Churn Management – Was tun gegen Kundenverlust?
17. April 2019, mit Joel Kaczmarek, Gero Decker
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Joel Kaczmarek: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen The Art of Sales Podcast von Digitalkompakt. Mein Name ist Joel Kaczmarek und heute machen wir quasi so eine halbe Fortsetzung vom letzten Mal. Das letzte Mal haben wir nämlich über Upselling und Crossselling geredet und dafür ja auch mal der Begriff Downselling, also wenn Kunden verschwinden. Und heute wollen wir uns mit diesem Thema mal näher beschäftigen. Also klassischerweise eigentlich Churn-Management, würde man in deinem Bereich sagen. Also Churn ist ja so der Albtraum jedes SaaS-Unternehmers. Und damit herzlich willkommen und guten Morgen, lieber Gero.
Gero Decker: Willkommen zur
Joel Kaczmarek: Ist doch so, oder? Churn ist ja so ein bisschen der Albtraum jedes SaaS-Modells und generell jedes Unternehmers. Wenn Kunden verschwinden, außer es sind so richtig die nervigen Kunden, die viel Aufwand für wenig Ertrag bieten, ist das ja eigentlich so. der Horror schlechthin. Tipp ich nochmal. Bei SaaS aber nochmal ganz besonders fatal, weil sie halt Wachstum sehr, sehr brutal runterziehen und absenken.
Gero Decker: Wenn ich ein Subscription-Business-Modell habe, also von Abonnements lebe, dann ist der Albtraum immer der sogenannte Leaky Bucket. Das ist der Eimer, der unten drin ganz dicke Löcher hat. Ich verliere immer mal Kunden oder Kunden reduzieren das Abonnement. Und idealerweise kommt halt das Wasser oben schneller in den Eimer rein, als es unten raustropft oder rausläuft. Weil Vertrieb ist teuer, Kundenakquise ist teuer. Damit sich das Geschäft lohnt, müssen einfach signifikant genug Kunden dabei bleiben. damit sich das Modell trägt. Es gibt so eine schöne Rechnung. 5% Churn heißt, dass Kunden im Schnitt 20 Jahre dabei bleiben. 10% Churn heißt, also ein Zehntel geht weg, heißt, die bleiben im Schnitt 10 Jahre. Ein Fünftel geht weg pro Jahr, 20% heißt es, die bleiben im Schnitt 5 Jahre. Das heißt, ich kann aus Churn direkt Customer Lifetime zurückrechnen. Und dann kann ich ja dagegenlegen, wie viel kostet es mich an Aufwand, einen Kunden zu gewinnen und zu bedienen versus was verdiene ich eigentlich mit dem Kunden. Und da ist es typischerweise so, dass wenn ich, ich sage mal, weniger als 10% Churn habe, idealerweise weniger als 5% Churn, dann habe ich halt langfristig ein hochgradig profitables Modell. Während wenn ich einen Churn von 20, 30 oder sogar 40% habe, dann wird es sehr schwierig, das Unternehmen profitabel zu bauen, weil ich viel Geld in den Vertrieb stecken muss.
Joel Kaczmarek: Es gibt ja von David Scott, kennt ja jeder gefühlt mittlerweile, ein amerikanischer VC bei Matrix Partners, diese schönen Analysen, wo er mal den bekannten Hockey-Stick, also die Einnahmekurve aufzeigt bei 2,55 und 7,5% Churn. Je höher man wird sozusagen, der wird aus dem Hockey-Stick mal ganz schnell so ein Besenstiel, also da macht das dann keinen Spaß mehr. Kannst du für die eher Laien vielleicht oder die mit manchen der Begriffe noch nichts anfangen nochmal kurz auseinandernehmen? Ich glaube, Churn mal sozusagen genau zu definieren, was das ist und dem gegenübergehalten vielleicht auch Retention Rate, was ja immer in dem Atemzuge auch oft fällt, einmal kurz definieren und dann können wir ja munter einsteigen.
Gero Decker: Genau, also Churn ist natürlich zum einen, wenn ich Kunden komplett verliere. Ich habe einen Kunden, der bezahlt mir 100 Euro im Jahr oder 100.000 Euro im Jahr und den verliere ich. Klassisch Churn. Und dann scheiden sich die Geister, ob man das nun Churn oder Downsell nennt, ist, wenn ein Kunde mir bisher 100 Euro bezahlt und jetzt quasi sein Abonnement reduziert auf 50 Euro, dann fehlen mir diese 50 Euro auch. Der Kunde ist weiterhin da, also ich habe sozusagen keinen Logo-Churn, aber ich habe Dollar-Churn oder Euro-Churn, weil mir halt Umsatz wegbricht. Dann rechnet man einfach, wie viel habe ich quasi zu Beginn einer Messperiode, also zum 1.1. sagen wir, an Umsatzvolumen und wie viel verliere ich dann in der Folgezeit. Entweder an Logos oder an Umsatzvertrag. Das definiert den Churn. Und andersrum gerechnet, Retention ist quasi 1 minus Churn. Also die Retention Rate ist idealerweise größer als 90% oder noch besser größer als 95%. Kann man noch unterscheiden in Gross und Net Retention. Gross Retention exkludiere ich typischerweise die Upsells und Crosssells. Und Net Retention, da habe ich quasi alles in einem Bucket. Das heißt, Gross Retention ist dann immer unterhalb von 100%, weil ich ja alles, was neu dazukommt, ignoriere. Und Net Retention kann irgendwas sein von idealerweise größer als 90%, mindestens mal hoffentlich auch größer als 100%. Und bei Top-Unternehmen dann halt bei 120, 130%.
Joel Kaczmarek: Wie entsteht Churn typischerweise?
Gero Decker: Der entsteht dann, wenn entweder der Kunde das komplett falsche gekauft hat und merkt, oh mein Gott, was ist das eigentlich, was ich da gekauft habe? Das passiert aber sehr, sehr selten. Der Hauptgrund ist, der Kunde sieht einfach nicht den Wert, den er in dem Produkt erhofft hat, zu dem Zeitpunkt, wo er es gekauft hat. Also er hat sich da irgendwelche riesigen tollen Ergebnisse oder Benefits daraus erhofft und innerhalb von sechs Monaten, zwölf Monaten oder was auch immer für einen Zeithorizont stellt sich das einfach nicht ein. Und er sieht nicht den Sinn dafür weiter zu bezahlen. Das ist der Hauptgrund. Dann gibt es natürlich noch so andere exotischere Gründe. Das Unternehmen geht pleite. Wir hatten auch so tolle Kunden wie Q-Sales und Flecker und was es da alles so gibt, was es halt nicht mehr gibt. Und dann bricht halt einfach der Kunde weg in dem Moment, wo das Unternehmen pleite geht. Man kann es hoffen, dass aus der Insolvenzmasse noch deine Forderungen beglichen werden und that's it. Aber der Vertrag ist halt weg. Und dann natürlich, wenn du nicht einen signifikant genugenden Footprint beim Kunden hast, kann es halt auch passieren, dass wenn einfach dein Ansprechpartner oder dein Champion das Unternehmen verlässt, dass dann halt alle, die nach ihm kommen, einfach konsequent all das canceln, was er halt an Bord gebracht hat.
Joel Kaczmarek: Ich meine, du weißt ja zum Beispiel nicht viel über Wettbewerb, dass du jetzt sagst, ein Wettbewerber jagt den Kunden ab.
Gero Decker: Ach so, das gibt es auch, aber das passiert seltener, als man das so glaubt. In manchen Bereichen ist halt super Commodity, also wo die Produkte super vergleichbar sind. Da kann einem das passieren, aber typischerweise haben die Kunden ja auch gar keine Lust zu wechseln. Also der Pain muss wirklich riesengroß sein, um zu wechseln. Und der erwartete Wert muss deutlich über dem liegen, was man heute bekommt.
Joel Kaczmarek: Aber hast du so eine Ratio? Liegen die Gründe für Churn eher beim Kunden? Also was du gesagt hast, zum Beispiel politische Grabenkämpfe, Ansprechpartner geht weg, Bude geht pleite, man erkennt den Wert nicht aus eigenen Gründen, weil man es falsch nutzt. Oder liegt es meistens eher dann wirklich am Produkt? Sollte man vor der eigenen Haustür kehren oder lieber schauen, dass die Kundenhaustür sozusagen ordentlich gefegt ist?
Gero Decker: In beiden Fällen muss man selber ran. Also wenn der Kunde sich einfach zu doof anstellt, um das richtig zu nutzen, naja, dann muss ich ihm halt helfen. Und muss ihn dazu bringen, muss ihn zum Jagen tragen. Customer Success spielt eine Riesenrolle, die Leute auf den Pfad der Tugend zu bringen. Oder auch Consulting kann dort helfen, um Kunden in die richtige Richtung zu lenken. Also insofern, man kann immer an sich selber arbeiten und fragen, was kann ich als Beitrag dazu leisten. Und natürlich, das Produkt muss einfach tun, was es verspricht. Also doof ist es, wenn man mit einem Versprechen für ein Produkt reingeht und dann funktioniert es halt aus irgendwelchen Gründen nicht. Oder es gibt irgendwelche banalen, doofen Dinge. Funktional funktioniert das Ding total top. Aber irgendwie kriege ich die Single Sign-On-Anbindung in die IT-Infrastruktur des Kunden nicht gebacken. Und ich kann es dann nicht in der Form nutzen, wie ich es wollte. Das ist immer doof. Also in den meisten Fällen tut das Produkt schon das, was es auch tun soll. Kunden sind ja nicht doof, die gucken sich ja das Produkt an in dem Moment, wo sie es kaufen. Also dass dann riesige Überraschungen passieren, das ist eher selten. Sondern es ist eher, dass man halt sicherstellt, dass den Wert, den ich generieren kann mit dem Produkt, so wie es ist, auch tatsächlich beim Kunden sich in der Form einstellt.
Joel Kaczmarek: Wie kann ich Abwanderung frühzeitig erkennen und dem gegenwirken?
Gero Decker: Also es gibt natürlich so ein paar ganz offensichtliche Indikatoren. Also wenn der Kunde aufhört, das Produkt zu nutzen, zum Beispiel. Also die Weekly, Monthly, Active Users gehen dramatisch runter. Die Aktivität geht massiv zurück. Das ist natürlich ein ganz alarmierendes Zeichen, dass entweder der Bedarf sich eingestellt hat, ein Projekt ist zu Ende und die brauchen es nicht mehr. Oder sie haben es versucht und es hat denen einfach nichts gebracht und sie hören auf, es zu benutzen. Also das ist ganz offensichtlich. Ich kann sowas tracken wie Net Promoter Score. Ich frage die Leute einfach, würdest du das deinen Freunden und Kollegen weiterempfehlen? Wenn ich schlechte Scores bekomme, ist das ein ganz klarer Indikator. Ich rede mit Leuten. Wenn ich so eine Funktion wie Customer Success aufbaue, reden dort Menschen mit Menschen. Und zwar regelmäßig und fragen, wie geht es euch? Wie zufrieden seid ihr? Was können wir für euch tun? Wo drückt der Schuh? Gibt es irgendwelche Risiken am Horizont, die ihr seht, wo das Thema zum Stoppen kommen könnte? Reden hilft. Wenn das Vertragsvolumen das hergibt, ist Mensch-zu-Mensch-Kommunikation immer noch das Allereffektivste. Dann kann es natürlich auch so ein bisschen exogene Faktoren geben. Unternehmen durchgeht eine große Akquisition oder Merger. Dann ist es manchmal so, dass im Rahmen dessen nicht sofort, aber innerhalb von 12 oder 24 Monaten eine IT-Konsolidierung stattfindet. Man guckt sich an, was habt ihr im Einsatz, was haben wir im Einsatz, was ist das Bessere? In solchen Situationen will man sich natürlich dann frühzeitig positionieren. Und dann zusammen mit den eigenen Nutzern, die wollen ja auch nicht das System wechseln, macht man dann halt einen Masterplan. Wie segeln wir hier sauber durch die Akquisition oder durch den Merger durch? Solche Themen kann man immer frühzeitig angehen, wenn man denn nur genug Zeit mit dem Kunden verbringt. Es gibt dafür inzwischen auch ganz gute Tools, die einen dabei unterstützen. Das nennt sich dann Customer Success Management Tools. Das führende weltweit ist ein Tool von Gainsight, es gibt ein Tool von Totengo und auch wahrscheinlich eine Reihe anderer. Die Idee dort ist, dass du quasi pro Account, pro Kunde ganz viele Datenquellen anzapfst und quasi so ein Customer Health Score darstellst, mit einem Wert von 0 bis 100. Also Usage-Daten gehen da rein, da gehen aber auch Daten rein wie LinkedIn-Changes. Wenn deine Champions zum Beispiel innerhalb des Unternehmens die Abteilung wechseln, kann das halt sein, dass das für dich gefährlich wird und dass du darauf achtest. oder NPS-Daten, die du vielleicht misst mit den Usern des Systems zum Beispiel oder Usern des Produktes. Dass du das alles sozusagen konsolidiert zusammenfasst, sodass du dann halt siehst, wird mein Health Score besser, wird der schlechter über die Zeit? und wo sind die Bereiche, wo wir eventuell was machen können.
Joel Kaczmarek: So, jetzt haben wir die frühzeitige Erkennung. Okay, Haken hinter. Wie kann ich entgegenwirken, wenn ich sowas früh merke?
Gero Decker: Das Zauberwort, um Churn entgegenzuwirken, ist Customer Success. Also überhaupt sich über den eigenen Schatten zu springen und zu sagen, ich stelle hier nicht nur ein Produkt zur Verfügung und die Leute benutzen es halt. Und wenn sie kündigen, dann fragen wir mal warum. Das ist der dürfste aller Ansätze, sondern Customer Success ist die Idee, dass ich proaktiv kontinuierlich mit den Kunden arbeite und eigentlich immer einen aktuellen Temperaturfühler draußen habe, um zu erkennen, wie geht es dem Kunden, was treibt den um. um mindestens mal Churn zu vermeiden, aber im Idealfall halt auch Upsells und Crosssells zu beschleunigen. Das ist ganz spannend zu sehen, weil einige Firmen halt Customer Success in dem Moment etabliert haben, wo denen halt die Churnzahlen um die Ohren geflogen sind. Das habe ich jetzt schon ein paar Mal gehört. Ja, da weiß man, das war dann halt ein Moment zu spät, sich um so ein Thema zu kümmern. Und da wird man dann eher zum Eskalationsmanager als zum Successmanager.
Joel Kaczmarek: Okay, was tue ich denn aber, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist? Also der Kunde hat gekündigt, das Abonnement ist eingestellt oder er sagt mir schon mal mündlich, die Kündigung kommt und bald gehen die Lichter aus. Was machst du dann in der Sekunde?
Gero Decker: Hoffentlich kriege ich das schon viel früher mit. Also typischerweise gibt es vorher Frühwarnsignale, so nach dem Motto, ich sehe den Wert nicht. Wir haben uns das und das vorgestellt, aber das sehen wir einfach nicht. Sorry, das Produkt tut das, was es tun soll, aber irgendwie kriegen wir es nicht hin. Das wäre so ein freundliches Signal. Dann gehst du rein, setzt dich mit denen hin, brainstormt vielleicht ein bisschen, was könntest du tun, was haben andere Kunden in dem Fall gemacht. Oder wenn das Produkt einfach nicht tut, was es verspricht zu tun und dann kriegst du so eine Produkteskalation, damit muss man dann auch erstmal umgehen. Überhaupt erstmal zu verstehen, was will der Kunde erreichen, haben wir dann ein gemeinsames Verständnis davon, was von dem Produkt auch zu erwarten wäre. womöglich Produktmanagement oder Entwicklungen mit zu involvieren. Was ist denn da gerade geplant? Was machen wir denn? Können wir das vielleicht ein Stück weit anpassen, sodass es für den Kunden passt? Aber muss man auch immer ganz ehrlich sagen, es gibt auch Kunden, die irgendwann eine Erwartungshaltung oder schon immer eine Erwartungshaltung hatten, man hat es noch nicht mitbekommen, die einfach nicht zum eigenen Produkt passt. Die wünschen sich da irgendwas oder haben sich da irgendwas reingeträumt, was du überhaupt gar nicht vorhast, was dein Produkt nicht ist. Und manchmal muss man sich dann die Frage stellen, mit dieser Erwartungshaltung, die der Kunde hat, vielleicht ist es auch besser, getrennte Wege zu gehen. Sich einzugestehen, wir passen nicht zueinander. Das, was du möchtest, ist was anderes, als was wir darstellen möchten und ermöglichen wollen. Es wird nicht auf unsere Roadmap kommen. Wir werden nicht für dich speziell hier irgendwelche Sonderlocken bauen. Es wird einfach nicht kommen. Entweder du akzeptierst das und bist unglücklich oder vielleicht ist es für dich auch einfach besser, einen anderen Weg zu gehen. Das muss man sich ehrlich eingestehen. Also den meisten Kunden, die wegchirnen, den traut man natürlich ein Stück weit hinterher, aber manchen traut man vielleicht auch überhaupt gar nicht hinterher. Und die setzen einen eher energiefrei, dass man sich auf die wichtigen Dinge konzentrieren kann und nicht irgendwie von einer Eskalation zur nächsten stolpert.
Joel Kaczmarek: Aber dann musst du auch noch mehr Magic geben. Also da haut dir ein Kunde ab. Dann sagst du, okay, lass uns doch mal workshoppen oder lass uns mal unter die Haube gucken, was haben andere gemacht. So ein bisschen Best-Practice-Sharing. Hast du trotzdem noch Argumente? Der eine oder andere wird jetzt vielleicht denken, sollte ich mit Rabatten um die Ecke kommen? Soll ich sagen, um Gottes Willen, wir machen es dir billiger, damit du wieder wie das nochmal ausprobierst? Oder, weiß ich nicht, sollte man gucken, ob man vielleicht in der falschen Abteilung war und da nochmal einen anderen Bereich mitzunehmen? Was gäbe es da noch?
Gero Decker: Das sehe ich ganz, ganz, ganz selten, dass über die Preisschiene irgendwas zu machen ist. Weil wenn der Kunde den Wert einfach nicht sieht, dann wird er nicht sagen, ja, ich sehe halb so viel Wert und wenn du es jetzt mir 50 Prozent billiger anbietest, dann ist es schon okay. Das passiert selten. Es kann höchstens sein, dass der Kunde irgendwie, wenn er unter super starken finanziellen Druck steht und er muss einfach mit dem Rasenmäher überall 20 Prozent Kosten raus leisten, um seine Vents abzuwenden oder sich gerade hübsch zu machen für eine Akquisition oder was auch immer. Das sind so die einzigen Szenarien, wo der Kunde eigentlich sagt, hey, wir sehen den Wert. Wir sind einfach nur aufgrund externer Faktoren gezwungen, Geld zu sparen. Wo kann man es machen? Wir können jetzt entweder hier unsere User vor den Kopf stoßen und 20% von denen vor die Tür setzen oder ihr gebt uns irgendwie eine funktional limitierte Version oder was auch immer, aber wir müssen hier irgendwie von den Kosten runter. Und dann kannst du in solchen Fällen manchmal sagen, hey, okay, verstehe das, dann lass uns doch einfach für die nächsten zwei Jahre, weil das für die nächsten zwei Jahre für euch scheinbar so wichtig ist, kriegt da einen reduzierten Preis, gleiche Leistung, aber in Jahr drei geht es hoch und ihr macht einen Fünfjahresvertrag. Dann haben wir langfristig euch gehalten und womöglich sogar das Vertragsvolumen gesteigert und ihr habt für euren kurzfristigen Zweck Kosten zu sparen und könnt da für zwei Jahre eine tolle Zahl vorweisen. Also da kann man ein bisschen kreativ werden. Aber das sind Sonderfälle, wenn es rein um Finanzen geht. Ansonsten muss man halt sagen, in dem Moment, wo der Kunde kündigt, ist halt eigentlich schon das Kind in den Brunnen gefallen. Es mag vielleicht Kunden geben, die denken, es wäre eine supertolle Verhandlungstaktik, erstmal zu kündigen. um dann quasi mit einem besseren Preis wieder weitermachen zu können. Aber sowas belastet halt auch die Beziehung maximal. Und es kann auch sein, dass der Anbieter einfach sagt, hey, solche Spielchen mache ich nicht mit, dann geh doch. Sieh zu, wo der Pfeffer wächst. Und dann lässt du die richtig leiden. Und trittst womöglich sogar noch hinterher und sagst, ja, aber du hast halt hier die Standard-Export-Funktion, um deine ganzen Daten aus dem System zu kommen, aber wenn du es irgendwie sauber von da nach da, brauchst du halt nochmal ein 50.000-Euro-Services-Paket. Macht man typischerweise nicht, aber manche Anbieter reagieren dann so. und sagen, hey, auf deine doofen Rabattspielchen hier habe ich überhaupt gar keine Lust. Such dir einen anderen Anbieter, der solche Spielchen mitmacht. Das kann für den Kunden, und das wissen die, im schlimmsten Fall zurückfeuern, weil gerade größere Firmen, wo du auch nicht diese persönliche Beziehung womöglich hast und wo du halt auch einfach nur eine Nummer bist, da kennen die alle diese Spielchen. Und die wissen, dass wenn du ein Software-System hast oder ein Produkt jeglicher Couleur, was du brauchst, worauf du angewiesen bist, Und du läufst auf die Klippe zu, dass du auch nichts hast oder nicht früh genug mit irgendwas anderem live gehen kannst. Wenn du halt auf Krawall gebürstet bist, wirst du das kommerziell gnadenlos ausnutzen. Vor allen Dingen, wenn du vermutest, dass dein Gegenüber dir einfach nur ein Schnippchen schlagen wollte. Also insofern ist da mein Appell. und auch das, was ich in der Realität sehe, ist halt eher, dort ein durch und durch von Start bis Ende eine partnerschaftliche Beziehung dort aufzubauen und zu pflegen. Und ehrlich miteinander zu reden und zu sagen, hey, ich sehe einfach den Wert nicht. Entweder du hilfst mir, diesen Wert zu realisieren, kommst mit einem schlauen Ding um die Ecke, oder wir müssen halt einfach reduzieren, weil wir es einfach kommerziell intern nicht darstellen können.
Joel Kaczmarek: Gut, also wenn wir das mit einer Partnerschaft mal vergleichen, dann ist quasi, wenn man schon die Trennung auf Probe hat, ist das Kind in den Boden gefallen, da hilft also wenig. Ansonsten ist auf gut Deutsch Paartherapie in Form von Customer Success so dein Mittel der Wahl. Gibt es trotzdem noch so irgendwie Ad-Hoc-Medizin? Manche Leute denken ja, wenn Beziehungen nicht funktionieren, muss man Kinder kriegen, was ja erfahrungsgemäß das eher erschwert. Aber gibt es sozusagen so den Liebesurlaub für gechirrte Kunden noch in anderer Form, außer dass man sagt, wir gucken mal nach Best Practices und schauen uns mal tief in die Augen, machen einen Workshop oder so?
Gero Decker: Dieser Liebesbooster muss schon viel früher passieren. Du musst von Tag 1, wo du mit dem Kunden in Kontakt trittst, musst du dir darüber Gedanken machen, wie baue ich eine möglichst nachhaltige, möglichst werthaltige Beziehung mit dem Kunden auf und pflege das und baue das auch kontinuierlich aus. Wenn ich das schaffe, von Anfang an, dann laufe ich auch nicht Gefahr, dass mir da auf keinen Fall überraschenderweise dann so ein Turnfall passiert. Man muss ja auch sehen, dass wenn ich so eine Beziehung sauber manage, habe ich auch eine unglaubliche Sichtbarkeit auf der Zeitachse, wann ein Turn passiert. Und bei Großkunden ist es häufig so, dass selbst wenn die dann die definitive Entscheidung treffen, von dir weggehen zu wollen, gibt es dann irgendwie einen Drei-Jahres-Plan oder einen Fünf-Jahres-Plan, wie die sozusagen einen geordneten Rückzug machen. Also wovon in manchen anderen Branchen Leute halt träumen, ist im Enterprise-Software-Bereich, wenn du einmal Beziehungen eingehst und du es schaffst, initial mal einen Wert herzustellen, ist das eine Beziehung auf lange, lange, lange Zeit.
Joel Kaczmarek: Hervorragend. Dann hoffe ich, dass ganz viele unserer Hörer hier natürlich sowas auch bauen. Langfristige Beziehungen und ansonsten vielleicht ein paar Paartherapie-Tipps jetzt hier mitgenommen haben. Wie immer danke ich dir ganz herzlich und freue mich schon auf das nächste Mal mit dir. Tschüss.
Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um Sales: Ka-Ching! Hier kommt dein Pflichtprogramm, wenn du verstehen möchtest, wie (B2B-)Sales funktioniert. Gemeinsam mit diversen Gästen hebt Joel deine Fähigkeiten im Vertrieb anhand vieler Beispiele und konkreter Tipps auf ein neues Level.