Vom Startup zum Unicorn 7 🦄: Den Bereich B2B Sales skalieren
15. März 2022, mit Joel Kaczmarek, Florian Heinemann
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Joel Kaczmarek: Hallo Leute, mein Name ist Joel Kaczmarek. Ich bin der Geschäftsführer von digital kompakt und heute haben wir wieder eine Unicorn-Runde. Was heißt das? Wir hatten ja schon mehrere Folgen, wo wir darüber gesprochen haben, wie man vom Startup zum Unicorn kommt. Also zumindest, wie man die Erfolgswahrscheinlichkeit dessen erhöht. Und da haben wir neben dem guten Florian Heinemann, der ist ja der Online-Marketing-Kenner schlechthin und vor allem aber auch die Venture-Koryphäe schlechthin in diesem Lande, den lieben Martin Schilling mit dabei, der ein sehr, sehr gutes Buch dazu geschrieben hat, wo er nämlich genau mal auseinandergenommen hat, was ist denn eigentlich erfolgsversprechend. Das Buch trägt den Titel The Builder's Guide to the Tech Galaxy, sei jedem hier empfohlen. und wir haben ja so drei grobe Bereiche bisher immer unterschieden. Erstens, einen guten Nordstern setzen, also die Ausrichtung klarkriegen. Zweitens, mit AAA-Teams arbeiten, da reden wir also sehr viel über HR und Recruiting. und drittens, funktionale Exzellenz. Dann haben wir angefangen, diese Themen sukzessive tiefer zu legen. Das heißt, wir haben schon mal über Produktmanagement geredet, über Technologie, B2C-Marketing und heute die nächste Folge dazu, nämlich B2B-Sales. Also Geschäftskundenvertrieb, heute unser Thema. Und auch da werden wir wieder über sechs typische Fehler sprechen, die es zu vermeiden gilt, wenn man denn skalieren will. So, that being said, ihr beiden. Herzlich willkommen. Thema Sales. Apropos, habe ich euch gut verkauft? Das ist, glaube ich, ganz okay, ne?
Martin Schilling: Super, Joel, wie immer. Vielen Dank.
Florian Heinemann: Das ist eine absolute Sales-Granate.
Joel Kaczmarek: Danke schön, danke schön. Lange für geübt. Martin, wie sind deine Bucheinnahmen, sag mal, wenn ich hier immer schon dein Buch bei der Folge bewerbe?
Martin Schilling: Also wenn man einen Harry Potter schreibt, dann wird man Millionär oder Milliardär. Das ist beim Fachbuch in der Regel nicht der Fall, aber wir sind sehr zufrieden, dass es in der Community gut ankommt.
Joel Kaczmarek: Ja, und es ist dein Door-Opener, am großen Tisch mit guten Leuten zu sitzen und dann freuen wir uns, dass du auch mal hier den Kindertisch wieder wahrnimmst mit Florian und mir, von daher
Martin Schilling: Fühle mich geehrt bei euch, keine Frage.
Joel Kaczmarek: Spaß beiseite und ich glaube, wir haben dir letztes Mal schon zu deiner neuen Rolle bei Techstars gratuliert. Von daher, aber starten wir mal rein. Wir wollen ja über Fehler reden und wie man sie vermeidet. Fehler 1, die falschen Schlüsselergebnisse des B2C-Marketing-Bereichs messen. Also wir reden über Metriken im Prinzip, was man messen sollte im Sales-Part und starte doch mal, was ist so dein Gedanke dazu?
Martin Schilling: Gerne. Also es gibt drei große Bereiche im Geschäftskundenvertrieb, den man im Blick haben muss im Sinne der KPIs. Also erstens jährlicher Umsatz, dann Marktanteil, Vertriebskosten. Das sind so die drei großen Bereiche. Das ist relativ einfach im Bereich jährlicher Umsatz. Da misst man die Anzahl der Leads, die Anzahl der Opportunitäten in den bestimmten Trichterstufen. Eine wichtige Kennzahl dabei ist die sogenannte Pipeline Coverage. Wir sprechen, wie gesagt, ja hier auch von Scale-Ups, also im Startup-Bereich noch nicht ganz so wichtig, Scale-Up wird es wichtiger. Pipeline Coverage, also die Trichterdeckung, beschreibt das Verhältnis des offenen Verkaufsziels gegen Ende des Quartals mit dem derzeitigen Wert der Opportunitäten im Funnel. Also das heißt ganz einfach, du hast ein Sales-Ziel von halben Millionen im Quartal, du bist vielleicht in Woche 2 des Quartals, hast noch 400.000 offen. und die Werte deiner Opportunitäten, also möglichen Verträge im Trichter sind vielleicht 800.000, dann hast du eine Coverage von 2 zu 1. Zielmarke von vielen Sales und B2B-Startups ist 3 zu 1 bis 5 zu 1.
Also man versucht in der Regel 3-mal bis 5-mal so viele Werte im Trichter zu haben, wie du das Ziel noch offen hast bis zum Ende des Quartals. Wenn du eine starke Marke hast, Wettbewerbs, schwacher Markt oder du Add-Ons verkaufst, dann kann das auch mal runtergehen auf 2 zu 1 bis 3 zu 1. Das ist eine typische Kennzahl beim jährlichen Umsatz. Marktanteil, da ist das Thema. Ein guter Chief Revenue Officer hält die Nischen im Fokus. Also sowas wie, wie viel Prozent Marktanteil haben wir denn erreicht, wenn wir jetzt CRM-Systeme verkaufen bei deutschen Automobilzulieferern? Wenn du da auf einem bestimmten Prozentsatz bist, also 60, 70 Prozent, dann wirst du andere Nischen anpacken müssen. Also deswegen weitere Kennzahl, die wichtig ist, die Marktanteile in den Nischen. Und dann zum Schluss Vertriebskosten, relativ einfach. Was kostet mich denn jetzt der Vertrieb pro Kunde? Und da ist eine Faustregel, man kann bis zu einem Euro Vertriebskosten ausgeben, um einen Euro jährlichen Umsatz zu kreieren.
Joel Kaczmarek: Gut, also nochmal für diejenigen, die in Mathematik in der Schule jetzt nicht so die Heroes waren. Wir haben ja jetzt quasi eine schöne Formel gebaut bekommen von Martin. Also ihr müsst euch eine Rechnung vorstellen, ein horizontaler Strich. Oberhalb steht der jährliche Umsatz, mal die Kundenbildung, mal den Marktanteil und unten drunter die Vertriebskosten. Ich meine ja mit Gero Decker auch immer fleißig Sales-Podcasts, die jedem mal hier ans Herz gelegt werden und wir haben da auch schon mal über Metriken gesprochen und was man sich eigentlich für KPIs anguckt. Vielleicht ist das ja mal eine gute Brücke sozusagen zum lieben Florian, weil du bist ja Numbers-Driven bis der Arzt kommt, also im Marketing ist das ja quasi par excellence ein Thema. Wir können ja auch auf die Sachen, die jetzt Martin gerade angesprochen hat, immer unterschiedliche Metriken legen. Also weiß ich nicht, bei jährlichem Umsatz kannst du zum Beispiel über Marketing Qualified Leads reden, über Sales Qualified Leads. Pipeline Coverage war sein Thema. Du kannst bei Kundenbindungen sowas wie Net Promoter Score aufgreifen und, und, und. Wenn du jetzt mal so ein bisschen Satellitenblick einnimmst, Messbarkeit, Schlüsselergebnisse im B2B Sales, was würdest du sagen ist wichtig?
Florian Heinemann: Ja, ich glaube, das Wichtige ist erstmal auch, dass es sozusagen für die komplette Kette überhaupt eine Visibilität gibt und eine Datenkonsistenz. Und das ist im B2B-Bereich ja ein bisschen schwieriger häufig. als im B2C-Bereich. Wobei ja auch im B2C-Bereich wird es auch mal schwieriger, aufgrund solcher Sachen jetzt wie iOS-Updates, Cookie-Blocking und so weiter. Die erschwert natürlich auch die Trackbarkeit jetzt im B2C-Bereich. Also auch dort musst du dir überlegen, wie machst du das? Aber im B2B-Bereich war das natürlich immer schon schwierig, weil du ja häufig so eine Mischung hast aus. Leads werden digital generiert, dann kommen aber auch Leute direkt rein. Da werden vielleicht auch Leute outbound angerufen. Dann ist die Frage sozusagen Was passiert dann mit Leads in einem Funnel sozusagen? Einige werden per E-Mail-Strecke bearbeitet, andere treffen sich dann nochmal auf einer Messe und so.
Und das alles zusammenzubringen in eine konsistente Datenbasis, das ist natürlich deutlich schwieriger, als das im B2C-Bereich tendenziell zumindest mal der Fall war. Und das ist glaube ich etwas, wo man viel Hirnschmalz reinstecken sollte, relativ zu Beginn auch schon. Vielleicht gar nicht, dass man alle diese Zahlen jetzt immer im Detail nutzt, aber dass man natürlich, also schon sehr frühphasig, aber dass man zumindest versucht zu durchdenken, habe ich das Datenmaterial, was sozusagen entlang dieser Kette entsteht oder die Datenpunkte, habe ich die so gestaltet? Also sozusagen strukturiert, verstanden, definiert und track ich die oder erfasse ich die so, dass ich dann eben auch in der Lage bin, mir das über einen gewissen Zeitraum dann auch im Nachhinein nochmal anzuschauen. Und das ist etwas, wo wir zumindest sehen, dass häufig Startups da zu spät erst dran denken. Also erst, wenn sie dann so ein gewisses Sales-Professionalität erreichen, dann Dann guckt man sich dieses Tracking-Thema nochmal an oder das Datenerfassungsthema und dann fängt man an, da gewisse Dinge zu korrigieren. Und ich glaube, das lohnt sich, glaube ich, schon da von Anfang an darüber nachzudenken, was ist sozusagen mein Data Hub, also in welchem System erfasse ich das zumindest? Und wie sorge ich dann auch dafür, dass da Telefongespräche erfasst werden oder Messebesuche und so weiter? Also, dass ich sozusagen diese Heterogenität der Datenquellen mir frühzeitig überlege, wie gehe ich eigentlich damit um? um dann eben auch sozusagen so ein systematisches Learning eben zu erreichen.
Das ist, glaube ich, so ein wesentliches Thema. Und ich glaube, das andere wesentliche Thema, vielleicht nochmal so eins übergeordnet. Man muss sich, glaube ich, überlegen, wer da eigentlich für verantwortlich ist in der Organisation. Was meine ich damit? Gerade so diese digitaleren Lead-Generierungsthemen gibt es ja erst seit ein paar Jahren. Also dass du LinkedIn jetzt beispielsweise, was ja für viele ein sehr relevanter Channel ist, wo du eben Content distribuieren kannst, du kannst aber auch Leute per In-Mail anschreiben und so weiter. Das sind natürlich alles Möglichkeiten, die gibt es erst seit ein paar Jahren. Und die Schwierigkeit ist häufig, wenn du jetzt mit sehr erfahrenen, sag ich jetzt mal Enterprise-Sales-Verantwortlichen sprichst, die da bei Oracle groß geworden sind oder bei SAP, dass häufig sozusagen wie die Sales gelernt haben, dass das fundamental anders ist von dem, wie du das eigentlich heute machst, gerade in der Lead-Generierung. Und so dieses Zusammenspiel von digitaler Lead-Generierung, das konsequent zu tracken und wo ist eigentlich der richtige Übergang vom Marketing in Sales und was passiert dann? Da ist eigentlich meine Beobachtung, ohne da jetzt der totale Experte zu sein, dass man da sehr genau schauen muss, wer ist eigentlich der Architekt und der Thought-Leader für dieses Thema im Unternehmen? Und das sind häufig eben nicht diejenigen, die das jetzt schon so sagen, 20 Jahren gelernt haben.
Und ich glaube, das ist nochmal, also meine Wahrnehmung ist schon die oder meine Erfahrung ist schon die, wenn du jemand sehr Gutes hast, der das wirklich durchdenkt und das muss gar nicht unbedingt sozusagen der wahnsinnig erfahrene Sales-Mensch sein, dann ist das für ein Unternehmen elementar. Und ich glaube, da muss man sich einfach sehr viel Gedanken zu machen, genauso wie du auch Marketing-Architekten brauchst oder einen IT-Architekten, brauchst du eben auch deinen Sales-Architekten. Man muss sich, glaube ich, relativ früh überlegen, wer ist das? Und das ist vielleicht aber so eine zweite übergeordnete Thematik, weil es nicht ganz so einfach ist oder naheliegend ist, wie ich nehme einfach jemanden, der das schon seit 20 Jahren macht oder da sehr erfahren ist, dann stelle ich den ein und der wird das Thema schon lösen. Das ist in meiner Erfahrung nicht so.
Joel Kaczmarek: Und dann lass uns das nochmal vertiefen. Was siehst du denn für ein Tooling da? Also reden wir da von Data Warehouses, reden wir da von irgendwie so einem klassischen CRM wie Salesforce. Also was siehst du so an der Front, sage ich mal, an Tools, die eingesetzt werden, um genau das hinzukriegen, diese einheitliche Datenbasis über die ganze Organisation hinweg etc. etc.
Florian Heinemann: Also vielleicht erst mal so auf der Sales-Tool-Ebene. Das, was wir hier sehen im Portfolio, ist bei den einfacheren Cases ein Pipedrive. Dann geht das häufig über in den Hubspot oder in den Salesforce. Und Hubspot, Salesforce sind dann eigentlich auch die Dinge, die du auch relativ lange verwenden kannst. Das sind eigentlich so in meiner Wahrnehmung die Dinge, die am häufigsten verwendet werden. Salesforce hat natürlich den Vorteil, du hast ein riesen Ökosystem drumherum, da kannst du fast alles mit machen. Ist aber natürlich ein bisschen aufwendiger. Also wie gesagt, die Grenzen vom Pipedrive erreichen Leute relativ oder Firmen relativ fix. Wird übrigens auch von einigen VCs als Dealflow-Tracking-Tool eingesetzt. PipeDrive, sag ich auch ganz lustig. Naja, und was wir häufig sehen, ist, dass Leute HubSpot oder auch das Equivalent in der Salesforce-Welt so auch als eine Art Datenhub einsetzen, um quasi einfach den Sales Funnel mitzutracken. Und darauf liegt dann in der Regel irgendeine Art von Data Warehouse-artiger Struktur, um das dann auszuwerten. Also über ein Tableau oder was in der Richtung. Also irgendeine Art von Darstellungslayer, der dir das ermöglicht. Das ist eigentlich so ein Setup, was man recht häufig sieht.
Joel Kaczmarek: Gut, dann lasst uns zum zweiten Fehler weitergehen. Auch so ein Klassiker, glaube ich. Fehler zwei, Rollen im Vertriebsteam nicht klar genug definieren. So, und ich habe so ein schönes Organigramm vom lieben Martin vor mir, wo sowas wie Hunter und Farmer drinsteht. Also man kennt das ja am Sales, die einen, die farmen die Leads, also die gucken eher nach den Kunden, die schon da sind, dass man die noch upsellt und die anderen, die jagen die. Martin, hast du eigentlich noch so ein paar Räubergeschichten aus N26-Zeiten? Also habt ihr da auch irgendwie so ein paar schöne Sales-Sprüche? Folgt mir da gerade ein. Der letzte, den ich mal fand, war, du musst einen Kunden so schnell über den Tisch ziehen, dass sich die Reibungshitze so anfühlt wie Nestwärme. Das war so. Oder ein Sales-Mensch gibt nicht auf, höchstens Pakete bei der Post. Aber Spaß beiseite, lass uns mal über Rollen reden. und vielleicht hast du ja aber auch noch so die ein oder andere Front-Erfahrung, was du noch teilen kannst.
Martin Schilling: Man sieht ja deine Sales-Erfahrung. Ja, interessanterweise sind ja die ganzen Scale-Ups unter einem N2D6 ja eher Ziele von Huntern. Also da werden ja dann an diese Firmen eben auch viele Dinge verkauft. Interessante Erfahrung da. Du hast in den schnell wachsenden Firmen oft das Thema, dass die Einkaufsabteilung gar nicht so erfahren ist. Das ist ja bei den Corporates ganz anders. Da hast du ja sehr erfahrene Einkaufsabteilungen, wo oft die kleineren Mittelständler im Nachteil sind. Das ist genau bei Scale-Ups, Startups andersrum. Da hast du in der Regel sehr unerfahrene Einkaufsabteilungen. Wir haben da eine ganze Reihe von sehr schwierigen Erfahrungen gemacht, wo uns ja auch Tool-Anbieter versuchen, über den Tisch zu ziehen. Also da, deswegen haben wir jetzt auch dieses Kapitel ja geschrieben unter anderem, da sehr viel zu investieren. Florian hat jetzt gerade Rollen angesprochen. Da genau zu gucken, wer was macht, ist da einfach super wichtig. Kommen wir mal kurz zu den Rollen. Also wir haben ja in diesem Podcast oft gesprochen, wie man von Generalisten zu Spezialisten sich weiterentwickelt im Rahmen der Skalierung. Der Sales-Bereich ist einer der ersten Bereiche, den man spezialisieren muss.
Es gibt so fünf große Rollen, die dann größere Scale-Ups, also so ab 70 bis 100 Mitarbeiter in der Regel ausbauen. Erstens hast du gerade angesprochen, Joel, so Hunter, also die Vertriebsentwickler. Das sind die, die mit den Netzen nach vorne oder schweren im Wald rumlaufen und die sozusagen Leads im Wald, in dem Sinn, jagen. Dann hast du Account Manager und technische Sales, also die zwei weiteren Rollen, das sind so ein bisschen eine Art Closer, also die schließen Verträge. Da ist die Logik, der technische Sales unterstützt den Account Manager, um Verträge zu schließen, gerade bei technischen Fragen. Warum spezialisierst du das in dieser Weise? Weil du in der Regel nicht genug technisch versierte Vertriebskollegen findest. Deswegen hast du in der Regel so auf Drei Accountmanager, einen technischen Vertriebskollegen. Vierte Rolle ist das Kundenerfolgsmanagement, gerne vernachlässigt. Unter den ersten zehn Mitarbeitern sollte man einen Kundenerfolgsmanager einstellen, die im Kern dafür sicherstellen, dafür sorgen, dass die Kunden erfolgreich sind und zu Botschaftern des Unternehmens werden. Und dann hast du eine Reihe von Befähigern, also das sind Teams, die dann Verträge ausfüllen, Provisionen berechnen, die im Kern den anderen Vertriebsrollen Zeit sparen.
Joel Kaczmarek: Das ist eigentlich eine ganz schöne Aufteilung. Ich weiß, ich hätte mit Gero mal eine ganze Folge über Rollen im Sales und da schmeißt er dann auch mal mit Abkürzungen hier BDR und so und Sales Rep und was dann alles so kommt. Aber sich mal die Struktur darunter zu überlegen und zu sagen, okay, es gibt irgendwie Hunter, es gibt Pharma, dazwischen musst du irgendwie einen Closer setzen und dann gibt es den Enabler, finde ich eigentlich ganz pfiffig und interessant. Und in der Tat, ich habe auch so die Beobachtung gemacht, muss man aber fairerweise auch mal sagen, Customer Success Management ist selbst bei richtig guten Firmen im B2B-Sales, im Internetbereich was gewesen, was relativ spät auf die Agenda kam. Also eigentlich ganz komisch, weil man sagt ja auch immer, Umsatz zurückzugewinnen ist einfacher als neuen Kalt zu akquirieren oder abzusellen ist noch einfacher, ja? Das ist so
Martin Schilling: Genau. Und also von der Spezialisierung, was wirklich wichtig ist zu verstehen, macht man oft zu spät. Also wie kriegst du früh, Freund hast du vorhin angesprochen, Sales funktioniert diese Jahre anders als noch vor 10 bis 20 Jahren. Du brauchst Leute, die Erfahrung haben, gerade in sozialen Medien und auch rauszugehen, um Kundenakquise ganz vorne zu machen und diese dann an spezialisierte Teams zu übergeben. Das ist die erste Logik. Ich betrage es mal kurz auf unsere Investorenwelt. Also wir bei Techstars haben ein europäisches sogenanntes Sourcing-Team. Das spricht, also vielleicht Kontext, wir als Investoren schütten ja nicht nur großzügig Geld über Startups aus, sondern wir bewerben uns ja auch bei Startups. Und dieses Team spricht europaweit Startups an. und führt mit den Ersttelefonaten, um zu gucken, ob sie Interesse haben und dann geben die uns quasi diese Leads an die lokalen Akzellatoren weiter. Also das ist so eine typische Spezialisierung von einem Sales Development oder Geschäftsentwickler, der dann das weitergibt an die nächste Stufe.
Joel Kaczmarek: Und ich sag mal so, du hast es jetzt ja von der Rolle her aufgeteilt, man kann ja Vertriebsteams auch nach anderen Kriterien schneiden, zum Beispiel nach Geografie oder nach Branchen. Was waren da so deine Beobachtungen am Markt?
Martin Schilling: Ja, das sind genau, gute Frage, Gerald. Das sind die zwei Kerndimensionen. Also die gerade beschriebene Rolle macht in der Regel immer Sinn und dann hast du noch quasi parallel dazu laufend eine Länderlogik. Also du hast dann in der Regel einen Leiter der Vertriebsentwicklung, der sitzt in der Zentrale vielleicht in Deutschland und dann hast du aber lokale, länderspezifische Vertriebsentwicklungsteams oder branchenspezifisch. Das kommt jetzt sehr stark darauf an, das geht so oder so.
Joel Kaczmarek: Florian, wie siehst du das so? Weil ich weiß, mit Gero meine ich mich zu erinnern, dass er immer gesagt hatte, du, Branchen ist schwierig, Geografien ist schwierig, weil wenn du zum Beispiel manche Branchen nimmst, was weiß ich, Pharma oder Chemie, die sitzen alle in einem Bundesland und wenn du dann sagst, ich habe es geografisch aufgeteilt und der Kollege hat vielleicht noch eine bestimmte Branchenstärke, dann hast du ein krasses Ungleichgewicht. oder der Süden ist erfahrungsgemäß verkaufsstärker oder hat mehr Kaufkraft als der Norden etc. etc. Wenn du mal so dein Portfolio durchdenkst und was da B2B orientiert ist, wie schneiden die denn immer ihre Sales-Personalapparate?
Florian Heinemann: Also ich glaube, wenn es kleiner ist, dann ist es eben schon so, wie wir es jetzt gerade beschrieben haben. Also nach diesen Schritten im Funnel, inklusive dann eben der Enabler, das ist schon das Häufigste. Aber gerade in der Lead-Generierung macht es ja schon Sinn, gewisse regionale Quoten beispielsweise zu haben. Und wenn dann, was weiß ich, Spanien kleiner ist aus irgendeinem Grund für diesen Bereich als Italien oder Deutschland oder irgendwas, dann ist halt die Quote geringer, die da generiert werden muss. Aber ich glaube, da eine gewisse Spezialisierung einzuführen. Wir sehen es auch zum Beispiel bei den etwas komplexeren Themen. Es gibt schon mal so eine Firma Anyline, heißen die. Die haben so sehr branchenspezifische Lösungen. Und da ist es nach meinem Verständnis auch so, dass die schon auch Branchen-Spezialisten haben.
Und auch bei einem Striker hast du mittlerweile eine gewisse Spezialisierung auf gewisse Bereiche. Geschäftsmodelle, das kann dann schon Sinn machen, finde ich, gerade wenn du halt komplexere Modelle hast. Geschäftsmodelle, die wiederum relativ spezifische Anforderungen haben, ob das jetzt brancheninduziert ist oder woran auch immer es liegen kann. Man merkt ja schon, dass Vertrieb sich eben so ein bisschen verändert hat von deinem Reibungshit zum Beispiel da. Hinzu, dass ja schon sehr viel Vertrieb mittlerweile passiert über mehrwertigen Content, mehrwertige Kommunikation, Beratung. Das ist ja schon so ein genereller Spirit, der sich etwas geändert hat. von dem, wo man sagt, keine Sorge, wir klopfen nicht an oder wir klingeln nicht, wir treten einfach die Tür ein. Hinzu Wir versuchen halt wirklich Mehrwert für den Kunden zu erzeugen. Das hat natürlich gewisse Grenzen, das ist mir auch klar. Also du willst natürlich trotzdem da was verkaufen und du willst Geld damit verdienen. Aber mein Eindruck ist schon, dass in dem Startup-Bereich oder in diesem moderneren Digital-Bereich die Überzeugung überwiegt, dass man wirklich da für den Kunden einen guten Job macht und dass sich daraus Erfolg ergibt. Und ich glaube schon, dass es Sinn machen kann, da eine gewisse Spezialisierung zu haben.
Aber nur noch vielleicht einmal, um diesen Philosophie-Aspekt zu betonen, Eine Kennzahl, die wir uns auch immer sehr stark anschauen und die das auch so ein Stück weit widerspiegelt oder ich finde fast eine der besten Kennzahlen auch für börsennotierte Unternehmen im B2B-Bereich ist die sogenannte Net Revenue Retention, wo du quasi siehst, inwieweit bin ich eigentlich in der Lage, mich innerhalb einer bestehenden Kundenbasis auszudehnen über Upsell und Crosssell oder indem einfach sozusagen mein Produkt intensiver genutzt wird und mein Pricing hängt im Prinzip an der Intensität oder Umfang der Nutzung und damit verdiene ich dann mehr Geld. Also ich glaube, das ist schon so eine generelle Philosophie und ich glaube, da kann eine funktionale oder branchenmäßige mäßige Spezialisierung schon Sinn machen, aus meiner Sicht.
Joel Kaczmarek: Gut, ist eigentlich eine schöne Überleitung zu unserem dritten Fehler, weil man sich ein bisschen fragt, wo fängt eigentlich Sales an und wo hört er auf? Nämlich das Thema Trichter, Funnel. Also Fehler drei, den Verkaufstrichter nicht diszipliniert genug managen. Martin, mal als deine Bühne. Also kennt ja jeder, oben viel reinschütten, damit unten möglichst viel rauskommt. Man konvertiert ja nicht alles. Nimm uns doch mal mit in deinen Erfahrungsschatz, was du bei der Recherche eines Buchs so zum Thema Sales Funnel gelernt hast.
Martin Schilling: Ja, gerne. Also Grundprinzip dieser Sales Funnel ist für jede Firma anders. Und den erst einmal sehr sauber zu definieren, wird auch oft gern nicht gemacht. Bevor man überhaupt diszipliniert managen kann, muss man erst mal aufschreiben, was du als Prinzipien und als Muster siehst. In der Regel die Spitze des Trichters ist, hat einen Outbound- und einen Inbound-Teil. Also der Outbound-Teil heißt einfach, deine Sales-Mitarbeiter gehen raus und proaktiv sprechen Kunden an. Inbound, Florian hat es gerade angesprochen, du machst gute Inhalte, irgendwelche White Paper und dann kommen proaktiv Kunden auf dich zu. Das führt in der Regel immer als ersten Schritt dann zu einem sogenannten Sales-Mitarbeiter. Accepted Lead, also dein erstes, dein Vertriebsteam qualifiziert diesen Lead als prinzipiell möglichen Kunden und reicht den dann weiter, das ist dann der zweite große Schritt zum Account Management. Das Account Management macht dann daraus einen sogenannten Sales Qualified Lead, also die legen einen individuellen Qualifizierungsrahmen drüber, also gucken zum Beispiel, hat der Kunde genug Budget, hat er genug Autorität, das auch zu unterschreiben, haben die auch ein Bedürfnis? Dann entsteht dieser Sales Qualified Lease. Nächster Schritt ist die Opportunity, also einfach eine Option, da wirklich einen Verkauf zu machen, mit dem Kernpunkt, dass der Champion auf der Verkäuferseite überzeugt ist, dass die angebotene Lösung das aktuelle Problem lösen wird. Typische Definition da. Nächster Schritt, Anbieter der Wahl.
Man bekommt die mündliche Zusicherung des Kunden, dass intern Einigkeit bestehen, dass das Startup die Wahl Nummer 1 ist und man hat auch schon erstes Verständnis über Preisrahmen und Roadmap für die Umsetzung. Dann kommen die Vertragsverhandlungen. als nächster Schritt, das sogenannte Redlining des Vertrags. Also da wird der Vertrag zwischen beiden Seiten ausgetauscht und nochmal detailliert angepasst. Dann mündliche Zusage und dann Geschäftsabschluss. Wir haben das im Buch genau aufgeschrieben und auch, Joel, du hast ja auch nochmal gesagt, du hast mit Gero da auch nochmal detaillierter drüber gesprochen in eurem Podcast. Das sind so typische Trichterschritte.
Joel Kaczmarek: Weil auch ganz interessant, weil ich finde, da sollte man ja mal drüber reden. Man merkt ja, wenn man sich damit auseinandersetzt, dass man sich wirklich Gedanken darüber machen möchte, wann ist ein Lied sozusagen eigentlich ein Lied? Da fängt es ja manchmal schon an. Das heißt, sich mal zu überlegen, was brauche ich aus Marketing-Sicht, was brauche ich aus Sales-Sicht? Und dann eigentlich geht es immer tiefer rein und man merkt immer tiefer in den Kaninchenbau. Florian, hast du ein bisschen Ergänzung? Also wenn du mal als jemand, der sich viel über sowas Gedanken macht, draufblickst, wie betrachtest du solche Trichter?
Florian Heinemann: Also vielleicht nur einen Hinweis dazu noch. Ich glaube, es hängt immer sehr vom jeweiligen Modell oder Geschäftsmodell ab. Da werde ich auch mal gefragt, was sind realistische Quoten, um sich von Trichterschritt zu Trichterschritt zu bewegen. Und da muss man bei Benchmarking aus meiner Sicht sehr vorsichtig sein, weil das schon sehr stark davon abhängt, welche Art von Geschäftsmodell du hast, wie teuer das ist, wie komplex das ist und so weiter. So ein bisschen wie bei E-Commerce, wo man auch sagen kann, es gibt manche E-Commerce-Modelle, da ist 10% Conversion gut, es gibt andere, da ist 1% Conversion gut und das ist hier schon so ein bisschen ähnlich in meiner Erfahrung. Deswegen muss man sich das, glaube ich, ein bisschen anschauen, was ist quasi die natürliche Conversion-Quote im jeweiligen Geschäftsmodell und im jeweiligen Setting. Das ist nicht immer gleich und da muss man, glaube ich, ein bisschen aufpassen mit Benchmarking, ansonsten habe ich keine Ergänzung.
Joel Kaczmarek: Martin, vielleicht sonst nochmal eine übergeordnete Frage. Also der Fehler lautet ja, den Verkaufstrichter nicht diszipliniert genug managen. Also wir haben ja jetzt quasi über eine Sales-Trichter-Struktur gesprochen. Wem obliegt denn eigentlich das Aufsetzen und das Managen genau dieser Struktur? Wo verortest du das denn?
Martin Schilling: Also in einem noch eher jungen Scale-Up, sagen wir mal 100 Mitarbeiter, muss da sicherlich der Chief Revenue Officer oder wer auch immer auf dem Executive Team dafür verantwortlich ist, da direkt mit reingehen. Wichtig ist hier Disziplin, da regelmäßig in den Funnel reinzugucken und die Zahlen zu messen. In der Regel hast du zwei Typen von Meetings, die du dafür aufsetzt. Das eine ist so eine Art wöchentliches Deal Review Meeting. Das kann jemand vom Executive Team mitmachen, muss nicht unbedingt, aber da muss eine höhere Führungskraft dabei sein, wo jeder einzelne Vertriebsmitarbeiter gefragt wird pro Deal, wo stehst du denn damit? Also was könnte hier noch schief gehen mit dem Deal? Was ist denn jetzt das genaue Geschäftsmodell, warum unsere Lösung für den Kunden gut ist? So, wie können wir verhindern, dass der mögliche Kunde noch abwandert? Also dieses Deal-Review auf der Deal-Ebene ist ein wichtiges Meeting, was man macht. Und das zweite ist ein Vertriebstrichter-Überblicks-Meeting. Also du guckst in dem Meeting gerne auch mit dem Chief Revenue Officer. Hast du gegeben der Ziele genug Vertrieb? Leads, genug Verkaufsmöglichkeiten in den jeweiligen Triffteststufen. Und das kann ich nicht genug betonen, das ist was Kulturelles. Im Startup-Bereich lieben wir es ja, da sehr frei zu arbeiten und eben nicht so im angstgetriebenen Corporate-Modus. An der Stelle ist Disziplin extrem wichtig.
Joel Kaczmarek: Gut, der vierte Fehler ist der, der mir, glaube ich, als erstes eingefallen wäre, wenn man über B2B-Sales-Strukturierung spricht, weil das ist gar nicht so leicht auszuklarieren. und zwar reden wir hier von Inzentivierung. Du hast es genannt, lieber Martin, die falschen Provisionspläne einsetzen. Lass uns also mal da eintauchen, weil am Ende des Tages, das ist, glaube ich, ziemlich, wie sagt man, auf Englisch sagt man crucial, auf Deutsch so manöverkritisch oder missionsentscheidend, weil darauf, wo du Leute inzentivierst, da passiert dann auch ganz viel Bewegung. Was wären so deine Schlüsselelemente für gelungene Provisionspläne denen gegenüber?
Martin Schilling: Lass mal vielleicht kurz einmal über die Philosophie davor sprechen, da würde mich auch Florians Meinung nochmal sehr interessieren. Also es gibt verschiedene Denkschulen bei Boni. Eine Denkschule bei Boni sagt, wenn du Leute einstellst, die aufgrund von einem Bonus härter, besser, schneller arbeiten, hast du die falschen Leute eingestellt. So im Sinne von, wenn du sehr gute Top-Talente einstellst, dann gib denen einfach ein bisschen mehr Geld und die brauchen keinen variablen Anteil. Ich gehöre dieser Schule an, ich bin kein Fan von Bonus in Startups und Scale-Ups, aber das gilt nicht für den Sales-Bereich. Im Vertriebsbereich macht das sehr, sehr viel Sinn. Und willst du es mal kurz kommentieren? Ich glaube, das ist eine entscheidende Frage.
Florian Heinemann: Ja, also wäre auch meine Erfahrung. Ich glaube, die Leute, die du in einem Sales-Bereich haben möchtest, und das will ich gar nicht werten, die ticken tendenziell wahrscheinlich schon so, dass eine gewisse Bonus-Inzentivierung da eine Wirkung hat. Und das würde ich schon so sehen. Also ich kenne jetzt kein Beispiel einer Vertriebsbereich, Sales-Organisation aus einem Scale-Up, wo ich jetzt sagen würde, das funktioniert, wo nicht eine sehr wesentliche erfolgsabhängige Komponente in der Vergütung der Fall ist. Ob das auch anders ginge vielleicht, wenn du sozusagen die Leute ganz speziell auswählst, vielleicht so im sehr Purpose-Driven-Bereich oder so, das mag sein. Aber ich würde erstmal davon ausgehen, dass das bei dir, lieber Zuhörer, nicht der Fall ist. sondern dass die Regel wahrscheinlich schon so ist, Leute, die sehr offen sind für vertriebliche Tätigkeiten, ticken häufig auch so, dass sie sozusagen inzentivierungsgerechterweise reagieren. Und da kommt man, glaube ich, nicht drum herum. Und es ist durchaus so, nicht unüblich im Enterprise-Sales-Bereich, dass wir da von 100% Bonus nochmal auf Fixgehalt reden oder noch mehr. Das ist durchaus nicht unüblich. Also die Bonusprozente oder der Anteil des Bonuses ist deutlich höher, als man das jetzt auch aus anderen Führungskraftbereichen durchaus kennt. Ja.
Joel Kaczmarek: Martin, lass uns nochmal das vertiefen. Also wir wären ja dann im Prinzip an dem Punkt, dass wir mal reden über das richtige Verhältnis von fix zu variabel, also zwischen Gehalt und Provision. Meiner Erfahrung nach immer sehr abhängig davon, also Reife der Person, aber auch der Organisation und in welchem Markt man ist. Also mit unterschiedlichen Verhältnissen erreicht man dort ja auch unterschiedliche Dinge. Was sagt deine Erfahrung?
Martin Schilling: Genau, also dazu muss man mal verstehen, was ist das sogenannte On-Target-Earning, also die Gesamtvergütung bei 100% erreichten Vertriebszielen. Das ist, woran man sich in der Regel orientiert. Wenn du, sagen wir mal, 100.000 Euro an einen Vertriebsmitarbeiter On-Target zahlst, also wenn er sie 100% der Ziele erreicht, dann ist es in Mitteleuropa üblich so 30 bis 40%. variablen Anteil dazu zu nehmen. Also im Prinzip, das heißt, du zahlst dann halt ungefähr 60.000 fix und wenn du 100% des Bonus erreichst oder der Ziele, dann kriegst du nochmal 40% obendrauf, also die 100.000. So Florian sagt gerade zu Recht, das kann deutlich höher sein, das ist richtig. Gerade bei sehr guten Sales-Kollegen hast du Situationen, wo das dann eben doch auch mal das Doppelte werden kann. Deswegen ist es wichtig, Provisionsfläse nicht nach oben zu deckeln. Das ist übrigens, wenn man jetzt weitergeht, Großbritannien, USA ist das ein bisschen anders. Da ist der Variableanteil oft an 50 bis 60 Prozent des On-Target-Earnings.
Joel Kaczmarek: Spannend, also auch mal den internationalen Vergleich zu sehen. Gut, erster Punkt. Zweiter Faktor wäre ja Vergütungsplan. Also du musst das Ganze ja irgendwie auch transparent machen und mit dem Team teilen. Was hast du da für Wissen zu teilen?
Martin Schilling: Ja, also da ist ein ganz zentraler Punkt, das ganz einfach zu machen. dass der Vertriebsmitarbeiter wirklich versteht, wenn er jetzt einen Rabatt gibt, was das für ihn oder sie in der Provision bedeutet. Also, dass man eben nicht sagt, hey, verkaufe unser Produkt X, dann kriegst du eine 150-prozentige Provision, sondern ganz einfach zu sagen, ein Euro zusätzlichen jährlichen Umsatz gibt X zusätzlichen Bonus.
Joel Kaczmarek: Hm, das sind ja genauso die, was ich meine, ne? Wenn man da irgendwie die falschen Incentives setzt, dann verlierst du vielleicht Kunden, obwohl du sie hättest gewinnen können, weil der Vergütungsplan nicht drauf aufgesetzt ist. Interessant. Hast du ansonsten noch ein bisschen Input? Also ich habe bei dir auch einiges gelesen, so rund um den Faktor Sweetspots, also was diese ganze Provisionskurve angeht. Erzähl mal ein bisschen, was es damit auf sich hat. Das kannte ich noch nicht.
Martin Schilling: Ja, genau. Also wo willst du denn deine Sales-Kollegen in der Regel, die Vertriebskollegen in der Regel hinbewegen? Also wenn du jetzt sagst, du hast 100.000 Zielgehalt bei 100% Bonus-Erreichung, da willst du ja in der Regel, dass die Kollegen ein bisschen drüber gehen. Und dann sagt man halt sowas wie, hey, zwischen 100 und, also wir wollen es in der Regel zwischen 100.000 und 150.000 verdienst. Das heißt, dass du, wenn du über deine Ziele verkaufst, einen Euro mehr, dass du so ab dann auch, 2 Euro Provision bekommst. Also du hast so eine Art Beschleunigung der Provisionskurse ab einem gewissen Punkt und die flacht aber wieder ab. Also das heißt, die Logik ist im Prinzip, du versuchst in einen bestimmten Bereich zu kommen, wo es besonders attraktiv wird reinzulanden und dann flachst du die Kurve wieder ab. Damit die Kollegen nicht, die Sales-Vertriebskollegen nicht, Abschlüsse, die sie kurz vor einem Monat noch machen könnten, ins nächste Quartal schieben.
Joel Kaczmarek: Und wie ist das ganze Thema Timing? Weil du hast ja ganz oft den Fall, dass die Sales-Umsätze auf einmal explodieren kurz vor Quartalsende, also kurz bevor dann auch Provisionsberechnungen kommen. Du willst ja als Unternehmen aber teilweise eher viel, viel langfristigere Pläne haben. Das heißt, man sollte sich ja auch darüber Gedanken machen, dass ich zum Beispiel Jahresverträge anders belohne als irgendwie kürzer gelagerte Pläne. Was ist so die Best Practice, die du da für dich gefunden hast in deiner Recherche?
Martin Schilling: Genau, also da gibt es auch nochmal, also wer das im Detail interessiert, da hat der Chief Revenue Officer von HubSpot, Marc Roberge, das können wir vielleicht nochmal in den Show Notes verlinken, ein sehr gutes Buch geschrieben. Der hat da eine ganze, bestimmte Typen von Provisionsplänen aufgeschrieben. Einer der Logiken ist, die du gerade sagst, ist eine Art Kundenbindungspläne zu machen, wo du belohnst, wenn Mitarbeiter beispielsweise Umsätze verkaufen, die du sofort bekommst, also Vorauszahlungen, anstelle von monatlichem Umsatz. Das ist im Prinzip eine der Logiken, die man da machen kann.
Joel Kaczmarek: Und was mich natürlich noch mehrfach interessiert, ist der Faktor non-monetäre Gremien oder vielleicht, sagen wir mal, Alternativen zu Geld. Ich habe so eine kleine Frontgeschichte, erinnere ich mich noch, ich war mal bei Movinga in der heißen Phase, also kennt ihr ja auch, die hier Umzüge verkaufen. Ist fairerweise ein bisschen mehr B2C, aber gibt es ja auch mit B2B-Ausrichtung. Ich erinnere mich noch sehr genau daran, Wenn du in so einen Sales-Raum, wenn du da durchgehst, da gibt es ja so ganz bestimmte Eigenarten. Also du hast so in der Regel mal große Monitore an den Wänden, wo dann die ganzen aktuellen Zahlen stehen. Du hast aber zum Beispiel auch ganz viel so mit Teams und mit irgendwie Erfolgsebenen. Also ich weiß, es gab bei denen so eine Art Wanderpokal. Das beste Team der Woche hat den dann auf seinem Tisch stehen gehabt. Also die haben so in Inseln zusammengesessen oder Oder ich weiß hier, der eine Mitgründer, der hat dann teilweise so seine Sales-Meeting gemacht mit so einem Stahlhelm auf dem Kopf und hat die halt so total eingeschworen auf irgendwie den Graben, den Kriegsgraben und wir müssen uns so reinhängen und so weiter und so fort. In der Art habe ich schon einiges gesehen. Also ich weiß hier, Florian kennt den Namen bestimmt noch, der eine Kollege von Groupon, der diesen Tisch-Booking-Service gegründet hat, der dann an Japaner gegangen ist. Hilf mir.
Florian Heinemann: Philipp Magin.
Joel Kaczmarek: Ja, und wie ist die Firma nochmal? Quandoo. Danke, Quandoo und Philipp Magin. Da war ich nämlich auch mal zu Besuch und da war das ähnlich. Da hattest du wirklich für alles so eine Art Leaderboards an den Wänden. Der Sales Rep des Monats, der Woche, die besten, die meisten Gespräche, die meisten dies, die meisten das. Ich habe es gar nicht so genau angeguckt und in der Regel geht es ja um Umsatz. Aber deswegen, da wäre mal so interessant, Martin, non-monetäre Prämien und manchmal solche banalen Dinge, den Wettbewerb zu schüren. Was hast du da an der Folge erlebt?
Martin Schilling: Genau, also ganz spannendes Thema. aus Unternehmenssicht kostet ja oft nicht so viel, aber das sind ja sogenannte Batch-Values, Pokale, die kosten nichts, bringen aber doch viel Motivation. Also da gibt es einen kleinen Exkurs. Wir wollen auch im Sales-Bereich, das ist sehr männlich dominiert, auch diese Bereiche diverser machen, definitiv auch mit mehr Verkäuferinnen besetzen. Da gibt es auch viel Evidenz, dass sehr gemischte Teams da sehr stark sind. Und da Du sagst jetzt Stahlhelm, das ist jetzt wahrscheinlich auch nicht was unbedingt en masse Verkäuferinnen anzieht oder Vertriebsmitarbeiterinnen anzieht.
Es gibt ein anderes Beispiel, das fand ich spannend, aber irgendwie natürlich auch sehr kritisch. Also eins der weltweit führenden SaaS-Unternehmen, der CEO, lädt jedes Jahr seine sieben Top-Verkäufer oder Verkäuferinnen zu Frühstück bei Tiffany's in New York ein. Und das Ritual ist dann, da sitzt der CEO da im Frühstück mit den sieben Kolleginnen und Kollegen und dann kommen sieben Ex-Miss Hawaii's in den Raum rein und bringen dann jedem Top-Verkäufer eine kleine Schachtel mit 5000 Dollar, die er oder sie in den nächsten 30 Minuten bei Tiffany's, also bei dem Juwelier, ausgeben muss. Das ist so ein Ritual, das sich da bei dieser Firma eingebrannt hat. Würde mir das natürlich nicht empfehlen. Da gibt es bestimmt noch wesentlich modernere Weisens zu tun, aber natürlich so einen Ritus zu kreieren, also das könnte jetzt zum Beispiel so ein Club sein, wo man dann die Gründer Vielleicht auch mal eine Art Urlaub trifft, exklusive Trainingsprogramme, dann vielleicht irgendwelche Shows, Performance in der Kunst, wo man dann exklusiv die Top-Verkäufer einlädt. Früher war es ja auch üblich, Parkplatz in der Tiefgarage, das ist ja heutzutage nicht mehr so üblich. Aber dass man sich da was überlegt auf der nicht monetären Seite, ist eine sehr effektive Art und Weise, das Vertriebsthema auf die nächste Ebene zu heben.
Joel Kaczmarek: Und ich meine, du witzelst gerade so, Gero hat mir das auch mal erzählt, dass er irgendwie so und so viele Verkäufer pro Jahr irgendwie eingeladen hat in die, ich glaube, Karibik oder sowas. Was meinst du, was da abgeht? Also, was meinst du, wie die fighten, um diese scheiß Tickets zu kriegen? Mit Partner, ne? Das heißt, irgendwie die Frau, und das ist das Fiese, die Frau macht dir zu Hause Druck. Schatz, du musst mehr verkaufen. Ich will dieses Mal wieder für zwei Wochen in die Karibik und so. Also es ist crazy und es funktioniert aber. Deswegen, komm Florian, hast du noch ein paar Reisergeschichten zu ergänzen über nonmonetäre Prämien?
Florian Heinemann: Nee, nonmonetär nicht, aber ich würde gerne eines noch ergänzen, wenn ich darf. Und zwar, weil es, ich glaube, ein kritischer Punkt ist bei dem Ganzen. Und der ist nicht so einfach oder trivial zu lösen. Das ist so ein bisschen auch ehrlicherweise im B2C-Bereich so ein analoges Problem. Und das ist ja sozusagen dadurch, dass ja quasi die organisatorischen Zuständigkeiten so ein bisschen entlang des Sales-Trichters verortet sind, wäre ja die einfachste Variante, einfach zu sagen, ich bezahle dich für das Erfüllen deiner Quote prozentual von sozusagen jetzt Leads, die du in die nächste Trichterstufe schiebst. Das Problem ist nur, wenn du das so machst, Und das ist so ein bisschen wie, wenn du sozusagen Partner im Online-Marketing dafür inzentivierst, dir Nutzer oder Klicks zu schicken, dann schicken die dir halt Klicks und dann hast du am nächsten Tag 10.000 Klicks, aber davon den kauft nur einer.
Und etwas abgespeckt, weil das natürlich hier schon transparenter ist, was du da lieferst, muss man natürlich schon gucken, weil eigentlich wäre es natürlich das Charmanteste, wenn du einfach sagst, du kriegst pro Lead der in die nächste Stufe geht, also für die du nicht mehr verantwortlich bist, sondern für die nachgelagerte Stufe, kriegst du in irgendeiner Weise eine Vergütung. Und wo man schon darauf achten muss, dass man eben gewisse Qualitätsstandards einzieht oder was ich jetzt auch schon mal gesehen hatte bei anderen, das klappt auch ganz gut, wo man versucht, mit so einer Art Qualitätsindex zu arbeiten. Also wo du quasi sagst, Leads haben eine gewisse Qualität, die ich versuche zu indexieren. Das kann eine Wertigkeit sein, also eine monetäre Wertigkeit, die sich dahinter verbirgt. Das kann eine Erfolgswahrscheinlichkeit sein, was ich eben auf Dingen ermittelt habe. die ich in der Vergangenheit auf repräsentativen Daten gesehen habe, wo ich dann im Prinzip nicht nur die reine Anzahl, sondern eben auch die Qualität von Leads betrachte, die von Stufe zu Stufe wandern. und daran hänge ich dann die Incentivierung. Und dabei muss ich im Prinzip natürlich immer vom Ende denken, weil letztendlich will ich ja Kunden, die dann bei mir im Sinne des Produkts oder im Sinne des Services funktionieren, möglichst viel Geld ausgeben, dass ich da sozusagen diesen Wert ein Stück weit so ein bisschen so eine ähnliche denke, wie du das jetzt im B2C-Bereich hast, wo du ja versuchst, Ratio Marketingkosten pro Lifetime Value Unit quasi zu optimieren, wo du ja sagst, nicht jeder Kunde ist gleich, sondern es gibt sehr, sehr gute Kunden.
und für diese sehr guten Kunden. Kann ich auch durchaus höhere Marketingkosten rechtfertigen und genauso ist es hier natürlich auch. Nur ist die Zuordnung hier natürlich ein Stück weit schwieriger, weil die Sales-Zyklen ja häufig länger sind. Das heißt, im Nachhinein zu verstehen, wie gut waren eigentlich die Leads, die da reinkamen, ist eben schwieriger als im B2C-Bereich, wo du ja häufig, was ich wohl, einen Kaufprozess eine Woche dauert und dann weißt du im Prinzip, wie gut waren die Kunden, die aus irgendeiner Quelle kamen. Das ist eben ein bisschen schwieriger, das muss man sagen, aber da würde ich halt schon Gehirnschmalz reinstecken, um sozusagen die Inzentivierung letztendlich vom Ende her zu denken. Das macht es etwas komplizierter, aber gerade über die Zeit macht es auf jeden Fall Sinn, da Gehirnschmalz reinzustecken, wie ich das eigentlich gewährleisten kann.
Joel Kaczmarek: Gut, der vorletzte Fehler. Lieber Martin, das klingt ja ein bisschen was, was eigentlich für jeden Bereich gelten könnte. Zu wenig Vertriebstraining, also zu schlecht investiert in Ausbildung. Gibt es da im Sales sozusagen einen besonderen Druck, den du bemerkt hast? Ja.
Martin Schilling: Definitiv. Also wir sprechen ja jetzt hier auch, wie kann man entsprechende Experten einstellen. Also wenn man jetzt als vielleicht noch nicht ganz erfahrener Gründerin oder Gründer jemanden im Vertriebsbereich einstellt, dann muss ein erfahrener Vertriebskollege, Kollegin auf jeden Fall mal genau beschreiben können, wie Vertriebstrainings laufen. Da gibt es so drei große Ansätze, die sich in den letzten Jahren entwickelt haben. Das eine nennt sich Product Selling, also das ist eher so der ältere Ansatz, der funktioniert nur bei hochgradig standardisierten Märkten, wo man im Prinzip über die Produktmerkmale verkauft. Dann gibt es den sogenannten Solution-Selling-Ansatz, da gibt es auch Trainings dazu, der oft von erfahrenen Vertriebsmitarbeiter verwendet wird, indem sie im Prinzip versuchen rauszufinden, wo sind die Schmerzpunkte der Kunden.
Also jetzt ist man in einer alten Rolle in 26EO, da würde jetzt also im Solution-Selling-Ansatz ein Vertriebler mit mir vielleicht Mittagessen gehen und dann mal hören, wo drückt denn genau der Schuh bei uns? und dann auf der Basis jetzt zielgenau Lösungen vorschlagen und die natürlich irgendwie mit der Lösung des Unternehmens verbinden. Und jetzt gibt es den neuen Ansatz, der nennt sich Challenger Insight Selling. Da kann man relativ gut auch trainieren. Das ist gerade für jüngere Mitarbeiter eben auch spannend. Viele bei den Startups sind ja genau jünger im Vertrieb. Und da ist der Verkäufer so eine Art Mittelding aus Berater und Wissensvermittler und drückt so ein bisschen auch auf die jeweiligen Kunden ein, Wissen rein, also zum Beispiel so ein typischer Gesprächseinstieg wäre jetzt hier, hier ist das Manko, dass dir nachts den Schlaf rauben sollte. Also jetzt zum Beispiel, wenn jetzt in dem Ansatz jemand zu mir hingekommen wäre bei N26 und mir gesagt hätte, hey, ich sehe, euer Kundendienst läuft nicht so gut. Drei Dinge, die ihr besser machen müsst, aus meiner Sicht, eins, zwei, drei. Starker Ansatz, das wäre jetzt im Prinzip Insight Selling und da kann man natürlich relativ viel trainieren.
Joel Kaczmarek: Ich glaube, Dirk, heute nennen das immer geistige Brandstiftung, wenn ich mich nicht täusche.
Martin Schilling: Ja, oder zumindest, weißt du, also du hast ja im Vertrieb oft das Thema, da kommt dann jemand her und spricht lang mit dir und will dann irgendwie sein Produkt und seine Firma vorstellen. Das ist ja oft sehr langweilig. Wenn jetzt jemand zielgenau hinkommt und sagt, hey, ich habe mir Gedanken gemacht über dein konkretes Problem. Hier sind drei Lösungen. Sehr spannend.
Joel Kaczmarek: Gut, komm, das ist ja gut erklärend. Deswegen zum letzten Fehler. Zu wenig Investitionen in das Kundenerfolgsmanagement Customer Success. Also hatten wir ja eingangs schon, wie gesagt, meine Beobachtung, aber korrigiere mich gerne, dass viele das in Deutschland sehr, sehr spät erst so entdeckt haben eigentlich, obwohl es ja eigentlich so eine niedrig hängende Frucht ist. Beschreib doch mal ganz kurz, warum das interessant und spannend ist. Wir haben ja schon ein bisschen was gesagt mit Kosten für Rückgewinnung und Ausbau von Kunden ist besser als Kaltgewinn und was man da beachten sollte beim Investieren.
Martin Schilling: Ein großartiges Produkt schafft nicht automatisch erfolgreiche Kunden. Das ist hier so das Prinzip. Wir haben ja, das hat Florian, glaube ich, in einer der letzten Folgen auch gesagt, wir haben ja glücklicherweise auch jetzt in Deutschland sehen wir mehr und mehr produktgetriebene Startups, wo du dann auch Gründerinnen und Gründer hast, die sehr stark auf das Produkt sich konzentrieren, was richtig ist. Da darf man aber nicht vergessen, du musst das Produkt dann eben auch zu den Kunden bringen und dann auch oft noch mit den Kunden arbeiten, das Produkt auch richtig einzusetzen. Und da kommt der Kundenerfolgsmanager zum Zug.
In der Regel sollte unter den ersten zehn Rekrutierungen, also die nächsten zehn Personen, die man einstellt, ein Kundenerfolgsmanager sein. Rolle in der Regel, das sind Personen, die sind kostenlos für den Kunden, die laden Kunden zu Meetings ein, die stellen sicher, dass das Produkt zur vollen Zufriedenheit verwendet wird, die überwachen, ob der sogenannte Customer Health Score, also so ein Kundenbewertungspunkt, ob die Ampel da richtig steht, können wir gleich nochmal diskutieren. Berichtwert, 2 Millionen Jahresumsatz, ein Kundenerfolgsmanager. Das ist eine Rolle in diesem Team. Dann hast du in der Regel noch eine Art technisches Support-Team. Also der Kundenerfolgsmanager macht in der Regel nicht den technischen Support im Detail. Und dann hast du teilweise bei den größeren Firmen auch noch eine Art professionelles Service-Team, das dann bezahlte Beratungsprojekte.
Joel Kaczmarek: Wo kriegst du denn diese Zahlen her, mal blöd gefragt? Also dass du so eine Kenngröße hast, dass du sagst, zwei Millionen Umsatz sollte ein Kundenerfolgsmanager haben. Wie findet man das?
Martin Schilling: Du, wir haben ja mit 100 internationalen Scale-Up-Experten gesprochen und haben uns da dann tief beschäftigt. Da gibt es auch ein paar Studien dazu, aber das sind in der Regel Daumenregeln, die aus Erfahrung kommen.
Joel Kaczmarek: Okay, spannend, spannend, spannend. Gut, aber nochmal vertieft, also was ist denn vielleicht auch so der Zeitpunkt, an dem ich erkenne, dass ich sowas brauche? Habe ich dich richtig verstanden, dass du sagst, sowas würdest du schon relativ früh, nahezu von Anfang an aufziehen oder gibt es da so ein Momentum für?
Martin Schilling: Also du kannst vielleicht, Florian, aus deiner Erfahrung nochmal kommentieren, also was wir gehört haben und was wir jetzt auch sehen bei unseren Startups. Du brauchst natürlich erstmal ein Produkt, du musst an der Grenze von Produkt-Markt-Passung sein, Product-Market-Fit, so dann die ersten Kunden und dann ist es ein guter Zeitpunkt. Also wenn du Kunden zu Botschaftern konvertieren kannst, gerade im B2B-Bereich, ist das unfassbar wertvoll. Da sparst du so viel Geld und beschleunigst Wachstum.
Florian Heinemann: Ich würde auch das unterstreichen. Also ich würde auch sagen, dass am Anfang, bis du den Product-Market-Fit hast, ist wahrscheinlich das Customer-Success-Management typischerweise einer der Gründer selbst oder von mir aus noch der Produktmanager, der das Produkt baut. Und dann macht es wahrscheinlich im nächsten Schritt Sinn, da wirklich jemanden zu haben. Und ich glaube, das unterschätzt man immer so. Also man denkt ja immer, ich glaube, das ist auch nochmal für mich so eine der absoluten Kernerkenntnisse, Gerade in dem Moment, wenn du dich jetzt rausbewegst im Kundenkreis aus dieser Startup-Welt, wo Leute Spaß haben, sowas auszuprobieren und da vielleicht auch so ein bisschen Interesse haben, sich in irgendwas reinzufuchsen. Das ist nicht die Regel und das ist nicht der Massenmarkt. Und ich glaube, das ist eben wirklich sozusagen in dem Moment, wenn man in einen breiteren Kundenkreis reinwachsen will, dann muss man Kunden helfen und die erwarten das auch, Produkte richtig zu nutzen. Und ich glaube, das ist für mich nochmal so eine Kernerkenntnis, das kann man nicht früh genug machen. Und vielleicht noch eine Ergänzung dazu, ein gut gemachtes Customer Success Management ist natürlich auch ein absoluter Kerninputgeber für die Weiterentwicklung des Produkts. Also das kann das Kernprodukt sein, aber das können natürlich auch, wenn du dir jetzt so Produkte anguckst wie Cloudflare oder so, Was die ja super machen, ist, dass sie halt anfangen mit einem Kernprodukt, einem Hook-Produkt, aber bestimmt jetzt fünf, sechs andere Sachen drumherum entwickelt haben, die sie dann ihren Kunden quasi cross-sellen können. Und das ist eigentlich meine Erfahrung, ist auch mein Verständnis, dass es in dem Fall so war, der Input für das, was man noch so machen kann. kommt häufig aus dem Customer Success Management. Deswegen ist dieses Investment eben nicht nur sozusagen, sind nicht nur reine zusätzliche Vertriebskosten quasi, sondern wenn es gut gemacht ist. Und deswegen macht es auch Sinn, da in gute Leute zu investieren, die wirklich schlau sind und die abstrakt die Kundenprobleme verstehen können und was sich daraus noch an Themen ergibt. Also diese Net Revenue Retention, die ja so eine wichtige Kennzahl ist, die auch wesentlich in eine Bewertung einfließt. Je besser man das macht, desto höher hast du natürlich in der Regel deine Net Revenue Retention direkt, aber natürlich auch Net Revenue Retention, die resultiert aus Cross-Selling, Up-Selling und weiteren Aktivitäten dort.
Deswegen macht das auf jeden Fall Sinn, dort zu investieren und ist wahrscheinlich sozusagen von den Jobs, die es in diesem Vertriebsfunnel so gibt, vermutlich der Job, der sozusagen für Leute, die sagen würden, oh, Vertrieb würde ich nie machen, das ist so nicht meins, das ist wahrscheinlich sozusagen der Job, den solche Leute am ehesten machen können, weil das eben wirklich 100% eigentlich so sein sollte, dass du halt im Sinne des Kunden agierst. Also ein gutes Customer Success Management ist auch so ein Stück weit vielleicht Counterpart sozusagen jetzt für den Produktmanager intern, um wirklich eben sicherzustellen, dass es nicht nur das ist, was man sich irgendwie ausdenkt hier im Berliner Headquarter, und dann so machen sollte, sondern eben wirklich im Sinne des Kunden gemacht ist. Und deswegen kann man das, glaube ich, nicht überbewerten.
Joel Kaczmarek: Lass uns mal ganz kurz über die Bausteine und vielleicht auch die Verteilung von Customer Success sprechen. Also wann setzt das ein? Also passiert das erst, nachdem der Sales Stream zustande kam? Oder ist das auch so eine begleitende Instanz, wenn man jemanden durch den Funnel führt und den vielleicht onboardet oder da bestimmte Sachen auch mal abfragt? Und woraus besteht das eigentlich? Also was gehört dazu zu einem gelungenen, guten Customer Success Management?
Martin Schilling: Also das setzt in der Regel ein, wenn der Kunde den Vertrag unterschrieben hat. Das machst du in der Regel nicht früher und dann aber sehr intensiv. Also dann gibt es einen Punkt, wo du einfach sagst, dass es jetzt Kunde mit Vertrieben unterschreibt. Dann kannst du den ja vorstellen als zusätzliche Person, die wir noch umsonst quasi zusätzlich zur Verfügung stellen, um einfach sicherzustellen, dass jetzt das Produkt gut genutzt wird. Also quasi ist es der nächste Schritt nach Abschluss des Vertrags. Dann gibt es noch ein ganz spannendes Element, was Gale-Ups beginnen einzusetzen. Das nennt man Kundengesundheitsbewertung, Customer Health Scores. Wir haben in anderen Podcasts darüber gesprochen, dass du sicherstellen musst, dass Kunden nicht abwandern. Und im Geschäftskundenbereich ist es dann üblich, jeden Kunden mit einer Ampelfarbe zu versehen. Rot, Gelb, Grün. Rot steht hoch abwanderungsgefährdet, Grün alles on track. Und da gibt es eine Reihe von guten Tools. Tutango ist eins, das wir uns angeguckt haben, das fanden wir ganz gut. Und diese Tools ziehen aus verschiedenen Datenquellen Daten zusammen, um diese Bewertung zu machen. Also steigt die tägliche Login-Nutzung, werden die meisten Funktionen genutzt, das ist so ein typisches Thema. Lizenzauslastung, sind die meisten Lizenzen ausgelastet. Engagement, gibt es oft Support-Anfragen, die schnell gelöst werden. Natürlich NPS. Und aus diesen ganzen Datenquellen wird dann eine Kundengesundheitsbewertung berechnet. Und wenn das rot ist, muss das Vertriebssystem sehr schnell handeln, dass man den Kunden nicht verliert.
Joel Kaczmarek: Macht total Sinn auch, dass man eigentlich die technischen Methoden nutzt, weil ganz viele sind wahrscheinlich immer so da, dann sagen die, okay, wunderbar, wenn die Lizenzen nicht ausgelastet werden, dann haben wir auch keine Last auf den Servern und so. Ist aber eigentlich der erste Schritt, wenn die nächste Vertragsverlängerung im Jahr ansteht, dann die Erfolgswahrscheinlichkeit zu senken. Also spannender Gedanke, dass man das sogar mittlerweile immer sukzessive stärker automatisiert. Gut, ihr beiden, da würde ich sagen, war doch ein wilder Ritt. Florian, hast du noch eine heiße Sales-Anekdote zum Schluss oder entlassen wir dich für heute?
Florian Heinemann: So eine heiße Sales-Anekdote. Ich könnte höchstens noch eine heiße Marketing-Akdote beisteuern, aber das habe ich jetzt so gesagt, weil ich dachte, dann muss ich nichts beisteuern. Nein, ich habe keine Ahnung. Müsste ich erst mal drüber nachdenken.
Joel Kaczmarek: Gut, fragen wir dich dann bei unserer nächsten Folge ab. Da geht es nämlich nahtlos weiter bei unserem Thema. Und zwar reden wir das nächste Mal über Supply Chain. Also auch nicht uninteressant, wie man das skaliert. Freue ich mich schon drauf, ihr beiden. Bis dahin, bleibt gesund und danke euch.
Martin Schilling: Danke, Florian. Danke, Joel. Ciao.
Florian Heinemann: Ciao, ciao.
Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um Gründung: Du willst dein eigenes Unternehmen gründen, bist schon Gründer oder von Startups fasziniert? Mit dem Top-Experten Florian Heinemann sprechen wir regelmäßig über Tipps und Ratschläge zu Finanzierungsfragen, Strategien und operativer Umsetzung auf dem Weg zu deinem eigenen Business.