Was bringt Diversity in der Firmenkommunikation? 🗣
11. Januar 2023, mit Joel Kaczmarek, Lunia Hara
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Intro: Digital kompakt. Heute aus dem Bereich Führung mit deinem Moderator Joel Kaczmarek. Los geht's.
Joel Kaczmarek: Hallo Leute, mein Name ist Joel Kaczmarek. Ich bin der Geschäftsführer von Digital Kompakt und heute ist Diversität in der Kommunikation unser Thema. Und zwar ist ja so, ich habe ja ganz oft die liebe Lunja Hara von Dikonium an meiner Seite. Die steht ja für empathische Führung und wir wollen gerne erreichen, dass mehr Menschen sich in der Führung darüber Gedanken machen, wie sieht es eigentlich um mich herum aus, wie divers ist die Welt und was kann ich selbst dazu beitragen. Und heute haben wir uns überlegt, wollen wir mal das Thema Kommunikation aufgreifen. Und da habe ich einen guten alten Bekannten, den kenne ich wirklich schon seit 20 Jahren, 15 bestimmt. Also rechne mal nach.
Sachar Klein: Knapp 15, ja.
Joel Kaczmarek: Den lieben Sachar Klein, der hat mit Hyper eine der Kommunikationsagenturen schlechthin, würde ich sagen. Für mich in meinem Kopf, weil er sagt gleich selber was dazu, ist es eine Manufaktur, die, glaube ich, sehr gut gediegen ist bei vielen Menschen und einfach sehr hochwertige Arbeit macht. Und in seinem Social-Auftreten fiel mir auf, dass er sich viel Gedanken macht über Diversität in der Kommunikation und auch öfters mal in Reibung geht mit Menschen. Und darum dachte ich, wenn wir darüber heute mal reden, dann ist er der ideale Gast für »Lunia und mich«. That being said, normalerweise mache ich am Anfang immer einen kurzen Überblick, worüber wir heute reden. Wir haben gesagt, wir machen mal ein bisschen Flow. Also wir lassen uns mal treiben, aber so grob wird es darum gehen, welchen Sinn hat das eigentlich? Warum ist es wichtig, divers zu kommunizieren? Welche positiven Effekte nehme ich mit? Wie viele Leute machen das eigentlich und warum machen es manche Leute nicht? Aber that being said, erstmal herzlich willkommen, liebe Lunja. Schön, dass du wieder an meiner Seite bist.
Lunia Hara: Hallo Joel, freut mich und danke Sachar, dass du da bist.
Sachar Klein: Ja, danke für die Einladung.
Joel Kaczmarek: Ja, wir hatten es erst einmal zu tun, da warst du bei Skojo von Bertelsmann, warst du noch Pressesprecher. Dazwischen hat es dich dann zu Glossybox getrieben. Eplus war davor, ne? Vor Glossybox kam Eplus, Pressechef. Und dann nach Glossybox gleich Hyper, habe ich das so richtig in Erinnerung?
Sachar Klein: Genau so.
Joel Kaczmarek: Guck mal, ich verfolge deinen Werdegang hier.
Sachar Klein: Ja, vielen Dank.
Joel Kaczmarek: Erzähl doch mal ganz kurz zwei Sätze über Hyper und über deine Arbeit, wer du bist, was du machst, wie du tickst.
Sachar Klein: Ja, ich habe 2016 mich selbstständig gemacht als Kommunikationsberater, 2017 dann die Kommunikationsagentur Hyper gegründet. Wir arbeiten für Unternehmen, die irgendetwas mit der Digitalisierung zu tun haben. Entweder sie nutzen die Digitalisierung, um die Welt zu verändern. Oder aber die Welt zwingt sie, die Digitalisierung anzuwenden, weil sie sich sonst unter Umständen eben nicht werden halten können. Wir sind ein kleines, feines Team, das quer über Deutschland und mittlerweile auch Schweden verteilt ist, so irgendetwas zwischen 10 und 15 Personen und machen das, was man wahrscheinlich am ehesten als PR bezeichnen würde.
Joel Kaczmarek: Kommen eigentlich Leute auf dich zu mit dieser Frage, Sacha, wie kann ich eigentlich diverser, inkludierender, menschenfreundlicher kommunizieren? oder ist es gar nicht dein Turf?
Sachar Klein: Also auf mich kommen sie damit nicht zu. Im Zweifel komme ich damit auf sie zu und sage, wir müssen da was tun und wir müssen da was ändern.
Joel Kaczmarek: Was sind denn so klassische Beispiele bei dir?
Sachar Klein: Du hast ein Board, eine Geschäftsführung und da sitzen drei, vier, fünf Personen und die sind alle männlich und die sind alle weiß und die sind alle so um die 35 bis 45 und im Zweifel heißen sie alle Michael und tragen hellblaue Hemden und dann kriegst du dieses Foto, wo sie irgendetwas Wichtiges kommunizieren wollen, sollen, müssen und dann sagst du, so geht das nicht. Also klar, das kannst du so machen, aber unser Job ist ja sicherzustellen, dass ihr in der Öffentlichkeit gut gesehen werdet und nicht nur gesehen werdet, sondern dass Menschen auch positive Assoziationen haben, wenn sie euch sehen, wenn sie etwas über euch sehen. Und Diversität ist mittlerweile einfach ein extrem wichtiger Faktor, der, wenn er nicht da ist, dazu beiträgt, dass Menschen, das Unternehmen negativ gesehen werden. Und weil wir eben die Reputation unserer Auftraggebenden achten, legen wir da den Finger in die Wunde.
Joel Kaczmarek: Und wie sind so die Reaktionen, wenn du sowas sagst? Ich meine, die können ja meistens auch nicht von heute auf morgen ihr Wort jetzt irgendwie umbesetzen. Was macht das mit denen?
Sachar Klein: Ja, toll finden sie es nicht. Das macht ihnen keinen Spaß. Das macht mir übrigens aber auch keinen Spaß. Also ich bin auch nicht jemand, der wahnsinnig gerne Leuten irgendwie gegen Schienbeinen tritt. Ich halte es aber trotzdem total wichtig, das zu tun. A, weil ich überzeugt davon bin, dass Diversität die Welt besser macht und B, weil es eben mein Job ist, sicherzustellen, dass unsere Auftraggebenden positiv empfunden und gesehen werden. und Im ersten Moment heißt es, ach komm, aber wir haben geguckt und wir finden keine Frauen und wir finden auch keine Personen mit einem anderen Background, als die, in denen wir sind. Und dann fängst du an, mit ihnen immer wieder dieses Thema zu penetrieren und es tut sich was. Also wir haben einen Auftraggeber, für den wir jetzt arbeiten. seit knapp vier Jahren arbeiten. Als wir gestartet sind, war das Board noch aus drei Personen. Jetzt sind es fünf Personen. Damals waren es drei Männer, jetzt sind es drei Männer, zwei Frauen. Also es gibt noch zigtausend andere Faktoren, die auch eine Rolle spielen müssten. Ob die alle aus Deutschland kommen, ob sie alle eine weiße Hautfarbe haben, ob sie alle einen BWL-Hintergrund haben, ob sie 30, 20, 50, 70 Jahre alt sind. Es gibt ja diverse Faktoren, die dazu beitragen, dass ein Unternehmen diverser wird. Und Diversität ist ja auch nichts, was zum Selbstzweck existiert, aber unsere Gesellschaft ist halt bunt. Und wenn du Menschen unterschiedlicher Couleur ansprechen möchtest, dann gelingt es am ehesten, wenn du eben selber all diese Farben abdeckst.
Joel Kaczmarek: Wahrscheinlich bleibt es ja da auch nicht stehen. Wir haben ja im Vorgespräch uns gerade unterhalten, da meintest du so, ja, es kommt auch nicht so cool, wenn die dann irgendwie sich selber mit Selfies darstellen, wie sie irgendwie mit dem Flieger nach München jetten von Berlin aus oder weiß ich nicht, gerade die Giftsuppe in den Rhein kippen oder so. Also diese klassischen ESG-Kriterien, also für mich gehören die auch immer so zum Thema Digitalisierung und Diversität dazu. Habt ihr für euch so ein Werteset? Also habt ihr für euch so eine kleine Landkarte, wo ihr sagt, darauf prüfen wir jeden unserer Kunden irgendwie drauf ab?
Sachar Klein: Wir haben ein paar Branchen, die wir per se ausschließen. Das ist Rüstung, Glücksspiel, Alkohol, Tabak. Wir haben einfach so einen moralischen Kompass, den wir nicht irgendwo groß niederschreiben müssen, sondern wo wir in unserem eigenen Hiringprozess einfach sehr stark darauf achten, ob die Leute, die zu uns stoßen, tatsächlich zu unserem Wertesystem, Wertekompass passen. Und wenn das der Fall ist, ist es schön. und dann musst du auch nicht fortwährend sagen, Wir müssen sicherstellen, dass dies und das und das gegeben ist, sondern wir bringen einen respektvollen Umgang mit an den Tisch und das erwarten wir auch von der Gegenseite. Und wenn das der Fall ist, dann bist du sowieso auf dem richtigen Weg und Menschen sind dann offen für Impulse und verstehen es nicht als negative Kritik, sondern eben als Beratung und das, wofür sie uns eigentlich gebucht haben.
Lunia Hara: Hast du das Gefühl, dass ihr da auch überzeugen müsst noch?
Sachar Klein: Total. Wenn ich spreche, versuche ich Menschen zu inkludieren und nicht exkludieren. Ich habe mir die gendergerechte Sprache angewöhnt. Ich bin damit auch nicht geboren worden. Und als ich studiert habe und von Gender Studies einen Aushang an der Universität gesehen habe, dachte ich auch, oh Gott, hier möchtest du niemals landen. Und mittlerweile verstehe ich einfach, was der Mehrwert einer gendergerechten Sprache sein kann. Und dementsprechend versuchen wir auch unsere Auftraggebenden dafür zu sensibilisieren, weil wir einfach sehen, welche positiven Effekte dadurch entstehen können. Und die meisten sagen auch, bitte auf. Und ich bin wirklich vom Glauben abgefallen, als ich vor zwei Wochen einen unserer Auftraggebenden in einem Podcast gehört habe, der dann eben so von SchülerInnen gesprochen hat und das vor einem Jahr uns noch gesagt hat, niemals werde ich gendergerecht sprechen. Und Früher oder später, sie tun es, weil es einfach der Common Sense in unserer Gesellschaft ist und entweder bist du am Anfang dieser Bewegung oder du bist am Ende dieser Bewegung, aber irgendwann bist du Teil dieser Bewegung, davon bin ich überzeugt.
Lunia Hara: Ist es tatsächlich der Common Sense unserer Gesellschaft oder ist es halt auch gerade für Unternehmen eigentlich eher ein Muss, weil sie keine andere Wahl haben, weil sie halt in der Außendarstellung entsprechend anders wahrgenommen werden?
Sachar Klein: Die Frage ist, also ich glaube es ist auch durchaus ein Differenzierungsmerkmal, wenn du ganz klar dagegen bist und dagegen argumentierst und sagst, ich möchte das nicht. Ich möchte von Männern und Frauen sprechen und glaube nicht an das dritte Geschlecht oder ich möchte auch eine Gesellschaft, die nicht inkludiert. Die Frage ist, ob wir als Dienstleistende uns halt mit so etwas gemein machen wollen. Wir für uns definitiv nicht. Wir leben in einer Welt, in der wir immer sagen, Unternehmen müssen Haltung zeigen. Und wenn wir wollen, dass die Welt besser wird und wenn wir wollen, dass unsere Kinder in einer besseren Welt aufwachsen, dann können wir diese Veränderung vorantreiben. Und als Unternehmen hast du einen größeren Hebel als Individuum. Und deswegen sehen wir es eben für uns als Abkürzung, Unternehmen dabei zu helfen, dass sie Dinge besser machen und nicht schlechter.
Joel Kaczmarek: Und was du gerade mit dem Gendern gesagt hast in der Sprache, ich muss mich so an ein Beispiel erinnern, ich darf regelmäßig Podcast-Werbung aufnehmen, dann habe ich gerne, dass mir die mal was schreiben und sagen, ja, unser Tool ist super geeignet für, und dann zählen die so drei Rollen auf. Und die machen das nie divers, ich setze mich dann immer hin, diversifiziere den ganzen Text. und jetzt muss ich als Medienmacher auch sagen, das macht natürlich keinen Spaß, wenn du dann sagst, das ist ideal für ProjektmanagerInnen, für KundInnen mit mhm und für XY mit Innen hinten dran auch. Also es wird halt gerade in der geschriebenen und gesprochenen Kommunikation sehr schnell sehr sperrig. So, wie habt ihr das denn für euch gelöst, wenn ihr den Wert dessen erkennt, es trotzdem in eure Habits reinzukriegen? Weißt du, was ich meine? Also da tut einem ja manchmal das Sprachgefühl schon weh. Ich habe jetzt ein Buch gelesen, da war zum Beispiel ein Intro, da hieß es, ich schreibe das nicht, weil ich das ickig finde, aber mir ist ganz wichtig, euch liebe LeserInnen am Anfang zu sagen, dass ihr alle damit gemeint seid. Ich mache es nur für den Sprachfluss nicht und mhm.
Sachar Klein: Guck mal, wie leicht es dir von den Lippen ging, LeserInnen zu sagen. Also es ist etwas, was am Anfang zu Verwirrungen führt und du stolperst. Und wenn man sich gegenseitig dafür sensibilisiert, dann hat man es irgendwann drauf. Und irgendwann ist ein relativ kurzer Prozess. ManagerInnen? haben wir natürlich, ich glaube, vier oder fünf Mal mittlerweile diskutiert und uns entschieden, ManagerInnen nicht zu sagen, weil Manager ein englischer Begriff ist, der dann eben auch gegendert komisch klingt, also zumindest der Grammatik widerspricht. Aber wir würden immer von LeserInnen sprechen, wir würden immer von SchülerInnen sprechen. Und wir haben, als wir das 2019 bei uns im Team eingeführt haben, uns über Monate gegenseitig dafür sensibilisiert, haben auch mit VertreterInnen von anderen Unternehmen und Agenturen gesprochen, wie die das machen. Es gibt ja auch mehrere Schreibweisen. LinkedIn verwendet den Doppelpunkt. Wir haben mit der Redaktion gesprochen, warum sie den Doppelpunkt verwenden. Wir hatten vorher das Sternchen, dann haben wir gelernt, dass der Doppelpunkt von manchen Maschinen nicht erfasst wird und Menschen ohne Gehör das Sternchen bevorzugen. Also es gibt das Binnen-I und ich vermute und fürchte, dass du am Ende nicht allen gerecht werden kannst, aber es ist zumindest ein Versuch, dass bestimmte Menschen keinen Schmerz empfinden, wenn du bestimmte Schreibweisen und bestimmte Aussprachen verwendest. Und das ist ja letztendlich das, worum es eigentlich geht. Du versuchst, die Welt ein kleines bisschen größer zu machen und Menschen mitzunehmen und sie eben nicht draußen vor der Tür stehen zu lassen, nur weil du bestimmte Schreibweisen oder bestimmte Aussprachen verwendest. Weil am Ende möchtest du ja, dass dein Unternehmen erfolgreich ist und nicht, dass dein Unternehmen nur für 20 Personen erfolgreich ist.
Joel Kaczmarek: Mich macht es immer nur optisch kürre, wenn ich ganz ehrlich bin. Manchmal so Überschriften, wenn dir dann die Überschrift umbricht, weil du drei Rollen mit innen und hinten dran hast und so. Und dann die Doppelpunkte, wir machen Doppelpunkte und die lesen sich komisch und so. Aber ich weiß, es ist ein Schmerz worth investing, höre ich jetzt so auch bei dir raus.
Lunia Hara: Und es ist halt die Frage, wie groß ist denn da letztendlich der Schmerz? Und der ist tatsächlich nicht groß.
Sachar Klein: Also mein Schmerz war riesig, als die neue Rechtschreibung kam und das mit SZ durch das mit Doppel-S ersetzt wurde.
Joel Kaczmarek: Oh ja. Das findet ihr schlimm und das Innen nicht.
Sachar Klein: Genau, das ist nämlich der Punkt. Also Schmerz ist ja total relativ. Wir haben ja im Vorgespräch über Schmerz und Objektivität und Subjektivität gesprochen. Für mich ist bis heute das immer noch ein Umgewöhnungsthema und ich schreibe so häufig das mit SZ, weil ich es in der Schule so gelernt habe und weil mich niemand dafür sensibilisiert hat nach der Schule.
Joel Kaczmarek: Wo fängst du denn eigentlich für dich an? Also wenn man sagt, man hat eine diverse Gesellschaft, es gibt ja manchmal auch sehr, sehr kleine nischige Gruppen. Also jetzt eben das Beispiel zum Beispiel mit dem dritten Geschlecht. Und da ging es ein bisschen um das Thema divers. Und da hatten wir mal geguckt, das ist halt unter ein Prozent der Menschen, die sich als divers betrachten. Trotzdem ist gesetzliche Pflicht, dass irgendwie MWD hinter jeder Jobbeschreibung steht. Erscheint uns, glaube ich, allen intuitiv richtig, aber trotzdem fragt man sich ja heutzutage manchmal, wo fängt man an, wo hört man auf, was ist wichtig abzubilden und was nicht. Hast du da für dich schon was gefunden?
Sachar Klein: Ich versuche, den Menschen gerecht zu werden, die ich kenne und von denen ich weiß, dass es sie gibt und ich sie nicht kenne. Und das Thema Diversität im Sinne von drittes Geschlecht war für mich ein extrem schwer greifbares intellektuelles Thema, weil ich tatsächlich jahrelang nicht verstanden habe, was das eigentlich bedeutet, dass sich jemand nicht als Mann und gleichzeitig nicht als Frau fühlt. Als was dann? Und das war für mich sehr schwer zu greifen, bis wir letztes Jahr eine Person hatten, die mit und für uns zusammengearbeitet hat und eben genau diesem dritten Geschlecht sich zugehörig fühlte und wir tatsächlich darüber gesprochen haben, um diese Person besser zu verstehen. Und dann lernst du, dass du nicht sie sagst, weil sie eher femininum impliziert, sondern Person. Oder dass du den Namen öfter aussprichst. Und das klingt total komisch, weil du dann immer Joel, Joel, Joel sagst anstelle von RRR. Und wir ja gelernt haben im deutschen Gericht, man soll unterschiedliche Formulierungen verwenden, damit es schön klingt oder damit es irgendwie den kultivierten Eindruck erweckt. Aber wenn es am Ende dazu beiträgt, dass eine Person sich wohl fühlt und gewertschätzt fühlt und sich zugehörig fühlt, dann ist es, finde ich, eine relativ kleine Investition.
Lunia Hara: Und vor allem, was verliert man selbst? Das ist ja letztendlich immer die Frage. Also man verliert ja in den seltensten Fällen ja selber etwas und trotzdem sperren sich Menschen dagegen.
Joel Kaczmarek: Ich habe immer nur das Gefühl, das Minenfeld wird größer. Das ist so das Einzige. Es tut nicht weh, ein Binnen-I zu schreiben. Es tut auch nicht weh zu sagen, ich sage jetzt nicht er oder sie, sondern was ist denn dein Personalpronomen? Es wird nur irgendwann immer mehr, ne? Das stimmt.
Sachar Klein: Das liegt daran, dass wir Menschen einfach sehr, sehr, sehr unterschiedlich sind und sehr unterschiedliche Bedürfnisse haben. Und die eine Person geht am Samstag gerne auf den Markt und die andere schaut gerne Fußball. Und andere Menschen definieren sich bei anderen Faktoren. Und ich glaube, wir haben jahrelang oder jahrelang, jahrhundertelang in einem System gelebt, in dem Medien einen sehr, sehr kleinen Ausschnitt unserer Welt gezeigt haben, einfach dadurch, dass nicht jeder senden konnte. Und dadurch, dass heute jeder senden kann und jede Person senden kann, schaffst du eine Vielstimmigkeit und schaffst du eine Vielschichtigkeit im Bewusstsein von Menschen. Und für jede Person da draußen gibt es Nischen und wenn nicht, dann schaffen sie sich neue Nischen. Und das führt letztendlich dazu, dass irgendwann auch diese Nischen gesehen, gehört werden und auch gehört werden wollen. Und wir wissen ja alle, was es bedeutet, in Deutschland Minderheiten zu unterdrücken. Und deswegen sind wir vielleicht ein bisschen sensibilisierter dafür, das nicht zu tun. Und ich muss ehrlicherweise sagen, das mit dem Pronomina, das finde ich auch irgendwo komisch, weil es irgendwie so für mich normal ist. Ich bin halt ein Mann und fühle mich als Mann. Aber wenn andere Leute das Gefühl haben, dass sie sich in ihrer Einzigartigkeit oder in ihrer Eigenheit dadurch besser abgeholt fühlen, mir tut es nicht weh.
Joel Kaczmarek: Luna, da kannst du mich ja mal vielleicht ein bisschen erleuchten. Ich habe manchmal so dieses Momentum, wenn ich den Eindruck habe, jemand ist jetzt sozusagen in der, wenn ich mir die Gesamtbevölkerung angucke, macht der so einen krassen Sonderfall aus. Also ich habe noch nie gehabt, dass ich bei jemandem uns beworben habe, der ein drittes Geschlecht für sich in Anspruch nimmt. Und dann denke ich mal so, okay, ich habe kein Interesse, dem wehzutun, ich möchte gerne auf die Bedürfnisse eingehen, aber der Preis, den die Person mal zahlt, ist, dass ich es mir einmal erklären muss und dass ich dumme Fragen stelle. Und dann denke ich mal, aus meiner Warte, denke ich so, ja, ist ja gerechtfertigt, die macht gerade 0,3 Prozent der Gesellschaft aus, dann muss sie halt auch daran gewöhnt sein, es mal zu erklären. Wenn man jetzt aber den Winkel mal umdreht und ist sozusagen mal in ihrer Rolle, dann muss sie das jeden Tag 40 Mal erklären, dann denke ich, platzt ihr immer in den Kopf. So.
Lunia Hara: Ja, und das ist das, wo halt viele kein Verständnis für haben, dass es für den Einzelnen ist einfach, ah, jetzt habe ich mal die Chance, eine Frage zu stellen. Aber andersrum ist es für mich, ich muss dauernd diese Frage beantworten, diese eine, und dann ist man halt auch mal genervt und hat keinen Bock drauf und dann ist der andere dann wieder frustriert oder sauer. Aber was hindert denn dich daran zu sagen, okay, ich recherchiere mal das?
Joel Kaczmarek: Das setzt ja immer das Wissen schon voraus, dass es das manchmal gibt. Also manchmal stößt man ja mit dem Kopf so wie gegen so ein Brett und merkt dann erst, okay, hier passiert gerade was.
Sachar Klein: Ich glaube, das hat vor allem auch damit zu tun, welche Fragen du stellst. Also es gibt ja Fragen, mit denen du es dir sehr einfach machst, so nach dem Motto, wie ist denn das? Und dann weißt du als jemand, der befragt wird, auch gar nicht, was damit gemeint ist. Und dann gibt es Fragen, die sehr zielgerichtet sind, die es auch der anderen Person einfach machen, sich zu öffnen. Und ich kann halt nur sagen, ich bin als Jude in Deutschland groß geworden. Und wie oft ich diese Frage gehört habe, wie ist es denn als Jude in Deutschland zu leben? Ich wusste gar nicht, wo ich ansetzen soll, weil ich ja gar nicht weiß, wie es ist, als Nicht-Jude in Deutschland zu leben, weil ich ja nur diese eine Identität habe. Und wenn die Frage gestellt wird, wie lebst du dein Judentum in Deutschland aus? Ja, das kann ich beantworten. Welche Feste feiert ihr? Das kann ich beantworten. Je spezifischer du in deinen Fragen bist, desto einfacher wird es für die Person. Und ehrlicherweise, ich hätte gar nicht die Probleme gehabt, diese Fragen auch gerne zu beantworten. So habe ich das auch letztes Jahr mit unserer Person erlebt, die eben non-binär war oder ist. Diese Person hat wahnsinnig gerne darüber gesprochen, wenn du Fragen gestellt hast, die es ihr einfach gemacht haben, diese Fragen zu beantworten. Wenn du ankommst und sagst, wieso bist du non-binär? Also Fragen, die sie auch so gestellt bekommen hat. Das wird schwierig, weil du dann natürlich auch durchaus zu Recht in die Ecke gestellt wirst, dass du wenig empathisch kommunizierst, dass du dir eben nicht vorher Gedanken darüber gemacht hast, was macht das eigentlich mit anderen Personen, wenn ich diese Frage stelle und am Ende wollen wir unsere Zeit auf diesem Planeten sinnvoll nutzen, gut und gerne miteinander zusammenzuleben.
Joel Kaczmarek: Wobei mir ehrlich gesagt lieber ist, jemand wirkt in der Sekunde unempathisch, aber er fragt. Ich finde, was schlimmer ist, ist, wenn die Leute anfangen aufhören zu reden, weil sie Angst haben, oh, ich könnte Lunia verärgern, oh, der Sacher, der kreidet mich an, ich werde öffentlich angezählt, ich kriege hier einen Streit, ich bin eher harmoniebedürftig. Also ich finde, das Schlimmste ist eigentlich, wenn die Leute nicht mehr reden. Das finde ich fast gruseliger. Wie viel ist denn das bei dir? Also siehst du das oft in deinem Job, dass Leute dann sagen, ich nicht weiß, ob ich das Richtige sage, sage ich lieber gar nichts.
Sachar Klein: Naja, das wären wahrscheinlich eher wir, die dann irgendwann nichts mehr sagen, weil wir wissen, dass wir jemanden vor den Kopf stoßen und dass wir Diskussionen führen, von denen wir glauben, dass wir sich schon längst überwunden haben. Aber wir sind halt ambitioniert und wir wollen auch weiterhin ambitioniert arbeiten. Insofern treten wir an, um zu nerven.
Lunia Hara: Ich bin letztendlich auch dafür, dass man sagt, im Zweifel, man kann schon fragen. Ich bin auch dafür, dass man halt im Dialog bleiben muss, weil wenn man nicht miteinander spricht, das löst ja nicht das Problem. Aber man sollte halt auch offen dafür sein, wenn die andere Person nicht bereit ist, darüber zu sprechen, dann entsprechend auch das zu akzeptieren.
Joel Kaczmarek: Was ich ja gerne mal als Brücke jetzt bauen würde, Lunja, wir hatten das auch im Vorgespräch mit dir. Du hattest ja vor kurzem auch wieder so ein Erlebnis, wo irgendwie Rassismus thematisiert war und du hast dann dieses Bild nochmal rausgeholt, eben im Gespräch mit uns, was wir mit Ellen, glaube ich, auch mal hatten. Ich glaube, ihr Beispiel war, wenn dir jemand beim Ausparken auf dem Supermarkt rückwärts über den Fuß fährt, dann steigt er aus und entschuldigt sich bei dir. Wenn das aber verbal, emotional passiert, dann glauben sie einem den Schmerz nicht. Kannst du das mal so aus der Innenperspektive darstellen? Weil da geht es ja genau um diesen Faktor, wie man Menschen mit Sprache verletzt, man kann es aber nicht sehen.
Lunia Hara: Also es ist eigentlich genau das Beispiel. Also wenn du jemanden auf den Fuß trittst, bevor der Aua sagt, sagst du meistens Entschuldigung, das wollte ich nicht. Und dann sagt die andere Person, war gar nicht so schlimm, hat nicht wehgetan. Aber wenn jemand ein Wort verwendet, was vielleicht mich beispielsweise verletzt, dann kommt keine Entschuldigung. Dann kann ich sagen, na gut. Manche Leute haben es noch nicht verstanden, können es nicht nachvollziehen. Ich habe diese Diskussion selber öfters gehabt, dass ich dann irgendwie versucht habe zu erklären, das ist nicht politisch korrekt, das ist rassistisch, solltest du in meiner Anwesenheit unterlassen und trotzdem Leute weiter argumentieren, dass sie darauf bestehen, dieses Wort zu verwenden, weil sie es so gelernt haben. Und das ist dann an dem Punkt, wo ich dann halt zumindest inhaltlich aussteige und sage, okay, Rein auf der menschlichen Ebene, du musst es nicht verstehen. Warum? Aber ich möchte, dass du akzeptierst, wenn ich sage, es verletzt mich und bitte unterlasse es. Da geht es nicht darum, wieso, weshalb, warum. Und wenn du das so klar aussagst und jemand trotzdem meint, ich werde damit nicht aufhören. dann ist das einfach rein auf der menschlichen Ebene und mangelnde Empathie letztendlich. Nur weil ich nicht verstehe, warum das bei dir einen Schmerz verursacht, existiert der nicht. Das ist letztendlich die Aussage, die dahinter steckt. Und die meisten Menschen werden es einfach nicht verstehen. Wenn du nicht schwarz bist, dann wirst du vielleicht die Probleme oder die Dinge, die mir wehtun, nie nachvollziehen können. Weil du steckst nicht in meiner Haut. Es müsste doch reichen, wenn ich dir das einfach einmal sage, Dass das akzeptiert wird. Die Leute verlieren ja gar nichts dabei.
Joel Kaczmarek: Ist komisch, die benehmen sich immer so, als wenn sie ganz viel verlieren. Nein, ich sag nicht Schokokuss. Ich nenne das so, wie ich das früher genannt habe. Was genau tut dir das weh? Und ich finde diese Debatten hat man überraschend oft. Es ist so banal und trotzdem hängen die Leute so dran.
Sachar Klein: Ja, du hast es ja auch bei so vielen anderen Themen, also Gleichstellung der gleichgeschlechtlichen Ehe. Es ist ja nicht so, dass du jemandem irgendetwas wegnimmst, sondern du gibst Menschen Rechte, die sie vorher noch nicht hatten. Und das ist immer so. ein bisschen die Frage, ob es ein Problem für dich darstellt, dass andere Leute es auch gut haben, dass sie auch gehört werden, dass sie auch verstanden werden. Und wenn nun ihr sagt, das tut mir weh, dann musst du es nicht nachempfinden können, aber du musst es respektieren.
Joel Kaczmarek: Was machst du dann, wenn die Leute das weitermachen?
Lunia Hara: Ich kann da nichts machen, weil die Diskussion führt ja in eine Sackgasse. Ich kann ja nur weggehen und den Kontakt meiden, aber du kriegst ja die Leute gar nicht überzeugt, weil letztendlich ist es ja auch eine Entscheidung, ob ich das will oder nicht. Ich habe mich irgendwann auch hingesetzt und habe mich entschieden, möchte ich jetzt gendergerechte Sprache nutzen oder nicht. Was ist denn der Nachteil für mich? Was verliere ich dadurch? Ja, der einzige Nachteil war einfach ein Umdenken, Umlernen, dass ich halt einige Monate gebraucht habe, wo ich Texte erstmal normal geschrieben habe und dann das nochmal korrigiert habe. Aber inzwischen, nach einem Jahr, schreibe ich das fließend.
Joel Kaczmarek: Ich finde sogar eher, sie werden sogar besser, weil man mehr darüber nachdenkt und dann fallen meistens noch bessere Formulierungen ein. Den Doppelpunkt zu umgehen, ja, Mitarbeitende anstatt Innen und so. Wie machst du das aber, wenn du diese Widerstände spürst? Also ich meine, du wirst dafür bezahlt, diese Menschen gut dastehen zu lassen, dann sagst du ihnen, was sie tun müssen und dann finden sie es scheiße, mal gelinde gesagt, und haben keinen Bock drauf. Was machst du dann?
Sachar Klein: Also wenn wir nicht mit dem gleichen Wertekodex oder das gleiche Werteverständnis zu Ihnen durchdringen, dann versuchen wir es über ökonomische Faktoren, indem wir Ihnen Studien, Zahlen, Betrachtungen präsentieren, die Ihnen einfach zeigen, wo Ihr Unternehmen unter Umständen in einigen Jahren stehen wird, wenn Sie das nicht respektieren. Und das, was sie schon alle wollen, ist der unternehmerische und der wirtschaftliche Erfolg. Also die treten in den allerseltensten Fällen für irgendwelche Non-Profit-Organisationen auf, wobei dann wären sie wahrscheinlich eher davon überzeugt. Aber sie wollen den geschäftlichen Erfolg und dafür sind sie dann auch bereit, in sich zu investieren, wie sie ganz häufig sagen, zu lernen, selbst wenn sie inhaltlich nicht überzeugt sind. Und irgendwann sind sie überzeugt, weil sie darauf angesprochen werden und darauf aufmerksam positiv angesprochen werden. Wie gesagt, dies ist ein Beispiel von einem unserer Auftraggebenden, wo jetzt der Geschäftsführer anfängt, gendergerechte Sprache zu nutzen. Also wenn wir unsere Unterhaltung von X, als wir begonnen haben, aufgenommen hätten, ich wäre heute ein reicher Mensch, wenn ich damals tatsächlich in eine Wette eingegangen wäre, dass er das irgendwann doch tun wird. Und so werden sie es, wie gesagt, früher oder später alle tun. Entweder weil sie überzeugt davon sind. Und dafür müssen sie wahrscheinlich zuhören und Menschen treffen und sich mit Menschen auseinandersetzen, die einfach anders sind als sie selbst. Und das ist nicht mal einfach, weil so divers, wie wir unsere Welt gerne hätten, ist sie in vielen Punkten dann leider doch nicht. Oder über die wirtschaftlichen Kennzahlen und Untersuchungen und Studien. Und davon gibt es zum Glück eine Menge.
Joel Kaczmarek: Kannst du mal so das kleine Einmaleins runterbeten? Was hast du für Benefits, wenn jetzt Leute zuhören und sagen, okay, was meint denn der Sachar da so? Also wieso macht es dich wohlhabender als Unternehmen? Beschert dir mehr Umsatz, besseres Geschäft, mehr Kunden?
Sachar Klein: Also die meisten unserer Auftraggebenden hatten bis vor kurzem mal schon, wie sich die Welt entwickelt. Vor allem das große Problem, die hatten nicht Produkte, die sie verkaufen mussten, die haben sich von selbst verkauft, sondern sie hatten immer zu wenig Mitarbeitende. Und dann stellst du dir so ein bisschen die Frage, wie kann ich meine Arbeitgebermarke attraktiver machen? Und Das fängt tatsächlich damit an, dass die meisten Unternehmen im digitalen Bereich männlich dominiert sind. Es gibt einige Funktionen, die sind vielleicht weiblicher, aber overall sind die meisten Startups, die meisten digitalen Unternehmen sehr, sehr männlich. Und wenn du Frauen als Mitarbeitende gewinnen möchtest, dann brauchst du Frauen und dann musst du irgendwann dir vielleicht sogar eine eigene Quote auferlegen. Ja, ich finde Quote auch scheiße. Ganz ehrlich, ich möchte auch nicht in einem Unternehmen arbeiten, wo ich das Gefühl habe, jemand hat wegen einer Quote einen Job bekommen. Aber wenn wir es anders nicht hinbekommen, dann ist Quote ein gutes Initialhilfsmittel, um über eine Schwelle zu springen. Und dann kannst du auch die Quote irgendwann abschaffen, weil dann werden die Menschen nämlich diese Zustände selber verteidigen, die sie dann haben, ob es nur eine 30-, 40- oder 50-prozentige Quote ist. Das heißt, wenn du mehr qualifizierte Mitarbeiter gewinnen möchtest, dann musst du mehr Frauen in die Sichtbarkeit bringen, dann musst du mehr Personen mit einem anderen ethnischen Hintergrund in die Sichtbarkeit bringen, dann musst du vielleicht auch Menschen mit einem anderen Alter in die Sichtbarkeit bringen und dann musst du darin investieren. Und das ist alles Teil einer Employer Brand, was letztendlich nicht bedeuten kann, dass du nur irgendwie Bällebart Bilder zeigst, sondern dann musst du dir auch überlegen, was bedeutet das eigentlich, wenn diese Menschen für mich arbeiten? Und Care-Arbeit ist in Deutschland nach wie vor vor allem leider eher bei Frauen zu Hause als bei Männern. Was bedeutet, dass du dann vielleicht deine Meetingstrukturen ändern musst, dass du nicht mehr um 17 Uhr irgendwelche Meetings ansetzt, weil dann werden die Menschen, die als überwiegend Mutter und nicht Vater versuchen, zwei Jobs zu meistern, nämlich Familie und Beruf und nicht nur Familie. die werden dann wahrscheinlich nicht mehr dich als attraktive Arbeitgeberin wahrnehmen. Und so gibt es eben einen Haufen Kriterien, die du erfüllen kannst, wo du dir aber eben auch im Vorfeld überhaupt die Frage stellen musst, möchte ich diesen Prozess anstoßen und bin ich stark genug, um dann nicht nach zwei Metern wieder umzukippen, wenn es mal unbequem wird. Das wird ganz sicher unbequem. Du wirst dich verändern müssen. Und Veränderung ist immer unbequem. Und das weiß man dann, wenn man wie ich ein vollkommen übergefichtiger Mensch ist und irgendwann anfängt, Sport zu machen. Die ersten Meter sind echt hart, wenn du anfängst zu laufen und irgendwann gewinnst du dich dran und irgendwann spürst du es nicht mehr als Schmerz und irgendwann macht es Spaß.
Joel Kaczmarek: Ich erinnere mich, ich war in der D-School, School of Design Thinking. Kennst du das auch, Lunja? Design Thinking, die Methode und Dienstung? Also im Prinzip geht es darum, diese Methode anzuwenden und die basiert ja auf multidisziplinär. Das heißt, unsere Gruppen waren eigentlich immer weiblich, männlich, krass durchsetzt und auch von den Hintergründen. Also ich weiß nicht, einer hatte BWL, der andere hatte Tech, ich hatte Medien, der hatte dies, der hatte das. Und das Einzige, was wirklich Schmerz gemacht hatte, war das Alter, habe ich festgestellt. Also wenn du da nur mit 25er hattest oder Anfang 30er und dann war einer mal Ü60, da hast du gedacht, du läufst mit dem Kopf gegen so eine Wand gegeneinander. Und dann passiert ja immer ein ganz interessanter Effekt, man ist nur am Kotzen und geht hinterher raus und guckt sich das Ergebnis an und denkt so, ja okay, ist aber eigentlich besser geworden. Also wir haben echt viel Reibung gehabt, weil es echt viel Kraft gekostet hat, unsere gegenseitigen Verständnisse abzugleichen, man hatte Konflikte etc. etc. Aber das Ergebnis ist eigentlich besser. Das finde ich dann immer so ein bisschen
Sachar Klein: Da ist alles drin. Also alles, was du irgendwie brauchst, ist da schon drin. Ich werde nie vergessen, wie er es geschafft hat, dann tatsächlich Apps zu öffnen, Apps zu schließen, Apps zu bedienen. Als Realmatiker hat er wirklich große Probleme auch mit seinen Fingern hatte, weil offensichtlich Design Thinking ja auch generationenübergreifend wirken soll. Also dass Produkte dann wirklich gut sind, wenn sie eben nicht nur von Anfang 20-Jährigen benutzt werden können. Und ich glaube, dass die wirklich guten Produkte und auch die guten Unternehmen am Ende eben niemanden ausschließen.
Joel Kaczmarek: Es gab ein IDO-Projekt. IDO ist ja die Firma, die sich Design Thinking ausgedacht hat. Die haben Besteck für Senioren entwickelt, weil die genau das Problem hatten, rheumatische Finger konnten nicht mehr so gut greifen, zitterten manchmal vielleicht, nicht mehr so viel Kraft in den Fingern. Also sind die Griffe dicker geworden, war im Prinzip so eines der Endergebnisse. Und was kam hinterher heraus? Auch junge Menschen haben lieber mit dem Besteck gegessen, weil es viel angenehmer war, viel mehr Spaß gemacht hat, es ließ sich leichter reinigen etc. etc. Magst du uns nochmal an die Hand nehmen, Menschen, die jetzt zuhören, selber ein Unternehmen führen, was ist so dein kleines Einmaleins, wenn man divers kommunizieren möchte, was sollte man beachten, was ist wichtig?
Sachar Klein: Also bevor man anfängt extern zu kommunizieren, sollte man immer intern die Grundlagen dafür schaffen und sicherstellen, dass man die eigenen Mitarbeitenden nicht überfordert, sondern dass man das, was man nach außen kommuniziert, auch noch inlebt. und das ist für viele eh schon der größte Schmerz, weil sie sich zum Teil eben dann über die eigenen Mitarbeitenden hinwegsetzen müssen oder einen Erziehungsauftrag leisten müssen. In den allermeisten Fällen ist es aber nicht so, sondern sie stellen fest, oh wow, da ist eine echt positive Echokammer und die Leute finden das gut, wenn ich mich dafür öffne. Und das ist dann das erste große Erfolgserlebnis. Und ansonsten rate ich immer, schau mal, wer deine KollegInnen links und rechts sind. Wenn du GründerIn oder GeschäftsführerIn bist und dann noch zwei, drei weitere KollegInnen im C-Level hast, Sind die männlich, weiblich? Sehen die so aus wie du? Haben die den gleichen Hintergrund? Wenn ja, dann ist es eben nicht nur eine Frage der Kommunikation, dann ist es eine Frage der Wirtschaftlichkeit, dass gewisse Dinge einfach nicht beachtet werden und nicht berücksichtigt werden. So wie das Besteck bei den jungen Leuten ankam, obwohl es für alte entwickelt wurde, die drei, vier Michaels denken halt nur an Michaels und nicht an Menschen wie Lunia oder wie an dich Joel oder wie an mich Sachar, sondern die haben eben nur die Michaels, die irgendwo in Bielefeld oder Paderborn aufgewachsen sind, vor Augen. Und das ist schade, weil du dann eben nur eine bestimmte wirtschaftliche Kaufkraft und Zielgruppe anziehst. Und dann letztlich würde ich tatsächlich sagen, beobachte doch einfach mal zwei, drei Leute über einen bestimmten Zeitraum, wie die kommunizieren, wenn die einfach schon einen Schritt weiter sind. Was sind so die positiven, aber auch negativen Fallen oder Feedbacks, die auf dich zukommen? Ich hatte heute eine Diskussion auf LinkedIn, wo es um eine Geschichte geht, dass eine Gruppierung, die sich für mehr Zukunftsgewandtheit in der Politik in einem offenen Brief geäußert hat und gleichzeitig mehr Frauen in Startups fordert, was super ist, weil nur 20 Prozent aller GründerInnen in Deutschland sind weiblich. Aber dieser offene Brief ist von 15 Menschen verfasst worden und nur drei von ihnen sind weiblich. Das heißt, drei von 15, da sind wir wieder bei der 20 Prozent. Und ich hatte das angekreidet und eben gendergerecht geschrieben. Du hast immer, wenn ein Post halbwegs funktioniert oder wenn ein Beitrag halbwegs funktioniert, wenn PR halbwegs funktioniert, dann hast du auch Menschen, die sich immer daran stören. Ich glaube, dass es eine gute Sache ist, weil nur über Diskussionen du auch tatsächlich Dinge verändern kannst. Das macht die Dinge anstrengend. Viele Leute haben keine Lust auf Diskussionen. Auch das verstehe ich. Aber wenn du diese Diskussion führst, früher oder später wird irgendjemand davon überzeugt werden. Und je mehr Diskussionen es gibt, desto mehr Menschen sind überzeugt.
Lunia Hara: Ich finde es super, dass du jetzt nochmal die Vorteile, die für alle entstehen, nochmal rausgehoben hast. Das ist ja das, was ich auch mal wieder feststelle, dass letztendlich, man hat immer das Gefühl, man setzt sich für eine bestimmte Gruppe ein und man vergisst, dass eigentlich letztendlich das, was man für eine Gruppe tut, am Ende ja alle einen Vorteil davon haben. Weil wir uns jetzt in den letzten Jahren vermehrt mit unterschiedlichen Gruppen beschäftigen, beschäftigt haben, hat es dazu geführt, dass wir auch die Individualität und Themen wie zum Beispiel nicht nur jetzt Herkunft, aber halt auch nochmal Frauen nochmal viel stärker reingegangen sind. Was brauchen sie eigentlich? Was brauchen Frauen, um unterstützt zu werden? Also dass der Begriff Diversity nochmal viel größer gefasst wird, was auch von anderen verstanden wird. Wir hatten beispielsweise bei Diconium, da hatte ich einen Beitrag dazu geschrieben, Diwali gefeiert. Das ist ein indisches Fest, ähnlich wie Weihnachten. Und da ist mir halt auch nochmal klar geworden, weil das war erst so, ja, das machen wir jetzt für unsere indischen Kollegen und die freuen sich, dass sie auch mal ein Fest feiern können neben dem Weihnachten. Und als es dann stattfand… habe ich mich mit so unterschiedlichen Leuten unterhalten. Und letztendlich waren auch die Deutschen so begeistert davon, dass sie meinten, Mensch, ich wusste gar nicht, dass es so ein Fest überhaupt gibt und dass Milliarden von Menschen das feiern. Warum wusste ich von nicht? Ich habe so viel drüber gelesen und mich da eingelesen in die Geschichte und die Historie. Und letztendlich haben auch viel mehr Leute davon profitiert. Und dass es gar nicht darum geht, nur eine bestimmte Gruppe zu bedienen, sondern am Ende profitieren wir alle davon. Und ich glaube, gerade bei solchen Festen, was ja auch nochmal klar geworden ist, dass Leute eigentlich aus Angst, oh Gott, was machen wir denn eigentlich für ein Fass auf, wenn wir so ein Fest machen? Und da alle Antworten natürlich vorher nicht beantwortet werden können, macht man es lieber nicht, dann unterlässt man es. Und ich habe in diesem Artikel darauf hingewiesen zu sagen, mach das doch. Nachher führt es vielleicht eventuell dazu, dass man diskutiert, aber dann weiß man eher, wo sind die Baustellen, die wir bearbeiten müssen. Und auch diese Probleme, die daraus resultieren, dass dann vielleicht andere sagen, ach, hier wurde Diwali gefeiert, jetzt wollen wir auch, dass vielleicht Chanukka oder was anderes gefeiert wird. Und diese Gespräche aber zuzulassen und dann halt auch mit der Belegschaft zu sagen, okay, wie wollen wir das denn lösen? Ja, wenn wir nicht jedes Fest feiern wollen, machen wir es einmal im Jahr ein anderes, rotierend. Da gibt es ja Lösungen en masse. Aber aus Angst, was für einen Fass man eventuell aufmacht, werden Dinge einfach gar nicht erst ausprobiert, sondern von vornherein, sage ich mal, unterlassen.
Joel Kaczmarek: Ich hab das gehabt, unser Handwerkerkönig, der uns mit allen handwerklichen Sachen hilft, der ist Türke, der Ömer. Dann hab ich irgendwann mal zu dem gesagt, okay, ciao, Ömer, mach's gut, schöne Weihnachten. Und will zur Tür gehen und denke so, warte mal, dann meinte ich so, Ömer, Entschuldige, feiert ihr überhaupt Weihnachten? Jaja, machen wir auch, wir machen eigentlich Zuckerfest, aber Weihnachten machen wir auch, ist doch schön und so. Den Namen ist locker. Aber das war das erste Mal, dass ich mich gefragt hab, vielleicht feiert der gar keinen Weihnachten. Vielleicht findet der das voll merkwürdig, wenn ich dem in einer ganz anderen Glaubensrichtung sage, schöne Weihnachten. Und dann spinnst du das weiter und denkst so, der hat vielleicht gar keine Ferien, wenn sein Zuckerfest ist. Und wir zelebrieren natürlich immer so.
Lunia Hara: Das Spannende ist ja auch daran, dass sobald du darüber sprichst, dass man anderen Kulturen auch erlauben soll, diese Feste zu feiern, geht es dann immer sofort um Religion. Das ist mir in den Diskussionen aufgefallen. Oh, was hat denn Religion auf Arbeit zu suchen? Aber vergessen, dass wir auf Arbeit auch Weihnachten feiern. Und das hat überhaupt nichts mit Religion zu tun. Da kommen Leute zusammen, trinken Bier, Wein und essen und tanzen. Und dass es in anderen Religionen solche Feste auch einfach gibt. Dass es einfach nur um das Zusammenkommen geht und nicht gebetet wird. Das wird dann auf einmal, wird das ein großes Thema. Religion, das finde ich immer wieder erstaunlich.
Sachar Klein: Ja, Joel, du hast ja vorhin angesprochen, dass ich bei Glossybox gearbeitet habe und in meiner Rolle als globaler Kommunikationsverantwortlicher bei Glossybox. Es gab 23 Märkte auf drei Kontinenten und ich war verantwortlich für die Weihnachtskarte. Die Weihnachtskarte, die wir unseren PartnerInnen, KundInnen schicken wollten. Und ich habe so den dümmsten Fehler gemacht, den man machen kann, aber aus reiner Ignoranz und Nichtwissen. Auf der Weihnachtskarte stand Merry Christmas. Und dann haben wir die in die Länder verschickt und ich bekam prompt Feedback aus den USA. Sorry, aber die Weihnachtskarte können wir nicht nutzen. Wieso? Naja, bei uns heißt es Happy Holidays. Und das ist nämlich genau das, dass du eben eine neutrale Umschreibung schaffst, um niemanden zu exkludieren. Weil die meisten Menschen feiern irgendetwas im Dezember. Es ist nur nicht zwangsläufig Weihnachten. Und wir auch in Deutschland sagen ja mittlerweile hier und da frohe Feiertage. um niemanden auf die Füße zu treten oder aber auch um einen Menschen um einen herum eben auch dieses Gefühl von Gemeinsamkeit. Also irgendetwas feiern wir und sei es, dass wir nicht zur Arbeit gehen. Also man braucht da gar nicht so sehr einen religiösen Background, aber es ist ja auch schön, wenn man irgendwie ein paar Tage frei hat und weiß, die Welt dreht sich ein bisschen langsamer. Aber da habe ich auch gelernt, selbst ich, der noch nicht mal Christmas gefeiert hat, habe vorausschauenden Gohorsam geleistet an der Stelle.
Joel Kaczmarek: Ah, crazy.
Lunia Hara: Spannend fände ich vielleicht nochmal so deine Sicht auf, wie gehen denn Unternehmen damit um, wenn du eine Anzeige siehst, wenn da irgendwie so Schwarze auf dem Plakat abgewildert sind. Gibt es ja immer welche, die sich dann auslassen, warum jetzt Schwarze uns repräsentieren, es gibt ja gar nicht so viele hier. Hast du da so ein bisschen Feedback aus den Unternehmen?
Sachar Klein: Ja, also selten passiert es bei uns. Wahrscheinlich, weil wir tatsächlich PR machen in einem B2B-Umfeld und da gar nicht so sehr über Plakat oder Anzeigen vorgehen würdest. Aber ich möchte mal ein Beispiel nehmen, das ich immer gut finde, weil jeder irgendwie einen Bezug dazu hat oder viele, nämlich der Fußball. Und ich bin zwar überzeugter FC Bayern-Fan und auch Mitglied, aber wenn
Joel Kaczmarek: Das Gespräch ist dann hier bitte beendet. Danke, Sarah.
Sachar Klein: Genau, deswegen möchte ich mal den Fokus auf einen anderen Verein legen, nämlich die Eintracht Frankfurt. die sportlich in den letzten Jahren, glaube ich, eine schöne Geschichte geschrieben hat, aber unabhängig davon tatsächlich sich sehr klar und deutlich gegen Rassismus ausgesprochen hat. Im Fußball, das machen irgendwie alle. Die Eintracht ist aber einen Schritt weiter gegangen und hat in Form ihres Vereinspräsidenten gesagt, wer die AfD wählt, hat keinen Platz bei der Eintracht. Und das ist natürlich eine Aussage, wo du eben schon gar nicht mehr weißt, wie das eigentlich auf deine Fans wirkt. Weil wenn wir jetzt in Klischees denken, der Fußballfan ist schon eher ein bisschen einfacher gestrickt und dann sagst du zu einem Schiedsrichter, du schwarze Sau und das ist irgendwie alles lustig, weil es ist ja Fußball, ist aber nicht lustig. Und dann war jemand so couragiert und hat eben gesagt, zu der Zeit, als die AfD ihre ersten positiven Wahlergebnisse einfuhr, Hier nicht. Bei uns gibt es das nicht. Du kannst nicht Mitglied von der Eintracht sein und von der AfD. Also ja, kannst du, weil wir werden dich nicht rausschmeißen, aber du musst wissen, wir haben keinen Platz in unserem Herzen für dich. Und das fand ich sehr couragiert, weil du damit einfach ganz klare Grenzen setzt. Und ich würde jedem da draußen und jeder da draußen empfehlen, dass wenn du Anzeigen verwendest mit Menschen, an die du glaubst, mit Menschen, von denen du meinst, dass sie dein Unternehmen richtig repräsentieren und du bekommst negatives Feedback, dann musst du auch die Courage und das Rückgrat haben, für die einzustehen. Ganz gleich, ob die weiß, schwarz, gelb, blau oder sonst was sind. Das sind dann deine Leute und für die musst du dann auch dich einsetzen.
Lunia Hara: Ich erinnere mich noch ganz genau, als ich vor zehn Jahren das erste Mal in Amsterdam war, mit was für großen Augen ich durch die Stadt gelaufen bin, weil da natürlich überall in jeder Werbung, die waren divers. Da hast du Asiaten, Schwarze drauf und das war für mich komplett neu, weil ich natürlich, für mich war es
Sachar Klein: normal,
Lunia Hara: dass ich auf Plakaten natürlich mich nicht wiederfinde und nicht stattfinde und habe mich an dieses Bild gewohnt und habe erst in Amsterdam selber gemerkt, was es mit mir gemacht hat, Und natürlich färbt das natürlich auch auf die Menschen ab. Wenn du in den Medien nicht stattfindest, dann existiert das natürlich nicht. Und Medien prägen, das weiß ja jeder. Und das ist das Versäumnis, was halt in Deutschland gemacht wurde.
Sachar Klein: Ja, aber wir kommen halt aus einer Zeit, in der Deutschland einfach sehr, sehr weiß und sehr, sehr bio-deutsch war. Und ich weiß noch, in den 90ern, als der erste schwarze Fußballer für Deutschland spielte, da gab es auch eine große Diskussion. Ist das jemand, der Deutschland repräsentieren sollte? Ja, natürlich, weil er hier aufgewachsen ist, weil er sich als Deutscher fühlt. Und warum soll er dann für irgendein anderes Land spielen, was ihm fremder ist als Deutschland?
Joel Kaczmarek: Vielleicht kannst du uns ja auch nochmal den umgekehrten Case, den Luna gerade skizziert hat, nennen. Wie gehst du denn vor als Kommunikationsexperte, wenn dich jemand anschießt? Also entweder, wenn du nicht divers genug bist oder im Blick von vielen anderen zu divers.
Sachar Klein: Ich kann total gut damit leben.
Joel Kaczmarek: Aber deine Kunden ja vielleicht nicht.
Sachar Klein: Denen erklären wir. Sie müssen lernen, dass sie anecken werden. Gleich im ersten Schritt, wenn sie in die interne Kommunikation gehen. Veränderung tut weh. Veränderung ist aber wichtig. Und sie selber sind ja ganz auch diejenigen, die die Veränderung anschieben aus einer wirtschaftlichen Perspektive heraus, aus einer gesellschaftlichen Perspektive vielleicht nicht, aber dann müssen sie eben an der Stelle so pragmatisch sein und eben wissen, dass die gesellschaftliche Veränderung auch eine wirtschaftliche Veränderung ist. Und dann sind sie wieder motiviert. Aber Veränderung tut weh und die Schmerzen musst du aushalten.
Joel Kaczmarek: Aber so ein Shitstorm will ja auch moderiert werden. Also antwortet deine Kunden dann auf diese Kommentare, die dann kommen, im Positiven wie im Negativen? Also das Ironische ist ja, du kriegst egal, was du machst. Wenn du zu divers bist, dringst du dich auf, wenn du es nicht bist auch.
Sachar Klein: Genau, also wir haben mal für eine Person gearbeitet, die wir sehr stark dazu ermuntert haben, eine Geschichte zu erzählen. Sie und ihr Mann haben sich die Kindererziehung 50-50 aufgeteilt und die fahren beide super damit. und best case, die Kinder fahren auch gut damit. Also es ist eine Win-Win-Win-Situation. Und meine Güte gab es dazu Kommentare auf LinkedIn mit Klarnamen. Ich würde gerne sagen, alte weiße Männer, aber auch junge weiße Frauen, die sich dagegen geäußert haben und gesagt haben, dass das nicht natürlich ist und dass es nicht das Bild der Kirche widerspiegelt, dass Frauen Erziehungsarbeit in den ersten sechs bis zwölf Monaten an ihre Männer abgeben sollten. Diskurs ist gut, weil Diskurs, so doof es klingt, Öffentlichkeit schafft und das ist ja letztendlich auch das, wofür wir antreten. Das sind in der Regel alles unbekannte Unternehmen, die mit null gestartet sind, die keiner kennt und für die du wirklich echt hart arbeiten musst, zum Teil, um für sie eine Öffentlichkeit zu schaffen. Dann braucht es unter Umständen eben auch diejenigen, die Nein sagen, damit überhaupt erst ein Diskurs entstehen kann.
Joel Kaczmarek: Nun gut, Sachar, ich hoffe es hat dir so viel Spaß gemacht wie uns, also klar, manchmal reibt man sich auch, also manches tut weh, aber haben wir ja gelernt, gut investierter Schmerz. und danke dir auch ganz herzlich dafür, dass du für mich auch mal online ein Reizpunkt bist. Ist lustig, ich erkenne mal an welchen Punkten du dich aufwiegelst und ich mag das irgendwie, dass man immer weiß, einer ist da, der legt den Finger in die Wunde.
Sachar Klein: Ja, ich kann da leider nichts gegen tun. Ich habe dieses Band, das Mist über den Tag verteilt. Mein Herzschlag, mein Puls. Man sagt mir dann an ganz vielen Stellen, ich soll nicht so viel Sport machen, weil ich mich so stark über manche Dinge aufrege, dass ich dann eben einen Puls habe, wie wenn andere Leute joggen gehen.
Joel Kaczmarek: Oha. Das fände ich schön, wenn dir das erspart bliebe. Also, vielen herzlichen Dank. Danke euch. Danke dir, liebe Lunja.
Lunia Hara: Danke dir, Sachar, dass du da warst. Danke Joel für das tolle Gespräch.
Outro: Danke fürs Zuhören beim Digital Kompakt Podcast. Du merkst, hier ziehst du massig Wissen für dich und dein Unternehmen heraus. Wenn du mit uns noch erfolgreicher werden möchtest, abonniere uns auf den gängigen Podcast Plattformen. Und hey, je größer wir werden, desto mehr Menschen können wir helfen. Also erzähl doch auch deinen Kolleginnen und Kollegen von uns. Bis zum nächsten Mal.
Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um Diversity: Lasst uns Organisationen neu, offen und tolerant denken! Nachdem wir anfangs die Organisationsentwicklerin Marina Löwe und Ratepay-Gründerin Miriam Wohlfarth wiederholt vor dem Mirko hatten, um dich für Diversity zu sensibilisieren, diskutiert Joel mittlerweile regelmäßig mit Lunia Hara (Diconium) zu Themen rund um Leadership und Diversity. Dabei geht es den beiden explizit nicht um Mann oder Frau, sondern um die Schaffung von Empathie füreinander sowie ein ganzheitliches Bild und Verständnis für verschiedene Rollen und Perspektiven.