
How to: Wie findet dein Unternehmen den richtigen Markt?
13. März 2025, mit Joel Kaczmarek, Florian Heinemann
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Joel Kaczmarek: Hallo Leute, ich habe mal wieder meinen Lieblingsgast, den guten Florian Heinemann hier. Und wir sprechen, wie ihr das kennt, ja fleißig über Themen, die GründerInnen interessieren. Und heute haben wir so gedacht, irgendwie ist die Welt so kompliziert geworden, lass uns doch mal über Märkte reden. Also wir schauen heute mal ein bisschen auf Europa und die Welt. Wie stehen denn die Märkte so da? Vor allem natürlich aber auch, was ist denn ein guter Markt für ein Unternehmen und was vielleicht ein nicht so guter? Und wenn ich mich schon in einem befinde, wie internationalisiere ich von dort? Von daher, schönes Programm heute. Hallo Florian. Moin, moin. Sehr gut. Ja, dann fangen wir doch vielleicht mal an so mit der globalen Lage. Boah, da kriegt man ja Kopfschmerzen. Aber als Investor, wie nimmst du denn so gerade Märkte wahr, wenn du global guckst auf Geschäft?
Florian Heinemann: Es ist sehr unübersichtlich. Es ist natürlich wahnsinnig schwer. Also ich glaube, wenn du jetzt in den USA bist als Founder, hat sich wahrscheinlich jetzt nicht so wahnsinnig viel geändert, weil du erstmal sagst, ich richte mich erstmal in die USA und dann die westliche Tech-Welt. Daran wird sich vermutlich auch auseinandersetzen. erstmal nicht so viel ändern. Und wenn du chinesischer Gründer bist, dann ändert sich wahrscheinlich erstmal auch nicht wahnsinnig viel für dich. Wobei du natürlich schon siehst, wenn du dann wirklich globale Geltung irgendwie erlangst, wie jetzt ein TikTok oder so. Aber das ist natürlich den allermeisten Gründern ja eh nicht vergönnt. Also insofern würde ich sagen, für die hat sich die Lage jetzt nicht großartig geändert. Für europäische Gründer ist es vermutlich schon komplizierter geworden, weil du natürlich schon dir überlegen musst, welche Perspektive habe ich auf Europa? Es ist schon gut, in einem Markt zu sein. Das kann natürlich eine Geografie sein, aber das kann natürlich auch ein gewisses Feld sein, wo man einen gewissen Rückenwind hat. Weil man kann natürlich auch argumentieren, als Startup ist man so klein, ob man da jetzt in einem Markt mit Rückenwind ist oder nicht. Solange der Markt groß genug ist, dann ist das ja trotzdem okay. Weil ich sage mal, wenn ich jetzt wenig habe und dann irgendwie einen gewissen Prozentsatz an einem großen Markt haben möchte, mit einer besseren Lösung, dann muss das ja möglich sein. Auch in einem Markt, der vielleicht jetzt nicht unbedingt wächst oder sich dynamisch vorwärts entwickelt. Die Erfahrung zeigt eben nur so ein bisschen, es hilft halt schon in einem Markt mit Rückenwind zu sein und in einem generell wachsenden Markt, weil dann natürlich auch eine gewisse Dynamik vorhanden ist, die es dir auch erlaubt, als Gründer in diesen Markt einzudringen mit einer besseren Lösung. Das heißt, eine gewisse Dynamik im positiven Sinne hilft und ich kenne eigentlich wenige Firmen, die wirklich relevant groß geworden sind, wo ich jetzt näher dran war, wo du nicht in irgendeiner Weise einen Rückenwindmarkt hattest und das ist natürlich schon die Frage, ist Europa auf absehbare Zeit ein Rückenwindmarkt und wenn ja, für welche Segmente? und ich glaube, das muss man sich schon sehr sorgfältig anschauen, wie schnell orientiere ich mich jetzt beispielsweise auch in Richtung USA, weil es war ja, fairerweise auch vor fünf, sechs Jahren schon so, wo ja quasi diese ganzen Überlegungen, die wir jetzt uns gerade anstellen müssen, noch nicht so relevant waren. Auch da hast du ja eigentlich schon gesagt, so als Softwaregründer spätestens ab einer Series B oder manch auch schon eine A-Serie, dass du dich versucht hast, Richtung USA zu orientieren, weil natürlich auch da schon die größten Kunden und auch die wahrscheinlichsten Firmen, um sowas dann mal irgendwann zu akquirieren, in den USA saßen. Meine Hoffnung ist sozusagen, dass das Ganze, was wir jetzt gerade erleben, auch ein Stück weit dazu führt, dass auch ja häufig hausgemachten Probleme in Europa, wenig Koordination und Abstimmung zwischen den entscheidenden Playern, teilweise immer noch ein Gegeneinanderarbeiten innerhalb der europäischen Länder gibt, dass das so ein Stück weit überwunden wird jetzt, weil eben der externe Impuls und Druck so stark wird, dass sozusagen dieses Besinnen auf jetzt wirklich eine Kapitalmarktunion hinbekommen, was ja seit Jahrzehnten irgendwo da rumwabert, jetzt wirklich einen einheitlichen Markt hinzubekommen, jetzt wirklich eine gemeinsame Außenpolitik und Verteidigungspolitik hinzubekommen, dass das eben in den nächsten Jahren passieren wird und dass dann auch hier wieder eine gewisse Dynamik und ein gewisser Rückenwind entsteht, auch in vielen Märkten. Und unabhängig davon, glaube ich, wenn man jetzt im Bereich Resilience oder Defense unterwegs ist, werden wir das so oder so sehen. Also ich glaube, das ist, glaube ich, beim Allerletzten angekommen, dass man da jetzt was tun muss und dass das auch wahrscheinlich nur auf europäischer Ebene irgendwo funktionieren wird. Das heißt, dass wir auch europäische Supplier brauchen. Das wird natürlich sowohl den bestehenden Firmen in dem Bereich helfen, den Incumbents, aber natürlich auch dem Startup-Ökosystem und da sehen wir ja eine Reihe von Playern, ob es jetzt ein Helsing ist, ob es ein Quantum Systems ist bei uns aus dem Portfolio, die da enorm jetzt schon von profitieren und da wird sicherlich auch noch ziemlich viel passieren. Das wird wahrscheinlich auch im Bereich Renewable Energy und so, also dort sicherlich auch im Bereich Cyber Security, wo auf europäische Firmen dann auch in gewisser Weise gesetzt wird. Und die Hoffnung ist natürlich schon, dass wir es auch noch jetzt im Bereich KI sehen. Die Frage ist immer sozusagen, wie realistisch ist das? Aber ich glaube, wenn man von vornherein schon sagt, das ist ja völlig unrealistisch, dann ist natürlich schon Hopfen und Malz verloren. Weil die Frage wird sich natürlich schon stellen, was sind sozusagen die Unternehmen oder die Sektoren, die eben eine Chance haben, den europäischen Wohlstand in den nächsten zwei, drei Jahrzehnten zu sichern. Und das ist eben eine Frage, die ist noch nicht klar beantwortet. Man kann, glaube ich, schon beantworten, dass einige der Sektoren, die das eben in den letzten Jahrzehnten getan haben, dass die vermutlich sich schwer tun werden, diese Rolle auch in Zukunft zumindest in dem Ausmaß zu spielen. Ich bin jetzt der Letzte, der sagt, die europäische Automobilindustrie hat keine Chance mehr und so weiter. Ich glaube, das wird sich doch alles weniger dramatisch darstellen, hoffentlich, als die Schwarzmaler das heute tun werden. Aber klar, man braucht Wachstumssektoren, die eben wie der Maschinenbau, wie der Automobilbau, wie Chemie, wie Pharma das quasi in den letzten Jahrzehnten sozusagen getragen haben. Und die Frage ist, was wird das sein? Das wird mit Sicherheit ein gewisser Resilience-Sektor sein, weil wenn wirklich wir in Zukunft anstatt 1,5% GDP 3-4% GDP ausgeben werden als europäische Länder, dann wird in diesen Sektor eine Menge reinfließen und dann werden auf Basis dessen auch tolle Unternehmen entstehen, da bin ich mir relativ sicher. Hoffentlich auch im Bereich Energieerzeugung und dann muss man mal schauen, was eben weitere Sektoren sein werden.
Joel Kaczmarek: Wirkt ja alles immer so schwarzmalerisch gerade. Also wenn du über Energie redest, kriegst du von der CDU gesagt, wir wollen die Atomkraftwerke wieder haben. Dass die im Markt gar keiner will, dass die sich überhaupt nicht rechnen und dass die massive Nachteile haben, wird ja da anscheinend immer ignoriert. Oder es ist einfach nur so, ich sage das, damit ich gewählt wurde und mache es dann in der Praxis anders.
Florian Heinemann: Also ich glaube, was halt wichtig ist bei diesen ganzen Themen und ich habe da ehrlicherweise, ich traue mir da gar keine Meinung zu. Mich wundert immer, dass Menschen da eine sehr starke Meinung zu diesen Themen haben, wo ich jetzt sagen würde, ich kann es nicht beurteilen, ob jetzt die, ich meine es gibt ja durchaus Leute, die sehr ernst zu nehmen sind, die jetzt an einer neuen Art von Atomkraftwerk forschen. Ich glaube, dass man jetzt Atomkraftwerke von 1972 wieder hochwert, das ist vermutlich jetzt nicht schlau. dass Management der Energiewende die letzten drei bis fünf Jahre nicht optimal war. Ich glaube, darüber gibt es, glaube ich, Konsens.
Joel Kaczmarek: Ich würde gerade sagen, das ist auch nur ein Punkt von vielen. Du kriegst den Strom, den Erneuerbaren, kriegst von oben nicht nach unten. Bei irgendwie E-Autos haben wir uns selber in den Fuß geschossen. Man dachte ja irgendwie immer so, das liegt alles in den Schubladen, das protegieren wir nur. Aber nein, da ist gar nichts drin. Jetzt kommt China und nimmt das Geschäft an sich. Solar ist irgendwie platt. Also gefühlt hat man ja wirklich den Eindruck, hier geht gerade gar nichts. Auch so Alles scheint ja wirklich konservativer und mehr rechts zu werden. und dann gehen die ja alle hin und fangen an, sich wieder so einzuigeln, also eigentlich antieuropäisch zu denken. Polen, Ungarn sowieso, UK hat ja das größte Beispiel hingelegt. Deswegen macht ihr das nicht manchmal so, hast du nicht das Gefühl, du müsstest doch eigentlich dauernd auf dem Schoß von irgendwelchen Politikern sitzen und so lobbyieren und sagen, hier Leute, so geht das nicht, guck mal, wir müssen so und so denken.
Florian Heinemann: Das ist, glaube ich, auch vielen der rational handelnden Personen dort schon bewusst.
Joel Kaczmarek: Die gibt es schon.
Florian Heinemann: Die Frage ist natürlich nur immer, was ist durchsetzbar und wofür gibt es Mehrheiten und wofür wird man auch gewählt? Und man muss natürlich reagieren auf das, was die AfD da erzählt und so weiter. Also insofern, ich bin sehr gespannt. Ich glaube, wir müssen einfach dafür arbeiten und dafür kämpfen, dass jetzt eben die besten Talente sich, hier entsprechend entfalten können. Letztendlich das Sozialstaatsthema und das Pensionsthema und das Klimaschutzthema irgendwie in den Griff kriegen. Und dann wird auch hoffentlich wieder eine neue Dynamik hier entstehen. Es bleibt ja nichts anderes übrig, als in seinem eigenen Wirkungskreis die Themen voranzutreiben, die man für wichtig hält. Und ich glaube auch weiterhin, dass du als Gründer hier sehr erfolgreich aktiv sein kannst, wenn du den Markt auswählst mit einem gewissen Rückenwindfaktor und wenn du sozusagen die Themen, die wir gerade besprochen haben, entsprechend navigierst.
Joel Kaczmarek: Wenn du jetzt so ein Gründerteam vor dir hast, denkst du dann immer europäisch mit denen gleich oder denkst du erstmal rein deutsch oder denkst du deutsch, dann amerikanisch? Und was sind denn so die Sektoren, die dich jetzt so in Europa zum Beispiel interessieren?
Florian Heinemann: Ich glaube, es kommt total darauf an, was für ein Thema. Also wenn du jetzt ein Software-Thema hast, denkst du erstmal vielleicht deutsch, aber dann auch relativ schnell deutsch. Wäre das etwas, was auch in den USA eine Chance hat, weil die allermeisten Software-Themen musst du eben oder traust du diesem Team das zu, dann eben auch in den USA eine Go-to-Market zu machen und so weiter, weil da natürlich schon, das ist der größte Software-Markt der Welt, da ist der mit Abstand größte Exit-Markt. Das heißt, da muss man glaube ich so denken, wenn du jetzt ein Thema hast wie Trade Republic oder auch ein Revolut, war ja lange Zeit eher europäisch, das hat sich bei Revolut jetzt eben geändert. Aber wenn du natürlich massive Märkte hast, wie sowas oder auch Thema Digital Health, da kannst du auch erstmal nur europäisch und teileuropäisch denken, weil die Märkte einfach so groß sind. Das heißt, kommt glaube ich immer sehr, sehr stark aufs Thema an. Ich glaube, wichtig ist halt nur, dass bei den Gründern die Awareness für diese Thematik ein Stück weit da ist. Wie ich mich da sortiere, dass man da eben bewusste Entscheidungen trifft. Einen rein deutschen Ansatz haben wir eigentlich an den allerwenigsten Stellen. Ja, es ist gut, viel Geld zu raisen, auch zu hohen Bewertungen, aber es ist natürlich schon auch eine wahnsinnige Belastung und Kapitaleffizienz ist schon auch… einen Wert. Das hat nichts mit Kleindenken zu tun, sondern es gibt halt auch gewisse Themen, wo man weiß, da kann man auch mit 120 Millionen wahnsinnig weit kommen. und in dem Moment, wenn ich jetzt 500 oder 600 oder 700 geracet habe mit entsprechenden Liquidationspräferenzen, dann nehme ich mir einfach wahnsinnig viele Möglichkeiten. Das heißt also, ich glaube, so dieses, was wir von Gründern sehen wollen oder auch sozusagen versuchen ja auch mit denen gemeinsam zu entwickeln, educated Blick auf. welche Märkte bediene ich eigentlich und was heißt das auch für den Kapitalbedarf, den ich habe und was heißt das dann auch für sozusagen die Wertentwicklung, die ich dann auch im Prinzip sehen muss und welche Flexibilität nimmt mir das vielleicht auch. dass ich zumindest mal bis zu dem Punkt, wo ich jetzt wirklich eine ganz klare Sichtweise drauf habe, das ist jetzt hier ein Thema, das kann Revolut-artig oder Trade Republic-artig explodieren, dass ich bis dahin zumindest mal etwas zurückhaltend bin, weil dadurch, glaube ich, schon eine Menge an Themen unpassend aufgestellt wird, um dann eben wirklich das Maximum da rauszuholen.
Joel Kaczmarek: Lass uns nochmal konkret einsteigen. Also wenn wir jetzt mal so am Reißbrett planen. Wenn du jetzt irgendwie nochmal das Unternehmerzeptor in die Hand nimmst und sagst, okay, nach ABI-Books will ich es jetzt nochmal wissen. Wie würdest du so einen Markt grundsätzlich angehen? Also ab wann ist ein Markt für dich attraktiv? Wie groß denkst du den? Was sind so die Merkmale, auf die du schaust?
Florian Heinemann: Wichtig dabei ist, glaube ich, auch, man sollte es jetzt nicht zu Also was manche auch im VC-Bereich denken, rechnen ja dann schon ganz genau, sozusagen der Markt ist so und so viel Milliarden und wenn ich davon so und so viel Prozent Also ich glaube, wichtig ist halt, dass man einen Markt angeht, der groß genug ist, der halt ein paar Milliarden Volumen hat. Und wichtig ist dabei eben auch nur sozusagen, dass man eine klare Unterscheidung hat. Und das ist ja auch häufig das Problem. Viele Märkte entstehen ja auch durch bessere Lösungen. Das ist ja auch so ein bisschen so dieses Peter Thiel-Argument. Ich will eigentlich jetzt nicht quasi zu stark mit anderen bestehenden Firmen konkurrieren, sondern ich will ja eigentlich irgendwo reingehen, Was auch so gar nicht existiert, weil ich komplett neu mache, wo vielleicht ein neuer Markt entsteht, weil ich dann ja quasi eine monopolartige Situation mir kreiere. Das gelingt natürlich nur ganz, ganz wenigen. Das darf man natürlich auch nicht verschweigen. Aber die Grundidee zu sagen, es muss nicht immer nur ein bestehender Markt sein, sondern es kann auch ein relevantes Problem sein, das vielleicht sich noch gar nicht manifestiert hat in einem Markt, aber da ist ein relevantes Problem drin. oder ein relevanter Lösungsraum, sage ich jetzt mal, wenn ich den mit einer guten Lösung angehen werde, die vielleicht auch jetzt gerade erst durch gewisse Technologien, durch KI oder sowas effizient überhaupt bearbeitbar ist, dann kann auch das durchaus die interessantere Variante sein. Also ich denke eigentlich dann weniger in, der Markt ist absolut gesehen so und so groß, sondern eher kann daraus ein Problem-Lösungsraum entstehen, der, wenn ich den in gewisser Art und Weise angehe, Dann eben auch zu einer Verhaltensänderung führt bei Nutzern. Airbnb ist ja immer das Lieblingsbeispiel, was Leute dann anbringen im B2C-Bereich. Das, was heute wahrscheinlich der attraktivste IT-Markt ist, den gab es ja vor 20 Jahren gar nicht. Also sozusagen den Cloud-basierten Software-Markt. Entwicklungsmarkt, wo ich natürlich einen First-Mover-Advantage habe. Die Gefahr ist natürlich immer, ist der Problemlösungsraum dann wirklich so groß, wie ich den mir ausmale? Also empfinden das Leute dann wirklich allzu groß? Und wenn ja, kann ich quasi diese Empfindung übersetzen in Softwareausgaben in meine Richtung? Und da kommt natürlich gerade im Softwarebereich dann häufig noch jetzt das Gegenbeispiel, ja, aber jetzt, wo ich mit AI, wo auch Joel und der kleine Flo sich selbst solche Lösungen bauen können. Mit minimalem Aufwand kaufe ich dann überhaupt noch Software auf das Shelf. Die Wahrheit liegt wahrscheinlich wie häufig so ein bisschen dazwischen.
Joel Kaczmarek: Aber ich tue mich bei dir noch ein bisschen schwer rauszuhören. Also wahrscheinlich, der Anwalt würde dann sagen, es kommt darauf an.
Florian Heinemann: Absolut.
Joel Kaczmarek: Findest du jetzt bestehende Märkte in der Regel für Unternehmen attraktiver oder entstehende? Weil ich denke zum Beispiel an sowas wie Meta.
Florian Heinemann: Grundsätzlich, wenn es gelingt, entstehende Märkte zu bedienen. Also entstehende ist natürlich der ultimative VC-Case. Also sprich, wenn ich jetzt VC bin, dann sollte ich eigentlich relativ stark auf entstehende Märkte setzen. Das ist ja auch die Zero-to-One-Argument letztendlich. Da habe ich dann die Chance auf eine monopolistische Lösung. Aber natürlich kann ich das auch in einem bestehenden Markt. Nur eine neue Kategorie, die entsteht, wo ich die Regel definiere, ist tendenziell natürlich nochmal besser. Und gerade wenn du jetzt aus Sicht eines VCs tickst, denke ich ja eher an Outlieren und natürlich können entstehende Märkte, jetzt siehst du auch gerade im Defense-Tech-Bereich, Drohnen ist ja gerade ein großes Thema, das ist ein entstehender Markt, da kannst du selbst noch die Regeln mit definieren. Das ist natürlich erstmal für dich als VC, aus VC-Sicht ist das besser. Für dich als Gründer ist ja nochmal eine ganz andere Frage, weil das darf man auch, und das verstehen ja viele Leute nicht so hundertprozentig. Wir investieren in 30 Unternehmen. Zwei bis vier davon werden 90 Prozent meiner Returns in diesem Fonds kreieren. Ich als VC habe den Incentive, meine Gründer in Richtung Outlier zu pushen. Aber das heißt ja, dass 50 Prozent der Deals, die ich machen werde im Early-Stage-Fund, generieren ja nicht das Geld zurück, was ich da und auch andere Leute da investiert haben. Ob für dich als Gründer aus Risk-Return-Überlegungen diese entstehenden Märkte die bessere Waldalternative sind, das steht ja nochmal auf einem ganz anderen Blatt. Klar partizipiere ich auch als VC von der Wertentwicklung parallel mit dem Gründer. Aber für mich, wenn ich mal rein egoistisch auf meine Fund-Return-Logik schaue, ich brauche Fund-Returner. Ich brauche ein, zwei Fund-Returner im Fonds. nur dann habe ich die Chancen, 3x plus auf meinen Fonds zu machen. Das ist mein Incentive. Eine mediocre laufende Firma, die für mich 10% des Fonds returnt, das kann eine tolle Firma sein, aber das hat für mich nur begrenzten Wert. Und ich glaube, das müssen sich die Gründer auch klar machen. Ein VC, der halbwegs rational tickt, wird mich immer eher in Richtung entstehende Märkte pushen. Das muss aber für mich individuell als Gründerteam nicht unbedingt die bessere Lösung sein. Wichtig Wichtig ist es einfach nur als Gründer, ein ganz klares Gerüst für sich im Kopf zu haben, was für ein Case habe ich hier? Habe ich hier die Chance, in Richtung Emerging-Markt zu gehen? Oder ist es nicht doch besser, sozusagen einen bestehenden Markt zu attackieren mit dem, was ich hier habe an Lösungen und da vielleicht ein relevanter Player zu werden, aber eben nicht der Outlier-Case? Aber vielleicht auch mit deutlich weniger Investment. Das kann für mich als Gründer die deutlich bessere Entscheidung sein. Aber wie immer im Leben, bei allen komplexen Sachen, es kommt in der Tat darauf an, nicht nur sozusagen auf den jeweiligen Markt, sondern auch auf meine eigene Motivationsinteressenlage, wofür ich ja nur plädiere, ist, macht euch einfach Gedanken und versucht, diese Gemengelage, die ich ja gerade versuche, so ein bisschen darzulegen, die für euch und für euren individuellen Fall wirklich verstanden zu haben und Konsens auch im Team darüber zu erzielen, was eigentlich der Ansatz ist, den ihr gehen wollt.
Joel Kaczmarek: Ich finde das manchmal auch so unromantisch, wenn du dann so eine, ich sage jetzt mal überspitztes Bild, WHO-Gründerteams hast, die dann hingehen, ziehen sich Marktreports und gucken, welcher Markt ist denn am größten? und dann suchen sie partout nach einem Modell, weil dieser in jedem Markt gerade so groß ist. Weil wenn ich mal so überlege, ich mache ja immer diese fünf Dinge, die ich gerne mit 20 gewusst hätte, fragen in meinem anderen Podcast. Und das, was am meisten genannt wird, ist, mach die Dinge, die du liebst, weil die machst du am besten. Gero, lustigerweise, Dicker von, hat es auch gesagt, von Signavio, weil sonst fühlt es sich an wie Arbeit. Und ich weiß gar nicht, ob sich so viele Leute dann gefallen tun, immer danach zu schauen, welcher Markt wächst gerade am krassesten, wo kann ich die dicksten Millionen abgreifen, weil am Ende machst du dann Bodenbleche für Panzergarde, weil das irgendwie den größten Wachstumshebel hat. Wobei dein Herz eigentlich vielleicht für, keine Ahnung, ich denke zum Beispiel gerade an Johannes Klisch von Snox. Ich glaube, wenn der zu dir gekommen wäre und hätte gesagt, du hier, ich will was verkaufen online, der hätte gesagt, über E-Commerce, E-Socken, Commodity-Produkt, was für ein Schmodder. Und der hat da aber so eine Passion reingelegt.
Florian Heinemann: Aber Johannes Klisch, das ist ein super Beispiel. Er ist ein super Typ. He did very well for himself, nachdem ich das beurteilen kann. Trotzdem wäre Snox jetzt kein VC-Case. Bis heute nicht. Sondern er hat sich halt bewusst dafür entschieden, das ist das Ding, worauf ich Bock habe. Ich habe aber eine dazu passende Finanzierungsstruktur. wird wahrscheinlich trotzdem finanziell zu den erfolgreicheren deutschen Gründern damit gehören, auch wenn er jetzt nicht die 7-Milliarden-Firma da aufgebaut hat. Ich bin ehrlicherweise nicht so im Follow-Your-Passion-Camp, sondern Follow-Your-Contribution. Wo bin ich in der Lage, mit dem, was ich jetzt hier so mitbringe, vielleicht auch mit meinem Team, gewissen Wettbewerbsvorteil und einen gewissen Mode relativ zu anderen zu erzeugen? Was ist dann damit auch an finanziellem Impact irgendwo verbunden? Weil ich glaube, so die große Gefahr von Follow-Your-Passion ist, Die Leute, die sagen Follow Your Passion, das sind halt die Typen, die halt jetzt sehr erfolgreich sind und damit viel Geld verdient haben und sozusagen, dann sagt sich das natürlich immer so leicht. Man sollte das nicht zu romantisch sehen, weil ich halt sagen würde, die allermeisten Menschen können auch für Themen, wenn die eine Relevanz haben, Und wenn die einen Impact haben, und auch Panzerbleche, kann der in der aktuellen Zeit durchaus eine Relevanz haben. Weil es einfach, und du weißt ja, ich bin ja auch eher sozusagen aus dem Alt-68er-Haushalt. Also insofern, mir wäre es vor zehn Jahren nichts ferner gewesen, als zu sagen, European Resilience ist total wichtig und Defense und so. Aber man muss halt sagen, wenn man halt nüchtern versucht, auf diese Welt zu gucken, dann wird es ohne European Resilience und eine sehr wehrhafte Defense-Industrie in dieser Welt nach den Regeln, die halt andere festsetzen, wirst du keine relevante Rolle spielen können. Das heißt, du bist quasi gezwungen, dich mit diesen Themen auseinanderzusetzen. Ich glaube, man kann sich für echt viele Themen begeistern, solange man dann eben sieht, dass es zu was Sinnvollem irgendwie beiträgt und einen gewissen Impact hat. Und Impact ist für mich eben nicht immer nur sozusagen, ich ermögliche jetzt keine Ahnung, Inklusion oder sowas, sondern auch Defense oder Resilience oder Energieerzeugung oder so, das hat durchaus einen.
Joel Kaczmarek: Also ich glaube, du hast schon recht, man kann seine Passion auch finden. Es muss jetzt nicht immer das sein, wo ich sage, 40 Prozent meiner Hobbys drehen sich um. Ich überlege nur so auf der anderen Seite, mir kommen so zwei Geschichten gerade in den Kopf. Ich erinnere mich noch, und das setzt ganz schön an das an, was du eben gesagt hast. Überleg dir als Gründer, welcher Markt ist für dich richtig oder auch Gründerin oder als Investorin. Das eine Momentum war, als ich mal Stefan Uhrenbacher getroffen habe auf einem unserer Events. Und ich sage, na, wie geht's dir? Und er meinte, ja, ganz gut. Ich sage, was ist los? Was tut sich so bei dir? Ja, ich habe heute gerade Quipe verkauft. So und für die, die sich noch zurück erinnern, Cripe war ja damals so das Ding, die deutsche Plattformen für so Restaurants bewerten und Co. Was war das Ende vom Lied? Der hat gar nicht so viel von seinem Kuchen abgekriegt, der hat das mega Ding gebaut, aber das war so, wie es die überfinanziert, so wie ich es verstanden habe, ich habe mit ihm da nie drüber direkt geredet, aber der sah an dem Abend eher unhappy aus, ja. Oder hier die Tonys-Gründer, glaub ich, ähnliches Beispiel. Gefundet, relativ umfangreich, dann über so einen Speck, glaub ich, an die Börse, wenn ich's richtig erinnere. Also ich glaub, die beiden Tonys-Gründer waren jetzt nicht diejenigen, die mit die größten Sachen vom Tisch genommen haben. Von daher find ich das einen fairen Punkt zu sagen, ich sollte mir so einen Markt mal aus mehreren Perspektiven angucken und dann diesen Kapitalbedarf zu denken. Jetzt finde ich nochmal spannend, auch nochmal zu vertiefen, du hast ja so am Anfang gesagt, als wir über die globale Marktlage reden, hast du ja so von Rückenwind im Markt geredet. Was ist denn das für dich? Also wann definierst du denn einen Markt mit Rückenwind?
Florian Heinemann: Rückenwind hat ja auch wieder, wie immer im Leben, mehrere Dimensionen. Der einfachste ist, glaube ich, der investorenseitige Rückenwind. Also sprich, wenn ich jetzt mich entscheide, mit Investoren zu gehen Ist das ein Thema, was bei Investoren die nächsten Jahre ein gewisses Sexiness hat? Weil das merken wir schon, auch Firmen, die echt guten operativen Job machen, wenn du halt im falschen Thema bist, also was heißt falschen, also aus Investorensicht eben keinen Rückenwind hat, dann tust du dich einfach schwer, eine Finanzierungsrunde zu kriegen. Und wenn du jetzt gerade einen AI irgendwas so und so machst, also das hört sich jetzt so an, jedes AI-Startup kriegt Geld, die Investoren sind ja schon sehr zurückhaltend, aber da akzeptieren es halt Investoren, dass es völlig normal ist, dass ein Startup 80 Millionen Seed-Finanzierung braucht, weil es eben so teuer ist, irgendwelche Modelle zu entwickeln. Und wenn du jetzt gerade versuchst, ein innovatives E-Commerce-Startup zu bauen oder noch schlimmer Werbetechnologie-Startup, dann kann das eine sehr sinnvolle Lösung sein. Investoren arbeiten mit Schubladen, nicht weil diese oberflächlich sind, aber natürlich auch, Nur jeder Investor hat ein paar tausend Themen, die kommen da so rein und letztendlich machen die 10, 15 Investments. Da musst du oberflächlich handeln. Du brauchst einfach oberflächliche, schnell anwendbare Heuristiken, um schnell die Anzahl von Themen, die du dir tiefer anguckst, zu reduzieren. Und wenn du dann in einem Bereich bist, der eben gerade keinen Rückenwind hat … oder massiven Gegenwind, dann machst du dein Leben einfach sehr schwer. Und ich glaube, das ist das Erste. Und was hat Rückenwind? Das wären eben gerade so Themen wie Resilience oder so, wo du sagst, aber auch, wenn du ein Thema anguckst, damals Zalando, das hatte auch Rückenwind. Warum? Weil du sozusagen damals eine Werbekrise hattest, 2008, 2009, die dazu geführt hat, dass dann ein ProSiebenSat.1 bereit war, Werbung für 10% der Preisliste zu veräußern. Das heißt, der Rückenwind muss nicht immer sozusagen nur der jeweilige Schuhmarkt hat jetzt Rückenwind, sondern es können auch Umstände sein, die dazu führen, jetzt die Zinswende bei einem Trade Republic einzuführen. Also die Zinswende bei der Trade Republic hatte ja erstmal keine direkte Auswirkung auf Trade Republic, aber hat eben dazu geführt, dass sie die ersten sein konnten, die ein Tagesgeldprodukt im Markt anbieten, was auf einmal wieder Zinsen generiert und da hatten da eben die schlauste Logik sehr schnell als erste im Markt und das hat zu einem massiven Kundenwachstum geführt. Wenn es jetzt sowas gegeben hätte wie hier die Aktienrente, ich hoffe sowas wird noch kommen, weil eigentlich brauchen wir sowas in Deutschland, würde das natürlich auch wieder dazu führen, dass ein Scalable und auch sicherlich eine Comdirect und auch natürlich ein Trade Republic massiv profitieren würden. Also Meme-Stocks, also ohne Meme-Stocks, das hat im Trade Republic natürlich auch nochmal einen Vorteil. Oder in Robinhood einen massiven Rückenwind gegeben. Auf der anderen Seite siehst du ja gerade, wie sich in den USA, also ich glaube, wenn du jetzt ein Impact-Fonds in den USA bist, dann dreht sich natürlich gerade schon die Themen gegen dich, weil dann natürlich so alles, was in Richtung Impact und wird dann eben Diversity und so. Das wird eben direkt in Richtung überbordende, übergriffige Wokeness einsortiert, ob jetzt zu Recht oder zu Unrecht. Und dann hast du natürlich Gegenwind. Ich glaube, wenn ich das schaffe, ohne relevant Investorengelder zu benötigen, dann kann das durchaus spannend sein. Das ist ja auch so ein bisschen das, was ich auch vielen Gründern versuche mitzugeben. Weil du hast, glaube ich, schon in diesem ganzen Venture-Capital-Startup-Ökosystem, Digital-Startup-Ökosystem, unfassbar viel Talent auf relativ kleinem Raum. Und es gibt ja ganz viele Bereiche, was ich Recycling oder so oder traditionelle Branchen. Also ich hatte vor kurzem auch, ich sehe ja durch meine Mittelstandsbeiratstätigkeit immer wieder so Branchen oder Bereiche, wo du denkst, Wahnsinn, da gibt es Firmen, die machen 180 Millionen Umsatz mit 30 Prozent EBIT-Marge. Und da gibt es irgendwie drei Player, das interessiert irgendwie keine Sau. Oder du siehst ja auch diese ganze Search-Fund-Thematik, die gerade entsteht, auch hier, die ja in den USA schon länger unterwegs ist, wo halt Leute, die sonst wahrscheinlich irgendeinen Digital-Startup gegründet hätten, irgendeinen Mittelständler, einen kleinen Mittelständler übernehmen. in irgendeiner Branche, die wenig Aufmerksamkeit hat. Also das kann ja häufig der deutlich schlauere Ansatz sein zum Unternehmertum. Ich glaube, wenn ich nicht darauf angewiesen bin, kontinuierlich irgendwelche Finanzierungsrunden zu machen, einen Ansatz zu finden in einem größeren Markt, der klar besser ist oder klar differenziert ist, dass das für mich, gerade wenn ich nur ein einmaliges Investment tätigen muss und auch gerade, wenn es mir gar nicht um Exit geht, sondern mir geht es im Prinzip einfach um Unternehmertum, ich will einfach ein gutes Unternehmen bauen, was Cashflows generiert und Gewinne, Da kann das auch wunderbar sein. Nur jetzt sozusagen aus dieser VC-Investoren-Hype-Storytelling-Welt, aus der ich ja jetzt ja komme, da ist das natürlich schon, glaube ich, nicht die advisable Strategy. Aber auch wieder, da merkst du auch wieder, es ist ja immer eins, was irgendwie aus VC-Sicht gut, attraktiv, sexy ist. Und was macht für Gründer Sinn? Das sind häufig ganz unterschiedliche Dinge und ich würde einer Reihe von Individuen, glaube ich, jetzt mittlerweile eher raten, ich würde mir eher so ein Search-Fund-Thema angucken, zusammen mit kleinen Private-Equity-Sachen Dinge zu übernehmen. Das kann aus individueller Sicht Risk-Return-seitig, Unternehmertum-seitig, die deutlich attraktivere Variante sein. Gerade weil du auch diesen Exit, das Schlimme bei uns ist ja immer, du hast ja immer diesen Exit-Bezug. Und es gibt ja viele Leute, die sagen so, also ich will ja gar nicht exiten. Also warum? Ich muss ja erstmal was Besseres finden dann sozusagen. Und jetzt nur, also wenn du jetzt mit vielen Familienunternehmern sprichst und dann sag ich, ich will ja gar nicht verkaufen. Das ist doch das Coolste, was mir hier passieren kann. Und diese Komponente von Unternehmertum Das kann ja auch was sein. Und das spielt natürlich in dieser Startup-Szene eigentlich ja überhaupt gar keine Rolle. Und ich glaube, wichtig ist einfach nur, dass man sozusagen das komplette Spektrum an unternehmerischer Tätigkeit für sich mal versucht aufzumachen und dann eben zu sagen, in welchem Bereich dieses Spektrums fühle ich mich denn eigentlich wohl. Und es muss eben nicht nur das digitale Startup, was VC-finanziert ist, sein. Das ist ein relativ kleiner Teil dieses Spektrums.
Joel Kaczmarek: Jetzt will ich abschließend mit dir noch über Internationalisierung reden. Überleg nur gerade vorher, Internationalisierung ist ja eine Ausweitung des Marktes. Vielleicht ist ja vorher nochmal eine andere Frage interessant, nämlich der Wechsel eines Marktes. Hast du mal Unternehmen gesehen, die erfolgreich Märkte wechseln? Also, weiß ich nicht, du entwickelst ein Startup für Metaverse-Zeugs und auf einmal merkst du, oh, funktioniert alles nicht und machst was mit, keine Ahnung, Blockchain oder nutzt die Technologie für irgendwas anderes, weil das ist ja auch immer so. die Frage, wie festgelegt ist man eigentlich, wenn man einmal gestartet ist?
Florian Heinemann: Das ist natürlich auch immer wieder super, wenn du halt keine VCs drin hast und so, die noch die eine Story, aber es gibt ja schon erfolgreiche Pivots immer wieder. Aber das ist natürlich umso schwerer, je mehr Stakeholder du dabei hast. Und was du ja häufig siehst, ist auch, dass du natürlich in einem gewissen geografischen Markt irgendwo bist und dann wechselst du eigentlich primär auf einen anderen Markt. Also wenn du jetzt siehst, auch zum Beispiel in HelloFresh oder so. Ein super Unternehmen ist, ja, die Sitz ist ein deutsches Unternehmen, aber das ist natürlich eigentlich, wenn du jetzt mal vom Business schaust, primär ein amerikanisches Unternehmen mittlerweile, weil einfach der amerikanische Markt für die, der mit Abstand größter ist.
Joel Kaczmarek: Dann lass uns doch da mal eintauchen. Also Internationalisierung. Was ist denn so der Zeitpunkt, wo du sagst, wann sollte ich wechseln, wie sollte ich das auch machen? Weil wir hatten ja eben schon ein bisschen gesagt, bei manchen Modellen guckst du eher Richtung Europa. Also ich glaube, viele gehen ja so in Richtung Dach, dann kommen Niederlande, dann vielleicht mal Belgien, Spanien, Italien. Und dann gibt es so die Cases, die du gerade auch genannt hast, wie in HelloFresh, die sagen, okay, USA. Also wann mache ich das und wie entscheide ich auch, wer von denen ich jetzt eigentlich bin?
Florian Heinemann: Immer wenn mir Kapitaleffizienz halbwegs wichtig ist, dann empfiehlt es sich quasi einen Markt erstmal zu bearbeiten, da einen Go-to-Market und ein Playbook, sprechen wir ja immer, in der VC sprechen wir ja auch über Playbooks, Flywheel und Playbook, also dass du erstmal sozusagen in einem Markt ein gewisses Playbook entwickelst und sagst, okay, welchen Kundenadress sehe ich genau, wie, was ist so und da. sozusagen ein in sich funktionierendes Modell zu entwickeln. Insbesondere, wenn ich jetzt einen B2C-Markt angehe, das hat Herrn Zalando so gemacht, das hat auch ein Trade to Public so gemacht und so, ein HelloFresh letztendlich auch. Das heißt, ich habe eigentlich einen Markt, mit dem versuche ich irgendwie rauszufinden, wie das eigentlich jetzt genau geht. Da baue ich dieses implizite differenzierende Wissen auf, was das erfolgreiche Gründerteam in der Regel ausmacht. Und dann gehe ich im Prinzip in andere Märkte. Und dann ist die Frage, mache ich das in einem Markt, Oder gehe ich dann auch erstmal sequenziell vor? und was ich eigentlich mittlerweile auch aus Kapitaleffizienzgesichtspunkten wieder am besten finde, man entwickelt in einem Markt, der idealerweise nicht der beschissenste ist, dieses initiale Playbook, geht dann in ein, zwei andere Märkte, entwickelt da sozusagen das Internationalisierungsplaybook, also sprich, findet da eben raus…. Was mache ich zentral, was mache ich am besten dezentral? Sitzen die dann weiterhin bei mir oder müssen die in den Markt? Was, wenn ja, was muss in den Markt? Für mich ist eigentlich immer die, so spieltheoretisch würde man sagen, First-Best-Lösung, ist für mich eigentlich immer so viel zentral wie möglich und so wenig dezentral wie nötig. Je zentraler man Dinge macht, systemseitig, organisatorisch und so weiter, das heißt nicht, dass man nicht mit Muttersprachen arbeitet. desto leichter lernt die Organisation. und das ist ja sozusagen der große Vorteil einer zentralen Organisation, dass du halt wahnsinnig schnell lernst. Und du siehst ja auch in Trade Republic, ja die haben Mitarbeiter aus allen möglichen Ländern, aber die sitzen halt zentral in Berlin. Das gleiche hat ja Zalando auch so gemacht, das gleiche hat About You so gemacht und sich auch nicht Kirre machen lassen. durch die dezentralen Anforderungen zu stark und zu schnell dann auch auf dezentrale Marktanforderungen zu reagieren. Und da auch einen Prozess zu finden, wo man eben wirklich in der Lage ist zu sagen, was muss jetzt eigentlich lokal wirklich angepasst werden. Das ist ja das Gleiche wie eine Software, wo du halt Kundenanforderungen berücksichtigst. Auch da musst du ja als softwareentwickelndes Unternehmen wahnsinnig aufpassen. Das hat ehrlicherweise jetzt mit Ländern gar nicht so viel zu tun, sondern eher mit einzelnen Kundenanforderungen. Was ist sozusagen das, was ich erlaube für einzelne Kunden und was versuche ich im Prinzip im Kern standardisiert zu halten? Und ich glaube, der Riesenvorteil von Standardisierung ist dann eben Skalierungsfähigkeit nach hinten raus und die wirklich zu hüten wie ein Augapfel. Warum haben viele der großen Unternehmen heute so massive Probleme mit ihrer Digitaltransformation und so weiter? Das liegt ja im Wesentlichen daran, dass die alle irgendwelche organisch über Jahrzehnte gewachsene IT-Infrastrukturen haben. Und das dann auch gepaart mit dezentraler Entscheidungsstruktur. Und das geht erstaunlich schnell. Also auch Startups, nach zehn Jahren bist du auch schon in so einer Struktur. Dezentralität hat immer Kosten. Man braucht ja eben wirklich Menschen in der Organisation, die diese Abwägungsentscheidungen eben unabhängig davon treffen. Ich fände es jetzt schöner Wenn jeder mag, dann so ein bisschen selbst der Unternehmer, weil das ist ja auch häufig, der Unternehmer im Unternehmen wird ja häufig dann so ein bisschen das Argument für dezentral, ich will ja, dass die Leute unternehmerisch agieren da vor Ort. und das hat immer Folgekosten. und man kann glaube ich sehen, Die erfolgreichsten Unternehmen der letzten zehn Jahre, also ob es jetzt ein Amazon ist, ob es ein Meta ist, ob es ein Google ist, die sind alle hochgradig zentralistisch. Da kann man von abweichen, braucht man ein gutes Argument.
Joel Kaczmarek: Wenn du jetzt mal so auf den europäischen Markt schaust. Und den amerikanischen. Ich habe ja immer so das Gefühl, wenn ich jetzt ein deutsches Unternehmen bin und gehe nach USA, das ist ein bisschen so, wie wenn du Fußballer in Argentinien oder Brasilien bist. Du bist total ein voller Könner und dann kommt so ein Scout, holt dich nach Europa und dann spielst du auf einmal bei Real Madrid oder Bayern München. Das ist ja so ein Gegenwind, so 100. Also du kannst irgendwie das, was da drüben gefordert wird, aber es ist irgendwie total anders und auf einem ganz anderen Niveau. So und auf der anderen Seite, wenn ich da mal so denke, die, die, was ich so mitgekriegt habe, wenn du europäisch internationalisierst, ist ja vieles trotzdem so verschieden. Also ich weiß noch, als Mr. Spex mal zu mir meinte, ja, weißt du, in Frankreich ist das mit dem Verschreiben von irgendwie Brillen ganz anders als hier, die zahlen das alles selbst. Da hast du einen völlig anderen Markt. Zalando war genauso. Als die damals, weiß ich noch, internationalisiert sind, war auf einmal so, oh, ja, Frankreich kauft eher visuell ein, brauchst viel mehr Bilder auf der Seite versus Deutschland, die sehr, sehr so textbasiert sind und Suche etc., Also worauf ich hinaus will, ist so die Frage, wie viel Potenzial siehst du denn eigentlich oder wie viel Komplexität steckt da drin, das in die USA zu treiben versus wie viel Opportunität eigentlich in die Nachbarländer?
Florian Heinemann: Ich glaube, wenn du jetzt im regulierten Umfeld bist, wie jetzt, weiß ich, in Trade Republic oder so, auch da könnte man sich irgendwann überlegen, gehe ich jetzt auch noch in die USA? Aber da ist der Markt natürlich so groß, dass man sagt, okay, da ist es vielleicht schlau, erstmal die europäischen Märkte anzugehen und mich dann auf die regulatorischen Feinheiten und Gegebenheiten der einzelnen Märkte einzulassen. Ich habe zwar eine Banklizenz, die ich ja dann BaFin-mäßig portieren kann in die anderen Länder. Aber ich gehe trotzdem auf französische, italienische und so weiter Besonderheiten ein, weil das ja nach hinten raus dann auch wieder ein Wettbewerbsvorteil ist. Und bei ausreichend großen Märkten kann das, glaube ich, auch eine schlaue Strategie sein. So anders ist es jetzt bei sowas wie einem HelloFresh, wo wir gesehen haben, es war sicherlich schlau, relativ schnell dann auch den US-amerikanischen Markt aufzumachen, der da ja auch gerade entstand für Kochboxen. und sich dann eben dort durchzusetzen. Wenn du diesen Investitionsbedarf gehst und die richtigen Leute da hirest für Vertrieb und so weiter und dir vielleicht auch ein, zwei Investoren in den USA suchst, die dich dann eben auch ein Stück weit begleiten dabei, dann kann das durchaus ein sehr valider Weg sein. Ich glaube, man darf halt nur die Kosten dessen nicht unterschätzen. Ich glaube, damit man wirklich dort in den USA einen relevanten Aufschlag macht, muss man schon zu den Top 10, 20 Prozent der Firmen gehören, die in so einem VC-Portfolio schlummern. Um eben diesen Aufwand zu rechtfertigen und auch diese Investitionen zu rechtfertigen, weil es gibt nichts Schlimmeres. Also du kannst halt nicht so mit, ich mache einmal German Accelerator und dann gehe ich da mit 300.000 Euro Invest in den amerikanischen Markt. Das macht halt keinen Sinn, sondern eine US-Vertriebsperson für Software investiert. Die ist halt 500.000 Dollar plus und da sind die Modi noch nicht mit drin und das muss dann auch die richtige sein und der braucht dann auch noch drei, vier Mitarbeiter. Das heißt, du bist eigentlich ruckzuck bei fünf bis zehn Millionen Euro Investitionsvolumen, die du eigentlich realistisch brauchst, um überhaupt mal einen ersten sinnvollen Aufschlag zu machen. Es geht eben häufig dann auch darum, schaffst du es, US-Player zu überzeugen, also auf der Investorenseite, um dann eben diese Credibility zu haben. Aber ich glaube, wenn man sich diesen Schritt zutraut, ist das natürlich im Sinne eines Outliers erzeugen in einer relevanten Firma, ist natürlich gerade für Softwarefirmen der US-Markteintritt der häufig deutlich relevantere. Du siehst ja auch, ich meine, deswegen ist Israel so ein großes Ökosystem geworden. Das ist ja nicht auf Basis des israelischen Heimatmarktes. Sondern weil das da eben the classic way to do it ist, ist eben, ich mache einen kleinen Go-to-Market mit irgendwelchen häufig auch defense-nahen Kunden oder wenn es in anderen Technologiebereichen ist, vielleicht in irgendwelchen anderen Bereichen und dann nutze ich im Prinzip die Israel-US-Brücke, die ja auch in vielen persönlichen Teilen ist. bestehe da auf der VC-Seite und gehe direkt in den US-Markt. Und das hat ja dazu geführt, dass Israel pro Kopf ja nochmal deutlich oberhalb der USA ist, was das Venture-Capital-Volumen angeht. In Europa ist Schweden, glaube ich, der größte Markt über Venture-Capital pro Kopf.
Joel Kaczmarek: Also wenige Wohnen.
Florian Heinemann: Klar, aber dafür hast du halt echt viele Firmen, die Relevanz erlangt haben. Und die israelische Entwicklung ist ja genau nur mit dem Playbook quasi zu erklären. Und das ist dann, glaube ich, schon häufig besser, diesen Weg zu gehen, als zu sagen, ich gehe jetzt mit irgendeiner Software erst von Deutschland nach Österreich, nach Belgien und Holland. Da kann ich vielleicht sagen, ich gehe vielleicht noch in UK, um da ein bisschen zu üben und dann USA oder eben direkt USA.
Joel Kaczmarek: Na gut, wenn ich mich richtig erinnere, hatten wir ja auch mal eine ganze Folge zur Internationalisierung. Von daher belassen wir es doch mal dabei für heute. Also ich glaube, da waren ja, wie sagst du, Playbook und Flywheel sind deine Lieblingssorte. Da waren ja einige Playbook-Elemente drin. Von daher vielen lieben Dank, lieber Florian. Und ja, mal schauen. Nächstes Mal dann wieder in Begleitung hier mit dem guten Martin Schilling.
Florian Heinemann: Dann sind wir auch wieder ein bisschen strukturierter. Aber ich fand es gar nicht schlecht. Ein bisschen Freeflow ist auch ganz gut.