Heinemann-Learnings: Wie Startups Top-Mitarbeiter finden

11. Dezember 2020, mit Joel KaczmarekFlorian Heinemann

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Joël Kaczmarek: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen Business-Building-Podcast von digitalkompakt. Mein Name ist Joël Kaczmarek und heute sprechen wir über das Doppelthema Recruiting und Organisationsentwicklung. Das heißt, unser Thema soll heute sein, wie finde ich eigentlich gute Mitarbeiter und was für einen Nährboden muss ich schaffen, dass die auch richtig gut durchstarten können. Sprich, wir werden damit anfangen, mal darüber zu sprechen, wie man sein Recruiting organisiert, mit welcher Philosophie man daran gehen sollte, ab wann eine Professionalisierung Sinn macht, warum Employer Branding ein relevanter Faktor ist und dann natürlich, wie ich das Ganze umsetze und wenn ich jemanden gefunden habe, wie ich sie onboarde. Also mal gucken, wie weit wir hier kommen, wir beiden Plaudertaschen, nicht wahr? Ich und der liebe Florian Heinemann von Project A. Schön, dass du da bist. 

**Florian Heinemann: **Genau, du weißt ja, ich kann ja nicht so gut Quotes. Deswegen brauchen wir wahrscheinlich wieder zwei Podcasts. Aber wir werden sehen. Wir lassen uns mal treiben. 

**Joël Kaczmarek: **Informationsdichte möchte ja auch einen Palatz haben. Von daher, genau. Aber du, straight reingestartet. Wie ist denn bei euch eigentlich dein Blick auf Recruiting? Also was macht ihr zum Beispiel bei Project A in Sachen Recruiting? Rekrutiert ihr für alle eure Startups über sozusagen das Dach oder rekrutieren die selber? Eine Mischung aus beidem. Wie macht ihr das? 

**Florian Heinemann: **Ja, also wir rekrutieren zum einen natürlich für uns selbst. Also wir haben ja ungefähr 105 Mitarbeiter aktuell. Und du kannst sagen, wir rekrutieren irgendwas zwischen 20 und 30 Mitarbeiter für uns. ganz gut pro Jahr. Wachsen moderat, aber wir gleichen eben auch einen gewissen Churn natürlich aus. Wir haben ja auch einen gewissen Verlust an Mitarbeitern, die uns insgesamt verlassen, aber natürlich auch einige, die zu Startups von uns gehen. Und wir rekrutieren aber auch für Ventures, die das möchten, gerne. Wir haben auch Relevante Bewerbungen hier, also das ist ein bisschen mit Covid ein bisschen runtergegangen, aber jetzt eigentlich wieder auf dem Niveau wie vorher zwischen ganz grob 1.500 und 2.000 Bewerbungen im Monat, ganz grob, auf ungefähr 70 bis 100 Stellen, die wir ausschreiben. Also in einem gegebenen Monat. Und die meisten der Stellen, die wir ausschreiben, das passiert für unsere Ventures. Aber unsere Ventures können sich das, wie bei allem, was wir tun, die können sich das sozusagen aussuchen, ob sie mit uns arbeiten wollen oder nicht. Aber es erweist sich eigentlich als relativ schlau, zumindest über uns mitzurekrutieren. Also die meisten... Ventures rekrutieren, haben natürlich für sich selbst eine Recruiting-Funktion und das kann ich auch jedem Venture nur raten, da Struktur aufzubauen und rekrutieren dann eben zum Teil mit uns und zum Teil natürlich dann auch mit externen Headhuntern. Das ist eigentlich so eine Mischung aus dem und ich glaube, das ist auch wahrscheinlich die beste Variante und das machen wir eigentlich auch. Also wir rekrutieren für uns selbst primär intern, weil wir jetzt eben mittlerweile auch ein sehr leistungsfähiges Recruiting-Team haben. Wir arbeiten sehr selektiv auch mal mit Headhuntern. Das ist dann aber schon eher bei Stellen quasi, die einem sehr hohen Gehaltsniveau da sind und wo wir auch vielleicht auch ein bisschen internationaler gucken. Da rekrutieren wir dann gegebenenfalls auch mal mit einem Headhunter. Aber das ist bei uns jetzt eher die Ausnahme. Bei den Ventures im Portfolio ist das gerade bei den Positionen, die, wie gesagt, ein bisschen teurer sind oder senioriger sind, ist es schon üblich, dass die auch mit Headhuntern arbeiten. Also in der Regel ist eigentlich immer eine Mischung aus diesen drei Komponenten, Project A, intern und dann gegebenenfalls auch externe Headhunter, selektiv. Ja. 

**Joël Kaczmarek: **Und was sind die Hausaufgaben, die ich als Venturer, als Unternehmen, als Firma jetzt machen muss? Wenn ich jetzt irgendwie ein Startup bin, schon ein bisschen etabliert, also ab wann fange ich an, sowas professionell aufzubauen und was sind quasi so die wichtigsten Bausteine? 

Florian Heinemann: In dem Moment, wenn ich einen vernünftigen Product-Market-Fit gefunden habe und mir relativ sicher bin, dass ich im Prinzip eine Series A oder sowas Finanzierung bekomme und einen halbwegs stabilen Investorenkreis aufbaue, der es mir im Prinzip erlaubt, ein gewisses Wachstum eben zu seriöser Weise annehmen zu können. Und ich meine, das ist ja auch ehrlicherweise einer der Zwecke von Venture Capital, es quasi zu ermöglichen, dass man im Prinzip Personen einstellt, sowohl was sozusagen die Qualität angeht, die auch häufig mit der Gehaltsklasse dann einhergeht, als auch die Quantität, die so ein bisschen, das ist immer so ein bisschen premature hiring, also dass man sagt, man hiret eigentlich eher Menschen, vorausschauend, weil die andere Philosophie wäre ja so. dieses, was mit Bootstrapping häufig einhergeht, ist, man hiret quasi entlang des Weges die Leute, die man dann eben braucht und bringt auch sozusagen die Qualität der Organisation, upgradet man erst dann, wenn es quietscht. Das ist ja so die Bootstrapping-Philosophie. Und ein Kerngedanke hinter dem Venture Capital sollte ja eigentlich sein, ich leiste mir das schon eine Stufe vorher, weil das die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass ich die nächste Stufe erreiche. Und ich glaube, das sollte man sich halt auch klar machen. Das heißt, wenn man ein Venture Capital finanziertes Unternehmen ist, macht dieses Premature Hiring, hat da einen gewissen Sinn, weil genau das ist ja ein Teil der Venture Capital Logik. Wie kann ich die Wahrscheinlichkeit erhöhen, die nächste Stufe zu erreichen oder das schneller zu tun? Wenn ich eher Bootstrap bin, dann würde ich wahrscheinlich sozusagen ... eher versuchen immer so gute Organisationen, erfahrene Organisationen zu haben, wie ich es mir in dem Moment dann eben, wie ich es brauche in dem Moment und wie ich es mir dann auch in genau dem Moment leisten kann. 

Joël Kaczmarek: Und was brauche ich an Ressourcen? Also, soll ich Personale einstellen? Brauche ich eine Software? Was sind sozusagen so die Faktoren, wo du sagst, das ist so dein basic Setup, was du haben solltest? 

Florian Heinemann: Ja, also ich glaube für uns und ich glaube, das kann ich auch von anderen bestätigen, war ein wesentlicher Durchbruch bei diesem ganzen Thema sicherlich nicht ausschließlich sozusagen in traditioneller, personaler Art und Weise an das Thema ranzugehen, sondern zu sagen, okay, wir haben ja hier relativ viele Kompetenzen in-house. Wir haben eine gewisse Datenkompetenz, wir haben eine gewisse Marketingkompetenz und natürlich haben wir auch eine inhaltliche Recruitingkompetenz. und lass uns doch diese Sachen zusammenwerfen. Und das sieht man eigentlich auch bei, ja, sehr gut und viel rekrutierenden Organisationen diese Entwicklung, glaube ich, sehr stark, dass letztendlich Recruiting ein Stück weit betrieben wird wie Vertrieb oder Performance Marketing, also wo du quasi in Leads denkst und woher bekomme ich gewisse Leads? und wie gut sind dann eigentlich diese Leads? Also ein Kandidat ist quasi der Lead und der wird halt durch einen Funnel geschoben. Und das hat eine Marketingkomponente oder eine Vertriebskomponente. Wo ziehe ich Leute an? Was sind die richtigen Quellen dafür? Wie verfolge ich auch deren Weg durch die Organisation? Wie schnell ich das tue und so weiter? Und wie bringe ich das Ganze dann zum Abschluss? Und dafür brauche ich eine Marketingkompetenz. Das können auch die Inhouse-Marketingleute sein. Also bei uns hilft da auch das Marketingteam. Bei uns hilft auch das BI-Team, was da dafür sorgt, dass man quasi eine Art vertriebliche Infrastruktur schafft, um dann eben Kandidaten durch den Funnel zu führen. Und da gibt es eben diverse Tools, mit denen man sozusagen das begleiten kann, ohne da jetzt großartig Werbung für eins zu machen. Aber letztendlich hast du da... wie so eine Art Salesforce-Pipe-Drive-artige Struktur, um Kandidaten durch den Kanal zu führen und dann letztendlich auch sozusagen in die Organisation zu bringen. Das heißt, du brauchst Marketing, du brauchst BI, du brauchst natürlich die tatsächlichen Recruiter, die das Ganze dann bedienen, um dann eben auch sich Fragen beantworten zu können, was kosten mich eigentlich Leads, ein Frontend-Developer der und der Umgebung, was kostet der mich eigentlich? Oder ein Marketeer, was kostet der mich eigentlich in der Senioritätsstufe? Oder ein Lead dafür, was kostet der mich eigentlich? Also diese Fähigkeit zu haben, das auswerten zu können, wie lang ist eigentlich der Prozess von, ich spreche Leute an, bis dann tatsächlich sozusagen die Gespräche stattfinden, dass ich diesen Prozess auch wirklich professionalisieren kann. Da ist eben diese Datenkompetenz wichtig. Und wenn ich dann die Leute tatsächlich habe, sicherlich auch ein systematisches Onboarding, was ja gerade jetzt in Covid-Zeiten natürlich ein nicht unwesentliches Problem ist. Erstmal, wie führe ich diesen Prozess? Bestehe ich auf persönlichen Treffen? Wir sehen immer mehr Firmen, und das gilt für uns genauso, die Personen einstellen, ohne sie jemals wirklich getroffen zu haben. Das ist jetzt ja fast der Normalzustand. Und wie gestalte ich dann auch ein Onboarding? Das ist dann sicherlich das Nächste, dass ich gerade bei schnell wachsenden Organisationen, dass ich einen Prozess sicherstelle, dass Menschen auch die für sie anderen relevanten Menschen in der Organisation kennenlernen, gewisse kulturelle Elemente vermittelt bekommen und so weiter. Und das ist natürlich alles gerade gar nicht so einfach. Und das ist dann aber natürlich das Nächste, weil das eine ist ja, die Leute reinzukriegen in eine Firma. Und das Nächste ist natürlich dann auch, diese Leute happy zu halten. und Worüber wir jetzt noch gar nicht gesprochen haben und was du auch noch gar nicht angesprochen hast, ist natürlich das ganze Thema Talent Management, Weiterentwicklung, Feedback. Diese ganzen Systeme brauche ich dann ja im Prinzip auch noch alle und das wird auch mittlerweile erwartet letztendlich von Mitarbeitern und auch Mitarbeitern. zurecht erwartet, dass sie in der Lage sind, sich einzubringen in eine Organisation über Feedback, dass sie entwickelt werden, dass es Karrierepfade gibt und so weiter. Da gehört sicherlich auch nochmal zu ein professionelles Gehaltsmanagement, dass man Leuten sagen kann, du bist auf der und der Stufe und deswegen verdienst du so und so viel. Also da eine gewisse Transparenz zu schaffen, das ist dann auch etwas, was man im Prinzip braucht. Und was wir eigentlich sehen ist, dass sich diese Personalaufgabe, und so haben wir es auch gemacht, eigentlich in zwei große Bereiche teilt. Und das eine ist sicherlich das Thema Talent Acquisition, also Leute wirklich in die Firma reinzubringen. Und das andere ist dann sozusagen die Personalarbeit im klassischen Sinne, also Entwicklung, Bindung, die Leute happy zu halten. Und das haben wir auch bei uns organisatorisch ein Stück weit getrennt. Weil das eine wirklich eine sehr vertriebliche Tätigkeit ist und das andere letztendlich gerade eben keine vertriebliche Komponente haben sollte. Und das sieht man eigentlich auch bei immer mehr Firmen, dass man diesen Recruiting-Teil und den klassischen Personalentwicklungs- und so weiter Teil, den eigentlich ein Stück weit voneinander abtrennt. Auch was die Handelspersonen angeht. 

Joël Kaczmarek: Gut, da kommen wir später noch ein bisschen detaillierter zu, glaube ich. Aber vielleicht reden wir nochmal auch ein, zwei Sätze darüber, was du vorhin schon angedeutet hast. Headhunter oder, was mir noch in den Kopf kam, sind auch Coaches. Also das eine wäre ja wirklich Outsourcen, wo du ja schon ein bisschen Anleitung gegeben hast. Die andere Frage ist aber, sollten sich Gründer dabei helfen lassen, diesem Thema nachzugehen? 

Florian Heinemann: Fangen wir vielleicht mal mit dem Thema Headhunter an. Ich glaube, eine gut ausgestattete Recruiting-Abteilung bei einem Unternehmen, was über einen halbwegs vernünftigen Bekanntheitsgrad und Reputation verfügt, muss vermutlich im mittleren und unteren Gehaltssegment nicht unbedingt mit Headhunter arbeiten. Sie müssten das eigentlich alleine können. Und ich glaube, das macht das Ganze natürlich deutlich authentischer. Wenn man jetzt über gewisse C-Level-Positionen spricht, wo man vielleicht auch ein internationales Netzwerk anzapfen möchte, kann das natürlich schon sehr viel Sinn machen, weil natürlich Headhunter... Letztendlich, wenn man ganz ehrlich ist, viele von denen schauen auch nur auf LinkedIn.

Also das kann man theoretisch jetzt auch tun und werten das vielleicht so ein bisschen quantitativ aus. Aber auch das machen ja die besseren Startups. Das machen wir mittlerweile auch, dass wir einfach Leadlisten quasi auch automatisiert generieren auf Basis von LinkedIn. Das heißt, das, was jetzt ein Headhunter früher mal hatte... quasi ein aktivierbares Netzwerk, was Headhunter ja letztendlich für sich auch ein Stück weit exklusiv hatten. Das ist natürlich mittlerweile insbesondere durch LinkedIn und natürlich auch durch Xing, das will ich jetzt gar nicht in Abrede stellen, so ein Stück weit verloren gegangen. Es ist natürlich trotzdem noch Die Kompetenz, solche Prozesse gut zu machen und so weiter, die sind natürlich schon bei den Headhuntern da. Aber auch, gerade wenn man jetzt sagt, ich will jetzt irgendwie, keine Ahnung, jemand aus den USA für mich gewinnen als Chief Product Officer, dann hilft es natürlich auch häufig, mit einem Headhunter zu arbeiten, der eine gewisse Reputation im Markt hat, weil man vielleicht alleine gar nicht in der Lage wäre, diesen Kandidaten zu gewinnen. So, das heißt, Headhunter sorgen natürlich schon für eine im Schnitt größere, Prozessqualität, weil man das auch mit Assessment-Centern kombinieren kann und so weiter. Und natürlich für ein gewisses Netzwerk oder einen gewissen Zugang, den man vielleicht als einzelne Firma jetzt so nicht hätte. Und da kann das dann schon Sinn machen, mit Heltern zu arbeiten und das tun wir auch. Und das machen auch viele, die meisten VC-Firmen, die ich kenne oder VC-finanzierten Firmen tun das.

Und das ist, glaube ich, auch richtig und das wird vermutlich auch so bleiben. Coaching ist noch ein ganz relevanter Punkt. Es ist ja schon eigentlich ganz spannend zu sehen, dass die meisten Gründer, wenn sie erfolgreich sind, Organisationen in einer Größenordnung führen, wie eigentlich die allerallerwenigsten das von denen jemals vorher auch nur andeutungsweise getan haben. Daher bietet es sich natürlich schon an, sich dabei helfen zu lassen. Und das tun in der späteren Phase nach meiner Wahrnehmung sehr, sehr viele. In einer frühen Phase tun das nicht so viele der Gründer. Und das ist, glaube ich, ein Fehler. Also weil wir schon sehen, dass einer der häufigsten Gründe, warum Firmen Probleme haben zu skalieren, die mangelnde Fähigkeit der Gründer ist, sozusagen diesen Skalierungsprozess adäquat auf der organisatorischen Seite mit zu begleiten und mit zu steuern. Und ich glaube, wo in der frühen Phase sozusagen der Gründer, der überall mit drin ist, der alles kontrolliert, der alles im Griff hat, sicherlich total hilfreich ist, um Dinge zu beschleunigen, funktioniert das natürlich ab einer gewissen Größenordnung nicht mehr so gut. Und ich glaube, sich dabei helfen zu lassen, wann dieser Zeitpunkt erreicht ist, wie man eigentlich professionell Leute führt und auch sozusagen andere Leute weiterentwickelt, dabei kann man sich natürlich helfen lassen. Und ich meine, wenn man überlegt, wie viel Geld man beispielsweise für Rechtsberatung ausgibt, auch als Gründer, dann ist es teilweise schon erstaunlich, dass Leute gar keine Probleme damit haben, 30.000 Euro für die Anwaltsrechnung im Rahmen einer Finanzierungsrunde zu bezahlen, sich aber sehr, sehr schwer damit tun, mal 10.000, 15.000 Euro in professionelle dieses Orga-Thema in den Griff zu kriegen. Und ich glaube, da müsste eigentlich die Zahlungsbereitschaft auch in der früheren Phase deutlich größer sein, weil wir sehen schon sehr, sehr regelmäßig, dass im Prinzip diese Transition vom, ich bin der Gründer, das Gründerteam, 10, 15, 20 Mitarbeiter, alles wird letztendlich noch sehr stark von den Gründern kontrolliert. Dann kommt diese Professionalisierungsphase, ich hole vielleicht eine gute zweite Reihe da rein, dass dieser Prozess häufig sehr holprig ist, weil Gründer eben Und zwar eigentlich erkennen rational, ich will in der zweiten Reihe sehr, sehr gute Manager haben, C-Level-Leute haben, denen aber eigentlich nicht den Freiraum geben, den sie brauchen, um quasi ihre Existenz da zu rechtfertigen.

Und das ist schon ein sehr häufiges Problem. Und ich glaube, da könnte man mit entsprechenden Coaches oder entsprechenden Coaching sicherlich diesen Prozess besser gestalten. Und auch sicherlich sozusagen die Selbstwahrnehmung der Gründer oder des Gründerteams deutlich verbessern. Also insofern plädiere ich schon dafür. Das ist natürlich eine sehr persönliche Sache. Nicht jeder Coach ist gut für jeden Gründer. Das ist, glaube ich, sehr individuell. Man muss eben wirklich gucken. Klar, die Leute müssen methodisch gut sein. Das ist das eine. Aber zum anderen müssen die natürlich auch einen gewissen Zugang zu dem jeweiligen Gründer, zum jeweiligen Gründerteam haben. Das ist sehr individuell. Und da kann man auch, glaube ich, nicht. Deswegen klar, man kann sich Leute empfehlen lassen von anderen Gründern und auch von Investoren. Also wir empfehlen auch regelmäßig Coaches. Aber ich glaube, man muss dann eben letztendlich sich selbst überlegen und ausprobieren. Wer passt zu einem sehr gut? Aber ich glaube, als generelle Aussage kann man festhalten, wenn ein Unternehmen stark wächst und man eben mit einem Gründerteam arbeitet oder im Gründerteam hier vorhanden ist, was diese Entwicklung so noch nie vollzogen hat und auch sozusagen normale mannischen Techniken eher aus dem Buch kennt als aus der Praxis, wenn überhaupt, dann empfiehlt es sich, sich da professionelle Hilfe zu holen, gerade weil ja sozusagen die inhaltlichen Aufgaben, der Druck, der herrscht.

Alle diese anderen Themen kommen ja nochmal hinzu. Das heißt, das ist ja sozusagen eigentlich nur so ein Randthema. Und wie gesagt, wir sehen es sehr regelmäßig, dass da wahnsinnig viel kaputt geht und dass auch die Leute, die dazu geholt werden, häufig längst nicht so produktiv sein können. Einfach nur aufgrund der Tatsache, dass dieser Prozess nicht gut gemanagt wird. Und das ist schon schade und richtet deutlich häufig größeren finanziellen Schaden an, als es aber kosten würde, da 15.000, 20.000 Euro in eine professionelle Begleitung zu investieren. Also insofern kann ich das eben nur nahelegen. Da gehören auch so Sachen dazu wie Persönlichkeitstests zum Beispiel. Wie sind eigentlich Teamkonstellationen? Was bildet sich da? Wahnsinnig viele Dinge, die dazu beitragen können, um das Konfliktlevel, was ja dann entsteht. Also wenn du solche Friktionen hast im Rahmen von so einer Wachstumsphase, entsteht ja sehr viel an Konflikten, entsteht sehr viel an Friktionen. Sehr viel ist, glaube ich, sehr gut managebar, wenn man einfach diesen Prozess bewusst begleiten lässt. Weil sehr viele Konflikte zum Beispiel entstehen auch aufgrund von unterschiedlichen Persönlichkeitsstrukturen, die, wenn du die kennst und wenn du sozusagen eine gewisse Awareness hast für das Thema, die Konfliktwahrscheinlichkeit deutlich reduziert. Und das muss man ja sagen, sehr viel von so Dysfunktionalität in Teams was ja zu weniger Produktivität führt, lässt sich letztendlich darauf zurückführen, dass es irgendwelche ausgesprochen oder unausgesprochen Konflikte in Teams gibt. Und ich glaube, die lassen sich deutlich reduzieren mit Hilfe von Professionellen. Kurzum, viel stärker, viel früher auf das Thema achten. 

**Joël Kaczmarek: **die Philosophie beim Recruiting sagen. Also du hattest eben ja schon mal den VC-Case versus den Bootstrapping-Case aufgemacht. Also vorausschauend rekrutieren versus rekrutieren, wenn es notwendig wird, wenn es anfällt. Ein anderer Gedanke ist ja zu sagen, stelle ich jetzt jemanden ein oder rekrutiere ich jemanden, der, wie sagst du immer so schön, potenzialbasiert ist oder erfahrungsbasiert. Also gehe ich hin und suche mir Leute, die vielleicht juniorisch sind und nicht so viel Erfahrung haben, aber Leistungshunger haben Oder greife ich tief in die Tasche und nehme eher die teuren Leute, die dafür aber auch erfahren sind, die es schon bewiesen haben? Was ist denn dein Gedanke zu solchen Herangehensweisen? 

Florian Heinemann: Ich glaube, da gibt es kein richtig oder falsch. Ich glaube, man kann beide Philosophien, gibt es Erfolgsbeispiele, sage ich jetzt mal. Wenn man jetzt schaut, unsere amerikanischen Investorenfreunde drängen eigentlich sehr stark auf eine Professionalisierung, auch im Sinne von Erhöhung des Erfahrungsschatzes im Management. Das liegt sicherlich auch daran, dass du in den USA einen deutlich größeren Pool an 50-Jährigen oder End-40-Jährigen oder Mit-40-Jährigen hast, die halt schon eine sehr lange Karriere im Tech-Bereich haben. Die Anzahl von Personen jetzt von Endvierzigern, Mittvierzigern, Fünfzigern, die jetzt relevante digitale Erfahrung haben, die ist ja in Deutschland gar nicht so groß. Und in den USA ist das eben deutlich üblicher. Da ist auch das Durchschnittsalter in diesen Startups in der Regel höher als das, was wir jetzt hier beispielsweise in Berlin sehen. Deswegen ist eigentlich, deren Rat geht eigentlich in Richtung einer Professionalisierung.

Und das gilt eben auch für das Gründerteam. Du hast häufig diesen Adult Supervision Gedanken. Das heißt, du hast da den jungen Gründer und dann kommt da der Eric Schmidt dazu, im Fall von Google. Oder du hast Sheryl Sandberg und Mark Zuckerberg. Sheryl Sandberg als Idealsupervision für Mark Zuckerberg. Und deswegen wird das eigentlich dort sehr häufig praktiziert. Du siehst in Deutschland eine Reihe von Fällen, wo du eigentlich sehr stark sozusagen dieses Potenzial schlägt, Erfahrungen. auch gesehen hast. Also Zalando war eine gewisse Zeit lang so ein Beispiel, wo man schon sagen muss, dass die meisten Leute, die da unterwegs waren, eigentlich eher im Jugendforschmodus unterwegs waren. Und dann hast du natürlich jetzt die letzten vier, fünf Jahre. dann auch nach dem Börsengang sind dann auch nochmal deutlich seniore Leute gekommen, wie so ein Jim Clark von Amazon und Eric Bowman im technischen Bereich. Ich weiß gar nicht, ob der noch da ist. Aber das waren dann wirklich so diese extrem Senior-Higher, sehr teure Leute. Und davon gab es auch eine Reihe von anderen in anderen Bereichen. Es ist aber trotzdem spannend zu sehen, dass sehr viele von den Leuten, die damals Zalando mitgegründet haben oder sehr früh gekommen sind, also das ist ja Robert Gens, David Schneider, so als Gründer, dann Uwe Dritter, kurz danach dazugekommen, David Schröder, der sich um die ganze Logistik teilgekümmert hat, der hatte ja letztendlich von Logistik vorher keine Ahnung. Der war einfach nur schlau, lernwillig und punkrig. Und das galt ja für alle vier. Und die sind jetzt alle ja, glaube ich, nach meinem Verständnis heute noch im Vorstand. Also die sind alle mit skaliert. Oder jetzt guck dir HelloFresh an. Das ist auch eigentlich ein Beispiel, wo du nach meinem Verständnis zumindest immer noch einen sehr relevanten Teil von Leuten hast, die eigentlich sozusagen mit dem Unternehmen mitgewachsen sind. Und kulturell ist das häufig deutlich leichter.

Das heißt, wenn es dir wirklich gelingt, Leute nach Potenzial sozusagen richtig einzuschätzen und deren Entwicklung dann mit dem Unternehmenswachstum vernünftig zu gestalten, ist das kulturell häufig leichter, als wenn du sozusagen sehr erfahrene Leute mit sehr jungen Leuten bist. Das geht, glaube ich, nur, wenn du einen relativ sensiblen, empathischen Umgang miteinander hast, weil natürlich häufig sozusagen die End-40er mit einer ganz anderen Sichtweise und Blick da drangehen, als das jetzt sozusagen der 28-jährige Gründer tut. Häufig natürlich auch mit einem anderen Energielevel und mit einem vermeintlich auch anderen zeitlichen Einsatz. Und da darf es halt nicht zu Konflikten alleine da rauskommen. Das sieht man eben sehr häufig. Deswegen kann man, glaube ich, nicht a priori sagen, was die bessere Strategie ist. Vermutlich ist die Strategie, ich hire eher experiencebasiert, damit älter und teurer, tendenziell etwas weniger risikobehaftet inhaltlich, weil man sicher sein kann, dass die Leute das inhaltlich hinbekommen. Andererseits hast du natürlich sozusagen dieses Cultural-Fit-Risiko, dass eine Dysfunktionalität potenziell daraus entsteht, dass daraus eben Konflikte resultieren, die dann auch letztendlich dazu führen, dass die Resultate nicht so gut sind. Ich glaube, a priori kann man das nicht sagen, aber ich glaube, es ist ganz wichtig, dass man eine bewusste Entscheidung trifft, Will man es eher experiencebasiert machen, will man es eher potenzialbasiert machen oder will man eine Mischung machen? Tendenziell ist vermutlich der Bereich Mischung am besten.

Und ich habe eine gewisse Tendenz dazu, eher experiencebasiert zu hiren bei Bereichen, wo halt völlig klar ist, dass da Erfahrungswissen eine Menge zählt. Also tendenziell könnte man ja annehmen, dass auch im Bereich IT oder auch im Bereich Logistik wahrscheinlich Erfahrungswissen einen hohen Wert hat. Und eine weitere Komponente, die man dabei natürlich berücksichtigen muss, ist, wer ist eigentlich in der Lage, sehr gutes Talent zu bekommen? Also sprich, wen muss ich eigentlich als Senior VP, also SVP, das ist ja in der Regel sozusagen jetzt die höchste Ebene unter dem Gründerteam, Wen muss ich da eigentlich hinstellen, damit die sehr guten Leute eigentlich zu mir kommen? Und im Silicon Valley zumindest ist das so nach meinem Verständnis, dass du halt auf jeden Fall eine sehr seniorige IT-Person brauchst, damit du überhaupt sehr, sehr gutes Engineering-IT-Talent bekommst. Das ist bei uns sicherlich ein Stück weit anders, wird aber in der Tendenz natürlich auch dahin gehen, dass einfach sehr gute ITler, auch sehr potenzialträchtige ITler halt tendenziell dahin gehen wollen, wo sie eine Menge lernen. Und bei Jim Clark, der halt von Amazon kommt und erwiesenermaßen eine totale Granate sein muss, der tut sich natürlich sehr leicht damit, tendenziell Leute zu begeistern und auch zu bekommen.

Und das ist sicherlich eine weitere Komponente, die man dabei berücksichtigen muss. Und das ist halt schon die Frage, ob halt erwiesenermaßen sehr gutes Talent unbedingt immer zu jemandem gehen will, der sagt, ich bin zwar total schlau, aber ich bin ja eigentlich noch im jungen Forschbus unterwegs, wir können das gerne jetzt zusammen erforschen. Das spricht natürlich eine gewisse Klientel an, andere schreckt das eher ab. Und ich glaube, das muss man einfach vernünftig managen. Aber tendenziell ist es vermutlich so, in Bereichen, wo Experience-Wissen viel zählt, Erfahrungswissen viel zählt, Macht Senior Hiring eher Sinn? In den Bereichen, wo man sich eher weniger Relevanz des bereits vorhandenen Wissens verspricht, kann der jugendforscht potenzialbasierte Ansatz vermutlich zu besseren Resultaten führen und ist häufig einfacher, was den Cultural Fit angeht. In der Tat eine sehr, sehr interessante Frage, wie viele Leute aus meiner Sicht, viele Gründer viel zu unbewusst angehen, was eigentlich da die Trade-offs sind. Und ich glaube, da sollte man eine klare Philosophie haben, die auch mitgetragen wird. Und ich sehe es gerade, wie gesagt, an verschiedenen Beispielen, wo amerikanische Investoren auch mit dabei sind oder angloamerikanisch, die eher diesen Experience-Ansatz bevorzugen und diesen Potenzial-Ansatz gar nicht so richtig nachziehen können. Und das führt eben häufig zu Konflikten.

Und ich glaube, deswegen ist es einfach wichtig, dass man das einmal für sich wirklich durchdenkt und dann den für sich vernünftigen Ansatz versucht zu identifizieren. Und es gibt halt Gründer, die sagen halt, Erfahrungswissen zählt nicht so viel. Also Olli Sampe ist ein sehr gutes Beispiel, der hat halt wenig Respekt gehabt, damals immer vor Erfahrungswissen, ob das ordentlich ist, weiß ich nicht. Weil er gesagt hat, letztendlich, schlaue Leute sind immer besser. Richtig schlaue Leute sind immer besser als erfahrene Leute. und komme dann relativ schnell auf einen besseren Stand. Mir ist das lieber, mit totalen Heißdüsen zusammenzuarbeiten. Erfahrung zählt für mich nicht. Das ist so ein bisschen, wenn das natürlich deine Grundeinstellung ist, dann wirst du dich immer schwer tun mit einem erfahrungsbasierten Ansatz. Und ich glaube, das muss man sich halt klar machen, auch was, wo, wie tickt man selbst? Weil ich glaube, das kann man sich auch nur bedingt, glaube ich, rational aneignen. Was ist da die eigene Einstellung? Ich glaube, da muss man als Gründer sehr ehrlich zu sich sein, weil das sage ich auch immer jedem Gründer, ja nicht sozusagen die perfekte Organisation, sondern die richtige Organisation ist eigentlich die, die perfekt auf deine Stärken, Schwächen, aber auch deine Präferenzen und dein Persönlichkeitsprofil abgestimmt ist. und das muss man im Prinzip halt hinkriegen, indem man sich überhaupt mal klar macht, was bin ich eigentlich in dieser Hinsicht für ein Typ und habe ich eigentlich, schätze ich Erfahrung oder denke ich eigentlich immer nur, es geht mir eigentlich alles zu langsam und der Typ, der checkt sowieso nicht und was die damals bei AOL gemacht haben, I don't give a shit. und dann ist das natürlich sozusagen vielleicht die richtige Philosophie für uns selbst. 

Joël Kaczmarek: Professionalisierung ist ja aber ein gutes Stichwort, bevor wir gleich auch mal über Employer Branding reden und dann mal an die konkrete Umsetzung eigentlich von Recruiting. Viele Unternehmen haben ja schon diese Transition vom Gründer zum Manager oder auch die Transition zweite Ebene einziehen, dritte Ebene einziehen. Was hast du für dich sozusagen für einen Maßnahmenplan zurechtgelegt oder für Erfahrungswerte? Wann sollte man so eine Professionalisierung angehen? Worauf kommt es dabei an? Welche Schritte setzt man um? 

**Florian Heinemann: **Ich glaube also spätestens, wenn man merkt so, wir haben jetzt hier ein Series A geraced, es läuft weiter super. Ich habe eigentlich einen vernünftigen Kern. Ich will jetzt irgendwie internationalisieren. Ich wachse über 50, 70 Leute hinweg. Dann muss man, glaube ich, anfangen, sehr klar in diese Richtung zu denken. Und dann versuchen wir auch, diesen Impuls reinzubringen. Und letztendlich ist dieser Impuls eigentlich immer, besteht eigentlich immer darin zu sagen, okay, wir brauchen eine Professionalisierung auf der zweiten Ebene. Wir brauchen letztendlich eine Entscheidungsdelegation weg vom Gründerteam hin in eine zweite Reihe. Vielleicht rutscht auch ein Teil des Gründerteams in die zweite Reihe. Das kann ja auch durchaus eine valide Geschichte sein. Also auch das ist ja keine Niederlage, sondern häufig eine sehr erwachsene Entscheidung von Gründern, die aus welchen Gründen auch immer merken, andere sind vielleicht jetzt besser für diese Phase. Und du siehst zum Beispiel jetzt gerade Markus Witte bei Bubble, fand ich, der weiterhin da jetzt sehr involviert ist, aber letztendlich gesagt hat, CEO für die nächste Phase sollte eigentlich jemand anders sein. Die genauen Gründe kenne ich jetzt nicht. Ob das jetzt auch so ein bisschen ist, ich habe das jetzt sehr lange gemacht und ich will das nicht mehr so richtig, ich will meinen Einsatz runterfahren, auch eine völlig legitime Geschichte. Oder ob das jetzt eher so ist, ich bin vielleicht nicht der Richtige, das ist ja letztendlich egal. Aber ich halte es für eine sehr erwachsene Vorgehensweise und denke spätestens ab einer Series A, spätestens ab einer Series B Finanzierung sollte man sich darüber Gedanken machen, genau diesen Schritt zu vollziehen und zu sagen, was ist eigentlich meine zukünftige Rolle und bin ich eigentlich der perfekte CEO weiterhin als der Gründer oder Partner? macht es nicht auch Sinn, dass ich mich eher um Produktthemen kümmere? oder häufig haben wir ja Produktgründer, da kann es auch durchaus Sinn machen, dass der sagt, ich gehe ein Stück weit an die Seite, kümmere mich um Produkt oder ich kümmere mich um Tech oder ich kümmere mich um Vertrieb und CEO wird aber eigentlich jemand anders oder eben ich ergänze das in anderer Weise. Aber ich glaube sozusagen, diese bewusste Rollenplanung und dann auch Professionalisierung, was dann auch häufig damit einhergeht, andere Leute fangen eben auch an zu entscheiden, man delegiert gewisse Entscheidungen zu Leuten und schafft eben auch Freiraum für die, Diesen Plan muss man eigentlich spätestens zu diesem Zeitpunkt umsetzen. Und wir haben dafür jetzt keinen festen Maßnahmenplan, Role Model oder sowas, sondern wie gerade schon beschrieben, das hängt, glaube ich, immer sehr stark von der individuellen Konstellation der Gründer ab. Aber ich glaube, es macht Sinn, sich dabei helfen zu lassen von eben einem professionellen Coach. Wir können da auch ein Stück weit natürlich helfbar machen. eine Menge gesehen, aber ich glaube, das ist etwas, was darüber hinausgeht, was ein einzelner VC letztendlich leisten kann in so einer Firma. Ich glaube, es macht durchaus Sinn, sich da professionelle Hilfestellung zu holen. Da kann sicherlich auch eine gute HR-Abteilung mithelfen, sozusagen Dinge da zu begleiten. Aber ich glaube, das geht ein Stück weit auch über das hinaus, was eine normale HR-Abteilung leisten kann, sondern das ist insbesondere eben eine Top-Management-Aufgabe, die dann auch ein Stück weit eben vom CEO selbst ausgehen muss, gegebenenfalls eben unterstützt durch einen Coach. 

Joël Kaczmarek: Wie wichtig bei diesem ganzen Prozess ist Employer-Branding und was zahlt darauf ein? Weil wir haben ja so in unserer Reihe auch schon mal über so Dinge gesprochen wie Signaling, dass zum Beispiel das Investment von großen VCs auch für die Arbeitnehmer super attraktiv ist oder eine große Finanzierungsrunde bekommen oder... Preise, all solche Dinge zahlen ja ein auf das Image einer Firma. Wie wichtig nimmst du das wahr in einer auch durchaus frühen Gründungsphase und was kann man tun, um das zu befördern? 

Florian Heinemann: Ich glaube, letztendlich gerade in einer frühen Phase, wenn man noch keine tollen Investoren hat, macht es sehr, sehr viel Sinn, sich darüber Gedanken zu machen, was für eine Art von Arbeitgeber will ich eigentlich sein? Bin ich eher eine patriarchalisch-diktatorische Struktur, die auf den Gründer zugeschnitten ist? Ist es bei uns eher kuschelig-skandinavisch? Also ich glaube, das macht schon Sinn, da einen gewissen Konsens zu erzielen, weil man natürlich auch gewisse, damit dann auch wieder gewisse andere Leute anzieht. Und ich glaube, auch das muss wieder perfekt zum Gründer passen, weil ich glaube, wenn man jetzt ein eher sozusagen testosterongeladener, ein männerlastig testosterongeladenes Gründerteam ist. Ich bewerte das jetzt gar nicht, ob das auch vielleicht ein bisschen aus der Zeit gefallen ist und so weiter. Da macht es halt keinen Sinn, sozusagen da jetzt die skandinavisch ausgleichende Unternehmenskultur letztendlich zu propagieren. Ich sage immer, letztendlich muss das Gründerteam für sich definieren, was sind sozusagen die für uns dominanten Werte, wie wollen wir miteinander umgehen, da einen gewissen Konsens zu erzielen und den auch relativ explizit nach außen zu machen, damit eben Mitarbeiter, Kandidaten ein gutes Gefühl dafür bekommen, was ist das eigentlich für eine Firma, was ist diesen Leuten wichtig und möchte ich da eigentlich hin?

Also damit habe ich schon, glaube ich, einen ganz wesentlichen Selbstselektionsmechanismus, der eigentlich im Interesse aller ist. Also im Interesse der Firma, dass da eben nur die Kandidaten kommen, die auch wirklich sozusagen so ein Umfeld gerne möchten und letztendlich damit auch die Retention erhöhen. Und ich glaube, sich da Gedanken zu machen, wie kann ich das eigentlich nach außen tragen, Was muss ich da kommunizieren? Und wie mache ich das? Ich glaube, das macht extrem viel Sinn, das relativ früh zu tun. Und jetzt klar, da können Investoren ein Stück weit helfen, wenn du natürlich ein Investment von irgendwelchen tollen Investoren hast. Brand hast, dann hilft dir das. Aber ich glaube, das kann letztendlich das, was ich jetzt gerade beschrieben habe, nicht ersetzen. Und letztendlich ist das eine Storytelling-Marketing-Aufgabe, die sich wahrscheinlich immer stärker im sozialen Medienumfeld, auf YouTube und so weiter abspielen wird in der Kommunikation, als das jetzt auf Messen oder so der Fall ist.

Also jetzt mal abgesehen von Covid. Auch vor Covid, glaube ich, kann man sich darüber streiten, wie sinnvoll jetzt noch sozusagen klassische Recruiting-Messen und so weiter sind. Ich glaube, das Wichtige ist einfach das Bild, was man von sich selbst darstellen möchte. Das hat eine kulturelle Komponente und das hat sicherlich auch eine Komponente, mit welchen Themen beschäftigen wir uns eigentlich. Einige fühlen sich angesprochen von einer Art Kultur. Andere Mitarbeiter fühlen sich angesprochen von sehr spannenden Themen. Und deswegen macht es, glaube ich, auch Sinn, nicht nur zu sagen, was für eine Art von Unternehmen sind wir eigentlich, sondern mit welchen Themen beschäftigen wir uns hier eigentlich. Und das ist, glaube ich, eine zweite Dimension, die ich nach draußen darstellen würde, für die verschiedenen Fachbereiche oder je nachdem, wie man organisiert ist, eben darzustellen, was sind eigentlich so die Themen, mit denen man sich da täglich beschäftigt und das in einer Art und Weise aufzubereiten und zur Verfügung zu stellen, eben über die adäquaten sozialen Kanäle, dass Leute sich ein Bild machen können von außen, was das eigentlich für ein Unternehmen ist. Und ich glaube, das sind so aus meiner Sicht die beiden wesentlichen Komponenten und daraus ergibt sich dann ja letztendlich eine Employer Brand. wenn man es schafft, das Storytelling entlang der gerade genannten Dimensionen eben vernünftig zu machen.

Und das beinhaltet sicherlich auch sozusagen die Gründer. Also gerade am Anfang spielen natürlich die Gründer, die genau diese Themen mit kommunizieren sollen. gerade auf dieser EDRs genannten Komponente, welche Werte sind es wichtig, was für eine Firma wollen wir eigentlich sein, das ist natürlich eine originelle Gründeraufgabe, das zu transportieren. In der fachlichen Geschichte, also mit welchen Themen beschäftigen wir uns eigentlich, da sollte man dann wahrscheinlich die Mitarbeiter, die in die jeweiligen Fachbereiche führen und die Themen verantworten, zu Wort kommen lassen und das eben nach außen darzustellen. Das empfehle ich eigentlich jedem Unternehmen von Anfang an, gerade wenn man eben sozusagen an produktlastigeren Themen arbeitet, weil man über diese Kommunikation natürlich auch genau die Kandidaten, ansprechen kann. und ob man das dann in Podcast-Form macht, was auch natürlich ein super Format ist, um Leuten ein tieferes Bild zu vermitteln oder über Videos oder über Text oder eine Kombination, das kann man sich dann, glaube ich, überlegen. Aber dieses Thema von Anfang an anzugehen und auch relativ systematisch zu machen, das ist, glaube ich, ohne die ein vernünftiges Recruiting und ein vernünftiger Organisationsaufbau zumindest mal deutlich schwerer ist und auch deutlich unfokussierter ist, weil man, glaube ich, wenn man das einmal vernünftig durchdenkt, sozusagen diese beiden Dimensionen sich deutlich leichter tut damit. Vor allen Dingen auch die Mitarbeiter zu halten, weil sozusagen die Mismatches man eben deutlich reduziert. Und ich glaube, das ist sozusagen Employer Branding als Selbstselektionsmechanismus. Das ist, glaube ich, ganz klar.

Jetzt klar, es ist ein bisschen weniger Druck auf der Pipeline wegen Corona. Da denken Leute natürlich, okay, ist der Recruiting-Markt, hat sich so ein bisschen verschoben von einem sehr starken Arbeitnehmermarkt, so ein bisschen wieder in Richtung eines Arbeitgebermarktes. Muss man sicherlich mal gucken, wie das jetzt läuft. Also War for Talent hat gefühlt Etwas abgenommen, aber das wird tendenziell angesichts des soziodemografischen Wandels, wird das für Hochqualifizierte sicherlich auf absehbare Zeit eher ein Arbeitnehmermarkt bleiben. Und das ist dann eben nochmal umso wichtiger, sich darzustellen. Und ich glaube, da müssen Startups eben punkten, weil du musst ja überlegen, warum sollten Leute jetzt nicht zu Facebook gehen oder zu Salesforce gehen oder zu Spotify. Zu den richtig starken Marken musst du den Leuten ja irgendwie klar machen, was ist eigentlich bei dir cooler oder was ist eigentlich sozusagen der Vorteil, den man bei dir hat im Startup-Kontext. Und das muss man, glaube ich, relativ schnell angehen. 

Joël Kaczmarek: Gut. Also, liebe Hörerinnen und Hörer, ich lege euch ans Herz. Investiert euer Geld nicht in teure Headhunter, sondern bezahlt lieber Joel dafür, dass er euch Employer Branding Podcast produziert. Ja, in diesem Sinne. 

Florian Heinemann: Das Geld von den Headhuntern wegnehmen und in Richtung Joel. Wer allen Parteien geholfen hat. 

Joël Kaczmarek: Genau, da gewinnen wir alle, liebe Freunde und Freunde. Gut, zum eigentlichen Thema mal. Die konkrete Umsetzung von Recruiting. Wie geht ihr denn so vor? Wo sucht ihr? Auf welchen Plattformen? Wie schreibt ihr aus? Was macht ihr? Worauf achtet ihr? Geht ihr viel übers Netzwerk? Schaltet ihr einfach nur Anzeigen? Hast du so dein kleines Einmaleins des Recruitings im Startup-Bereich? 

**Florian Heinemann: **Es hängt sehr vom Fachbereich ab. Also ITler werden ganz anders rekrutiert, auf anderen Plattformen rekrutiert als jetzt Marketeers. Ich glaube, was man unisono sagen kann, die Relevanz von klassischen Stellenanzeigen nimmt Das ist, glaube ich, klar. Also klassische Stepstone-Anzeigen und so weiter, die ist jetzt nicht tot, das sieht man ja auch, die machen ja auch noch ordentlich EBIT. Aber wenn man jetzt mal auswertet, wie ist sozusagen der Recruiting-ROI auf klassischen Stellenanzeigen, dann ist der tendenziell von allen anderen Möglichkeiten, die man so hat, mit am schlechtesten. Der beste ROI und auch der beste Cultural Fit ist sicherlich Recruiting aus dem Netzwerk. Also wir inzentivieren beispielsweise auch relativ stark, dass Mitarbeiter von Project A neue Mitarbeiter empfehlen sollen. Also da nehmen wir auch wirklich Geld in die Hand, wenn da Empfehlungen kommen. Und das sind natürlich häufig die besten Empfehlungen, weil da eben schon ein gewisser Cultural Fit häufig gegeben ist. Die Leute kennen uns schon, die haben schon gewisse Vorstellungen davon. Und das würde ich auch jedem Unternehmen empfehlen, dieses Refer a Friend, sag ich jetzt mal, Programm, auch für Mitarbeiter, sich da was Systematisches zu überlegen. Das ist auch häufig ein sehr, sehr guter Kanal. Und das andere hängt wirklich von den Fachbereichen ab. Letztendlich hast du aber schon Gemeinsamkeiten und das eigentlich immer, weil lange nicht von der Zielgruppe, dass sie quasi auf irgendwelche Stepstones oder so geht, sondern ich gehe halt dahin, wo die jetzt so besuschen sind. Und das kann entweder, können irgendwelche Foren sein, das kann Stack Overflow oder für ITler sein, Das können irgendwelche Marketing-Websites sein für Marketeers. Und es ist natürlich relativ stark. auch Social Network basiert, dass du einfach Stellenanzeigen oder Postings letztendlich im Rahmen von sozialen Plattformen schaltest, die aber letztendlich nicht mehr aussehen wie normale Stellenanzeigen, sondern die letztendlich Storytelling, Content Marketing basierte Geschichten sind. Und eine weitere Komponente, die wir eigentlich fast überall mittlerweile sehr stark vorantreiben, ist auch aktives Recruiting, indem wir eben Leute im Profil identifizieren über LinkedIn, über Xing und dann eben die Leute direkt anschreiben, weil natürlich die allermeisten Leute, die wirklich gut sind, ja alle schon über einen gewissen Job verfügen, häufig auch nur latent irgendwie auf der Suche sind und die bekommt man natürlich nur durch eine direkte Ansprache und das ist wahrscheinlich mittlerweile, ist nicht unbedingt der günstigste Kanal, was natürlich auch sehr aufwendig ist, aber das ist ein absolut unverzichtbarer Kanal, einfach letztendlich vertriebsbasiert vorzugehen und eben die Leute darüber direkt anzuschreiben. und wie gesagt, Wo das dann konkret passiert, hängt eben wirklich von der Plattform ab, aber weil jetzt manche ITler sind eben auch nicht auf LinkedIn, wobei auch immer mehr ITler auf LinkedIn sind, muss man sagen. Da funktioniert dann sicherlich sozusagen dieser Stack Overflow etc. Ansatz eher besser. Marketeers findet man natürlich oder Vertriebler findet man besser. Wahrscheinlich kaum Vertrieb leider nicht auf LinkedIn oder auf Xinges. Sonst wäre zumindest die Interpretation seines eigenen Jobs so ein bisschen schwierig. Das heißt, die kann man natürlich auch sehr, sehr gut darüber ansprechen. Aber das ist so die Klaviatur. Wir arbeiten relativ viel mit Tools, die aber auch ermöglichen, dann Anzeigen automatisiert über sehr, sehr viele verschiedene Portale und Aufschreibungsformen dann eben zu posten. Das machen wir sicherlich auch. fließen die alle wieder hier zusammen. Und letztendlich versuchen wir halt, da wirklich für jeden Fachbereich und für jedes Seminuitätsprofil so ein Stück weit rauszufinden, über die Zeit, was ist denn der effizienteste Kanal und der effizienteste Ansatz, um jetzt für einen ganz bestimmten Bereich Personen zu rekrutieren und wir hatten das eben kontinuierlich aus. Also genauso wie du auch Performance-Marketing betreiben würdest, letztendlich. 

**Joël Kaczmarek: **Nein, es gibt ja auch diese schönen Geschichten von irgendwie Startups, die rekrutiert haben und dann in ihren Source-Code irgendwie die Bewerbungsschreiben reingeschrieben haben, um zu gucken, ob da die guten ITler sozusagen da auch mal reingucken und so. Da gibt es ja, glaube ich, auch Und am Valley machen sie es, glaube ich, mit irgendwie so, wie heißen diese Energy-Drink-Dosen, die sie an den Bussen verteilen, wo die Leute dann in die Facebook gekarrt werden und so. Also da gibt es ja mittlerweile echt doch einiges. Gut, verstanden. Wie ist es, was du ja vorhin auch angesprochen hast, mit dem Thema Onboarding? Also ich glaube, man muss ja jetzt über Recruiting gar nicht so viel verlieren. Beziehungsweise eine Sache finde ich bei Recruiting vielleicht vorab noch interessant. Worauf achtet ihr, wenn ihr Kandidaten einstellt? Was sagst du, sind so die Punkte, auf die man gucken muss, wenn man jemanden gefunden hat, der auf Papier passt und jetzt überlegt, ihn reinzuholen? 

Florian Heinemann: Letztendlich gibt es immer eine Art Fachcheck und dann eine Art Culture-Fit-Check. Das sind eigentlich ja die beiden wesentlichen Komponenten. Und wenn wir jetzt für Ventures rekrutieren, muss natürlich diesen Cultural Fit das Venture selbst letztendlich natürlich für sich definieren. Und den Fachcheck machen auch zum Teil dann eben Leute von uns. Wenn wir für uns selbst rekrutieren, machen wir natürlich beides. Aber das sind eigentlich immer die beiden Themen. Fachcheck auf Basis von dem, was im Lebenslauf steht, aber dann auch versuchen wir eben über verschiedene, wir machen jetzt nicht in jedem Fall Brainteaser, aber das machen wir zum Teil auch, versuchen eigentlich für jeden Fachbereich geeignete Formate zu identifizieren, so eine Art Fachcheck zu machen. Ich glaube, bei diesem Fachcheck ist nochmal wichtig, das eine ist ja quasi Also fachliches Know-how im Bereich Marketing oder was auch immer. Und das andere ist sicherlich kognitive, intellektuelle Fähigkeiten. Und das würde man eben eher über solche Sachen wie Brainteaser oder sowas rausfinden. Es gibt auch Leute, das fand ich auch ganz schlau, ein guter Freund von mir, der arbeitet, da muss jeder Bewerber einen Intelligenztest machen. Und die haben letztendlich festgelegt vorab, für welche Position, für welchen Fachbereich ist eigentlich welches Level an Intelligenz die Mindestvoraussetzung. Also sie haben quasi keine pauschale Grenze, sondern sagen quasi, je nachdem, wo du jetzt arbeitest, gibt es ein gewisses Mindestniveau. Er sagt, das funktioniert für sie super, ist aber natürlich in der Kommunikation nicht immer ganz so einfach, wenn du Mitarbeiter erstmal durch so ein dreiviertelstündiges Interview schickst, dreiviertelstündigen Fragenbogen schickst, um da irgendwelche Intelligenzfragen auszufüllen. War das so? Teil auch recht bittere Veranstaltungen ist. Also insofern, aber letztendlich sind es diese beiden Sachen Fach plus kognitive Fähigkeiten und Culture Fit. Das sind eigentlich die Dinge, die man versucht in irgendeiner Form zu erfassen. Und gerade Culture ist natürlich nicht immer so einfach das jetzt alles per Remote zu machen. Und bei dem letztgenannten Thema ist eben auch die Frage, wie viele Leute, also am Anfang haben wir wirklich jeden Mitarbeiter, hat jeder Partner von uns oder jeder Geschäftsführer von uns jeden neuen Mitarbeiter gesehen. Das machen wir jetzt schon seit ein paar Jahren nicht mehr. Aber es gibt durchaus auch Startups, die machen das auch bis zu einer gewissen Größenordnung immer noch so, um diesen Culture-Fit abzuprüfen. von Führungskräften mit der Person. Auch Google macht das ja angeblich so, dass da immer noch 10, 12 Interviews pro Person geführt werden, um eben diesen Culture-Fit letztendlich in den Griff zu kriegen. Und wenn da einer sagt, das ist kein Culture-Fit, dann fliegt die Person halt raus. Und insofern würde ich auch vermuten, dass wenn du dich in einem hochqualifizierten Umfeld bewegst, dass dieses Thema Culture-Fit vermutlich fast das relevantere Thema ist. Ja, dann am Ende, muss man sagen. 

Joël Kaczmarek: Da frage ich mich ja immer, da muss man doch gefühlt 80 Prozent der Leute verlieren, wenn man zwölf Interviewphasen macht oder sieben, was man immer so hört. Und wer hat darauf Bock? Also siebenmal dasselbe erzählen, siebenmal da irgendwie. Hast du da Erfahrung mit? 

Florian Heinemann: Ja, ich glaube, man muss sich halt realistisch einschätzen. Also ich glaube so im 2019 Sommer, wo es sozusagen die absolute heiße Phase war, war das wahrscheinlich sehr, sehr mutig. Als Google oder Facebook konntest du das vielleicht immer noch irgendwo machen, wenn du jetzt hier das heißeste Startup bist gerade. ist das vermutlich schon etwas, was du Leuten zumuten kannst. Ich glaube, es ist halt nur wichtig, dass man sich da entsprechend kalibriert und sagt, welche objektive Attraktivität habe ich eigentlich in der Wahrnehmung von Leuten und was kann ich eigentlich durchsetzen? Da ist zum Teil eher das Problem, dass eher unbekanntere, wenig reputiertere Startups mit Gründern, die sozusagen unter einem gewissen Anflug an Selbstüberschätzung leiden, meinen, irgendetwas durchsetzen zu können, was jetzt eigentlich nicht ihrem Status entspricht. Das stimmt schon. Aber ich glaube schon, dass, wenn man das gut erklärt, dass man durchaus auch in eine positive Richtung drehen kann und sagen kann, ja, das ist ein extrem wichtiges Thema, dieser Culture-Fit. Ist ehrlicherweise auch für dich wichtig. Wir stecken hier, es ist ja nicht nur belastend für den Kandidaten, es ist ja auch belastend für die Firma, die stecken da sehr viel Zeit rein. Insofern finde ich, kann man das schon so kommunizieren und das nicht nur als Bullshit-Akzeptation, sondern das Reale, dass einem das Thema einfach wichtig ist. Und wenn man eben da keinen Bock drauf hat, dann ist man wahrscheinlich auch nicht die richtige Person. um in so einem Umfeld. Ist das jetzt immer sozusagen angemessen? Darüber kann man sich sicherlich streiten, aber es hat vielleicht eben auch, genau wie so ein Intelligenztest, eine gewisse Signalwirkung an Leute im Sinne einer Selbstselektion, dass das vielleicht doch nicht so gut passt. Und dann ist ja eigentlich auch allen geholfen. Also insofern finde ich, kann man das gar nicht so Pauschal bewerten. 

Joël Kaczmarek: Onboarding. Was tut ihr, um Leute, die man gefunden hat, möglichst effizient und reibungsfrei mit gutem Gefühl in eure Organisation und Kultur zu überführen? 

Florian Heinemann: Gutes Thema. Also pre-Covid hatten wir wirklich eben so eine Onboarding-Relation. lange Onboarding-Veranstaltungen, wo wir alle neuen Mitarbeiter, die in einem gewissen Zeitraum dazugekommen sind, ein, zwei Monate zusammengeholt haben für mehrere Tage. Und da haben alle möglichen Leute was erzählt, ein paar Partner was erzählt, Investment-Team aus jedem Fachbereich, wurden im Prinzip Leute dahin geschickt, die dann einfach erklärt haben, wie funktioniert eigentlich Project A, wie arbeiten wir normalerweise zusammen, wie läuft das mit den Ventures. Das ist ja auch alles jetzt nicht so einfach zu erklären und haben das wirklich im Detail dort dargelegt. Das wurde dann auch kombiniert mit so Onboarding-Rallys, das heißt, dass die dann verschiedene Mitarbeiter ansprechen mussten mit so und so vielen Leuten, aber Kaffee trinken und so. Und das ist jetzt eben, jetzt versuchen wir gerade da so eine virtuelle Variante draus zu machen.

Also ich kriege regelmäßig auf Slack irgendwelche Anfragen von irgendwelchen neuen Leuten hier in der Organisation, die sagen, ich bin der So-und-So und ich würde mich so vorstellen, ich bin jetzt gerade hier am Start. Und eine meiner Onboarding-Rallye-Aufgaben ist, hier eine Nachricht zu schreiben und idealerweise eine Antwort zu kriegen. Und da antworte ich natürlich auch immer ganz brav. Aber wir versuchen das eben so ein bisschen zu institutionalisieren als Firma insgesamt, aber dann eben auch im Team. Das heißt also, dass jeder Mitarbeiter, der neu kommt, der kriegt eine Art Mentor. Wir versuchen da relativ viel den Austausch zwischen den Mitarbeitern zu fördern und vor allen Dingen auch im Team. Team des Struktur zu schaffen. Also das haben wir jetzt eben bis zu dem, ich sage jetzt mal, gefühlt zweiten Lockdown, wo wir ja gerade reinlaufen, haben wir auch dann dafür gesorgt, dass wirklich teamweise die Leute ins Büro gekommen sind, damit die sich wenigstens einmal pro Woche sehen. Also grundsätzlich ist es freiwillig bei uns gerade ins Büro zu kommen, aber da hat man gesagt, okay, jedes Team soll es irgendwie organisieren, dass sie sich einmal pro Woche irgendwie sehen. Insbesondere auch um die neuen Mitarbeiter in dem jeweiligen Team. denen eine Chance zu geben, sich im Prinzip regelmäßig mit den anderen zu treffen. Und wir haben natürlich auch gewisse Feedback-Zyklen und so weiter, um Leuten auch den Einstieg hier zu ermöglichen.

Wir machen relativ viel an Veranstaltungen auch untereinander. Wir haben sogenannte Brownback-Lunches, wo verschiedene Mitarbeiter ihre Projekte präsentieren. Das war normalerweise immer physisch. Das findet jetzt gerade virtuell statt. Wir haben jeden Freitag gibt es hier Mittagessen auf Firmenkosten, wo man sozusagen zusammenkommen kann, um auch neue Leute kennenzulernen. Wir starten immer wieder den Versuch einer Lunch Rally, wo es darum geht, letztendlich mit jemandem über Mittagessen zu gehen, den man noch nicht kennt. So, also wir machen relativ viel, um die Leute hier zusammenzubringen. Wir versuchen alle sechs Monate, das ist natürlich auch gerade schwierig, haben wir immer ein physisches Event gemacht, ein größeres, wo wir den Leuten wirklich im Detail erklärt haben, wie laufen die Fonds, ändert sich unsere generelle Sichtweise auf den Markt, was machen wir hier eigentlich, wie bewerten wir eigentlich Fonds, weil bei allem, was man so im täglichen Business irgendwie tut, hier auch bei uns, ist ja häufig sehr operativ, müssen wir uns natürlich sozusagen, wir halten Rendite, orientierter Investor und das ist letztendlich an der wir uns messen müssen, wie viel Rendite generieren wir, das den Leuten auch zu erklären, wo stehen wir da gerade, wie funktioniert sowas. Das jedes halbe Jahr auch immer wieder zu wiederholen, gerade auch wieder ein bisschen schwierig.

Das haben wir immer auch mit gewissen Social-Komponenten verbunden. Wir wollten eigentlich letztes Jahr eine Fahrt machen. Wir wollen eigentlich alle zwei Jahre eine Fahrt machen, wo wir ein paar Tage wegfahren. Das ist letztes Jahr natürlich plattgefallen. Aber wir versuchen, machen relativ viel, um quasi nicht nur das Onboarding, sondern auch den Mitarbeiterzusammenhalt, Mitarbeiter kennenlernen zu verbessern. 

Joël Kaczmarek: Und macht ihr auch genauso viel im Bereich Talentmanagement? Also wenn ich jemanden gefunden habe, möchte ich ihn ja idealerweise auch halten. Und halten bedeutet ja in der Regel, ihm eine Perspektive oder ihr auch aufzuzeigen, wie man ihn entwickeln will oder sie. 

Florian Heinemann: Es gibt bei uns Karrierepfade. Es gibt auch bei uns letztendlich Feedback-Routinen. Kann ich auch jedem nur raten. Also einmal setzen wir ein Tool ein, das heißt Peaken. Da kann jeder regelmäßig Feedback geben, wie er so das hier alles findet. Das nutzen auch die Leute sehr rege. Das ist letztendlich eine wöchentliche Mitarbeiterbefragung. Das ist eine Sache. Das andere aber ist wirklich, dass es Feedback-Zyklen gibt, wo eigentlich jeder Mitarbeiter in regelmäßigen Abständen ein strukturiertes Feedback bekommt von seinem Teamlead. Und der Teamlead dann wiederum sozusagen von der nächsten Ebene höher, wo dann auch mit verschiedenen Leuten gesprochen wird, mit der die Person zusammengearbeitet hat. Beratungen nachempfunden, wie die halt das mit dem Feedback machen, weil wir ja auch so ein bisschen beratungsmäßig unterwegs sind, also kann man das eigentlich recht ähnlich sagen. und da sollen eigentlich diese Fragen, wo willst du hin, wie happy bist du gerade, wie willst du dich weiterentwickeln, willst du eher bei uns bleiben, willst du eher eine Venture wechseln, willst du eher eine Fachkarriere machen? und so, dass eigentlich diese Themen da strukturiert aufgegriffen werden sollen? und die HR-Abteilung achtet im Prinzip darauf, dass diese Dinge passieren. Aber die inhaltliche Ausgestaltung des Feedbacks und das Feedback geben, das machen dann eben die jeweiligen Führungskräfte in dem Team. Ja, das gibt es und ich glaube, das ist auch wichtig, dass man das relativ transparent versucht zu machen. Karrierepfade sind im Startup natürlich nicht immer so einfach oder im Startup-Umfeld, weil man natürlich nie so richtig weiß, wir haben ja kein statisches Gebilde in den meisten Startups, wo klar ist, so alle drei Jahre durch habe ich die nächste Karrierestufe oder so, das ist ja schon, wenn das Ding schnell wächst, dann laufen natürlich auch die Karrieren anders, wenn das Ding eher schrumpft, dann kannst du noch so einen schönen Karriereplan haben, also insofern, Es ist nicht so einfach, aber ich glaube, jedes Startup sollte ab einem gewissen Punkt zumindest den Versuch unternehmen, sowas zu tun und das eben auch mit einem gewissen Talent-Management-Ansatz da hinzubringen. Da würde ich aber auch sagen, dass wir da nicht ganz so gut sind, wie man da sicherlich sein könnte. 

**Joël Kaczmarek: **Hervorragend. Ich glaube, wir hatten einen bunten Ritt und auch einen vielfältigen. Ich habe ja ehrlich gesagt darüber nachgedacht, ob wir in unserer nächsten Episode mal darüber reden, wie man Leute richtig entlässt. Weil ich glaube, das werden wir auch mal machen, oder? 

Florian Heinemann: Das ist sicherlich sehr gut. Also ein total relevantes Thema. Ich bin jetzt sicherlich, wie du ja weißt, es gibt sicherlich Konflikte zu Menschen als mich. Aber rein konzeptionell kann ich das natürlich auch auf das Thema Entlassung durchdringen, ob man da jetzt eine ganze Podcast-Folge zu machen sollte. Aber vielleicht aus aktuellem Anlass mit Covid, auch die Kurzarbeit wird ja auslaufen. Ich glaube, das ist klar. Irgendwann bin ich mal gespannt, wie das läuft. Aber das ist auf jeden Fall ein total relevantes Thema. Und das passiert auch, also ich würde ja sagen, es ist ja nicht nur, man entlässt jemanden, sondern ich würde es eher ein bisschen breiter formulieren, wann trennt man sich eigentlich von Mitarbeitern? Und das muss ja gar nicht unbedingt eine Entlassung sein, sondern die meisten Trennungen, die ich jetzt so sehe, das sind gar nicht Entlassungen in dem Sinne, weil, sagen wir mal, jetzt an Project A und auch die meisten anderen Firmen, wir sind ja gar nicht in der Lage, Leute zu entlassen in dem Sinne, sondern es ist ja eher, dass man, klar, in der Probezeit kann das sein, da können wir natürlich auch Leute entlassen, wenn die Leute erst mal die Probezeit überstanden haben, dann trennt man sich ja eher, entlässt und wie man das 

**Joël Kaczmarek: **tut. Na gut, verschieß nicht dein Pulver. Machen wir dann beim nächsten Mal. 

Florian Heinemann: Absolut. Insofern macht das, glaube ich, Sinn. 

**Joël Kaczmarek: **Genau. Lieben Dank dir. Dann haben wir einen Plan fürs nächste Mal und vielen Dank. Ich bin gespannt, was sich bei euch noch so tut in Sachen Recruiting. Wann ihr hier die Amazon, obwohl die habt ihr ja auch schon, die Top-Leute, von daher. 

Florian Heinemann: In diesem Sinne, so machen wir das.

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Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um Gründung: Du willst dein eigenes Unternehmen gründen, bist schon Gründer oder von Startups fasziniert? Mit dem Top-Experten Florian Heinemann sprechen wir regelmäßig über Tipps und Ratschläge zu Finanzierungsfragen, Strategien und operativer Umsetzung auf dem Weg zu deinem eigenen Business.