt drei Monate lang nichtund der sagt, Ja, warum soll ich denn leiden, wenn unsere Buchhaltung es nicht hinkriegt, an die richtige Adresse die richtige Rechnung zu schreiben? Was hat das denn jetzt mit mir zu tun? Und muss man sich nur klar werden, diese vielen, vielen Details haben häufig Auswirkungen in die eine oder andere Richtung. Also das sozusagen zu der Definition des Bonus. Grundregel, je weniger Metriken ich mir angucke, desto besser. Je einfacher ich das halte, desto besser, weil dann ist es auch verständlich für alle Beteiligten und dann kann man sich auch sozusagen immer vor Augen führen, was optimiere ich denn jetzt hier eigentlich gerade in meiner Firma. Und was sind dann auch womöglich die Dinge, die hinten runterlaufen? Beispiel, ich inzentiviere jeden Euro Umsatz gleich, egal ob es ein Neukunde ist oder Bestandskunde. Naja, was wird dann passieren? Dann werden die Vertriebskollegen wahrscheinlich mehr Zeit mit den Bestandskunden verbringen, weil das weniger anstrengend ist als mit den Neukunden. Darüber muss man sich einfach nur im Klaren sein.

Joel Kaczmarek: Ja, das ist lustig. Da merkt man mal, was für Steuermechanismen man da hat. Was du gerade auch erwähnt hattest mit dem Auszahlen der Boni, wie habt ihr das denn gelöst? Also wie geht ihr da vor? Kriegt man das, sobald die Unterschrift da ist als Sales-Mitarbeiter bei euch oder erst, wenn der Kunde bezahlt hat, so eine Zwischenlösung? Wie macht ihr das?

Gero Decker: Ich glaube, das hat sich über die Jahre verändert. Wir hatten lange Zeit das so, dass einfach bei Vertragsunterschrift 100% des Bonus quasi fällig wird. Und auch wichtig, Bonusabrechnungen jeden Monat zu machen. Also ich will sozusagen heute den Deal abgeschlossen haben und mit der Payroll eine Woche später will ich den Bonus schon auf meinem Konto haben. Je mehr instantaneous das ist, desto motivierender ist das auch für Leute. Spannend, es gibt auch hier diese, du kennst ja bestimmt diese Multi-Level-Marketing-Geschichten, diese windigen Vertriebsmodelle. Und da gibt es tatsächlich welche, die werben. Die werben als USP damit, nicht, dass sie ein besonders tolles Produkt haben oder dass du besonders attraktive Provisionen hast. Nein, die werben damit, dass du innerhalb von fünf Minuten nach Vertragsabschluss das Geld auf deinem Konto hast. Da sieht man mal, das ist zumindest für manche Leute, wie nennt man das, instantaneous gratification oder so. Die Dopamin, die unmittelbare Dopaminausschüttung oder was da auch immer hier mit stattfindet im Körper, dass das total wichtig ist. Wie haben wir es gelöst? Ich glaube, wir haben es in den letzten paar Jahren immer wieder umgestellt. Zwischenzeitlich, das letzte Mal, als ich reingeguckt habe, hatten wir ein 50-50-Modell, 50% bei Vertragsabschluss, 50% bei Geldeingang. Ehrlicherweise haben wir das, glaube ich, nicht so umgesetzt, sondern nur als sozusagen Druckmittel. Genutzt, dass wenn der Vertriebler sich besonders doof anstellt, zum Beispiel nach dem Vertragsabschluss, sich den Buchhaltungskollegen nicht hilft, irgendwie eine vernünftige Bestellnummer vom Kunden zu bekommen. Da gibt es ja manchmal die blödesten Details, an denen es dann hängt, dass ich keine vernünftige Rechnung stellen kann oder die Datenqualität nicht stimmt. Ja, so klumpes Beispiel, es gibt in Deutschland Aldi Nord, Aldi Süd und in den Systemen ist dann aber das falsche Aldi eingetragen. Versuch mal da deinem Geld nachzulaufen, das verzögert den Geldzufluss um bestimmt sechs bis neun Monate, wenn es sich ums falsche Aldi handelt. Finde das erstmal raus. Und die Kollegen bei Aldi machen sich natürlich einen Spaß daraus, dass es gerade ums falsche Aldi geht.

Joel Kaczmarek: Gut, aber passender Zeitpunkt, also jetzt haben wir darüber geredet, wie ihr Auszahlungsmechanismen macht. Wie steuerst du denn noch die Cash-basierten Inzentivierungen? Also was du gerade gesagt hast mit Umsätze nicht gleich sozusagen attraktiv machen, also Neukunden attraktiver setzen als Bestandskunden. Gibt es noch weitere Metriken, die du da irgendwie vorgibst?

Gero Decker: Gerade dieses Thema Neukunden versus Bestandskunden ist natürlich ein ganz, ganz wichtiges. Kannst du über verschiedene Faktoren gehen, dass einfach ein Euro Umsatz von einem Neukunde 50% mehr gibt als von einem Bestandskunden, Beispiel. Oder dass du zum Beispiel sagst, für jedes Quartal, wo du mir mindestens x neue Kunden lieferst, x New Logos, dann gibt es sozusagen eine extra, keine Ahnung, x.000 Euro Bonus obendrauf, wenn du dieses zusätzliche Ziel geschafft hast.

Joel Kaczmarek: Ein bisschen Gamification-mäßig klingt das. Kriegst du so eine Sonderdublette an.

Gero Decker: Ja, und das Tollste ist, das wusste ich gar nicht, dass es so was gibt. Es gibt extra Tools, extra Softwareprodukte dafür, die Sales Commission Management machen. Weil das, erstens willst du es richtig machen und wenn die Mannschaft größer wird, wird das auch ein bisschen komplexer. Aber die wichtigste Funktion in diesem Tool ist, dass du als Seller selber mit den Zahlen rumspielen kannst, um zu sehen, wann irgendwelche Zusatzboni zum Beispiel reinkicken. Oder ob jetzt ein bestimmter Deal, den du gerade verhandelst, wenn du den in die eine oder andere Richtung massierst, dir bei deinem Bonusschema besonders viel zugutekommt oder nur ein bisschen.

Joel Kaczmarek: Ja, aber ich muss trotzdem so ein bisschen daran denken, früher, ich habe jetzt immer Ducktails geguckt mit den Pfadfindern und dann konnten die sich doch mal bei Prüfungen so ein Abzeichen annähen. So ein bisschen ist das auch so. Ich habe dieses Jahr fünf neue Logos und so und so viel Umsatz gemacht. Crazy.

Gero Decker: Aber das Spannende ist halt, es geht am Ende des Tages vor allen Dingen ums Geld. Die Optimierungsfragestellung des Vertriebers, wie kann ich das auch maximieren?

Joel Kaczmarek: Aber interessanter Hinweis gerade, den du gegeben hast, mit diesen Sales-Provision-Softwares. Wie finde ich sowas? Oder gibt es so drei, vier Standard-Anbieter? Wie hast du die gefunden?

Gero Decker: Also ich kenne jetzt nur das. Ich habe selber das nicht gesucht. Ich kenne nur das, was wir benutzen. Das nennt sich Exactly. Und das ist so ein Plug-in in die typischen CRM-Systeme. Es saugt sich da die Daten an, sozusagen über die Contracts oder die Purchase-Orders, die da durchgelaufen sind. Und dort kannst du dann konfigurieren quasi die Incentive-Pläne für jeden einzelnen Mitarbeiter. Dann hat da jeder einen Zugang.

Joel Kaczmarek: Was ist mit anderen Benefits, die monetär sind, aber jetzt nicht unbedingt Cash sind?

Gero Decker: Genau, also es gibt sogenannte, achso, es gibt Sonderboni, die Cash sind erstmal, die nennen sich Spiffs, schreibt man S-P-I-F-F, fragt mich nicht, wofür das steht, Special Purpose Incentive, I don't know, kann man mal recherchieren. Auf jeden Fall heißen die Spiff. Spiff, die Idee ist, dir fällt sozusagen mitten im Jahr auf, dass es ja total toll wäre, irgendwie nochmal einen extra Effort in die eine oder andere Richtung zu machen. Und du lobst dann quasi einfach Sonderkarotten aus. Du sagst, lieber Vertriebler, ich weiß, du hast schon deine 125% Zielerfüllung und ich merke, da geht so ein bisschen das Energielevel runter. Du kriegst sowieso mehr Provision, wenn du 150% machst, aber ich hänge dir jetzt noch eine extra Möhre vor die Nase. Das ist nochmal ein Spiff, wenn du auf 150% kommst. Oder wir stehen als Firma vor einem wichtigen Meilenstein, x Millionen Euro Umsatz, Grenze ist vor der Nase und wir wollen das dieses Quartal oder dieses Jahr noch erreichen. Also lobe ich für einen gewissen Teil der Mannschaft oder für alle vielleicht sogar einen Sonderbonus aus, so nach dem Motto, wenn wir das Ziel erreichen, gibt es für alle einen Sahneschlag obendrauf und dass dann alle darauf hinlaufen können. Also meistens etwas sehr, sehr einfach definiertes, entweder ein bestimmter Kunde oder ein bestimmtes Umsatzziel oder eine Anzahl von Kunden und einen Eurobetrag X, den es dann gibt.

Joel Kaczmarek: Also ich kann dir sagen, man buchstabiert es teilweise mit Doppel-F und mit einem F, also es gibt beides.

Gero Decker: Siehst du, wieder was gelernt.

Joel Kaczmarek: Ja, und es steht ausgeschrieben für Sales Performance Incentive Fund.

Gero Decker: Wieder was gelernt.

Joel Kaczmarek: Ja, ich sehe schon, ich mache hier mal so ein kleines Sales-Lexikon. Manchmal sogar mit V auch geschrieben, warum auch immer, ja. Aber ist interessant, also ist wohl schon sehr, sehr alt. Noch vor 1900, 1859 sehe ich es hier als erstes Mal als Slang Directory. So viel zu unserer kleinen Wikipedia-Recherche hier. Gut, verstanden. Also du hast sozusagen deine regulären Boni, dann diese Spiffs. und was ist mit non-monetären? Also monetär, aber nicht Cash.

Gero Decker: Genau, also dann kannst du natürlich dir alles Mögliche ausdenken, was deinen Mitarbeitern gefallen könnte. Angefangen von einem Amazon-Gutschein über ein Wochenende einen Sportwagen dir ausleihen können, über du kriegst ein Upgrade für dein Company-Car fürs nächste Jahr oder was auch immer. Ist sozusagen der Fantasie keine Grenzen gesetzt, eine Jahresmitgliedschaft in deinem Lieblingsmodell. Spa in Berlin, keine Ahnung. Sollte natürlich zu der Person hoffentlich passen. Aber das Spannende ist, dass man ganz klar sich auch überlegen muss, für wen und welchen psychologischen Effekt will ich damit kreieren? Es gibt viele Dinge, die sich dann auf den Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin selbst beziehen. Oder auch der Klassiker, wie wenn du einen ganz besonders tollen Job machst, schenke ich dir eine Uhr. Irgendwie im Vertrieb sind Uhren immer noch ein Ding. Verstehe ich nicht, aber scheint so zu sein. Wer profitiert davon? Natürlich nur der Kollege oder die Kollegin, um die es dort gerade geht. Viel wirkungsvoller sind übrigens die Dinge, die dann auch noch auf den Partner oder die Partnerin durchschlagen. Und das wahrscheinlich bekannteste, aber auch wahrscheinlich das teuerste ist, es nennt sich dann Winners Club, Platinum Club, Presidents Club, Winners Circle, gibt es tausend Namen dafür. Die Idee ist, dass du quasi einmal im Jahr die x% besten Mitarbeiter aus dem Vertrieb sozusagen zusammenrottest und du schickst die auf die Insel. Und zwar nicht alleine, sondern du schickst die mit dem Partner der Partnerin oder einer Person der Wahl. Und gerade wenn du das nicht nur einmal machst, sondern jedes Jahr wiederkommt und es ist klar, dass es so ein Incentive gibt, wie genau dann das Ziel definiert wird, mag sich vielleicht von Jahr zu Jahr ändern, aber dass es sowas gibt, dann kreierst du natürlich einen ganz spannenden psychologischen Effekt, weil wenn dann morgens die Kollegin zur Arbeit aufbricht oder sich ans Telefon hängt oder zum Flughafen fährt, eilt, sagt dann der Partner, du Schatz, mach heute einen besonders guten Job, ich will wieder auf die Insel. Also es klingt ganz plump, aber es ist etablierter, als man das so vermuten würde, sowas zu machen. Und das funktioniert selbst im Jahre 2020 immer noch, dass die Leute das toll finden. Und die Idee ist, da gibt es dann halt, wie gesagt, eine exklusive Klassenfahrt einmal im Jahr. Wo dann auch alle, die da teilnehmen, gleichzeitig dorthin fahren. Mit der Idee, dass du halt so ein bisschen Teamspirit da noch mitbekommst, dass du dich beim Eröffnungsdinner triffst, inklusive Ehepartner oder Freund, Freundin. Aber die Leute das schon selber genießen können, was sie dort bekommen haben.

Joel Kaczmarek: Crazy, also kommt ganz viel zusammen, du hast einerseits so Exklusivität im Vergleich zur restlichen Organisation, du hast natürlich Belohnung, du hast Druck durch den Partner und du hast so Rudelbildung, also, aber ich meine, es klingt teuer, also wenn ich mir jetzt so ausmale, keine Ahnung, 10, 15 Leute, einmal Barbados, Business Class, edles Hotel, dann mit Partner, da bist du ja locker mal schnell eine Viertelmillion Euro oder so los, oder?

Gero Decker: Ja, je nachdem, wie exklusiv das ist, je nachdem, wie viele Leute da teilnehmen. Also guckt dir mal eine SAP oder irgendwelche anderen großen Firmen an, wie viel Geld die dafür ausgeben. Das geht in die signifikanten Millionen, die dort jedes Jahr für solche Späße ausgegeben werden.

Joel Kaczmarek: Was von all den Dingen, die wir bisher besprochen haben, sollte man eigentlich strukturell aufsetzen? und was machst du vielleicht eher so opportunitätsgetrieben?

Gero Decker: Dein jährlicher Compensation Plan, der sollte so gut wie möglich engineered sein, dass du nicht in der Mitte des Jahres feststellst, irgendwie die Ziele waren so niedrig, zu hoch, was auch immer oder optimieren auf das Falsche. Weil der Complan, das muss man sich auch so vorstellen, das ist ein Teil deines Arbeitsvertrages und das muss auch von beiden Personen unterschrieben sein, also von der Mitarbeiterin, vom Mitarbeiter und vom Arbeitgeber aus. Und du willst jetzt nicht in der Mitte des Jahres umsteuern und sagen, du, ich baue dir jetzt mal ein komplett anderes Bonussystem und du unterschreibst hier bitte. Und der Kollege oder die Kollegin sagt, wait a minute, mein Alterplan, der war viel besser. Warum sollte ich denn jetzt hier umschwenken? Also deswegen sollte der schon möglichst gut gebaut sein. Und man muss halt bereit sein, auch in dem Moment, wo die Mitarbeiter ihre Ziele, keine Ahnung, zur Mitte des Jahres schon erfüllt haben muss man sich dann halt ausdenken,was lege ich eventuell nochfür eine Extramöhre obendrauf,damit es auch spannend bleibtund nicht die Motivation irgendwie auf Null gehtfür die zweite Jahreshälfte. Und das muss man sich dann leisten können. Deswegen Achtung vor Metriken,die nicht 100% korrelierenmit Geschäftserfolg hinterher. Also, wenn du da Metriken reinschreibst,wie Vertriebsaktivität,Anzahl Meetings zum Beispieloder Anzahl Calls, die ich mache,das korreliert ja noch nicht unbedingt damit,wie viel Umsatz du zum Beispiel hinterher machst. Oder selbst wenn es Umsatz ist, Kann es sein, dass du Deals reinholst, mit dem je mehr Umsatz du machst, je mehr verliert die Firma damit. Deswegen wird in vielen Branchen dann nicht nur mit reinem Umsatz gearbeitet, sondern zum Beispiel mit Profitabilität oder Deckungsbeitrag eines Deals. Gerade in der Dienstleistung geht es nicht nur um Umsatz, weil du könntest ja auch einfach 60% Discount geben, um deinen Umsatz nach oben zu schrauben. Also das muss schon gut ausgedacht sein, damit du dich hinterher nicht ärgerst, dass obwohl alle ihre Ziele übererfüllen, es deinem Business total schlecht geht.

Joel Kaczmarek: Gibt es so Zeitpunkte oder sagen wir mal so Timing-Momente? Weil ich glaube, was ja immer passiert ist, Ende des Quartals, so der Ameisenhaufen rödelt nochmal los, ist mehr so Bienenstock-Atmosphäre. Wenn man jetzt sozusagen non-strukturelle Sachen hat, also so die Extramöhren, die du gerade gesagt hast, gibt es so Zeitpunkte, wo es sich empfiehlt, sowas rauszuholen, dass man nochmal irgendwie einen Gang zulegt, dass man sagt, okay, Weihnachtsgeschäft steht vor der Tür oder Quartalsbeginn, alle sind so ein bisschen schlaff, jetzt will ich nochmal aufs Gaspedal drücken. Gibt es da Momente?

Gero Decker: Also erstens muss es früh genug kommen, damit es noch Wirkung entfalten kann. Also wenn du einen Zusatzbonus irgendwie eine Woche vor Weihnachten auslobst fürs Jahresendgeschäft, dann ist es wahrscheinlich zu spät. Das lohnt sich nicht, das muss früh genug sein. Aber es darf auch nicht der Eindruck entstehen, dass du irgendwie einen total schlechten Job bei der bisherigen Zieldefinition gemacht hast und deswegen musst du jetzt irgendwie mit irgendwelchen Sonderaktionen das alles kitten und irgendwie heilen, ja. Der Eindruck sollte nicht entstehen oder es wäre ein Zeichen dafür, dass du einfach vorher einen schlechten Job gemacht hast, sondern diese Zusatzboni sollten tatsächlich etwas Besonderes sein und auch so, dass nicht irgendwie in den Folgejahren dann die Erwartungshaltung ist und die Mitarbeiter immer zu dir kommen, ja, bei den letzten Jahren hatten wir ja immer einen Sonderbonus XYZ. So ist es nicht gedacht. Also für den Standardfall, der Standardfall ist abgedeckt durch die Annual Compliance und wirklich nur Sondersituationen, weil wir ein bestimmtes Produkt pushen wollen, weil wir in einem bestimmten Land besonders erfolgreich sein wollen. weil wir irgendwie das Gefühl haben, da nochmal durch einen extra Push nochmal ein neues Level erreichen zu können. Für sowas ist ein Sonderbonus, wie auch immer der aussieht, ob Cash oder Voucher oder sonst irgendwas, nur für solche Fälle sollte das reserviert sein.

Joel Kaczmarek: Gibt es auch Desincentivierung eigentlich, also zum Beispiel Strafen, dass man sagt, wir wollen jetzt irgendwie bestimmtes Verhalten vermeiden und wenn irgendwie eine Salesperson dies oder das tut oder dies oder das vernachlässigt, zum Beispiel CRM nicht ordentlich pflegen oder sowas, dass dann der Boni oder der Incentive wieder runtergenommen

Gero Decker: wird? Genau, das ist dann der sogenannte Malus. Das ist hoffentlich, wenn man das verwendet, eher ein theoretisches Konstrukt oder ein abschreckendes Konstrukt, was niemals gezogen wird. Aber gerade wenn du in bestimmten Bereichen Probleme hast, ja, will man solche Optionen haben, um das zu ziehen. Also jetzt CRM nicht pflegen, das muss halt schon eine sehr unreife Organisation sein, wo sowas dann auch wirklich durchexekutiert wird. Wenn du ein gutes Sales Management hast, sollten da Ermahnungen und sowas eigentlich genügen. Aber du kannst natürlich so andere Themen haben, wieder zurück auf das Thema, was ist gut für dein Geschäft, Beispiel. Du hast ein Produktgeschäft und du guckst vor allen Dingen oder ausschließlich darauf, wie viel Umsatz machst du mit deinen Produkten. Es gibt aber auch noch ein Dienstleistungsgeschäft und dort haben die Mitarbeiter eigentlich ziemlich freie Wahl, weil niemand guckt auf die Metriken so richtig und es ist eigentlich fürs Geschäft am Ende des Tages marginal, was dort passiert. So, wenn du jetzt aber natürlich deinen Produktumsatz pusht, indem du auf der anderen Seite kostenlose Dienstleistungen mit verschenkst. Ich verkaufe dir mein Produkt für 10.000 Euro, aber hinten runter schenke ich dir irgendwie 20, 30, 40 Manntage for free mit diesem Deal mit. Dann ist das alles zusammengezählt unterm Strich für die Firma natürlich total doofer Deal, weil du dort Geld verlierst. Und da kannst du dir natürlich dann ausrechnen, also erstens hast du solche Effekte oder gibt es die Gefahr oder hast du es in der Vergangenheit schon mal gesehen? Und dann will ich sowas mit einrechnen, dass man zum Beispiel sagt, jeder Dienstleistungsumsatz, den du verschenkst, Der wird dir, lieber Vertriebsmitarbeiter, leider von dem provisionierten Produktumsatz abgezogen.

Joel Kaczmarek: Okay, aber da merkt man mal die Komplexität. Ich habe das Gefühl, es ist auch ein bisschen wie so ein Rattenrennen. Der muss immer schlauer sein als der Salesman. Du musst ihn inzentivieren, aber musst aufpassen, dass er nicht in eine Richtung dich mitzieht, wo du gar nicht hin willst.

Gero Decker: Das ist ja immer der Effekt, sobald ich Ziele raussetze und ich verknüpfe eine Bonuszahlung da dran, dann versuchen meistens die Mitarbeiter auch wirklich darauf zu optimieren. Und das kann einfach zu komischen Effekten links und rechts führen, wenn das nicht sauber gemacht ist. Deswegen, je einfacher das System, desto besser. Je stärker es korreliert mit dem Geschäftserfolg insgesamt, desto besser. Dann musst du auch nicht irgendwelche komischen Sachen machen und Boni zum Beispiel machen. Also die Frage ist ja, wenn ich 200, 300, 500, 1000 Prozent Zielerreichung habe, ab wann skaliert denn mein Bonus nicht mehr weiter? Und wenn ich dort ein Cap drin habe, dann ist das eigentlich ein klares Indiz dafür, dass man das eigene Geschäft nicht stark genug verstanden hat. Weil eigentlich sollte es ja so sein, dass wenn auf einer Metrik mehr bei rumkommt, dass es auch besser ist für die Firma.

Joel Kaczmarek: Aber das ist ein interessanter Hinweis eigentlich. Sollte man generell, also habt ihr sowas auch, dass ihr bestimmte Boni irgendwie absägt, dass ihr sagt, irgendwann wird es hier unsittlich oder weiß ich nicht, dann haben wir die Ziele nicht richtig gebaut, wenn wir so hohe Überfüllung haben?

Gero Decker: Also wenn du auf einen Klassiker Umsatz insentivierst, wo mehr Umsatz besser ist für die Firma, dann sollte der auch einfach nicht gecappt sein, ganz einfach.

Joel Kaczmarek: Simpel. Ja, aber ansonsten, was du eben meintest, ich muss so ein bisschen zurückgehen an Jamba, da war das, glaube ich, auch so. Die wurden nochmal gekauft dann von irgendeinem, mir ist gerade der Name entfallen, so ein amerikanischer Telco, meine ich, war das. Und die haben dann auch irgendwie gesagt, hier, es gibt Umsatzbeträge für die Sambas, glaube ich, noch, konnten ihre Anteilswerte erhöhen. Ja, dann haben die halt Abos verkauft. Den Ausgang kennen wir alle, wo dann die Kinder irgendwie, oder wo dann viele TV-Zuschauer von MTV und Viva auf einmal fünf, sechs, sieben Jamba-Abos hatten. Gut, aber das ist sozusagen noch mein letzter Punkt mit dir für heute. Transparenz, Fairness auf der einen Seite und Konfliktvermeidung bei dem ganzen Thema, weil wenn man Leute inzentiviert, wie wir es gerade gesagt haben, muss man immer auch aufpassen, dass man nicht blödes Verhalten inzentiviert. Wie würdest du da vorgehen? Was ist wichtig in Sachen Transparenz und wie kann ich Konflikte vermeiden bei dem Thema?

Gero Decker: Also wichtig ist, es muss klar sein und transparent sein, wann gibt es Boni und wann gibt es keine Boni. Und wieder je einfacher die Metriken dahinter, desto besser. Und das erstreckt sich übrigens, das ist ein Effekt, der sich nicht nur innerhalb des Vertriebsteams auswirkt, also innerhalb des Vertriebsteams, brauchst du Fairness. Dass du mit den Leuten gleich umgehst und gleich belohnst auch für gute Leistung. Heißt jetzt nicht, du hast jetzt einen Markt, wo es besonders schwer ist, Erfolg zu haben und einen Markt, wo du schon super etabliert bist und beide müssen genau sozusagen für einen Euro Umsatz das Gleiche bekommen. Das meine ich damit nicht. Aber dass du sozusagen für vergleichbare Leistung auch vergleichbare Belohnung bekommst, das ist ganz, ganz wichtig. Und im Sales-Bereich, das ist nun mal ein Bereich, wo man auch mit Metriken sehr, sehr offen umgehen kann und ja, erfolgt der einzelne Mitarbeiter sehr, sehr transparent umgehen kann und keiner stört sich daran, dass es solche Dashboards gibt. So, der Vertrieb steht natürlich nicht alleine da in einer Organisation. Es gibt zum einen natürlich ganz viel Funktion im direkten Umfeld, ja, Marketing, Customer Success, ja, eine ganze Reihe von, oder auch BDRs, die in dem Vertriebsprozess sozusagen involviert sind. sodass es nicht nur um den Vertriebler geht, der am Ende des Tages den Vertrag mit nach Hause bringt, sondern viele andere dort beigetragen haben. Wenn ich jetzt anfange, gerade sehr sichtbare Aktionen zu machen, also diese Winners Club oder Leute gehen auf eine Reise, das ist sehr, sehr, sehr, sehr sichtbar. Die werden Fotos von sich am Strand auf Social Media posten. Das wird man sehen. Und es wird in der Firma jeder Depp wissen, dass es sowas gibt und wie das genau aussieht. Und jeder, der nicht mitfährt, wird sich fragen, warum fahre ich eigentlich nicht mit? Und dann geht es darum, auch sicherzustellen, dass es fair stattfindet, wenn ich nur Vertriebler zum Beispiel dort losschicke und dort mitfahren können. Da ist der Ärger vorprogrammiert, weil sich alle anderen halt als nicht wertgeschätzt genug wahrnehmen werden, zu sagen, ja, aber der Deal, der hängt ja nicht nur am Vertriebler, der hängt ja an allen anderen, die dort mitgewirkt haben auch. Deswegen bei solchen Aktionen oder bei Bonis oder Sondergeschichten muss man sich immer fragen, habe ich das fair innerhalb des Unternehmens auch aufgesetzt, sodass im Zweifelsfall auch mehr Leute davon profitieren. Und dann gibt es natürlich so ganz große Kulturunterschiede, sage ich mal. Gerade jetzt bei Softwarefirmen habe ich Entwicklungen, Produkte auf der einen Seite und eine Vertriebsorganisation sozusagen am anderen Ende des Spektrums. Da muss man sowieso ganz, ganz schwierige Diskussionen führen, weil immer der Eindruck da ist oder die Vermutung da ist ja, den Vertrieblern, die behandelt man ja viel, viel besser und die haben ja auch noch da, denen geht es schon gut und dann kriegen die nochmal hinterhergeschmissen und so weiter. Also diese Diskussion muss man führen und hoffentlich ein Modell bauen für die Organisation, sodass es auch wirklich fair gemacht ist und nicht einzelne Teams bevorteilt und andere vernachlässigt.

Joel Kaczmarek: Gut, also es muss klar sein, wofür ich inzentiviert wäre oder wofür ich meinen Boni bekomme, aber wie löst du diese Konflikte denn auf? Weil ich erinnere mich auch noch dran, bei meiner frühen Firma war es so, da haben wir ja Artikel geschrieben und, also es war eine klassische Redaktion und es gab quasi Sales-Leute, Vertriebler, die Werbung verkauft haben. Und es war immer so, die Werbeeinnahme war nur so gut der Abruf des Contents. Und irgendwann hast du dann automatisch den Effekt, dass sich so ein Redaktionsmitarbeiter sagt, okay, was ist, ist voll unfair, warum wird der nicht daran beteiligt, obwohl es auf meiner Arbeit basiert? Und was du gerade beschrieben hast, ist ja ähnlich. Also, Business Development hast du gesagt, Marketing, das ganze Customer-Success-Thema, also da hast du meinetwegen fünf, sechs Rollen, die in einem Kunden werkeln, die alle einen Beitrag leisten, dass der das Geld zur Firma rüberschiebt und einer von denen wird aber nur belohnt mit einer Reise auf, keine Ahnung, nach Barbados, auf die Seychellen, nach Madagaskar, who knows. Wie geht ihr daran? Wie löst ihr das auf, diesen Frust?

Gero Decker: Also zwischen verschiedenen Funktionen, das Einzige, was aus meiner Erfahrung geholfen hat, ist einfach auch über Marktüblichkeit zu gehen. Ist ja allgemein die Frage, was ist ein faires Gehalt für einen Buchhalter versus was ist ein faires Gehalt für einen Vertriebler, was ist ein faires Gehalt für einen Softwareentwickler. Jeder hat da seine eigene Meinung zu. Leute sagen, ich bin doch derjenige, der das Produkt baut, ich sollte doch dreimal so viel verdienen wie die Leute, die das Produkt nicht bauen. So, es ist dann eine individuelle Meinung, hard to dispute. Und das einzige Argument, was du dort führen kannst, ist zu sagen, okay, wir sind nicht die einzige Firma, die so gebaut ist, lass uns 100.000, was auch immer, Firmen, die so ähnlich sind wie wir, angucken, wie ist es denn dort geregelt? Und scheinbar scheint sich da im Markt insgesamt etwas rauszubilden, was der Realität scheinbar relativ nahe kommt. Das ist sozusagen der Weg. Innerhalb sozusagen die Funktionen, die aber eher sehr nah beieinander sind, ja gut, da musst du halt gucken, wie groß ist der Beitrag tatsächlich oder wie viel Seniorität oder wie viel Spezialwissen oder was auch immer ist denn tatsächlich notwendig, um ein gewisses Ergebnis auch zu erzielen. BDAs versus Sales ist typischerweise relativ einfach, weil es ein gut verstandener Karrierepfad ist. Du fängst als BDA an in deiner Karriere, machst das ein paar Jahre und die sehr guten Leute gehen dann irgendwann in den Vertrieb über, machen erst typischerweise kleinere Kunden und dann größere Kunden und dann bis zu den ganz großen. Und da gibt es dann zu diesem Karrierepfad ist es auch verständlich, dass du dann in anderen Rollen, wo du auch erst reinwachsen musst über die Zeit, womöglich auch mehr zu verdienen kannst.

Joel Kaczmarek: Gut, lieber Gero, das hat viel Spaß gemacht. Also wir haben viel gelernt, einerseits über nicht monetäre Inzentivierung, dass da eigentlich nur Ego richtig gut funktioniert und dann über monetäre, wo wir über Cash geredet haben, also die Compensation Plans, die Spiffs und andere Benefits. Und finde ich auch ganz interessant, dass man mal darüber redet, wie vermeidet man Konflikte, wie macht man es transparent und was davon ist quasi geplant und was kommt on top. Also ich sehe schon, ich habe hier fleißig auch Incentives gesammelt, dich bald wieder zu sehen und mit dir wieder zu podcasten. Vielen, vielen Dank.

Gero Decker: Sehr gut, bis zum nächsten Mal. Ciao, ciao. Tschüss.

Mehr zum Thema

Sales

Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um Sales: Ka-Ching! Hier kommt dein Pflichtprogramm, wenn du verstehen möchtest, wie (B2B-)Sales funktioniert. Gemeinsam mit diversen Gästen hebt Joel deine Fähigkeiten im Vertrieb anhand vieler Beispiele und konkreter Tipps auf ein neues Level.