Family Offices: Wie sie funktionieren und investieren
23. April 2021, mit Joel Kaczmarek
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Joel Kaczmarek: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen Road to IPO Podcast von digitalkompakt. Mein Name ist Joel Kaczmarek und heute tauchen wir ein in einen sehr spannenden Investmentbereich, nämlich den der Family Offices. Hat der ein oder andere bestimmt schon mal gehört, wenn man sich mit dem Thema ernsthaft auseinandersetzt, dürfte einem das eigentlich ein Begriff sein. Aber wir machen trotzdem nochmal ein bisschen tiefer gehende Aufklärungsarbeit. Das heißt, wir werden über die Strukturen von Family Offices reden, wie solche Unternehmen eigentlich ausgerichtet sind und wie man eigentlich an DealFlow kommt, weil viele Gründerinnen und Gründer interessiert ja natürlich auch, Wie komme ich mit denen in Kontakt und was bedeutet das eigentlich an strategischer Implikation für mich? Da habe ich einerseits den lieben Peter Fricker wieder an meiner Seite von der Deutschen Börse. Hallo Peter, schön, dass du da bist.
Peter Fricke: Hallo Joel, danke für die Einladung.
Joel Kaczmarek: Und andererseits Jussof Breshnavon Reimann Investors. Dort ist er Partner und das, was wir heute besprechen, ist quasi sein Daily Doing. Hallo Jussof , schön, dass du da bist.
Jussof Breshna: Danke für die Einladung.
Joel Kaczmarek: So, ja, sag mal als erstes, wie wird man denn Partner in einem Family Office? Was ist so dein Background? Wo kommst du her?
Jussof Breshna: Ja, wie wird man Partner bei einem Family Office? Letztlich so, ich habe Betriebswirtschaft studiert, war eine Zeit lang in der Beratung und bin auch im Ausland gewesen, bin über ein Beratungsprojekt, als ich dann wieder in Deutschland war, zu diesem ominösen Family Office tatsächlich gekommen. Ich hatte keine Ahnung, was überhaupt ein Family Office ist, geschweige denn, wer Reimann Investors ist, wusste ich auch nicht. Es war einfach nur ein Auftraggeber und so bin ich in diese Welt hineingeraten.
Joel Kaczmarek: Komm, dann machen wir mal ein bisschen Grundlagenerklärung für Hörerinnen und Hörer, die noch neu in dem Thema sind. Was ist denn ein Family Office und was ist Reimann Investors?
Jussof Breshna: Ein Family Office ist eine eigens aufgestellte Organisation, die sich um das Vermögen einer Familie kümmert. Das heißt, es wird alles gemanagt, was rund um das Vermögen, aber eben auch um den Vermögenserhalt der entsprechenden Familienmitglieder anbelangt, in unserem Fall Familienmitglieder. verwalten wir das Vermögen einzelner Mitglieder der Unternehmerfamilie Reimann. Und die Unternehmerfamilie Reimann ist eine sehr traditionsreiche Unternehmerfamilie, die seit nunmehr fast 200 Jahren unternehmerisch aktiv ist. Wir kennen das unternehmerische Heritage der Familie aus Marken wie Sacrotan, Finish und anderen. Das ist das heutige Unternehmen Racket Bankiser, das die Unternehmerfamilie Reimann mitteilt. auf die Beine gestellt hat. und dann hat es Ende der 90er Jahre einen Merger gegeben mit einem englischen Unternehmen und daraus ist eben Racketbank dieser geworden. Und das war dann eben auch der Stein des Anstoßes, warum sich die Familienmitglieder, für die wir bei Reimann Investors das Vermögen verwalten, die haben sich dann entschieden, einfach aus dem familiären Unternehmen sich zurückzuziehen und ihr Vermögen entsprechend ihrer eigenen Vorstellung dann anlegen zu lassen.
Joel Kaczmarek: Also in der Tat, man darf ja sagen, eine wirklich impactreiche Familie und ich glaube, die Wirtschaftswoche hat mal getitelt, Deutschlands geheimnisvollste Milliardäre. Also da war man sehr reißerisch unterwegs. Also ich verstehe es jetzt richtig, ihr seid quasi ein Family Office, was sich auf eine Familie konzentriert. Es gibt ja auch andere Family Offices, die mehrere bündeln. Also es gibt es ja auch, dass man sagt, zwei, drei wohlhabende Familien tun sich zusammen. Was macht euch aus? Wie seid ihr, sage ich mal, strukturiert und organisiert und was ist so eure Mission?
Jussof Breshna: Also du hast vollkommen recht. Es gibt Single-Family-Offices und es gibt Multi-Family-Offices. Die Multi-Family-Offices, da werden eben unterschiedliche Familien bündeln, letztlich ihre Ressourcen. In unserem Fall ist es so, dass wir ein Single-Family-Office sind. Wir sind aber auch eine Unternehmensgruppe. Das heißt, wir verstehen uns jetzt nicht nur allein als Family Office, sondern eben auch als Unternehmensgruppe. Die Unternehmensgruppe ist als Kommanditgesellschaft auf Aktien strukturiert, ähnlich wie man das beispielsweise auch bei einer Henkel kennt. Und wir haben im Grunde drei wesentliche Bereiche. Das eine ist, wir sind am Kapitalmarkt investiert. Wir sind im Venture-Bereich investiert, aber eben auch in Direktbeteiligung.
Joel Kaczmarek: Und Venture, was ist der Unterschied zwischen Venture und Direktbeteiligung für dich? Venture meinst du dann in Fonds?
Jussof Breshna: Nein, Venture wären dann auch tatsächlich Direktbeteiligung in Venture-Unternehmen. Aber da muss man sagen, also wir sind im Venture-Bereich generell sind wir Minderheitsgesellschaftler. Bei den Direktbeteiligungen sind das Unternehmen, die wir mehrheitlich oder sogar vollständig unter Kontrolle haben.
Peter Fricke: Man könnte also auch sagen, Venture im Endeffekt Startup-Investments, Wachstumsunternehmen und die Direktbeteiligung eher etabliertere Gesellschaften.
Jussof Breshna: Ja, kann man so sagen. Also wir haben beispielsweise, vielleicht damit man das so ein bisschen konkreter macht und nicht nur so abstrakt redet, wir sind der alleinige Gesellschaft der Deutschen Handelsbank. Das ist eine innovative Bank für den neuen deutschen Mittelstand bzw. europäischen Mittelstand. Das heißt, stark wachsende Unternehmen, die entweder im SaaS-Umfeld aktiv sind oder überhaupt im Tech-Umfeld aktiv sind, die können dann Finanzierungslösungen von der Deutschen Handelsbank beziehen. Und diese Bank gehört zur Unternehmensgruppe der Reimann Investors.
Joel Kaczmarek: Und gib uns mal ein Gefühl, als Reimann Investors, wie muss ich mir vorstellen, wie seid ihr aufgebaut? Ist das wie so ein klassischer VC-Fonds, dass es quasi Partner gibt und man kriegt irgendwie seine Fees? Habt ihr mehrere Angestellte? Wie groß seid ihr eigentlich?
Jussof Breshna: Es gibt das Family Office, beziehungsweise eben die entsprechende Entität, die sich eben mehrheitlich um die Beteiligung kümmert. Da sind Größenordnung 20 Mitarbeiter beschäftigt. Wir sind, was das Venture-Team anbelangt, sehr ähnlich einem VC strukturiert. Das heißt, es gibt dezidierte Mitarbeiter, die sich nur um die Portfoliounternehmen kümmern. Wir haben entsprechende Legal Expertise in-house, kommen aber, falls erforderlich, dann haben wir andere Partner auf der Legal Seite, mit denen wir zusammenarbeiten. Insofern sind wir einerseits ähnlich einem VC strukturiert, andererseits gibt es aber darüber hinaus noch andere Funktionen innerhalb des Family Offices, die sich dann eben beispielsweise um das ganze Thema Tax, Controlling und sonstiges kümmern, das ist dann sicherlich ein bisschen anders als bei einem typischen VC. Was man, glaube ich, ganz klar festhalten muss und was uns in vielerlei Hinsicht unterscheidet von einem typischen Family Office, ist die Tatsache, dass wir uns, kurz nachdem wir gegründet worden sind, haben sehr viele Freunde und Bekannte der Unternehmerfamilie reges Interesse gehabt, ähnlich ihr Vermögen anlegen zu lassen, wie das der Unternehmerfamilie Reimann. Und das war für uns, zunächst haben wir das einfach so zur Kenntnis genommen, aber die Anfragen sind so stark an uns herangetragen worden, dass wir tatsächlich dann uns entschieden haben, uns zu öffnen. Und das heißt, wir bieten anderen, das heißt, wenn das entsprechende Volumen gegeben ist, bieten wir an, entsprechend unseres Leistungsversprechens, wir verwalten ihr Vermögen, wie das funktioniert. der Unternehmerfamilie Reimann und zwar eins zu eins so und dies eben auf der Kapitalmarktseite und seit 2016 tun wir das auch im Bereich der Venture Capital Aktivitäten. Da haben wir auch einen eigens aufgesetzten Fonds auf die Beine gestellt und der investiert eben auch ganz so wie die Unternehmerfamilie. beziehungsweise die Unternehmerfamilie ist Ankerinvestor in diesem Fonds und es gibt Dritte, die als typische LPs in unserem Fonds mit investiert sind.
Joel Kaczmarek: Und was ist die Philosophie, die euch quasi überspannt? Was ist so eure Mission, der ihr nachgeht? Vielleicht kannst du auch ein bisschen was zur Investmentstrategie sagen, ohne dass ihr eure Secret Sources sozusagen verratet.
Jussof Breshna: Also die Philosophie ist, investieren nach unternehmerischen Prinzipien. Im Zuge der ganzen 200 Jahre der unternehmerischen Tradition der Reimann-Familie haben sich gewisse Prinzipien herauskristallisiert, die die Familie in ihrer Art und Weise, wie sie Vermögen anlegen lassen möchte, aber auch wie sie investieren möchte, immer wieder als sehr bewährt herauskristallisiert hat. Und nach diesen unternehmerischen Prinzipien Investieren wir und das ist im Grunde der Kern beziehungsweise unsere DNA, unternehmerische Prinzipien, die wir haben und das ist im Grunde durch die ganze Organisation beziehungsweise unsere gesamte Unternehmensphilosophie verankert.
Joel Kaczmarek: Und habt ihr sozusagen so Sweet Spots? Also was ist so typischerweise, sage ich mal, Branche, Phase, Ticketgröße? Habt ihr da euch was irgendwie gesetzt? Also wenn wir jetzt mal den Venture-Arm eher betrachten?
Jussof Breshna: Also beim Venture-Arm ist es so, dass wir auch hier natürlich den Marktgegebenheiten entsprechend uns immer wieder fortwährend versuchen anzupassen. Da gibt es entsprechende Bemühungen. Unser erster Fonds, und ich glaube, das lässt sich dann eben sehr schön plakativ darstellen, unser erster Fonds, hat in Consumer Commerce, in Fintech-Unternehmen und letztlich angrenzende Bereiche, die eine sehr stark SaaS-getriebene Komponente haben, in diese investiert. In der Series A-Phase typischerweise, es kann auch mal ein bisschen früher sein, es kann auch mal ein bisschen später sein, aber typischerweise in der Series A-Phase und das in der DACH-Region. Das ist der Aufsatzpunkt unseres ersten Fonds gewesen. Jetzt gibt es weitere Entwicklungsmöglichkeiten unsererseits, die wir sehr stark voranbringen, nämlich sehr stark phasenagnostischer aufgestellt zu sein. Das heißt, wir können über SPVs und anderen Interessenten, die immer wieder sagen ja, also in eurem Portfolio gefällt mir insbesondere Unternehmen X oder Y, die wollen dann nicht diesen typischen Blumenstrauß an den Portfoliounternehmen haben, in die sie investieren, sondern ganz dezidierte Unternehmen. Und über einen SPV-Ansatz kann man genau diesen Anlegergruppen gerecht werden. Das ist eine Weiterentwicklung, die wir jetzt durchführen werden. Und darüber hinaus werden natürlich auch weitere Fonds initiiert und aufgesetzt.
Joel Kaczmarek: Also mit SPV meinst du wahrscheinlich Special Purpose Vehicles?
Jussof Breshna: Ja, richtig, Special Purpose Vehicles. Das heißt, das sind dann ganz dezidierte Vehikel, die dafür aufgesetzt sind, in ein Unternehmen in der typischerweise Growth-Phase investieren zu können. Und dann lohnt sich natürlich auch das Aufsetzen eines solchen Vehicles nur ab einem gewissen Volumen. Das heißt, wenn man die Größenordnung zwischen 15, 20 und aufwärts Millionen ein Ticket hat, was man beträgt, platzieren möchte, dann setzt man eben ein solches Special-Purpose-Vehicle auf.
Joel Kaczmarek: Gut, also wenn ich dich jetzt sozusagen frage, ob ihr eher gerne Co-Investoren seid oder wie viel Prozent ihr euch immer sichert, welche Ticketgrößen, dann würde ich jetzt mal vermuten, nachdem du gesagt hast, ihr werdet phasenagnostisch, dass ihr da eine gewisse Flexibilität, eine gewisse Bandbreite mittlerweile habt. Aber
Jussof Breshna: typischerweise, also wir werden keine Seed-Investitionen tätigen, das sehe ich jetzt zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht, aber ab der Series A, ein bisschen früher, ein bisschen später, da geht es los, dass wir investieren, wenn tatsächlich der Proof of Concept gegeben ist und dann eben wesentlich phasenagnostischer, als wir das bisher getan
Joel Kaczmarek: haben. Und jetzt sind ja Gründerinnen und Gründer auch mittlerweile sehr sensitiv für Signaling. Also man überlegt sich ja auch sehr, sehr stark, was hole ich mir für Akteure von der Wirkung herein und mit was für einer Strategie stehen die am Markt? Was ist denn so euer Leistungsversprechen? Auch mit welcher Langfristigkeit geht ihr rein? Weil so meine Frage als Unternehmer wäre an euch, ist das jetzt eher eine monetäre Gedanke? Also wollt ihr Rendite machen oder sagt ihr auch, dass ihr vielleicht mal Investments mit euren bestehenden Portfoliounternehmen, auch aus den anderen beiden Säulen, du gesagt hast, zusammenführt? Kauft ihr auch mal was für eine Innovationspipeline? Also das wären so die Fragen, die ich hätte, wenn ich irgendwie junger Gründer wäre.
Jussof Breshna: Also wir investieren in kein Unternehmen, in dem wir lediglich Kapital zur Verfügung stellen und keinen sonstigen Mehrwert liefern können. Das entspricht nicht unserem Investitionsansatz. Dadurch entsteht letztlich auch nicht der Unternehmenswertzuwachs, sondern wir verstehen uns als aktiver Gesellschafter, der strategisch dem Management, dem Gründerteam zur Seite steht, hier auch über unser eigenes Netzwerk zu sprechen. gewisse Geschäftsentwicklungsmöglichkeiten offeriert und aufbaut. Das sind wesentliche zusätzliche Added Services, die wir dem Gründerteam versprechen, aber auch selber für uns einhalten wollen, weil ansonsten, wie man so schön sagt, Dumb Money ist einfach Wir selber müssen natürlich auch immer entsprechend eines adäquaten Product Market Fits sehen, wie entwickelt sich der Markt. Aktuell muss man sagen, es gibt Kapital in Hülle und Fülle und da ist es eben wichtig, dass man darüber hinaus mit seinem Netzwerk, mit den entsprechenden Entitäten, die wir im Rahmen der Reimann Investors Unternehmensgruppe noch zur Verfügung haben, dass man da eben Unternehmenswerte schaffen kann, beispielsweise gemeinsam mit der Deutschen Handelsbank.
Joel Kaczmarek: Okay, verstanden. Smart Money und mit welchem Ziel? Also eher Rendite, eher Zusammenführung, Innovationspipeline, was ist sozusagen euer Fokus auf der Seite?
Jussof Breshna: Ja, also da stellt sich bei uns eigentlich die Frage nicht im Sinne dessen, dass wir sagen, ja Innovationspipeline oder ähnliches, wir verstehen uns nicht als Corporate VC oder ähnliches. sondern wir beabsichtigen, eine gewisse Rendite zu erwirtschaften. Gleichzeitig natürlich eben uns auch entsprechend unserer Verticals, in die wir investieren, ein Ökosystem aufzubauen. Das ist definitiv gegeben, ja, richtig. Aber wir sind jetzt keine BMW, die sagt, ja, wir brauchen gewisse Innovationen, die wir uns als Unternehmensgruppe einverleiben wollen oder auf Perspektive einverleiben möchten. Das ist definitiv nicht gegeben, sondern am Ende zählt natürlich auch die Rendite.
Peter Fricke: Du hast gerade schon davon gesprochen, dass vor allen Dingen im Frühphasenbereich mittlerweile eigentlich ein Überschuss an Kapital vorhanden ist und Unternehmen zumindest mit sehr interessanten Geschäftsmodellen sich fast aussuchen können und man sozusagen eigentlich den Smart-Money-Ansatz fahren muss. Was ist denn da an eurer Stelle, sozusagen eure Unique Selling Proposition einem potenziellen Target gegenüber? Du hast ein paar Dinge angesprochen, wo du sagst, kann man das auf so drei, vier Sachen runterbrechen, wo man sagt, das ist wirklich das Zusatz, vielleicht auch gewisse Bereiche, wo ihr durch den Zugang auch zur Unternehmerfamilie wirklich dann nochmal Mehrwert stiften könnt bei den Unternehmen, bei den Ventures?
Jussof Breshna: Also wir haben gewisse Fokusbereiche. Das ist einmal so ein Stellhebel, den wir als ganz klaren USP angesehen, ansehen, nämlich Data, alles was um Daten geht, dass wir hier entsprechende Expertise aufbauen, den Unternehmen zur Seite stehen können, wenn es darum geht, die doch weiterzugeben. bei den meisten Unternehmen in Hülle und Fülle zur Verfügung stehenden Daten systematisch für das Unternehmen zu sammeln, aber eben auch intelligent zu verwerten. So, das ist der Bereich Data und alles, was damit zu tun hat, also Business Intelligence und so weiter und so fort, an jeder Stelle. Stelle des Unternehmenswachstums kommt ein Unternehmen natürlich beispielsweise an die Fragestellung, welches BI will ich einführen? Wie will ich überhaupt meine gesamte Datenstrategie systematisch aufsetzen? Da sehen wir einen wesentlichen Werthebel und einen entsprechenden Unique Selling Point. Darüber hinaus ist das Thema Market auch hier wiederum ist etwas, was viele Unternehmer sind technisch hervorragend, insbesondere im deutschsprachigen Raum. Aber alles das, was um die Vermarktung des Startups geht, wenn es beispielsweise um die Corporate Story geht oder wenn es um die Ja, Product-Market-Fit. Auch immer wieder ein sehr, sehr relevantes Thema. Was könnt ihr da tun? Und da sehen wir eben auch wiederum einen sehr starken Hebel, den wir den Gründern zur Verfügung stellen können. Und darüber hinaus gibt es dann noch Einen dritten Bereich, den wir immer als Talent klassifizieren. Talent ist natürlich immer, wenn man gerade sehr stark wachsende Unternehmen hat und die zu Beginn vielleicht 10, 15 Mitarbeiter hatten und dann steigen sie sehr schnell auf eine Mitarbeiteranzahl von 50 oder darüber hinaus an, gilt es ganz andere Strukturen, Organisationsrahmenbedingungen zu setzen und hier leisten wir dann eben auch wiederum Unterstützung.
Joel Kaczmarek: Aber das finde ich ja echt löblich, weil das würde ich von einem Family Office gar nicht erwarten, dass man sich so aktiv quasi in die Businessentwicklung mit einbringt. Normalerweise hast du ja eher den Investmentteil und dafür vielleicht noch ein paar strategische Zugänge. Finde ich interessant, dass ihr das macht. Wie werde ich denn quasi auf euch aufmerksam, beziehungsweise wie komme ich an euch ran? Also wenn ich jetzt Gründer oder Gründerin bin und möchte mit euch in Kontakt kommen, was sind so die besten Wege?
Jussof Breshna: Also wir sind da so transparent wie kaum jemand. Ich hoffe, ich mache damit keinen Fehler, aber auf unserer Website ist beispielsweise meine E-Mail-Adresse hinterlegt und wenn es Interessenten gibt, dann können die mich direkt anschreiben.
Joel Kaczmarek: Gut, weil ich meine, was mich ja sonst immer beschäftigt, wenn ich mich mit Menschen beschäftige, die Geld investieren, ist ja immer die Frage, wie komme ich an meinen Dealflow? Also wie kriege ich quasi spannende Businesspläne, Unternehmen und Co. auf den Tisch? Und gerade, wenn ich in so einer Strategenrichtung unterwegs bin, ist das ja auch nochmal ein bisschen eine andere Ausrichtung, weil viele Gründerinnen und Gründer Angst haben, dass das schon Signaling in eine Richtung hat oder dass einem das bestimmte Verkaufskanäle vielleicht langfristig zumacht. Wie geht ihr das denn an? Was ist denn euer Weg, um an Investments zu kommen?
Jussof Breshna: Ich glaube, hier ist nochmal wichtig, wir sind kein Stratege, wir sind ein reiner Investor. Also diese Klarstellung ist einfach wichtig und so werden wir glücklicherweise auch immer wahrgenommen, nicht etwa als Stratege heißt, da ist irgendwie Racket Bank dieser Mitte involviert. Nein, das sind wir nicht, sondern wir sind ein reiner Investor. der wie jeder andere VC eben auch agiert. Und wenn es um das Thema Dealflow geht, ist es ganz klar, also auch wir müssen uns so bemühen, dass wir die besten Ideen und die besten Unternehmer für uns begeistern können, ist ganz klar gegeben. Da sind wir auch entsprechend sehr humble. Wir wissen, dass Unternehmer zum gegenwärtigen Zeitpunkt einfach Oberwasser haben und wir natürlich jetzt nicht die entsprechend, ja, als Family Office auftreten können, wie man sich das vielleicht noch vor 20 Jahren hätte aufstellen können, sondern wir sind sehr humble. Wir wollen mit den Gründerteams eine Partnerschaft eingehen. Wir stehen für gewisse Werte, die den meisten Gründern zumindest auch sehr ansprechen. Und ja, DealFlow ist ganz klar etwas, was über Netzwerk, über auch teilweise das eigene Portfolio mit entsteht. Und natürlich auch über das gewisse, wie soll man sagen, das Ökosystem der Unternehmensgruppe Reimann Investors, beispielsweise wir als Venture-Bereich und dann eben die Deutsche Handelsbank. Da entsteht natürlich eben auch synergetisch einiges an Berührungspunkten mit unterschiedlichsten Akteuren. Vielleicht ein typisches Family Office tun könnte. Nichtsdestotrotz, Dealflow ist natürlich auch ein sehr stark netzwerkgetriebenes Thema. Da sind wir eben auch wiederum sehr aktiv. Die entsprechenden Veranstaltungen, die es immer wieder gibt, etc., da sind wir auch sehr transparent, sind nicht etwa sehr verborgen, sondern wiederum. Wir gehen auf die Veranstaltungen, jetzt Covid-bedingt sind die ja größtenteils ja eher in den Online-Bereich umgemünzt worden. Aber wir hoffen natürlich alle, dass wir dann eben auch wirklich physische Veranstaltungen wieder haben werden. Und da sind wir dann wiederum auch präsent. Und also DealFlow ist etwas, darum bemühen wir uns, müssen wir uns auch bemühen. Und da sind wir wahrscheinlich wie jedes andere VC-Unternehmen gleich aufgestellt.
Peter Fricke: Du hast gerade nochmal auch die Philosophie und den Ansatz angesprochen. Hatten wir ja vorher schon gehört, dass es da sehr einen unternehmerischen Ansatz gibt. Wie sieht es denn mit den Themen so Impact, Nachhaltigkeit aus? Sind das Themen, die euch stark beschäftigen und Sind das Themen, die vielleicht zusätzlich zu den Financial KPIs, die bei der Investmententscheidung eine Rolle spielen? Gibt es da zusätzliche KPIs, die sozusagen stark von dieser Philosophie getrieben werden?
Jussof Breshna: Also ich glaube, dass das Thema Nachhaltigkeit, das Thema Impact immer mehr an Bedeutung gewinnen wird. Das ist einfach so. Und unsere Gesellschafter fühlen sich diesen entsprechenden Leitplanken auch sehr verbunden. Und da werden wir zukünftig sicherlich auch wesentlich stärker aktiv werden.
Joel Kaczmarek: Ich meine, ich würde ja den ganzen Teil mit dem Dealflow sogar fast nochmal zuspitzen. Ich finde, bei euch ist eine Besonderheit, dass man euch sieht und kennt. Also ganz viele Family Offices, die mir sonst irgendwie untergekommen sind, da muss ich ja fast schon Privatdetektiv engagieren, um die zu finden. Also man kennt die Namen nicht, man weiß gar nicht, welche Familien investiert sind. Also es gibt sonst einen sehr großen Faktor an Geheimniskrämerei in Anführungsstrichen. Also ich will das gar nicht wegwerfen. wertend sagen, dass das irgendwie bösartig gemein oder unseriös wäre, gar nicht. Aber man beobachtet es doch, dass man sich sehr im Hintergrund hält und dass vermutlich viele Family Offices sonst eher den Weg so über Co-Investments mit VCs suchen. Was hat denn den Ausschlag für euch gegeben, dass ihr gesagt habt, ihr wollt eine sehr offensive, sichtbare Brand bauen?
Jussof Breshna: Es geht hier bei uns weniger darum, dass wir eine offensive Brand und eine offensive Kommunikation machen, sondern wir haben uns mit dem Entschluss, dass wir uns auch tatsächlich sowohl am Kapitalmarkt wie auch im Venture-Bereich Dritten gegenüber öffnen, war das der nur logische Schritt, dass wir dann eben auch entsprechend mit den Maßgaben, die andere haben an einen VC oder eben beispielsweise auch an einen Vermögensverwalter am Kapitalmarkt, dass wir diesen entsprechenden Kriterien auch erfüllen und dass wir mindestens genauso gut sind wie alle andere und diesem einem Drittvergleich standhalten können. Und diesem Drittvergleich standhalten, dass dem geht die Entscheidung einfach auch, sich Dritten, weiteren Interessenten zu öffnen, einherzusetzen. dass wir gesagt haben, wir wollen nicht eine sehr verschlossene Organisation sein und irgendwann mal gibt es tatsächlich in der nachfolgenden Generation vielleicht die berechtigte Frage, wie gut ist denn das Investment-Team und das VC-Team bei Reimann Investors? Und wenn wir unter Beweis stellen können, dass wir auch investieren, Dritte für unser Produkt, Produkt in Anführungsstrichen, also unsere Dienstleistung anbieten können und begeistern können, dann ist das der beste Beleg dafür, dass wir eine gute Arbeit machen. Und dieses Verschlossene zu sagen, ja, Wir machen hier etwas und dann sind unsere Gesellschafter diejenigen, die dann den Quervergleich setzen müssen. Das ist etwas, was wir einfach mit der Öffnung umgehen wollten, uns einfach dem Markt gestellt haben und hier auch wirklich sehr gute Erfolge vorweisen können.
Joel Kaczmarek: Und eine Frage, die mich noch beschäftigt, also wieder aus Gründersicht gedacht, wenn ich mit euch zusammenarbeite, gibt es bei euch, also als Unternehmen zusammenarbeite, gibt es da einen strukturierten Prozess, nachdem ihr eure Portfoliounternehmen auch miteinander verknüpft, dass ihr Synergien hebt, dass ihr vielleicht auch bei Portfoliounternehmen der Reimann-Familie quasi mal Türen öffnet. Gibt es da einen Prozess für oder ist das gar nicht so strukturiert? Doch.
Jussof Breshna: Also das ist strukturiert in der Hinsicht, also wir haben unterschiedlichste Maßnahmen, beispielsweise jetzt auch hier wiederum Covid-bedingt musste das Thema Academy, wir haben eine eigene Academy gestartet. wo wir die Themen, die ich eben bereits schon genannt hatte, alles, was um Daten geht, alles, was um Market, also Product-Market-Fit, Storytelling und so weiter und so fort, aber eben auch Talent, Führungsentwicklung etc. etc. Da haben wir ein eigens aufgestelltes Academy-Programm, wo sehr renommierte Persönlichkeiten und Experten in diesem Bereich dann in kleinen Gruppen mit den Gründern dieses Thema behandeln. Wir verstehen das eher als eine Inspiration oder einen entsprechenden Akzent setzen bei den Gründern. Am Ende müssen die Gründer natürlich auch immer wieder selbst die Erkenntnis haben zu sagen, ja, das ist ein super wichtiges Thema und das will ich in meiner Organisation auch verankern. Aber diese Academy-Veranstaltungen sind natürlich auch eine hervorragende Plattform für die Gründer, sich untereinander auszutauschen. Und das ist eine solche Maßnahme, wo wir genau eben diesen Austausch zwischen den Portfoliounternehmen, aber eben auch der Unternehmensgruppe sicherstellen.
Joel Kaczmarek: Kommen wir mal zum ganzen Thema Investmententscheidung. Wie geht ihr vor, wenn ihr Themen auf dem Tisch habt, Gespräche geführt habt? Was ist euer typischer Prozess, nachdem ihr entscheidet, ob ihr in ein Investment eingeht oder nicht? Was sind eure Kriterien? Wie läuft der Prozess ab? Man könnte auch ein bisschen spitzer sagen oder ein bisschen reißerischer, wie trennt ihr die Spreu vom Weizen?
Jussof Breshna: Ich glaube, da sind wir auch hier sehr ähnlich wie jeder andere VC auch. Wir haben einen sehr strukturierten Prozess. Der fängt an mit einem Quick-Check, dann gibt es eine Tiefenanalyse, dann gibt es eine Tiefenanalyse 2 und dann gehen wir in die Due Diligence. Das Ganze ist bei uns verhältnismäßig straff aufgesetzt. Wir können zwischen sechs bis acht Wochen auch einen Deal von dem ersten Quick-Check über bis zum Signing auch machen. Dem Ganzen geht natürlich einher, dass man akribisch arbeitet, dass man saubere Prozesse hat, dass man auch hier so aufgestellt ist, dass man handlungsfähig ist. Und das ist etwas, was am Ende auch die Gründer wiederum von uns erwarten. Und wir auch hier wiederum Product Market Fit auf unserer Seite. Wir müssen hier mindestens so gut sein wie der Wettbewerb.
Joel Kaczmarek: Und gibt es so klassische Punkte, auf die ihr guckt? Also wo du sagst, wenn man mit uns zusammenarbeitet, ist uns wichtig A, B, C oder seid ihr da eher so ein bisschen fallorientiert?
Jussof Breshna: Ich glaube, es gibt hier eine Trennung. Das eine ist natürlich das Geschäftsmodell per se. Da, glaube ich, ist es sehr unterschiedlich. Da gibt es keinen einzigen Indikator, den man immer wieder heranführen kann. Das ist geschäftsmodellspezifisch. Aber das Thema Founder-Fit ist etwas, was natürlich sehr, sehr entscheidend ist. Also die Basis zu haben mit den Unternehmern, Gründern eng zusammenarbeiten zu können, dass man hier auch tatsächlich eine Basis hat, mit den Unternehmern gut zusammenzuarbeiten. Und wir verstehen uns hier auch immer als kritischer Freund. Also wir sind nicht diejenigen, die dem Gründer immer wieder auf die Schulter klopfen und sagen, ja, super gemacht. Wir sind aber auch nicht diejenigen, die als kalter Investor agieren und sagen, ja, hier, wie sieht es mit KPI X und Y aus und warum ist da noch nicht der Zielgrad erfüllt, sondern wir sind diejenigen, die mit dem Gründerteam gemeinschaftlich versuchen wollen, Lösungen zu erarbeiten. und idealerweise ist es eine Situation, dass wenn der Gründer oder die Gründerin schlaflose Nächte hat, dass sie an uns herantreten und sagen, hör mal zu, Jussof , ich habe hier echt ein mega Issue, kann ich bitte mit dir mich kurz unterhalten und lass uns da bitte drüber sprechen und vielleicht habt ihr einen Ansatz, wie man das Ganze lösen kann.
Joel Kaczmarek: Wie ist denn eigentlich mit diesen typischen ESG-Kriterien bei euren Investmententscheidungen? Also Environment, Social, Governance sind ja so diese drei Säulen. Spielt das für euch eine Rolle? Ist das was, was ihr quasi mit aufs Tapet nehmt oder ist das eher nachgeordnet, weil ihr wirklich eher auf den Tech-Part schaut?
Jussof Breshna: Also ESG ist etwas, was auch hier wiederum ähnlich wie das Thema Impact, Nachhaltigkeit immer mehr an Bedeutung gewinnen wird. Wir haben das jetzt beispielsweise in unserem ersten Fonds, 2016 Fonds, haben wir das so nicht institutionell verankert, aber wir schauen das jetzt beispielsweise für unsere zukünftigen Vehikel ganz genau an und wir wollen dem natürlich auch wiederum gerecht werden, weil ESG, Auch hier, wir haben uns Dritten gegenüber geöffnet und gleichzeitig sind unsere Gesellschafter natürlich auch sehr sensibel, was dieses Thema anbelangt. Und da sind wir, würde ich sagen, genauso aktiv wie sehr viele andere auch.
Joel Kaczmarek: Spannende Frage ist ja auch immer die Exit-Perspektive. Habt ihr da sozusagen favorisierte Wege? Also wir reden heute mit der Börse zusammen, da ist vielleicht das Thema IPO naheliegend, aber habt ihr für euch so ein Cluster entwickelt, wie ihr am liebsten quasi am Ende des Tages, wenn die gemeinsame Reise dann mal endet, eure Anteile versilbert?
Jussof Breshna: Also Schema F gibt es bei uns so nicht. Da muss man tatsächlich sehen, wie sich die Gemengenlage, wie sich die Marktdynamik ergibt. Schema F haben wir nicht. Wenn es ein IPO werden sollte, dann freuen wir uns natürlich, weil IPO ist immer natürlich auch mit, je nachdem, was für Unternehmen das sind, wenn das beispielsweise Unternehmen, consumer-driven Unternehmen sind, dann hat das natürlich auch immer wieder so einen gewissen Branding-Effekt für die Unternehmung selbst, für die Marken und so weiter und so fort. Also Schema F haben wir nicht. Wir sind da so aufgestellt, dass wir sagen, ja, alles das, was tatsächlich die Gegebenheiten wiedergeben und was für das Unternehmen und für die Gründer und für uns am Ende natürlich auch das Zielführendste ist, diesen Weg werden wir gehen. Und wenn das dann am Ende ein IPO wird, dann freuen wir uns natürlich auch darüber.
Peter Fricke: Dir sozusagen den Vorteil auch vielleicht gegenüber anderen, dass ihr durch die andere Strategie der Kapitalmarkt-Investments natürlich auch beide Stränge so ein bisschen kennt, beobachtet und da nah dran seid. Würdest du sagen, du hast in der letzten Zeit auch so eine gewisse Konvergenz zwischen diesen beiden Märkten gesehen, also Public und Private? Wie ist da eure Haltung zu, ist das etwas, wo ihr euch aktiv mit einsetzt, engagiert? oder ist Kapitalmarkt dann doch eher etabliertere Unternehmen und vollkommen losgelöst von dem Venture-Thema?
Jussof Breshna: Ich glaube, diese Konvergenz, die du ja erwähnt hast, die gibt es in der Tat. Also die SPACs dieser Welt, das ist ja genau dieses Thema, dass man sagt, okay, also Unternehmen, die eigentlich typischerweise eher in der Venture-Capital-Umfeld sich getummelt haben, finden jetzt über andere Vehikel den Weg an die Börse. Am Kapitalmarkt ist es tatsächlich so, dass wir in sehr fungible Bereiche investieren. In SPACs bin ich der Meinung, sind wir bisher noch nicht aktiv. Und wir sind aber natürlich am Kapitalmarkt ganz klar auch hier im Tech-Umfeld aktiv gewesen. Die Fangs dieser Welt und so weiter, auch dort sind wir investiert, aber das ist keine extrem verzahnte Vorgehensweise in der Allokationsstrategie, sondern wir sagen ja, das ist der Kapitalmarkt. Der Kapitalmarkt entscheidet natürlich für sich, was den Marktgegebenheiten entsprechend der richtige Ansatz ist. die richtige Allokationsstrategie ist. Und wir im Venture-Bereich, wir können an der einen oder anderen Stelle natürlich immer wieder auch gewisse Insights ziehen, was Multiples anbelangt, im SaaS-Umfeld oder Sonstiges. Da haben wir natürlich entsprechende Möglichkeiten, auf die Marktgegebenheiten auch zu reagieren beziehungsweise die Insights zu generieren. Aber so eine extrem starke Verzahnung gibt es bei uns nicht, zumindest heute noch nicht.
Joel Kaczmarek: Jetzt haben wir ja quasi wirklich tollerweise in einem Inlandsflug von dir gelernt, wie Family Offices funktionieren. Jetzt wäre ja abschließend noch ganz spannend, mal kurz den Blick zu weiten und zu sagen, was du gerade so siehst am Markt. Also wenn wir mal Europa als Standort betrachten, vielleicht so als einen Aspekt, was siehst du für Tendenzen? Und zweite Achse, auch wenn wir sie vielleicht nicht so vertiefen wollen, weil sie hoffentlich temporär ist, Covid-19-Effekte. Also was siehst du quasi an Effekten gerade?
Jussof Breshna: Also ich fange mal mit dem letzten an, Covid-19-Effekte. Wir sind ja lange Zeit sehr belächelt worden, weil wir noch im E-Commerce-Umfeld aktiv waren. Also E-Commerce ist definitiv nicht das, was wir jetzt im Sinne von Paket von A nach B verwenden. Verschiffen verstehen, sondern das ist etwas, was sehr starken Direct-to-Consumer-Ansatz hat, Omnichannel-Ansatz hat. So verstehen wir das als Consumer Commerce. In diesem Umfeld wurden wir lange Zeit belächelt, weil das einfach nicht en vogue war. Und jetzt mit Covid Hat das ganze Thema derartig an Fahrt genommen? Die ganzen Bewertungen von Zalando und anderen Anbietern haben sich mehr oder weniger verdoppelt, wenn nicht gar verdreifacht. Also die Online-Penetrationsrate der letzten zehn Jahre ist so schnell in den letzten drei Monaten gewachsen, dass man wirklich so einen typischen Hockey-Stick sehen kann. Und das ist so ein Paradebeispiel. Wir sind in Bereichen wie auch Heimtiernahrung investiert. Und das, was das Klopapier für viele während des ersten Lockdowns war, ist natürlich für die Heimtierbesitzer auch die Heimtiernahrung. Und das ist ein ganz klarer Profiteur. Was gibt es darüber hinaus für Tendenzen? Nun, zum einen ist es so, es entwickeln sich auch neue Plattformen. die sehr viel stärker im Longtail aktiv sind. Das heißt, wir sehen Amazon, das ist der große Spieler. Und wer ist der Gegenspieler von Amazon? Das ist jetzt eine Shopify, die mittlerweile auch eine dreistellige Milliardenbewertung haben und als neues Ökosystem dem Longtail Mehrwerte bieten können. Und diese Entwicklung, dass man sagt, ja, der Longtail tatsächlich ist jetzt auch sehr interessant, ist etwas, was sicherlich jetzt in den letzten Monaten beziehungsweise ja im letzten Jahr nochmal zusätzlich an Dynamik genommen hat. Darüber hinaus ist es so, dass wir glauben, dass es einen Unbundling-Effekt gibt. Und das sehen wir ja auch sehr schön in vielerlei Hinsicht. Also beispielsweise die Unternehmen, die eine dreistellige Milliardenbewertung haben, wie eine Salesforce. Die werden so groß, dass es wiederum sehr spezialisierte Nischenanbieter gibt, die lediglich ein Prozent von dem, was eine Salesforce anbietet, anbieten müssen, um eine Milliardenbewertung zu bekommen. Das heißt, Personio als Beispiel ist genau das Material, was man sehen kann. Ein Unbundling-Effekt. Personio, sehr dezidierter, spezialisierter Anbieter für HR-Prozesse und Software-Dienstleistungen, die sind jetzt mittlerweile auch schon ein Unicorn. Darüber hinaus, ich bin der Meinung, LinkedIn ist auch so ein Fall. LinkedIn ist ein Tolle Plattform, auf der man sich vernetzen kann, aber es ist jetzt mittlerweile mehr so ein gelbe Seiten Thema. Da müssten sich dezidierte Verticals herauskristallisieren oder bilden, die tatsächlich dieses große Unternehmen LinkedIn mit spezialisierten Communities viel mehr Mehrwert stiften. Und diesen Anbandlängeffekt, den sehen wir in vielerlei Bereichen. Die typische Maßgabe ist da, wann immer es ein Unternehmen gibt, das so eine dreistellige Milliardenbewertung hat, die sind dann oftmals so groß mittlerweile, obwohl sie eigentlich als Disruptor in den Markt gekommen sind, dass sie dann wiederum disrupted werden von den kleineren Spielern. Also dieses typische Disruptionsspiel ist weiterhin und insbesondere im Tech-Umfeld relevant.
Joel Kaczmarek: Spannend, Jussof , spannend. Hat viel, viel Spaß gemacht und ist interessant, weil es deckt sich auch mit dem, was ich regelmäßig so gespiegelt kriege, also get big, get specialized or get out und dann so einsetzt eine Zwangsdigitalisierung. Also ich merke, ihr seid da fleißig am Zahn der Zeit und vielen, vielen Dank dir, dass du uns mit hinter deine Kulissen ein bisschen genommen hast und ja, bin gespannt, wie sich das noch so entwickelt. Mal gucken.
Jussof Breshna: Hat mir sehr viel Spaß gemacht. Danke, dass ihr mich eingeladen habt und ja, vielen Dank.
Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um Börsengänge: Unsicher auf dem Börsenparkett? Nicht mit uns! Gemeinsam mit unterschiedlichen Expert:innen der Deutschen Börse spricht Joel regelmäßig über alles rund um die Themen Börse, Börsengang und späte Finanzierungsphase (pre IPO).