Rituale im Business 🔄 : Mit Verbindlichkeit die Teamarbeit stärken

25. Januar 2024, mit Joel KaczmarekStefan Lammers

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Intro: Digital kompakt. Heute aus dem Bereich Führung. Mit deinen Moderatoren Joel Kaczmarek und Stefan Lammers. Los geht's.

Joel Kaczmarek: Hallo Leute, mein Name ist Joel Kaczmarek. Ich bin der Geschäftsführer von Digitalkompakt und heute habe ich wieder den lieben Stefan Lammers an meiner Seite. Und ihr wisst, Stefan mit seinem Beratungsunternehmen SLBB gehört zu den bekanntesten, besten, gutaussehendsten und erfahrensten Business Coaches dieses Landes. Und wenn er und ich zusammenkommen, dann reden wir regelmäßig über High-Performance-Leadership, also wie du deine Führung auf das höchste Level bringen kannst. Und heute ein Thema, was glaube ich charmant ist, weil es gleichzeitig zeitlos ist, aber auch eine gewisse Aktualität mitbringt. Heute geht es um Rituale, weil vielleicht habt ihr ja mitgekriegt, dass irgendwie allerortens gerade Überlastung herrscht. Vielleicht geht es dir auch so, der das gerade hört oder die. Und das hat ja oft mit Strukturverlust zu tun, meinte Stefan im Vorgespräch zu mir und ich fand das total plausibel, weshalb wir heute halt über Rituale reden möchten, um mal aufzuzeigen, wie man damit eigentlich Form geben kann. Das heißt, wozu sind denn Rituale, werden wir besprechen, welche Arten gibt es und welche Anlässe. Also heute nehmt ihr ganz viel Halt mit und spannende Dinge. Cool. Also Stefan, freu ich mich. Moin Moin, schön, dass du da bist.

Stefan Lammers: Ja, Moin Moin, ich freu mich auch riesig, dass wir über so ein wichtiges Thema sprechen können, was nach langer Zeit mal wieder zu mir gekommen ist.

Joel Kaczmarek: Ja, bist du denn ein sehr ritualgetriebener Mensch, auch so in deinem normalen Leben?

Stefan Lammers: Oh, das war die böse Frage schon gleich zu Anfang. Nee, eigentlich gar nicht. Ich erinnere mich so an das Thema der Erziehung meines Sohnes. Und dann sagten irgendwann viele Leute ja auch richtig, dass es ganz wichtig ist, eben dem Kind Struktur und Halt und Rituale zu geben. Und dann habe ich gesagt, das Einzige, was bei uns ein festes Ritual ist, dass es keine Rituale gibt. Nämlich es gibt keine gemeinsamen Essenszeiten zu festen Zeiten und ähnliches. Also relativ wenig Struktur. Und tatsächlich muss ich auch selbstkritisch im Nachhinein sagen, Das war ein Fehler. Das würde ich heute tatsächlich anders machen. Also da ist unser Sohn der Leidtragende, dass ich da an ihm vielleicht das eine oder andere Laissez-faire ausprobiert habe, was nicht so erfolgreich war.

Joel Kaczmarek: Wobei es eigentlich interessant ist, zumal du ja wie ich Sportler bist oder sportaffin, also bei mir eher so Fußball, Basketball, bei dir Handball und ich finde gerade als Sportler ist man ja ritualgetrieben und ich in meinem Fall, also ich habe manchmal auch so eine leichte Zwangsstörung und man entwickelt ja dann auch manchmal so Aberglaube als Sportler, vielleicht hast du sowas auch, dass du dir beim Boxen immer erst die linke Hand bandagierst und dann die rechte oder so. Also eigentlich aus dem Sport kennt man das ja auch mit Ritualen, oder?

Stefan Lammers: Ja, absolut. Da gibt es allerdings auch tatsächlich hinderliche Rituale und gute Rituale. Und das kann man ganz leicht unterscheiden. Nämlich gute Rituale sind Rituale, die ich für mich selbst mache, vielleicht auch die nicht von anderen wahrgenommen werden oder aber die mir nicht von anderen zerstört werden können. Weil im Sport geht es ja um Wettbewerb und da ist es teilweise so, dass Wenn ich identifiziert habe, was jemand für ein Ritual zu Anfang eines Spiels hat und ich kann ihn dabei stören, dann kann ich meinen Wettbewerbsvorteil erschaffen. Und insofern ist es gerade beim Sport etwas, was ich finde extrem wichtig ist, dass man zum Beispiel nicht sagt, man nimmt eine bestimmte Sporttasche oder ein bestimmtes Talisman oder sonst irgendetwas, den man mitnimmt, den man nochmal küsst oder sonst irgendetwas. Weil die Gefahr besteht ja aus welchem Grund auch immer, den hat man verloren, der ist plötzlich vergessen oder sonst irgendetwas. und dann ist es, wenn man sich wirklich an so ein gutes Ritual gewöhnt hat, ganz schön schwierig, sich darauf zu konzentrieren und manche gehen dann sogar hin und sagen, wow, jetzt kann ich nicht mehr gewinnen und so weiter. Insofern finde ich immer Rituale ganz wichtig, dass die wirklich in meiner eigenen Kraft liegen, dass ich sie zu jeder Zeit an jedem Platz herstellen kann.

Joel Kaczmarek: Ja, irgendwie habe ich immer so diese Baseball-Geschichten vor Augen. Ich glaube, Baseball ist ein ganz krasser Sport, wo die Rituale haben. Wenn die dann nicht ihr Baseball-Jersey haben, was sie immer schon anhatten oder so, oder der Schnurrbart wird nicht abrasiert, solche Sachen.

Stefan Lammers: Ja, es gibt ja auch Fußballer, die jahrelang ihre alten Treter tragen oder sowas. Also heute können sie sich das wegen der Werbeeinnahmen nicht mehr leisten, aber das war vielfach so.

Joel Kaczmarek: Ich erinnere mich an viele Fußballtrainer, die sich, glaube ich, wenn sie eine Siegesserie hatten, nicht rasiert haben und irgendwann sahen die aus wie so ein Buschmann.

Stefan Lammers: Absolut. Das gibt es auch teilweise hier, die Eishockey-Nationalmannschaft, die macht das öfter, wenn die auf dem Turnier sind, dass sie sich alle dann die Bärte wachsen lassen.

Joel Kaczmarek: Sind denn Rituale im Sport und in der Berufswelt eigentlich gleich?

Stefan Lammers: Die können gleich sein. Ich würde sagen mal, die Absicht ist teilweise gleich, teilweise ist sie unterschiedlich. Die Rituale im Sport haben zeitweise, sagen wir mal so, da kenne ich mindestens zwei Ebenen. Im Sport ist es einmal ein Stück weit der Aberglaube, dass es einem Sicherheit verleiht, wenn man bestimmte Dinge so tut. dass dann hinterher man Einfluss darauf hat, wie gut etwas wird. Und das zweite Ritual ist halt, dass man bestimmte Abläufe immer wieder so wiederholt, damit sie automatisiert sind und damit einem eben tatsächlich Sicherheit verleihen, weil man sich darauf verlassen kann, dass es genau auf diese Art und Weise wiederherstellbar ist und wieder funktioniert. Also das ist wichtig zu unterscheiden. Weil wenn wir jetzt hier über die Rituale sprechen in Management und in der Führung, dann reden wir tatsächlich über die, die ich in der Hand habe, die ich wiederherstellen kann und die auch für Automatismen sorgen kann, um eben Flow-Gefühle zu erzeugen und Energie erzeugen zu können.

Joel Kaczmarek: Also das ist quasi eine Parallele oder sozusagen es gibt auch im Businessbereich noch andere Ritualformen, Teamzusammenhalt oder sowas.

Stefan Lammers: Naja, das gehört ja auch damit rein, absolut. Aber ein Ritual von Teamzusammenhalt, wo man bestimmte Abläufe macht, da kommen wir sicherlich später noch drauf. Da geht es ja auch darum sozusagen etwas Verlässliches zu schaffen, was den Leuten dadurch dann auch wieder Abläufe erleichtert. Aber es geht nicht um Aberglaube in der Regel bei einem Team. Also die werden jetzt nicht irgendwie ein Totem haben oder sonst irgendetwas oder haben jetzt im Business jetzt auf einmal einen Team-Talisman, den sie immer dahin stellen, wenn sie arbeiten oder sowas. Das ist ja eher selten. Also habe ich nur nicht gesehen, sagen wir mal so.

Joel Kaczmarek: Ja, aber da können wir ja mal gut übergehen in den nächsten Punkt, nämlich wozu Rituale in der Businesswelt denn, also was ihr Zweck ist, wofür sie dienen.

Stefan Lammers: Ja, also eine wichtige Geschichte ist natürlich so, Komplexität zu reduzieren. Das heißt also, wenn ich etwas habe, was beständig da ist und wo ich mich daran orientieren kann, dann hilft es mir, meine Dinge zu strukturieren. Und sie helfen dazu, etwas Verbindliches in der Organisation zu schaffen. Und deswegen ist es auch so wichtig, dass man sich überlegt, welche Dinge für mich virtualisiert werden können, damit sie auch für andere nachvollziehbar sind. Wir haben gerade ja eine Welt, die extrem volatil ist und eine extrem hohe Geschwindigkeit hat. Und da ist es ganz wichtig, dass man zwischendurch etwas Beständiges hat. Und das ist die Aufgabe der Führung sozusagen, damit zu dealen. Um ja in dieser aufgewühlten See, die um uns herum ist, ja auch für Struktur und Ordnung zu sorgen und damit den Mitarbeitenden helfen, wirklich produktiv unterwegs zu sein. Das heißt also, es kann eben das, was du gesagt hast, Teambuilding sein, also dass dadurch sowas wie eine Gemeinschaft entsteht, weil sie wissen, es gibt was Verlässliches für uns. In unserem Team wird das und das immer wieder durchgeführt und dadurch weiß ich auch, dass ich zu diesem Team gehöre, fühle also eine Nähe. Ich habe die Möglichkeit, darüber bestimmte Themen adressieren zu können. Also das haben wir ja beispielsweise in der agilen Welt mit regelmäßigen Retros. Das ist ja dann auch ein Ritual, wo man dann die Dinge benennen kann, die einem gerade auf dem Herzen liegen. Also insofern gibt es ganz viele positive Wirkungen, weil ich weiß, an diesem Platz, zu diesem Moment kann ich das und das machen und kann ich das und das sagen, kann ich das und das anbringen und es ist gefahrlos für mich. Und das erleichtert mir, die Dinge zu benennen, die gerade nötig sind, beispielsweise. Oder aber ich weiß, bei mir ist gerade alles in Aufruhr und ich weiß, es gibt ganz viele unterschiedliche Anforderungen, ich bin vielleicht noch überfordert, ich weiß aber, es gibt wieder ein strukturiertes Meeting, wo wir uns Gedanken darüber machen, wie wir die Sachen gemeinsam einordnen. Und das gibt mir vielleicht in dem Moment, wo ich eigentlich selber unsicher bin, wie es weitergeht, Sicherheit und Hoffnung, dass ich weiß, dann und dann sitzen wir zusammen und strukturieren das wieder. Das entlastet mich in dem Moment und wenn ich entlastet bin, kann ich mich wieder zu 100% auf das konzentrieren, was gerade ansteht.

Joel Kaczmarek: Und vielleicht ist es jetzt so ein bisschen detailverliebt unnötig, aber ich habe gerade überlegt, ist denn dieses Zusammengehörigkeitsgefühl eine direkte Funktion von Ritualen oder ist es mehr so ein indirekter Effekt, der sozusagen als positiver Nebeneffekt entsteht?

Stefan Lammers: Das kann beides sein, aber ich glaube, es ist in der Regel in der Führung tatsächlich ein positiver Nebeneffekt, der entsteht. Also vielfach ist es ja so, dass sich ein Zusammengehörigkeitsgefühl nicht nur daraus entwickelt, dass wir sagen, das und das haben wir für uns gefunden, sondern dass man auch einen Vergleich zu außen hat, dass andere das nicht haben. Und da ist dann beispielsweise, wenn ich weiß, wir haben regelmäßige Rituale, wir haben die Dinge, die uns gut tun, wir können die Sachen besprechen, die da sind und man stellt fest, dass das bei anderen nicht so ist, dann gibt es ja auch wieder eine Aufwertung für einen selbst und ein Zugehörigkeitsgefühl für das Team, wo man dann sagt, wow, Guck mal, wir sind echt ein cooles Team. Wir unterscheiden uns.

Joel Kaczmarek: Spannend. Was gibt es denn so für Arten von Ritualen eigentlich? Unterscheidest du die in einer Art?

Stefan Lammers: Also es gibt ganz viele Ritualarten, die man sehen kann. Wir haben ja in Unternehmen letztendlich sowieso schon bestimmte Rituale verankert. Das sind ja einmal so Steuerungsrituale, die wir haben. Das ist dann zum Beispiel, dass man eine Budgetplanung macht oder sowas oder eine Strategieplanung oder ähnliches. Dann gibt es beispielsweise Rituale, wie man Mitarbeitergespräche macht, wann man die macht. In vielen Unternehmen gibt es das, dass das systematisiert ist oder Bewertungsgespräche macht. Dann gibt es so Veränderungsrituale, wo man sagt eben beispielsweise, wir gucken uns immer wieder an, wo stehen wir gerade als Unternehmen und was sind die nächsten Schritte, die wir angehen müssen. Wo man beispielsweise einmal im Jahr die Vision reviewt und wo man sich überlegt, was braucht es dafür für konkrete Schritte, um eben in die nächste Ebene reinzugehen. Und wenn ich jetzt auf Führung gucke mit dem Team, gibt es natürlich auch viele Stimmungsrituale. Also ich möchte ja gerne eine gute Stimmung in meinem Team haben, damit die Leute auch gut arbeiten können. Und da gibt es ja eben die Möglichkeiten von ritualisierten Meetings. Ritualisierte Meetings heißt für mich zum einen, dass die zu festgelegten Zeiten regelmäßig stattfinden, aber dass auch den Leuten bekannt ist, was wird in diesen Meetings gemacht und was wird da in diesen Meetings erarbeitet. Und das ist eben auch ein Raum dazu da. um über Dinge zu sprechen, die funktionieren, aber auch die nicht funktionieren, wo wir uns verändern können. Und das sind dann Stimmungsmeetings. Und ich glaube, dieses Thema der Stimmungsmeetings, das kriegt heute nochmal eine ganz andere Bedeutung, weil wir ja eben die Situation haben, dass viele Menschen sich am Wochenende gar nicht mehr richtig erholen können und nicht mehr relaxed zur Arbeit kommen oder dass es viele Dinge gibt, die die Menschen überfordern an Veränderungen, die gerade anstehen, an Unsicherheiten, weil man nicht weiß, wie die Zukunft aussieht und ähnliches. Und insofern ist das ein guter Platz für möglichst viel Sicherheit in diesem Team zu sorgen und damit auch ein Stück Stimmungsmanagement zu machen und den Leuten auch zu zeigen, dass Arbeit und diese Zeit in der Arbeit nicht etwas ist, was nur Ausbeutung der Person ist oder was auch immer, sondern dass es auch eben als Teamgefühl und als Mitgefühl und so weiter etwas geben kann, was total positiv für einen ist.

Joel Kaczmarek: Okay, weil, weißt du, ich ertappe mich so dabei bei dem Wort Ritual, also vielleicht, weil es auch so mehrfach besetzt ist oder so religiös teilweise besetzt ist, habe ich immer gedacht, das könnte jetzt eher sowas sein wie einmal im Jahr machen wir eine Nachtwanderung, malen uns alle zu Vollmondblutrot an.

Stefan Lammers: Kann sein, kann sein. Was hast du denn für Rituale?

Joel Kaczmarek: Wir haben ein Ritual, jeden Montag um 9 Uhr zusammenzukommen und uns drei Fragen zu stellen, die jeder beantwortet, jede und jeder. Wie geht es mir persönlich? Was war mein Highlight der Woche und was habe ich diese Woche vor? Und das nordet einen immer ganz gut ein. Da hast du schon sofort ein Stimmungsgefühl, wie es den Menschen geht. Weißt ein bisschen, was vor ihnen liegt und weißt auch, was ihre Highlights sind. Und glücklicherweise lernt man ja aus diesen drei Dingen auch ganz viel. Also das Erste, was mir mal irgendwann aufging, ich habe mal gesagt, lasst uns mal nicht mal sagen, wie geht es mir persönlich, lasst uns mal sagen, wie fühle ich mich. Was meinst du, was da los war? Fanden die gar nicht witzig.

Stefan Lammers: Im ersten Moment nicht.

Joel Kaczmarek: Fanden die gar nicht witzig, habe ich auch nicht durchgesetzt dann irgendwie, aber sowas zum Beispiel oder mir ist immer aufgefallen, dass wenn ich die Leute nach Highlights frage, dass sie ganz oft von ihren Familienthemen erzählen, was mich immer so ein bisschen traurig stimmt, weil man denkt so, ich hätte jetzt irgendwie gerne, dass man sagt, mein Highlight war, dass ich letzte Woche meine Excel-Tabelle hier irgendwie links gedreht abgeschlossen habe, ja, aber passiert natürlich nur dann, wenn du echte Highlights hattest in der Arbeit, was dann auch mal wieder so ein guter Gradmesser ist, ob die Firma quasi auch Dinge tut, die jetzt irgendwie mal fürs Herz sind und nicht nur für den Geldbeutel, ja.

Stefan Lammers: Ja, was du gerade sagst, ist ganz wichtig. Dieses Thema als Führung geht es ja eben tatsächlich auch vielfach um dieses Stimmungsmanagement und da zu wissen, privat und geschäftlich ist ja nicht getrennt. Wenn ich privat gerade Probleme habe, dann werde ich vermutlich nicht in der Firma 100 Prozent leisten können, außer ich bin jemand, der eben über Arbeit extrem gut kompensiert. Der sagt, ich stürze mich jetzt so stark in die Arbeit rein, dass ich das Private verdränge oder sowas. Aber in der Regel ist es ja so, dass die Leute das mitbringen. Und wenn die Leute darüber sprechen konnten, dann gibt es ja zwei Möglichkeiten. Vielleicht geht es denen schon viel besser dadurch, dass sie es einmal aussprechen konnten und die anderen es einschätzen können. Vielleicht ist es aber auch für mich eine Führungsaufgabe, da hinzugehen und mit demjenigen zu sprechen, wie ich den unterstützen kann und wie ich vielleicht irgendetwas organisieren kann. Und dass jemand auf den Tisch legt, passiert ja in der Regel nicht dadurch, dass er in einem normalen Meeting drin ist. Man über die Wochenplanung spricht, was anliegt und was man letzte Woche gesprochen hat und dann sagt er ja nicht, mir geht es gerade schlecht. Und diesen Raum dafür zu schaffen, eben durch ein Ritual, dass der weiß, ich kann das da sagen, das ist, glaube ich, ein ganz entscheidender Punkt in der heutigen Zeit. Und es geht nicht darum, denjenigen jetzt zu sagen, oh, dann geh nach Hause. sondern sich zu überlegen, okay, wie kann ich denn unterstützen, damit er hier in der Arbeit produktiv sein kann. und manchmal ist es das tatsächlich, das einfach nochmal gesagt zu haben. oder aber ich kann es auch einschätzen, dass der Person gerade nicht gut geht und die reagiert auf eine Sache irgendwie komisch. und wenn ich das nicht wüsste, dass der Person es gerade nicht gut geht, dann würde ich vielleicht denken, wow, das war jetzt echt hart und krass, was die mir da gerade gesagt hat. und wenn ich das aber vorher weiß, kann ich es anders einschätzen und kann nochmal nachfragen beispielsweise.

Joel Kaczmarek: Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr Rituale fallen mir übrigens ein, wo ich vielleicht manchmal gar nicht den Begriff Ritual drüber gehangen hätte, aber ich weiß zum Beispiel, als Corona losging und teilweise die Leute ja auch in andere Orte gezogen sind, um remote zu arbeiten, haben wir irgendwann eingeführt, dass wir einmal im Monat so ein Parktreff machen. Da sind wir in den Park gegangen und haben da irgendwie ein Teammeeting abgehalten und das war ganz lustig. Oder einmal im Jahr haben wir zum Beispiel eine neue Müsli-Dose bei uns designt. Wir haben dann von meinem Müsli, gibt es so eine hohen Dosen, die kannst du auch als Firma selber designen. Dann haben wir so eine neue Edition rausgebracht, was wieder so ein Wir-Gefühl gibt. Oder wenn man mal ganz ehrlich ist, jeder Podcast ist ritualisiert. Also ich fange immer mit dem gleichen Intro an. Mich ärgert dann immer, dass Leute immer meinen Namen falsch aussprechen, zumal ich ihn schon 850 Mal gesagt habe. Was habt ihr denn so für Rituale?

Stefan Lammers: Bei uns ist auch das Ritual das Weekly. Wir sprechen über das Wochenende tatsächlich. Was haben wir am Wochenende erlebt? Wir sprechen darüber, wie es einem geht, was gerade persönlich anliegt. Wir stellen auch immer Bilder vorher ein, auch wenn wir hier vor Ort sind von dem Wochenende, wo man dann halt das als Anlass nimmt, darüber zu sprechen. Und wir machen dann einen Rückblick auf die letzte Woche. Dann machen wir einen Ausblick auf diese Woche. Und wir sprechen darüber, was sind denn für jeden einzelnen Stolperstein? Was sind Dinge, die gerade nicht gut funktionieren? Oder die schwergefallen sind in der letzten Woche? und wie könnte man die anders organisieren? Und wie könnte man da gegenseitig unterstützen? Das sind so die Kernfragen, die wir wöchentlich machen. Wir machen zweimal im Jahr Teammeetings, Tagesmeetings, wo wir als ganzes Team unterwegs sind und nicht über die Firma sprechen. Das ist dann eben für dieses Thema des Teamzusammenhalts. Wir machen auch Redvos, die machen wir dann bei unserem internen Meeting, was einmal im Monat auf jeden Fall in persona stattfindet und was länger geht. und wir machen etwas, das ist hauptsächlich privat, aber auch in der Firma. Und ich mache das auch öfter mit Teams, ist tatsächlich schlechte Sachen, Dinge, die man loswerden will, aufzuschreiben und dann in der Feuerschale zu verbrennen. Oder aber um Steine zu wickeln und dann in den Fluss zu schmeißen oder in den See zu schmeißen. Und das machen wir als Familie auf jeden Fall immer zu Silvester. beispielsweise, dass wir uns dann darüber unterhalten, wie ist es für uns als Familie auch dieses Jahr gelaufen und dann eben die Sachen vornehmen fürs nächste Jahr, aber da besprechen wir nur drüber, da machen wir jetzt nicht die große Liste oder sowas, aber die alten Sachen, wo wir sagen, hey, da gibt es was, wo ich mich blöd verhalten habe oder ein Verhalten habe, was ich ändern möchte und so weiter oder was Blödes erlebt habe, das schreiben wir auf und verbrennen wir dann und lassen das somit aus der Welt gehen.

Joel Kaczmarek: Ich habe gerade so die Vorstellung, das fände ich total geil, so ein spießiger KMU, der dir jetzt gerade zuhört, die das bei sich auch machen und dann geht mitten im Großraumbüro die Sprenkleranlage an. Das fände ich geil.

Stefan Lammers: Ja, das sollte man nicht im Büro machen. Das habe ich auch schon mit Adventsgrenzen erlebt, dass da die Sprenkleranlage anging, damals in Hamburg und dass dann die Feuerwehr vor der Tür stand und das war nicht billig.

Joel Kaczmarek: Ich hänge ja noch ein bisschen im Kopf bei den Arten von Ritualen, weil, also ich überlege, ob man die auch noch nach anderen Elementen clustern kann. Also ich finde es, wenn ich jetzt dir so zugehört habe, habe ich so das Gefühl, es gibt so kommunikative Rituale, sowas, was wir hatten mit den Teammeetings oder Reviews und dann gibt es manchmal so psychologische Rituale auch. Also wenn du zum Beispiel was verbrennst, dann hat das auch manchmal so eine Unterbewusstseinskomponente. Ich überlege gerade, wie weit man das noch treiben könnte, was es da noch so für Komponenten gibt. Was meinst du, kann man die noch unterscheiden?

Stefan Lammers: Ach, ganz viele. Also es gibt einmal so Themen wie beispielsweise Rituale, um seine eigene Haltung zu verändern. Also dieses Thema beispielsweise, dass ich morgens mit einer Meditation oder Ähnlichem anfange, dass ich mir Zielsetzungen vornehme für den Tag oder für die Woche beispielsweise. dass ich mir, das ist etwas, was ich zum Beispiel empfehle und was ich auch selber oft mache, dass ich die Woche unter einer Woche von sowieso, ich achte diese Woche auf das Thema sowieso und nehme das bei mir in den Fokus, nehme mir dann oftmals auch einen Sparrings-Partner dazu, der mich da ab und zu daran erinnert oder wenn ich da gerade gegen verstoße, mir nochmal einen Hinweis gibt, weil gerade wenn man Haltungsveränderungen macht, ist es ja etwas, was nicht so einfach fällt und wo man den Sparringspartner gut gebrauchen kann. Aber das ist ein Ritual beispielsweise, sich diesen Fokus der Woche zu nehmen und zu sagen, darauf konzentriere ich mich jetzt mal. Dann gibt es so Rituale auch, um mit Zeit anders umzugehen und Zeitillusion. Also kennst du das, dass du ganz viele Zettel hast, was du noch tun musst oder dass du da ganz viele Zeitschriften aufgestapelt hast, die du alle noch lesen willst und so weiter? Kennst du solche Dinge? Mhm, klar. Und da auch feste Zeiten zu haben, um das zu beenden. Also ich habe beispielsweise, bei mir ist das zum Jahresende ein totales Ritual, ich habe eine riesen Aufgabenliste und die wird zum Jahresende komplett durchgearbeitet. nochmal, wo ich sage, wovon trenne ich mir hier eigentlich alles, was habe ich nicht gebraucht, was habe ich mir vorgenommen. Ich habe eine Sammelkiste, die nennt sich Wochenende, in meinem Outlook. Da kommen alle Sachen rein, die ich gerne mal lesen würde. Und mein Ritual ist es, einmal im Monat darüber zu gehen und alles rauszuschmeißen, was ich nicht brauche. Und tatsächlich, gerade gestern noch gemacht, das Thema Zeitschriften durchgeforstet und wirklich drauf geguckt, gibt es was, was mich echt noch interessiert und alles weggeschmissen. Also dieses Thema Aufräumen, gerade im Frühjahr oder Herbst, sind auch ganz wichtige Punkte. Wir sind eben wahnsinnig gute Sammler in der Regel. Und Aufräumrituale zu machen, sich zu entmühlen, sich von Dingen zu verabschieden, diese Rituale machen wir oftmals zu selten. Und das ist auch ein tolles Ritual im Team, sich eben zusammenzusetzen und zu sagen, beispielsweise einmal im Monat, von welchem Verhalten wollen wir uns verabschieden oder von welchen Aufgaben wollen wir uns verabschieden, wo wir eigentlich rein investiert haben, die sind aber doch wertlos. Wie teilen wir nochmal die Prioritäten auf? Das ist total wichtig. und dann gibt es noch so eine nächste Kategorie, die ich auch ganz wichtig finde, das ist Pausenrituale. Gerade in der heutigen Zeit ist es so, dass wir, und das kennst du ja sicherlich auch, ich weiß gar nicht, du machst das sicherlich nicht, dass du, wenn du jetzt aus dem Podcast rauskommst und du hast jetzt noch Zeit, dann wirst du nicht sofort an dein Handy gehen und da drauf gucken, was ist alles in der Zwischenzeit passiert. sondern du wirst ja innehalten dann nochmal und vielleicht über das Gespräch nachdenken, dir überlegen, was nehme ich? da meine ein, zwei, drei Punkte raus, die für mich selber nochmal spannend sind. Das ist ganz wichtig. Das ist auch mal, für mich ist zum Beispiel ein Ritual, wenn ich mal in einem Flieger sitze, dass ich dann nach draußen gucke für eine längere Zeit und einfach meine Gedanken schweifen lasse. Und das ist für mich eine der produktivsten Zeiten für neue Ideen, Diese weite Ferne zu haben und das ist etwas, was ich gerade auch immer wieder mit Kunden mache, dass wir in den Meetings zwischenzeitlich uns Zeit nehmen, nach draußen zu gucken, in die Ferne zu gucken, die Augen zu entspannen. Wir sind halt einfach immer nur auf die kleinen Bildschirme fixiert und gucken, gucken da die ganze Zeit drauf und lassen uns dazu beballern. Und dieses in die Ferne gucken, das gibt eine unheimliche Ruhe. Und dabei die Augen mal ein bisschen zu defokussieren, gibt eine unheimliche Ruhe. Und da kriege ich gerade sehr viel Rückmeldung drauf, wie gut das den Leuten tut. Also dieses ganze Thema, was tue ich wirklich sinnvoll mit Pausen? Um mich zu erholen, um wieder durchatmen zu können, um wieder frei im Kopf werden zu können für die nächsten Geschichten. Das sind, glaube ich, ganz wichtige Rituale, die man noch jeder für sich selbst und auch im Team viel stärker initiieren sollte.

Joel Kaczmarek: Also ich finde Aufräumen ist auch eine meiner allerliebsten Beschäftigungen oder Rituale, die sie sich entmüllen. So Marie Kondo lässt grüßen, ich kann mich daran erinnern, ich habe vor nicht allzu langer Zeit hier bei uns im Büro aufgeräumt und wir haben ja so eine große Ladenfläche, zwölf Meter breit und dann irgendwie, weiß nicht, vier, fünf Meter tief und der ist unterkellert. Und ich habe, obwohl echt viel zu tun hat, habe ich den Keller aufgeräumt, weil, und so komisch es manchmal klingt, dieses unterirdische, also dass unten die Struktur in Ordnung ist, das Fundament stabil und ordentlich, das hat mir echt was gegeben. Und was du gerade gesagt hast mit dem Handy ist natürlich wahr, also ich finde so institutionalisierte Langeweile zum Beispiel wichtig. Wenn dir das mal auffällt, wenn man so in Berlin vom einen Eck zum anderen in der S-Bahn zum Beispiel sitzt, da guckt ja keiner aus dem Fenster, die gucken ja alle nur auf ihr Handy. Und ich finde es manchmal voll wertvoll, dann die Gedanken schweifen zu lassen und einfach mal nichts zu tun. Und ich habe lustigerweise gerade so eine Serie geguckt, wo dann der Hauptdarsteller zu der Hauptdarstellerin sagt so, weißt du, das Handy, ich würde es manchmal einfach gerne wegschmeißen. Und dann meint sie so, ja, das würden glaube ich viele Leute gerne. Und dann meint er so, ja, es ist einfach so Klar, Rauchen ist eine Droge, da mache ich halt langsam meine Lunge kaputt. Aber ich bleibe der Gleiche. Aber Handys verändern das Wesen. Und da finde ich, ist was Interessantes dran. Ich finde, man ist so Knecht geworden von vielen Dingen. Und wenn wir mal ganz ehrlich sind, wir machen so viele virtuelle Dinge. Und wenn ich dann manchmal so bei meinen Eltern vielleicht sitze und denke mir so, das ist eigentlich so ein krasser Bullshit. Das sind so Dinge, die man nicht mal sehen und anfassen kann. Und sie werden aber teuer bezahlt und es wird dem so viel beigemessen. Und die Großtante meiner Frau, die ist irgendwie 90 geworden, die kennt das alles gar nicht. Die kennt Chat-GPT nicht. Die weiß nicht, wie man das Internet benutzt. Und der fehlt nichts in ihrem Leben. Aber gut, ich werde philosophisch hier. Lass uns doch vielleicht nochmal weitertreiben. Jetzt haben wir

Stefan Lammers: Stopp, stopp, stopp. Da möchte ich dich unterbrechen. Ich finde das überhaupt nicht philosophisch. Ich finde das einen ganz, ganz wichtigen Punkt, weil wir stellen ja fest, dass wir total belastet sind, dass wir eben nicht mehr in diese Ruhepausen reinkommen. Und wir lassen das zu, dass wir uns sozusagen zum Büttel des Handys ja machen. Jetzt machen wir uns ja nichts vor. Das machen wir ja zum Teil freiwillig. Aber zum großen Teil machen wir das ja gar nicht freiwillig. Und ich finde das ja schon spannend zu beobachten, dass Menschen, die einen guten Verstand haben, die in Führungspositionen sitzen, sich einfach so hemmungslos von so einem Handy vereinnahmen lassen und das zulassen und keine Grenze setzen. Also jetzt stellt euch doch mal vor, da kommt jetzt ein Freund zu dir und sagt dir, pass auf, jede freie Minute von dir sitze ich hier und ich werde dir eine Geschichte erzählen. Oder ich werde mit dir Kaffee trinken gehen oder sonst irgendetwas. Da sagst du ja nach kürzester Zeit, boah, der nervt mich. Aber bei einem Handy laufen wir die ganze Zeit damit rum, lassen uns die ganze Zeit davon verleiten, wieder da drauf zu gucken, weil die ganzen Strukturen so geschickt aufgebaut sind, dass wir da wieder drauf gucken. Also was sind die Zeiten, und da sind wir auch wieder bei Ritualen, was sind denn die Zeiten, wo wir das Handy ausschalten ganz bewusst? Was sind die Zeiten, wo ich meine E-Mails nicht angucke? Ich kann das einstellen, weil ich E-Mails empfange. Wie schaffe ich das sozusagen, meine Zeit wieder unter Kontrolle zu bringen? Wie schaffe ich das? auch mit Ritualen dafür zu sorgen, dass ich wieder selbstbestimmt bin? Und wir gehen da raus. Und ich glaube, das hat auch viel mit Ritualen zu tun, wie wir da wieder rauskommen und wie wir da wieder für uns selber sorgen. Und diese Energie, die wir dadurch gewinnen, eben auch unseren Mitarbeitenden wieder zur Verfügung stellen können, dass wir ihnen die volle Aufmerksamkeit geben können und nicht die ganze Zeit den E-Mails und den Handys die Aufmerksamkeit geben. Also deswegen finde ich es nicht nur philosophisch.

Joel Kaczmarek: Naja, ist ja vollkommen recht. Ich sag immer so, Knecht ist immer das Wort, was in meinem Kopf dann kommt. Man ist so geknechtet von Dingen und ich beobachte das auch manchmal, wenn ich dann irgendwie eine Podcast-Aufnahme hab, hab ich neulich gehabt mit vier Parteien und dann kann ich in den Gesichtern der anderen Leute sehen, während die eine erzählt, macht der andere E-Mails, wo ich fast so denke, hör doch einfach zu, du Penner. Ja, so. Im Zweifelsfall wirst du gleich wieder geschockt sein, wenn ich deinen Namen sage, weil du dann wieder dran bist und dann wirst du denken, scheiße, was habe ich denn jetzt verpasst, was hat die gerade erzählt? Also das stimmt, das ist schon ganz interessant. Und auch so von den Gratifikationen her, was kriegt man eigentlich raus versus welchen Preis zahlt man? Von daher, es gibt ein schönes, wo wir dann wieder bei Ritualen sind. Ariana Huffington hat es, glaube ich, mal in ihrem Buch geschrieben, dass sie dieses Ritual hat, die hat ein Smartphone-Bett. Also da schläft das Smartphone dann auch, das liegt dann auch im Bett und ich habe zum Beispiel mein Telefon nicht nachts am Nachttisch. Das ist also das nächste, wenn man morgens wach ist, greift gleich und ist gleich so im Dings wieder. Da hast du schon vollkommen recht, feste Zeiten für E-Mails oder wie ich auch E-Mails beantworte und so, da lässt sich ganz viel ritualisieren. Womit wir bei meiner nächsten Frage wären, nämlich Anlässe für Rituale.

Stefan Lammers: Anlässe ist ja schon alleine, dass ich Führungskraft bin, muss schon Anlass genug sein, Rituale zu haben. Da bin ich wieder bei unserem Grundsatz, nur wer sich selbst führen kann, der kann auch andere führen. Und wer sich vom Handy führen lässt, sage ich jetzt mal an der Ecke. Und es ist ja die Aufgabe für Führungskräfte, für Berechenbarkeit, psychologische Sicherheit, Leistungsmotivation. für Vertrauen, für Gelassenheit und so weiter zu sorgen, damit die Mitarbeitenden auch langfristig leistungsfähig sind. Da komme ich noch mal eben ganz kurz eben noch eingeschoben, wenn wir weiter darüber sprechen, wo einer der Kernpunkte doch auch unserer zukünftigen Aufgaben als Führungskräfte ist, ist doch dafür zu sorgen, dass unsere Mitarbeitenden langfristig gesund und leistungsfähig sind. Wir haben nun mal auch immer weniger Mitarbeitende Wir haben immer mehr Mitarbeiter, die länger arbeiten müssen. Wir haben immer höhere Krankenstände im Moment, auch gerade aus psychologischen Gründen, aus psychischen Gründen. Und vielfach wird gesagt, es sind die ganzen Ansteckungskrankheiten, die wir so haben. Das andere ist aber auch tatsächlich Überlastung aus den ganzen elektronischen Medien, die wir haben. Und insofern ist das etwas Wichtiges, auch als Führungskraft der Vorbild zu sein und sich zu fragen, was ist eine gesunde, langfristig leistungserhaltende Art und Weise, die ich als Rahmen bieten kann, damit wir als Team besonders erfolgreich zusammenarbeiten können und besonders gut sind. Und ich finde, das ist ein aktiver Part, der heute ins Bewusstsein von Führungskräften reingehört, sich darüber Gedanken zu machen.

Joel Kaczmarek: Mir ist übrigens noch ein Ritual eingefallen, was du machst. Das hast du gar nicht erwähnt, aber das finde ich eigentlich eins deiner schönsten. Und zwar ist es auch ein tolles Ritual, finde ich, Leute zu loben. Und dein Ritual waren ja immer diese Kudo-Karten. Also Kudos auszusprechen heißt ja so ein Lob, eine Anerkennung. Und ich fand das immer nett, wenn du so, ich glaube, machst du das nicht immer im Dezember, dass ich dann immer von dir so eine E-Mail kriege? Hier, pack mal eine Karte auf unser virtuelles Kudo-Board, was dir mit uns gefallen hat. War das nicht so?

Stefan Lammers: Das stimmt. Das haben wir in den letzten Jahren immer gemacht. Dieses Jahr nicht, ehrlich gesagt. Aber haben wir in den letzten Jahren immer gemacht, ein virtuelles Kudo-Board aufzubauen, wo auch Kunden, wo Freunde Wertschätzung aussprechen konnten. Wir haben hier bei uns im Büro eine große Wand, eine Wertschätzungswand, wo von Kunden Rückmeldungen draufkommen, wenn Mitarbeiter gelobt wurden, wenn Dinge gut gelaufen sind, da kommen unsere Referenzen drauf und so weiter, um das eben zu zeigen. Ja, das stimmt und es ist auch etwas, was ich in Team-Meetings immer mache, dass wir da Kudu-Wände haben, weil ein Teil, wenn wir Team-Meetings machen, ist immer darauf zu gucken, was ist das Beste bei uns im Team. Auch da wieder ein Ritual, was ganz klar fokussiert auf die guten Qualitäten, die in dem Team sind. Weil machen wir uns nichts vor, 90%, 95% der Zeit sprechen wir darüber, was alles nicht funktioniert und was alles schwierig ist und wir müssen einfach auch da Rituale haben, um auf die positiven Seiten zu gucken.

Joel Kaczmarek: Ja, wir haben zum Beispiel auch ein lustiges Ritual. Ich habe ja meinen Business-Club Makers und Shakers und die ganzen Mitglieder, die kriegen. immer einmal pro Woche gibt es die Aufgabe der Woche. Da gibt es quasi wie bei Slack, das ist so ein ähnliches Tool, was wir benutzen in der Online-Community und da gibt es einen Space und da gibt es immer so eine Aufgabe der Woche. Und die Tage hatten wir eins, sprich einem Mitglied ein Kompliment aus, was nichts mit dem Aussehen zu tun hat, weil ich dann irgendwie nicht Bock habe, dass jemand sagt, du hast so schöne Haare oder so. Da kommst du auch immer ganz schön komisches Fahrrad.

Stefan Lammers: Das ist schwierig.

Joel Kaczmarek: Ja, ne? Und ich kann ja sagen, wie den Leuten das Herz aufging. Ich weiß, ich hatte einen gestandenen Manager, dem habe ich geschrieben so, hey, ich finde, du hättest theoretisch alles recht, abgehoben zu sein oder saturiert, weil du schon so viele Erfolge hast, bist du aber gar nicht, sondern immer neugierig, immer aufgeschlossen, immer bodenständig und das finde ich richtig klasse von dir. Der hat mir eine Tapete als SMS geschickt, wie gerührt er ist und wie ihn das freut. Und deswegen, also das finde ich Leuten auch echt nochmal wertvoll mitzugeben, auch dieses, gerade dieses Loben mal, weil Ich sage immer alle, ja, wir brauchen eine Fehlerkultur, Fuck-up-Nights wäre vielleicht auch noch ein Ritual, aber halt auch zu loben, dass das so wichtig ist und machen es nur nicht.

Stefan Lammers: Ja, und das ist total wichtig, gut, dass du das nochmal ansprichst, dieses Thema Vertrauen herstellen, Wertschätzung herstellen, dass das eben auch Rituale sind, die immer wieder stattfinden. Es ist etwas ganz, ganz wichtig, Dankbarkeit zu zeigen und ähnliches. Und das zeichnet auch am Ende wirklich erfolgreiche Führungskräfte aus, dass sie respektvoll sind, dass sie auch dafür sorgen, dass eine positive Community entsteht. Du lebst es ja vor und da sind wir auch wieder bei Shadow of the Leader. Die Führungskraft lebt ja vor sozusagen, was die eigene Haltung ist an dieser Ecke und gibt damit ja auch den Nährboden dafür, dass die ganze Truppe sich gegenseitig lobt und Wertschätzung miteinander ausspricht. Und wenn man das eben auch ritualisiert, hilft das, um das überhaupt einzuführen und hilft dann darin auch mehr Energie in diesem Team entsprechend wieder zu erzeugen. Und das ist eine Kernaufgabe in der heutigen Zeit.

Joel Kaczmarek: Und jetzt sag mal, so in Ende kommend frage ich mich noch, wann und wie erkenne ich, dass ich Rituale vielleicht auch mal abschaffen muss? Also sie können ja hilfreich sein, aber vielleicht kommen wir auch mal an den Punkt, dass ein Ritual eher destruktiv ist. Woran mache ich das fest und wie werde ich es dann wieder los?

Stefan Lammers: Also am besten tatsächlich über ein Ritual, nämlich über das Ritual der Retro oder der Stoppliste beispielsweise, wo man im Team das miteinander bespricht und wo auch die Offenheit dafür ist, dass man etwas ausprobiert und dass das vielleicht nicht funktioniert hat oder nicht weitergebracht hat. Also wie beispielsweise bei uns ist das Thema der Teammeetings täglich gewesen anfangs. Dann kam die Rückmeldung von den Mitarbeitenden, dass das zu viel ist. Dann haben wir auf zweitägig, dann haben wir festgestellt, irgendwann brauchen wir auch nicht mehr. Das Vertrauen war groß genug und dann sind wir auf wöchentlich gegangen und damit sind alle super zufrieden. Das möchte auch jeder. Und ich glaube, diese Offenheit muss man haben, auch immer wieder diese Dinge. Zur Diskussion zu stellen und sich das zu hinterfragen, ist das für diesen Zeitpunkt und Zeitraum noch das angemessen oder brauchen wir was anderes? Gibt es etwas, von dem wir uns verabschieden müssen? Was wichtig ist, dass man das dann auch wieder gemeinschaftlich beerdigt, ritualisiert beerdigt, damit nicht irgendwelche Enttäuschungen hängenbleiben. Und ich glaube, alleine dieser Blick darauf, wenn ich als Führungskraft auf Rituale gucke, und du hast das ja eben auch so schön gesagt, je mehr du darüber sprichst und so weiter, desto mehr Rituale fallen dir ein. Wir machen ja schon gut viele Rituale unbewusst, aber die Kunst ja einer guten Führungskraft, einer exzellenten Führungskraft, einer High-Performance-Führungskraft ist ja nicht die Dinge unbewusst zu tun, sondern sie auch einzusetzen und sie zu nutzen, um etwas zu erreichen. Und das macht einen Unterschied aus, ob ich das zufällig an der einen oder anderen Ecke mache und hinterher feststelle, das habe ich so und so gemacht. Oder ich mache mir Gedanken darüber und sage, ich möchte ein Ziel verfolgen. Wie kriege ich denn die Stimmung bei mir im Laden besser? Wie schaffe ich das, mehr Energie reinzubringen und so weiter? Ah, okay, jetzt mache ich mir mal Gedanken, was ich vielleicht ans Ritual einführen könnte, was uns dazu hilft.

Joel Kaczmarek: Ich überlege gerade, Beerdigungen sind ulkigerweise sowieso das ultimative Ritual eigentlich. Absolut. Und ich denke gerade darüber nach, warum es so ist. Wahrscheinlich für das Loslassens wegen, um Dinge zu verabschieden, um sie irgendwie

Stefan Lammers: Das hat mit der Change-Kurve im Grunde genommen ja zu tun, wo es um die rationale Akzeptanz geht. Das ist ja für uns immer der wichtigste Punkt, dass es tatsächlich zu Ende geht und dass dann die Möglichkeit des Trauerns und des Verabschiedens geht. Und das ist natürlich bei der Abschaffung von Ritualen, als auch, wenn Dinge, wo man beispielsweise als Team schon dran gearbeitet hat, auch viel investiert hat, wo die Einzelnen toll mitgemacht haben und dann stellt man das plötzlich ein. Das ist oft eine Mail, von den Leuten, dass man dann sagt, hier Projekt XY wird jetzt beerdigt, verfolgen wir nicht mehr weiter. Und dann sitzt da jeder und ist sauer, ist enttäuscht, ist traurig und da passiert nichts mit. Und es ist was anderes, wenn ich jetzt meine Leute zusammenrufe, die beteiligt sind, da sind wir wieder bei einem Ritual und überlege mir, was ist das Ritual der Verabschiedung? Und da gehe ich wieder rein, wo wir schon drüber gesprochen haben. Wertschätzung. Ey Leute, ich finde das klasse, was ihr da reingebracht habt. Du hast das gemacht, du hast das gemacht. Dein Beitrag war der und der. Wir haben alle zu dem Zeitpunkt da fest dran geglaubt, dass wir die und die Sache umsetzen. Jetzt ist die Entscheidung gefallen, dass wir es nicht machen. Dadurch wird aber der Einsatz und das, was wir gebracht haben, nicht schlechter. Und es ist toll, was ihr gemacht habt an der Ecke. Lasst uns das gemeinsam beerdigen. Lasst uns hier das nochmal aufschreiben. Lasst uns das Ding verbrennen und dann lasst uns nach vorne gucken und das nächste anfassen. Das ist eine ganz andere Geschichte, als wenn du nur eine Mail reinpackst und sagst, übrigens Projekt XY ist beendet worden. Und du hast nur enttäuschte und demotivierte Leute da sitzen. Macht einen Unterschied im Ritual.

Joel Kaczmarek: So, kommen wir auch langsam zu unserem Abschlussritual, nämlich das Tschüss-Sagen. Oder haben wir noch was Wichtiges vergessen?

Stefan Lammers: Ich glaube, wir haben da schon eine ganz spannende Anregung geliefert und zum Nachdenken angeregt heute, oder? Was meinst du?

Joel Kaczmarek: Ja, ich glaube auch. Vor allem habe ich jetzt den Druck, dass ich mich nach dem Podcast jetzt hinsetzen werde und nicht nachdenken und nicht arbeiten, sondern erstmal, ja, weil bei mir ist es oft so, ich setze mich sonst immer hin und schreibe meine Learnings direkt auf in unseren Newsletter. Also wir sind ja mittlerweile wirklich so eine Content-Produktionsmaschine und ich finde oft im Leben ist es so, wenn man anfängt irgendwie, dass die Aufgaben einen selbst nur noch beschäftigen und dass man immer in so ein Hamsterrad gerät, dann läuft irgendwie was verkehrt, dann darf man wieder hingucken, dass man irgendwie die Zweckhaftigkeit noch darin sieht und noch den Spaß hat, weil…. Als du vorhin meintest, oft wollen wir gar nicht aufs Handy gucken, ist mir so, ich mag ja hier dieses Buch von Karin Kuschik super gerne, 50 Sätze, die das Leben leichter machen. Und bin ja mit Karin befreundet, war da zum Workshop etc. Und die hat immer dieses schöne Wort müssen. Und dann sagt sie immer, müssen, ihr müsst gar nichts. Ihr müsst eine Sache und das ist sterben. Ihr müsst nicht mal aufs Klo gehen und ihr müsst auch nicht mal trinken und essen, dann sterbt ihr halt. Aber ihr müsst nicht essen, müsst ihr gar nicht. Müssen ist immer dann gegeben, wenn ich etwas haben möchte und nicht bereit bin, den Preis dafür zu zahlen. Also wenn ich eine Gehaltserhöhung haben will und keinen Bock habe, eigentlich viel zu arbeiten, dann muss ich arbeiten, so nach dem Motto. Und vielleicht ist das so ein schönes Takeaway heute auch, dass jeder eigentlich, und dafür sind ja Rituale auch da, selbst im Driver's Seat sitzt und entscheiden kann, was er macht und was nicht oder sie. Absolut. Von daher, lieber Stefan, einen schönen Resttag wünsche ich dir. Lass es gut ausklingen und hat Spaß gemacht heute.

Stefan Lammers: Dankeschön, hat mir auch viel Spaß gemacht und ich wünsche dir viel Nachdenken über Rituale.

Outro: Danke fürs Zuhören beim Digital Kompakt Podcast. Du merkst, hier ziehst du massig Wissen für dich und dein Unternehmen heraus. Wenn du mit uns noch erfolgreicher werden möchtest, abonniere uns auf den gängigen Podcast Plattformen. und hey, je größer wir werden, desto mehr Menschen können wir helfen. Also erzähl doch auch deinen Kolleginnen und Kollegen von uns. Bis zum nächsten Mal. 

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