Vom Startup zum Unicorn 3 🦄: Funktionale Exzellenz

15. Oktober 2021, mit Joel KaczmarekFlorian Heinemann

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Joel Kaczmarek: Hallo Leute, mein Name ist Joel Kaczmarek. Ich bin der Geschäftsführer von Digital Kompakt und du hörst heute unsere dritte Folge zum Thema vom Startup zu Unicorn. Heute wird es gehen um funktionale Exzellenz. Apropos exzellent, wer darf da nicht fehlen? Der liebe Florian Heidemann von Project A und natürlich auch unser Dauergast momentan, der liebe Martin Schilling, wo alle Hörerinnen und Hörer hier nochmal aufgerufen seien, sich ein Buch zu kaufen. Dazu später mehr. Wir machen mal einen kleinen Anreißer, worum es heute geht. Also es geht heute um funktionale Exzellenz. Wir haben ja in der ersten Unicorn-Folge darüber geredet, wie setze ich mir einen attraktiven Nordstern, sprich Vision, Ambition etc. Und in der zweiten Folge, wie ich eigentlich ein Triple-A-Team mit Scale-Up-Haltung finde. Und das ist jetzt die dritte Folge, wo wir noch auf der Satellitenebene sind, nämlich über funktionale Exzellenz sprechen, in Bereichen wie Product Management, Technologie, Marketing, B2B-Sales, Service Operations und Supply Chain. Kleiner Disclaimer dazu, wir machen heute keine Tiefenbohrung. Also Fracking ist heute nicht angesagt, heute ist es eher nur so oberflächlich. Das heißt, wir haben uns vorgenommen, weil das so gut läuft mit uns dreien hier, dass wir jeden dieser Bereiche nochmal einzeln vertiefen werden. Das heißt, du darfst dich hier in unserer Business-Building-Reihe nochmal freuen auf sechs weitere Episoden, wo wir all das, was wir heute satellitentechnisch betrachten, nochmal richtig in die Tiefe gehend analysieren. So, aber wir wollen ja straight starten. That being said, ihr beiden, herzlich willkommen. Schön, dass ihr da seid. 

Florian Heinemann: Moin, moin. 

Martin Schilling: Hi Joel.

Joel Kaczmarek: So Martin, fangen wir mit dir an. Guck mal, als erstes darfst du nochmal hier einen kleinen, ich bringe mal den Namen von deinem Buch durcheinander. Deswegen sag du es einmal ganz ordentlich mit ISBN-Nummer diktiert ins Mikrofon. 

Martin Schilling: Ja, gerne. The Builder's Guide to the Tech Galaxy ist das Buch, um was fokussiert, wie man aus Startups Unicorns macht. 

Joel Kaczmarek: Sehr gut. Bestellt das beim Buchhändler eures Vertrauens. Ich vergesse immer das Tech. Ich sage immer nur Galaxy und nicht Tech Galaxy. Siehste, gut, dass ich dich hab, Martin. Und gut, dass du das für unsere Hörerinnen und Hörer mal alles zu Papier gebracht hast. Also es ist wirklich sehr tief, was darin passiert. Deswegen seien alle aufgerufen, das zu kaufen. Gut, Florian, funktionale Exzellenz, unser Thema heute. Fangen wir mal mit dir an. Wie viel funktionale Exzellenz schlummert denn so in eurem Portfolio? 

Florian Heinemann: Häufig schon einiges, aber es ist schon, muss man sagen, es gelingt nicht so vielen Firmen. in verschiedenen Fachbereichen gleichzeitig ein sehr hohes Niveau zu erzeugen, muss man sagen. Und ich glaube, das ist so ein bisschen meine Kernerkenntnis in dem Bereich. Klar ist es gut, wenn man ein guter Fundraiser ist und so weiter, aber irgendwann muss ja sozusagen die reale Ebene, die Storytelling-Ebene ja irgendwie zumindest mal so halbwegs einholen. Und das ist nicht so einfach, zumal es eben wirklich erforderlich ist, also es kommt aufs Geschäftsmodell an, aber du musst eben schon sagen, in drei, vier, fünf, sechs Fachbereichen gleichzeitig ein sehr hohes Niveau hinbekommen, damit das alles irgendwie so halbwegs ineinander greift. Und was du schon sehr häufig hast, ist, dass dir das halt in ein, zwei Bereichen gelingt, dann aber in einem anderen Bereich nicht. Und das sorgt dann im Prinzip dafür, dass die gesamte Firma diese Flughöhe nicht erreicht. Und das ist schon einer der frustrierenden Elemente meines Jobs, dass man das zwar dann so sieht, aber es ist gar nicht so einfach, das eben in der Synchronität zu erzeugen, nach meiner Erfahrung. Und wenn dir das nicht gelingt, du hast dafür nur ein gewisses Zeitfenster. Weil wenn du das nicht schaffst, ich nenne es jetzt mal positive Flywheel der Kompetenzen nach oben zu erzeugen, dann verliert so eine Organisation auch relativ schnell ihr Energielevel. Und dann ist es auch nicht so einfach, sich davon zu erholen. Das ist sicherlich das gleiche Phänomen, was du jetzt auch durch Corona beobachtest. Das ist ein anderer Faktor dabei natürlich. Aber auch da ist es ja nicht so einfach, dass Organisationen, wenn die einmal sozusagen sehr runtergefahren wurden, dass sie es dann schaffen, wieder sozusagen in die Gänge zu kommen. Und was ähnliches hast du eigentlich hier häufig ja im Tech-Bereich, äußert sich das, wo du ganz viele Ideen hast und so weiter. Und wenn der Tech-Bereich nicht in der Lage ist, da entsprechend zu liefern, Und dann nimmst du letztendlich bei relativ vielen anderen Bereichen auch wieder sozusagen diesen Drive for Excellence raus und ich glaube, das ist etwas, was man nicht unterschätzen sollte, wie sehr das eigentlich erforderlich ist, um wirklich eine gewisse Umlaufbahn zu erreichen. 

Joel Kaczmarek: Gut, Martin, das ist schon eine erste spannende Frage. Wir sprechen ja heute über die zentralen Start-up-Unternehmensbereiche. Also nochmal ganz kurz aufgezählt, wir werden über Produkt reden, Technologie, B2C-Marketing, B2B-Sales, Service Operations, Supply Chain. Beim letzten Mal hatten wir People und Finanzen hatten wir im Podcast auch schon so oft, das wären sonst die beiden, die man auch noch nennen würde. Und das Ziel ist ja jetzt, oder worüber wir quasi reden, dass man auf dem Weg vom Start-up zum Unicorn und Unicorn jetzt einfach mal als ein Beispiel für durchschlagenden Erfolg, geht jetzt gar nicht um die Milliardenbewertung, sondern einfach um Verpflichtungen, fachliche Exzellenz und dass man diese ganzen Bereiche ja im Prinzip auch mit erfahrenen Führungskräften aufbauen muss. So und jetzt wäre meine erste Frage, die sich so aus dem Florian-Thema gerade ableitete. Ist es wirklich so, auch in deiner Analyse, die du fürs Buch gemacht hast, dass man in all diesen Bereichen erfolgreich sein muss? oder gibt es so einzelne Outstanding oder so eine Outlier, wo man sagt, wenn ich das gut mache, dann zieht man die anderen eigentlich fast automatisch nach? 

**Martin Schilling: **Also wie Florian gerade angefangen hat, das würde ich voll unterschreiben. Also in einem Tech-Startup, dem Technologie- und Produktbereich, wenn du den nicht funktional exzellent schnell aufgestellt bekommst, dann hast du das größte Problem, was du kreieren kannst. Weil dieser Bereich dafür sorgt, dass du erstmal Product-Market-Fit findest und den dann auch in die nächsten Wachstumsebenen hebt. Also das ist sicherlich ein großer Schwerpunkt, den man legen muss. Was man dann sehr schnell sieht, ist, dass die am Anfang gerne vernachlässigten Bereiche, also gerade Supply Chain, gerade Service Operations, dann stark unter Druck kommen. Also weil die Logik ist ja oft, du iterierst dich hin zum Product Market Fit. Das ist ja so wie einen schweren Fels den Berg raufrollen. Der rollt dann wieder mal ein paar Meter runter, dann musst du wieder hochrollen. Und wenn du Product-Market-Fit gefunden hast, dann rennst du diesem schweren Fels auf der anderen Seite des Berges hinterher. Und das merken vor allen Dingen die Operations-Bereiche dann sehr schnell, also Kundendienst nicht mehr erreichbar, Pakete kommen nicht mehr an. Deswegen Product und Tech und dann Operations und natürlich parallel die anderen Bereiche auch Marketing und Co. 

Joel Kaczmarek: Gut. Und wie schon gesagt im Intro, also heute mal nicht die Tiefenbohrung, sondern wir gehen heute mal diese ganzen Bereiche, die ich gerade aufgezählt habe, durch und nennen quasi die Top 3 Fragen und Antworten pro Unternehmensbereich, zu denen AAA-Führungskräfte im Prinzip in so einem Interviewprozess eine Perspektive haben sollten. Fangen wir mal an. Product. Was wäre da so? deine erste zentrale Frage? 

Martin Schilling: Also grundsätzlich, wir sprechen jetzt von Fragen, die man erfahrenen Führungskräften stellt, die man potenziell einstellen kann, also mögliche Spezialisten. Vielleicht noch mal eine Vorbemerkung, es geht nicht nur darum, bei dieser Funktion Exzellenz erfahrene Spezialisten von außen einzustellen. Wir wollen immer auch bestehende Generalisten, die frühen Piraten weiterentwickeln. das ist diese Zweierschiene, die wir fahren, also sowohl die Generalisten, die jungen Kollegen mitnehmen, als auch zusätzlich Experten von außen holen. Wir diskutieren jetzt also hier eher Fragen, die man stellt, Experten, die man einstellt. Und die erste Frage, die ich stellen würde, jemand, der im Produktmanagement, zum Beispiel Director of Product Management oder CPO, wäre, woran misst man den Erfolg des Produktmanagements? So, das wäre die erste Frage. Und was ist jetzt da eine gute Antwort? Dann würden die meisten sagen, das kommt natürlich darauf an, auf Strategie und auf Phase. Aber aus der Erfahrung gibt es fünf große Bereiche, aus denen ein Produktmanagement Schlüsselergebnisse ziehen kann. Erstens Kundenakquise und Aktivierung, sowas wie monatlich aktive Nutzer ist da so ein typisches Thema. Zweitens Kundenbindung, also Prozent wiederkehrende Kunden auf Basis von Kohorten, NPS wäre da ein typisches Thema. Monetarisierung natürlich, also Upselling oder Umsatz pro Kunde. Viertens Expansion. Das Produktmanagement muss immer auch sichern, neue Märkte zu erschließen, also MVP in Großbritannien lancieren. Und dann die ganzen internen Themen. Operative Effizienz, das könnte jetzt die Chatbot-Lösungsquote sein oder Prozent automatisierte Prozesse. Das wäre eine gute Antwort zum Thema Erfolg vom Produktmanagement. 

Joel Kaczmarek: Florian, deckt sich das mit deinen Erfahrungen? 

Florian Heinemann: Ja, also ich habe jetzt noch nicht drüber nachgedacht, ob das jetzt aus meiner Sicht umfassend wäre, aber ich kann auf jeden Fall das unterstreichen, dass man in irgendeiner Weise quantitativ erfassen sollte, worum es geht. Das hängt sicherlich vom Geschäftsmodell ab, was das dann genau ist. Aber ich glaube sozusagen, den Fortschritt... zu messen in Form von irgendeiner Art von hart messbarer KPI. Da geht es eben nicht um das konkrete Ziel. Ist jetzt 3% Conversion gut oder schlecht? Das ist da nicht so, sondern es geht im Prinzip darum, gibt es eine systematische Verbesserung und Aktivitäten, die zu einer systematischen Verbesserung dieser 3% führen? Weil häufig werde ich auch gefragt, was ist eine gute Conversion Rate im E-Commerce? Das kann man so nicht sagen. Das kann man eigentlich nur sagen, wenn man weiß, was ist genau das Produkt, was verkauft wird, was ist genau die Bestandskundenquote, Neukundenquote, was ist genau das Marketing-Mix. Und wenn das alles gleich ist, dann könnte man da wieder Aussage treffen, was jetzt besser ist oder schlechter. Aber es geht eigentlich immer um eine regelmäßige Erfassung dessen und eben sozusagen in der Lage zu sein, ein Instrumentarium zu haben, was einem sagt, wird man besser oder schlechter gemäß dieser Ziele. Und insofern kann ich das 100%ig unterschreiben, weil man will ja im Prinzip zu einem Zustand kommen, wo im Prinzip das Produktmanagement-Team selbst, vielleicht mit Hilfe von Datenkollegen, die sozusagen die Erfassung dieser KPIs übernehmen, sich selbst die Frage beantworten können, waren wir jetzt eigentlich in der vergangenen Periode, ob das jetzt gestern, letzte Woche oder letzter Monat war, waren wir da eigentlich gut oder schlecht? Das ist eigentlich, oder haben wir da Fortschritte gemacht oder nicht? Und ich glaube, das ist sozusagen aus meiner Sicht oder aus meiner Erfahrung die beste Form der auch sozusagen impliziten Aussteuerung von Mitarbeitern, wenn die sich selbst diese Frage beantworten können oder mit Zuhilfenahme von sozusagen BI-Kollegen, die vielleicht dafür sorgen, dass die Zahlen in sich konsistent sind und das eben nicht durch das Top-Management irgendwie großartig noch erklärt werden muss oder analysiert werden muss, Sondern meine Erfahrung ist eigentlich wirklich die, wenn man die einzelnen Fachbereiche in die Lage versetzt, sich selbst diese Frage zu beantworten, dann entfaltest du eine sehr hohe Entscheidungsfrequenz innerhalb dieser Teams und damit trägst du auch dazu bei, dass die ein hohes Energielevel entwickeln. Das Tolle daran ist natürlich auch, du hast eben nicht so dieses Meeting-Performance-Phänomen. Also was meine ich damit? Da sitzen fünf Produktmanager im Kreis und jeder erzählt sich seine Ideen und dann hast du sozusagen, wer jetzt am lautesten schreit oder am schönsten erzählen kann, der hat jetzt irgendwie so den größten Redeanteil, sondern wenn du das so machst, wie der Martin das ja gerade beschrieben hat, dann hast du halt den Riesenvorteil, du hast halt eine objektivierbare Und aus meiner Erfahrung löst das enorm viel Energie aus, wenn man das in der Lage ist, das so zu steuern. 

Martin Schilling: Wir wollen im Produktmanagement nicht nur uns an Features messen lassen, also der Lancierung von Features, sondern eben an den Ergebnissen, die wir mit den Features erreichen. Also das ist ein zentraler Punkt. Einige Produktorganisationen werden als Feature-Fabriken gesteuert. Ein Feature nach dem anderen. Das ist nicht gute Praxis, sondern eher zu sagen, hey, wir überlegen uns gemeinsam mit den internen Stakeholdern, Also mit Marketing, Operations und so weiter. Was ist denn unsere gemeinsame Währung für Erfolg und steuern darauf hin? Also zum Beispiel diese Operations-Denke, da denkst du damit, machst du mit Produktmanagement aus, die Kosten pro Kontakt oder die Chat-Lösungsquote willst du runterbringen. Du machst nicht im Detail aus, welche Sprache du einführst, wie technisch der Chatbot weiterentwickelt wird, sondern es geht um die gemeinsame Währung des Erfolgs. 

Joel Kaczmarek: Gut. Zweite Frage. Martin, aus deiner Recherche und Erfahrung heraus, wie sollte so eine Produktorganisation intern organisiert sein, damit sie effizient eigentlich bei all dem ist, was ihr gerade beschrieben habt, also Features und Kundennutzen zu liefern? 

Martin Schilling: Also die Frage nach den... Nach der Organisation ist in den Scale-Up-Phasen wichtig. Also jetzt davon ausgehen, dass du schnell wächst, musst du im Prinzip fast quartalsmäßig oder zumindest jedes halbe Jahr die Organisation nochmal neu aufbauen oder zumindest weiterentwickeln. Deswegen muss eine gute Führungskraft, ein Produktmanagement schon dir in der Lage sein zu erklären, grob wie man so eine Produktmanagement aufbaut. Da gibt es zwei große Prinzipien. Erstens, Produktmanagementorganisationen werden in der Regel immer mit Technologie zusammen gedacht und bauen damit produkt- und technologieübergreifende autonome Teams. Das heißt, du hast dann sieben bis acht personenstarke Teams, in der Regel geführt von einem Produktmanager, vier bis fünf Technologien. Software-Entwickler, einem Designer und noch vielleicht einem User-Researcher und diese Teams arbeiten als autonome Einheit. Das ist das erste Prinzip, autonome Einheiten von Produkt- und Tech-Teams aufbauen. So, das zweite Prinzip ist, diese dann so zu organisieren, dass die technisch unabhängig voneinander am Code arbeiten können. Also das ist das zentrale Organisationskriterium in der Scale-Up-Phase. Du möchtest parallel beispielsweise bei einem Fintech eine Kreditkartenfunktion lancieren. Du möchtest eine Kundenverifikationsfunktion lancieren und ein Chatbot lancieren. Und du willst nicht, dass die Teams aufeinander warten müssen, wenn sie irgendwas in der Codebase machen. Dementsprechend musst du in einem Produktmanagement versuchen, so eine Art Plattform-Team zu bauen. So wird es oft gelöst. Also du hast so eine Art Team, das sich um internen Tools kümmert. die andere Produkt- und Technologieteams in die Lage versetzt, schnell zu liefern. Und dann hast du sogenannte Experience-Teams. Das könnte jetzt bei einem Marktplatz sein, irgendwie Patient-Doktor. So eine grobe Struktur, die so aufgestellt ist, dass die Teams sich nicht auf die Füße treten. Also das wären zwei wichtige Prinzipien, wie man eine Organisation aufbaut. 

Joel Kaczmarek: Ich kenne das sogar auch noch von meinem letzten Startup, wenn man hier bei SourceTree dann irgendwie immer da neue Code-Arme sozusagen auf den Baum raufsetzen musste und die wieder reinpushen musste. Da musste selbst hier der Programmier-Noob wie ich sich mit solchen Sachen auseinandersetzen. Also ich verstehe sehr gut, was du meinst. Weil es genauso ist, wenn du dann teilweise zwei Standorte, dann haben die einen in der Nacht gearbeitet, die anderen am Tag und du möchtest gerne deine Pace halten, es muss trotzdem irgendwie technisch zusammengebaut sein, also... Total nachvollziehbar. Und ich bin auch mal gleich gespannt, wenn wir über Technologie reden, was da für andere Punkte nochmal kommen, weil Product und Technology ist ja sehr, sehr eng eigentlich zusammen. Und jetzt wäre der letzte Punkt vielleicht noch, die letzte Frage zum Thema Product Management. Du hast ja gerade diesen Feature-Fabrik-Gedanken geäußert. Das heißt, dass man eigentlich nicht nur hingeht und Feature nach Feature produziert, sondern eigentlich auch wirklich verlässlich Werte für Kunden schafft. Bei dem Fokus, den wir uns gegeben haben, also zu sagen, was sind so die Top-3-Fragen, Antworten, wie würdest du das beantworten, wenn du AAA-Kandidat wärst im Bereich Product? 

Martin Schilling: Da wäre eine Kernantwort, wir wollen als Produktmanagement Kundenwerte schaffen, nicht im Kern nur Features liefern. Also das heißt, Kundenwerte sind diese sogenannten Outcomes. Was ist Outcome im Vergleich zu Output? Also Output ist der Kindersitz im Auto, Outcome ist die Sicherheit des Kindes. Also du willst im Prinzip sicherstellen, dass du bei Unfällen eben das Kind nicht verletzt wird. Du willst jetzt nicht im Detail dem Produktteam vorgeben, wie sie den Kindersitz bauen. Das ist die Logik. Und vor allen Dingen das dann abstimmen mit den internen Stakeholdern. Amazon hat da einen sehr guten Prozess. Die machen so einen internen Presseerklärungsprozess. Das heißt, jedes Produkt- und Technologieteam... Zusammen mit ihren Stakeholdern schreibt eine Presseerklärung, als ob das Produkt erfolgreich in der Zukunft lanciert wurde. Also sowas wie Amazon lanciert, hat erfolgreich irgendwie ein IP-Tool für SMEs lanciert und macht viele SMEs erfolgreich und beschreibt das Szenario in der Zukunft. Das hat den großen Vorteil, dass du in der Presseerklärung dich auf die Kundenwerte konzentrierst und nicht im Klein-Klein des Feature-Designs verlierst. 

Joel Kaczmarek: Ja, kenne ich sogar auch, dass man das bei Amazon machen muss. Florian, jetzt ist natürlich Martin sehr spezifisch unterwegs, auch mit den Rechercheergebnissen seines Buches. Aber wenn du nochmal abschließend einen Blick auf Product wirfst, was er gerade beschrieben hat, wie man quasi wirklich effizient Technologie, Product zusammenbaut, wie man den Gedanken wirklich hegt, dass man nicht nur irgendwie Feature Rites hat, sondern auch wirklich echten Kundennutzen schafft. Hast du noch was beizusteuern? Hast du irgendwie da auch eigene Praxiserfahrungen, die sich mit dem decken oder vielleicht auch gerade mal nicht? 

Florian Heinemann: Ja, ich glaube... Was man halt schaffen muss und das ist, ich unterscheide da immer so ein bisschen zwischen wirklichen Produktmanagern, die genau das leisten, was Martin beschrieben hat und technischen Projektmanagern, die im Prinzip arbeiten. einfach nur eine Aussteuerung von Entwicklern vornehmen anhand von einzelnen Features oder einzelnen Tickets, die dann irgendwie umgesetzt werden. Und ich glaube, diese Unterscheidung, du brauchst, du kannst auch technische Projektmanager haben, das ist schon auch in Ordnung, die brauchst du natürlich auch, aber sozusagen der Produktmanager, der schafft im Prinzip diese Ganzheitlichkeit für den eigenen Verantwortungsbereich anzunehmen. Und dabei hilft es natürlich auch, wenn du bewusst sagst, um hier das Beispiel von dir aufzugreifen, Martin, Du bist jetzt im Marktplatz für Ärzte und du hast auf der einen Seite Patienten, auf der anderen Seite Ärzte. Das heißt, das Team ist für die Arztexperience verantwortlich, das Team ist für die Patientenexperience verantwortlich. Jetzt hast du natürlich eine gewisse Schnittmenge, weil die sich ja treffen sollen auf diesem Marktplatz. Aber dass du eben bewusst Produktmanager verantwortlich machst für in sich halbwegs konsistente Gesamtbereiche. Ich glaube, sonst schaffst du das eben nicht, weil die Leute eben sonst in diesem, ich bin eigentlich ein technischer Projektmanager. Und das Charmante ist natürlich, diese Verantwortlichkeit beschränkt sich ja nicht auf den Produktmanager, sondern wenn du das so schneidest, wie du das gesagt hast gerade, Martin, dass du ganze Teams hast, bestehend aus einem Data Analyst und ein paar Entwicklern und so weiter, die übernehmen ja dann Gesamtbereiche. ganzheitlich eben idealerweise die Verantwortung und denken eben auch mit. Weil das ist ja das, was du erreichen willst, dass du sagst, okay, ich habe halt klar im Kopf jetzt nicht nur dieses Feature in sieben Tagen zu entwickeln, sondern ich weiß jetzt genau, wo dieses Feature eigentlich Teil dieses Gesamtbildes Patientenexperience eigentlich sein soll. Und ich glaube, das ist gar nicht so einfach, das zu erreichen, weil natürlich sozusagen so dieses sehr Tayloristische, ich arbeite Tickets ab, ist natürlich an sich, hat das natürlich so eine Effizienzanmutung, weil du weißt ganz genau, was du machen musst und so weiter. Aber ich glaube, das ist genau das, was man letztendlich diesen Switch, den man hinkriegen muss, der auch letztendlich für die Mitarbeiter natürlich deutlich befriedigender ist, muss man auch sagen. weil gerade wenn es dir darum geht, eine Purpose-Driven-Organisation zu entwickeln, dann ist das natürlich sehr schwer, diesen Purpose an einzelne Mitarbeiter zu vermitteln, wenn die im Prinzip da einzelne Tickets abarbeiten oder einzelne Features entwickeln, versus wenn du denen halt sagst, du bist dafür verantwortlich, wir wollen hier das Leben der Patienten besser machen und du bist mit deinem Team verantwortlich dafür zu sorgen, dass diese Experience immer besser wird. Das ist natürlich viel leichter, auch dann sozusagen den Purpose der Gesamt-Company in die Ziele dieses Teams zu übertragen. Also insofern 100 Prozent Haken dran. 

Martin Schilling: Genau. Vielleicht noch mal kurz zur Ergänzung, was man gesagt hat. Der terroristische Ansatz funktioniert in Tech-Startups oft nicht, also in der Regel nicht. Also man hat ja oft dann die Situation, da kommt dann eine Funding-Runde, da sind die Metriken noch nicht ganz okay, dann wird man nervös und geht dann vielleicht so ein bisschen ins Mikro-Management, sehr nah an die Produkt- und Technologie-Teams ran. Es gibt nichts, was weniger motivierend ist. Und da zu sagen, hey, wir akzeptieren, dass im Produkt- und Technologiebereich die Komplexität in der Regel hoch ist und dass man es eben nicht ganz genau planen kann, wann was kommt. Das musste ich auch selbst erst lernen. Und wir akzeptieren auch, dass wir eher in Problemen und nicht in Lösungen denken. Das sind zwei wichtige Themen. Also wenn man gerade Produkt- und Technologiebereiche führt, Zu sagen, hey, lasst uns mal genau verstehen und überlegen, was sind die Kundenprobleme, die wir lösen wollen. Und die Teams, die autonomen Teams, die überlegen sich die Lösungen. Also nicht die Lösungen vorzuschreiben, terroristisch. Das ist ein wichtiges Prinzip. 

Joel Kaczmarek: Gut, zweiter Bereich, Technologie. Auch hier die Frage, lieber Martin, und dann kann Florian bestimmt nachlegen, bis der Arzt, nee, Quatsch, Marketing ist ja deine. Auch hier die Frage an dich, lieber Martin, an welchen Schlüsselergebnissen messen wir denn eigentlich den Erfolg in dem Bereich? 

Martin Schilling: Also jetzt sprechen wir von einem beispielsweise CTO-Kandidaten, Chief Technology Officer oder einem Chief Engineer, den oder die man fragen könnte, hey, was sind denn die typischen Schlüsselergebnisse? Gute Antwort wäre hier, es gibt vier große Bereiche, aus denen eine Technologieorganisation Schlüsselergebnisse ziehen kann. Erstens Produktivität, sowas wie die Frequenz der Deployments pro Entwickler pro Woche, also wie schnell werden Deployments oder Features einfach produziert. Zweitens, Plattform-Performanz und Verlässlichkeit. Also sowas wie API-Response-Time oder Uptime sind so typische Themen hier. Drittens, ganz wichtig, Qualität. Also wie gut ist der Code? Also Anteil der Codes, der automatisch getestet wird, ist so ein typischer Schlüsselergebnis hier. Oder Fehler mit hoher Priorität in der Produktionsumgebung. Und dann natürlich oft vernachlässigt IT-Sicherheit. Also Verhältnis erfolgreicher Cyberangriffe zu allen Cyberangriffen. Das wären so vier Bereiche hier. 

Joel Kaczmarek: Gut, Florian, das ist natürlich sehr spezifisch, was Martin jetzt gesagt hat. Ich glaube, du gehst ein bisschen generalistischer ran vermutlich, wenn du dich mit deinen Gründern über solche Themen unterhältst. Worauf guckst du denn, wenn du jemanden im Technologiebereich anguckst, ob das ein Top-Kandidat ist? Also was sind für dich so Schlüsselfaktoren, die du dir anguckst? 

Florian Heinemann: Vielleicht jetzt nochmal hier an den Fragen auch ein Stück weit orientiert. Ich glaube, was schon ein relevanter Aspekt ist, wie attraktiv ist das Technologieumfeld? Wofür diese Person steht, weil das natürlich, haben wir ja gerade gelernt, sozusagen der IT-Bereich ist elementar, um alle anderen Bereiche zu enablen. Das heißt, du brauchst, musst die Leute gut organisieren, aber du brauchst natürlich auch erstmal die Leute. Und es ist natürlich schon, sind unterschiedliche Technologien. Also Stacks und Programmierumgebungen und so weiter sind natürlich unterschiedlich spannend und attraktiv, um auch Talente dafür zu bekommen. Und das wäre sicherlich aus meiner Sicht ein relevanter Aspekt und ein weiterer Aspekt, der sicherlich zu beachten ist. Du hast ja sozusagen Venture Capital dient ja quasi dazu, gewisse Infrastrukturen vorzufinanzieren. Das ist ja der eine der riesen Charme. von Venture Capital, dass du halt sagst, du gehst eben nicht bootstrapped vor, wo du ja quasi immer gemäß deiner aktuellen Entwicklungsphase Entscheidungen triffst bezüglich Organisation, Infrastruktur und so weiter, sondern wenn du es schlau investierst, ermöglicht dir ja quasi die Aufnahme von Venture Capital auch, quasi front-loaded zu investieren. Und das wäre sicherlich ein weiterer Aspekt, den man challengen würde, ist eigentlich das, was wir jetzt hier gerade an Architektur, an Infrastruktur und so weiter hinstellen. Trägt das, das weiß man nie 100 Prozent, aber die Idee sollte ja sein oder man sollte es immer kritisch hinterfragen, trägt das eigentlich auch noch in fünf Jahren, was wir da haben? Und wenn wir 15, 20 Mal so groß sind oder verhindert das zumindest nicht das, was wir jetzt hier gerade haben? oder dabei sind zu bauen, verhindert das nicht quasi einen Übergang in eine Infrastruktur, Architektur und so weiter, die uns dann noch eine Weiterentwicklung, effiziente Weiterentwicklung ermöglicht. Und das ist ja sozusagen bei Corporates einer der Kernproblempunkte, dass wenn du jetzt da in die Legacy-IT guckst, dass die häufig wahnsinnig viel der Kapazität, der knappen Ressourcen frisst. Wie komme ich jetzt aus dieser Legacy-Infrastruktur? Wie kann ich damit die Probleme der modernen Welt, irgendwie lösen und angehen. Das geht häufig nicht. Es ist wahnsinnig unattraktiv als Tech-Stack, um das von gerade nochmal aufzugreifen, diesen Aspekt. Und es verlangsamt alle anderen und frisst wahnsinnig viel Energie. Also da kann man genau sozusagen das Gegenteil sehen. Aber auch bei Startups siehst du heute schon bei einem zehn Jahre alten Startup oder acht Jahre alten Startup, wenn die vor 18 Jahren die falsche Entscheidung bezüglich ihrer Technologie machen, ihres grundsätzlichen Technologiestacks getroffen haben, dann ist das etwas, was massiv nachwirkt. und deswegen ist das glaube ich gerade, wir reden ja hier über sozusagen Unicorn-Kandidaten, die wir idealerweise jetzt gerne haben wollen, da ist das glaube ich ein ganz relevanter Aspekt noch, den man zusätzlich beachten sollte. 

Joel Kaczmarek: Ja, ich glaube, die Top-Leute machen das wirklich. Ich erinnere mich an meinen Mitgründer damals, als wir hier so eine Online-Meeting-Lösung gebaut haben. Wir konnten schon 1500 Leute parallel in einem Online-Meeting haben, ohne irgendwen überhaupt nur das Ding verkauft zu haben. Also das ist so technischer Hunger, den man bei den guten Leuten hat. Martin, weil wir uns ja die drei Fragen jeweils hier aufgeschrieben haben. Ein anderer Faktor, den man im technischen Bereich oft hört und vielleicht kannst du ihn auch mal ganz kurz erklären, ist dieser Begriff des Technical Depths. Und da wäre natürlich so eine Frage an so eine Top-Nase, wie schaffst du das, sowas zu verhindern? 

Martin Schilling: Ja, genau. Also das schließt jetzt exakt an, was er gerade gesagt hat. Also Technical Debt, technische Schulden, was heißt das? Das sind alle die technischen Entscheidungen, die man trifft, die jetzt Zeit sparen, aber später mehr Aufwand verursachen. Also Beispielen, jetzt in der frühen Startup-Phase entscheidet man sich nur, einen Login zu bauen, also ganz normales Passwort und Usernamen und verzichtet darauf, dass man auch seinen Google- oder Facebook-Account für das Login verwenden kann. Das ist ein einfaches Beispiel für Technical Depth, das du wahrscheinlich früher oder später wieder anpacken musst. Sehr wichtig, was man verstehen muss, jedes Tech-Startup baut bis zu einem gewissen Grad Technical Depth auf und das ist normal und okay. Warum? Weil in der frühen Phase es darum geht, schnell zu sein. Also du brauchst am Anfang oft so eine Art Monolithen. Monolith heißt einfach, du hast ein Programm, also alle Anwendungen in einem langen Programm drin. Das ist sehr schwierig zu bearbeiten und weiterzuentwickeln, aber oft ist es das Richtige am Anfang, um schnell zu sein. So, und jetzt kommt aber das, was Florian richtigerweise sagt. Wenn du den Pfad zum Unicorn gehen willst, musst du dann kontinuierlich sicherstellen, diesen technischen Schulden zu reduzieren und abzubauen. Und man macht das am besten, indem man sicherstellt, dass technische Also Technical-Debt-Entscheidungen dokumentiert werden. Also du stellst sicher, jeder, der entwickelt und bewusst Hacks baut, diese auch ganz klar zu dokumentieren. Und stellst auch sicher, dass der Monolith, der am Anfang entsteht, nach und nach aufgelöst wird mit sogenannten Gateways und du in eine mehr modulare Infrastruktur reinkommst. Das ist so ein typisches Prinzip, was man da entwickelt. 

Joel Kaczmarek: Ich hatte da sehr schöne Gespräche, weiß ich noch, mit dem Johannes Bonet bei uns auch im Podcast. Der hat immer so schöne Visualisierungen. Also jemand, der vielleicht jetzt eher Business-Entscheider ist, kann sich diesen technischen Teil manchmal gar nicht vorstellen. Aber es ist ja teilweise so, wenn du den Source-Code von so einem Start-Up, über den wir hier gerade reden, ausdrucken würdest, dann wären die gestapelten Blätter Papier so hoch wie ein 40-stöckiges Haus. Also that's what we are talking about, ein 40 Stockwerke hohes Buch quasi. Von daher finde ich deinen Punkt sehr nachvollziehbar. Florian, wie oft beobachtest du denn sowas in der Startup-Praxis, diesen Faktor der technischen Schulden? Du hast es ja gerade auch gesagt, dass es oft so missionskritisch ist, sich zu überlegen, was ist meine Basis und welche Trade-offs gehe ich ein? Wie relevant ist denn das im Alltag? 

Florian Heinemann: Aus meiner Sicht extrem relevant. Und zwar nicht nur sozusagen im kerntechnischen Bereich, sondern du siehst es auch in vielen anderen Bereichen. Marketing ist natürlich ein Thema, was mir sehr nahe liegt. dass quasi ein Marketing-Team anfängt, teilweise unabgestimmt mit den Leuten, die die technische Infrastruktur des Unternehmens oder die Dateninfrastruktur des Unternehmens sozusagen eigentlich beaufsichtigen, sich eine Art Zoo von Marketing-Tools zuzulegen, die dann wieder irgendwelche Silo-Lösungen, also eigentlich keinen schlechten Job in der einzelnen Aufgabe zum Teil erledigen, aber dann wieder gar nicht korrespondieren mit dem, was man eigentlich an Dateninfrastruktur haben will oder an technische Infrastruktur. Also Klassiker ist, du hast irgendwas, wo du irgendwelche Kundendaten analysierst in einer Silo-Lösung, aber eigentlich willst du natürlich, dass das ja in das ganzheitliche Data Warehouse, das kundenbezogene Data Warehouse eines Unternehmens einfließt, weil du ja möchtest, dass du möglichst alle Touchpoints zu einem Kunden in einer in sich sozusagen konsistenten Infrastruktur hast. und das ist so ein Klassiker. Also es betrifft nicht nur die technische Infrastruktur wirklich im Kernbereich, sondern es betrifft genauso technische Hilfsmittel, die in anderen Bereichen hinzugezogen werden und die an sich ja auch wieder zur Gesamtstruktur passen müssen. Und das erfordert nach meiner Erfahrung sehr viel Disziplin. Und es ist einfach ein Problem, was nie weggeht, weil das sozusagen immer wieder den Anreiz gibt, Abkürzungen zu gehen. Und meine Erfahrung ist eigentlich die, dass es eigentlich Abkürzungen sind zwar natürlich in dem Moment, wo man sie nimmt, nett, Aber irgendwann kommt es halt zurück. Also es gibt halt eigentlich keine Shortcuts. Und was ich auch noch einen ganz interessanten Aspekt fand, der da auch so ein Stück weit mit reinspielt, auch wieder, weil du Amazon angesprochen hattest vorhin, Martin, also es gibt ja so dieses Gerücht, dass Jeff Bezos irgendwann 2-2, 2-1, 2-3, wann auch immer es genau war, wird man wahrscheinlich herausfinden, Aber quasi so das Mantra ausgegeben hat, alles, was wir bei uns entwickeln, egal wo es ist, muss im Prinzip so entwickelt sein, dass wir es an Dritte verkaufen können. Das ist sozusagen der Qualitätsanspruch, weil das ist natürlich auch nochmal, fand ich auch nochmal ganz charmanten Gedanken, dass du sagst, für uns intern, da können wir auch irgendwas zusammenstimpern. Das gleiche wird dann das zweite Mal wieder aus. Aber wenn es natürlich ja einen externen Kunden verkauft werden soll. Das ist angeblich so ein bisschen auch die Geburtsstunde dieser Plattform-Denke gewesen. Unser Qualitätsunterspruch ist immer, für den Drittmarkt etwas verkaufen zu können. Und das setzt quasi den Qualitätsbenchmark. Und das hat ergeblich dazu geführt, dass eben Amazon dann überhaupt in der Lage ist, solche Sachen wie AWS und Amazon Marketing Services und Amazon Logistics Services, also FBA und so, das sind ja alles Services, die sind eigentlich mal intern entwickelt worden oder für interne Zwecke, aber eben mit einem Qualitätsanspruch, der auch für den Drittmarkt genügt. Das ist nochmal ein ganz interessantes Hilfsmittel, wenn man quasi sagt, die richtig relevanten Unternehmen, wenn sie Unicorn werden wollen, Wir entwickeln ja häufig Plattform-Ammissionen und Plattform-Ammissionen lassen sich im Prinzip nur auf Basis einer überlegenen technischen Infrastruktur dann wirklich kredibel umsetzen. Und wenn das von Anfang an der Benchmark ist, vorfinanziert durch Venture Capital, dann begünstigt das zumindest mal die Entwicklung in diese Richtung. 

Joel Kaczmarek: Martin, letzte Frage zum Thema Technologie. IT-Sicherheit, hast du ja gesagt, ist auch so einer deiner wichtigen vier Faktoren gewesen, um Schlüsselergebnisse quasi abzufragen. Wie stellt man sowas her? 

Martin Schilling: Was müsste dir da jetzt ein guter Kandidat sagen? Also wenn man selbst vielleicht auch nicht ganz so viel Ahnung von IT-Sicherheit hat. Also es gibt drei große Themen, die auch ein junges Startup früh im Griff haben sollte. Also erstens ein sogenanntes Startup. man nennt es Blue Team, blaues Team aufzubauen, das intern die Sicherheitsstandards definiert. Also sowas wie Coding-Richtlinien, Zertifikationsstandards. Das ist der erste Punkt. Der zweite, du rekrutierst dann ein externes Sicherheitsteam, das kontinuierlich Schwachstellen und Analysen und Belastungstests macht. Also sowas wie, gibt es da offene Ports, gibt es da irgendwelche Standardpasswerte, die Mitarbeiter verwenden. Das ist vielleicht sogar das Team, das versucht, sich Zugang zum Gebäude zu verschaffen. Das ist so ein sogenanntes External Pentesting. Und dann drittens trainierst du Mitarbeiter vor allen Dingen gegen Social Engineering. Also schickst E-Mails, also vermeintlich gefälschte E-Mails und Passwörter abzugreifen. Wir hatten das zum Beispiel bei McKinsey so gemacht. Da haben wir in der Tat an alle Mitarbeiter von McKinsey sowas zu E-Mails geschickt, um klarzumachen, hey, jetzt hat jemand dein Passwort. Das hast du es da gerade eingegeben. Das sind drei ganz einfache Themen, die man relativ früh im Bereich der T-Sicherheit einziehen sollte. 

Joel Kaczmarek: Schnaude, was du hier so für tolle Dinge von der Front erzählst. Ist ja total lustig. Also hier wie bei so diesen Kriegsspielen, Team Red, Team Blue und der eine muss angreifen, der andere muss verteidigen. Interesting, interesting. Gut, da wir heute wie gesagt oberflächlich bleiben, gehen wir mal weiter. Dritter Themenbereich. Jetzt bin ich mal neugierig, was Florian gleich nachlegt, wenn Martin sagt, auf Frage 1 beim Thema Marketing, an welchen Schlüsselergebnissen messen wir den Erfolg des Marketingbereichs? Was antwortet ein guter Kandidat darauf? 

Martin Schilling: Also jetzt sitzt hier neben mir ja der Marketingpapst, ich bin jetzt also nur Messdiener. Also Was sind die großen im Bereich, wir sprechen jetzt hier vor allen Dingen von B2C-Marketing. Erstens Umsatzwachstum, ganz einfach. Also Schlüsselergebnisse, sowas wie Kundenneuregistrierung pro Kanal, Konversionsraten pro Kanal, erstes Thema. Zweitens Umsatzbindung, also sowas wie nette Umsatzbindung, monatliche Kundenbindung, also dieses ganze Thema, du willst keinen sogenannten undichten Eimer kreieren. Dann Kosten natürlich, also gerade Kundenakquisitionskosten muss man im Griff haben, kann vorhin vielleicht gleich nochmal kommentieren, also durchschnittliche Kundenakquisitionskosten wäre ein wichtiges Thema und dann von vielen Startups mittlerweile sehr gut gemacht, Markenbekanntheit, Brand, also gestützte und ungestützte Markenbekanntheitservice, das wären so typische vier Bereiche, wo man Schlüsselergebnisse definiert im Marketing. 

Joel Kaczmarek: Jetzt bin ich einmal neugierig, Florian. Also den Leaky Bucket, den kennt man ja aus dem SaaS-Bereich. Wenn dein Churn quasi die Kundenabwanderung das auffrisst, was du an Kundenwachstum einholst. Was hat Martin vergessen oder siehst du das genauso? 

Florian Heinemann: Ich sehe das grundsätzlich genau. Also ich glaube, was für mich nochmal so eine Kernerkenntnis auch war, das hat sich sicherlich auch gewandelt. Also sehr gutes Marketing ist nicht in der Lage, ein schlechtes Produkt irgendwie zu kompensieren. Das spielt auch in diese Leaky Bucket-Thematik rein. Das heißt, ich glaube, man muss schon... eben sicher sein, dass man im Vergleich zum Wettbewerb hinreichende sozusagen Retention auf Kundenseite hat, bevor man überhaupt anfängt, substanziell in Akquisitionsmarketing zu investieren. Ich glaube, das ist nochmal so ein Thema, weil man natürlich bei allem dramatisch viel effizienter wird, wenn das gegeben ist. Also ansonsten würde ich das genauso sehen. Ich glaube, für mich ist immer so die wichtigste Metrik in dieser Kundenakquisition Ist sowas wie eine Payback-Period, also wie schnell bin ich in der Lage, also das, was du ja auch angesprochen hattest, Martin, die Kundenakquisitionskosten, die eben in der Relation zu irgendeiner Art von kumuliertem Deckungsbeitrag pro Zeiteinheit zu stellen, ob das jetzt zwölf Monate sind oder der sogenannte Lifetime-Value, wo du ja versuchst, dann rauszufinden, wie lang wird denn wirklich jetzt der Kunde bei mir bleiben und was für Umsätze produziert der dann? Das ist natürlich gerade in der frühen Phase... Da verlässlich den Lifetime Value zu prognostizieren, ist eben nicht so einfach ohne relevante Erfahrung. Deswegen nimmt man dann eben eher so Hilfsgrößen wie vermutlich oder voraussichtliche Deckungsbeiträge über zwölf oder 18 Monate und stellt die dann gegenüber den Kunden. Akquisitionskosten, was sicherlich noch ein weiteres Thema ist, wo es dann wichtig wird, dass man ein Verständnis dafür hat, wie stark kann ich eigentlich wachsen und was hat das für Implikationen auf die Steigerung meiner Marketingkosten. Also, dass man sozusagen ein guter Mitarbeiter würde sicherlich weggehen von einer Durchschnittsbetrachtung von Kundenakquisitionskosten pro Kanal oder so. Das ist ja häufig sehr missverständlich zu so einer Art incremental Verständnis dessen, was da eigentlich passiert. Also, was haben mich jetzt eigentlich die letzten 100 Kunden gekostet oder die letzten 1000 Kunden? um quasi rauszukommen, also wir nennen das immer die Averaging, also der Durchschnitt deckt halt relativ viel zu, das heißt also ein guter Mitarbeiter würde sicherlich versuchen rauszukommen aus so einer Durchschnittslogik hinzu, was sind eigentlich homogene Betrachtungs sozusagen Dimensionen, also ist das jetzt ein Kanal oder sind das Kampagnen, um dann eben rauszufinden, okay, wie ist eigentlich in der Eine Ebene tiefer, das Verständnis von Kundenakquisition oder ROI jetzt gemessen am Lifetime Value versus Kundenakquisitionskosten, das wäre sicherlich noch ein weiteres Thema. Und wenn die Unternehmen so ein Stück weit größer werden, ist eigentlich immer wieder eine sehr relevante Fragestellung, wie schaffe ich es eigentlich ein einheitliches Bild zu schaffen? Oder ein einheitliches Verständnis davon zu haben, was gewisse Investments in Brand bringen versus gewisse Investments in Performance. Das wird dann irgendwann eine relevante Fragestellung, weil du kannst ja jeden Euro nur einmal ausgeben. Und du musst ja letztendlich dann irgendwann in der Lage sein, die Frage zu beantworten, die nächsten 500.000 oder eine Million oder wie viel auch Euro ich immer jetzt gerne ausgeben möchte. sollte ich die eigentlich eher in den Upper Funnel, also eher Branding-lastigere Sachen investieren oder sollte ich sie in Lower Funnel, also Performance-lastigere Dinge investieren und da so eine Metrik oder so eine Vorstellung zu entwickeln, die ist immer per se falsch, das ist auch klar, weil es eben nicht so einfach ist, diese Sichtweisen übereinander zu bringen, aber was du relativ häufig bei Unternehmen hast, ist so eine Parallelität von Branding und Performance Welt, ohne dass eigentlich klar ist, wie spielen diese beiden Welten ineinander? Und die guten Unternehmen, also jetzt Zalando oder About You, die schaffen es eigentlich, irgendwann eine Vorstellung davon zu entwickeln, wie diese beiden Bereiche ineinander spielen. Und ich glaube, es ist wichtig, dass Unternehmen irgendwann, das ist nichts für sozusagen die Seed-Phase, aber irgendwann musst du sozusagen diesen Zustand erreichen, wo du ein akzeptiertes Modell innerhalb des Unternehmens hast, woran du diese Abwägungsentscheidung eigentlich triffst. Das ist natürlich nur partiell eine Marketingfrage, das ist auch sehr stark eine BI-Frage oder vielleicht auch eine Geschäftsführungsfrage, aber ich glaube, es ist sehr wichtig, um im Marketingbereich mittelfristig sehr erfolgreich zu sein und meine Wahrnehmung ist auch gerade im B2C-Bereich ein HelloFresh oder so, die sind in der Lage, Diese Abwägungsentscheidung auf einer konsistenten Basis zu treffen, die mag nicht immer hundertprozentig richtig sein, aber es gibt zumindest mal eine geteilte Vorstellung im Unternehmen, wie eigentlich solche Entscheidungen zu treffen sind. Und ich glaube, das ist wichtig, wenn man wirklich den Anspruch hat, Unicorn zu werden oder eben darüber hinaus zu gehen. 

Joel Kaczmarek: Sag mal, die zweite von den drei Marketingfragen, die wir uns notiert haben, ist auch, und es passt glaube ich ganz gut, wie treiben wir denn eigentlich die Kundenakquisitionskosten mit organischem Marketing nach unten? Das beschäftigt einen ja immer, wenn man im Marketingbereich aktiv ist. Und bevor Martin mal seine Ergebnisse quasi teilt, würde mich ja mal die Fronterfahrung von dir interessieren, Florian. 

Florian Heinemann: Also was heißt organisches Marketing? Ich glaube, das geht so ein bisschen zurück auf diese Ursprungs, das allererste, was ich gesagt habe, dass du halt letztendlich eine gute Kundenexperience brauchst, ein gutes Produkt brauchst, weil das tendenziell natürlich den, ich nenne es jetzt mal, nicht bezahlten Anteil an Kundenakquisitionen nach oben treibt. Und ob das jetzt im Produkt selbst ist, ob das Content ist, den du drumherum produzierst, ob das ein sehr gutes Referral-Programm ist, dass du aus der Kundenbasis selbst heraus relativ günstig da Kunden akquirierst. Ich glaube, das ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Aber ich glaube, was immer hilft, ist letztendlich natürlich sozusagen eine komparativ zu alternativen Lösungsangeboten sehr gute Anwendung. Kunden Experience, die dann zu mehr Retention führt, aus sich selbst heraus, dass Leute häufiger kaufen oder häufiger nutzen oder häufiger transaktionieren und natürlich sozusagen auch tendenziell da mit Dritten darüber reden. Da hast du so Indikationsgrößen wie ein NPS, die da irgendwie mit reinspielen, ob Leute jetzt zufrieden sind. Aber das ist aus meiner Sicht eben der Kernpunkt und das kannst du eigentlich so diese Marketingkostenquote gemessen am Umsatz, das ist ja immer sozusagen dann der Gradmesser für sowas, da siehst du eigentlich schon, dass das bei allen Unternehmen, die eine sehr gute Experience haben, dass du tendenziell eine Marketingkostendegression hast. also das siehst du bei Amazon, das siehst du bei Zalando, das siehst du bei About You, wenn die irgendwo in den Markt reingehen, dann fangen die an, was ich, 20-25% Marketingkostenquote auf dem Umsatz, jetzt mal für E-Commerce gesprochen, und das geht dann eigentlich immer weiter runter Richtung 10. Bei Amazon bist du mittlerweile irgendwie bei 2,5% oder sowas auf dem Umsatz, wobei man jetzt fairerweise da theoretisch auch die ganzen Prime-Aufwendungen natürlich mit reinrechnen müsste, also die ganzen CM-Aufwendungen, die ja Amazon hat, indem sie sowas haben wie Amazon Prime, Amazon Video, das sind ja alles nichts anderes als letztendlich Content-Investitionen in CRM und das muss man da eigentlich fairerweise mit reinrechnen, aber ich glaube sozusagen die Grundtendenz, die das zeigt, ist halt, wenn ich in eine sehr gute Experience investiere, dann kommt quasi dieser organische Effekt durch Wiederholungskäufe oder durch Referrals oder durch sozusagen virale Verbreitung meines Produkts kommt dann eigentlich raus. Mehr oder weniger von selbst. 

Joel Kaczmarek: Was hast du noch zu ergänzen, Martin, oder haben wir alles abgedeckt? 

Martin Schilling: Ganz genau. Also ergänzend bei den Kundenakquisitionskosten spielt neben dem guten Produkt CRM noch eine wichtige Rolle. Also dass man eben sagt, du hast bereits Kundenkontakte gesammelt, die du ganz gezielt per E-Mail oder In-App-Push anschreibst, oft vernachlässigt, hocheffektiv. Kundenempfehlungsprogramm hat Florian gerade schon gesagt, zentraler Hebel da und dann natürlich Investitionen in Inhalt, also Content. Gerade im B2B-Bereich sehr früh mal gute White Papers schreiben, vielleicht mal ein E-Book und das zu verteilen, das ist natürlich ein starker Hebel, die Kundenakquisitionskosten mal umzutreiben. 

Florian Heinemann: Vielleicht auch nochmal um das zu ergänzen. Ich meine, du hast total recht, Martin, was schon frappierend ist, wenn du guckst, wie viel Aufwand häufig in B2C-Unternehmen betrieben wird, um Akquisitionen zu betreiben, auch personell. Und das dann häufig mal mit der Anzahl der Personen, die halt im CRM-Bereich unterwegs sind. Da hast du häufig eine sehr große Diskrepanz, wenn man sich überlegt, wie wichtig eigentlich dieser CRM-Bereich ist. Also CRM, das kann E-Mail sein, das kann aber natürlich auch können auch Dinge im Produkt sein, die zu einer erhöhten Wiederholungsnutzung sozusagen führen. Das ist ja auch letztendlich breiter definiert CRM. Und das ist schon häufig ein Missverhältnis. Da hast du 100%ig recht, wenn du überlegst, wie wichtig eigentlich dieses Retention-Thema für alles andere ist, um auch letztendlich effizientere oder günstigere Kundenaktivation zu ermöglichen. dass dort eigentlich in Organisationen und was Ressourceneinsatz eingeht und so weiter, dass dieser Bereich eigentlich unterrepräsentiert ist im Verhältnis zu dem, wie viel Aufwand man betreibt für die Kundenaktivation. 

Joel Kaczmarek: Wo du gerade den Faktor Rollen, also Menschen ansprichst auch, wie viele Leute man rekrutiert. Dritte und letzte Frage zum Thema Marketing. Was sind denn so die zentralen Rollen, die man eigentlich braucht für eine schlagkräftige Marketingorganisation? 

Martin Schilling: Also da gibt es viele Antworten. Eine mögliche gute ist die folgende. Erstens, du brauchst in einem Scale-Up früher oder später eine Art Content Factory. Also im Prinzip Teams, die Grafikdesigns erstellen, Videos, die Texte schreiben. Das ist eine zentrale Funktion im Marketingbereich. Dann hast du in der Regel zweitens einen organischen Marketingbereich. Ja, da ist dann drin Social Media, Webseite, PR, also alle Kanäle, die du de facto nicht bezahlen musst. Und dann oft hast du einen separaten Performance-Marketingbereich, den gerade von Florian erwähnten. Bezahlt-Marketing-Bereich, also so Anzeigen auf Insta, Google, Facebook, Affiliate-Marketing und so weiter, weil du da eine eigene Art von Fähigkeiten, vor allem auch technische brauchst, das gut einzukaufen. Oft hast du da noch so ein paar Befähiger im Marketing-Bereich, also Brand-Management, Marketing. Also Kampagnenplanung, Marketingintelligence. Das sind so die vier zentralen Bereiche und manche Marketingfunktionen haben dann auch noch eine Art Growth-Hacking-Team. Das können wir vielleicht separat nochmal besprechen. Das kann im Marketing hängen, muss aber nicht, wo du bereichsübergreifend Themen anpackst, wie zum Beispiel bessere Kundenkonversion über den Trichter. 

Joel Kaczmarek: Florian, deckt sich das so mit deinen Vorgehensweisen? 

Florian Heinemann: Ja, also ich glaube weitgehend schon. Ich glaube, man kann genau bei so Growth-Themen kann man in der Tat darüber streiten, ist das jetzt ein originäres Marketing-Thema, ist das ein originäres Produkt-Thema, wo hängt man das hin und wie ist da auch die Parallelität von solchen Growth-Aktivitäten? zu dem, was man sozusagen im regulären Performance-Marketing macht oder im regulären Brand-Marketing, ist das parallel, ist das Teil davon, also das kann man sicherlich, gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, das zu schneiden, aber ich finde so diese generelle Sichtweise gut, was du sagtest, du hast ja ein paar Unterstützungsfunktionen, das wäre jetzt sowas wie Design und Content, Da könnte man theoretisch auch sozusagen die BI-Thematik könnte man auch so schneiden, dass du quasi sagst, BI ist eine Art Servicefunktion für Marketing, aber das kann natürlich auch genauso Servicefunktion für alle anderen Bereiche sein. Das finde ich eigentlich eine ganz schöne Sichtweise. Was häufig hilft ist, gerade wenn du Richtung Marketingautomatisierung gehst, was ja schon ein großes Thema ist, dass du auch eigene Technologieressourcen ins Marketing packst. Das würde ich vielleicht noch ergänzen. Das ist sicherlich nichts für die allererste Fahrt. Aber wenn du natürlich irgendwie sagst, du hast den Anspruch, eine gewisse Größenordnung zu erreichen oder gerade wenn es auch international geht, verschiedene Märkte sollen bedient werden, dann musst du eigentlich irgendwann anfangen zu automatisieren. Und dafür hilft es halt, wenn du dich nicht in der normalen Technik oder IT-Pipeline irgendwie anstellen musst, sondern wenn du dedizierte Entwickler quasi für den Marketingbereich hast. Das siehst du zum Beispiel auch bei dem About You oder so. Die haben dann in der Regel da dedizierte Technikressourcen, um diese Automatisierungsthematik voranzutreiben. Und das führt dann im Prinzip natürlich auch dazu, dass du dein Marketingbudget, also das eine Kenngröße, die ich mir angucke zum Teil, ist, wie viel Marketingbudget wird da bewegt pro Mitarbeiter. Und ein Effekt der Skalierung sollte sein, dass man, dass natürlich sozusagen die Anzahl von sozusagen Kampagnen gemessen am Budget, die da irgendwie reinfließen, dass du in der Lage bist, das eben immer effizienter hinzubekommen, also weniger Mitarbeiterressourcen pro Euro zu haben. Das wäre vielleicht noch ein Thema, was man ergänzen kann. Interessante Frage bei dem Ganzen ist auch immer sozusagen, wer hängt da drüber? Also was für eine Art von CMO brauche ich eigentlich für die Zukunft? Das ist auch immer eine große Frage. Ist das jetzt sozusagen der erfahrene Procter oder Henkelmann, wenn ich jetzt so ein Unicorn werde, weil der weiß ja, wie ich Marken aufbaue oder ist das sozusagen eher eine Performance-Person, weil du brauchst ja im Prinzip so die personifizierte sozusagen Trade-Off-Entscheidung, die halt in der Lage ist, das, was wir gerade hatten zwischen Brand-Performance, Growth-Hacking-Initiativen, organischen Initiativen, so einen vernünftigen Trade-Off letztendlich der Ressourcenallokation irgendwie hinzubekommen und das ist nicht so einfach. Also meine Erfahrung ist eher die, dass das mit klassisch ausgebildeten CMOs oft nicht so gut funktioniert, sondern dass es eigentlich besser ist, sozusagen jemand aus dieser technischeren, datengetriebeneren sozusagen Digital-Marketing-Welt zu nehmen, der dann aber in der Lage ist, sozusagen die Anforderungen der anderen Bereiche auch ein Stück weit mit zu berücksichtigen, der vielleicht auch ein einen gewissen Daten-Background hat, dass das häufig besser funktioniert, als sozusagen einen klassischen Marketeer zu nehmen. Aber wie gesagt, das ist natürlich immer ein Einzelfallentscheidung. Aber da sollte man vielleicht darauf hinweisen, dass das eigentlich bei vielen Unicorns oder solchen, die es werden wollen, irgendwann ein Thema wird. Wer ist eigentlich in der Lage, diese ganzen verschiedenen Anforderungen, die wir jetzt hier gerade beschrieben haben, noch halbwegs konsistent voranzutreiben? 

Joel Kaczmarek: Gut, Halbzeit. Wir hatten Product Management, Technologie und Marketing und jetzt kommen noch B2B-Sales, Service Operations und Supply Chain. Und ich glaube, man merkt, wir reden immer über drei Fragen. Also auch jetzt kommen wir wieder zu Schlüsselergebnissen, mit denen wir Erfolg messen. Wir reden darüber, welche zentralen Rollen man braucht und dann gibt es immer noch eine individuelle Frage je Bereich. Martin, Sales, was sind Schlüsselergebnisse, an denen wir Erfolg messen da? 

Martin Schilling: Ja, also auch hier drei große Bereiche. Ganz einfach erstmal Umsatz. Also wie viel Umsatz bekommt man in den verschiedenen Trichterstufen rein? Also da spricht man dann von Marketing Qualified Leads oder Sales Qualified Leads. Man spricht dann auch gern von sogenannter Pipeline Coverage. Das heißt, das Volumen in der Sales Pipeline im Verhältnis zum verbleibenden Umsatzziel. Also ich habe eine Million Umsatzziel am Ende des Quartals. Ich habe aktuell vier Millionen Umsatz. Potenzielle Sales im Trichter, das sind gute Coverage, das ist so ein typisches Thema hier. Dann zweitens Kundenbindung, also alles rund um zum Beispiel NPS oder nette Umsatzbindung und drittens Vertriebskosten, vor allen Dingen Vertriebszyklus, also die Anzahl der Tage, die du brauchst, bis du einen Vertrag abgeschlossen hast. Das wären so typische Schlüsselergebnisse hier. Gut. 

Joel Kaczmarek: Für die Vertiefung kann ich natürlich auf unseren Podcast mit dem lieben Gero verweisen. Da hatten wir mal eine ganze Episode, meine ich, rund um das Thema KPI. Also da gibt es einiges zu sagen. Was sind so die zentralen Rollen, die man braucht, um schlagkräftig in Sachen Sales unterwegs zu sein? 

Martin Schilling: Beim Sales-Bereich, ganz spannend, sieht man auch diesen Sprung von Generalisten zu Spezialisten sehr schön. Und da auch großer Fehler, den man gerne machen kann. den man gern macht, zu spät zu spezialisieren. Also du hast ja am Anfang ein, zwei Sales-Kollegen, die mit den Gründern vielleicht dann rausgehen und eben Sales machen. Und wenn du groß wirst, musst du schnell spezialisieren. Da gibt es mehrere Rollen. Erstens die sogenannten Sales-Development-Representatives. Also das sind die Kollegen, die quasi in Anführungszeichen ganz vorne neue Leads generieren. Die schreiben auf LinkedIn die Nachrichten an Unbekannte und versuchen Kunden zu werben. Das ist so die erste Spezialisierung. Die übergeben die Leads dann in der Regel an die sogenannten Account-Manager. Die Account-Manager versuchen einfach die Verträge zu schließen, die unterstützt werden vom technischen Pre-Sales. Also sobald es eine technisch schwierigere Frage gibt, holst du deine Pre-Sales-Kollegen dazu. Auch da am Anfang hast du in der Regel einen Generalisten, dem macht es Spaß oder der macht es Spaß, sich in IT reinzuarbeiten und kann das mitbedienen. Das kannst du später in der Form nicht mehr machen, weil du sonst nicht schnell genug Sales-Kollegen einstellen kannst. Viertens, wenn du den Vertrag hast, stellt man sogenannte Customer Success Manager ein. Die Kollegen haben die Verantwortung, den Kunden erfolgreich zu machen. Unter den ersten zehn Hires eines B2B-Startups sollte ein Customer Success Manager sein. Da macht man auch gern zu spät. Wenn wir die sicherstellen, dass die ersten Kunden erfolgreich sind und da gute Case Studies kreieren, hast du einen unfassbar tollen Marketing- und Sales-Effekt davon. So, und dann gibt es auch hier eine Reihe von Enablers, da hast du sowas wie Sales Operations, die kalkulieren die Sales-Kommissionen, bereiten Verträge vor, Sales Intelligence etc., die sparen eben den anderen Sales-Kollegen Zeit. 

Joel Kaczmarek: Ich glaube, eine Rolle, die auch nochmal ganz umtriebig ist, ist ja der BDR, der Business Development Representative. Hattest du den auch drin in deiner Aufzählung gerade? 

Martin Schilling: Ja, der im Prinzip, mein Verständnis ist, das ist Sales Development oder Business Development Representative ist analog. 

Joel Kaczmarek: Gut, ihr merkt, ich treibe uns hier ein bisschen durch. Wir müssen ja ein bisschen auf die Zeit gucken hier. Man soll ja immer nur so eine Inlandsstunde machen oder Inlandsfluglänge. Plus, ich kann nur wiederholen, also ohne jetzt hier schamlose Werbung machen zu wollen, aber mit Gero hat man auch schon so viel Zeugs zu, also auch zu den Rollen, der ist eine Maschine, der Junge. Also da hört mal rein, liebe Hörerinnen und Hörer. Aber letzte Frage in dem Bereich, so ein Sales-Trichter ist ja auch sehr classic. Wie sollte der aussehen und wie managt man den Sales-Prozess eigentlich so richtig stringent? 

Martin Schilling: Ja, also sehe ich genauso wie du. Joel, das müssen wir vielleicht jetzt nicht im Detail wiederholen, haben wir auch im Buch detailliert aufgeschrieben. Also ich glaube, der Kernpunkt ist, jedes Sales-Team sollte einen eigenen Sales-Trichter sich entwickeln, entwerfen. Da ist dann oft so eine Art sowohl Outbound als auch Inbound oben drin. Dann hast du Leads, Sales, Accepted Leads, Opportunities. Dann hast du irgendwie einen Anbieter der Wahl, Vertragsverhandlungen, mündliche Zusage, Abschluss. Das sind so die typischen Sachen. Stufen, die jeder so ein Stück weit selbst entwickeln will. Also das ist der erste Punkt, den ein guter Kandidat einfach mal hinmalen können muss. Zweitens, du würdest auch erwarten, eine Art Qualifizierungsrahmen aufzubauen. Also jemand, der ein Kriterienset mitbringt, wie man einen potenziellen Kunden von allen Stufen zur anderen Stufe im Trichter zu schieben. Also zum Beispiel BANT ist da so ein typischer Qualifizierungsrahmen, das steht für Budget Authority Need Timeline. Und viele Startups passen so diese Rahmen des Kriteriums jetzt dann voneinander an. Und dann das letzte Punkt, du brauchst einen Prozess, um sicherzustellen, dass die berichteten Zahlen in der Pipeline auch die wichtigen sind. Also wöchentliches Treffen von Sales-Kollegen, vielleicht monatliches Pipeline Review Meeting etc. 

Joel Kaczmarek: Florian, jetzt habe ich uns hier so durchgetrieben durch den Sales-Bereich. Hast du noch was global-galaktisches zu ergänzen? 

Florian Heinemann: Eigentlich nur, wie immer, wie auch schon vorher gesagt, was, glaube ich, auch wichtig ist für den Sales-Bereich, dass du irgendeinen Datenkollegen dabei hast, der dafür sorgt, dass die Sales-Leute, also jeder der einzelnen Rollen, die wir gerade haben, dass die idealerweise jeden Tag gutes Zahlmaterial haben. War das gestern gut oder war das gestern schlecht oder letzte Woche? Ich glaube, da hilft es auf jeden Fall, eine spezialisierte Person zu haben, weil erfahrungsgemäß ist eben der Funnel hier nochmal eine Ecke komplexer als im B2C-Bereich, weil du eben unterschiedlichere Touchpoints hast. Du hast häufig solche Sachen jetzt wie fünf, sechs Kontaktpunkte in so einem Unternehmen und da jemanden zu haben oder jedenfalls auch mehrere. die sozusagen eine konsistente Sicht auf diesen Funnel oder auf diesen Trichter liefern oder eben auch auf die Arbeit, die in den einzelnen Bereichen gemacht wird. Ich glaube, das ist nicht zu unterschätzen und das erfordert auch wieder eine gewisse Spezialisierung. Deswegen, das würde ich nicht so mitlaufen lassen, sondern da brauchst du im Prinzip ein, zwei detaillierte oder sozusagen spezialisierte Analysten, die quasi diese Sachen begleiten. Das wäre vielleicht noch eine Ergänzung. 

Joel Kaczmarek: Gut. Vorletzter Bereich, Service Operations. Lieber Martin, an welchen Schlüsselergebnissen messen wir denn hier unseren Erfolg? 

Martin Schilling: Ja, also da ist der erste Punkt, den ich von einem sehr guten Kandidaten hören wollen würde, ist, wenn du nur an die Contact Center oder das Backoffice im Service Operations Bereich denkst, dann wirst du niemals einen hervorragenden Job da machen können. Du musst als Servicebereich immer sicherstellen, dass die Kundenerfahrungen in die Ziele des Unternehmens, also gerade im Executive Team mit verankert sind. Sonst bist du immer der am Ende der Kette, der das Wasser aufwischt und machst nie oben den Hahn zu. Also was sind da so typische Schlüsselergebnisse? Erstens anschließend, was ich gerade gesagt habe, die Kontaktquote. Also alles, was mit Kontakten pro Kunde zu tun hat. Klassische Banken, also lang im Markt stehende Banken haben so eine Kontaktquote von 1, also pro Kunde kontaktieren die die Bank einmal im Jahr. Fintechs haben das oft 2 bis 3, also so ein Maß, wie viele Kontakte man kreiert. In der Regel sind viele Kontakte nicht gut, weil viele Kontakte auch Probleme hinweisen. So, zweiter Bereich, Live-Service-Erfahrung. Also das ist so der Klassiker, den jeder drauf hat. Durchschnittliche Wartezeit in den Kontaktcenter schleifen. Erstlösungsquote, die sogenannte First-Contact-Resolution, wie oft man durchschnittlich den Kundenservice kontaktieren muss, bis was gelöst ist, ein Anliegen. Und dann sowas wie CSAT oder NPS. Und letzter Bereich ist Cost-to-Serve, einfach die Kosten. Also Servicekosten pro Kunde, wie viel Euro pro Kunde gibst du aus, um deinen Service am Laufen zu halten. 

Joel Kaczmarek: Florian, da sind wir jetzt natürlich in Martins Heimdisziplin. Als COO hat er für N26 da natürlich hier richtig reingeknallt. Trotzdem, auch mal deine Erfahrung. Kannst du noch was dazuwerfen, was du so an Schlüsselergebnissen immer betrachtest? Ist ja wahrscheinlich jetzt nicht dein Kernbereich, aber vielleicht hast du ja trotzdem noch was auf der Schippe. 

Florian Heinemann: Ich glaube auch hier wieder sozusagen die Erkenntnis, es macht Sinn, sozusagen Produkt und IT-Personen auch hier mit einzubeziehen, also bei der Optimierung dessen und ab einer gewissen Größenordnung auch sicherlich dedizierte Leute. Ich glaube sozusagen diese Sichtweise, dass auch die Serviceorganisationen letztendlich oder die Produkte oder Tools, auf denen die arbeiten, wie ein Endkundenprodukt letztendlich zu managen ab einem gewissen Unternehmensstadium. Das zahlt sich halt aus, weil das 100-prozentig natürlich auf die Dinge, die Martin gerade da zu Recht angesprochen hat, einzahlen kann. Und ich glaube, da frühzeitig dran zu denken, welche Personen beziehe ich da ein, wie organisiere ich das, sind die Teil der Gesamt-IT-Organisation, das macht sicherlich Sinn, da ab einer gewissen Größenordnung drauf zu achten. 

Joel Kaczmarek: Martin, als jemand, der sowas schon gebaut hat, was für zentrale Rollen hast du denn da gehabt, um eine schlagkräftige Serviceorganisation hinzustellen? 

Martin Schilling: Also was die guten Kandidaten wissen, gerade in einem Scale-Up, ist, dass du in der Regel eine hybride Organisation bauen musst. Hybrid heißt ja ganz einfach, du baust ein internes Kontaktcenter auf und ergänzt das durch externe. Warum ist das so? Also gerade wenn du Product-Market-Fit erreicht hast, dann wirst du es niemals, Regeln nicht schaffen, so schnell so viel Kapazität aufzubauen, wie du brauchst. Deswegen brauchst du die externen Partner. Das heißt, also so würdest du die Organisation bauen. Du hast ein internes Contact Center, was du managst. Du hast zweitens ein Team, man nennt das Vendor Management, die die externen managen. Das ist die zweite große Rolle. Dann hast du oft vernachlässigt in den Startups früh eine Personaleinsatzplanung, also die, die die ganzen Schichten festlegen und die Kanäle besetzen, sehr wichtig, um effizient zu sein. Dann drittens Backoffice, also alles, was du brauchst, um komplizierte Kundenanfragen, wie zum Beispiel Rückbuchungen über eine Fintech abzuarbeiten und dann auch hier eine Reihe von Befähigern. Also sowas wie Operation Intelligence, Operation Excellence wären so Themen, Qualitätssicherung. Du hast vielleicht auch noch ein sogenanntes Readiness Team, wenn du in verschiedene Märkte gehst, das dich vorbereitet, dass du mit den Operations eben auch bereit bist für neue Gut, und jetzt bin ich natürlich ganz neulich auf die letzte und wahrscheinlich zentralste Frage in dem Bereich. 

Joel Kaczmarek: Wie treibt man denn unnötige Kundenkontakte nach unten? Was sagt dir da ein Top-Kandidat oder eine Kandidatin? 

Martin Schilling: Ja, also erstmal würde der Top-Kandidat oder Kandidatin sagen, unnötige Kundenkontakte sind transaktionale Kontakte. Also möchtest du deine Bank anrufen, um einen Kontoauszug runterzuladen? Möchtest du mit Amazon telefonieren für eine Lieferung? Nee, natürlich nicht. Das sind transaktionale Kontakte, die unnötig sind. Und wie kann man die reduzieren? Jetzt kommen wir wieder zu dem, was Florian gesagt hat, je besser das Produkt, desto auch geringer sind diese Kontakte, das ist sicherlich mal ein Hebel. und dann hast du eine ganze Reihe von Automatisierungsmöglichkeiten, also diesen In-App-Services aufzubauen, also bei einem Fintech-Währendes, du musst halt nicht das Fintech kontaktieren, um eine Rückbuchung bei der Karte zu veranlassen, sondern kannst einfach mit einem Klick das in der App machen. Chatbot ist ein anderes oder Voicebot ist ein anderes großes Thema. Oder dann die Basis, oft auch vernachlässigt, die FAQs auf der Webseite oder die sogenannten Sprachdialogsysteme, wenn du anrufst. Das sind so typische Themen, die man hier sieht. Ganz wichtig, was vorhin gesagt wurde, das ist hundertprozentig richtig. Zwei Drittel des Impacts im Service Operation Bereich kommt durch Technologie. Also du brauchst Produkt und Technologie, um diese ganzen Automatisierungen hinzubekommen. 

Joel Kaczmarek: Gut, das werden wir nochmal vertiefen in einer eigenen Folge. Da bin ich echt mal nögerig drauf, auch ein paar War-Stories von dir zu hören. Und der letzte Punkt ist ja jetzt Supply Chain, also Lieferkette. Auch hier wieder die Frage, lieber Martin, was sagt dir jemand in Sachen Schlüsselergebnissen, was es dort gilt zu erreichen, um erfolgreich in diesem Segment zu sein? 

Martin Schilling: Ja, drei große Themen auch hier. Erstens, Kundenerfahrung der Lieferung, also das sogenannte Delivery Experience. Da gibt es typische Themen wie OTIF und Time in Full. Also wenn du 100% OTIF hast, dann lieferst du 100% deiner Waren pünktlich und vollständig. Wichtiger, sehr wichtiger KPI hier. Oder die ausverkauften Waren, Prozent ausverkaufter Waren, das sind typische Themen bei Liefererfahrung. Zweitens, Cash-Effizienz, kann ja Florian aus E-Commerce gleich nochmal kommentieren, Lagerumschlag ist da besonders wichtig, also die Anzahl der Tage, die du brauchst, um das Lager komplett umzuschlagen, typisches Thema, oder Geldumschlag, der sogenannte Cash-Conversion-Cycle, das sind die durchschnittlichen Anzahlen der Tage, die ein Startup braucht, um Lagerbestände in Einnahmen zu verwandeln, ja. Amazon hat minus 30 ungefähr, das heißt, die nehmen erst Geld ein und nach 30 Zahlen bezahlen sie ihre Lieferanten. Das sind ganz wichtige Kennziffern im Bereich Supply Chain. Und dann auch die Kosten am Ende, Gesamtkosten pro Bestellung, also was kostet dich jetzt Inbau- und Lagerkosten, Verpackungskosten etc. pro Bestellung. 

Joel Kaczmarek: Florian, ich weiß es gar nicht bei dir, wie viel Logistikberührung hast du eigentlich? Also kannst du da auch noch was beisteuern, weil du hast ja E-Commerce gefühlt gemacht, bis der Arzt kommt. 

Florian Heinemann: Ich bin jetzt überhaupt kein Experte, was Logistik an sich angeht, aber was sicherlich ein, glaube ich, häufig vernachlässigter Aspekt bei dem Ganzen ist, dass... wenn du jetzt mal Supply Chain sozusagen auch Richtung Sourcing interpretierst, was natürlich schon ein wesentlicher Aspekt der Wiederholungskaufquote ist im E-Commerce, ist, wie erweiterst du eigentlich dein Sortiment systematisch in Richtung von Produkten, wo du halt eine höhere Wiederholungskaufwahrscheinlichkeit hast. Und das ist natürlich schon etwas, was Sourcing ganz entscheidend mit vorantreiben kann, indem sie neue Trends identifizieren, die eventuell kommen werden und dann dafür sorgen, dass die vor anderen schon da sein werden, aber sicherlich auch in dem gezielt Sortimentserweiterung im Bestandssortiment vorangetrieben werden, wo man halt weiß, okay, das treibt die Wiederholungskaufwahrscheinlichkeit. Und das ist sicherlich neben den Aspekten, wenn wir jetzt gerade noch mal die Überschneidung zu dem haben, was wir vorhin mit Retention und CRM und so weiter hatten, ein ganz, ganz wesentlicher Aspekt bei dem Ganzen ist natürlich auch, dass man die richtigen Produkte für den richtigen Preis in der richtigen Qualität irgendwo anbietet. Und die Verantwortung liegt ja hier. Was man da sicherlich mit einbeziehen könnte, theoretisch, das ist jetzt streng genommen wahrscheinlich auch im Marketing, ist der ganze Bereich Pricing. Wie price ich auch Dinge? Kann man sich jetzt streiten, ist das jetzt hier oder ist das im Bereich Marketing? Ist ja auch Teil der 4P, wie man lernt in der ersten, in der BWL-Marketing-Vorlesung, die man so hat, dass das Teil des Marketings ist. Aber es spielt natürlich auch hier mit rein, weil du kannst natürlich nur Produkte zum vernünftigen Preis anbieten oder kompetitiven Preis, wenn du hier gut aufgestellt bist. 

Joel Kaczmarek: Martin, was sind denn die zentralen Rollen, die wir für diesen Bereich brauchen? Kenne ich mich gar nicht so aus, wäre ich auch mal echt neugierig. 

Martin Schilling: Ja, ich mich auch nicht, bevor wir das Buch geschrieben haben, danach haben wir es grob verstanden. Also der erste Bereich, in der Tat, was Florian gerade erwähnt hat, ist Beschaffung, also Sourcing. Das ist das erste Team, was du aufbauen musst, sonst kannst du nichts verkaufen. In der Regel sind die organisiert nach Kategorien, also Kleidung, Elektronik etc. Und du hast in der Regel Qualitätskontrolle. Das ist so der erste Bereich Beschaffung, den du da in den Griff bekommen musst. Zweiter Bereich, Transportlogistik. Da gibt es Inbound und Outbound Logistik. Inbound heißt im Prinzip, die Waren, jetzt du kaufst was in China, die müssen ja in dein Lager Nach Deutschland beispielsweise so. Da brauchst du dann sogenannte 3PL, Freight Forward Firmen, die einfach per Schiff oder Flugzeug oder Bahn dir die Waren herbringen. Outbound Logistik brauchst du auch. Das sind die, die von deinem Warenhaus die Waren an die Kunden liefern. Das ist also der Bereich, der die ganze Transportlogistik global für dich koordiniert. Dritter Bereich. Auslieferung und Lagermanagement, das machen einige Startups selbst, das machen viele am Anfang nicht selbst, auch nachvollziehbar, also die ganze Lagerlogik, Lager A, Lager B, Retourenmanagement etc., das kann man zum Beispiel in Amazon outsourcen. Und auch hier wieder eine Reihe von Befähiger, also Geschäftsanalytik, operative Exzellenz ist ja sehr wichtig. und dann so ein bisschen, was Florian auch angesprochen hat, Warengruppen und Bestandsmanagement, passt da so ein bisschen rein, die zusammen mit der Beschaffung entscheiden, was sie bestellen. 

Joel Kaczmarek: Gut. Unsere allerletzte Frage. Was würdest du von einem Top-Kandidaten, einer Top-Kandidatin erwarten, was sie dir sagt, wenn du im Bereich Supply Chain die Frage stellst, wie wir eigentlich als Unternehmen skalierbare Lieferantenverträge aushandeln können? 

Martin Schilling: So, da ist es wichtig... um jemanden zu haben und einzustellen, der das schon mal gemacht hat. Also du brauchst hier Leute, die die Vertragsthemen, die man verhandeln muss, versteht und schon mal verhandelt hat. Also jetzt ist ja nur ein Beispiel, jetzt für die Transportlogistik sind Themen wichtig wie Kosten der Lieferung oder Service-Level der Zustellung, also wie viel Prozent garantiert dein Lieferant dir beim nächsten Tag oder am übernächsten Tag zuzustellen. Dann hast du so Themen wie Annahmeschluss des Zustellungshubs oder die Prognosegenauigkeit, also bis wann du dich festlegen musst mit deiner Prognose, wie viele Wochen im Voraus. Zuschläge oder welches Zustellungslager, das wären so weitere Themen. Also das Prinzip ist, man sollte sich da mal sehr genau erklären lassen, wie so Verträge aussehen, was so die typischen fünf bis sieben Top-Themen sind und der Kandidat oder die Kandidatin sollte davon spontan Ahnung haben. 

Joel Kaczmarek: Gut, ihr Lieben, ich glaube, man hat gemerkt, wir sind hier wirklich durch Disziplin durchgejagt. Also wie wir es angekündigt hatten, nicht der Tiefbohrergang, sondern erstmal die wichtigsten drei Fragen pro Bereich. Und wir werden das jetzt alles noch vertiefen. Da freue ich mich schon sehr drauf, ihr Lieben. Und bin mal neugierig, wie gesagt, was da für War-Stories noch so zum Vorschein kommen. Und für den Moment schon mal ganz, ganz lieben Dank. 

Florian Heinemann: Sehr gerne, hat Spaß gemacht. 

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Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um Gründung: Du willst dein eigenes Unternehmen gründen, bist schon Gründer oder von Startups fasziniert? Mit dem Top-Experten Florian Heinemann sprechen wir regelmäßig über Tipps und Ratschläge zu Finanzierungsfragen, Strategien und operativer Umsetzung auf dem Weg zu deinem eigenen Business.