Wie finde ich mein Leadership Playbook (in unsicheren Zeiten)?

13. Februar 2024, mit Joel Kaczmarek

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Intro: digital kompakt. Heute aus dem Bereich Führung mit deinem Moderator Joel Kaczmarek. Los geht's.

Joel Kaczmarek: Hallo Leute, mein Name ist Joel Kaczmarek. Ich bin der Geschäftsführer von Digital Kompakt und heute kommen wir in Sachen Führung, glaube ich, so richtig auf unsere Kosten, denn ich finde, es könnte kaum aktueller sein, worüber wir heute reden, nämlich darüber, wie ich eigentlich mein Leadership Playbook finde und das speziell in unsicheren Zeiten. Weil machen wir uns nichts vor, gerade auch durch die Marktlage auf der Welt herrscht ja viel Unsicherheit und das macht ja auch was mit den Mitarbeitenden. Und vielleicht habt ihr schon mitgekriegt, dass ich regelmäßig mit der lieben Nina Pütz zusammensitze von RatePay und wir reden darüber, wie eigentlich Leadership und Change so funktionieren. Und als ich mit Nina dann so sprach, meinte er, hey, sag mal, wir müssen mal wieder was machen. Hast du Bock? Sagt er, pass mal auf, ich habe da noch einen, der kann das noch besser oder mindestens genauso gut wie ich. Das ist der liebe Danny. Und Danny Moraviak, der ist Chief Commercial Officer bei RatePay und hat eine spannende Vergangenheit, weil er zum einen Berater war, dann bei Wayfair und mittlerweile bei RatePay. Also dreimal Führungspositionen in unterschiedlicher Couleur. Und von ihm werden wir heute, glaube ich, ganz viel lernen darüber, was es eigentlich bedeutet, in diesen unterschiedlichen Operativen tätig zu sein und was sich da teilweise, wie gesagt, für situative Führungsmittel anbieten. So, that being said, lieber Danny, moin moin. Bist ja ein adäquater Satz, wie ich lerne.

Danny Moraviak: Hallo Joel, schön bei dir zu sein.

Joel Kaczmarek: Salut. Erzähl mal, war das für dich so sehr kaltes Wasser eigentlich, als du aus der Beraterwelt dann in die Non-Beratungswelt gegangen bist?

Danny Moraviak: Ich sag immer, operative Führungsrolle, ja.

Joel Kaczmarek: Weißt du mal, was du getan hast für dein Geld und nicht nur erzählt, wie man es tut. Okay.

Danny Moraviak: Ja, ich war ja fast zehn Jahre bei McKinsey, da sind ja so verschiedene Stufen durchlaufen, aber letztendlich stimmt es ja. Meistens setzt man die Sachen nicht um, die man da aufschreibt. Und als ich dann nach einer Rolle gesucht habe im Operativen, war einer der Reize von Wayfair ganz bestimmt auch, dass es direkt ein Team von 60 Leuten gab, das da zu führen gab. Und das gibt es jetzt normalerweise nicht für so einen ehemaligen Berater, dass man da direkt so viel Führungsverantwortung bekommt. Also ja, ein Stück weit schon ein kaltes Wasser.

Joel Kaczmarek: Und was ist dann passiert? Was ist so deine Erinnerung an die erste Woche, an die ersten Momente, als du da so eingetaucht bist in so eine neue Welt? Was war das?

Danny Moraviak: Erstmal total aufregend und vor allem, es waren echte Daten. Es war halt nicht nur so, okay, wir machen mal hier die Analyse auf einem Datensatz, der vielleicht schon alt ist, sondern es war halt, jeden Tag kam Geschäft rein und jeden Morgen haben wir auf die Zahlen geschaut. Was wurde gestern abverkauft? Das kennt ja jeder, der im E-Commerce unterwegs ist. Aber mir fiel auch direkt, dass halt sozusagen die Spannweite von den Leuten, die da in meinen Teams waren, viel, viel größer war als das, was ich bisher gewohnt war.

Joel Kaczmarek: Also wir werden ja heute auch eine Matrix nutzen, die, glaube ich, der ein oder andere kennen könnte. Das ist diese Skill-and-Will-Matrix. Das heißt, wenn ihr, liebe Zuhörer, jetzt mal so vor eurem geistigen Auge eine Vier-Felder-Matrix aufmacht, dann hat man auf der unteren Ebene die Skill-Ebene, also wie fähig bin ich, und auf dem nach oben laufenden, auf der Y-Achse, hat man die Will-Ebene. Da hat man ja offensichtlich vier Quadranten, nämlich einmal niedriger Will, niedriger Skill, dann aber hoher Will bei niedrigem Skill und so weiter und so fort. So, das können wir heute mal als Basis nehmen. Was würdest du sagen, was warst du bei McKinsey gewohnt in diesem Feld?

Danny Moraviak: Ja, ganz eindeutig sehr, sehr, sehr viele Kolleginnen, die da rechts oben waren, High Will, High Skill, Leute, die einfach extrem gut waren in dem, was sie gemacht haben und dabei noch unglaublich motiviert. Ja, ich glaube, die Realität ist, dass ein normales Team, jetzt mal weg von so einem ganz speziellen Umfeld, eigentlich da viel diverser aufgestellt ist und dass man Mitarbeitende in allen Quadranten hat. Um ganz ehrlich zu sein, das war was, was ich nicht so richtig kannte und mein Führungsstil bis dahin auch nicht darauf ausgelegt war, den einzelnen Quadranten gerecht zu werden, sondern ich war halt sehr stark darauf gepolt, High Skill, High Will, das sind Leute, die andauernd abliefern, ja, im Zweifel noch zu viel abliefern, wo man als Führungskraft fast nur darauf achten muss, dass sie halt nicht ausbrennen. im Zweifel. und Mein Führungsstil, der darauf ausgerichtet war, den nenne ich mal so Empower und Support, also den Leuten möglichst viel Freiraum zu geben, eher Ziele klar vorzugeben, dabei zu unterstützen, wenn Barrieren entstehen, der hat nicht so gut funktioniert für die anderen drei Quadranten.

Joel Kaczmarek: Okay, also du bist quasi mit dem Messer zur Schießerei gekommen, lerne ich jetzt. Und lass uns das doch mal auseinandernehmen, weil darum geht es ja genau, dass man quasi, wenn wir über Playbooking reden, diese Führungsmodelle versteht. Also dein Führungsmodell in einer Situation, wo du es mit Menschen zu tun hast, die eine hohe Fähigkeit und einen hohen Willen haben, der basiert bei, wie hast du gerade gesagt, Empower und Support, also darauf, dass du sie ermächtigst und unterstützt, dass du eigentlich mehr so jemand bist, der quasi die Hindernisse aus dem Weg räumt, denen so ein ideales Umfeld schafft, das sie leisten können und ein bisschen auf sie aufpasst. Ist das so halbwegs wie richtig wiedergegeben?

Danny Moraviak: Ich würde sagen, das ist richtig wiedergegeben. Dahinter steckt halt der Grundgedanke, dass ich glaube, dass jeder das Potenzial von sich selbst am besten entfalten kann, wenn man halt auch selbst den Weg gestaltet. Und dementsprechend sollte man das Ziel vorgeben, aber wie man da hinkommt, sollte man den jeweiligen Führungskräften oder Teammitgliedern selber überlassen. Und deswegen, wenn wir dann sagen, okay, das Ziel ist X, komm du doch mit dem Plan, wie du da hinkommst und ich bin gerne bereit, A, den Plan zu challengen oder auch du gehst einfach dahin und sagst, oh, jetzt habe ich aber hier das und das Problem, da brauche ich vielleicht Unterstützung.

Joel Kaczmarek: Okay, also geprägt von viel Freiheit und, sag ich mal, auch der Möglichkeit, selbst zu entscheiden, wie ich von dem Punkt, wo ich jetzt bin, zu dem Ziel komme. Du gibst eigentlich nur das Ziel vor, aber wie die Leute da hinkommen, entwickelt sie selbst und du bist aber derjenige, der quasi ihr Enabler ist auf dem Weg dahin.

Danny Moraviak: Wir sagten ja gerade High Will, High Skill, also extrem motiviert und können auch sehr gut mit Tools, Methoden und so weiter umgehen. Macht auch einen Sinn der Welt, weil im Zweifel, meiner Erfahrung, kommen die Leute mit viel besseren Lösungen, als man sich hätte selber ausdenken können.

Joel Kaczmarek: Und sag mal, mir ist so hängengeblieben dieser Begriff des Insecure Overachiever. Also jemand, der so überleistet aus einer eigentlichen Unsicherheit heraus. Resoniert das bei dir? Kannst du damit was anfangen?

Danny Moraviak: Firmen wie McKinsey sagen das vielleicht nicht offiziell im Recruiting, aber genau dieser Typus wird gesucht. Und das sind natürlich die Leute, die high will, high skill auch sind. Und deswegen habe ich gesagt, das Wichtigste ist, da sicherzustellen, dass die nicht ausbrennen und dass die nicht sich komplett leerlaufen. Ich glaube selbst, ich werde jetzt nicht fast zehn Jahre Beratung machen können, wenn ich die ganze Zeit da so unterwegs gewesen wäre wie die ersten ein, zwei Jahre. Also auch genau in diesem Modell. Permanente Unsicherheit leiste ich denn genug. Und ich glaube, für mich war das zentrale Learning, ich weiß noch, in meinem zweiten Jahr, irgendwann nachts um zwei im Teamraum, kam dann der Senior-Partner und ich habe Total darüber geklagt, warum wir jetzt hier noch 15 zusätzliche Analysen machen sollen, obwohl das doch wahrscheinlich gar nicht relevant ist. Dann hat er auch, ja, du musst realisieren, in dieser geistigen Arbeit gibt es ja kein oberes Qualitätslimit. Man kann es im Zweifel immer noch ein bisschen besser machen und man muss halt selbst entscheiden, wo ist dieses obere Limit. Und ich glaube, der typische Insecure-Overachiever treibt sich dann an, doch nochmal ein, zwei, drei Prozent inkrementell mehr rauszuholen. Und für mich war so das Insight, okay, wenn ich in so einem very demanding Job lange arbeiten möchte, überleben möchte und da auch Spaß habe, Dann muss ich mich entwickeln vom Insecure Overachiever hin zum Secure High Achiever. Also jemand, der mit einer gewissen Selbstsicherheit sagt, hey, ich habe die wesentlichen Punkte hier abgedeckt. Habe ich vielleicht nicht noch 30 Sachen extra, die gar nicht gefragt waren, mit abgedeckt, aber die wesentlichen zentralen Sachen, die sicherstellen, dass wir zu einem sehr guten Ergebnis kommen, die habe ich abgedeckt.

Joel Kaczmarek: Und warum ist das so, dass dieses Overachieving mit Unsicherheit einhergeht? Also woran liegt das? Hast du so einen Pattern entdeckt?

Danny Moraviak: Ich glaube, das ist so der innere Antrieb, dass man ja nicht genau wissen kann, ob die Lösung, die man hat, schon gut genug ist und dann auch so vorbereitet sein wollen auf mögliche Nachfragen und dann halt sagt, okay, entweder kann ich dann auch mal sagen, das weiß ich nicht, das kann ich mir gerne im Nachgang anschauen. Aber ich vermute, es ist ABC. Dafür braucht man weniger Vorbereitung, als lasst man noch nachts um zwei einmal einen Datensatz crunchen. Weil falls die Frage kommt, dann haben wir auf jeden Fall die Antwort ganz sicher da.

Joel Kaczmarek: Und für Menschen, die dir jetzt zuhören, mit solchen Menschen zu tun haben, was sind so die Mittel und Wege, um von insecure zu secure zu kommen und von overachiever vielleicht auf so ein normalverträgliches Niveau?

Danny Moraviak: Man muss es vorleben. Wenn man selbst für sich erkannt hat, ich bin Insecure Overachiever, sollte man sich bewusst machen, dass das stark aufs Team abstrahlt, weil man den gleichen Anspruch dann ja ans Team hat und im Zweifel Finger in die Wunde legt, im Sinne von, oh, du hast jetzt aber nicht die dritte Nachkommastelle da gehabt. Das heißt, sehr stark selbstreflektierend erstmal sein und das dann auch ausstrahlen und zu sagen, wir fokussieren uns auf das, was wichtig ist oder am wichtigsten. Ist okay, wenn wir da jetzt nicht alles abdecken. Aber nichtsdestotrotz, glaube ich, ist ein ganz wichtiger Punkt halt dann so diese psychologische Sicherheit, die man seinen Mitarbeitenden geben sollte. Vielleicht, also wenn ich da einen Bogen schlagen darf, Joel, ich persönlich glaube halt ganz klar, wenn ich ans Thema Entwicklung denke, Stärken, Stärken ist das. Also ein Usain Bolt, als der 15 war. Da hat er nicht versucht, ein Ausdauerläufer zu werden, sondern der war schon ein guter Sprinter und ist dann halt der weltbeste Sprinter geworden, indem er sich darauf fokussiert hat, das zu machen, was er am besten kann. Man sollte sich darauf fokussieren, wo ist man schon gut? Das macht man zu einem außergewöhnlichen Level. Bei den Schwächen, die sollte man nicht versuchen, in Stärken umzumünzen, sondern sicherzustellen, dass die einen nicht davon abhalten, ein bestmögliches Ergebnis abzuliefern.

Joel Kaczmarek: Woran erkennt man solche Leute, die insecure Overachiever sind?

Danny Moraviak: Ich glaube zum einen arbeiten die lang oder vielleicht auch länger, als es notwendig ist. Also erstmal Vorbereitung ist was Gutes. Der Letzte hat gesagt, man sollte sich nicht vernünftig vorbereiten, aber tendenziell investieren sie zu viel Zeit in Vorbereitung und vielleicht auch Analyse, bevor man mal ans Machen kommt und mal echt Real-Time-Feedback und Real-World-Feedback einholt. Nicht immer, aber manchmal drücken sie es auch selbst aus. Obwohl sie extrem viel erreichen, sehr, sehr, sehr gestresst und unzufrieden wirken mit dem, was sie eigentlich gerade schon erreicht haben.

Joel Kaczmarek: Ist es denn immer so, wenn jemand sozusagen so ein Overachiever ist, dass der automatisch auch insecure sein muss? Oder hast du in der Karriere auch viele erlebt, die doch sehr selbstsicher eigentlich sind?

Danny Moraviak: Das ist eine sehr gute Frage. Und ich will auch jetzt erstmal nicht grundsätzlich sagen, das eine ist gut oder besser oder schlechter. Es ist ja, jeder muss da sein eigenes Level finden. Ich persönlich hätte gesagt, ich habe ein paar inspirierende Vorbilder erlebt. Die sind aber auch dann eher Secure High Achiever gewesen. Vielleicht nochmal, weil sie halt nicht die inkrementellen 5% noch rausholen wollten, hatten die Zeit nochmal über was ganz anderes nachzudenken oder einen ganz anderen Ansatz zu wählen, was Neues auszuprobieren und haben dann halt Ergebnisse erzielt, die man vielleicht im normalen Herangehensweg nicht gekommen wäre.

Joel Kaczmarek: Was würdest du sagen, die Erfolgswahrscheinlichkeit, bei wem ist die höher von den beiden, die du jetzt gerade genannt hast?

Danny Moraviak: Es gibt ja einen Grund, warum beispielsweise Beratungsfirmen bewusst diese Leute, Young Bright Things, die Insecure Overachiever rekrutieren, weil man halt weiß, da kann man sehr, sehr viel rausholen in dem, was das Team dann letztendlich abliefert. Wenn man jetzt aber, ich glaube, über einen längeren Zeitraum schaut, geht es ja immer darum, dass es nachhaltig ist und dass man nicht ausbrennt oder auch manchmal auch dann einfach keine Lust mehr hat auf die Rolle und sich geht. Ich kann es vielleicht so ganz gut zusammenfassen, ich habe viel zu viele gute Kolleginnen im Beratungsumfeld über die fast zehn Jahre erlebt, die fantastisch gut waren, aber die irgendwann sagten, aber das Modell ist nicht für mich. Und dann habe ich mal die Frage gestellt, hast du denn probiert, das Modell zu ändern? Also wenn jemand sagt Modell, dann war das so implizit 90 Stunden pro Woche, also sozusagen genau das, worüber wir gerade sprechen. Und das wurde zu selten wirklich probiert. Die, die mich wirklich inspiriert haben, das waren die, die das konnten, die nicht nachgeeifert sind.

Joel Kaczmarek: Was hast du da für Dynamiken eigentlich in so einem Umfeld, also ist das dann auch so, man hat ja manchmal so soziale Sanktionen, die man vielleicht gar nicht immer gleich sieht, aber irgendwie so latent spürt, so klar gibt es diese Classics, wenn du um 19 Uhr nach Hause gehst, dann sagst du, ach machst du Mittagspause oder so, ne, haha, aber ist das ein bisschen so, dass so ein System sich auch immer selbst anfüttert, wenn du da einmal in dieser Matrix drin bist?

Danny Moraviak: Das Wichtigste ist, dass man selbst das vorlebt. Und dementsprechend habe ich immer geschaut, dass ich mit Leuten arbeite, die auch auf einem ähnlichen Modell unterwegs sind. Und man bekommt ja dann Feedback von Klienten, man bekommt Feedback von auch Upward-Feedback von den Teams, mit denen man arbeitet. Und ich hatte sehr, sehr hohe Followship, weil die Leute gern mit mir gearbeitet haben. Das hat natürlich echt getrieben, dass man dann einfach auch leichter neue Leute gefunden hat für ein gewisses Projekt, was man zu starten hatte. Ich glaube, die Dynamik, die da einfach wichtig war, dass man das nicht versteckt hat. Um dir ein konkretes Beispiel, ich dachte wirklich viele Jahre, man muss das so ein bisschen hinter vorgehaltener Hand machen, weil halt so die Konvention ist, alle sind stolz darauf, dass sie im Zweifel dann auch am Wochenende viel Zeit darauf verwenden. Und dann hatte ich einen super Coach, den ich das durchdiskutiert habe und der sagte, nee, guck mal, das ist doch das, was dich ausmacht, dass du sozusagen mit akzeptablen Zeiteinsatz sehr gute Ergebnisse erziehst. Deshalb arbeiten die Leute gern mit dir in deinen Teams. Mach das doch zu deiner Brand und versuch, mach das eher zu deiner Mission, das rauszutragen, weil da sieht auch die Firma Wert drin, das zu transportieren. Ich glaube, es ist sehr, sehr wichtig, das zu propagieren.

Joel Kaczmarek: Okay, so, jetzt haben wir für unser Leadership Playbook schon mal oben rechts abgearbeitet. Also High Skill, High Will. Kommen wir mal zum nächsten Quadranten. Hoher Skill, niedriger Will. Wie passt du da so dein Führungsmodell an?

Danny Moraviak: Da geht es ja wesentlich darum, wie motiviere ich die Person, eine gute Leistung abzuliefern. Es gibt einfach sehr, sehr viele, die in diesem Bereich sind und je nach Lebensphase ist es manchmal ja auch okay. Für mich war das wesentliche Insight zu verstehen, wie motiviere ich eine Person. Motivation ist ja sehr, sehr vielschichtig und letztendlich sollte sie ja intrinsisch sein, damit sie nachhaltig ist. Und das zu verstehen war was, was ich aus der Beratung nicht kannte, nicht gelernt habe. Also wirklich zu verstehen, was treibt dich an. Es ist Karriere, ist es monetäre Vergütung, ist es Purpose, etwas Zwischenmenschliches. Das zu verstehen, nachzufragen und auch die längerfristigen Ziele von Leuten zu verstehen, war für mich da sehr, sehr, sehr relevant. Noch zum Punkt längerfristige Ziele. In der Beratung war es ja letztendlich so, alle liefen durch den gleichen Karriereweg, der endete im Seniorpartner. Man konnte sehr klar sagen, okay, du bist jetzt an der Stelle in diesem Weg, aber letztendlich laufen alle den gleichen Weg. In Learning, was ich dann halt in der echten Welt hatte, ist, nicht alle haben den gleichen Karriereweg. Und einige haben ganz andere Ziele und wollen sich einfach anders entwickeln, wollen Experten werden, wollen eher inhaltlich in ein Thema eintauchen, brauchen nicht zu sagen, in fünf Jahren habe ich ein Team, was so und so viel größer ist. Da habe ich, glaube ich, mich gezwungen, einfach bessere Fragen zu stellen und genauer zuzuhören.

Joel Kaczmarek: Ich habe da bei Beratung immer so diese Karotten-Denke auch immer gleich. Das ist so da irgendwie sehr clean. Wie hast du das denn gemacht, wenn der Pfad gar nicht so klar ist? Wo es gar nicht so dieses eine Ziel gibt. Bei Anwälten ist es ja auch immer so, dann werde ich Partner, dann werde ich Namenspartner. Das ist dann so der Olymp so. Wie gehst du da vor?

Danny Moraviak: Für mich war das erste erstmal Verständnis. Also, dass ich nicht aus dem, was ich selbst empfinde, darauf geschlossen habe, so muss es doch für alle sein. Erstmal zu realisieren, nee, das ist sehr individuell. Und dann der zweite Schritt war, tatsächlich danach zu fragen. Und wenn man danach fragt, die Hälfte der Leute artikulieren dann auch so, oh, weiß ich eigentlich gar nicht. Und dann kommt man aber in einen interessanten Dialog. Wo bist du gut drin und was gibt dir Energie? Und oftmals kommt man dann ja dann so ein bisschen darauf, okay, Leute wollen die Dinge tun, die ihnen Energie geben und wo sie auch gut sind. Und daraus mag sich was entwickeln, wo jemand sagt so, hey, ich möchte jetzt hier nicht vom Teamlead eigentlich zum Head of werden, sondern eigentlich ist mein Ziel ein ganz anderes. Und wie kann ich jetzt als Führungskraft die Person auch auf dieser Reise die nächsten fünf, acht, zehn Jahre unterstützen?

Joel Kaczmarek: Das ist wie in diesen Krimis, wenn du so die Polizisten hast, die Detektives, die die Fälle lösen mit der Knarre auf der Straße und rumballern und dann werden sie irgendwie Captain oder Lieutenant und machen nur noch Schreibtischarbeit. Also es ist zwar ein Karriereaufstieg, aber eigentlich bei dem, was den Job ausmacht, irgendwie, ich weiß gar nicht, ein Abstieg, aber was vollkommen anderes. So stelle ich mir das immer vor, oder? Geht's dir auch so?

Danny Moraviak: Ich habe da einen konkreten Gedanken dazu und das ist ja, alle Leute sind in der Rolle inkompetent, weil sie immer eins weiter promotet wurden als da, wo sie eigentlich am besten waren. Das ist ja, was du beschreibst. Und ich glaube fest daran, man sollte Mitarbeitenden die Möglichkeit geben, die Rolle, die man sie befördern möchte, schon mal auszuüben und sich darin auch zu beweisen. Also wenn jetzt jemand sagt, ich möchte eigentlich Führungskraft werden, sagen, okay, wie schaffe ich die Möglichkeit, sei das jetzt über Praktikanten führen oder Working Students oder Mitarbeiter, Über eine interimsmäßige Teamleitung. Wie schaffe ich eine Möglichkeit, dass die Person sich darin beweisen kann? Und auch zu zeigen, ja, ich bin ein guter Teamlead an der Stelle. Und auch zu sehen, das ist was, was mir Energie gibt und Spaß macht. Ich mache auch gerne die Schreibtischarbeit und bin nicht nur draußen auf der Straße und baller rum, um weiter im Bild zu bleiben.

Joel Kaczmarek: Ist natürlich wirklich insofern ganz pfiffig, Aldi, weil wenn du erst mal auf dem Stuhl befördert bist und dann merkst, es ist beschissen, dann ist der Weg zurück ja irgendwie ein undankbarer. Während wenn man sozusagen antestet mit einem Zeh im kalten Wasser und sich überlegen kann, wie ich mit der ganzen Buchse reinspringe, viel dankbarer.

Danny Moraviak: Hatten wir jetzt erst einen Case, hatten wir gemeinschaftlich überlegt, hey, Teamlead wäre super spannend und hat auf jeden Fall auch das Potenzial dafür gehabt. Also haben wir ein kleines Team gegeben, haben aber gemeinschaftlich festgestellt, vor allem sie selbst hat dann gesagt, das macht mir gar nicht so viel Spaß. Ich bin in anderen Dingen. Wo bin ich gut und was gibt mir Energie? Also no hard feelings. Es ist sehr, sehr gut, dass wir es gemeinschaftlich ausprobiert haben. Und es gibt ja auch sehr, sehr seniore Expertenrollen, wo man einen Impact hat fürs Business.

Joel Kaczmarek: Und jetzt hast du ja eingangs, als wir über High Skill, Low Will gesprochen haben, gesagt, es geht darum, die intrinsischen Motivationen zu finden. Was ist denn so die mächtigste intrinsische Motivation und was betrifft vielleicht auch die meisten?

Danny Moraviak: Also eine Frage, die mich da umtreibt, ist die Frage nach dem Purpose. Die nachfolgende Generation, Anfang, Mitte, Ende 20, stellt ja Purpose sehr in den Mittelpunkt. Und ich glaube, das war auch einfach zu machen in einem ökonomischen Umfeld, wo es immer nur nach oben geht. Wenn man sich die Purpose-Statements von verschiedenen Companies mal anschaut, ich meine, da ist viel auch einfach Marketing-Sprech. Wenn es schwieriger ist von gesamtwirtschaftlicher Seite, manchmal geht es halt im Business auch einfach nur um Business. Das mag gar nicht purposlos sein, ja, aber sozusagen Kunden zufriedenzustellen, ja, kann ja auch ein echter Purpose sein. Und was ich für mich persönlich halt gelernt habe, ist, dass für mich ist total wichtig, wer sind die Menschen, mit denen ich arbeite? Ziehe ich da Energie raus? Lerne ich was von denen und kann ich auch einen positiven Impact auf die Leute haben? Und das ist so dann für mich der Purpose. Aber ich beobachte, dass es oftmals nicht mehr ausreicht, ne? Also dass man irgendwie noch so ein Higher Purpose braucht als Organisation. Da bin ich zwiegespalten, ob das quasi nur so ein Trend ist, der sich wieder ein Stück weit abflacht oder ob vielleicht ich auch mich weiterentwickeln muss an der Stelle.

Joel Kaczmarek: Und wenn wir jetzt mal drüber nachdenken, wie gehst du denn vor, wenn wir über intrinsische Motivation reden und wir denken das Ganze als Nullsummenspiel, was es ja manchmal sein kann. Also die Beförderung steht einer Person zu und dann geht halt eine andere leer aus. Wie mitigierst du denn sowas aus so einem Führungsmodell, wenn du sagst, okay, es geht darum, Leute zu motivieren, aber ich möchte gleichzeitig auch verhindern, dass so eine Ellenbogenmentalität entsteht?

Danny Moraviak: Da muss ich sagen, finde ich, wenn man jetzt heterogener drüber nachdenkt, ist ja eigentlich viel leichter, weil die Zielfunktion nicht die gleiche ist für alle. Also jetzt in so einem typischen Anwaltskanzlei- oder Beratungsmodell ist, sage ich mal, die Zielfunktion sehr, sehr gleich. und da kann es passieren, dass man sagt, nur so und so viele Leute können in dem Jahr zum Partner gewählt werden, jetzt mal vereinfacht gesprochen. Auch wenn die Organisationen das nie so sagen würden, die sagen, jeder, der gut genug ist, bekommt das, aber letztendlich kann das da schon so sein. Und ich glaube, in der echten Welt, wo Motivation und Antrieb und Ziele so viel breiter und heterogener sind, kann es sein, für die eine Person ist der Titel extrem wichtig. Für eine andere Person ist vielleicht eine Vergütung, die total performance-related sein kann, extrem wichtig. Und für wieder jemand anderen ist wichtig, dass man was Neues lernt. Sei das dann über ein institutionalisiertes Coaching-Training oder halt auch on the job. Wenn man das besser kennt und versteht, kann man natürlich stärker darauf eingehen und solche Trade-offs auch managen.

Joel Kaczmarek: Aus arbeitgebenden Sicht hast du so eine Motivation, die dir besonders lieb ist? Also gibt es, wenn du zum Beispiel sagst, die Person, der ist irgendwie impactwichtig oder Firmenkultur. Ist sowas attraktiver als jetzt zum Beispiel was anderes wie Geld oder so?

Danny Moraviak: Aus einer arbeitgebenden Sicht, denke ich. Leute, die Impact haben wollen, Leute, die was machen wollen, also die sehr, sehr ergebnisfokussiert sind, sind mir, ganz platt gesprochen, die Liebsten. Und das übersetzt sich, also wir bei Ratepay haben ja verschiedene Werte, denen wir folgen und einer dieser Werte ist Ownership. Und für mich ist das High-Ownership-Teammitglieder, erkennt man ganz, ganz, ganz schnell.

Joel Kaczmarek: Okay, wir hangeln uns weiter. Jetzt können wir mal oben links in die Ecke gehen, wenn jemand High-Will hat, aber Low-Skill, also er ist sehr willens, aber er hat nicht die Fähigkeiten. Was machst du?

Danny Moraviak: Man würde ja auch sagen, Rohdiamant. Also jemand, der wirklich Drive hat, was erreichen möchte, noch nicht die entsprechenden Fähigkeiten hat. Also weiterbilden, trainieren, die Skills geben letztendlich. Eigentlich eine dankbare Aufgabe. Man muss sich halt bewusst dafür die Zeit nehmen als Führungskraft und auch klar identifizieren, was sind die Skills, die ich der Person beibringen möchte oder die sie selbst erlernen sollte. Und man muss auf jeden Fall Meilensteine definieren. Was mir schon passiert ist, dass ich dann sehr investiert habe, aber zu spät erkannt habe, dass zwar Trotz der Motivation, es einfach nicht dazu gereicht hat, diese Fähigkeiten so zu entwickeln, wie sie notwendig waren, damit wir halt nicht viel Erfolg erzielen. Dementsprechend würde ich halt sagen, sehr klar einen Plan vorgeben, was bis wann wollen wir erreichen, welche Fähigkeiten sollen erlernt werden und dann die Person einfach ganz, ganz priorisiert dabei unterstützen und Möglichkeiten geben, das aufzubauen. Da war so mein zentrales Learning rauskommend aus dieser Beraterrolle. Lohnt sich ja wirklich einfach viel mehr Zeit mit der Person zu verbringen und ihr zu zeigen, wie man es macht.

Joel Kaczmarek: Hängst du auch der Devise an? Mir ging es immer früher so, wenn ich Leute rekrutiert habe, habe ich immer gesagt, mir ist lieber, die Leute beherrschen die Prozesse, weil die Inhalte kann ich beibringen. Das ist ja simpel. Und sowas finde ich halt auch. Neulich hat irgendwie jemand zu mir gesagt, Motivation kannst du natürlich nicht nahe bringen, aber Inhalte kann man eigentlich immer beibringen. Ist es denn wirklich immer so einfach in der Praxis?

Danny Moraviak: Ich würde es anders formulieren. Ich würde sagen, ich Wird immer nach Persönlichkeit rekrutieren und immer Persönlichkeit über technisches Skillset. Klar, total rollenabhängig und so weiter, aber jetzt in so unternehmerischen Rollen, wo es darum geht, Business zu bauen oder auch Kunden zufriedenzustellen, da ist Persönlichkeit für mich das Wichtigste. Viele inhaltliche Spezialthemen kann man beibringen.

Joel Kaczmarek: Gut, fehlt noch ein Matrixpunkt. Ich kann mir vorstellen, was dein Vorgang da ist, wenn man Low Will und Low Skill hat.

Danny Moraviak: Ja, also das Manage Out ist die Devise, aber das hat natürlich gewisse Abschichtungen. Ich habe die Lernerfahrung gemacht, man entscheidet sich tendenziell zu spät, sich von einem Mitarbeitenden zu trennen. Oftmals liegt es an einem selbst, dass man es nicht, man weiß es eigentlich, aber man scheut davor zurück, diese negative Botschaft aufzunehmen und dann auch zu kommunizieren. Und da hatte mal ein Mentor von mir gesagt, du musst da anders drüber nachdenken. Es ist deine Verantwortung als Führungskraft, wenn du siehst, dass jemand in der Situation ist, dass es quasi keinen Weg nach vorne gibt, dauerhaft, der zum Erfolg führt, dann ist es deine Verantwortung, das zu kommunizieren, weil die Person wird angepasst. 100 Prozent in einer anderen Situation erfolgreich sein können. Sie ist es nur bei dir in deinem Umfeld nicht. Und wenn du das nicht aussprichst, ansprichst und die Konsequenzen auch ziehst, dann verwehrst du eigentlich der Person die Chance. Und wenn man sich das selber sagt, dann fällt es einem auch viel leichter, so eine Situation anzuerkennen und dann auch zu handeln. Da muss man natürlich einen sehr klaren Meilenstein da haben, wo man sagt, was muss nicht erreicht sein, damit man sich dafür entscheidet. Und man sollte sich auch nicht nur auf eine Meinung natürlich verlassen, sondern da Feedback auch von anderen einholen. Aber ich glaube grundsätzlich daran, so if there is smoke, there is fire. Wirklich durch die Bank, würde ich sagen, habe ich und die Leute um mich herum, die ich kenne, solche Entscheidungen tendenziell zu spät getroffen.

Joel Kaczmarek: Hast du dich trotzdem mal daran versucht, Leute, die low-will, low-skill sind, in irgendeine Richtung, also denen Motivation mitzugeben und Fähigkeiten? Erfolglos oder?

Danny Moraviak: I believe in people oder people first. Deswegen ist meine natürliche Intuition immer erstmal zu sagen, okay, also jeder ist gut und aus jedem lässt sich quasi was machen. Man muss es nur entdecken können. Deswegen glaube ich, dass ich grundsätzlich in vielen Situationen investiert habe. Wenn das zusammenkommt, dass jemand eigentlich gar keinen Bock hat und dazu auch noch keine gute Leistung abliefert. Und man redet darüber und man stellt einen Plan auf und man unterstützt die Person. Und dann kommt das Gleiche wieder zusammen. Das ist der Punkt, wo ich dann sage, okay, es ist Zeit zu handeln.

Joel Kaczmarek: Wenn wir jetzt nochmal uns die vier Punkte angucken, also die vier Quadranten. Was sind so typische Fehler, die man da jeweils machen kann? Also wir hatten oben rechts Empower und Support bei High Skill, High Will. Was ist so ein typischer Fehler, den ich da machen kann?

Danny Moraviak: Aus meiner Sicht zu eng führen, micromanagen. Damit nimmt man den Leuten Motivation und die entfalten nicht ihr volles Potenzial.

Joel Kaczmarek: Okay, was ist bei High Skill und Low Will?

Danny Moraviak: Den falschen Motivationshebel versuchen zu nutzen oder den gleichen Motivationshebel über alle, die in dem Bereich sind und das nicht individuell zu entdecken und dann auszusteuern. Und dann sich zu wundern, warum es nicht funktioniert. Kennt man wahrscheinlich so dieses, wir haben dem doch das Gehalt um x Prozent angepasst, wieso performt die Person jetzt nicht? War wahrscheinlich der falsche Hebel für den Mitarbeitenden.

Joel Kaczmarek: Ich würde sagen, Low Skill, Low Will hatten wir schon bei Manage Out, also da wäre so der größte Fehler, es zu spät machen. Wie ist es bei High Will, Low Skill, also wo eigentlich Train dein Motto war?

Danny Moraviak: Ich glaube, da komme ich zu dem zurück, Stärken, Stärken. Wenn man versucht, eine Schwäche in eine Stärke umzudrehen und da unglaublich viel Zeit drauf verwendet, dann wird das im Normalfall nichts. Man sollte sich darauf fokussieren, die Schwächen auf Hygieneniveau zu heben, sodass sie keinen negativen Impact mehr haben, aber gleichzeitig beim Train vor allem da rein zu investieren, die Stärken zu stärken.

Joel Kaczmarek: So, und wenn wir uns jetzt diese vier Quadranten nochmal angucken, gibt es so typische Character Traits oder Personentypen, die du siehst, wo es immer so ist, so nach dem Motto, ah ja, wenn jemand, keine Ahnung, als Kind Sport gemacht hat, ist der eigentlich immer oben rechts. Oder wenn er ein Entscheidungskind ist, dann immer eher dort. Oder weißt du, was ich meine? So mal hier so richtig schön aus der Schublade.

Danny Moraviak: Meine Antwort wäre nein. Tatsächlich ist meine Erfahrung eher, ich bin immer wieder überrascht, dass tatsächlich doch jeder ein Individuum ist. Und wenn man dann sagt, okay, habe ich so ein bisschen Pattern Recognition und erkannt und dann, you proved me wrong. Also wenn ich jetzt so auf meine typische Woche schaue, ich verbringe einfach extrem viel Zeit darin, zu versuchen, genau das zu verstehen. Also wirklich mehr auf der Beziehungsebene unterwegs zu sein, als jetzt auf der Sachebene.

Joel Kaczmarek: Und wenn du deine Erfahrung anzapfst, mit welcher Wahrscheinlichkeit springt man von einem Quadranten in den anderen? Also den unten links haben wir ja quasi mal ausgeklammert, aber von dem oben links und den unten rechts, also weißt du, wenn immer nur eine Komponente hoch ist, wie vielen Leuten gelingt das da irgendwie hinzuspringen? Ist das eine hohe Wahrscheinlichkeit oder eher nicht so?

Danny Moraviak: Ich hätte so ganz spontan gesagt, wahrscheinlich ist man sehr, sehr lange in einem von den Quadranten. Es gibt ja auch innerhalb von diesen vier Quadranten natürlich ein gewisses Spektrum. Man springt gar nicht so sehr zwischen denen, sondern man nähert sich dann eher der Mittellinie an. Also man setzt sich ja jetzt nicht mit einem Teammitglied hin und sagt so, also hier sind die vier Quadranten und so gucke ich auf dich. Nichtsdestotrotz muss man natürlich ein sehr offenes und transparentes Gefühl haben. Gespräche darüber führen, wie schaut man auf Performance und wie schaut man auf die einzelnen Dimensionen. Und ich glaube halt schon, ein gemeinsames Verständnis, wo Selbstbild und Fremdbild in der Mitarbeitendenperson sehr nah beieinander liegen, ist total wichtig, damit sich auch jemand verbessert. Also es hilft ja nichts, wenn du als Führungskraft sagst, ich motiviere dich jetzt mal, aber die Person selbst sagt, ich bin doch total bis in die Haarspitzen motiviert, ich weiß gar nicht, was du möchtest.

Joel Kaczmarek: Also mir ging es so, ich fand die essentiellste Einsicht, die ich immer bei Führung hatte, war zu verstehen, dass der Kern von Führung daran besteht, an unterschiedlichen Leuten unterschiedliche Methodiken quasi an die Hand zu geben. Also ein Fußballtrainer würde auch nicht sagen, den Abwehrspieler trainiere ich genauso wie den Torwart, trainiere ich genauso wie den Stürmer. Das ist ja erstmal so eine relativ banale Einsicht. Also spricht wahrscheinlich für meine Dummheit, wie spät ich das erkannt habe. Aber wenn man das mal verstanden hat, ist das so Schritt 1. Und wenn man sich dann modellarisch überlegt, okay, manchmal braucht es ja diesen Abstand. Ich finde so Modelle, wie du es jetzt beschrieben hast, es gibt manchmal so einen Abstand, so eine Metaperspektive auf den Blick drauf. Sonst ist man immer so in dem Projekt, warum hat der jetzt die Deadline gerissen? Das kann doch gar nicht sein. Und dann gehst du mal so einen Schritt zurück und guckst mal so aufs Mona Lisa Bild und merkst, ah, okay, wir haben hier die Grüntöne vergessen. Kann man noch was Wichtiges vergessen?

Danny Moraviak: Vielleicht ein Satz, weil du am Anfang sagtest Unsichere Zeiten erleben wir jetzt, vor allem weil ja die gesamtwirtschaftliche Lage, Consumer Sentiment ist da ja so das Stichwort, gerade im E-Commerce sich auswirkt. Ich glaube E-Commerce hat ja auch 2022 das erste Mal kein Wachstum erlebt und dieses Jahr ist auch so. und wenn ich mit allen spreche, die über Budgets nächstes Jahr gerade an der Planung sind, ist sehr viel Unsicherheit. Das Leben ist halt in Zyklen und genauso ist irgendwie auch die Wirtschaft in Zyklen. Anzuerkennen, dass es so ist, ein Boom-Zyklus vorüber ist und dass die Zeit des billigen Geldes vorüber ist und dann halt auch umzuschalten in einen anderen Modus, essentielle Aufgabe von Leadership in Organisationen und das dann auch zu kommunizieren und vor allem Kontext zu geben. Und da vielleicht auch dann manchmal so historische Zyklen mit zu zeigen und sagen, schaut mal, so war es 2000, so war 2008 und dann lässt sich, wenn man sowas mal durchlebt hat, auch leichter, glaube ich, auf den nächsten Zyklus schauen. Also ich möchte nicht nur Entscheidungen kommunizieren, sondern auch, wenn wir eine Entscheidung kommunizieren, sehr viel Kontext geben und sagen, wie sind wir dahin gelangt, was haben wir abgewogen, was haben wir betrachtet und warum haben wir uns so entschieden, wie wir uns jetzt gemeinschaftlich auch entschieden haben. Ja, wir investieren da tatsächlich sehr viel Zeit, diesen Kontext zu geben. in verschiedenen Foren, also mit dem Leadership der Firma, also alle People Leader kommen mindestens einmal monatlich zusammen zusammen. wo wir halt so durch die zentralen Elemente der Strategie und auch durchs Business durchsprechen. Und dann jetzt auch mit dem Bereich, den ich da als CCO verantworte, haben wir mal mindestens einmal im Monat eine Session, wo wir halt stärker versuchen, auch die Story drumherum mitzugeben. Und ich habe da bisher viel positives Feedback gehört. Also Kontext geben wäre da vielleicht so mein wesentlicher Punkt.

Joel Kaczmarek: Hervorragend. Lieber Danny, dann ganz, ganz herzlichen Dank. Mir hat das viel Spaß gemacht. Also echtes Highlight. Und ich glaube, gerade in diesen Zeiten ein wichtiges Instrumentarium. Sehen wir dich nochmal wieder hier, hoffe ich bald, oder? Joel, vielen Dank. Ich komme gerne wieder.

Outro: Danke fürs Zuhören beim Digital Kompakt Podcast. Du merkst, hier ziehst du massig Wissen für dich und dein Unternehmen heraus. Wenn du mit uns noch erfolgreicher werden möchtest, abonniere uns auf den gängigen Podcast Plattformen. Und hey, je größer wir werden, desto mehr Menschen können wir helfen. Also erzähl doch auch deinen Kolleginnen und Kollegen von uns. Bis zum nächsten Mal.

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Leadership

Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um Leadership: Dazu spricht Joel regelmäßig mit Nina Pütz von RatePay, deren Spezialisierung im Change liegt. (Werdende) Führungskräfte, die sich eingehend mit den Themen Führung und Veränderungsmanagement befassen, finden hier einzigartige Perspektiven, viel Praxiserfahrung und anregende Ratschläge. Dieser Podcast ist also ein Muss für jede:n, der oder die sinnvolle Veränderungen vornehmen möchte und dafür nach Führungsansätzen sucht.