Führung kompakt: Micromanagementwie komme ich da raus?

29. September 2025, mit Joël KaczmarekVanessa Laszlo

Dieses Transkript wurde maschinell erstellt. Wenn dir ein Fehler auffällt, schreib uns gerne zu diesem unter redaktion@digitalkompakt.de.

Joel Kaczmarek: Hallo Leute, wir machen heute wieder Führung im Express-Format, denn ich habe wieder die gute Vanessa Laszlo zu Gast. Ihr wisst, die liebe Vanessa hat seit über 25 Jahren, ey, das kann man gar nicht glauben bei ihrem guten Aussehen, eigentlich alles gelernt, was man in Sachen Führung lernen kann, von irgendwie Psychologie, 8000 Sachen, ich zähl sie gar nicht alle auf. Aber falls ihr das Thema habt, dass ihr als Führungskräfte sagt, ich hätte gern jemanden, der mich hier vollumfänglich psychologisch begleitet oder auch noch einiges mehr, dann ist Vanessa eure Frau. Und wir nehmen uns ja immer echte Fragen aus der Praxis vor und machen hier im Express-Format, also wir reden wirklich von roundabout 20 Minuten, dass wir das mal durchtexten. So, und heute haben wir eine ganz, ganz spannende Frage. Ich fühle mich leider ertappt, ehrlich gesagt, denn es geht um Micromanagement.

Joel Kaczmarek: Und da ist eine ganz simple Frage, die reingekommen ist, und zwar Was tue ich, wenn ich ständig das Gefühl habe, es selbst machen zu müssen?

Joel Kaczmarek: Kennen glaube ich ganz viele von uns, liebe Vanessa. Nämlich, dass man so geneigt ist, durch die Aufgaben auf den eigenen Schreibtisch zu ziehen. So, und wir können natürlich gleich mal über so Themen wie Skalierung reden und Delegation, weil wenn du wachsen willst, dann musst du natürlich Sachen abgeben. Aber vielleicht fangen wir mal an eher mit dem Motiv, was dahinter steckt. Weil ich kenne dich ja ein bisschen. Ich glaube, wenn ich dich jetzt frage, warum machen Menschen das, dass sie alles so micromanage, dass sie alles lieber selbst machen. Ich habe ehrlich gesagt in der Kindheit auch mal dieses Zitat bekommen, verlass dich auf andere, dann bist du verlassen. Sind es schlechte Erfahrungen oder steckt da ein bestimmter Typ Mensch dahinter? Was würdest du sagen, was ist die Ursache, dass Menschen das machen?

Vanessa Laszlo: Also erstmal verweist das Dilemma auf etwas, was ganz normal ist, wenn du karrieremäßig voranschreitest. Du hast halt ein Dilemma. Und das Dilemma ist das, wenn du in der Rolle vorher bist, in der du alles machst. Dann hast du sozusagen dein Gehirn so trainiert und du hast genau diesen Wunsch, es auch weiterhin zu machen. Wenn du jetzt auf einmal Führungskraft bist, kannst du nicht mehr alles machen, weil dann machst du den eigentlichen Job nicht. Und das ist quasi erstmal was völlig Normales, was eben eine Nebenwirkung ist von Karriere, dass man seine Persönlichkeit dabei entwickeln darf. Und an der Stelle ist dann halt dieser Entwicklungsschritt hin zu, wow, ich ertappe mich dabei, ich mache viel zu viel selbst. Wie komme ich jetzt eigentlich von innen nach außen? Immer von innen nach außen dahin, das nicht mehr zu tun. So, das ist jetzt erstmal eine ganz pragmatische Antwort. Also das ist jetzt hier kein pathologischer Mechanismus, gar nicht. Das ist völlig normal, dass man, wenn man zum Beispiel einen Rollenwechsel hat, dass man natürlich immer noch ganz viele Verhaltensmuster und Logiken hat aus der Rolle davor. Oder wenn man seine Hausaufgaben nicht gemacht hat, aus der davor und der davor und der davor. Das ist jetzt mal die erste Antwort. und jetzt würde ich gerne ein bisschen eskalieren. Wenn jemand wirklich ganz, ganz hartnäckig immer wieder erlebt, ich mache Dinge selbst, es fällt mir extremst schwer, nicht nur Aufgaben, sondern auch Verantwortung zu delegieren, was dann nochmal was ganz anderes ist. Und wenn ich das tue, dann ertrappe ich mich dabei, dass ich wirklich alles minutiös überprüfe, den Leuten eigentlich hinterherrenne in meinem Coaching-Bedürfnis. Ja, wenn irgendwas ist, melde dich und ich bin da und da. kann und kann nicht loslassen, dann würde ich sagen, ist das auch ein Hinweis dazu, dass es vermutlich ein wesentlich größeres Motiv von dir befriedigt als Getting Things Done. Da vermute ich jetzt therapeutisch, dass es sich um das Thema handelt, dass du entweder die Erfahrung gemacht hast, wenn ich es nicht mache, dann wird es nicht gemacht. Also eine Einsamkeitserfahrung, die du ganz tapfer mit Leistung eben kompensierst. Du löst es eben nicht durch, dann mache ich halt nichts oder ich kacke ab oder versage, sondern du löst es halt ganz tapfer mit Ärmel hochkrempeln und machen. Das heißt, dein Tunmuskel ist extremst asymmetrisch ausgeprägt. So, dass andere vielleicht gar keinen Raum kriegen, sich mal daneben zu stellen und zu sagen, komm, gib mir mal was ab, das ist doch viel zu schwer für dich. und guck mal, jetzt hast du Raum, was viel Geileres zu machen. Und das andere ist, vielleicht hast du noch eine andere emotionale Wunde, welche auch immer. Und nein, ich rede jetzt nicht von einem krassen Trauma, sondern ich rede wirklich von Dingen, die uns allen in unserem Leben passieren, nämlich, dass wir uns nicht genügend fühlen. Und das kann im Kern eigentlich nur zwei Ausprägungen haben, entweder bist du viel oder zu wenig. Warum bist du nicht mal ein bisschen so wie dein Bruder, der kriegt das doch auch gebacken. Oder was sollen denn die Leute denken? Und nein, über sowas sprechen wir hier nicht. Das können kleine Irritationen sein, die aber in dem Moment einfach eine Wunde geschlagen haben. Und dann läuft das so, wir können die Wunde nicht heilen, wir können nur den Schmerz mindern. Und Menschen haben eine bunte Palette, you name it, wie man Schmerzen mindern kann. Im worst case mit Drogen, mit sonstigen exzessiven Verhaltensweisen, mit Fluchtbiografien, mit sonst was. In dem Case vielleicht mit Leistung. Und für mich steckt in dem Nicht-Deligieren-Können eben auch so ein Overachieving-Moment, so ein Overgiving-Moment. Ich will für alles und jeden da sein. Ich will auf jeden Fall die allerhöchste Qualität nach den höchsten Gesichtspunkten liefern. Und ich kann nicht loslassen, weil es sozusagen ganz stark mit einer Schmerzvermeidung für mich verbunden ist. Das ist der eine Aspekt. Und der andere ist natürlich diese Erfahrung, dass ich mich nicht auf Beziehung verlassen kann, sondern Kontrolle brauche.

Joel Kaczmarek: Es liegt mir die ganze Zeit auf der Zunge, weil ich verlinke mal hier in den Shownotes von der Podcast-Folge die Playlist mit allen Folgen von dir und ich glaube, es war die erste. Da haben wir genau über dieses Thema geredet, nämlich Peak-Performance versus Overachieving. Also das geht ja genau in dieses Muster und wir können ja nochmal ganz kurz rekapitulieren. Also das ist genau das, was du gerade beschrieben hast, dass Menschen dann versuchen und irgendwann knallt man halt aber gegen die Decke, das immer durch Überleistung zu kompensieren, je weiter sie hochkommen, was aber irgendwann als Pattern nicht mehr funktioniert. und dann krachen sie halt gegen so eine Art Decke. Das kannst du vielleicht selber besser wiedergeben. Mach doch nochmal einen kurzen Expos dahin.

Vanessa Laszlo: Also erstens, mir fällt ein, wo wir darüber gesprochen haben, weil das war in 5 Dinge mit 20. Nur um die Quelle zu nennen, haben wir da das erste Mal drüber gesprochen. Und das Ding ist das, Overachieving kommt daher, dass du den Nullwert konterkarierst. Du machst deine eigene Skala auf und denkst dir, egal in welchen Maßstäben ihr messt, ich mache einfach dreimal so viel, dann bin ich safe. Aus welchen Gründen auch immer. Und jetzt musst du dir vorstellen, das ist natürlich ein mega geiles Muster. um erkannt und entdeckt zu werden. Gerade in so einer typischen Karriere, wie sie Organisationen, so Prosset-Butzen, halt anbieten, ist das ein super, super Muster, weil du bist natürlich einfach bedingungsfrei gut. Und das kann man nicht über jeden sagen. Und wenn du bedingungsfrei gut bist und bedingungsfrei verträglich, egal welchen Shit dir da hingekarrt wird, du machst es, bist kein 9-to-5-Worker, du setzt dich da auch nachts um 11 noch dran und am Wochenende und machst und tust. Und wenn dir jemand eine Gelegenheit gibt, dich zu beweisen, dann machst du das. So wirst du natürlich entdeckt als vielversprechendes Talent. Und jetzt geht es die Treppe nach oben. Und es funktioniert halt ungefähr im Mittel. Im Mittel funktioniert das bis ans Ende des mittleren Managements. Wenn du einfach immer noch die bedingungsfreie Arbeitsameise bist oder der Lonesome Wolf, der das halt alles komplett selber rockt, ohne Anschlussfähigkeit an irgendwen und so, dann fehlt dir komplettes Set der Anschlussfähigkeit für oben. Ein Overachiever. tut es aus einer Vermeidungshaltung heraus, dass du rausfällst, du vermeidest kritische Bemerkungen, du vermeidest Schmerz letztendlich. Du handelst letztendlich, selbst wenn du noch so gut bist, nicht vor dem Hintergrund deiner Stärken, sondern vor dem Hintergrund deiner Ängste. Und wenn du in einem Peak-Performing-Mode bist, dann ist das eine genau andere innere Positionierung. Du vermeidest nicht, du gestaltest. Du agierst absolut vor dem Hintergrund eines realistischen Selbstbildes. Du weißt, worin du exzellent bist, du weißt, worin du mittelmäßig bist, du weißt, worin du vielleicht schlecht bist und du sorgst dafür, dass du die Bedingungen herstellst, um exzellent zu sein. Das ist genau das Gegenteil. Du bist eben nicht mehr bedingungsfrei gut, sondern du bist bedingungsvoll super, super, super, super gut.

Joel Kaczmarek: Jetzt vielleicht mal erste Frage vorneweg. Hast ja den Praxisblick. Wie vielen Menschen ist denn eigentlich klar, was ihre emotionale Wunde ist und dass sie eine haben? Oder ist das so komplett auf dem weißen Landteil der Karte?

Vanessa Laszlo: Das ist schwierig zu sagen. Ich glaube leider nicht, es ist ein Großteil der Menschen. Also erstmal, jeder Mensch hat emotionale Wunden. Jeder. Also selbst mit den liebevollsten Eltern, die also wirklich auch aus einem Erwachsenen-Ich dieses Familienschiff gesteuert haben und nicht aus Kindanteilen, wo sie selbst verwundet waren etc., wirst du verwundet, weil es Missverständnisse gibt oder eine Situation Schnelligkeit erfordert, wo du vielleicht Ruhe und Achtsamkeit gebraucht hättest. oder du kommst in die Schule und erlebst halt irgendeinen Shit, der... dich total berührt, obwohl es niemand böse gemeint hat. Du wirst bloßgestellt vom Lehrer, der vielleicht einfach nur pädagogisch besonders schlau sein wollte. Oder weiß der Geier. Also nochmal, wir reden hier nicht immer nur über das, was so publikumswirksam gleich ein Trauma ist. Wir reden über scheinbare Belanglosigkeiten, die aber in dem Moment für die betroffene Person eine ganz, ganz zentrale Bedeutung hatten. Ich würde lieber auch gerne normalisieren, wie wir damit umgehen und dass wir uns da heilen können und dass wir da nicht stehen bleiben müssen. Also zurück zu deiner Frage, was mache ich, wenn ich das bemerke? Also erstmal Glückwunsch, damit bist du schon mal in einem Megaperzentil, weil das geht nicht jedem so. Und dann kannst du dich A, darum kümmern, dass du an einem bestimmten Punkt heilst, wenn du das möchtest. Und wenn du sagst, nö, muss auch ohne Heilung gehen, ja geht, ist nicht ganz so schön, aber geht. Dann kannst du B, dich pragmatisch committen. eine klare Verhaltensänderung zu vollziehen, also ein Gegentraining. Und dich wirklich hinsetzen und sagen, okay. Das hier ist das Setup von allem, was ich tun muss. Und jetzt überlege ich mal, habe ich meine Verantwortlichkeiten gut delegiert? Oder habe ich vielleicht den Kardinalfehler Nummer eins gemacht, dass ich meinen Leuten nur Aufgaben gegeben habe, die ich tracken muss und korrigieren muss und verbessern muss? und weiß der Geier, was machen muss? Und dann wirklich einfach ein Gegentraining starten. Man kann sich überlegen, es ist entweder obszön einfach oder obszön schwer, wie alles Essentielle im Leben.

Joel Kaczmarek: Dann fangen wir doch mal mit dem zweiten Faulen an, weil du hast ihn gerade schon so angerissen. Wie mache ich denn das, sozusagen da in einen anderen Modus zu kommen, dass ich auf einmal fähig zur Delegation bin, dass ich nicht mehr in diese Falle tappe, wenn ich eigentlich so einen inneren Motor habe, der mich da hinbringt? Also was würdest du sagen, wie gehe ich da vor?

Vanessa Laszlo: Indem du dir bewusst machst, dass du erstmal nur ein scheiß Gefühl hast, weil du was Neues machst. Du übergibst nicht eine Aufgabe, du übergibst Verantwortung und damit verlässt du Kontrolle, etwas, womit du bisher gut klarkamst. Das sind alles Dinge, die unser Synapsenkino null mag, weil Ergebnisoffenheit signalisiert Gefahr, schickt uns sofort ein negatives Gefühl. Das ist aber okay. Ein negatives Gefühl heißt nicht, das ist ganz schlimm und werden alle sterben. Das heißt erstmal hoch, das Neue kenne ich nicht, das ist irgendwie Amorph-Scheiße. Dann machst du einen Maßnahmenplan und setzt ihn um. Dazu gehört zum Beispiel, sich eine Auskunft zu geben, wer sind meine Key People? Wer ist dieser Kreis? Und ja, ich weiß, ich unterstelle damit, dass es nicht alle sind, aber es sind leider fast nie alle. Ja, du hast immer so eine gaussische, normal verteilte Ausprägung eben normal. Überleg dir, wer sind die Leute, die aus meiner Sicht wirklich am besten, am vernünftigsten performen? Und mit denen fängst du an.

Joel Kaczmarek: Brauchst du für sowas, was du gerade beschrieben hast, eigentlich so eine Art Timeboxing? Weil, wie du es gerade beschrieben hast, wie wenn ich einen neuen Muskel trainiere, das tut ja erst mal weh. Muskelkater, Haltungsschmerzen, whatsoever. Und dann ist es ja immer eine Verführung, wieder ins alte Muster zurückzuspringen. Wie kriege ich denn das hin, dass ich diesen Schmerzpunkt überkomme? Dass ich sozusagen nicht der Verführung anheimfalle? Okay, komm, ich mache es doch lieber wieder. Gib mir wieder meinen Schreibtisch voll.

Vanessa Laszlo: Also das Beste ist, ein Gefühl richtig wahrzunehmen. Dann A, verkürzt sich die Leidensdauer und B, kommst du schneller drüber hinweg. Macht dir nicht noch den Druck, dass ich das jetzt geil oder normal anfühlen muss. Nein, es fühlt sich scheiße an. Und es fühlt sich übrigens auch scheiße an, eine Arbeit zurückzubekommen, die nach formellen Kriterien in Ordnung ist, aber nach individuellen Kriterien nicht. Weil du weißt, fuck, hätte ich besser machen können. Ist auch irgendwie klar, weil ich habe viel mehr Erfahrung. Ich habe das ganze Ding schon hundertmal gemacht. Die Person, die es jetzt macht, macht es irgendwie zum ersten, zweiten, dritten Mal. Natürlich ist das nicht smooth. Aber, und da brauchst du eben eine Leadership-Perspektive, eine langfristige Perspektive auch drauf. Wenn du den Leuten nicht ermöglichst zu wachsen, ist das halt echt ein einsames Vergnügen, der Beste zu sein. Es ist viel cooler, in einem Raum zu sein, wo alle großartig sind, weil dir das viel mehr Freiheit und Möglichkeiten zur Gestaltung gibt und die Dinge machen zu können, die du eigentlich machen sollst. Viele Führungskräfte, da kommen die ja nie hin. Irgendwie wirklich mal strategisch proaktiv zu sein, mal ganz abgesehen von ihren persönlichen Wichtigkeiten. Das kann natürlich sein. dass diese Person de facto nicht dazu in der Lage ist. Also ich habe immer so ein Trias als Diagnostik, die kommt eigentlich aus der Entwicklungspsychologie übrigens. Die hat gar nichts mit Business zu tun, aber man kann sie wunderbar benutzen, um Folgendes zu überprüfen. Das ist eine geile Filtervariable. Also du kannst dir immer überlegen, Skill, Will or Hill. Also in der Entwicklungspsychologie guckt man sich so Entwicklungen oder potenzielle Entwicklungsschäden bei Kindern an und fragt sich, ist das jetzt ein Fähigkeitsthema? Kein Grund zur Panik, weil Fähigkeiten kann ich trainieren. Oder nächste Stufe ist leider schon schwieriger zu beeinflussen. Ist das vielleicht ein motivationales Thema, ein Haltungsthema? Immer noch kein Grund zur Panik, kann ich auch beeinflussen. Ist zwar schwieriger als rein Fähigkeiten zu trainieren, aber geht. Oder aber Hill ist der Berg einfach zu hoch und dann haben wir hier eine Entwicklungsgrenze oder einen Entwicklungsschaden.

Joel Kaczmarek: Da kommen wir aber gleich zu, nämlich auch mal zu checken, welche Aufgaben delegiere ich denn eigentlich und was muss dafür gegeben sein. Aber bevor wir das tun, gehen wir jetzt natürlich auf die nachhaltige Lösung. Also das Bessere wäre natürlich, dass ich meine emotionale Wunde geschlossen kriege, dass ich die verarztet bekomme. Das klingt jetzt aber nicht so trivial einfach. Vielleicht hast du ja aber Impulse.

Vanessa Laszlo: Nee, das ist nicht so trivial einfach. und das ist ja etwas, was ich immer in der Begleitung mit den Menschen mache, die mir ihr Vertrauen schenken, dass wir uns anschauen unter hohen Schutzbedingungen, aus einem kollektiven Commitment heraus, wo stehst du dir selbst im Weg. Und warum machst du das? Das hat ja einen wichtigen Grund. Also wo blockierst du quasi aus einem ganz wichtigen, noch nicht geborgenen Grund eine andere Entwicklung, die dir aber auch total wichtig ist. Und das ist ja etwas, was meinen Job völlig verschleißfrei macht, finde ich, dass Karrieren wirklich letztendlich Heilungsreisen sind. Das ist auch wirklich meine absolute Überzeugung. Also eine Karriere, die es dir nicht ermöglicht, dich zu entwickeln, hin in dein... Bestmögliches Selbst, eine Karriere, die es dir nicht ermöglicht zu heilen an den Punkten, wo du einfach wirklich Heilung brauchst, Trost, Schmerz, sonst was. Es ist kein Cent wert, egal wie viel Kohle sie dir dafür geben. Das gehört für mich untrennbar zusammen. Und wirklich substanzieller Erfolg, der was mit dir als Mensch zu tun hat, ist immer persönlichkeitsgebunden. Du kannst langfristig nicht erfolgreicher sein, als es deine Persönlichkeit hergibt.

Joel Kaczmarek: Aber heißt es in der Konsequenz, wenn ich meinen inneren Kontrolletti loslassen will, dann muss ich eigentlich zum Therapeuten gehen und ein ganz anderes Thema lösen? Also ist dann wirklich von Therapie, Psychologie in dem Eck was?

Vanessa Laszlo: Also das mag jetzt komisch klingen, weil ich ja auch Therapeutin bin. Ich finde jetzt nicht, dass jeder in Therapie rennen muss, weil es gibt sowieso schon zu wenig Plätze und wirklich Menschen mit kapitalen Leidensformen kriegen keinen Platz. Das ist nicht die Lösung. Es reicht oft, die Taschenlampe nach innen zu drehen. Und mal zu überlegen, warum ist das so ein hartnäckiges Muster in mir? Und ich kann nur empfehlen, das nicht alleine zu tun, weil man seinen blinden Fleck nicht sieht. Den kriegst du halt nicht, auch wenn du dich umdrehst. Und dafür ist es halt einfach sinnvoll, für die Dinge, die so blinde Fleck anfällig sind, eine Bekleidung zu haben, die nicht dieselben Limitationen hat wie du. Einfach nur, weil sie ein anderer Mensch ist und hoffentlich integer und gut ausgebildet. Also da macht es, finde ich, absolut Sinn, mal die Taschenlampe nach innen zu drehen und zu gucken. Vor welchem Schmerz laufe ich eigentlich davon in einem Routineverhaltensmuster, was aber inzwischen mich mehr limitiert, als es mir nutzt. Und ich finde, dass man diese Verhaltensmuster auch anerkennen muss, weil die bringen weit. Also es ist hoch anerkennenswert, überzuperformen.

Joel Kaczmarek: So, und jetzt habe ich natürlich noch ein paar Abschlusssachen. Und zwar zum einen, woran erkenne ich denn eigentlich gut, wann ich delegieren sollte und wann nicht? Es ist ja nicht so, dass jede Aufgabe delegiert gehört. Manchmal macht es ja auch Sinn, weil man vielleicht eine gewisse Genialität hat bei Dingen oder es effizienter macht. Hast du für dich so eine Entscheidungsmatrix, wonach du delegierst und wonach nicht?

Vanessa Laszlo: Ich versuche all das nicht zu machen, worin ich nicht exzellent bin, was leider eine Riesenmenge ist. Jetzt sprichst du mich natürlich eher auf meine Unternehmerjourney an als Solopreneur. Das ist natürlich auch so ein totaler Anfängerfehler, den man auch chronifiziert durchziehen kann, alles selber zu machen. Weil gerade am Anfang hast du vielleicht auch nicht die Kohle oder checkst es noch nicht ganz, wie es läuft und so. Natürlich gewöhnst du dir dann an, alles selbst zu machen. Aber ich delegiere ganz, ganz viel, worin ich nicht gut bin. Das finde ich ist aber auch für eine Führungskraft in einem Konzern eine wichtige Unterscheidung, wobei es da natürlich viel leichter ist zu delegieren, weil es formelle Kriterien gibt natürlich. Da hast du natürlich nicht nur selber eine Jobbeschreibung, eine Arbeitsanweisung, sondern jeder Mitarbeiter hat die auch, in der klar umrissen ist, was er machen soll.

Joel Kaczmarek: Aber es ist ganz lustig, weil das war die zweite Frage, die mir so im Kopf rumschwirrte. Was mache ich denn, wenn ich unter Ressourcenknappheit agiere? Weil wenn du so ein Startup zum Beispiel hast, dann machst du halt ganz viel selber, weil du dir einfach nicht leisten kannst. Zehn Leute zu heiern oder Dienstleister zu besorgen, die das machen.

Vanessa Laszlo: Das ist die Realität. Und dann machst du, was getan werden muss, aber mit dem Bewusstsein bitte, dass das eine Phase ist. Und das ist die Schwierigkeit. Wenn du erstmal was richtig trainiert hast, klebt das an dir wie Pech und Schwefel. Und das ist die Schwierigkeit, in diesem Phasenmodell immer wieder mitzukriegen, Moment, wo stehen wir jetzt? Und sind die Routinen, die wir uns individuell und kollektiv aufgelegt haben, überhaupt noch sinnvoll für unsere gegenwärtige und zukunftsorientierte Phase oder nicht? Wenn wir also in dem Sinne ab und zu aufräumen würden, weißt du, so wie jede Küche, jeder Kleiderschrank davon profitiert, ab und zu mal wieder alles rauszuholen. nehmen und neu einzusortieren, ein paar Sachen wegzulegen und so weiter. Und diese Arbeit machen viele Leute nicht, weswegen die wirklich beschwert mit Altlasten von manchmal Jahrzehnten durch die Gegend laufen.

Joel Kaczmarek: Also ich habe hier einiges gelernt, werde jetzt wohl auch mal hier auf meine inneren Konflikte gucken und mein Micromanagement loslassen. Liebe Vanessa, vielen, vielen Dank. Ich freue mich schon sehr aufs nächste Mal mit dir und für heute ganz herzlichen Dank.

Vanessa Laszlo: Ich auch. Vielen Dank, Joel.