Was mache ich, wenn die Staatsanwaltschaft klingelt? 😱

10. April 2025, mit Joel KaczmarekDavid Rieks


🧠 Joëls Learnings

  1. Unerwartet und früh: Durchsuchungen finden oft überraschend und früh morgens statt, um den Überraschungseffekt zu maximieren. Auch Unbeteiligte können betroffen sein, wenn bei ihnen relevante Daten vermutet werden.

  2. Ruhe bewahren ist entscheidend: Die erste goldene Regel ist, ruhig zu bleiben und freundlich zu kooperieren. Panik oder Aggressivität verschlimmern die Situation nur.

  3. Keine Spontanaussagen: Es ist wichtig, ohne Anwalt nichts zur Sache zu sagen. Selbst gut gemeinte Erklärungen können später nachteilig ausgelegt werden.

  4. Vorbereitung ist essentiell: Unternehmen sollten einen Durchsuchungsleitfaden und geschultes Personal am Empfang haben. Eine jährliche Schulung kann im Ernstfall sehr hilfreich sein.

  5. Nach der Durchsuchung ist vor der Aufarbeitung: Die eigentliche Arbeit beginnt oft erst nach der Durchsuchung mit interner Aufklärung, Kommunikation und rechtlicher Aufarbeitung. Ein Krisenstab sollte zügig eingerichtet werden.


Zusammenfassung

💼 Zusammenfassung für Führungskräfte: Die fünf goldenen Regeln, wenn die Staatsanwaltschaft klingelt In dieser Folge spricht Joel Kaczmarek mit den Anwälten Caroline Raspé und David Rieks von der Kanzlei YPOG über die wichtigsten Schritte und Verhaltensregeln, wenn die Staatsanwaltschaft oder eine Ermittlungsbehörde eine Durchsuchung in einem Unternehmen durchführt. Der Fokus liegt auf professionellem Verhalten, strukturierten Reaktionen und der rechtlichen Absicherung.

🚨 Gründe für eine Durchsuchung

  • Anfangsverdacht reicht aus – Es braucht nur einen Anfangsverdacht für eine strafrechtlich relevante Handlung.
  • Dritte können betroffen sein – Auch wenn das Unternehmen nicht direkt beschuldigt wird, können Behörden relevante Informationen suchen.
  • Häufige Auslöser:
    • Wettbewerbsverstöße
    • Steuer- und Wirtschaftsdelikte
    • Scheinselbstständigkeit
    • Verstöße gegen Außenwirtschaftsrecht oder Datenschutz

🧠 Die fünf goldenen Regeln im Ernstfall

1. Ruhe bewahren (Calm)

  • Panik vermeiden – Die Situation nicht eskalieren lassen.
  • Die Beamten höflich empfangen und fragen, worum es geht.
  • Den Durchsuchungsbeschluss vorzeigen lassen und kopieren.
  • Die Behörden in einen separaten Raum führen (z. B. Konferenzraum).
  • Anwalt kontaktieren – Die Beamten werden in der Regel warten, bis der Anwalt da ist.

2. Ohne Anwalt nichts sagen

  • Keine inhaltlichen Aussagen machen, bevor ein Anwalt da ist.
  • Auch scheinbar harmlose Aussagen können rechtlich nachteilig sein.
  • Spontane Aussagen (z. B. „Das wusste ich nicht“ oder „Wir machen das jetzt anders“) können als Geständnis gewertet werden.
  • Ermittlungsbehörden sind darauf geschult, belastende Aussagen zu provozieren.
  • Keine Passwörter oder Zugangsdaten herausgeben.

3. Kooperation, keine Kapitulation

  • Mit den Behörden kooperieren, aber nur im Rahmen des Durchsuchungsbeschlusses.
  • Klar kommunizieren, welche Daten betroffen sind und was nicht herausgegeben werden muss.
  • Dokumente oder Serverkopien nur im Umfang des Beschlusses herausgeben.
  • Wenn Behörden zu viel mitnehmen wollen → Einwände erheben (Anwalt einschalten).
  • Wichtige Geschäftsunterlagen vorher kopieren, um den Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten.

4. Nach dem Spiel ist vor dem Spiel

  • Die Durchsuchung ist nur der Anfang des Verfahrens – das Unternehmen muss vorbereitet bleiben.
  • Direkt nach der Durchsuchung:
    • Nachbesprechung mit dem Krisenteam.
    • Dokumentation der Maßnahme und der sichergestellten Gegenstände.
    • Überlegen, ob eine interne Untersuchung eingeleitet werden muss.
    • Kommunikationsstrategie mit Mitarbeitern und externen Partnern festlegen.
    • Interne Zuständigkeiten und Maßnahmen definieren.

5. Vorbereitung ist alles

  • Durchsuchungsleitfaden erstellen:
    • Wer wird informiert (Anwalt, Geschäftsführung, IT)?
    • Wer spricht mit den Behörden?
    • Wie sind die internen Prozesse geregelt?
  • Schulungen für Mitarbeiter – insbesondere Empfang und Führungskräfte.
  • Notfallkontaktliste bereitstellen.
  • Regelmäßige Simulation von Durchsuchungen zur Vorbereitung.
  • Sicherheitsmaßnahmen für digitale Daten prüfen und absichern (z. B. verschlüsselte Backups).

🗣️ Kommunikation nach einer Durchsuchung

Intern:

  • Ruhig und transparent kommunizieren.
  • Mitarbeiter informieren, dass eine Durchsuchung stattgefunden hat, ohne Details zu nennen.
  • Anweisungen zur Vermeidung externer Kommunikation geben. ✅ Extern (Presse, Investoren):
  • Keine Details nennen – eine neutrale Stellungnahme abgeben:
    • „Wir kooperieren mit den Behörden und nehmen die Angelegenheit ernst.“
    • „Wir können aufgrund der laufenden Ermittlungen derzeit keine weiteren Auskünfte geben.“
  • Keine vorschnellen Schuldzuweisungen oder Entlastungen äußern.

📌 Rechtliche Grundlagen und Einschränkungen der Behörden

  • Die Behörden dürfen nur das mitnehmen, was im Durchsuchungsbeschluss aufgeführt ist.
  • Bei Unsicherheit → Nachfragen und ggf. Einwände erheben.
  • Wenn Geräte oder Daten benötigt werden → Kopien erstellen lassen oder Rückgabe beantragen.
  • Rückgabe von beschlagnahmten Gegenständen kann mehrere Monate dauern.

🔎 Typische Fehler und Risiken vermeiden

❌ Hektik oder Widerstand gegen die Beamten → Eskaliert die Situation. ❌ Spontane Aussagen → Können als Geständnis gewertet werden. ❌ Überreaktionen → Schädigen die Beziehung zu den Behörden langfristig. ❌ Fehlende Organisation → Verlängert die Durchsuchung und erhöht das Risiko von Fehlverhalten.

Fazit für Führungskräfte

  • Eine Durchsuchung ist für jedes Unternehmen ein kritischer Moment – professionelle Vorbereitung und ruhiges Verhalten sind der Schlüssel zur Schadensbegrenzung.
  • Klare Kommunikationslinien, ein fester Krisenplan und die richtige juristische Unterstützung helfen, die Situation zu kontrollieren und Folgeschäden zu minimieren.
  • Wer gut vorbereitet ist, hat die Kontrolle – selbst in einer Ausnahmesituation.