Hinter den Kulissen des Erfolgs von dm-Chef Christoph Werner

3. Februar 2023, mit Joel Kaczmarek

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Intro: Digital kompakt. Heute aus dem Bereich Selbstoptimierung mit deinem Moderator Joel Kaczmarek. Los geht's!

Joel Kaczmarek: Hallo Leute, mein Name ist Joel Kaczmarek. Ich bin der Geschäftsführer von Digitalkompakt und heute habe ich wieder einen sehr erfolgreichen und ich würde in seinem Fall auch sagen bekannten Menschen bei mir, wo ich total neugierig bin, mal nachzuforschen, was ihn eigentlich so erfolgreich gemacht hat, aber vor allem auch, mit welchen Werten er durchs Leben geht, wie er sich so organisiert und was für ihn eigentlich Glück und Zufriedenheit bedeuten. Und unser heutiger Gast, der war schon mehrfach hier und deswegen sind wir schon fast alte Vertraute und ich weiß, was kommt, nämlich, ich glaube, ein bisschen philosophische Antworten, ich glaube, sehr viele intelligente und wir haben so viele Abzweige heute, die wir nehmen können, dass ich richtig lange überlegen werden muss, was wir alles thematisieren. und zwar ist der liebe Christoph Werner nochmal hier. der CEO von dm. Und ich würde sagen, wir tauchen einfach mal direkt ein. Lieber Christoph, schön, dass du wieder da bist. Und ich beginne solche Gespräche immer sehr gerne mit so einer dualen Frage. Und zwar beginne ich immer damit, die Leute mal zu fragen, was für sie eigentlich Erfolg bedeutet.

Christoph Werner: Ja, also zunächst mal, hallo Joel, schön wieder hier zu sein. Was bedeutet Erfolg? Also ich denke, Erfolg bedeutet, dass die Dinge, die man macht, wirklich Anklang finden und Resonanz erzeugen. Und zwar in der positiven Art. Das ist für mich Erfolg.

Joel Kaczmarek: Was meinst du mit Anklang und Resonanz? Heißt das, Kunden kaufen was oder es verändert was in der Gesellschaft oder was bedeutet das für dich?

Christoph Werner: Naja, also für mich bedeutet es, dass wir Menschen sind ja soziale Wesen. Das heißt, wir sind auf Feedback angewiesen, um in gewisser Weise uns auch selbst kennenzulernen. Und wenn das, was wir tun, Resonanz hat, dann kriegen wir eben eine Rückmeldung von den Menschen, mit denen wir zusammen sind. Und das ist dann Erfolg.

Joel Kaczmarek: Also so ein bisschen verstanden der Mensch als soziales Gruppentier und das, was die Gruppe bewegt, ist dann eigentlich auch als Erfolg zu verorten, so in die Richtung?

Christoph Werner: So habe ich noch nicht drüber nachgedacht. Das ist zumindest meine Beobachtung. Was führt dazu, dass die Augen im Anderen leuchten? Und da ist meine Beobachtung, das ist das, wenn sie ein positives Feedback bekommen aufgrund dessen, was sie getan haben.

Joel Kaczmarek: Ja, stimmt. Du bist ja wahrscheinlich auch lange vorbereitet worden auf das, was du machst, weil dein Vater hat ja DM gegründet. Kommen wir später noch zu, hat ja auch sozusagen eine riesige Strahlkraft. Hast du dir für dich irgendwie mal so Leitplanken in deinem Leben gesetzt, dass du gesagt hast, ich möchte dies, das, jenes erreichen oder bist du da relativ unvoreingenommen reingegangen?

Christoph Werner: Naja, zunächst mal ist es so, dass ich jetzt nicht vorbereitet wurde in dem Sinne, dass sozusagen ein Programm zusammengeschustert wurde, das dann besprochen wurde und dann bin ich da eingestiegen. So war das nicht, sondern ich bin halt ins Leben gestartet und dann habe ich versucht, offen zu sein für die Chancen, die sich gegeben haben, die Gelegenheiten. Und dann hatte ich das Glück, dass ich im richtigen Moment zugegriffen habe. Also so spielt das Leben, ich glaube, für jeden. Aber weil du nach Leitplanken fragst. Ich glaube, was mein Leben geprägt hat, ist, dass ich relativ früh Vater geworden bin. Also mit 21, was heutzutage relativ früh ist. Früher wäre das nicht so früh gewesen. Aber aufgrund der Art und Weise, wie Biografien in unserem Kulturraum laufen, ist es dann doch relativ früh. Und dann Vater zu werden hat für mich bedeutet, dass ich dann auch tatsächlich in die Verantwortung gestellt wurde. Ja. beziehungsweise sie angenommen habe, das nimmt auch nicht jeder an. Und es hat natürlich dazu geführt, dass ich dann sehr stringent die Dinge gemacht habe, um auch wirklich unabhängig sein zu können und eben auch ganz bewusst nicht von meinem Vater abhängen zu müssen. Nicht zuletzt, was das Finanzielle auch anbelangt, weil mit Vaterschaft kommen Unterhaltsverpflichtungen.

Joel Kaczmarek: Ach wirklich, so hast du damals gedacht, so im jungen Alter schon?

Christoph Werner: Ja, so habe ich gedacht.

Joel Kaczmarek: War es denn gewollt, dass du Vater wirst oder war es ein bisschen überraschend?

Christoph Werner: Ich sage immer ein. Zu meiner Frau sage ich jetzt immer, es ist unser Meisterstück, aber es war schon eine Überraschung. Und zu unserem Sohn habe ich oft gesagt, du warst zwar nicht geplant, aber dann doch gewollt.

Joel Kaczmarek: Aber ich finde das faszinierend, hätte man ja gar nicht gedacht. Ich hätte irgendwie auch angenommen, also bei Menschen, die in deinem Umfeld aufwachsen, da denkt man ja irgendwie immer, die sind eigentlich sehr sorglos, weil sie ja weich fallen, sagt ja der Volksmund immer so. Aber ich erlebe dich jetzt ganz anders. Also du hast eher darüber nachgedacht, wie kann ich früh in eine Verantwortung gehen und mich in eine Eigenständigkeit bewegen. Das machen ja viele Leute nicht so. Wie kommt es, dass du das gemacht hast?

Christoph Werner: Ich meine, da habe ich nicht viel drüber nachgedacht. Ich habe es halt so gemacht. Aber ich denke, das hat wahrscheinlich auch immer was damit zu tun, was man bis dahin schon erlebt hat. Ich meine, ich bin natürlich aufgewachsen zunächst mal in einem behüteten Elternhaus, wobei meine Mutter ist dann erkrankt, als ich zehn Jahre alt war. Sie hatte dann eine bipolare Störung. Und damit habe ich dann im frühen Alter schon erleben können, dass das scheinbare Glück relativ schnell zerbrechen kann. Das hat mich als Heranwachsender sehr beschäftigt. Und damit habe ich mir natürlich auch viele Fragen gestellt. Was bedeutet Lebensglück? Auf was kommt es an? Und ich denke vor allem Demut.

Joel Kaczmarek: Wow, das ist ja super intensiv. Also einer meiner besten Freunde, da hat die Mutter auch Schizophrenie, ist jetzt ein anderes Krankheitsbild, aber ich weiß ziemlich genau, was das mit so einer Familie macht. Das ist ja sehr, sehr intensiv. Ich weiß gar nicht, wo ich bei dir als erstes fragen soll. Wie ist das denn bei euch aufgeschlagen und was hat es bedeutet für deine Familie, als du ein Kind warst? Wurde es auch festgestellt und hat man es irgendwie therapiert oder war das so eine Begleiterscheinung, die man mitnehmen musste? Weil ich habe bei meinem Freund zum Beispiel, dass es bis heute nicht therapiert, weil die Person es als Betroffene auch gar nicht wahrnimmt. Also da machen sich ja unglaublich komplexe Welten auf einmal auf.

Christoph Werner: Ja, also es ist natürlich eine Situation der Überforderung. Ich meine, wir sprechen jetzt 80er Jahre. Da hat sich sicherlich in der Therapie mittlerweile auch eine ganze Menge getan, wobei ich das jetzt nicht weiter verfolgt habe. Aber es war schon eine Situation, die auch medizinisch sehr, sehr schwer einzufangen war.

Joel Kaczmarek: Was hat das bedeutet für dich konkret?

Christoph Werner: Naja, ich würde sagen, in frühen Jahren sicherlich einen riesengroßen Schatten, der auf das Familienglück gefallen ist.

Joel Kaczmarek: Wie war die denn eigentlich situiert? Hast du Geschwister?

Christoph Werner: Ja, ja, ja. Damals war die Familie noch ein bisschen kleiner. Eine ältere Schwester und eine wesentlich jüngere Schwester. Also zehn Jahre jünger. Und das war halt dann die Situation.

Joel Kaczmarek: Okay, man sagt doch bei Sandwich-Kindern immer, dass die so eigentlich die Ehrgeizigen sind. Ist das bei dir auch so? Warst du so, der Älteste ist ja immer so der Außenminister oder in deinem Fall die Außenministerin. Die Junge ist so das Nesthäkchen. Und warst du derjenige, der sich immer so unter dem Druck gespürt hat, dass er sich beweisen muss?

Christoph Werner: Ich glaube, das war bei uns anders. Ich habe eine 18 Monate ältere Schwester, also sehr, sehr nah vom Alter her und damit viel gemeinsam erlebt. Und eine zehn Jahre jüngere Schwester zunächst, danach sind noch mehr Geschwister gekommen in der zweiten Ehe meines Vaters. Aber das war natürlich dann eine Situation, dass das Heranwachsen auch nicht mehr so war, wie es in vielen anderen Familien ist. Weil sozusagen die Strukturen plötzlich aufgebrochen waren, hat natürlich auch bedeutet, weil mein Vater war damals auch Ehepartner. extrem im Unternehmen noch eingespannt. Das war ja in einer intensiven Wachstumsphase noch nicht so groß wie heute. Also damit war ja wirklich operativ sehr, sehr, sehr, sehr tief drin, sehr, sehr viel unterwegs. Und meine Mutter war oft im Krankenhaus und wir waren dann bei Freunden, haben dort gewohnt oder wir waren zu Hause. Und die Haushälterin, die wir damals hatten, die fast Familienmitglied dann war, die war dann oft da. So haben wir uns dann da arrangiert. Aber damit ist es nicht mehr, glaube ich, im Rückblick eine Situation gewesen, wo man als Kind einfach sozusagen in dem Rahmen dessen, was die Eltern einem gegeben haben, fröhlich gelebt hat und oft dagegen rebelliert hat.

Joel Kaczmarek: Fühlst du dich wohl, wenn wir darüber weiterreden?

Christoph Werner: Ich glaube, ist ja kein Geheimnis als solches. Und mal abgesehen davon, Joel, wenn man mal bei Menschen reinguckt, da hat jeder seine eigenen Erfahrungen gemacht, die nicht immer alle so lichtvoll sind. Ich glaube, heute in der Zeit von Instagram neigen wir manchmal dazu zu glauben, dass überall alles ganz easy ist und alles ganz toll läuft.

Joel Kaczmarek: Weil ich dich mal fragen wollte, wie macht sich eine bipolare Störung eigentlich bemerkbar? Also was ist das Krankheitsbild? Ich kenne das nicht so gut.

Christoph Werner: Ja gut, das ist eine Abfolge von manischen Phasen und depressiven Phasen. Also Depression im Sinne von das Gefühl, überhaupt nicht mehr zurechtzukommen mit den Anforderungen des Lebens. Also eine gänzliche Verzagtheit und einfach wie Regenwolken, die über einem sind, die einem so ein bisschen die Luft zum Atmen nehmen. So ist das beschrieben worden. Ich habe es zum Glück selbst nie erlebt. Aus eigener Erfahrung und dann mal nie. Wir haben das immer Schäumen genannt früher. Also im Prinzip eine gänzliche Selbstüberschätzung, dass man glaubt, alle um einen herum sind krank und man ist der Einzige, der den Durchblick noch hat. und alles ist möglich. und was kostet die Welt, ich kaufe sie mir. Und das ist natürlich eine ganz schwierige Krankheit für die Betroffenen, weil sozusagen, wenn man aus der Depression kommt, endlich sozusagen wieder der Aufbruch, man traut sich wieder die Sachen zu und macht dann auch Dinge, die man unter normalen Umständen nicht machen würde. Und danach fällt man in die Depression und ist damit konfrontiert, was man gemacht hat, was einen ja noch tiefer in die Depression hineindrückt. Das ist also eine ganz, ganz, ganz, ganz schwierige Situation. Und es gibt viele Menschen, die damit auch kämpfen müssen.

Joel Kaczmarek: Wie ist dein Vater damit umgegangen?

Christoph Werner: Naja, ich meine, wenn so eine Krankheit ausbricht, ist man ja zunächst mal gänzlich überfordert auch, weil man kennt das ja gar nicht. Und dann ging es natürlich darum, mit Ärzten auch zu schauen, was da eine gute Therapie sein kann. Aber es ist natürlich für das gesamte Umfeld eine unglaubliche Herausforderung und sicherlich auch Überforderung.

Joel Kaczmarek: Ich muss es mir in den 80er Jahren nochmal doppelt schlimm vorstellen. Die Tage habe ich mal so ein Kurt Krömer Video gesehen, da hat er sich mit diesem anderen Comedian unterhalten, die beide unter Depressionen leiden, wo er meinte, der schlimmste Satz für ihn war immer, ja du und deine schlechte Laune, fang doch mal an glücklich zu sein. Und die Leute verstehen ja nicht, dass man es nicht sein kann, sondern dass es ein Krankheitsbild ist. In den 80er Jahren, wo ja noch weniger geredet wurde, da gab es ja auch kein Social Media, nicht so diese breite Aufklärung über das Digitale, plus irgendwie die Forschung war noch nicht so weit, also es war ja Wenn ich manchmal so eine Rückschau höre, ich höre manchmal so einen Psychologie-Podcast, wie teilweise 70er, 80er Jahre noch behandelt wurde, da kriegt man ja schon ein bisschen Schreck. Von daher kann ich mir das sehr lebhaft vorstellen. Muss ja aber für euch als Kinder auch schlimm gewesen sein, wenn der Vater eigentlich so eingebunden ist und wahrscheinlich oft nicht da, die Mutter auch nicht. Da fehlt auch wahrscheinlich die Bindung oder die Erdung, dass man sich so fallen lassen kann. oder wie hat sich das angefühlt?

Christoph Werner: Naja, vielleicht nochmal ein Satz zu dem, was du gerade gesagt hast. Das Problem bei psychischen Krankheiten ist halt für die Menschen, die sozusagen das von außen sehen, ist es oft schwer nachzuvollziehen, weil es eben nicht eine Krankheit jetzt ist, die mit den Augen sichtbar ist. Wie sagen wir jetzt mal ein gebrochener Arm. Da sagt man ja klar, das ist gebrochen, das kann ich auf dem Röntgenbild sehen. Kommt jetzt ein Gips drum und deswegen gehen gewisse Dinge nicht. Also das ist sozusagen sofort akzeptiert. Das Problem bei den psychischen Krankheiten ist, dass ich von außen, wenn ich auf den Mensch schaue, sehe ich ja zunächst mal keine Veränderung, weil das ja ganz inwendig passiert. Und deswegen ist es so schwer nachzuvollziehen und auch einzuordnen, weil ich natürlich immer dazu neige, den Maßstab des Normalen anzulegen. Das macht es dann auch oft so schwer für das Umfeld, das verfolgen zu können. Aber nochmal, was war deine Frage?

Joel Kaczmarek: Was es mit euch als Kindern gemacht hat, wenn der Vater dauernd nicht da sein konnte, weil er eine große Verantwortung trug und die Mutter, weil sie keine Verantwortung tragen konnte, in Behandlung war und ihr wart alleine?

Christoph Werner: Naja, also es war ja schon so, dass mein Vater dann, und das war eine große Veränderung auch in dem Verhältnis, was wir zu ihm hatten, dass er dann sich wirklich intensiv auch Zeit für uns genommen hat. Das heißt, er hat gar nichts anderes mehr dann gemacht, sonst außerdem, was er beruflich machen musste, als Zeit mit uns zu verbringen. Also gerade dann Wochenenden und dann Ferien und so. Da haben wir dann, würde ich mal sagen, eine wirklich schöne Zeit mit ihm auch gemeinsam verbracht, was vielleicht auch gerade in dem Kontrast zwischen den Schwierigkeiten, die es dann gab und gleichzeitig die enge Beziehung, die dadurch auch entstanden ist, denke ich, uns auch sehr geprägt hat. Also mich auf jeden Fall, kann ich sagen.

Joel Kaczmarek: Ich frage mich das öfters manchmal. Ich habe Menschen erlebt, die sind sehr harmonisch groß geworden, aber sind instabil. Während ich manche andere Menschen gesehen habe, die sind in einer sehr schwierigen Situation groß geworden und sind dadurch aber total gewachsen. Also da geht es ja so ein bisschen ums Gehen.

Christoph Werner: Schwer zu sagen. Ich glaube, es kommt letzten Endes darauf an, ob man das Glück hat, auch in so einer Situation Menschen zu haben, die einem helfen, das irgendwie zu verarbeiten. Und ich hatte das große Glück, dass ich zum einen einen Jugendfreund hatte, den ich im Kindergarten schon kennengelernt habe. in dessen Familie ich so quasi integriert war und wo ich dann noch viel gelebt habe, wenn eben meine Mutter im Krankenhaus war. Und da hatte ich sehr, sehr gute Gespräche, sowohl mit meinem Freund als auch mit den Eltern meines Freundes. Und das hat mir eigentlich immer geholfen, die Dinge, denke ich, in dem Alter auch zu verarbeiten, dass es sozusagen nicht in mir gegärt hat. Und ich glaube, das ist insgesamt halt auch sicher eine Lebenslektion gewesen. Also, dass die Dinge, die einem geschehen, dass man da mit großer Achtsamkeit drauf schaut und immer schaut, dass man das auch verarbeitet. Und das geht nicht immer alleine. Man braucht da Resonanz. Man braucht jemanden, mit dem man darüber sprechen kann. Weil dann, indem ich es ausdrücke, indem ich auch Briefe schreibe beispielsweise oder indem ich Tagebuch schreibe, helfe ich, die Dinge mir selbst zu sortieren. Und da hatte ich das Glück. Und vielleicht war das auch der Grund, dass ich glaube, im Rückblick da ganz gut durchgekommen zu sein.

Joel Kaczmarek: Ich nenne sowas therapeutisches Schreiben. Ich mache das auch manchmal. Manchmal muss ich auch Sachen aufschreiben, damit sie aus meinem Kopf kommen. Egal, was ich hinterher damit mache, aber wenn man sie einmal so rausgeschrieben hat, das macht ja was mit einem.

Christoph Werner: Ja, absolut. Das war auch ein Ratschlag, den mein Vater mir mal gegeben hat. Er hat gesagt, ruf doch nicht immer gleich an, schreib doch einfach mal einen Brief. Kannst auch nochmal drüber lesen danach. Echt? Ja, ja. Gerade in jüngeren Jahren habe ich oft Briefe auch geschrieben. Das war damals auch zum Teil an mich selbst. Hat wahnsinnig geholfen.

Joel Kaczmarek: Was war dein Vater für ein Typ?

Christoph Werner: Was war mein Vater für ein Typ? Naja, also wenn man ihn mal unter den Temperamenten sieht, würde ich sagen, er war ein cholerischer Phlegmatiker. Echt?

Joel Kaczmarek: Ich habe gerade gedacht, dass so Firmenpatriarchen eigentlich oft sozusagen sowas sind. Aber okay, was meinst du damit? Beschreib mal.

Christoph Werner: Naja, also es gibt diese Lehre von den vier Temperamenten. Ich weiß nicht, wie vertraut das ist. Da gibt es auf der einen Seite den Choleriker, dann gibt es den Melancholiker, den Phlegmatiker und den Sanguiniker.

Joel Kaczmarek: Was ist denn ein Sanguiniker?

Christoph Werner: Sanguiniker sind Menschen, die extrem vielseitig sind. Also ich will mal so sagen, diese Temperamente haben immer sozusagen Licht- und Schattenseiten. Beim Sanguiniker ist es zum Beispiel, der ist extrem kontaktfreudig, extrem offen, lässt sich auf die Dinge gleich ein. Gefahr ist die Oberflächlichkeit, nie in die Tiefe zu gehen, Sachen nie fertig zu machen, alles immer nur anzufangen. Also am Ende sind wir alles eine Mischung aus allem, aber die Frage ist, wo liegen die Schwerpunkte? Und jetzt um zum cholerischen Sanguiniger zurückzugehen.

Joel Kaczmarek: Nee, Phlegmatiker.

Christoph Werner: Phlegmatiker, ja, cholerischen Phlegmatiker, danke. Also der Choleriker hat auf der einen Seite diese Kraft, dieses Zupackende, dieses Dinge wirklich dann auch gegen Widerstände durchzusetzen. Die Schattenseite ist natürlich Rücksichtslosigkeit dann. Auch die Gefahr zu verletzen, sich nicht im Zaum zu haben. Man kennt das ja, wenn so die Wut in einem hochkocht. Das ist Cholerik. Und der Phlegmatiker, der hat als positive Seite, dass er nicht locker lässt, dass er mit Beharrlichkeit an den Dingen dranbleibt. Und die Schattenseite, also in der Vereinseitigung natürlich immer, das sind dann so Da ist es so diese Pomadigkeit. So ein Bild von einem Phlegmatiker, das mir mal jemand gezeichnet hat, ist wie jemand, der mit der Zigarette in der Fresse im Auto sitzt und um abzuaschen über den Bordstein fährt. Das ist ein interessantes Urbild der negativen Seite des Phlegmatikers.

Joel Kaczmarek: Großartig. Es ist interessant. War es eine herausfordernde Persönlichkeit, dein Vater? War er nahbar?

Christoph Werner: Ja, also klar, also im Vater-Sohn-Verhältnis auf jeden Fall. Vielleicht auch durch die Zeit, die wir da erlebt haben, wo ich natürlich noch immer viele Fragen gestellt habe. Ich wollte immer wissen, was ist denn und warum ist denn das so und so. Da hatte ich das Glück, dass er jemand war, der sich den Fragen nicht entzogen hat. Also er hat da in dieser Zeit wirklich dann auch viel mit mir gesprochen. Wir haben eben Urlaube wirklich zusammen verbracht, wo auch wirklich, ich meine, das war noch die Zeit vor Smartphones und diesen ganzen permanenten Kommunikationsmitteln, die es ja heutzutage gibt. Da haben wir wirklich Zeit miteinander verbracht und wir Beide sind passionierte Saunagänger immer gewesen. Und das war etwas, was jetzt meine Geschwister nicht so für sich entdeckt hatten. Und da hatte ich immer Zeit mit meinem Vater. Und so ein Saunagang, 15 Minuten, drei an der Zahl, also hatten wir schon netto Zeit für 45 Minuten. Da haben wir uns wirklich intensiv unterhalten.

Joel Kaczmarek: Ja, ich wollte gerade sagen, in der Sauna macht man Deep Talk, da geht es anders zu.

Christoph Werner: Schweißtreibend, ja.

Joel Kaczmarek: Da kommt alles raus sozusagen, um was für ein Wort es ist.

Christoph Werner: Aus jeder Pore.

Joel Kaczmarek: Und was würdest du sagen, wenn du an die vier Persönlichkeitstypen denkst, wo bist du?

Christoph Werner: Hab mich da auch ein bisschen gewandelt, aber diesen phlegmatischen Choleriker, den hab ich auch in mir. Den hab ich auch in mir. Vielleicht ein bisschen mehr Melancholie auch.

Joel Kaczmarek: Ich hätte auch gedacht, also ein Sanguiniker bist du nicht.

Christoph Werner: Nee, Sanguiniker bin ich weniger, aber ich glaube, entscheidend ist es, auch so ein bisschen im Auge zu haben und sich immer zu fragen, was brauchst du denn jetzt? Also zu sagen, wenn es extrem in die Melancholie geht, Melancholie in eine gewisse Schwere, im Negativen, im Positiven, aber Gründlichkeit, tief bohren, es wirklich wissen wollen, sich viel Gedanken machen, das ist ja auch eine Qualität.

Joel Kaczmarek: Da hätte ich dich auch verortet, also ich meine melancholisch klingt immer so negativ, weil es klingt immer wie so ein Trauerklos, also das fand ich nicht, ich hätte eher den nachdenklichen Tag.

Christoph Werner: Novembertag, Novembernebeltag, ja. Ja,

Joel Kaczmarek: ich glaube eher, dass du so ein nachdenklicher Typ bist, hätte ich auch gesagt, bisschen abwarten, bisschen konzentrieren, gut, aber dann lerne ich, du hast ja also gar keine Erfolgsmaßstäbe in deinem Leben setzen können, weil du ja eigentlich, also das ist ja fast so wie reingestoßen, so ein bisschen, du bist in so eine Situation reingeworfen und musst eigentlich reagieren, dann kannst du vielleicht manchmal gar nicht agieren, ist das richtig wiedergegeben?

Christoph Werner: Ja, ich glaube, da unterscheide ich mich wahrscheinlich nicht. Das ist ja bei ganz vielen Menschen so. Aber ich glaube, von Leonard Cohen gibt es ja so ein Lied mit der Zeile, There is a crack, a crack in everything, that's where the light shines in. Und ich habe das erst später entdeckt als Satz und das hat mich echt berührt, weil da hatte ich so eine Art Heureka-Moment, dass ich gedacht habe, in meiner Kindheit, das war schon so. In diesen schwierigen Zeiten habe ich aber auch immer Zuneigung erlebt und Menschen, die sich wirklich für mich interessiert haben und sich um mich gekümmert haben, sich für mich Zeit genommen haben. Und das ist der Crack in everything, that's where the light shines in. Also selbst in diesen Zeiten, wenn man da aufmerksam ist und sozusagen nicht zu sehr an sich zurückzieht und die Kommunikation abbricht, dann gibt es auch diese lichten Momente. Und das ist dann letzten Endes das, was glaube ich auch wirklich prägt und vielleicht auch eine Lebenszuversicht gibt. Und ich glaube insgesamt bin ich ein zuversichtlicher Mensch.

Joel Kaczmarek: Ja, ich glaube auch, wenn man ganz unten war, emotional, wirtschaftlich, was auch immer, dann schockt einen ja auch nicht mehr so viel, weil man weiß, ich war ja schon mal da, wo soll es nochmal hingehen, während Leute, die immer nur oben waren, es ist ein bisschen wie wenn Kinder in die Schule gehen und schreiben immer nur Einsen, wenn die dann im Leben den Gegenwind haben, dann passiert was sehr merkwürdiges mit denen, nämlich dass die dann ganz oft so in sich zusammenbrechen drohen.

Christoph Werner: Also ich würde mal sagen, die Menschen, die Einsen schreiben, ohne dafür lernen zu müssen, das ist die Gefahr. Dann lerne ich das Lernen nicht in der Schule und das sollte man in der Schule ja eigentlich lernen.

Joel Kaczmarek: Aber ich meine, wie faszinierend eigentlich auch, dass du vorhin gesagt hast, dass du von de facto einem wahrscheinlich 10-, 12-, 14-Jährigen, nämlich deinem Freund, eigentlich so einen Impulse bekommen hast. Das finde ich auch immer so faszinierend. Diese Weisheit der Jugend. Man hat ja manchmal das Gefühl, die Kinder kommen richtig auf die Welt und die einzige Aufgabe, die man eigentlich hat, ist sie nicht kaputt zu machen. Man vergesellschaftet die ja dann so und ich habe so darüber nachgedacht, als du das erzählt hast, wie kam das eigentlich zustande, dass du zum Beispiel oft bei deinen Freunden warst, weil insgesamt, also dein Vater scheint ja da extrem progressiv gewesen zu sein, das muss man ja erstmal können, mit so einer Situation so umzugehen. Hat sich diese befreundete Familie angeboten oder habt ihr die gefragt oder?

Christoph Werner: Nee, das ist im Kindergarten entstanden. Ich war in einem Waldorf-Kindergarten und mein Freund war in der Parallelgruppe, weil seine Tante war die Kindergärtnerin in der Gruppe, wo ich war. Und in diesen Waldorf-Kindergarten bin ich mit, ich glaube, vier Jahren gekommen. Und ich bin immer recht früh in den Kindergarten abgeliefert worden, weil mein Vater dann meine Schwester in die Schule noch gefahren hat. Und deswegen habe ich da immer schon gespielt. Und mein Freund, der kam eben auch immer früh. Und dann kam er immer rüber in die Gruppe, um noch sozusagen mit mir zu spielen, während seine Kindergärtnerin, meine ich, noch nicht da war. Die kam dann immer irgendwann und hat ihn dann geschnappt und rausgeschleppt. Ich kann mich noch gut erinnern, so kleine Steppkissen. Und da haben wir uns einfach angefreundet und immer zusammen gespielt. Und dann bin ich da oft bei denen zu Hause gewesen. Und so entstand es dann, wie halt so das Leben spielt. Und dann war auch, ja gut, sind wir auch mal in Urlaub gefahren. Er war bei uns dabei, noch bevor die schwierigen Zeiten anbrachen. Und ich war oft bei ihm. Und ja, als dann die schwierigen Zeiten anbrachen und es dann manchmal auch zwei, drei Wochen darum ging, wo zu wohnen. War das jetzt so, wie ich es erlebt habe? Ich weiß nicht, was für Gespräche es zwischen meinen Eltern und seinen Eltern gab, aber es wirkte auf mich sehr, sehr selbstverständlich und überhaupt nicht ungewöhnlich.

Joel Kaczmarek: Das ist aber toll. Wie ist denn die Geschichte deiner Mutter ausgegangen?

Christoph Werner: Ja, schwer, schwer. Also meine Mutter hat es leider nie, nie geschafft, mit dieser Krankheit dann auch wirklich zurechtzukommen. Und sie hat letzten Endes dann den Freitod gewählt. Oh, wirklich? Ja.

Joel Kaczmarek: Wie alt warst du da?

Christoph Werner: Da war ich dann 32, 33. Ah.

Joel Kaczmarek: Wahnsinn, in 20 Jahren hat euch diese Krankheit dann begleitet.

Christoph Werner: Ja, ja, aber trotzdem habe ich von ihr unheimlich viel gelernt natürlich, und zwar Tapferkeit, wirkliche Tapferkeit.

Joel Kaczmarek: Wie war sie denn als Mensch so gemeint, wenn man mal die Krankheit abzieht, wie war sie da so?

Christoph Werner: Sie war vom Wesen her ein unheimlich sonniges Wesen. Also ich habe natürlich noch viele Erinnerungen, bevor das losging mit der Krankheit. Meine Mutter war eine sehr sonnige Person, unheimlich unkompliziert. War sehr, sehr beliebt auch, schon als Kind. Sehr, sehr offen Dinge auszuprobieren. War auch sehr sportlich, viel Ski gelaufen. Das waren immer tolle Urlaube auch, die wir miteinander hatten. Und extrem kontaktfreudig. Also wenn ich mit der auch unterwegs war in einem Restaurant, die hat die Leute einfach angequatscht. Also in der Art, das hat mich manchmal schon irritiert. Sie war da extrem offen und es ist so gewesen, dass natürlich in der Krankheit, es gab immer auch die Zwischenphasen. Deswegen ist es nicht immer nur die tiefe Depression gewesen oder die extrem ausbüxende Manie, sondern es gab auch die Zwischenphasen, wo ich sie auch wieder so erleben konnte, wie sie früher war. Und die Tapferkeit, mit der sie sich dieser Krankheit dann gestellt hat, auch wenn es das Ende genommen hat, was ich vorhin kurz angesprochen habe, ist etwas gewesen, was für mich wirklich beispielhaft war. Sie hat sich auch uns Kindern gegenüber nie beklagt. Ich habe später dann in Tagebüchern, die ich im Nachlass gefunden habe, ein bisschen Einblick bekommen, wie sie Situationen, die ich mit ihr gemeinsam erlebt habe, in ihrem Tagebuch versucht hat zu verarbeiten. Und da habe ich auch eine andere Welt gesehen bei ihr. Aber dieses als Mutter vorbildlich sein, ist etwas, glaube ich, was mir unheimlich viel geschenkt hat. Es gibt ja auch Stimmen, die sagen, die Eltern sollten so natürlich wie möglich sein, sollten sich ihren Kindern öffnen und Da ist zum Teil was dran, aber ich glaube schon, dass man als Eltern nochmal eine andere Verantwortung hat, auch für das Seelenwohl der Kinder. Und das bedeutet dann manchmal, dass ich nicht alles mitteile, sondern dass ich auch vor allem schaue, was braucht denn das Kind jetzt. Und das bedeutet nicht, dass ich meinem Kind gegenüber alles äußere, was mich gerade umtreibt. Aber da gibt es auch andere Meinungen zu, ne?

Joel Kaczmarek: Ja, das ist eine ganz schwierige Balance. Ich glaube, manches kann überfordern und man ist mal so geneigt, dass man sich bei seinen Kindern auch selber auffangen lassen will. Das ist aber irgendwie nicht ihre Aufgabe und ihre Rolle.

Christoph Werner: Überhaupt nicht. Wobei, es kommt auch immer auf das Alter der Kinder an. Das muss man nicht vergessen.

Joel Kaczmarek: Ja, das stimmt. Hatte deine Mutter denn eine Berufung? Also war sie zum Beispiel berufstätig oder hat sie sich um die Familie gekümmert? Was war sonst so ihr?

Christoph Werner: Zunächst mal hatte sie eine Berufsausbildung gemacht. Sie war Fremdsprachenkorrespondentin. Das gibt es heute so gar nicht mehr. Sie hat in einem wissenschaftlichen Verlag gearbeitet und Dann hat sie sich um die Familie gekümmert, weil meine Schwester und ich ja relativ dicht beieinander waren. Und dann kam schließlich meine Schwester auf die Welt, meine Jüngere. Und kurz danach ging dann das mit der Krankheit los. Sie hat dann ehrenamtliche Tätigkeiten noch gemacht. Es gab diese sogenannte grünen Damen. Ich weiß nicht, ob du das kennst. Ich weiß noch nicht, ob das heute noch so bezeichnet wird, das Das waren ehrenamtliche, in der Regel Frauen, die im Krankenhaus sich um die Patienten gekümmert haben.

Joel Kaczmarek: Wahnsinn.

Christoph Werner: Also es gibt ja viele Menschen in Krankenhäusern, die werden auch nicht besucht, aus welchen Gründen auch immer. Und es sind dann ehrenamtliche, wie gesagt, Frauen oder Menschen, die dann eben diese Patienten auch besuchen, mit ihnen sprechen, Besorgungen für sie machen. Also ganz, ganz wichtig. Oder Essen auf Rädern hat es in Weichen dann auch gemacht.

Joel Kaczmarek: Aber das klingt total toll. Also ich hoffe, dass es sowas noch gibt, weil ich finde, in Deutschland willst du ja nicht krank sein. Also wenn du im Krankenhaus bist, ist ja furchtbar.

Christoph Werner: Umso wichtiger, dass da Menschen den Unterschied machen.

Joel Kaczmarek: Wie habt ihr denn eigentlich darauf reagiert, als dann diese Zäsur kam? Wie ist dein Vater damit umgegangen? Wie seid ihr damit umgegangen? Viele gehen ja dann so in die Arbeit, dass sie sich dann in was reinstürzen. Oder wart ihr mehr dieses Progressive wieder, dass ihr euch damit auseinandergesetzt habt? Wie seid ihr damit umgegangen?

Christoph Werner: Die Ehe meiner Eltern zerbrach ja dann auch.

Joel Kaczmarek: Achso, die waren schon nicht mehr zusammen?

Christoph Werner: Also nach ein paar Jahren dieser Krankheit kam es zu einer Zerrüttung auch.

Joel Kaczmarek: Aber als deine Mutter sich das Leben genommen hat, war sie mit deinem Vater gar nicht mehr verheiratet?

Christoph Werner: Nein, nein, nein, da war sie schon einige Jahre alleinstehend gewesen. Und ja gut, mein Vater hat dann meine zweite Mutter gefunden, also eine neue Lebenspartnerin und dann auch Ehefrau. Und dann sind ja noch viele Kinder auch auf die Welt gekommen und eine neue Familie gegründet worden.

Joel Kaczmarek: Ich weiß jetzt gar nicht, wie viele Geschwister hast du denn dann insgesamt?

Christoph Werner: Ich habe sechs Geschwister noch gesetzlich.

Joel Kaczmarek: Noch? Das ist on top. Also acht insgesamt?

Christoph Werner: Sieben.

Joel Kaczmarek: Sieben.

Christoph Werner: Okay, krass. Das stimmt mit dir. Ja, ja.

Joel Kaczmarek: Wahnsinn. Wie ging es dir damit? Also ich bin auch ein Scheidungskind. Das ist ja, kann man tausend Dinge dazu erzählen. Aber wie war es für dich?

Christoph Werner: Also Spaß macht es nicht, das ist klar. Es ist halt eine frühe Erfahrung, dass das Glück nicht ewig wehren muss und das Glück zerbrechlich ist. Und ich glaube, wenn es einem gelingt, das so zu verarbeiten, dass man damit sorgsamer wird und es mehr zu schätzen weiß, umsichtiger wird, dann kann man auch aus so einer Erfahrung letzten Endes viele Erkenntnisse fürs Leben ziehen. Wenn das nicht gelingt und man sozusagen das Zutrauen auch in das Gute in der Welt verliert, dann kann das sehr schwer sein. Und deswegen nochmal, das Umfeld ist so wichtig, ne? Gibt es jemanden, der den Menschen begleitet in dieser Situation?

Joel Kaczmarek: Ich habe ja eigentlich das Gespräch eröffnet und gesagt, die Dualität möchte ich dich fragen. Ich habe aber nur einen Teil gefragt, nämlich was bedeutet für dich Erfolg? Der zweite Teil wäre dann, der jetzt passend wäre, glaube ich, was bedeutet denn für dich Glück? Im Sinne von glücklich sein.

Christoph Werner: Im Sinne von Happiness?

Joel Kaczmarek: Ja, genau.

Christoph Werner: Na, ich würde mal sagen, Glück, da gibt es ja den schönen Satz, ne? Also Luck, ne? Luck is when preparation meets opportunity. Finde ich einen tollen Satz, weil so wie ich ihn interpretiere, bedeutet das, dass Glücklichsein dann entsteht, wenn das, was einem widerfährt, mit dem im Einklang ist, was man wirklich möchte.

Joel Kaczmarek: Wobei Luck ja eigentlich nicht Happiness ist, aber die Brücke ist interessant. Also Dinge, die dir gewünscht und die dich erfüllen sozusagen, wenn die dir passieren, wenn das sozusagen in deinem Leben zusammenkommt, bedeutet für dich Glück.

Christoph Werner: Ja, wenn du sozusagen voll dahinter stehst, also ein Begriff, den wir da auch oft verwenden, jetzt im Beruflichen ist das Authentifizieren. Ich sage dann ja, also damit kann ich mich voll verbinden.

Joel Kaczmarek: Kannst du denn Glück dann forcieren? Kannst du Glück für dich erzeugen?

Christoph Werner: Naja, also insofern jetzt in diesem Satz wieder, indem ich mehr Preparation mache, also indem ich mich mit den Sachen wirklich beschäftige, das glaube ich schon. Also es gibt ja auch diesen Begriff der Serendipität. Das geht ja in die gleiche Richtung, dass ich wirklich versuche, mich mit den Dingen zu beschäftigen, mich vorzubereiten, die Dinge zu verstehen und dann den Moment, wo die Gelegenheit vorbeikommt, diese auch am Schopfe packen zu können. Aber dafür muss ich sie erst mal wahrnehmen, erst mal sehen. Meine Beobachtung ist, dass wenn ich mich mit Dingen beschäftige, werde ich wahrnehmungsfähiger. Wenn man das als forcieren betrachten möchte, könnte ich sagen, ja, in einer gewissen Weise. Aber das ist eigentlich eher ein Evozieren als ein Forcieren vielleicht.

Joel Kaczmarek: Na, ich habe gerade gedacht, dann musst du ja eigentlich Neugierde und Offenheit zu deinen Eigenschaften zählen.

Christoph Werner: Das ist auf jeden Fall hilfreich, ja.

Joel Kaczmarek: Bist du das denn?

Christoph Werner: Ich glaube schon, ja. Also die Legende wurde in der Familie immer erzählt, dass ich unheimlich viele Fragen gestellt hätte als Kind.

Joel Kaczmarek: Es gibt, glaube ich, so Erhebungen. Ich habe eine Freundin, die hat vier Kinder und die meinte, weißt du, Joel, ein Kind stellt im Durchschnitt 1000 Fragen am Tag. Ich habe also 4000 Fragen jeden Tag zu mir. Ja.

Christoph Werner: Das ist auch, glaube ich, so wichtig jetzt als Eltern, als Vater, dass man auf die Fragen der Kinder eingeht. Auch natürlich ist das manchmal nervig, weil auch Fragen manchmal öfters gestellt werden, nicht nur einmal. Aber ich kann mich relativ gut zurückerinnern, so bis ins Alter von drei Jahren. Ich kann mich wirklich noch viel erinnern an die vielen Fragen, die ich gestellt habe. Das kam einfach so bei mir. Und mein Vater hat sich Zeit genommen, auf meine Fragen einzugehen. Manchmal ist ihm auch ein bisschen Der Kragen geplatzt, aber das war für mich unheimlich wichtig. Und ich glaube, wenn man sich die Zeit nimmt für die Fragen der Kinder und darauf eingeht, und zwar in der Art und Weise, dass Kinder das auch verarbeiten können. Also manchmal muss man die Antworten auch ein bisschen mit Fantasie noch anreichern, um das Kind da abholen zu können. Dann glaube ich, um mein Bild zu sprechen, dann nährt man die Seele des Kindes. Und glaube ich, nährt auch das Weltvertrauen, was dadurch entstehen kann. Also Kohärenz letzten Endes, was im Kind entstehen kann. Und ich glaube, das ist unheimlich wichtig.

Joel Kaczmarek: Ich glaube auch, dass manchmal in den Fragen viel Spannenderes drinsteckt, als in den Antworten. Also geht mir ganz oft so. Manche Fragen werden ja gestellt und dann fängst du erst mal an, die Dinge zu hinterfragen. Also mein Sohn kam zum Beispiel mal zu mir, hat sich tierisch aufgeregt. So eine Frechheit, das ist voll unfair. Ich so, wieso, was ist denn los? Wie unfair ist es denn bitte, dass ich fünf Tage arbeiten muss, also in die Schule gehen und nur zwei Tage spielen darf von Freier? Dann sitzt du da und denkst so. Ja, eigentlich hat er nicht ohne Recht. So, gut. War dir eigentlich ein Haushalt, in dem Religion eine Rolle gespielt hat?

Christoph Werner: Ja, schon. Also wir sind doch immer in die Kirche geschleift worden als Kind. Das war schon so ein Umstand, gegen den ich rebelliert habe auch, als ich ein bisschen älter wurde, den ich auch lange kritisiert habe, den ich jetzt mit unseren Kindern so nicht gelebt habe. Ich muss sagen, in den letzten Jahren bin ich da ein bisschen nachdenklicher geworden, weil ich mich Jetzt oft frage, ob vielleicht die Dinge, die ich da gehört habe in den Gottesdiensten, ob mir das vielleicht doch mehr gegeben hat, als ich realisierte zunächst. Aber das ist für mich eine offene Frage. Also ich bin da nicht mehr so hart in meinem Urteil, wie ich das lange war.

Joel Kaczmarek: Also ich habe bei Religion immer gesagt, ich finde den Glauben okay, ich finde das Bodenpersonal nicht so den Knaller. Aber was ich feststelle ist, also die Kirchen sind ja in Deutschland, glaube ich, am erodieren. Wenn sie jetzt selbst Weihnachten leer bleiben, ist ja schon was komisches im Gange. Und ich habe den Eindruck, dass der Gemeinschaftssinn fehlt. Also man kann vieles sagen, was sie gut gemacht haben mit Spenden, mit Leuten irgendwie aus der Armut helfen etc. Aber alleine der Faktor, dass Menschen eine Gemeinschaft haben, in der sie sozusagen Zuflucht finden, ich glaube, das fehlt. Und wenn dann auch die Komponente Technologie dazu kommt, dass man dann irgendwie voneinander entfernt ist, auch selbst im körperlichen Sinne, dann wird es, glaube ich, ganz schwierig. Das ist, was ich so beobachte, dass viele Menschen irgendwie, was ist das deutsche Wort für strugglen, Probleme haben.

Christoph Werner: Kämpfen mit.

Joel Kaczmarek: So für sich so eine Sinnstiftung durch andere auch in Relation zu finden. Das ist so mein Eindruck.

Christoph Werner: Ich glaube, idealerweise ist Religion allerdings mehr als nur die Gemeinschaft der Gemeinde, weil diese Gemeinschaften kann ich ja auch woanders finden.

Joel Kaczmarek: Christliche Werte zum Beispiel, sagt man ja immer so. Also ganz viele, mit denen ich solche Gespräche führe, dann sage ich mal, gerade in der Kirche, nein, also ja, wir haben christliche Werte vorgelegt bekommen, wir mussten jetzt aber nicht jedes Mal pilgern zum Gottesdienst. Und das ist ja so, was man beobachtet, dass man manchmal das Gefühl hat, den Leuten gehen so ein bisschen die Werte ab. Aber gut, ich soll gar nicht so gesellschaftskritisch werden, was mich in Bezug auf dich noch interessieren würde. Welche Rolle hat Geld in eurer Kindheit gespielt, in deiner Jugend oder überhaupt so über dein Leben hinweg?

Christoph Werner: In meiner Kindheit hat es keine Rolle gespielt. Darüber wurde nicht gesprochen. Wir haben irgendwann nochmal Taschengeld gekriegt, aber das war extrem überschaubar. Ich würde sagen, da wurde nie groß drüber gesprochen.

Joel Kaczmarek: Aber ihr habt auch sozusagen keinen großen Mangel erlebt und auch keinen großen Überfluss.

Christoph Werner: Ja, ist richtig. Also Mangel haben wir nicht erlebt. Also im Sinne von, dass es Dinge nicht gab, weil gesagt wurde, das können wir uns nicht leisten. Mein Vater hat mal gesagt, wenn man nicht viel Geld hat, dann muss man sich überlegen, was man sich leisten kann. Wenn man viel Geld hat, muss man sich überlegen, was man sich leisten möchte. Das macht einen Riesenunterschied natürlich. Aber letzten Endes ist die Selbstbeschränkung wichtig. Nicht unbedingt etwas Schlechtes, auch wenn ich damit nicht verharmlosen möchte, die wirtschaftliche Not, die viele Menschen auch erleiden, wo es wirklich nicht reicht. Aber zu glauben, dass wenn man viel Geld hat, man deswegen im Überfluss leben müsste, führt zu einer grauenvollen Verwahrlosung.

Joel Kaczmarek: Glaube ich. Gab es für dich irgendwann den Zeitpunkt, an dem du gemerkt hast, dass das Thema Geld für euch eigentlich kein Thema mehr ist? Dass so eine Schallmauer durchbrochen ist, dass das quasi keine Sorge mehr ist? Weißt du, was ich meine? Es gibt doch so diesen Wegmoment.

Christoph Werner: Ja, freilich. Also ich habe auch jetzt nie von den Ressourcen meines Vaters gelebt, als ich herangewachsen bin. Ich habe immer mein eigenes Geld verdient und hatte ja auch Unterhaltszahlungen zu leisten, bevor wir dann, meine Frau und ich, zusammengekommen sind und sozusagen den gemeinsamen Hausstand gebildet haben auch. Insofern ging es immer darum zu überlegen. Was ist sinnvoll? Und ich muss sagen, das war extrem gut. Also haushalten können ist auch jetzt in meiner Tätigkeit bei dem Drogeriemarkt wichtig. Wir müssen haushalten mit den Mitteln, die wir haben. Das ist also eine Eigenschaft, die auf jeden Fall gut ist. Und ich glaube, die entscheidende Frage ist gar nicht so sehr, wie viel der Mensch im Einzelnen verdient, sondern was er damit macht. Das ist die entscheidende Frage. Wir haben vorhin über Religion gesprochen. Wenn wir mal davon ausgehen, dass es vielleicht einen Schöpfer gibt. Wir wissen es nicht, aber vielleicht ist es hilfreich, mal davon auszugehen, dass es ihn geben könnte. Weil es wäre blöd, wenn es ihn gibt. Wir haben das nicht berücksichtigt. Wenn man dann vor ihn tritt, dann wird er ja nicht fragen, welche Talente hast du gehabt, sondern was hast du aus deinen Talenten gemacht. Und letzten Endes sind ja finanzielle Ressourcen auch ermöglicher, um etwas damit zu tun. Weil mit Geld selbst mache ich ja nichts. Geld verwende ich ja immer, um Dinge zu ermöglichen.

Joel Kaczmarek: Das Charmante an deinem Zitat ist, es stammt aus der Bibel und dass damals die Talente aber eine Währung waren. Also man denkt immer, was hast du mit deinen Talenten gemacht, was meinen deine Fähigkeiten, aber das heißt in dem Fall, was hast du mit deinem Geld gemacht, sogar wortwörtlich.

Christoph Werner: Ach ja, das wusste ich gar nicht.

Joel Kaczmarek: Ja doch, es gibt diese Geschichte von drei Menschen, die irgendwie ein Talent jeder kriegen und was sie damit tun und der eine vergräbt es in der Erde, der andere investiert es und der dritte verjubelt es, glaube ich, oder so. Und derjenige, der dann am stärksten belohnt wird, ist derjenige, der es halt investiert und was mit tut. Und der, der am stärksten eigentlich bestraft wird, ist der, der es vergräbt. Weil die Message sozusagen sein soll, nutze deine Talente und tu was damit, anstatt sich in Sicherheit zu wiegen.

Christoph Werner: Ja gut, das ist ja auch gerade bei der Bibel, diese Bilder, die da oft erzeugt werden. Da führt es ja dann oft auch in die Radikalität, die Frage, wie das ausgelegt wird. Wird es sehr wörtlich ausgelegt oder wird das Bild verstanden? Und ich meine, in der Vergangenheit Das ist ja oft, also da kommen auch die ganzen Märchen her, diese Bilder, die ja letzten Endes, also gerade die Grimmschen-Märchen sind da, glaube ich, auch spannend, sozusagen diese Urbotschaften über das, was den Menschen ausmacht.

Joel Kaczmarek: Ja, man staunt. ja, ich glaube, wir schreiben jetzt ab, aber kurz ein Satz noch dazu. Man schaut sich manchmal die Bibel an und merkt ja, es ist ja zur Gesellschaftssteuerung eigentlich auch an vielen Stellen gedacht. Weil ich habe gerade gestern was über Alexander den Großen gelesen, das war mir gar nicht so klar, dass der teilweise Währungsunion im Mittelmeerraum angestrebt hat. Weißt du, das ist so ein bisschen so wie heute, die EZB oder so haben die schon damals, naja, wie dem auch sei. Empfindest du denn großen Besitz eigentlich auch als Last? Ich saß mal lustigerweise mit meiner Frau bei unserer Notarin und die meinte dann, Joel, Mareike, viel Geld zu haben ist eine Last. Und meine Frau meinte, was, warum denn aber? Nein, das ist eine Last. Ist jetzt dann auch erklärt, aber mich würde ja mal interessieren, ob du das auch so empfindest.

Christoph Werner: Ja, ich meine, wenn du jetzt bei dem Bild aus der Bibel bleibst, von dem du gerade gesprochen hast, wenn die Frage ist, was machst denn du damit? Ja, dann stellst du dir schon die Frage, was ist denn sinnvoll? Auf was kommst du denn wirklich an? Und so gesehen ist eine Verantwortung, man spricht auch von der Last der Verantwortung, mag das von dem einen oder anderen auch so erlebt werden. Vielleicht aber auch die große Sorge ist irgendwann hinter sich lassen zu müssen, weil das Leben endlich ist. Gibt es ja auch. Also es gibt Menschen, die sich extrem schwer tun aus dem Leben zu scheiden. Vielleicht, weil es ihnen schwer fällt, sich von Dingen auch wieder zu trennen. Es gibt das schöne Zitat, je mehr Dinge man hat, umso mehr haben einen die Dinge. Vielleicht ist es damit gemeint. Aber ich kann nur sagen, wie ich persönlich dazu stehe, ich denke nicht, dass es per se eine Last ist. Wenn jetzt mal Ein Unternehmen ist aber auch eine große Verantwortung und der muss man sich stellen. Und das bedeutet natürlich auch, dass man sich sorgen muss um etwas, damit man keine Sorgen hat.

Joel Kaczmarek: Machst du dir oft Sorgen?

Christoph Werner: Ich würde mal sagen, ich sorge mich viel. Ich sorge mich viel, aber ich versuche zu vermeiden, mir Sorgen machen zu müssen. Das gelingt umso besser, je mehr ich mich sorge. Das ist meine Beobachtung zumindest.

Joel Kaczmarek: Du bist so charmant, spitz finde ich bei den Worten, das gefällt mir gut, weil das Lustige am Sorgen machen ist ja, dass man sie aktiv herstellt. Man sagt ja nicht, ich habe Sorgen, sondern ich mache sie mir. Interessant. Was ist denn so der große übergeordnete Zweck, den du eigentlich für dich empfindest? Was ist so deine Berufung? Heute sagt man dein Purpose.

Christoph Werner: Mein persönlicher Purpose.

Joel Kaczmarek: Ja, das gerade auch mit deiner Unternehmung, die dir ein bisschen in den Schoß gefallen ist in Anführungsstrichen. Oder sagen wir mal, du hast sie ja angenommen, aber sie wurde dir ja ein Stück weit schon vorgelegt. Weißt du, was ich meine? So.

Christoph Werner: Naja, ich würde mal sagen, ich bin vom Aufsichtsrat berufen worden. Also das ist jetzt nicht so, dass da ein Automatismus ist. Und nicht umsonst ist auch ein Unternehmen der Größe von DM Togarima ist keine One-Man-Show, sondern hat auch die entsprechenden Strukturen, Governance-Strukturen, damit es geordnet funktioniert. Und auch eine gewisse Stabilität hat. Deswegen für mich gilt genauso, wie für Vorstandsvorsitzende oder Vorsitzende der Geschäftsführung von anderen Unternehmen, dass es Menschen geben muss, die ihnen das wirklich zutrauen. Es ist also eine Meritokratie und kein Nepotismus, der hier zum Tragen kommt. Und das ist auch gut so. Also so viel zum Thema in den Schoß gefallen.

Joel Kaczmarek: Ich wollte nicht sagen, dass du es nicht verdient hast oder so oder dass man nicht an dich glaubt. Du weißt, was ich meine. Der Weg war gezeichnet und ob du ihn gehst, liegt bei dir. Und viele haben aber noch keinen gezeichneten Weg. Weißt du, was ich meine?

Christoph Werner: Naja, ich würde sagen, wenn ich das nicht gemacht hätte, hätte es jemand anders gemacht. Ja, klar. Und vielleicht wäre es sogar dann noch besser geworden. Wissen wir nicht. Wobei ich mich trotzdem anstrenge, möchte ich zu allen sagen, die das jetzt vielleicht hören und nehme das sehr ernst.

Joel Kaczmarek: Okay, wir waren aber beim Purpose.

Christoph Werner: Also mein persönlicher Purpose ist eine gute Frage. Da kann ich jetzt dir nur sagen, wie ich drauf gucke und nicht, dass ich es dir benennen kann. Aber meine ganz persönliche Sichtweise auf die Dinge ist, also ich glaube nicht, dass vor dem Leben ein großes schwarzes Loch ist und sich dann irgendwie etwas konfiguriert und wir dann plötzlich aufwachen hier auf dieser Welt. Oder aufwachen ist eigentlich schon falsch, dann hätten wir ja geschlafen. Also sozusagen, dass unser Bewusstsein plötzlich entsteht und wir am Ende des Lebens, dass sozusagen der große Stecker gezogen wird und alles in ein Nichts fällt. Das glaube ich persönlich nicht. Und aus dieser Überlegung heraus glaube ich, dass wir auf diese Welt kommen aus gutem Grund, weil wir uns was vorgenommen haben für dieses Leben. Dass wir es allerdings vergessen. wenn wir auf diese Welt kommen. Vielleicht als kleine Kinder noch eine gewisse Ahnung haben, vielleicht, aber da können wir uns ja nicht dran erinnern. Unsere Erinnerung setzt ja in der Regel auch erst nach drei Jahren ein. Das ist auch ein interessanter Umstand. Und dass dann im Leben wir versuchen, diese Ziele, die wir uns gesetzt haben, letzten Endes zu erreichen. Und das Schicksal uns sozusagen die Bälle zuspielt. Und jetzt gilt es, diese Bälle eben zu fangen. Und das ist sehr unterschiedlich von Mensch zu Mensch. Und manchen gelingt es, die Bälle zu fangen und andere lassen die Bälle durchsausen und dann kommen die Bälle immer wieder. Und zwar, wenn sie meistens ein bisschen größer und ein bisschen schwieriger zu fangen. Und insofern, was ist die Antwort auf deine Frage? Also ich glaube, es gibt einen Purpose. Und wenn wir vorhin von Glück gesprochen haben, ich glaube, wenn es glückt, dass wir am Ende des Lebens zurückschauen und sagen, es war mein Leben und es ist mir gelungen, dann haben wir unseren Purpose gefunden. Aber ich bin zum Glück erst 50 Jahre alt, habe noch ein paar Jährchen vor mir und da ist noch viel möglich.

Joel Kaczmarek: Ich glaube das auch, dass man mit so einer Art Lernziel in die Welt startet und dass man wahrscheinlich mehrere Leben lebt und immer so eine Art Lernziel hat. Glaubst du, hast du für dich schon deins identifiziert, auch wenn du es vergessen hast vor 47 Jahren?

Christoph Werner: Ja, also was ich zumindest erleben kann, wenn ich zurückblicke. Leben wird nach vorne gelebt und nach hinten verstanden. Also und jedenfalls verstanden. Das ist ja eine Beobachtung, die man machen kann und die ich auch gemacht habe. Was ich zumindest sehen kann, dass ich in meinem Leben immer wieder mit Herausforderungen wirklich konfrontiert war. Wo es letzten Endes, würde ich mal sagen, die Fähigkeit gebraucht hat, immer wieder das Positive auch zu sehen und eben nicht locker zu lassen. Ist es jetzt ein Purpose? Nicht unbedingt, aber vielleicht ein Motiv.

Joel Kaczmarek: Glaubst du an Karma?

Christoph Werner: Ja, glaube ich.

Joel Kaczmarek: Ich auch. Ich glaube irgendwie ehrlich gesagt immer, dass man, wenn man Gutes tut, einem auch Gutes widerfährt. Und ich glaube auch mittlerweile, dass, was die Leute immer als Hölle betrachten, wenn man was Schlechtes tut, was man gefühlt ja immer erst in der Nachschau sagt, wenn hier der Vorhang fällt, dann kommst du dahin. Ich glaube ja ehrlich gesagt, dass viele Leute sich das schon im echten Leben zementieren. Weißt du, was ich meine?

Christoph Werner: Ja, also alles, was wir tun, hat Folgen. Und das gilt natürlich im Positiven wie im Negativen. Und ist zunächst mal wertfrei. Also wie wir in den Wald hineinrufen, so schallt es zurück. Ist ja so ein Sprichwort. Und ich glaube, es kann auch helfen, Situationen anzunehmen, wenn man diesen Gesichtspunkt des Karmas hat. Dass man sich dann sagt, naja, ich kann es vielleicht im Moment nicht verstehen, aber ich kann darauf vertrauen, dass es irgendeinen Sinn hat. Und wir sprachen vorhin von meiner Mutter und den Weg, Den sie am Ende gewählt hat. Natürlich in so einer Situation, jetzt mal ganz konkret, wenn du da am offenen Sarg stehst, da stellst du dir schon ein paar Fragen. Da bleibt die Zeit mal kurz stille stehen. Und wie gehst du denn damit um? Und ich kann jetzt nur sagen, für mich hat letzten Endes da auch das Vertrauen darauf gezählt, dass die Dinge von einem übergeordneten Gesichtspunkt schon ihre Bewandtnis haben und ich nicht glauben darf, dass ich alles gleich verstehen muss. Und vielleicht es auch gut ist, mit offenen Fragen im Leben weiterzuleben.

Joel Kaczmarek: Was waren denn die Fragen, die du dir gestellt hast? Weißt du das noch?

Christoph Werner: Musste das sein? Musste das sein? Und was hätte ich selbst anders gemacht? Und wo waren vielleicht Weichenstellungen? Und was bedeutet das jetzt für mich? Was bedeutet es für mich, wenn ich eine Mutter habe, die diesen Weg gegangen ist? Was bedeutet es im Umgang mit anderen Menschen?

Joel Kaczmarek: Hat es dir Angst gemacht, dass dich das auch treffen könnte?

Christoph Werner: Nein, so habe ich eigentlich nie drüber nachgedacht.

Joel Kaczmarek: Ist bipolar vererblich? Also erblich?

Christoph Werner: Habe ich nie recherchiert.

Joel Kaczmarek: Ich könnte es mir vorstellen, aber ich weiß es auch nicht.

Christoph Werner: Also wie gesagt, ich bin 50 Jahre alt. Mich hat es bisher nicht ereilt.

Joel Kaczmarek: Und ich meine, wenn man aber eigentlich deiner und meiner Hypothese folgt, dass man ein Lernziel hat, dann war das Lernziel deiner Mutter vielleicht erreicht.

Christoph Werner: Vielleicht. Es ist zumindest nicht ausgeschlossen.

Joel Kaczmarek: Spürst du das manchmal noch? Spürst du sie noch um dich rum?

Christoph Werner: Ja, es ist ja so, dass wir uns oft Vorstellungen machen, wie die Dinge zu sein haben. Und so geschieht es dann meistens nicht. Aber ich glaube, wenn wir uns öffnen und einfach Dinge mal zulassen, dann glaube ich schon, dass wir eine gewisse Wahrnehmung haben können. Und ich würde mal so sagen, manchmal haben wir ja Einfälle in Situationen, wo man dann sagt, Mensch, wie bist du denn jetzt darauf gekommen? Wo kommen diese Einfälle her? Vielleicht kommen sie nicht immer aus uns selbst, sondern vielleicht gibt es wirklich, ich möchte mal zum Bild sprechen, helfende Geister um uns rum. Wir sprechen auch von Schutzengeln. Fahre nie schneller, als dein Schutzengel fliegen kann. Ich glaube, wir als Menschen erhalten viel mehr Hilfe, als wir oft glauben. Glaube ich auch. Und das erleben wir ja im Physischen mit Menschen, mit denen wir zusammen sind. Und warum sollten wir denn ausschließen, dass es auch darüber hinaus Kräfte gibt, die uns tragen? Also wie ist das von wunderbaren, wie war das, von hohen Mächten wunderbar getragen?

Joel Kaczmarek: Woher kommt eigentlich all diese Zitate, die du kennst, dieser intellektuelle Schafsinn? Du bist Internatsschüler, glaube ich, oder?

Christoph Werner: Nein, Waldorfschüler.

Joel Kaczmarek: Waldorfschüler. Oh, woher kommt das bei dir?

Christoph Werner: Aber liegt schon sehr lange zurück bei mir, Waldorfschule. Du, ich lese viel. Ich lese viel und mich hat immer interessiert, warum? Warum, warum, warum, warum? Warum geschehen Dinge? Was sind die Motive? Also ich habe mal in einem Podcast mal einen sehr, sehr, sehr, sehr hilfreichen Hinweis gehört. Und zwar war der, wenn du dich selbst beurteilst, beurteile dich anhand deiner Taten. Wenn du andere beurteilst, beurteile sie anhand der Motive, die sie haben. Ja, und das hat bei mir echt resoniert, weil ich habe gesagt, genau das ist genau der Punkt. Nicht nur die Taten, nicht nur das Gewordene, sondern das Wirkende dahinter ist das Entscheidende.

Joel Kaczmarek: Weil das ja sehr, sehr schwer abzulesen ist. Also man sieht ja immer nur, das ist ja ein bisschen die Ursache hinter der Wirkung sozusagen erforschen.

Christoph Werner: Total, ja klar. Da musst du Fragen stellen, da musst du tiefer eintreten. Der große Vorteil ist, dass du dich weniger provozieren lässt, weil wir reagieren ja in der Regel auf die Taten. Also sozusagen auf die Vorderseite, ne?

Joel Kaczmarek: Ja, das stimmt. Ich habe neulich gesagt bekommen von jemandem, so leicht schnippisch, die Message entsteht ja beim Empfänger, hat die mir so zugeworfen.

Christoph Werner: Ja, ist auch nicht falsch, aber ist halt nur ein Teil der Wahrheit.

Joel Kaczmarek: Welchen zweiten Teil würdest du noch dazu dichten? Ich habe mich schwer getan.

Christoph Werner: Ja, wenn ich sage, die Message entsteht beim Empfänger, dann ist natürlich aus der Empfängersicht fehlt das, was ich brauche und das ist das Wohlwollen auch. Also sozusagen, wenn ich dem anderen nicht zubillige, dass er vielleicht was anderes gemeint haben könnte, als was bei mir angekommen ist, dann wird Kommunikation schwierig. Und dann bin ich letzten Endes, gehe ich ab Urteilen durch die Welt.

Joel Kaczmarek: Gehst du viel mit Bewertungen durch die Welt?

Christoph Werner: Natürlich auch, sonst kommst du nicht zu Entscheidungen. Aber wichtig ist das, glaube ich, dass das Urteil nicht sozusagen das erste Glied in dieser Kette ist, die zur Entscheidung führt. Spannend.

Joel Kaczmarek: Ich habe neulich den Satz gesagt bekommen, wie war das? Das war eine total skurrile Situation. Ich bin mit dem Gründer von Flowkey, das ist so eine App, wo man Piano lernt, bin ich Essen holen gegangen beim Thailänder. Und dann waren nur noch zwei Plätze frei, während wir darauf gewartet haben, dass das Essen gekocht wird. Und wir setzten uns mit dem Rücken zu jemand anderem, der da saß und haben ihn vorher gefragt, ist es okay, wenn wir hier kurz sitzen? Wir wollen nur kurz das Essen haben. Und er grunzte uns irgendwas zu. Und wie ich nach vorne gehe, um das Essen zu holen, war noch nicht fertig, gehe kurz auf Toilette, komme wieder, sehe ich, wie die auf einmal er und der Sitznachbar so ganz in so einer Bubble waren. Ich habe erst gedacht, er hätte den aus irgendeinem Grund erkannt oder kannte die App oder irgendwie sowas. Die waren so ganz intim. und dann meinte ich hinterher so, was war denn da gerade los? Ich bin da so dazugekommen und ich konnte nicht ganz unterscheiden, haut der dir gleich auf die Fresse, mal gelinde gesagt, oder ist das ein Bewunderer von dir? Dann meinte er so, naja, ich habe mich da hingesetzt und irgendwann meinte er zu mir, oh, hast du aber einen schönen Rücken. Ach, ist das ein schöner Rücken. Und dann habe ich mich umgedreht, weil ich irritiert war, meinte er, das ist ernst oder nicht? Und dann meinte er, findest du wirklich? Ja, natürlich, das finde ich ganz toll, einen Rücken anzugucken. Und dann kam auf, dass er sich offensichtlich provoziert fühlte dadurch. und dann Hat er zu ihm gesagt, so, ärgert dich das jetzt wirklich, dass ich dir den Rücken zuwende? Ja, natürlich. Was meinst du denn, wie unhöflich ich das finde, dass mir jemand den Rücken Das wollte ich niemals tun, mich in einem Restaurant hinsetzen und den Rücken zuwenden. Und dann habe ich gedacht, das muss man erst mal bringen. Dann guckte Jonas den Typen an. Ich habe es dann aus der Retrospektive erzählt bekommen und meinte, du weißt ja, du gibst hier aber gerade ein ganz schön schlechtes Bild ab. Es gibt diesen Satz, you can judge a man by what upsets him. Und du lässt dich hier gerade von was ganz schön Banalen aufregen. Und da habe ich gesagt, Jonas, in Berlin ist das nicht ungefährlich, das ist so ein Hop oder Top-Moment, entweder es knallt oder es knallt nicht und es knallte nicht.

Christoph Werner: Was war die Reaktion?

Joel Kaczmarek: Entwaffnend, er guckte ihn an und meinte so, ja wirklich, findest du? Ja natürlich, ich habe mich hier einfach hingesetzt mit dem Rücken zu dir, weil ich dich nicht stören wollte, weil wenn ich mich umdrehe, stelle ich zwischen uns einen Moment der Intimität her, den du vielleicht gerade gar nicht willst. Vielleicht störe ich dich. Das war gar nicht böse gemeint. Soll ich mich umdrehen? Ja, mach doch mal, dreh dich doch mal um. Und dann kam ich dazu, wie er sich umdrehte und auf einmal diese Bubble entstand und die verabschiedeten sich dann per Handschlag und Umarmung und wir gingen weiter und haben beide uns reingegrinst und gedacht, was für eine skurrile Situation. Naja, aber you can judge a man by what upsets him.

Christoph Werner: An dem Tag hat ein Freund einen echten Unterschied für diesen Menschen gemacht.

Joel Kaczmarek: Ja, krass, ne? Fand ich ganz besonders. Na gut, du hast gesagt, dass in deinem Leben es oft wichtig war, dass du Menschen hattest, die dir auch eine Stütze waren, mit denen du reden konntest, die dir quasi, vielleicht würde man heutzutage Sparringspartner auch sagen, die dich aufgefangen haben. Wie war das im Beruflichen? Hattest du dort auch Menschen, die wie so eine Art Mentoren oder vielleicht Spiegel für dich funktioniert haben?

Christoph Werner: Ja klar, auf jeden Fall. Jede Kollegin, jeder Kollege, jeder Mitarbeiter. Ja klar, klar. Ich glaube, grundsätzlich lernen wir immer was, wenn wir uns öffnen dafür. Schauen, wo die Chancen liegen. Aber es waren natürlich schon Menschen, die mich geprägt haben. Also ich muss mal so sagen, ich hatte immer das Glück, dass sich Menschen für mich interessiert haben in den Unternehmen, wo ich gearbeitet habe. Ich habe allerdings auch immer den Kontakt dann gesucht. Ich habe viele Fragen gestellt. Und ich hatte jetzt gerade in dem Unternehmen, in dem ich gearbeitet habe, bevor ich dann zu DM gewechselt bin, da hatte ich einen Mentor gehabt, von dem ich wirklich gelernt habe, Wie wichtig es ist, gerade als Führungskraft, wenn man in einer großen Verantwortung steht, sich immer Zeit zu nehmen für die Fragen, die Menschen im Unternehmen haben und immer auch die Dinge zu begründen und nicht einfach aus der Position heraus die Dinge zu machen oder anzuweisen. Die Herausforderung als Führungskraft ist ja oft, dass man einfach ein sehr, sehr großes Pensum hat und dann manchmal dazu neigt, sich nicht die Zeit zu nehmen für die Fragen, die gestellt werden, das also wegdelegiert oder einfach nicht darauf reagiert. Und das zu tun, also letzten Endes hilft es ja für die Menschen, die auch tätig sind, den Purpose zu entdecken. Das ist ja immer der Grund, das Warum. Ja, nicht nur das Wie und das Was, sondern das Warum. Das habe ich einfach lernen können, wie wertvoll das ist. Das versuche ich zu beherzigen, auch wenn es mir nicht immer gelingt.

Joel Kaczmarek: War es denn eigentlich so, dass wenn du entweder durch dieses Unternehmen, wo du vorher warst oder auch jetzt durch TM bewegt hast früher, dass du auf eine andere Art angesehen wurdest, dass du auf eine andere Art behandelt wurdest? So der Sohn vom Chef, dieses Stärke und Schwäche zugleich oder Schmerz und Leid zugleich?

Christoph Werner: Im Unternehmen meinst du? Naja, also als ich in so ein Unternehmen eingetreten bin, war mein Vater ja nicht mehr in der operativen Verantwortung. Es gab ja einen Geschäftsführer, der die Verantwortung übernommen hat von meinem Vater, als mein Vater sich zurückgezogen hat und von dem ich dann wiederum die Verantwortung übernommen habe. Und damit war dieser unmittelbare Vergleich gar nicht so intensiv erlebbar.

Joel Kaczmarek: Ich meine, ich kenne eure Besitzverhältnisse bei dm jetzt nicht, aber man könnte ja sagen, du bist ja quasi der Erbe, so würde ich dich wahrnehmen, wenn ich jetzt da, sage ich mal, ein Rädchen im Getriebe wäre.

Christoph Werner: Also ich achte bei dm darauf, dass wir uns immer an den Kunden orientieren und auf die Kunden achten und dass die Frage der gesellschaftsrechtlichen Rahmenbedingungen, dass die möglichst wenig im Mittelpunkt stehen. Ist auch die Aufgabe der Geschäftsführung, muss ich ganz klar sagen. Wir müssen dafür sorgen, dass die Menschen immer schauen, was braucht der Kunde, wie können wir unsere Leistung generieren und sich nicht Gedanken machen, was könnte diesem oder jenem denn gefallen, der jetzt nicht derjenige ist, der letzten Endes unser Arbeitgeber ist, nämlich Arbeitgeber sind Kundinnen und Kunden für uns.

Joel Kaczmarek: Aber hast du trotzdem die Situation, dass du gemerkt hast, dass Menschen dich anders behandeln in deiner Organisation, weil du halt eben quasi Erbe des Gründers bist?

Christoph Werner: Ach, das weiß ich nicht. Das weiß ich nicht.

Joel Kaczmarek: Das weiß man.

Christoph Werner: Das spürt man. Da müsste ich ja beides erleben im Unternehmen. Ich habe ja davor im Ausland gearbeitet. Da hat DM keine Rolle gespielt. War gar nicht bekannt. Da war ich sozusagen ein Mitglied der Arbeitsgemeinschaft wie alle anderen auch. Und bei DM war das sofort anders. Ich war ja davor auch im Aufsichtsrat von DM gewesen, bevor ich operativ dann eingestiegen bin. Da musste ich ja das Amt niederlegen. Weil es in Deutschland nicht anders geht. Und damit, klar, war ich immer schon bekannt. Aber ich glaube, das ganz Entscheidende ist, dass die Menschen dann Zutrauen gewinnen auch. Und sagen, gut, der trägt ja was bei, auf den kann ich setzen. Und wenn der Beiträge bringt, das lohnt sich auch anzuhören. Nicht nur, weil er vielleicht das letzte Wort grundsätzlich hat, sondern weil es uns auch tatsächlich weiterbringt. Darum sich zu bemühen, gilt es meines Erachtens.

Joel Kaczmarek: Gab es eine Situation in deinem Leben, einen Moment, wo du überlegt hast, DM den Rücken zu kehren, den Staffelstab nicht zu übernehmen, nicht in diese Fußstapfen zu treten, nicht in diese Verantwortung zu tragen?

Christoph Werner: Ja, ich würde mal sagen, als Ausgangspunkt meiner beruflichen Karriere stand es nicht im Vordergrund. Wirklich? Nö, hätte es mir auch nicht zugetraut damals. Wirklich? Nee, dem war schon damals zu groß. Sehr erfolgreich. Und die Tatsache, dass du der Sohn bist, heißt ja nicht, dass du das Hirn deines Vaters auch automatisch vererbt bekommen hast.

Joel Kaczmarek: Ja. Leider denken das viele.

Christoph Werner: Es gibt ja von Goethe, was du erabt von deinen Vätern hast, erwirb es, um es zu besitzen. Finde ich auch einen ziemlich starken Satz.

Joel Kaczmarek: Der Herz gekonnte, stimmt.

Christoph Werner: Erwirb es, um es zu besitzen.

Joel Kaczmarek: Du meinst, man muss sich seine Talente auch ein bisschen erarbeiten.

Christoph Werner: Die Erkenntnisse musst du dir erarbeiten. Erkenntnisse kannst du nicht übernehmen. Also Wissen kannst du übernehmen. Aber eine Erkenntnis ist nochmal was anderes.

Joel Kaczmarek: Das ist ja interessant. Was ist für dich der Unterschied? oder was macht für dich die Linie aus?

Christoph Werner: Ich würde mal sagen, Wissen kann transferiert werden. Das kann ich lernen. Aber die Erkenntnis zu haben, zu sagen, genau das ist richtig. Damit möchte ich mich verbinden. Dafür möchte ich eintreten.

Joel Kaczmarek: Wissen kann wie an so einem Fluss an dir vorbeifließen, permanent. 100 Mal kriegst du es selber gesagt und erst beim 101. Mal kommt die Erkenntnis. Ja, hast du total recht.

Christoph Werner: Und das kannst du nicht übertragen. Das musst du dir erarbeiten. Deswegen erwirb es, um es zu besitzen.

Joel Kaczmarek: Ich könnte mit dir noch stundenlang weitersprechen, aber wie du gerade richtig gesagt hast, eine Managementkraft hat viele Verantwortungen. Und das ist auch irgendwie ein schöner Schlusssatz. Danke, dass wir von dir so viel erwerben durften heute. Vielleicht machen wir noch eine Fortsetzung. Ich finde, es würde sich anbieten.

Christoph Werner: Wir sind ja noch jung.

Joel Kaczmarek: Danke dir auf jeden Fall. Vielen, vielen Dank.

Outro: Ja, gerne. Bis dann. Tschüss. Danke fürs Zuhören beim Digital Kompakt Podcast. Du merkst, hier ziehst du massig Wissen für dich und dein Unternehmen heraus. Wenn du mit uns noch erfolgreicher werden möchtest, abonniere uns auf den gängigen Podcast Plattformen. Und hey, je größer wir werden, desto mehr Menschen können wir helfen. Also erzähl doch auch deinen Kolleginnen und Kollegen von uns. Bis zum nächsten Mal.