Welchen Führungsstil erfordert die Krise? 💪

24. Oktober 2024, mit Joel KaczmarekStefan Lammers

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Joel Kaczmarek: Hallo Leute, mein Name ist Joel Kaczmarek. Ich bin der Geschäftsführer von digital kompakt und heute ist wieder der liebe Stefan Lammers bei mir zu Gast. Und ihr wisst, wenn Stefan und ich zusammenkommen, dann geht es um High Performance Leadership. Also wie führe ich auf höchstem Niveau? Denn als Berater und Executive Companion ist Stefan da sehr, sehr bewandert und sieht ganz, ganz viel. Und wir haben uns überlegt, lass uns doch mal über den richtigen Führungsstil für die aktuelle Situation sprechen. Denn es ist ja nicht mehr so, dass hier Milch und Honig fließen, sondern es hat sich im Markt ganz, ganz viel getan. Und da wollen wir heute mal gemeinsam diskutieren, was braucht es jetzt eigentlich in Sachen Führung? Gerade auch vielleicht im Vergleich zu früher, als die Zinsen niedrig waren, Kapital noch verfügbar waren. Weil vor allem stellen sich ja ganz viele Fragen, wenn man zum Beispiel mal auf die Generationsunterschiede schaut. Also Gen Z versus Boomer, weil der Gen Z sagt man ja gerne mal nach, dass dies etwas gemütlicher mag und überhaupt gibt es da glaube ich ganz, ganz viele Dinge, die wir heute nochmal etwas vertiefen können. Das heißt heute mal die große Führungssehbetrachtung. So, that being said, lieber Stefan, moin moin, schön, dass du da bist.

Stefan Lammers: Ja, danke, moin moin, lieber Joel und ich bin gespannt, wie wir uns dieses spannende Thema erschließen.

Joel Kaczmarek: Wir können ja mal mit so einer kleinen Verortung anfangen. Also du kannst ja mal die klassische Welt aufmachen, was du da so wahrnimmst und dann kann ich ja mal die Startup-Ecke irgendwie ergänzen. Also wie erlebst du denn gerade so die Welt und die Wirtschaftslage in unserem Land?

Stefan Lammers: Man muss das ja immer so ein bisschen unterscheiden zwischen, naja, andersrum angefangen. Also man muss ja feststellen, dass es nie allen schlecht geht und nie allen gut geht. Also da muss man immer schön differenzieren an dieser Ecke zu Beginn. Und es gibt aber eine Menge Unternehmen, die Probleme haben und das kennt ihr alle aus den Nachrichten. Das ist erhöhter Krankenstand, das ist das Thema Schmerz. dass die Gesellschaft älter wird und immer mehr Menschen in den Ruhestand gehen. Das ist auf der anderen Seite, dass die Generation Z andere Ansprüche an Arbeit hat als Mitarbeiter in der Vergangenheit. Das ist aber auch, dass die Auftragslage zurückgeht, dass es in einigen Ländern Kriege gibt, die Einfluss haben und Dinge verändern. Ein Beispiel einer Branche, der sicherlich gerade gut geht, ist die Rüstungsindustrie. Die war sicherlich sonst nicht so im Fokus und war auch nicht so geliebt, darüber zu sprechen wie in den jetzigen Zeiten. Also die Zeiten verändern sich und das ist ja das A und O für Führungskräfte, sich darüber ein Bild zu machen und zu realisieren, was heißt das denn für mich und was heißt das vor allen Dingen für unser Unternehmen. Und wie muss ich darauf reagieren? Wie muss ich damit umgehen mit diesen Situationen? Denn das ist ja ganz egal, wie diese Situationen gerade sind. Das macht mich als Unternehmer, das macht mich als Top-Führungskraft aus, dass ich in dem Moment nicht resigniere, sondern dass ich mir Gedanken darüber mache, was ist denn jetzt hier meine Handlungsmöglichkeit? Wie will ich darauf reagieren und wie will ich vor allen Dingen agieren, um in dieser Situation für unser Unternehmen das Beste zu gestalten?

Joel Kaczmarek: Ja, vor allem finde ich ja manchmal schade, es gibt ja so Heuschreckenverhalten, also der Schwarm sozusagen nimmt immer so eine gleiche Richtung, aber gar nicht immer unbedingt, obwohl es einen Grund gibt, sondern vielleicht, weil die Heuschrecke vor einem gerade auch in eine Richtung geht. Weißt du, wie ich meine? Also man hat ja so, es gibt es im positiven Sinne, also manchmal hast du das Manchmal hast du das bei Startups, wenn irgendwie Investoren in so einen komischen Beta-Wettbewerb gehen, dass die dann auf einmal total irrational werden, weil einer dem anderen irgendwie folgt und die so FOMO kriegen, aber genauso gibt es das auch in die umgekehrte Richtung. Also ich weiß noch, wie viele zu Zeiten von Corona ja auch irgendwie total zurückhaltend waren, bis man merkt, ah okay, ist gar nicht so schlimm wie gedacht, kam dann auch in Wellen wieder doch schlimmer, aber das ist schon ganz interessant so und…. Was ist denn so konkret die Lage, also wenn du mit deinen Kunden redest, sind die alle eher angespannt, werden da sage ich mal alte Tugenden wieder hervorgeholt, also eher härtere Gangart, eher Sparsamkeit und solche Dinge oder ist es was anderes, wie nimmst du das so wahr?

Stefan Lammers: Also tatsächlich höre ich das von Kunden von Auftragsrückgängen und eben Konsumverzicht, der da ist. Wobei ich heute ja gesehen habe, dass es der ein oder andere E-Commercler jetzt auch gerade wieder sagt, dass das vorbei ist. Man muss ja bei solchen Sachen auch immer sagen, dass es viel Psychologie ist. Also da weiß man auch nicht, ob das jetzt im Moment, wenn die das sagen, tatsächlich so ist oder ob damit auch im Weihnachtsgeschäft dafür gesorgt werden soll, dass möglichst viele Leute dann auch Geld ausgeben. Also tatsächlich ist es so, dass es bei vielen Leuten schwieriger wird. Und bei anderen Leuten nicht. Also jetzt klassischerweise beispielsweise bei uns in der Unternehmensberatung haben wir ein hervorragendes Jahr, eins unserer besten dieses Jahr, wo die Leute erstmal im ersten Moment sagen, euch geht es bestimmt auch schlecht, wenn die Leute kein Geld haben. Nee, der Veränderungsbedarf ist riesig hoch für die Unternehmen, jetzt etwas zu tun und auf diese Situation zu reagieren, um eben weiterhin Marktführer zu bleiben, vorne dabei zu bleiben und eben das Geschäft von vorne zu gestalten. Wie ist denn das im Startup-Bereich bei dir? Was ist denn so deine Beobachtung?

Joel Kaczmarek: Wir kamen ja aus so einer Niedrigzinsphase, wo Geld günstig war, wo man natürlich ganz anders agieren konnte. Also es war lange Zeit so, dass dein Geschäftsmodell ja latent egal war, solange du Wachstum zeigen konntest. Also Profitabilität war gar nicht das Thema und dann kam ja schlagartig, kam der Wind sozusagen nicht mehr von links, sondern von rechts, also von Steuerbord nach Backbord oder umgekehrt, von Backbord nach Steuerbord. Und dann ging natürlich auf einmal das Thema Profitabilität los. Also das heißt, da geht es jetzt auf einmal um einen ganz anderen Fokus und da hat es ja den einen oder anderen durchaus auch aus der Kurve getragen und ich glaube auch nur gute Modelle werden dann noch finanziert. So, das ist mal ein Punkt. Das andere ist, dass glaube ich ganz viele Modelle gerade auch vor den neuen technologischen Entwicklungen auf den Prüfstand gestellt werden. Also wenn du ein Geschäftsmodell hast, was irgendwie durch KI irgendwie in einem halben Jahr eventuell automatisiert oder teilautomatisiert umgesetzt werden kann, dann ist es ein Problem für dich. Von daher habe ich so den Eindruck, dass es momentan nach wie vor so ist. Geld ist verfügbar für die guten Teams, die aufzeigen können, was der klare Pfad zur Profitabilität ist und was der Geschäftsmodellplan ist. Und wenn man dann sich hinsetzt und sich genau anguckt, was ist sozusagen technisch möglich, was wird kommen und sich daraufhin eine Strategie baut, dann geht da schon was. Aber ich meine, ich habe heute gerade gelesen, dass jetzt irgendwie China wieder Kriegsübungen vor Taiwan macht. Also wenn jetzt zu Israel, Ukraine auch noch Taiwan dazu kommt, Das ist, glaube ich, schon sehr, sehr dünn die Luft, zumal ja irgendwie alle Chips von da kommen. Also solche Sachen merkt man, glaube ich, selbst auch in meiner Branche.

Stefan Lammers: Ja, und auf der anderen Seite ist das ja eine Frage, wie geht man damit um? Also die schwierigen Zeiten sorgen ja immer dafür auch, dass es eben gute Ideen gibt, dass technologischer Fortschritt da ist. Und da sollte man eben nicht Angst vor haben, sondern man muss eben schauen, wie man diese Dinge von vorne mit treibt und das Beste aus dieser Situation macht. Oder auch was ganz Neues aus dieser Situation macht. Ich glaube auch, das merke ich auch, dieses Thema, klar, das Geld ist nicht mehr so verfügbar und insofern wird nicht mehr so viel auf die herausragenden Visionen im Moment gesetzt und auf die außerordentlichen Fantasien, sondern eher auf das Realistische. Und vor allen Dingen auch auf das Renditestarke. Also dieses Bewusstsein für Rendite. Was heißt das für uns eigentlich? Wie können wir möglichst viel mit unserem Geld machen? Das ist einfach eine ganz neue Dimension gerade im Moment. Und das ist ganz wichtig für die Manager und für die Unternehmer, das auch entsprechend bewusst zu haben und darauf zu reagieren. Auch glaube ich, ist es da schwierig. für Firmen, auch im Startup-Bereich, die vielleicht noch nicht so einen guten Track-Record über eine Zeit haben oder noch nicht skaliert haben, ist es natürlich wahnsinnig aufwendiger, die Leute zu überzeugen, gerade wenn sie noch im Early-Stage sind, dafür Geld locker zu machen, wo es halt vielfach eben um Fantasie geht.

Joel Kaczmarek: Wir können ja mal auch einen schönen Übergang herbauen und zwar, du hast es eben schon mal, glaube ich, in einem Nebensatz angedeutet, so über Tugenden sprechen. Weil, was ich so erlebe in meiner Bubble ist, dass viele auch sagen, sag mal Leute, was ist eigentlich mit euch allen los? Wir fangen hier irgendwie an, über vier Tage Woche zu diskutieren und irgendwie brennt doch eigentlich der Baum. Also eigentlich müssten wir alle mehr und härter arbeiten, wo sind denn die deutschen Tugenden geblieben? So. Und diejenigen, die es gerne zugeschrieben kriegen, ist ja oft so die Gen Z, also eher die jüngeren Generationen der Mitarbeitenden, denen man halt so nachsagt, ja, da geht es so um Work-Life-Balance, die wollen nicht so viel arbeiten. Auch ganz oft höre ich solche Themen wie Ghosting, also dass auf viele Dinge sehr viel Wert gelegt wird, dass sich sehr intensiv eingebracht wird in Dinge und auf einmal ist so eine Ohnmacht da und dann melden die sich gar nicht mehr. Also ich habe das bei Leuten gehabt, die sozusagen in dem Alter versucht haben, Leute zu rekrutieren und da hieß es dann so, ja, die melden sich einfach gar nicht mehr, ich werde komplett geghostet. Weil wenn ich halt mal die Daumenschrauben anlege oder mal frage, was kriege ich eigentlich für mein Geld, dann ist auf einmal so eine, die Schildkröte liegt dann auf dem Rücken und kommt nicht mehr ins Grate, so war das Bild. Von daher, was ist denn so deine Tugendvorstellung gerade? Also kann man das überhaupt so pauschal sagen? Ist ja auch mal so ein bisschen undankbar, dass wir irgendwie wieder härter arbeiten müssen? oder kommt es darauf an? Ist es vielleicht in der einen Branche so, in der anderen so? Was ist so deine Einstellung dazu?

Stefan Lammers: Ich glaube, dass man erstmal zurückgreifen muss, dass tatsächlich die Gen Z ein riesengroßes Problem hat im Vergleich zu den anderen Generationen. Gen. Z hat nie Problemumstände mitbekommen, sondern ist an einer Zeit groß geworden, wo Milch und Honig floss und wo genug Geld überall vorhanden war, um Dinge zu bauen, voranzubringen. Und das ist ja ganz klar, wenn ich in dieser Zeit aufwachse, da gibt es ja verschiedenste Untersuchungen zu im Elternhaus oder auch in anderen Bereichen sehr stark gepampert worden bin. Und das war auch völlig okay und ist ja auch völlig legitim, diese Zeit zu erleben. Dann ist das natürlich noch viel schwerer. sich vorstellen zu können und das auch zu erleben, was es denn heißt, durch schwierige Zeiten alleine zu gehen. Und wenn wir uns angucken, in den letzten Jahren ist es ja so gewesen, oder in den letzten Jahrzehnten, dass ja auch die jungen Menschen immer länger zu Hause geblieben sind, in der bequemen Welt, sage ich jetzt mal. Das psychologische Alter, habe ich glaube ich schon mal in einem Podcast erwähnt, ist immer älter geworden, wo man erwachsen wird. Das heißt, wenn ich natürlich nicht mit Herausforderungen permanent konfrontiert werde, dann degeneriere ich an der Strecke ein bisschen. Also wenn ich das mal so böse titulieren darf. Das ist ja ähnlich wie wenn ich nicht im Sport permanent meinen Muskel reize, dann entwickelt der sich nicht weiter. Wenn ich nicht in den Schmerz reinkomme, dass ich Muskelkater habe und ähnliches, dann entwickelt sich mein Muskel nicht weiter. Und ähnlich, um das jetzt mal plakativ zu machen, an dieser Ecke ist das da ja auch so. Wenn ich mich die ganze Zeit nicht mit Herausforderungen konfrontieren muss und das Leben in meinen Bahnen läuft, wo bitteschön sollen denn diese Menschen auf einmal lernen, dass es eben auch andere Situationen gibt und was es dann heißt, da durchzugehen. So, wenn ich das nicht gelernt habe und ich komme dann in eine Situation, die herausfordernd ist, dass ich erstmal versuche, in dem zu bleiben, wo ich vorher war, ist doch komplett legitim und verständlich. Und das ist jetzt auch aus meiner Sicht so ein bisschen der Clash, in dem wir im Moment leben. Ich habe gestern Abend noch einen Bericht darüber gelesen, dass ältere Menschen immer weniger in Rente gehen. Da ging es um Lastwagenfahrer mit 60 und so weiter und teilweise 70, die noch Lastwagen fahren und für die das völlig normal ist und die auch sagen, okay, ich kann mir da zusätzlich was verdienen. zum einen, zum anderen habe ich eine Beschäftigung, ich sitze nicht nur den ganzen Tag alleine zu Hause rum und zum dritten ist es auch einfach mit anzupacken in schwierigen Zeiten. Und das ist aber auch diese Generation gewohnt, das bin ich auch in meiner Generation gewohnt, immer anzupacken und Dinge voranzubringen. Das heißt also, da kommen ja Menschen zusammen und die Menschen in meinem Alter haben ja oftmals eben auch mehr die Verantwortung in den Unternehmen. Die sind also ein bisschen älter in der Regel und die haben natürlich was anderes gelernt an dieser Stelle. Und das ist dann völlig normal vom eigenen Wertesystem, vom eigenen Erleben, dann in diesem Moment loszugehen und anzupacken. Und das ist natürlich so ein Culture Clash, der dann stattfindet, wenn man das doch alles logisch argumentiert hat und das doch auf der Hand liegt. dass man mehr anpacken muss, dass dann andere Leute in dem Moment das gar nicht für sich erkennen und vielleicht auch noch gar nicht erkennen können, weil sie das halt nie erlebt haben. Und ich glaube, das ist so das, was überbrückt werden muss, dieses Verständnis füreinander. Und da darf man, glaube ich, gar nicht so sehr sauer aufeinander sein, sondern ich glaube, dass es wichtig ist, da sehr stark in den Dialog zu gehen, um da eben auch Erkenntnis zu schaffen. Meine Sorge ist es, wir sehen das ja jetzt gerade, dass bei sehr vielen großen Unternehmen immer mehr Entlassungen gemacht werden. Also ich glaube, dass der Arbeitsmarkt an irgendeiner Stelle kippen wird. Dass das also nicht mehr so ist, dass wir alle selbstverständlich unsere gut dotierten Viertagesjobs finden, sondern dass da in Zukunft andere Dinge erforderlich sind. Und das wird natürlich schon eine Riesenherausforderung für viele junge Leute auch dann in dem Moment sein, Weil man sich ja so in der Community auch sehr klar gemacht hat, was dieses Lebenskonzept ist und da jetzt auszubrechen und festzustellen, okay, das funktioniert einfach nicht mehr so und das kann ich mir vorstellen, dass das an der einen oder anderen Stelle passiert, dann ist das eben nicht nur das Thema, ich muss jetzt einen Job anfangen, der vielleicht mehr von mir verlangt, als ich das in der Vergangenheit bereit war zu geben. Sondern es ist möglicherweise auch in meiner Community etwas, wo die Leute sagen, was machst denn du da? Das passt doch gar nicht zu dir und du hast doch immer was anderes erzählt und so. Aber da muss man eben stark sein an dieser Ecke und da mussten wir beide auch sicherlich an der einen oder anderen Stelle Kreide fressen, weil man mal irgendwie gesagt hat, man macht irgendwelche Sachen und hinterher haben die dann doch nicht funktioniert und man muss das anders machen. Also das ist mal so ein bisschen Projektion. Ob das eintreten wird für jeden Einzelnen, weiß ich nicht. Aber das ist mal so ein bisschen Projektion, die mir so dabei erstmal durch den Kopf geht.

Joel Kaczmarek: Ich habe immer so ein bisschen die Sorge, dass wenn jemand aus dieser Gen-Z-Sphäre, wie du sie gerade beschrieben hast, kommt und dann, sage ich mal, entlassen wird oder keinen Job findet, ob die so den Kopf in den Sand stecken. Also ich kriege das teilweise von Lehrern erzählt, die mir sagen, naja, ich habe hier Schüler vor mir sitzen, die Eltern sind irgendwie schon abgehangen und die haben gar keine Lust, die haben überhaupt keine Motivation. Die sind sozusagen, die lernen eigentlich für dann irgendwie Bürgergeld empfangen und irgendwie Handy-TikTok gucken. So und ich weiß immer nicht, ist das so Ausreißer, was ich hoffe, ja, oder gibt es da insgesamt so Strömungen, dass wenn jemand, der bisher keine Resilienz brauchte, weil der Widerstand nicht da war, wenn der jetzt aufkommt, fallen die auf die Füße oder fallen die auf den Rücken?

Stefan Lammers: Ja, da habe ich schon vor, ich weiß nicht, 10, 15 Jahren gab es mal einen Fernsehbeitrag über, ich glaube, einen Lehrer in Duisburg oder irgendwo im Ruhrgebiet oder sowas war das, der halt dann irgendwann gesagt hat, naja, ich bringe doch meinen Schülern nicht den Lehrstoff bei, der in der Schule gefordert ist, sondern ich gucke mit meinen Schülern, wie man denn in Zeitungen die besten Sonderangebote findet und so weiter, wie man sowas denn auswertet, weil ich ja sowieso weiß, wo die landen werden. Ja. Ja, allen Ernstes. Und da ist doch die Frage, mit welcher Haltung gehe ich denn da dran? Also gehe ich jetzt mit einer Haltung da dran, dass ich sage, ich kann das nicht und ich werde das niemals können und ich gehe mal auf die steile These mit dem Bürgergeld, was ich jetzt gar nicht unterstellen will. Oder sage ich an der Stelle, ja okay, jetzt habe ich einen tollen Zeitraum gehabt und was gibt es eben auch noch anderes? Oder wie kann ich das andere miteinander verbinden? Und da gibt es diesen alten schönen Spruch, ich glaube aus den Korinthern kommt der oder so, alles hat seine Zeit. Und wenn wir uns alle anstrengen, dann gibt es vielleicht wieder die Zeit. Also es ist ja eine Frage einmal, was brauche ich für mich? Und auf der anderen Seite, was muss ich geben, um das zu erreichen, was ich brauche?

Joel Kaczmarek: Ich habe neulich so ein Short-Video geguckt und es ist ja das Schmerzhafte, wenn man immer User-Generated-Content schaut, dass es so kein Korrektiv gibt, das überprüft, ob das überhaupt richtig ist, was da gesagt wird. Und da war so der Take, dass der Grund, warum Rom damals niedergegangen ist, die Migration gewesen sei. Dass die sozusagen in ihren Werten, sage ich mal, weil sie immer so viel weiter wachsen wollten, wachsen, wachsen, wachsen, da dann irgendwann unterminiert wurden. Ich will das nicht so richtig glauben, weil ich meine, wir sind auch auf Fachkräftezuwachs aus dem Ausland angewiesen, wenn wir mal angucken, was wir gerade so an offenen Stellen haben. Aber was ist denn so deine Wahrnehmung? Funktionieren Teams, die, sage ich mal, sehr international, sehr vielfältig, sehr divers sind in dieser Zeit gerade besser oder ist es schwieriger, die zu manövrieren?

Stefan Lammers: Also ganz ehrlich, ich habe nie Diversität an Herkunft oder Ähnlichem festgemacht. Auch nicht an Mann, Frau oder sowas im Team, sondern an Vielfältigkeit von Gedanken. Das ist für mich Diversität. Und zu dem Thema Rom, was du gerade sagst, von einem guten Freund habe ich irgendwann mal gesagt bekommen, ich weiß aber nicht, ob er das untersucht hat damals in seinem Studium oder wo es war, dass die großen Kulturen, immer dann kaputt gegangen sind, wenn sozusagen die Belustigung, Brot und Spiele und so weiter, wenn das ein zu großes Ausmaß angenommen hat. Also beispielsweise, wenn man das heute umrechnet, das war eins der Beispiele damals, wäre der beste, und das ist schon 15 Jahre her, dass er mir das gesagt hat, hätte der beste römische Wagenfahrer über eine Milliarde im Jahr verdient. Und wenn wir uns heute doch angucken, womit wir uns beschäftigen. Und da zähle ich jetzt heute nicht nur noch den Sport dazu, sondern da zähle ich auch Fernsehen, da zähle ich Internetnutzung, die ganzen Instagram-Stories und so weiter und so fort. Um das hier sehr deutlich zu machen, mich fuckt das gerade total ab, dass bei LinkedIn dieses komische Video-Ding da auf meiner App mit drin ist, das ja ähnlich wie Instagram ist und wo die ganzen Reichweitenkönige dieser Welt, die alle wissen, wie LinkedIn funktioniert und so weiter, ihre kurzen Videos zeigen. Ich habe schon geguckt, wie man das abschalten kann, kann man aber leider nicht. Also diese ganze Sache, wir werden ja verblödet mit Spielen und so weiter. Warum ist die Gaming-Branche größer als die Musikbranche in der Zwischenzeit? Alles, was wir machen, ist eigentlich nur Betäubung. Muss das? Wollen wir uns selbst abschaffen? Wenn man sich das global anguckt, könnte man das manchmal denken, wer gewählt wird und so.

Joel Kaczmarek: Ich habe das, als du gerade erzählt hast, der Wagenfahrer hat eine Milliarde verdient, habe ich auch gerade gedacht. Der Sport ist gerade pervertiert wie noch nie, glaube ich, mit irgendwie 15 bis 20 Millionen, die ein Fußballer im Jahr kriegt. Also das ist schon irgendwie absurd.

Stefan Lammers: Das ist gar nicht das Schlimme. Das Schlimme ist in der heutigen Zeit aus meiner Sicht, dass es immer mehr Spiele gibt. Also wenn man das jetzt sieht, was die gerade machen mit dieser Nations League und so weiter und so fort. Also der Sport und die Menschen im Sport, auch die Fußballspieler, werden immer mehr ausgenutzt, damit im Hintergrund einige, die die Fäden ziehen, immer mehr Kohle haben. Und das ist aus meiner Sicht eher die Perversion als das, was der einzelne Spieler kriegt. Weil der einzelne Spieler, der hat vielleicht, wenn er gut ist, zehn Jahre Zeit, damit sein gesamtes Leben zu bezahlen. Da hängen aber auch noch hinterher die Berater dran, die Kohle kriegen. Da hängen die ganzen Freunde dran. Alle Freunde sind, solange Kohle da ist und was auch immer alles mögliche. Die Kohle ist schneller weg, als man denkt. Da habe ich mich witzigerweise am Freitag noch mit einem ehemaligen Profifußballer darüber unterhalten. Guck dir das an. Was passiert mit vielen Fußballern im Alter?

Joel Kaczmarek: Ich glaube, 75 Prozent aller Footballspieler in den USA schlittern in die Armut. 75 Prozent. Von NFL zu Armut. 75 Prozent.

Stefan Lammers: Aber nicht die Besitzer der Vereine.

Joel Kaczmarek: Aber gut, mal zurück zum Thema Führung. Wenn wir jetzt gerade über diese Tugenden sprechen, über Haltung, über den Culture Clash, was ist jetzt die Konsequenz für Führungskräfte? Heißt das, ich sollte Privilegien streichen? Heißt das, vier Tage Woche ad acta und co.? Also härtere Gangart oder wie führe ich dann in so einer Situation?

Stefan Lammers: Du weißt ja, ich bin kein Dogmatiker. Für mich ist eigentlich diese ganz normale Führungstugend aus der systemischen Führung einfach das Gold wert an dieser Ecke. Also das Thema, wir nennen es ja immer da überprüfen, entscheiden, umsetzen. Also überprüfen gibt es Bedarf an Anpassungen in irgendeiner Form. Also funktioniert das System noch, was wir aufgebaut haben in dieser Zeit, in diesem Umfeld, was wir miteinander haben. Das gilt für mich als Unternehmer genauso wie für mich als Mitarbeiter in einem Unternehmen oder als Führungskraft in einem Unternehmen. Also wir haben geänderte Rahmenbedingungen und auf die muss ich ja in irgendeiner Form möglicherweise reagieren. Aber das gilt es zu überprüfen, sich das anzugucken. Was heißt das denn in der jetzigen Zeit, was ich einbringen kann, was ich einbringen muss in dieser Zeit? Und dann, wenn ich das überprüft habe, wenn ich mir das angeguckt habe, kommt das Thema Entscheiden, weitermachen oder ändern. Also passt das noch? Weitermachen. Haben wir die Ressourcen dafür, dass wir so weitermachen wie bisher? Weitermachen. Oder muss ich es ändern, damit ich eben weiter überlebensfähig bin? Und am Ende geht es darum, das eben umzusetzen und in Aktion zu bringen, zu transformieren in dem Moment. So, und dann habe ich als Führungskraft letztendlich wieder meine typischen Aufgaben. Also das heißt, ich muss dann meinen Mitarbeitenden den Rahmen geben, in dem wir unterwegs sind, also auch dafür werben, in Anführungsstrichen. Wenn wir jetzt zurückblicken, was ich vorhin gesagt habe, über diesen Culture Clash möglicherweise, über diese Unterschiedlichkeit. In der Beurteilung der gleichen Situation, also wie schaffe ich das, dafür Verständnis zu bekommen, dass die Mitarbeitenden sehen, dass was anderes möglicherweise gebraucht wird, also wenn das das Ergebnis ist. Dann geht es als nächstes für mich ums Managen, also Hindernisse aus dem Weg zu räumen und am Ende eben, wieder zu führen und Menschen motivieren, den gewünschten Beitrag zu leisten. Und dann fange ich schon wieder an zu überprüfen, ob das geklappt hat, ob ich was anderes brauche, ob ich mehr brauche oder wie auch immer. Und das ist so ein Kreislauf der Führung, der einfach unabdingbar ist, diese sechs Schritte in der Verbindung miteinander, um eben erfolgreich zu führen. Und dieser Grundsatz ist ja nur Ich führe ja nur, wenn die Leute auch folgen und das auch zeigen, dass sie folgen. Dann bin ich am Führen und ansonsten bin ich nicht am Führen. Und insofern muss ich mir als Führungskraft dann auch Gedanken machen, was ich möglicherweise bei mir verändern muss oder beim Unternehmen verändern muss, um eben erfolgreich zu bleiben. Und auch die Leute zum Folgen zu animieren, also dass sie es auch zeigen, dass sie an der Ecke folgen. Und wenn ich jetzt sage, ich habe in der heutigen Zeit einen großen Umstand, dass das Unternehmen so unter Druck ist, dass ich einfach wirklich unter Handlungsdruck bin, dass die Leute mehr arbeiten müssten und sie tun es nicht, dann muss ich mir eben Gedanken machen über Sachen wie beispielsweise Automatisierung, KI einführen, wie kann ich Leute einsparen. Wie kann ich möglicherweise Leute gewinnen, die die Bereitschaft haben, mehr einzubringen? Und das ist meine Aufgabe als Führungskraft.

Joel Kaczmarek: Und was sind so die KPI, also die Performance-Faktoren, die du dir angucken würdest? Weil ich habe gerade so im Kopf, ich habe heute irgendwie aufgeschnappt, VW hat wieder so und so viel Milliarden Gewinn gemacht, aber erstmalig irgendwie seit langem oder vielleicht überhaupt in der Unternehmensgeschichte wird sogar diskutiert, dass Jobgarantien nicht mehr gegeben sind. Werkschließungen ein Thema, weil umsatzseitig eigentlich Gewinn signifikant, aber Marge zu klein ist. Plus natürlich auf dem Schirm, dass in China gerade der Elektromarkt abhebt und kein Arsch sich für deutsche Elektroautos interessiert und wir da irgendwie den Anschluss verlieren. Also ist so ein Beispiel, das kann ich halt an Faktor Umsatz jetzt nicht belegen, aber es gibt gute Gründe, sich trotzdem Gedanken zu machen. Weißt du, worauf ich hinaus will?

Stefan Lammers: Ja klar, aber ich sehe diesen Gedanken und ich habe auch Verständnis für diesen Gedanken. Auf der anderen Seite sind wir gerade in einer anderen Welt. Und einer der Rahmenbedingungen in unserer Welt, auch gerade für große Unternehmen, ist halt, dass Menschen die Bereitschaft haben, in dieses Unternehmen zu investieren. Und eine Transformation für ein Automobilkonzern in der heutigen Zeit, gerade in Deutschland, wo man ja auch sagen muss, dass Manager einfach total die Zeit verpennt haben, Da gute Konzepte auf die Reihe zu bringen. Und da ist halt eine Menge Geld erforderlich. Also muss ich mir erstmal als Unternehmen ja auch Gedanken machen, wie verschaffe ich mir denn genug Geld, damit ich Handlungsspielraum habe, überhaupt eine Transformation zu machen. Das heißt also, in dieser Zeit kannst du nicht aus meiner Sicht den kausalen Zusammenhang herstellen zwischen Renditeerwartungen, die vielleicht aus meiner Sicht vermessen sind in so einer Zeit und auf der anderen Seite, dass der Pakt aufgekündigt wird zum Thema Entlassung. Das hat für mich überhaupt nichts miteinander zu tun, sondern du hast halt in solchen Zeiten, wie wir sie gerade haben, Vor allen Dingen Veränderungen in der Form, dass Geschwindigkeiten sich verändern müssen und dass du radikale Entscheidungen treffen musst an vielen Ecken. Und jetzt müssen wir uns ja nichts vormachen. Das machen wir ja sonst, wenn wir uns mit Kulturveränderungen und Ähnlichem beschäftigen und uns auch darüber unterhalten, dass große Konzerne oder große Unternehmen halt wie ein Tanker reagieren. Das heißt also, wenn du wenden willst oder auch wenn du nur eine 90-Grad-Drehung machen willst, dann brauchst du Zeit und du brauchst Platz. Und das geht nicht von heute auf morgen. Und auf der anderen Seite ist aber die Zeit kurz. Das Zeitfenster ist total kurz für diese Veränderung. Und wir haben da draußen etwas, was wir in der Vergangenheit nicht gehabt haben. Wir haben nämlich ungleiche Wettbewerbsbedingungen in einer extremen Art. Nämlich früher sind wir nach China gegangen und waren derjenige, der dort die verlängerte Werkbank genutzt hat, wenn wir bei der Automobilindustrie bleiben, und haben dadurch Preiswert produzieren können. Und heute ist aber China ein ernstzunehmender Wettbewerber geworden, der teilweise modernere IT-Infrastruktur im Auto hat als deutsche Fahrzeuge. Und das heißt, wir haben es mit einer ganz anderen Situation zu tun. Und wenn wir gucken, ein Auto kaufst du dir halt nicht so oft und wenn du dir anguckst, was im Bremerhaven für Halden von Autos stehen, von chinesischen, wenn die alle auf den Markt kommen immer stärker und das werden die vermutlich, weil die Leute ja auch weniger Geld haben, die werden also gucken, wo sie ihr Geld ausgeben, ob sie das in einem deutschen Premium-Auto ausgeben oder in einem chinesischen Auto, was vielleicht sogar noch eine modernere Infrastruktur hat, dann ist es eben so, dass du für so eine Transformation, um dagegen anzugehen, Geld brauchst ohne Ende und Flexibilität brauchst in irgendeiner Form. Und das heißt auch ein atmendes Unternehmen, in dem es sein kann, dass du dich kurzfristig von Mitarbeitern trennen musst, um eben möglichst den Turnaround auch zu schaffen, um dann hinterher auch wieder einstellen zu können. Wir sind in der hohen Politik heute unterwegs.

Joel Kaczmarek: Ja, ich habe auch gerade gedacht. Ich habe dich eigentlich gerade so nach KPIs gefragt. Also was für Zahlen, was für Faktoren, gucke ich mir an. Aber ich habe jetzt mal rausgehört, die Gesamtlage, so ein Stück weit Big Picture und Strategie. Und jetzt überlege ich gerade, welche Offenheit ist denn eigentlich so im Führungsstil angebracht in so einer Situation? Ich habe immer gelernt, man darf immer über Probleme reden, solange man Lösungen auch präsentieren kann. Aber es ist ja durchaus kritisch gesehen. Also manche sagen ja auch, nee, das macht den Mitarbeitenden Angst. Und wenn man die motiviert halten will, dann sollte man den irgendwie Also jetzt nicht so People-Pleaser-mäßig immer pempern, aber das ist ja durchaus eine Diskussion, wie viel mutig den Leuten zu und wie viel nicht.

Stefan Lammers: Kommt darauf an, das ist natürlich echt eine Frage, die du situativ entscheiden musst und strategisch entscheiden musst auch. Also wenn wir bei dem Beispiel von eben bleiben, hast du natürlich viel mit Gewerkschaften zu handeln und da geht es um Machtpositionen, da geht es um Aushandeln und Ähnliches. Und da musst du schon überlegen, wie du da strategisch klug vorgehst. Und auf der anderen Seite, gegenüber den Mitarbeitenden genauso. Also das ist ja auch die Frage, was schaffst du auch für eine Urgency, was das für die einzelnen Leute bedeutet. Und wir wissen das alle, das haben wir unter ganz anderen Umständen früher auch gesagt, Menschen sind viel, viel breiter, sich zu verändern, um Schmerz zu vermeiden, als um Freude zu erringen. Das muss man ganz einfach sagen. Und wenn du jetzt siehst, bleiben wir mal bei diesem Beispiel, Ein etabliertes Unternehmen kann jetzt ein Automobilunternehmen sein oder was auch immer. Und das sind ja Unternehmen, wenn du das anguckst, wenn ich bei Bayer oder so unterwegs bin, da waren die Eltern, die Großeltern, alle waren beim Bayer. Das heißt also auch diese Struktur hat sich so eingesetzt. Da gibt es die Familiengruppen. die über Generationen ihre Häuser in der Gegend gebaut haben und so weiter. Und das ist natürlich etwas, was eine Wirkung hat, wenn du jetzt auf einmal diese Verlässlichkeit nicht mehr hast. Das bedroht ja erstmal das ganze Sozialverhältnis der Familien, so wie sie sich eingelebt haben. Und ja, da siehst du schon, dass das auch für viele Mitarbeiter eine Bedrohungssituation ist, die da gerade aufkommt.

Joel Kaczmarek: Und wie offen würdest du sowas kommunizieren?

Stefan Lammers: Das kommt darauf an. In welchem Zustand sind wir gerade und was will ich gerade erreichen? Möglicherweise würde ich es gar nicht kommunizieren. Und ein Big Bang machen, das ist einmal so eine Geschichte, so ein Bombenabwurf, der dann ganz viel Aufmerksamkeit erzeugt. Vielleicht machst du es scheibchenweise, vielleicht nimmst du die Leute mit, kommt ganz auf die Situation drauf ein. Aber in tatsächlichen Krisensituationen nimmst du meistens die Leute nicht mit. Da sind meistens die Entscheidungsräume so dermaßen kurz, wo es dann wirklich geht, weil man ja immer versucht, also wenn es eine wirkliche Krise ist, Und es geht ums Überleben eines Unternehmens. Dann hast du deine Ressourcen meistens darauf konzentriert, dass du guckst, wie du Kapital beschaffst und wie du dafür sorgst, dass das Geschäftsmodell angepasst ist, dass es funktioniert. Und dann gibt es hinterher im Grunde genommen einen Kalender von alternativlosen Entscheidungen, die durchgesetzt werden müssen. und du willst deine guten Leute an Bord behalten beispielsweise, dann kann das sein, dass du die schon vorher informierst oder sowas, damit die Sicherheit haben. Aber möglicherweise, wenn du in einer Krisensituation bist, musst du auch einen Schnitt machen. Also da gibt es ganz unterschiedliche Konzepte. Manche Unternehmen gehen dann frühzeitig hin und bieten schon Ausstiegsszenarien an oder ähnliches. Also es kommt ganz voran. Sehr unterschiedlich.

Joel Kaczmarek: Also ich höre von vielen goldenen Tickets gerade. Ist in der Tat auch so.

Stefan Lammers: Ja, gibt es teilweise, ja. Aber ob die glücklich machen, ist auch noch eine Frage.

Joel Kaczmarek: Würdest du sowas in dieser Zeit also eher nicht annehmen lernen?

Stefan Lammers: Nee, nee, nee, nee. Das will ich gar nicht sagen. Aber das ist auch wirklich individuell zu betrachten, was das denn heißt. Das hat was damit zu tun, in welchem Alter bin ich gerade? Funktioniert das wirklich, dass ich damit über die Runden komme? Habe ich noch die Chance, einen Anschlussjob zu kriegen, ja oder nein? Da gibt es ja ganz viele Fragestellungen. Kriege ich in dem Umfeld, wo ich bin, also in der Stadt oder was auch immer, einen passenden Anschlussjob für mich und Ähnliches? Und ich merke schon gerade, das sind ja auch Diskussionen, die ich mit Kunden habe. Wenn ich jetzt auf den Bereich mal persönliche Begleitung gehe oder sowas, Wo die Familien in ihrem Umfeld bleiben und wo die Manager auf einmal die Woche über dann woanders arbeiten. Weil sie in ihrem Umfeld nichts kriegen. Und das ist schon eine brutale Entscheidung. Ob du jeden Abend zu Hause bist bei deiner Familie oder plötzlich halt woanders arbeitest. Aber das ist gerade gar nicht so wenig.

Joel Kaczmarek: Und sag mal, wenn wir jetzt wieder an den Führungsstil denken und an die aktuelle Situation, wie lange planst du eigentlich? Also wie viel Mut vielleicht, wie viel Risiko nimmst du und wie lange planst du in die Zukunft? Weil eigentlich kannst du ja gefühlt gerade nur so ein Stück weit auf Sicht planen, würde man jetzt beim Segeln sagen.

Stefan Lammers: Ganz jetzt bei mir persönlich?

Joel Kaczmarek: Nee, insgesamt, also bei Kunden eher.

Stefan Lammers: Fünf Jahre? Also der Zielhorizont ist meistens fünf Jahre.

Joel Kaczmarek: Auch jetzt noch, wo es so kritisch ist, wo sozusagen so vieles unklar ist, wie es sich entwickelt.

Stefan Lammers: Ja, weil du dir ja Gedanken darüber machen musst. Also wir müssen gleich zwei Sachen nochmal unterscheiden. Also der Zielhorizont bleibt eigentlich fünf Jahre, weil du dir ja Gedanken machen musst, ob es überhaupt eine Überlebensstrategie für dein Unternehmen gibt. Also insofern brauchst du einen längeren Horizont, um da reinzugehen. Und musst dich dann aber fragen, was heißt das vor allen Dingen in diesem und im nächsten Jahr? Und ist das schaffbar, was wir dazu brauchen, um so dahin zu kommen? Das heißt also, der Zielhorizont ist erstmal eine Bestimmung und dann ist aber ganz, ganz wichtig, auf das Jahr und auf das nächste Jahr zu gucken, um das zu verifizieren. Wenn wir aber in einer echten Krisensituation sind, in der Form, dass mir das Geld ausgeht oder sowas, dann geht es manchmal nur um die nächste Woche, um den nächsten Tag. Und da kannst du dir vorstellen, da gibt es auch keinen Schlaf oder sonst irgendetwas. Da gibt es nur dafür zu sorgen, wie kann man seine Kontakte und sein Netzwerk nutzen, um möglichst schnell für Liquidität zu sorgen und fürs Überleben zu sorgen. Da geht es um Juristerei, was hat das für Konsequenzen, wenn ich nicht rechtzeitig melde oder was auch immer alles mögliche. Also da gibt es ja ganz viele Dinge, die sich im Hintergrund in kürzester Zeit abspielen.

Joel Kaczmarek: Glaubst du, es gibt so eine Art Faustregel, was Risikobereitschaft angeht in solchen Phasen wie jetzt? Also man könnte ja zum Beispiel sagen, ich versuche sehr stark antizyklisch zu handeln oder ich nehme mehr Risiko, als ich es sonst nehmen würde. oder sollte ich genau das Gegenteil tun? Also ich vermute darauf, dass du mir jetzt sagst, das kommt darauf an. Weißt du das?

Stefan Lammers: Naja, es kommt ja auf viele Sachen an. Es kommt auf die Persönlichkeit an. Es kommt darauf an, bin ich Gesellschafter oder bin ich eingesetzter Geschäftsführer? Habe ich selber in der Hand? Habe ich einen Aufsichtsrat oben drüber? Also da gibt es ja ganz, ganz viele Spielmöglichkeiten, die da Einfluss drauf haben. Also dieses Thema, ja, volles Risiko zu gehen, mag mal funktionieren. Und auf der anderen Seite hast du aber auch Verantwortung. Zum einen fürs Kapital und zum anderen auch für die Mitarbeitenden. Und du bist ja nicht in der Regel alleine da unterwegs, sondern hast da auch eine hohe Verantwortung zu tragen und da muss man sich halt rechtzeitig Gedanken machen.

Joel Kaczmarek: Ich fand ganz schön, der Geschäftsführer von Chrono24 war bei mir vor kurzem im Podcast und auf die Frage, wie risikoaffin oder avers bist du, hat er geantwortet, ich bin sehr risikoaffin, außer bei Company Bets. Sowas mache ich nicht. Also wenn es ein Thema gibt, wo ich sage, diese Entscheidung könnte die gesamte Firma und ihr Sein beeinflussen, da denke ich sehr intensiv darüber nach, da bin ich sehr vorsichtig, sehr zurückhaltend. Aber bei Dingen, die auf kleinerer Skalierung sind, da versuche ich eigentlich immer mehr Risiko zu nehmen.

Stefan Lammers: Ja, ich habe auch viel Risiko früher genommen. Also nicht, dass ich das heute nicht mehr tun würde, aber ich habe früher halt Situationen gehabt, an die ich mich eindeutig erinnere, wo ich extrem hohes Risiko gespielt habe. Toi, toi, toi, ich habe immer gewonnen. Und da fallen mir drei wirklich entscheidende Dinge ein in meiner Corporate-Karriere. Ich habe sie immer gewonnen an der Stelle und da muss man aber trotzdem immer demütig bleiben und nicht sagen Das heißt, dass es jetzt einen Anspruch gibt, dass man das immer richtig hinkriegt. Was gut ist, wenn man gute Sparringspartner hat, die einem nicht nach dem Mund reden, sondern die auch die Bereitschaft haben, eine ganz andere Meinung dazu zu haben. Und das ist etwas, was ich immer selber in Anspruch genommen habe, dass ich ein gutes Netzwerk habe, was nicht mir nach dem Mund redet, sondern was sich auch traut, mir die Meinung zu sagen. Und das ist Gold wert. Und das ist auch wirklich eine der Kernthemen, die wirklich Top-Leute auch in der Regel haben. Sie haben in der Regel eine gute Community und Top-Leute haben in der Regel auch eben einen guten Berater an der Seite oder Coach oder Executive Companion, die eben auch in der Lage sind, das Geschäft zu verstehen und ihnen dann auch gute Fragen stellen zu können oder eben auch konfrontativ mit denen in die Diskussion gehen können in solchen Situationen. Und egal wie, das riecht eben zum Denken an und beleuchtet das nochmal von unterschiedlichen Perspektiven und das ist eben wahnsinnig hilfreich in solchen Krisensituationen und auch in anderen Situationen, aber in Krisensituationen besonders.

Joel Kaczmarek: Enden wir doch mit einer Prognose. Was ist so deine Hypothese, was deutschen Unternehmen in den nächsten fünf Jahren, wenn du sagst, das ist so der Planungshorizont, den ich ja eigentlich brauche, bevorstehen wird?

Stefan Lammers: Hm.

Joel Kaczmarek: Ich weiß, das ist eine große Frage.

Stefan Lammers: Jetzt gucke ich aber gerade in die Glaskugel mal ein bisschen nebenbei. Also ich sage mal, das, was notwendig sein wird aus meiner Sicht, ist tatsächlich Geschwindigkeit zu erhöhen, Mut zu haben, Dinge anders zu tun als bisher. Vor allen Dingen eben in das Thema Effizienz und Geschwindigkeit zu investieren. Ich hoffe, dass die deutsche Politik endlich entbürokratisiert. Das ist echt ein Hemmschuh für die Wirtschaft. Darauf ich ein bisschen auf die Wahlen im nächsten Jahr. Auf der anderen Seite habe ich auch mal Angst vor den Wahlen im nächsten Jahr, was da passiert. Und die deutsche Industrie und die deutschen Unternehmen müssen aus der Komfortzone rauskommen. Also dieses Thema, wie es früher war, Deutschland AG. wo sich alle gegenseitig gestützt haben und im Grunde genommen, ja, sie auch stark die Politik mit beschäftigt haben und dadurch auch, sehen wir jetzt auch gerade wieder diese Reflexhaftigkeit von der SPD, dass sie sagt, sie wollen jetzt wieder Eheautoprämien einführen und so weiter und so fort. Kann nicht sein, dass die Politik dafür sorgt, dass die Firmen am Überleben bleiben. Und das war schon aus meiner Sicht einer der großen Webfehler in der Corona-Zeit, dass viele Firmen, die nicht überlebensfähig waren, am Leben erhalten worden sind. großer Fehler aus meiner Sicht, weil wenn ein Unternehmen nicht überlebensfähig von sich selbst aus ist, dann sollte es auch nicht überleben. Punkt. Dann hat es irgendwas falsch gemacht. Entweder stimmt das Geschäftsmodell nicht oder sonst irgendetwas. Und wenn ich mich nicht mehr anstrengen muss, Und das sind totale Parallele zur Generation Z. Wenn ich mich nicht mehr anstrengen muss, mein Unternehmen am Leben erhalten zu müssen, weil ich gepampert werde vom Staat oder von wem auch immer, dann muss ich mich nicht mehr anstrengen. Und dann muss ich mir keine Gedanken darüber machen, wie ich das Ding hinkriege, sondern ich ruhe mich aus. Und insofern, an der Stelle würde ich sagen, hat die deutsche Industrie oder auch viele große Unternehmen haben genauso rumgehangen und vier Tage Woche gemacht wie die Generation Z. Also ist das vielleicht der Rückenschlag, wo sie sich wieder treffen.

Joel Kaczmarek: Das ist doch ein cooles Schlusswort. Also, lieber Stefan, vielen, vielen Dank für heute und bis zum nächsten Mal.

Stefan Lammers: Vielen Dank. Ich freue mich.

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