Revenue-based Financing als alternative Finanzierungsform?
9. Juli 2021, mit Joel Kaczmarek, Florian Heinemann
Dieses Transkript wurde maschinell erstellt. Wenn dir ein Fehler auffällt, schreib uns gerne zu diesem unter redaktion@digitalkompakt.de.
Joel Kaczmarek: Hallo Leute, mein Name ist Joël Kaczmarek. Ich bin der Geschäftsführer von Digitalkompakt und auch heute darf ich mich wieder mit dem charmanten und gebildeten Florian Heinemann, dem Venture-Experten schlechthin, über den Aufbau von jungen Unternehmen unterhalten. Und wie das beim Aufbau von Unternehmen so ist, braucht man dafür Geld. Aber nicht immer ist man tauglich für eine Bank oder tauglich für einen Venture-Capitalisten, also Wagniskapital. Und dazwischen gibt es ein Finanzierungsmodell, was jetzt sukzessive neu auf den Markt strömt. Es ist schon eine Weile hier. Ich glaube, es ist ungefähr seit 2016 auch in Deutschland oder zumindest Europa. Und das nennt sich Revenue-Based Financing. Darüber werden wir heute sprechen. Und wir haben einen Gast vor Ort, den lieben Christian. Christian Stein. Der erzählt gleich mehr über sich selbst und dass er das schon seit einer Weile macht mit seinem Anbieter Riverside. Und ihr werdet aus der heutigen Folge mitnehmen, was genau ist eigentlich Revenue-Based Financing. Wie geht man da vor? Also was sind so die typischen Terms? Was für Vor- und Nachteile hat das? Und wann kann ich es anwenden und wann vielleicht eher nicht? So, das mal als kleiner Appetizer für heute. Lieber Florian, erstmal schön an dich, an meinen geliebten Counterpart. Schön, dass du da bist. Moin, moin.
Florian Heinemann: Moin, moin.
Joel Kaczmarek: Guck mal, heute war ich mal richtig nett zu dir. Kannst du dich nicht beschweren. Gut, und wie angedroht, mit dem lieben Christian Stein haben wir auch heute einen kompetenten Gast, der sich dem Thema Revenue-Based Financing verschrieben hat. Hallo Christian, herzlich willkommen.
Christian Stein: Hallo, danke, dass ich dabei sein darf.
Joel Kaczmarek: Normalerweise würde ich dich jetzt fragen, hallo Christian, wer bist du denn? Erzähl doch mal, was macht eure Firma? Wie bist du dazu gekommen? Etc. pp. Aber wenn wir das tun würden, müsstest du schon ganz viel Wissen voraussetzen in Sachen Revenue Based Financing. Deswegen fangen wir mal an damit, dass wir das erklären, was das eigentlich ist. Aber trotzdem, der Höflichkeit halber, sag doch mal einen Satz über deine Vergangenheit. Also was hast du bisher gemacht, bevor du zu Riverside gewechselt bist?
Christian Stein: Ich bin auch tatsächlich erst seit 2020 bei Riverside Acceleration Capital. Ich bin tatsächlich schon seit 2007 im Venture Capital und habe in der Zeit auch schon ziemlich viele Unternehmen finanziert und habe auch schon in einem oder anderen Zyklus des Marktes mitgemacht. Vor Riverside war ich als Mitgeschäftsführer bei Coparion, habe da den Fonds mitgegründet und fünf Jahre lang aufgebaut. Außerdem war ich auch schon in zwei Startups operativ tätig, in Softwares Service Company im Bereich Tourismus, auch bei ein paar großen Beratern wie BCG oder ähnliches. Tja, und bei Riverside bin ich jetzt seit letztem Jahr und wir investieren eben hauptsächlich in Revenue-Based Financing.
Joel Kaczmarek: Gut, ich glaube, ich habe mal von Christian Nagel von Early Bird gelernt, man muss als Investor so 30 Millionen Euro investieren. Das ist so das Schulungsgeld, das Lehrgeld, was man braucht, bis man dann ein guter Investor ist. Erzählst uns nachher mal, bei wie viel Euro du schon angekommen bist. Lass uns mal straight starten. Revenue-Based Financing. Was ist das eigentlich? Also der Name sagt es ja irgendwie. Es ist eine Finanzierung, die sich an meinem Umsatz orientiert. Aber was genau muss ich mir darunter vorstellen?
Christian Stein: Das ist natürlich allen bekannt, aber man sollte es vielleicht nochmal explizit vor Augen führen, dass die Startup-Landschaft oder die Unternehmenslandschaft natürlich sehr divers ist. Es gibt wahnsinnig viele Geschäftsmodelle da draußen, wahnsinnig viele Entwicklungsphasen in so ein Unternehmen stecken kann und auch viele Situationen. Unternehmerinnen und Unternehmer brauchen auch entsprechend diverse Finanzierungsformen, die möglichst gut auf die jeweilige Situation passen. Das ist jetzt natürlich keine fundamental neue Erkenntnis. Insbesondere in den letzten zehn Jahren haben sich Investoren einige neue Finanzierungsformen ausgedacht und auf den Markt gebracht. Und auch Venture Capital, so wie wir es kennen, das klassische Venture Capital, differenziert sich aus schon seit einiger Zeit. Tatsächlich von Project A als Operational VC, das würde ich auch als eine Art Ausdifferenzierung in dem Zusammenhang bezeichnen. Und eben auch Revenue-Based Financing bzw. Riverside ist ein Teil dieser Entwicklung. Und das Ziel ist es dabei, Optionen im Bereich Wachstumskapital zu schaffen. Und Revenue-Based Financing hilft eben dabei zu wachten, ohne langfristig zu stark zu verwässern.
Joel Kaczmarek: Aber jetzt musst du mir erklären, was das ist.
Christian Stein: Bei Revenue-Based Financing bekommt man Wachstumskapital, für das man keine Unternehmensanteile abgeben muss, sondern einen Teil der monatlichen Umsätze. Man bekommt zum Beispiel ein sechsstelliges oder ein siebenstelliges Investment und das zahlt man eben zurück durch einen Revenue-Share im niedrigen einstelligen Prozentbereich bis ein maximaler Rückzahlungsprozess. ein sogenannter Cap, wie das immer heißt, erreicht ist. Zusätzlich gibt es auch keine Warrants oder andere Optionen auf Anteile. Das heißt also unterm Strich, man verwässert nicht und es ist eine recht leichtgewichtige Form der Finanzierung, weil der Prozentsatz als Umsatzbeteiligung funktioniert natürlich so, dass man eben keine fixen Rückzahlungen hat, immer nur einen Teil des aktuellen Umsatzes zurückzahlt. Insofern atmet quasi die Rückzahlung mit der Topline-Performance. Also mit den Umsätzen. Höherer Umsatz bedeutet höhere Rückzahlung. Niedrigere Umsatz bedeutet eben niedrigere Rückzahlung.
Joel Kaczmarek: Ich erkläre das immer ganz gerne als so eine Art Mischform zwischen Bankdarlehen und Venture Capital. Also bei der Bank wäre es ja so, du nimmst einen Kredit auf. Da müssen natürlich erstmal ganz viele Faktoren voll gegeben sein, dass du dich dafür überhaupt qualifizierst als Unternehmen. Aber du würdest dann einen Kredit aufnehmen und musst den quasi in festen Raten monatlich zurückzahlen. Also eine fixe Rate jeden Monat, egal wie das Business läuft. Plus eine gewisse Besicherung, also dass man auch sagt, okay, privater Durchgriff etc. pp. Während bei Venture Capital ja der Gedanke ist, du gibst Unternehmensanteile raus mit Bestimmungsrechte und bestimmte, ja ich sag mal dieses Double Dipping und was da alles zustande kommt. Und das ist so ein Stück weit dazwischen. Also es ist irgendwie, man hat nicht den Unternehmensanteil Faktor beim Venture Capital und hat aber auch nicht die Fixiertheit wie beim Kredit. Sondern es ist im Prinzip ein Nachrang-Darlehen, was im Prinzip, ja, wie du es gerade eigentlich gesagt hast, performant zurückgezahlt wird. Also wenn ich viel Umsatz mache, zahle ich viel, wenn ich wenig Umsatz mache, wenig. Richtig?
Christian Stein: Ja, das kann man so sehen, genau. Also man hat sozusagen die Cash-Fokussierung, wie man das beim Darlehen hat. Also man bekommt Cash und man gibt Cash wieder raus. Das ist quasi der Teil, den man von der einen Seite sich reinholt und von der anderen Seite, mehr von der klassischen Venture-Capital-Seite, kommt eine gewisse Interessengleichheit, die man da hat, weil wir teilen natürlich auch ein gutes Stück des unternehmerischen Risikos mit. Weil, wie gesagt, wir werden ja nur in dem Maße zurückbezahlt, wie das Unternehmen wächst oder eine gute Leistung hat. Insofern ist das natürlich ein bisschen ähnlich wie im klassischen Venture-Capital. Also insofern hast du recht, das ist ein Teil aus beiden Welten.
Joel Kaczmarek: Und jetzt lass uns mal noch ein paar Details darunter legen, bevor wir auch mal gleich Florian befragen, wie oft ihm das in seiner Praxis schon untergekommen ist. Was ist zum Beispiel mit so Mitspracherechten? Also typischerweise ist es ja so, wenn ich einen VC an Bord hole, sind ganz oft so Themen wie Beiratssitz irgendwie mit auf der Agenda oder bestimmte Sachen muss man sich abnehmen lassen von seinen Investoren. Was passiert da an der Front? und wie ist es mit dem Thema Sicherheiten? Also muss ich schon irgendetwas vorweisen, damit ich für so etwas in Frage komme. oder kann man das eigentlich schon relativ früh wahrnehmen?
Christian Stein: Also in der Tat ist es so, dass Revenue-Based Financing nicht nur nicht verwässert, sondern auch minimalinvasiv ist, sage ich immer gerne dazu. Das heißt also in der Tat, die meisten Anbieter, neben keinem Voting Board sieht, also höchstens vielleicht einen Observer. Man muss auch sonst nicht Teil der üblichen Investor Majorities sein, wo man vielleicht mit Sprachrecht und besonderen unternehmerischen Entscheidungen hat. Das ist absolut korrekt. Man muss natürlich aber schon was vorweisen, nämlich Umsätze, ist klar, weil ohne Umsatz gibt es auch keine Umsatzbeteiligung. Je weniger volatil die Umsätze sind, desto besser funktioniert es natürlich. Das spiegelt sich dann natürlich auch in guten KPI wieder, wie zum Beispiel Churn oder Ähnliches oder auch in der Bruttomarge. Also man guckt sicherlich als Revenue-Based Financing Investor ein bisschen stärker auf die Zahlen, weil man eben keinen Exit benötigt und auch nicht von einem Exit abhängig ist. Dafür aber natürlich von den Umsätzen der nächsten x Jahre.
Joel Kaczmarek: Gut, jetzt ist ja so, das ganze Thema hat ja eine Rückzahlungs- und eine Zinskomponente, also so eine Royalty, wenn ich mich nicht täusche. Wir wollen jetzt natürlich gleich mal verstehen, was sind denn so die typischen Terms, also wie viel Zinsen liegen da drauf, wie lange zahle ich das zurück, wie viel Umsatzanteil muss ich monatlich blechen etc. etc. Aber das machen wir vielleicht gleich mal an eurem Beispiel. Vielleicht vorher mal an Florian die Frage, wie oft ist dir denn Revenue-Based Financing bei euren Startups schon untergekommen? Ist das so eine echte Alternative, die sich da auftut?
Florian Heinemann: Letztendlich muss man sagen, Christian, korrigiere mich, aber ich kann mich jetzt nicht erinnern, dass das vor euch überhaupt jetzt in Deutschland aktiv am Markt angeboten wurde, zumindest jetzt nicht dediziert. Also es gibt ja schon teilweise so Konstruktionen von der Silicon Valley Bank oder sowas, die sowas dann als Teil von so einem Mix mitmacht, nach meinem Verständnis. Aber ich meine schon, dass du jetzt oder ihr jetzt der erste Anbieter seid. Insofern, wir sind jetzt auch bei einigen Firmen im Portfolio im Gespräch. Hört sich ja eigentlich nach einer relativ nachvollziehbaren Sache an, aber es ist jetzt nicht so, dass das zumindest in Deutschland in einem größeren Umfang jetzt schon am Markt angeboten wurde. Ist das richtig, Christian? Willst du das auch so sehen?
Christian Stein: Ja, tatsächlich kommt es jetzt gerade erst rüber. Also von Amerika in Amerika ist das schon längst etabliert. Ich würde sagen, das fing so circa vor zehn Jahren an. Unser Fonds, der eigentlich seine Hauptaktivitäten in Amerika bis jetzt hatte, hat eben dort auch schon angefangen vor fünf Jahren oder vor sechs Jahren mittlerweile. Wir sind auch schon in der zweiten Fonds-. Ich sage das deshalb, weil daran sieht man, da drüben ist die Branche auch schon deutlich reifer. Naja, wie das halt manchmal so ist in Europa und in Deutschland. Offensichtlich brauchen manche Dinge lange, bis sie über den Ozean gekrochen kommen. Und das war hier offensichtlich auch so. Aber man muss fairerweise sagen, gerade so in den letzten fünf, zehn, zwölf Monaten gibt es durchaus auch schon mehr, die das anbieten.
Florian Heinemann: Vielleicht kann man auch so ein bisschen die Analogie zum Venture-Debt-Thema. Die Adoption, also wenn du schaust nach meinem Verständnis oder den Statistiken, die ich gesehen habe, hast du ungefähr 60, 70 Prozent der Ventures mittlerweile im Silicon Valley, die auch weiter fortgeschritten sind, die irgendwann Venture-Debt aufnehmen. Ist in Deutschland sicherlich auch noch ein Stück weit hinter diesen Werten, entwickelt sich aber auch. Ich würde auch denken, dass sozusagen für eine Reihe von Firmen die Art von Financing sogar besser passt als Venture-Debt. Also weil es sich eben deutlich stärker an die Leistungsfähigkeit einer Firma anpasst und deswegen ja auch eben ein Stück weit stärker das Risiko in Richtung des Geldgebers verlagert. Also insofern kann ich mir schon vorstellen, dass das jetzt auch, wenn wir da ein paar Jahre drauf gucken, deutlich mehr Firmen mit dieser Art von Finanzierung arbeiten werden.
Joel Kaczmarek: Aber sag doch mal, du bist ja Investor, du hast ja nochmal einen anderen Blick als Gründer und Unternehmer. Wer in deinem Portfolio kommt denn für sowas wie Revenue-Based Financing in Frage? Also was muss gegeben sein, damit das für euch attraktiv ist?
Florian Heinemann: Bei jeder Art von Kredit, und das ist es hier letztendlich natürlich ja auch, empfiehlt es sich schon, ein klares Geschäftsmodell zu haben und zu wissen, wo kommt der Revenue eigentlich denn her und ist der halbwegs vorhersagbar und hat ja auch ein halbwegs stabiles Margenprofil dahinter, weil das ist natürlich auch wichtig. Es gibt ja auch durchaus Umsätze, wo sich die dahinterliegende Marge dann verändern kann aufgrund des Produktmixes, was dahinter liegt und so weiter. Von dem, was ich jetzt sagen würde, macht es vermutlich schon Sinn, wenn man so eine Art von Finanzierung als Alternative mit einbezieht, mit den Vorteilen, die das hat, dass man auf der anderen Seite quasi ein klares Geschäftsmodell hat, klaren Revenue hat, den auch halbwegs vorhersagen kann, um einfach auch in der Kommunikation mit dem Anbieter vernünftig agieren zu können. Da macht das durchaus Sinn. Also was heißt das? Das werden vermutlich eher etwas weiter fortgeschrittene Firmen sein. Das werden auch vermutlich Firmen sein, die über eine halbwegs vernünftige Planungssicherheit verfügen bei dem, was sie so an Umsätzen machen wollen. Also gefühlt sind das Startups, die mindestens eine Series A durchlaufen haben, gegebenenfalls sogar noch später. wird ja dann Teil des Finanzierungsmixes. Das heißt, du würdest dann ja nicht sagen, ich decke 100 Prozent meines Bedarfs hiermit, sondern es wird weiterhin wahrscheinlich eine Mischung sein aus Equity und dieser Finanzierungsform. Im Series A Plus Bereich kann ich mir das schon sehr gut vorstellen.
Christian Stein: Vielleicht kann man noch einen Blick sozusagen auf die Use Cases werfen an der Stelle, weil du quasi das Fass eben schon aufgemacht hast. Also wann möchte ich das eigentlich haben? Revenue-Based Financing funktioniert sowohl bei Unternehmen, die schon klassisches Venture Capital an Bord haben. Da geht es dann meistens um so Dinge wie vielleicht Runway-Verlängerung, Zulauf auf die nächstgroße Finanzierungsrunde oder auch als Ergänzung zu einer laufenden Venture Capital-Runde, also mit Eigenkapital, um sozusagen die beiden Welten miteinander zu verheiraten. Ja. geht es auch um Unternehmen, für die klassisches Venture Capital entweder zu dem aktuellen Zeitpunkt noch keine Option ist oder vielleicht auch generell keine Option ist, weil man vielleicht auch keinen Exit möchte oder weil es irgendwie einfach nicht passt. Und insofern ist man qua Geschäftsmodell bei Revenue Based Financing ein bisschen offener. Man braucht eben nicht den großen Exit und Also es funktioniert sowohl mit klassischem Venture Capital zusammen als auch ohne. Das ist sozusagen einer der großen Vorteile.
Joel Kaczmarek: Gut, lass uns Konditionen mal diskutieren. Ich habe mir bei euch mal angeguckt, was ihr so schreibt. Du kannst ja auch mal ergänzen. Vielleicht habe ich auch noch ein paar Kennzahlen vergessen. Was ich jetzt über Riverside gelesen habe, ist es so, dass ihr Deals macht in der Höhe von 1 bis 5 Millionen Dollar und sagt, die Rückzahlung erfolgt halt via Umsatzanteil. Ich habe bei euch jetzt keine Info gefunden, wie die Umsatzanteile so sind. Was ich recherchiert habe, ist es so 2 bis 6% des Umsatzes. Kannst ja gleich mal kommentieren, ob das irgendwie hinkommt. Und ihr sagt, ihr macht das angelegt auf 5 Jahre und mit einem capped return von 1,5 bis 2. Also ich muss 1,5 bis 2 mal Geld als Rückzahlungssumme rechnen. Das ist aber auch gecappt. Bietet ca. 50% des Jahresumsatzes als Finanzierung an. Habe ich das richtig wiedergegeben?
Christian Stein: Das hat du hervorragend wiedergegeben. Das kann ich jetzt schon fast gar nicht mehr verbessern. Also Revenue-Based Financing ist ja irgendwie kein geschützter oder definierter Begriff. Gerade in der letzten Zeit sind einige unterschiedliche Anbieter nach vorne gekommen, die eben auch unterschiedliche Modelle haben und das wird eben alles unter dem Schirm des Revenue-Based Financing. durch Umsätze. Wenn man da ein bisschen tiefer reinguckt, dann gibt es eigentlich zwei grobe Kategorien, das wird vielleicht noch interessant sein. Kurzfristige, kleine Revenue-Based Finance Investments, die eher so von automatisierten Fintechs umgesetzt werden. Das ist eher so zur Finanzierung von kurzfristigen Working Capital, so saisonale Verkaufsspitzen oder auch Factoring einzelner Kundenverträge. Und hier passiert die Rückzahlung eben in wenigen Wochen bis zu einem Jahr üblicherweise. Und da ist auch eben, wie ich schon sagte, das Investmentvolumen ein bisschen kleiner. Das sind so vielleicht eins bis drei Monatsumsätze, aber eigentlich immer fünf- oder sechsstellig in der Gesamtsumme. Aber wie gesagt, wichtig ist, und das muss man immer im Kopf behalten, das muss man meistens in circa einem Jahr zurückzahlen. Also das ist deshalb wichtig, weil man, wenn man irgendwas auch vergleichen will, dann muss man sich immer die Zeiträume auch angucken. Und dann gibt es auf der anderen Seite die langfristigen größeren Revenue-Based Financing Wachstumsinvestment durch Venture-Investoren, wie wir auch welche sind. Und da ist das Investment eben größer. Sechs Monats Umsätze oder manchmal auch mehr. Eigentlich praktisch immer in sieben Stellen. langfristiges Investment. Und der Zweck hier ist, ein langfristiges Wachstum zu investieren. Eben ähnlich einem Venture-Capital-Investment, einem klassischen. Und wie du schon richtig sagtest, die Rückzahlung ist dann eher langfristig, bis zu fünf Jahre. Naja, der Vorteil ist da, denke ich, dass man den Cash-Abfluss für das Unternehmen, also in den Rückzahlungen, in der entscheidenden Phase am Anfang, was weiß ich, im ersten Jahr oder in den ersten zwei Jahren, möglichst gering halten kann. Weil es ja auch darum geht, wie viel Geld habe ich denn sozusagen jetzt at work? Also ich kriege Geld von jemandem, muss aber auch was zurückbezahlen. Das muss man ja auch im Gedanken immer so ein bisschen netten. Man muss sagen, wie viel Geld habe ich jetzt dann zum Investieren? Naja, und solche Investoren haben dann auch eher einen partnerschaftlichen, weniger Fintech-mäßigen Zugang zu den Unternehmen. Die geben auch Netzwerk, Coaches und Follow-on-Finanzierungen etc. Und so muss man sich eben auch ein bisschen entlang der Use Cases orientieren, würde ich sagen. Um es kurz zusammenzufassen, wenn ich eben jetzt nur den nächsten Verkaufszyklus oder Projekt oder sonst irgendwas finanzieren will, kann ich das gerne über so ein automatisiertes Ding machen. Wenn ich sage, ich brauche ein größeres Investment, versuche langfristig mein Marketing aufzubauen, dann muss man vielleicht eher mit so einem Investor-spezifischen Ansatz gehen.
Joel Kaczmarek: Ja, eigentlich auch irgendeine Form von Accelerations, also dass ihr sagt, im ersten Rückzahlungsjahr sind es irgendwie x Prozent vom Umsatz und im zweiten dann y, dass man so eine Steigerung reinbaut?
Christian Stein: Ja, man kann das natürlich beliebig kompliziert machen. Wir versuchen das zu vermeiden, weil die Schönheit des Modells ist ja eigentlich, dass es unfassbar simpel ist. Es sind ja überhaupt keine Strings attached, wie man so auf Neudeutsch sagt. Wir haben ja keine Warrants und so weiter. Wir sind nirgendwo im Eigenkapital. Wir sprechen quasi nirgendwo mit. und es ist auch einfach, wir geben Geld rein, wir kriegen Geld raus über einen monatlichen Umsatzanteil. und das war's, ja. Und das kann man natürlich beliebig verkomplizieren, würden wir aber nicht zuraten. Zumal in dem Prozentsatz für die Rückzahlung steckt ja schon eine automatische Akzeleration drin. Das heißt also, am Anfang, also im ersten Jahr, hat man ja wahrscheinlich einen geringeren Umsatz als im letzten Jahr, im vierten oder fünften Jahr. Und insofern zahlt man natürlich logischerweise über den Prozentsatz auch im letzten Jahr mehr zurück als im ersten. Also es ist ein bisschen reingebacken.
Joel Kaczmarek: Und was ist mit Exit-Fees? Also wenn jetzt irgendwie ein Unternehmen kommt, kauft meine Firma auf, die ich mit euch kreditfinanziert habe, dann erhebt ihr ja wahrscheinlich auch eine Form von Gebühr, wenn ihr quasi vorzeitig abfinanziert. Gibt es das? Und wenn ja, was ist da so grob die Höhe?
Christian Stein: Eine Gebühr gibt es Gott sei Dank nicht, aber es ist natürlich so, dass man im Grundsatz uns immer diesen Cap, den man am Anfang vereinbart hat, dass man uns den zurückzahlen muss. Und den kann man uns zurückzahlen, wann man will. Den kann man uns nach dem ersten Jahr zurückzahlen, wenn es einen Exit gibt oder eben fünf Jahre lang über die Umsätze. Aber das ist eigentlich der zentrale Dreh- und Angelpunkt.
Joel Kaczmarek: Letzte Frage vielleicht dazu noch. Gibt es da für euch, sag ich mal, Schindluder-Potenzial, was die Gründer angeht? Also kann es sein, dass man sagt, ich versuche jetzt meine Umsätze drei Jahre lang extrem niedrig zu halten und in den letzten zwei Jahren lasse ich sie langsam steigen. Wenn ihr fünf Jahre sozusagen abgelaufen habt, gibt es ja auch so eine Art Capping, dass ihr sagt, dann ist Schluss, oder?
Christian Stein: Ja, also irgendwann muss es natürlich mal zu Ende sein, weil wir sind ja auch ein Fonds und ein Fonds hat auch eine Laufzeit etc. Das heißt, man kann das nicht auf ewig laufen lassen. Irgendwann brauchen wir das Geld. Ich glaube, kein einziges Mal oder ein halbes Mal, würde ich jetzt mal so sagen, passiert, dass wir da am Ende in Probleme reingekommen sind. Aber auch das ist gar nicht so schlimm, wie es sich anhört. Denn da man ja sozusagen mit dem gesamten Zeitraum zurückzahlt, ist es nicht so, dass man dann plötzlich von zwei Millionen Rückzahlungen steht und dann das Unternehmen in Gefahr kommt, sondern
Joel Kaczmarek: Florian, wie bewertest du denn diese Kondition? Ist es teuer? Ist es günstig? Also wem würdest du dazu raten? Wie fühlt sich das für dich an, wenn du den ganzen Finanzierungsmarkt mal anguckst?
Florian Heinemann: Ja, sagen wir so, ich glaube, das kannst du jetzt pauschal so nicht beantworten, sondern ich glaube, du kannst eher die Frage beantworten, ist es passend oder unpassend? Ob das jetzt teurer ist als eine Venture-Debt-Finanzierung, hängt da eben wirklich sehr stark vom Umsatzverlauf ab. Wenn es Probleme gibt bei Venture-Debt-Finanzierung, dann ist es eben häufig das Thema, dass zum einen natürlich die Zinsen relativ hoch sind und zum anderen, dass du halt sehr starren Rückzahlungsverlauf hast, der unabhängig davon ist, wie es dir eigentlich geschäftlich geht. Also insofern kann das hier schon ein passendes Instrument werden und realen Kosten von Eigenkapital, also die Kapitalkosten von Eigenkapital auszurechnen, Das ist natürlich auch keine triviale Übung, weil du dir natürlich dann auch immer überlegen musst, neben den monetären Kosten, die das hat, was kostet es dich, Anteile jetzt da abgegeben zu haben. Und das lässt sich ja auch erst sehr im Nachhinein bestimmen, wenn du dann wirklich weißt, was werden denn jetzt die Exit-Erlöse sein? und so weiter. Also insofern, deswegen würde ich weniger jetzt in der Kategorie Kosten sehen, sondern ich würde eher wirklich schauen, ist es passend oder unpassend oder passender oder unpassender als gewisse Finanzierungsformen. Und ich glaube, wenn du jetzt zum Beispiel eine SaaS-Firma bist mit einem sehr gut prognostizierbaren Revenue-Modell und einer Marketing-Maschinerie, die zuverlässig funktioniert. Das heißt, du kannst also sagen, ich bin in der Lage, so und so viele Leads zu generieren, die dann zu so und so viel Umsatz führen und dem mit dem Zeitversatz. Und ich hätte jetzt gerne einfach etwas Geld, um diese gut laufende Marketing-Maschinerie vorzufinanzieren. Dann, nach meinem Verständnis, Christian, du korrigierst mich, ist das hier eine sehr passende Form, weil du sozusagen in der Lage bist, Kunden zu akquirieren, das relativ günstig vorzufinanzieren und du letztendlich dann erst dafür bezahlen musst, wenn auch wirklich diese Kunden dann, die du akquiriert hast, Umsätze zusätzlich liefern. Das ist natürlich schon charmant, muss man sagen. Also insofern würde ich jetzt eher sagen, dass das für so eine Firma eben passend ist. Selbst dann kann es ja sogar sein, dass die Zinsen sogar ein Stück weit höher sein werden, nach hinten raus, als das bei einer Venture-Debt-Finanzierung der Fall gewesen wäre. Aber es passt natürlich besser zu deinem Cash-Profil in dem Moment. Und ich glaube, wenn du sozusagen Firmen hast, die diese Voraussetzungen erfüllen, stabiles Revenue-Profil, gut laufende Marketing-Maschinerie oder Sales-Expansion oder was sicherlich auch Sinn macht, eine Vorfinanzierung von Produktionen, Auch das passt ja häufig sehr gut zu dieser Art von Geschäften. Wie gesagt, die wirklichen Cost of Capital kann man dann eben auch erst leider im Nachhinein bestimmen, um da zu entscheiden, ist es gut oder schlecht.
Christian Stein: Vielleicht nur eine kleine Anmerkung. Man sollte sicherlich nicht den Warrant, also die Eigenkapitaloption oder die Option auf Shares, da muss man vorsichtig sein, wenn man das berechnet. Weil gerade wenn ein Unternehmen erfolgreich sein wird, dann wird so eine Option ja auch viel wert sein. Das schießt sozusagen ex post dann meistens die Kapitalkosten, von denen ihr jetzt gesprochen habt, natürlich aus dem Wasser. Alles andere, was du gesagt hast, war absolut korrekt.
Joel Kaczmarek: Verstanden. Dann lasst uns doch mal Vorteile und Nachteile durchdeklinieren. Also wir haben es ja schon eigentlich gemacht ein Stück weit. Also klar, ich habe keine Verwässerung, weil ich keine Anteile abgeben muss. Der Bilanzfaktor kam gerade bei euch auf, dass man quasi sagen kann, ich habe zwar Kredite, aber ich habe kein Fremdkapital drin. Und es ist irgendwie, wie ihr gesagt habt, so sehr einfach eigentlich zu verhandeln. Also du hast keine großen Bewertungsverhandlungen. Du hast ein Stück weit einfach einen Lückenschließer zwischen Kredit und VC. Keine Mitspracherechte, also relativ plain vanilla. Christian, was sind sonst noch so Faktoren, wo du sagst, aus Gründer- und Gründerinnen-Sicht lohnt es sich, darüber nachzudenken, Also wir haben jetzt eigentlich schon die wesentlichen Punkte praktisch alle genannt und du hast sie gerade auch nochmal zusammengefasst.
Christian Stein: Ich könnte vielleicht noch nachschieben, dass die Bewahrung von Optionalität auch ein großes Gut sein kann. Also vom zukünftigen Pfad sozusagen, den ich beschreiten möchte. Florian, würde mich auch deine Meinung gegebenenfalls interessieren, aber ich kenne das ja auch aus meiner Zeit als Qualitätssicherer. Also klassischer VC-Investor, wenn man einmal VC genommen hat, dann muss man es wahrscheinlich öfter tun. Das heißt, da ist eine gewisse Pfadabhängigkeit drin. Wenn man Revenue-Based Financing benutzt, dann ist dann zunächst mal alles offen. Weil, wie gesagt, da hängt eben dann auch keiner auf dem Cap-Table rum. Und man kann auch sonst danach einfach ziemlich viel anstellen, weil das lässt sich auch quasi rückstandsfrei wieder entfernen aus dem Unternehmen, so eine Finanzierung. Das öffnet sehr viele Optionen für die Zukunft. Und deshalb funktioniert Revenue-Based Financing eben für Unternehmen, die schon einen klassischen Venture Capital Investor drin haben, wie ich vorhin sagte, aber auch welche, die keinen drin haben oder jetzt noch keinen. Man kann quasi danach auch noch machen, was man will. Nochmal so ein kleines Add-on, würde ich sagen, zu den Vorteilen, die wir jetzt schon genannt haben.
Florian Heinemann: Es ist ja nur ein Bruchteil der Unternehmen da draußen, für die jetzt Venture Capital oder das Aufnehmen von Risikokapital der richtige Operating Mode ist, weil es dich natürlich dazu bringt, exponentielles Wachstum versuchen anzustreben, weil Venture Capital eben ein Hit-Business ist und du schließt dann ja quasi letztendlich den impliziten Vertrag mit deinen Venture Capitalisten, dieses exponentielle Wachstum zumindest mal zu versuchen anzustreben. Und das ist ja nicht zwangsläufig richtig oder gut. Also mal ein Beispiel dafür, wo es eben häufig nicht so passt, sind Direct-to-Consumer-Brands, wo du sagst, das sind eigentlich gute Firmen, aber nur die wenigsten Direct-to-Consumer-Brands sind eigentlich in der Lage, exponentiell zu skalieren. oder erst dann, wenn sie wirklich eine super Community haben, du dann auch einen sehr starken Wiederholungskauf hast und dann kannst du auf einmal anfangen, sehr starken Lifetime. Das hier, was du jetzt beschreibst, ist eine deutlich breiter einsetzbare Finanzierungsform. Ja, es hilft natürlich, ein wachsendes Unternehmen zu haben, weil sonst macht es für Riverside jetzt keinen Sinn. Das muss jetzt keine Firma sein, die sich jedes Jahr verdoppelt, damit das irgendwie Spaß macht. Das sind natürlich deutlich mehr gute Firmen. Nur die wenigsten der sehr guten Firmen schaffen ja wirklich, in dieses Hit-Business zu kommen. Und wenn du natürlich mit einer Firma, die das eigentlich nicht hergibt, mit einem Modell, mit einem Team, mit einer Organisation, in diesen Hit-Modus schaltest, die das eigentlich nicht hergeben, dann zerstörst du natürlich de facto Wert. Und das sieht man ja regelmäßig. Das siehst du bei so Unternehmen, was ich, Casper ist so ein Beispiel, wo du sagst, das ist eigentlich sicherlich ein völlig okayes Unternehmen, aber das wurde halt dazu gebracht, in so einen Hypergrowth-Modus zu schalten, obwohl das Direktverkauf von Matratzen halt einfach nicht hergibt, egal wie man es halt dreht. Und damit zerstörst du halt Wert de facto. Und davon haben wir ja auch Dinge hier schon gesehen im Portfolio, wo du merkst, das ist eigentlich keine schlechte Firma, aber als Venture Capitalist bist du nicht der Best Owner von diesem Thema. du bist ja noch nicht bei der Order, du bist ja der Best Partial Order vor dem Thema. Das macht die Sache dann häufig noch schlimmer, weil du sozusagen nicht mal alleine mit dem Gründer oder mit dem Management das dann entscheiden kannst, sondern einen ganzen Strauß an unterschiedlichen Interessenlagen da um den Tisch herum hast. Das Schöne hier ist, man kann dann eben auch sagen, ja, wir haben das jetzt mal probiert mit dem Skalieren und wir merken, das ist das richtige Skalierungstempo, das kriegen wir hin. Oder wenn du sagst, selbst das hilft mir jetzt nicht beim Skalieren, dann bricht man halt den Versuch ab. Aber Venture Capitalisten können in der Regel Versuche nicht abbrechen, anzuerkennen, wow, das war jetzt irgendwie der falsche Operating Mode, ist eben nicht so ganz trivial. Einmal haben wir das gehabt im Portfolio, da haben wir drei Venture Capitalisten dazu bekommen, dass wir quasi einfach den Versuch abgebrochen haben und uns die 70 Prozent, die noch in der Firma vorhanden waren an Investorengeldern, wurden dann halt wieder ausgeschüttet. Aber das kriegst du sehr selten hin, weil meistens eben einer der Venture Capitalisten noch den Anreiz hat zu sagen, nee, auf Teufel komm raus, muss das jetzt hier auf Hit Business getrimmt werden, weil der gerade im Fundraising ist und die Abschreibung nicht nehmen will oder so. Und das hat ja mit dem Unternehmen an sich jetzt gar nichts zu tun, sondern es sind reine Binneninteressen, sage ich jetzt mal, der beteiligten VCs. Diese Erwachsenheit, glaube ich, von Diskussionen, die kannst du zum Teil nicht führen.
Christian Stein: Wir haben uns nicht abgesprochen, ja. Aber ich muss einfach nochmal sagen, also besser hätte ich nicht zusammenfassen können. Wir können sicherlich auch bei den stärker wachsenden Unternehmen mitgehen und da freuen wir uns natürlich auch. Je schneller das Unternehmen wächst, desto besser wird es. finanzielle Wachstum nicht brauchen. All die sehr guten Unternehmen, die ich aber trotzdem in der Vergangenheit als klassischer VC abweisen musste, weil sie nicht in dieses Explosionsmodell passen, können sozusagen mit Revenue-Based Financing auch eine signifikante Finanzierung bekommen. Ich muss aber jetzt wirklich dazu sagen, wachsen müssen sie trotzdem. Auch das, Flo, hast du genau richtig gesagt. Wenn ein Unternehmen nicht wächst, dann funktioniert das auch mit Revenue-Based Financing nicht, weil es immer darauf setzt, dass sozusagen am Anfang die Rückzahlungen klein sind und wenn das Unternehmen wächst, dann am Ende aber größer und nur dann wird irgendwie mathematisch ein Schuh draus, sonst nicht.
Joel Kaczmarek: Aber jetzt mal frech blasphemisch gefragt, wenn ich jetzt LP in deinem Fonds wäre und euch zuhören würde, würde ich jetzt denken, ist es denn so, dass der Christian dann nur die unambitionierten Gründer kriegt, die sich so das Hit-Business nicht zutrauen und deswegen die sichere Karte spielen und sich so einen Kredit holen?
Christian Stein: Also das Großartige ist, dass es gar nicht blasphemisch ist. Selbst wenn es so wäre, würde ich sagen, mach gar nichts, denn wir brauchen ja keinen Exit. Ist uns quasi im positiven Sinne egal, ob die sich das zutrauen oder nicht. Wir gucken auf die Umsätze, wir gucken auf Wenn das ein Unternehmen ist, was gut ist, sehr gut oder exzellent wächst, dann ist das was für uns.
Joel Kaczmarek: Aber ich meine, sonst Florian mal umgekehrt gefragt, wenn ich jetzt eine Firma bin, die gerade eine Finanzierungsrunde mit einem VC abschließt, situiert bin, Umsätze habe, zweite, dritte, vierte Runde baue, spricht eigentlich irgendwas dagegen, sowas wie Revenue-Based Financing immer mit einzumischen? Also wäre doch dann eigentlich nur eine logische Konsequenz, oder?
Florian Heinemann: Ja, ich glaube, wenn du die Voraussetzungen hast, die wir gerade besprochen haben, würde ich das zumindest mal mit einbeziehen. Du hast natürlich häufig noch ein paar andere Themen. Also das ist auch wieder die Eigenarten des VC-Business. Deswegen sind ja Runden häufig jetzt so kompetitiv gerade, weil halt auch VCs gewisse Ownership-Requirements haben. Das heißt, die wollen dann gewisse Geldmengen unterbringen, damit du sozusagen wiederum als Investment taugst. Und wenn du jetzt natürlich sagst, so meine lieben VC-Freunde, Ich mache jetzt mal 50 Prozent, mache ich hier mit Revenue-Based Financing eine Runde. Dann kann das natürlich sein, dass gewisse VCs, dann funktioniert deren Modell wiederum nicht. Da kann man natürlich sagen, ist mir jetzt als Unternehmer egal. Das geht natürlich auch nicht, weil diese Hit-Driven-Businesses brauchen das ja schon wiederum an einer anderen Stelle. Und 100 Prozent des Kapitalbedarfs wirst du damit dann wahrscheinlich doch wieder nicht decken können. So, da muss man halt irgendwie einen vernünftigen Kompromiss finden. Aber zu versuchen, diesen Kompromiss zu finden, macht. Macht schon Sinn. Genauso, glaube ich, wie viele ja schauen, macht Venture Debt für mich eben Sinn, gerade in späteren Runden, um eben der Luschen ein Stück weit zu reduzieren. Wäre das für mich ja auch etwas, was ich mitprüfen würde. Und da muss man eben gucken, was sind auch meine Revenue Projections, was werde ich an Cashflow haben, wie passt das jetzt da rein. Das zeichnet ja dann den guten CFO aus, dass er da in der Lage ist, dann ein für die Firma passendes Finanzierungsmix zusammenzustellen. Aber wie gesagt, du hast schon sehr viele Variablen. VCs unserer Phase wollen halt mindestens zum Beispiel eine 10-prozentige Ownership haben oder 12-prozentige Ownership. In der frühen Phase noch weniger, sonst funktionieren unsere Fondsmodelle wiederum nicht. Bist du natürlich teilweise konfliktär mit dem, was Christian jetzt macht. Da muss man sich daneben entscheiden. Da ist ja Christian dann quasi wie eine Art zweiter Fonds, der auch noch mit in die Runde rein möchte oder dritter Fonds. Und das geht eben häufig auch nicht, selbst wenn man die Leute nett findet und so weiter und alles irgendwie auch gut passen würde, ist das teilweise gar nicht so einfach, den Platz zu machen. Wo die Gründer natürlich häufig keine Lust haben, ist dann Wochen vor und dazu zu nehmen, weil sie dann halt nicht 20 Prozent verwässern, sondern 25. Das hast du jetzt hier in diesem Fall eben nicht. Das heißt, man kann dann schon dieses Geld dann aufnehmen, aber du willst natürlich auch trotzdem, unabhängig davon, jetzt auch nicht zu viel Geld aufnehmen als Gründer. Das ist ja letztendlich auch nicht sinnvoll. Muss man dann immer so ein bisschen gucken, wie passt dieses Puzzlespiel dann zusammen. Aber prüfen würde ich das in einer späteren Phase auf jeden Fall.
Christian Stein: Auch da würde ich 100% zustimmen. Und vielleicht noch eine Sache. Einen Vorteil des klassischen Venture Capital können wir auch gar nicht wegnehmen, denn niemand kann so viel Geld in so einer frühen Phase bereitstellen wie das klassische Eigenkapital-Venture Capital sozusagen. Und deshalb wird es auch immer wieder Unternehmen geben, die das und nur das brauchen, weil sie einfach wahnsinnig finanzieren.
Joel Kaczmarek: Also ich fasse nochmal ganz kurz zusammen. Vorteile, die wir jetzt im Wesentlichen besprochen hatten, waren also diese, dass man keine Anteile abgeben muss, man verwässert nicht, die Bilanz bleibt sehr sauber, man hat keine großartigen Bewertungsverhandlungen, mitsprachemäßig kaum Probleme mit seinem VC, Aligned Interest, hast du immer so schön gesagt, Cost of Capital geringer, plus es ist absetzbar von der Steuer und ihr habt keinen Exit-Druck. Florian, wenn du heute so das zweite externalisierte Gehirn von Christian bist, was würdest du denn als die Nachteile sehen von Revenue-Based Financing?
Florian Heinemann: Na gut, wenn es geil läuft, wird es halt teuer. Ja, also ich meine, du hast natürlich den Nachteil, den du immer ein Stück weit bei Fremdkapital hast potenziell, dass du natürlich eine Forderung gegen dich laufen hast und das hast du natürlich letztendlich bei Eigenkapital nicht. Das kannst du halt zu 100% verwenden, da gibt es keine Mindestverzinsung drauf, die du in irgendeiner Form leisten musst. Aber es wird natürlich dann nach hinten raus eben potenziell sehr teuer, wenn ein Unternehmen sehr wertvoll ist. Auch da gibt es, glaube ich, jetzt wieder keinen Nachteil in dem Sinne, sondern das kann halt passender oder unpassender sein. Deswegen glaube ich, pauschalen Nachteil würde ich jetzt hier nicht sehen, sondern es kann halt einfach nur sein, dass du halt vielleicht auch ein bisschen Pech hast und dein Umsatz explodiert halt und dann wird es natürlich teuer. Das schmerzt dann natürlich von dem Cash, das dann rausgeht. Also wenn du jetzt deutlich schneller wächst, als du dir das dann überlegt hast, ist es wahrscheinlich eben eine relativ teure Finanzierungsform dann auch kurzfristig. bringt dich dann zumindest nicht an die Grenze der Zahlungsunfähigkeit, sondern trifft dich dann in der Phase der Stärke nicht ganz so dramatisch. Ansonsten wüsste ich jetzt nicht, ehrlicherweise, was ich da jetzt an pauschalem Nachteil sehen würde.
Joel Kaczmarek: Christian, selbstkritisch, hat er was vergessen? Siehst du das ähnlich?
Christian Stein: Nee, richtig widersprechen würde ich dem auf keinen Fall. Man zahlt natürlich nie mehr zurück als der vereinbarte Cap. Also in gewisser Weise hast du recht, Flo, wenn du sagst, je schneller man wächst, aber wenn man plötzlich sozusagen der Umsatz sinkt, dann wird es teurer. Allerdings nur in dem Sinne, wie halt, was weiß ich, x Prozent von mehr eben auch mehr ist. Also rein mathematisch betrachtet hast du recht. Aber natürlich wird es nie teurer in dem Sinne, als dass man immer nur das zurückzahlt, was man am Anfang vereinbart hat. Aus meiner Sicht ist der größte Nachteil eben tatsächlich, dass man nur, sagen wir mal, bis zur Hälfte oder einen Schnaps mehr der aktuellen Umsätze damit finanzieren kann. Das bedeutet eben, wenn ich eine Million aufnehmen will, dann brauche ich zwei Millionen Umsatz. Das muss man auch erstmal haben, fairerweise gesagt. Das heißt also, diese Finanzierungsform ist eben auch nicht unbedingt für Unternehmen, die in der Seed-Phase sind oder noch früher, also die eben keine oder wirklich homöopathische Umsätze haben oder frühe Deep-Tech-Unternehmen, die erstmal x Millionen sozusagen in eine tolle Technologie oder Produkt investieren wollen, wo aber die Umsätze noch länger auf sich warten lassen und so. Da würde ich sagen, es ist eben nicht immer wirklich Vor- und Nachteil, sondern es ist eigentlich immer passt oder passt nicht. Und hier ist es genauso. Aber der große Nachteil ist, es kann eben nicht so viel Geld aufbringen wie das klassische VC. Das ist es einfach.
Joel Kaczmarek: Kannst du mir sonst eigentlich nochmal erklären, ist euer Modell für Menschen, die in euch wiederum investieren, also diese LPs, die sogenannten Limited Partners, also die euren Fonds finanzieren, attraktiv? Weil wenn ihr sagt, 1,5 bis 2 ist unser capped return, bei der Länge an Investitionsdauer, weiß ich jetzt nicht, ob da jeder feuchte Augen kriegt vor Freude.
Christian Stein: Also wir sind ja schon im zweiten Fonds. Der zweite war auch viel größer als der erste. Ich glaube, was man sich vor Augen rufen muss, ist auch die Rückflusscharakteristik. Das ist schon richtig, dass bei Project A man vielleicht das x-fache seines Geldes zurückbekommt, also viel mehr als zweifach oder so. Aber darauf wartet man natürlich auch viele Jahre. Und die meisten Investoren denken natürlich nicht nur an den Absolute Return. Also ich stecke X rein und bekommen Y raus, sondern auch an den sogenannten IAA, also wie hat sich mein Geld quasi verzinst pro Jahr. Und bei unserem Messmodell ist es ja so, dass wir schon quasi vom ersten Tag an auch schon Rückflüsse haben über diese Umsatzbeteiligung und insofern auch schon unsere Investoren quasi Geld zurückzahlen können. Das heißt also, jetzt aufs Jahr betrachtet, also die Verzinsung ist durchaus sehr attraktiv, wenn man es richtig macht.
Joel Kaczmarek: Letzte Frage, damit wir auch einfach mal marktneutral sind. Wer bietet das, was ihr tut, denn eigentlich noch an? Also ich habe gelesen, dass Rocket auch irgendwie in, ich glaube, einen Londoner Anbieter namens Uncapped investiert hat, der, wenn ich es richtig verstanden habe, was ähnliches tut wie ihr. Dann seid ihr am Markt und es gibt so ein paar Player, die ich gesehen habe, die schmücken sich damit. Ich bin immer nicht so sicher, ob das so ein Teil des Bouquets ist oder auch wie ernsthaft das ist. Also wen seht ihr so als euren Benchmark sonst noch mit euch in einem Pool?
Christian Stein: Das ist tatsächlich insofern schwierig, wenn man eben auf die Revenue-Based-Financing-Anbieter guckt, die ein bisschen mehr Geld investieren. Auch Uncapped ist sicherlich ein sehr professionelles Unternehmen. Die machen aber, wie ich das vorhin sagte, eher so ein automatisiertes FinTech, sage ich mal, die eher kurzfristige Finanzierung machen für andere Use Cases, die nächste Verkaufsspitze vor FinTech. Dann gibt es sicherlich auch sowas wie in Pipe, die jetzt, glaube ich, auch angekündigt haben, Pipe.com rüberzukommen nach Europa oder beziehungsweise sind schon da. Die machen eher so, also das würde man im klassischen deutschen Finanzgeschäft unechtes Factoring nennen. Da geht es um die Vorfinanzierung von einzelnen Kundenverträgen, also auch von jedem einzelnen kleinen Software-as-a-Service-Vertrag, den man abschließen kann mit seinen Kunden. Das ist ja auch wieder ein bisschen was anderes. Deshalb sagte ich vorhin, man muss genau gucken, was das für ein Modell ist, was der Investor da anbietet einen aktuellen Use Case passt. Auch da gibt es kein gut oder schlecht, sondern immer nur passend und unpassend. Wer es ähnlich macht wie wir, ist unsere Freunde von Uplift One aus Berlin, die sowas ähnliches im Modell machen wie wir, allerdings mit kleineren Investments. Und insofern sind die eigentlich eher komplementär zu uns, während wir eben ab einer Million investieren, investieren die eher bis zu einer Million oder kleinere sechsstellige Beträge eben dann auch für Unternehmen, die auch weniger Umsätze haben müssen, als das bei uns der Fall ist. Und so teilt man sich eigentlich so den Markt ein bisschen auf, eben nach Use Cases und nach Finanzierungskursen. Aber in der Tat, viele sind es nicht.
Joel Kaczmarek: Florian, ich wollte gerade sagen, du bist doch sonst so ein Trüffelschwein, was VC-Themen angeht. Hast du außer Christians Angebot schon viel am Markt gesehen in dem Segment?
Florian Heinemann: Es gibt ja eine Reihe von diesen Fintech-artigeren Sachen, auch sozusagen für eBay-Power-Seller oder sowas, wo du sagst, du gibst ihnen deine Account-Credentials von eBay oder Amazon und dann geben die dir quasi ein Finanzierungsangebot für die Vorfinanzierung von Warenerstellung oder Wareneinkauf. Aber da redest du in der Regel von ein paar 10.000 Euro Maximum. Uplift One sagte mir jetzt in der Tat auch was, da hast du recht. Aber ansonsten war mir das jetzt ehrlicherweise auch, also Christian und ich kennen das jetzt schon etwas länger, aber deswegen hatte ich das jetzt auf dem Schirm. Sonst war mir das vorher auch noch nicht geläufig.
Joel Kaczmarek: Na, guck mal, ist doch gut, wenn wir über etwas Innovatives reden hier bei Digital Kompakt und nicht nur über das Alteingebackene. Christian, es war mir ein Vergnügen. Ich glaube, viele Menschen da draußen, die sich mit Unternehmertum beschäftigen, haben jetzt nochmal eine Alternative aufgezeigt bekommen. Ich glaube, wir sind ganz gut eingegangen auf alles Notwendige. In diesem Sinne, also es hat viel Spaß gemacht und mal schauen, wie es in ein, zwei Jahren aussieht mit deinem Thema oder auch in drei, vier, was sie bis da noch getan hat, bestimmt einiges. Da drücken wir dir natürlich ganz fest die Daumen. und ansonsten euch beiden mal einen ganz herzlichen Dank.
Florian Heinemann: Sehr gerne.
Christian Stein: Vielen Dank auch, dass ich dabei sein konnte. Ciao.
Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um Gründung: Du willst dein eigenes Unternehmen gründen, bist schon Gründer oder von Startups fasziniert? Mit dem Top-Experten Florian Heinemann sprechen wir regelmäßig über Tipps und Ratschläge zu Finanzierungsfragen, Strategien und operativer Umsetzung auf dem Weg zu deinem eigenen Business.