Die Braut hübsch machen

30. September 2020, mit Joel Kaczmarek

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Joel Kaczmarek: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen Road to IPO Podcast von Digitalkompakt. Mein Name ist Jörg Hatschmarek und heute reden wir darüber, wie man Bräute hübsch macht, genauer gesagt die Braut, denn wir reden ja immer über Börsenthemen und da ist das ein geflügeltes Wort, wenn man im Rahmen seiner Equity-Story wirklich den Fokus darauf legt, sein eigenes Unternehmen attraktiv darzustellen. Das heißt, wir werden ganz viel darüber reden, wie sich eigentlich dieser Prozess genau gestaltet, welchen zeitlichen Ablauf man hat, was ich eigentlich tun muss, damit die Braut attraktiv ist und natürlich auch, welche Akteure dabei eine Rolle spielen und wie das Ganze dann konkret in der Praxis abläuft. Also, ihr nehmt heute alle richtig, richtig viel mit und weil wir immer Fans sind von irgendwie mehreren Meinungen, mehreren Eindrücken und auch verschiedenen Seiten, haben wir heute zwei ganz spannende Gäste da. Nämlich einmal den Klaus Kirchhoff, der erzählt gleich mehr zu sich und Andreas Zanner, den hatten wir sogar schon mal im Format. Der stellt sich auch gleich trotzdem nochmal vor, für diejenigen, die es verpasst haben. In diesem Sinne, Klaus und Andreas, schön, dass ihr da seid. Herzlich willkommen. Fangen wir mal mit Klaus an. Stell dich doch mal ganz kurz vor.

Klaus Kirchhoff: Ja, mache ich gern. Mein Name ist Klaus Kirchhoff. Ich bin Gründer und CEO von Kirchhoff Consult. Und was wir machen ist, wir bereiten Unternehmen auf dem Börsengang vor. Wir begleiten die an die Börse und wenn sie an der Börse sind, dann begleiten wir sie weiterhin mit Reporting, mit Investor Relations und Ähnlichem. Ich habe 72 Börsengänge in meinem Leben begleitet. Darunter waren die ersten Internet-Companies in Deutschland, die ersten Biotech-Companies, aber auch eine ganze Reihe von größeren Deals. Und ja, ich freue mich auf unseren Talk.

Joel Kaczmarek: Ja, was ja der geneigte Hörer nicht sehen kann, wir machen das ja hier gerade sozusagen über Video, wie man das in Corona-Zeiten macht. Und hinter Klaus sind noch ganz viele so Tombstones. Also hast du deinen Hintergrund geschickt gewählt für deinen Videocall. Ja. Also da sieht man sozusagen deinen Track-Record auch mal live und in Farbe. Magst du uns noch ein, zwei Sachen über euch so ein bisschen erzählen? Also wie bist du dazu gekommen? Wie muss ich mir deine Arbeit so vorstellen? Also einfach mal so ein bisschen Background, weil ich glaube, viele Leute haben damit gar keine Berührung mit dem, was du tust.

Klaus Kirchhoff: Ja, kann ich gern machen. Also ich bin eigentlich von Haus aus Rechtsanwalt, bin auch immer noch Rechtsanwalt. Habe in der Industrie begonnen, war Vorstandsassistent in einem mittelständischen Konzern. Und dann kam mein Chef irgendwann auf mich zu und sagte, Sie sind jetzt auch für Kommunikation und Reporting zuständig. Das habe ich dann ein Jahr gemacht und dann hat mich sozusagen eine Agentur rausgelockt. Da bin ich dann eingestiegen mit 50 Prozent. Wir haben in drei Jahren ziemlich groß gemacht. Dann bin ich wieder ausgestiegen, habe mein Ich habe meine eigene Firma gegründet 1990 und seitdem mache ich das. Und was wir machen, wir sind hier 55 Leute, da sind Berater dabei, die haben so einen CFA-Hintergrund, die könnten auch in einer Investmentbank arbeiten. Wir haben Projektmanager, wir haben Designer, wir haben Filmteam, wir haben Online-Team. Alles, was ein Unternehmen braucht, um mit Investoren zu kommunizieren, mit der Presse zu kommunizieren, das machen wir und da betreuen wir so im Jahr im Schnitt so 50 bis 60 Unternehmen.

Joel Kaczmarek: Das ist ja geil. Mit eigenem Filmteam. Das finde ich eigentlich schlecht. Meine Güte. Und dann kommt hier so ein Podcast-Onkel wie ich unterwegs. Wir können nur Audio. Ihr könnt auch Bild. Geil.

Klaus Kirchhoff: Mein Filmteam hat Urlaub. Deshalb sitze ich hier so ein bisschen hilflos.

Joel Kaczmarek: Andreas, dich hatten wir auch schon in anderen Folgen. Wenn ich mich richtig entsinne, haben wir sogar gleich einen Trias gemacht mit dir. Deswegen, der ein oder andere kennt dich vielleicht schon. Und für die andere Hälfte, die dich noch nicht kennt, müssen wir dich noch mal ganz kurz vorstellen. Also, erzähl doch mal ein bisschen was über deine Geschicke bei CMS Hasche-Siegle.

Andreas Zanner: Sehr gerne, hallo. Freue mich auf den Podcast. Andreas Zanner mein Name. Bin seit fast 30 Jahren jetzt Rechtsanwalt und mache Kapitalmarktrecht seit Zeiten des neuen Marktes. Gut 20 Jahre Leiter des Kapitalmarktdezernats von CMS Hasche-Siegle. Habe nicht ganz so viele IPOs wie Klaus betreut, aber ich würde mal sagen, so gut 50 waren es auch. Kann also auch auf einen reichhaltigen Erfahrungsschatz zurückblicken.

Joel Kaczmarek: Gut, dann wollen wir doch gleich mal straight rein starten. Also unsere Hörer sind ja immer Fan davon, wenn wir gleich zur Sache kommen. Die Braut hübsch machen. Klaus, wenn du das sozusagen tagtäglich machst, was heißt das eigentlich? Also was bedeutet es genau, wenn man sagt, ich mache die Braut hübsch?

Klaus Kirchhoff: Was wir machen ist, wir versuchen die Unternehmen so vorzubereiten auf das IPO, dass das IPO ein Erfolg wird und dass sie danach auch reif für die Börse sind. Denn nicht so schlimm ist, an die Börse zu gehen und dann die Investoren zu enttäuschen, weil man eigentlich noch gar nicht reif dafür ist.

Joel Kaczmarek: Ist es dann auch so ein bisschen Spagat? Du sagst ja eigentlich ganz richtig gerade schon, ich will Investoren nicht enttäuschen. Also man weckt ja Erwartungshaltung. Also was ich mich immer frage, das ist ja auch so ein Gründerthema bei Startups auch ganz, ganz viel. Ab wann ist es overselling oder bei Startups ja sogar auch manchmal die Wahrheit kreativ verdrehen? Und wann ist es noch genau in dem Rahmen, den man braucht, um einfach sozusagen um Aufmerksamkeit zu trommeln?

Klaus Kirchhoff: Es gibt ja bestimmte Kriterien der Börsenreife. Die prüfen wir als erstes. Wir schauen uns an, wie das Unternehmen aufgestellt ist, die Struktur des Unternehmens, die Governance-Strukturen. Da kann der Andreas nachher noch was dazu sagen. Und das Wichtigste, die Equity-Story und die Zahlen, die dahinter sich abzeichnen, die auch geplant sind, die Strategie etc. Davon machen wir so abhängig, ob ein Startup IPO-reif ist und das ist von Unternehmen zu Unternehmen sehr unterschiedlich. Ich habe schon Unternehmen erfolgreich an die Börse begleiten dürfen, die haben noch gar keinen Umsatz gemacht, geschweige denn irgendeinen Gewinn und sind trotzdem sehr erfolgreich gestartet. Das hängt immer sehr von der Story ab, wenn ein Markt dahinter steckt. der enormes Potenzial birgt, wenn eine neue Technologie, die es so noch nicht gibt, also wirklich bahnbrechend ist, dann kann man relativ früh auch an die Börse gehen, weil dann die Investoren gerne relativ früh einsteigen, weil sie davon ausgehen, dass das Unternehmen mal ein Milliardenkonzern wird und dann wollen sie gerne am Anfang schon dabei gewesen sein, weil sie dann die entsprechenden Wertzuwächse miterleben. Also das ist sehr, sehr individuell.

Joel Kaczmarek: Ja, da denkt man irgendwie gleich an Tesla, was so viel wert ist wie VW und Ford zusammen und macht eigentlich nur Verlust bisher.

Klaus Kirchhoff: Genau, ein gutes Beispiel, ja.

Joel Kaczmarek: Andreas, erzähl du mal ein bisschen, wie beobachtest du so den Prozess? Also was ist so der typische Prozess, wenn man die Braut hübsch macht? Wann kommst du auch rein in diese Thematik? Also als Anwalt denkt man ja eigentlich immer, der muss sozusagen so die rechtliche Grundabsicherung machen und dann kommt so das Hübschmachen. Wie ist das? Kannst du mal den Prozess so ein bisschen auseinandernehmen?

Andreas Zanner: Ja, gerne. Also du hast das schon richtig beschrieben. Der Jurist ist natürlich mehr so für die trockenen Themen zuständig. Aber die gehören auch dazu, die Braut hübsch zu machen. Denn wenn du an die Börse gehst, muss rechtlich eben alles sauber sein. Es muss alles in Ordnung sein, denn du bist danach ja eine Public Company, die an die Öffentlichkeit zu berichten hat. Heißt also für uns Juristen sehr wichtig im Vorfeld, zunächst mal im Rahmen einer Due Diligence, vielleicht Dinge zu finden, die juristisch noch nicht ganz so in Ordnung sind. Da muss man gar nicht an Leichen im Keller denken, sondern einfach Dinge, die optimiert werden können. juristisch, weil ich das eben vor dem IPO noch relativ einfach kann. Da bin ich ja noch in privater Hand, muss auch noch nichts berichten. an die Öffentlichkeit. Das ist für mich ein wichtiger Baustein. Dann natürlich die richtige Rechtsform zur richtigen Zeit zu wählen. Das ist ein anderes Thema, was uns Juristen natürlich traditionell begleitet. Klaus hat schon angesprochen, auch mitzuhelfen, zu beraten bei der Governance. Sprich, die Company braucht ja möglicherweise zum ersten Mal dann einen Aufsichtsrat, hatte vielleicht vorher noch keinen und muss eben schauen, dass man dort auch die richtigen Personen findet, also nicht irgendwie drei Familienmitglieder da reinsetzt, sondern möglichst unabhängige und kompetente Personen findet, die dann auch am Tag X, also beim Börsengang im Aufsichtsrat zur Verfügung stehen und mit Know-how auch zum Wohle des Unternehmens beitragen.

Joel Kaczmarek: Gut, also wir haben gelernt, es gibt sozusagen so ein paar Hauptbaustellen, sprich auch sowas glaube ich wie IT, Datenschutzgeschichten, Patente klären, Geschäftsmodellabsicherung und so weiter und so fort. Also diese ganzen, oder was du auch meinst mit der Governance gerade, ich sage mal die juristischen Hausaufgaben. Was sagt so deine Erfahrung, wie viel Arbeit wartet da auf Unternehmen, wenn sie sich damit auseinandersetzen? Also liegt da oft was im Argen oder haben die meisten das schon glatt gezogen, bevor du auch kommst? Wie ist da sozusagen der typische deutsche Durchschnitt?

Andreas Zanner: Es ist unterschiedlich, aber in vielen Fällen muss man vorher noch was glatt ziehen. Insbesondere auch bei sehr jungen Unternehmen, die ja meist über keine eigene Rechtsabteilung verfügen und bisher vielleicht auch sich juristisch einfach aus Kostengründen auch noch nicht so spezialisiert und kompetent haben beraten lassen. Es ist schon sehr häufig so, dass man in die Vorbereitungszeit, du hast ja auch so ein bisschen nach dem zeitlichen Ablauf gefragt, dass man da noch einplanen muss, dass eben vielleicht auch noch ein paar Dinge glatt zu ziehen sind. Also ich werde Ich glaube immer dafür, dass man auch sehr frühzeitig als Anwalt schon ins Boot genommen wird, weil man kann auch manchmal vor Start des Prozesses, der vielleicht so ein halbes Jahr vorher stattfindet, aber ich denke immer so neun Monate vorher ist es auch nicht schlecht, wenn man schon mal mit dem Anwalt spricht, den man vielleicht dann auch später für den Börsengang mandatieren möchte. wie dieser Anwalt vielleicht schon mal bis zur Auswahl der Banken sich mit dem Unternehmen vertraut gemacht hat und ein paar Dinge vielleicht schon mal reparieren konnte oder man auch Schwachstellen vielleicht findet, die man dann auch offen mit den Banken kommunizieren muss. Es gibt ja manchmal auch Themen, wo es einfach nur darum geht, eine Lösung dann gemeinsam mit den anderen Beratern zu finden. Beispiel, ich hatte vor vielen Jahren mal tatsächlich einen Patentstreit, wo eine Company angegriffen wurde wegen angeblicher Patentverletzung und es war dann relativ klar, dass das noch einen Moment dauert. Und dann hilft es auch nicht, das irgendwie unter den Teppich zu halten, sondern man hat ein Kick-Off-Meeting trotzdem mit Banken, mit IPO-Beratern, Investor Relations Berater etc. gehabt und hat dann eben gemeinsam versucht, hier zu besprechen, wie man das erledigt. Und man hat es natürlich dann auch durch einen Vergleich ökonomisch sinnvoll erledigen können. Aber das sind so Beispiele. Ich sage immer, man kann nicht früh genug anfangen, seinen Berater an Bord zu holen.

Joel Kaczmarek: Klaus, wie ist denn sonst so die Zeitachse bei diesem ganzen Prozess? Also wann beginnt dieser Schritt, die Braut hübsch zu machen und wie lange dauert es dann, bis der eigentliche IPO folgt?

Klaus Kirchhoff: Unterschiedlich bei den Unternehmen. Ich würde mal so sagen zwischen neun bis zwölf Monaten. Also wir kommen in die Unternehmen manchmal relativ früh rein. Ich nehme mal ein Beispiel, was gerade bei uns läuft. Da bin ich etwas mehr als ein Jahr vorher reingekommen. Da ging es noch darum, dass das Startup eigentlich nur über eine Finanzierung nachgedacht hat, weil ich die Story so super spannend fand und die Technologie wirklich interessiert. outstanding ist, habe ich gesagt, ihr braucht eigentlich nicht nur 5 oder 10 Millionen, ihr braucht eigentlich 50 oder 60 Millionen. Warum wollt ihr nicht einen Börsengang in Angriff nehmen? Und dann sind wir da rangegangen, haben die Equity Story mit denen entwickelt, haben so die Voraussetzung geschaffen, dass man schon mal Investoren ansprechen kann. Dann haben wir in einem relativ frühen Stadium schon mal Investoren, so ein paar Ausgewählte in London, in Frankfurt getroffen, um denen mal die Story vorzustellen, das Management vorzustellen und von denen so ein Feedback zu bekommen. Würdet ihr, wenn das Unternehmen noch die und die Bausteine zusammenbringt, würdet ihr Interesse haben, da einzusteigen? Das war für uns so ein bisschen das Abchecken, ob die wirklich schon bei Investoren auftreten können. Und das lief so gut, dass wir dann gesagt haben, okay, dann lasst uns das Thema in Angriff nehmen. Dann haben wir so drei Monate später die Banken eingeladen, die Anwälte eingeladen zum Beauty-Contest, haben Bank ausgewählt, Anwalt ausgewählt, war in dem Fall Andreas mit CMS und sind dann den Prozess weitergegangen. Ich würde immer so sagen, der eigentliche IPO-Prozess, der braucht nicht mehr als sechs Monate, dann kann das Unternehmen an der Börse sein. Aber mit der Vorbereitung, mit dem, was Andreas sagte, auch Umwandlung des Unternehmens, da gibt es dann manchmal noch Probleme oder der Handelsrichter hat gerade Urlaub, der das eintragen muss oder was auch immer. Das sind so Dinge, die kann man alle relativ früh in Angriff nehmen. Ich würde immer so empfehlen, wenn man überhaupt darüber nachdenkt, dass der Börsengang eine Option sein könnte, dass man dann so ein Jahr vorher spätestens sich mit Leuten zusammensetzt, die das beurteilen können und die einem dann durch den Prozess hindurch helfen kann.

Joel Kaczmarek: Was ich noch nicht so ganz verstanden habe, Klaus, ist, gibt es so eine Art Orchestrator? Also bist du der Orchestrator dieses ganzen Hübschmachungsprozesses? Macht man das aus der Firma raus? Wie greifen da sozusagen die unterschiedlichen Dienstleister auch ineinander?

Klaus Kirchhoff: Das ist ganz schön von dir formuliert. Orchestrator gefällt mir sehr gut. Wir kommen rein, wir prüfen die Börsenreife und wenn wir das Gefühl haben, dass das Unternehmen reif ist, dann holen wir die Partner zusammen. Und warum macht dann so jemand wie wir Sinn? Ich kenne alle Banker, so ungefähr alle jedenfalls. Ich kenne die Anwälte und es ist dann schon wichtig, Leute an den Tisch zu holen, die das Unternehmen verstehen, die Erfahrung in dem Markt vielleicht auch mit der Technologie haben. die Zugang zu Investoren haben, die für so ein Unternehmen in Frage kommen. Das heißt, einfach jetzt auf irgendeine Bank zuzugehen, die kann noch so einen guten Namen haben, macht eigentlich keinen Sinn, wenn man nicht vorher klar darüber geworden ist, welche Bank ist eigentlich die geeignetste. Ich nehme mal ein Beispiel. Wenn du eine ganz spezielle Technologie hast, dann ist es gut, dass du einen Analysten in der Bank hast, der genau in diesem Bereich Erfahrung gesammelt hat, der vielleicht Wettbewerber schon covert oder ähnliches. Und insofern, das ist so unsere Aufgabe, diesen ganzen Prozess zu orchestrieren, auch mal zu vermitteln. Börsengang ist eine stressige Angelegenheit. Da kommt es auch mal zu Spannungen, treten Zweifel auf, ähnliches, wo wir dann auch so eine Art Moderator sind und Bank zum Beispiel und Kunden zusammenbringen und Lösungen finden, die das Projekt weiterlaufen lassen. Also orchestrieren gefällt mir sehr gut. Das ist ein schöner Ausdruck dafür.

Joel Kaczmarek: Und was sind dann so? die typischen Hausaufgaben, die du hast? Also jetzt haben wir irgendwie Andreas, der begleitet wahrscheinlich so eine Firma auch immer noch länger. Also meine Erfahrung ist, dass Rechtsthemen dann doch immer noch mal was aufkommt, was man vielleicht am Anfang gar nicht sieht. Aber jetzt hast du einmal die rechtliche Seite. Was sind so die anderen Faktoren? Also du hast ja eingangs zum Beispiel erzählt, ihr habt irgendwie ein Kamerateam. Geht es wirklich darum, auch richtige Medienarbeit zu machen, wirklich Kommunikation, dass ihr sagt, Paper, Prospekte und so weiter? Oder wie muss ich mir das vorstellen?

Klaus Kirchhoff: Also als Beispiel, alle 72 Unternehmen, die ich an die Börse begleitet habe in meinem Leben, haben uns anschließend den Auftrag gegeben, sie weiter zu betreuen mit Investor Relations und Reporting oder nur Reporting, je nachdem, wie die aufgestellt waren. Und das ist auch so ein bisschen meine Philosophie. Ich möchte die Unternehmen sozusagen wirklich von der Wiege übernehmen und möglichst nicht in die Ware überführen irgendwann. Wir haben Kundenbeziehungen teilweise zwölf Jahre, 15 Jahre. Unternehmen, die wir mal an die Börse begleitet haben und für die wir heute immer noch was machen. Nicht mehr so umfänglich natürlich. Manchmal ist es dann zum Beispiel nur noch das Reporting. Meine Agentur gehört weltweit zu den Besten in Sachen Annual Report. Das sind manchmal so die Dinge, die dann bleiben, weil die eine eigene Investor Relations aufgebaut haben, Ähnliches und dann nur noch kommen, wenn sie Projekte haben, zum Beispiel ein M&A Projekt oder eine Kapitalerhöhung. Insofern ist bei uns auch immer das Ziel, das Unternehmen kennenzulernen, wenn wir das Gefühl haben, das ist ein spannender Börsenkandidat, die erfolgreich an die Börse zu bringen und dann weiter zu betreuen. Das hat ein bisschen auch den Vorteil, dass wir in dem ganzen Prozess mit den Investoren und den Medien schon in Kontakt sind und deshalb auch sehr schön, dass Unternehmen weiter betreuen kann. Dafür habe ich ein Presseteam, was dann zum Beispiel die ganze Pressearbeit übernimmt.

Joel Kaczmarek: Und wie ist es dann? Also wenn ich das Unternehmen jetzt in ideales Licht gerückt habe, was geschieht eigentlich anschließend? Also sagen wir mal, du hast die ganzen Haken hintergemacht, hinter dir Aufgaben. Was kommt dann als nächstes auf mich zu?

Klaus Kirchhoff: Die Auswahl der Banken, wichtiger Punkt, und der Anwälte und der Wirtschaftsprüfer. Und bei den Banken kommt es darauf an, wie ich gesagt hatte, dass das Banken sind, die Zugang zu diesem Unternehmen, zu seinem Markt, zu seiner Technologie zum Beispiel haben. Und dann geht der eigentliche Prozess los. Das heißt, Andreas mit seinem Team arbeitet an dem wichtigsten Dokument, dem Prospekt, der für die Investoren alle Informationen enthält, die die Investoren brauchen. Parallel arbeiten wir aber an einem weiteren wichtigen Instrument, das ist die Investorenpräsentation. Das heißt, wo das Unternehmen sich mit seiner Equity-Story, mit seiner Strategie, mit seiner Technologie, dem Management etc. den Investoren vorstellt. Und wenn die Dinge so weit vorangetrieben sind, dass man sagt, okay, das Marktumfeld ist gut, das ist im Moment die schwierigste Entscheidung, die man fällt, weil das Marktumfeld ändert sich manchmal innerhalb kürzester Zeit. Da kommt ein blöder Tweet von Herrn Trump und dann bricht schon wieder der ganze Kapitalmarkt zusammen oder umgekehrt. Wenn das alles passiert ist, dann kommt so eine heiße Phase. Das heißt, man entscheidet dann irgendwann frühmorgens mit einem Call, wollen wir den Deal durchziehen oder wollen wir ihn nicht durchziehen. Dann gibt es eine sogenannte Intention to Float. Das heißt, wir geben an die Presse die Nachricht, dieses Unternehmen plant in nächster Zeit seinen Börsengang. Und dann versucht man so in den nächsten vier, sechs Wochen, bis das Listing stattfindet, durch Pressemeldungen, durch Pressegespräche, durch Hintergrundgespräche das ganze Thema hochzukochen, sodass zum Zeitpunkt des IPO möglichst jeder mal gelesen hat, was da für ein Unternehmen an die Börse geht. Also wir versuchen entgegenzukommen. alle wichtigen Finanzzeitungen hineinzukommen. Und parallel geht die Bank mit dem Management auf Roadshow. Das heißt, es findet so ungefähr zwei Wochen eine Roadshow statt, wo Investoren besucht werden mit dem Management in Frankfurt, in London, in New York unter Umständen, wenn ein amerikanisches Listing oder amerikanische Investoren mit angesprochen werden sollen, Zürich, Stockholm, wo auch immer die Investoren für dieses Unternehmen sitzen. Und wenn die ihre Orders abgegeben haben, ist irgendwann hoffentlich das Buch überfüllt. Wenn 50 Millionen eingesammelt werden sollen, will man möglichst für 100 Millionen Nachfrage haben, möglichst noch mehr. Wir haben schon IPOs gehabt, da war zehnfach überzeichnet. Da hätte man das Zehnfache an Aktien verkaufen können, was man verkaufen will. Das ist das Ziel, weil dann hat man eine starke Position, mit denen den Preis letztendlich festzulegen. Und wenn das dann abgeschlossen ist, das Buch geschlossen ist und das Listing stattfindet an dem Tag, dann haben wir alle Grund zu feiern.

Joel Kaczmarek: Dann ist der nächste Tombstone hinter dir nicht mehr fern. Andreas, war ja ein guter Hinweis gerade von Klaus. Stichwort Prospekt. Was sind da so die wesentlichen Hausaufgaben? Wir haben ja auch in anderen Folgen schon mal ein bisschen drüber geredet, aber ich glaube, es hilft immer, das mehrfach mal auch nochmal anzuschneiden. Also was sind da so die wichtigsten Faktoren und wie interagierst du dort?

Andreas Zanner: Zunächst mal muss man sagen, Prospekte werden in der Regel von Anwaltskanzleien, die darauf spezialisiert sind, geschrieben. Natürlich mit Unterstützung des Unternehmens, auch mit Input der Banken und insbesondere auch von Beratern wie Klaus. Aber geschrieben werden sie von darauf spezialisiert. Warum? Weil ein Emittent gemeinsam mit der begleitenden Bank für die Richtigkeit dieses Dokuments haftet. Das heißt, der Jurist ist natürlich aufgrund seiner Ausbildung prädestiniert, mit nüchterner Sprache nicht zu werben, diesen Prospekt zu schreiben. Das ist mal das Erste. Das Zweite ist aber, das sage ich immer den Kunden und ich glaube, da wird Klaus mir zustimmen, auf der Basis des Prospekts tritt man ja auch an die Investoren heran. Also man sollte das Verkaufselement dieses Prospektes nicht vernachlässigen. Man hat da natürlich auch die Chance oder muss sogar die Equity-Story dort beschreiben. nicht in der Sprache einer Werbeagentur, aber eben doch schon so, dass Investoren verstehen, wo spielt die Musik in dem Unternehmen. Also ein ganz wichtiger Teil ist diese Equity-Story, die Strategie des Unternehmens, die Wettbewerbsstärken des Unternehmens, wie ist das Unternehmen im Wettbewerb positioniert. Zum Thema Haftung muss man noch sagen, dass ein zwingendes Kapitel des Prospektes die sogenannten Risikofaktoren sind. Das ist so wie der Beipackzettel bei Tabletten. Da schreibt eben das Unternehmen alle geschäftsspezifischen Risiken rein. Das führt auch nicht zum Erschrecken bei Investoren, sondern sie sind das gewohnt, durchaus eine ausführliche Aufzählung an Risikofaktoren zu lesen. Und damit habe ich mich dann enthaftet, wenn ich eben auf bestimmte Umstände hinweise, die sich in Zukunft ändern können und mein Geschäft negativ betreffen können, dann hafte ich bei Eintritt dieser Umstände nicht mehr. Und das ist auch ein sehr wichtiges Kapitel, vor dem man aber eben keine Angst haben muss, weil es, wie gesagt, dazugehört. zum Pflichtkapitel eines Prospekts.

Joel Kaczmarek: Und kannst du dieses Dokument jetzt nochmal so ein Stück weit einordnen? Ist das quasi so eine Art formelle Verpackung, dieses die Braut hübsch machen? Oder ist das mehr so? der rechtliche Unterbau und das Hübschmachen passiert sozusagen in anderen Medien?

Andreas Zanner: Das gehört auch zum Thema Hübschmachen, weil rechtlich ist auch vorgeschrieben, dass man in anderen Dokumenten also beispielsweise nicht abweichen darf von den Aussagen im Prospekt. Du darfst also nicht im Prospekt irgendwas weglassen und in anderen Präsentationen haust du dann ordentlich auf die Pauke und sagst, das Unternehmen ist Nummer eins und das Beste auf der Welt. Das muss schon mit dem Prospekt übereinstimmen. Also es ist beides. Es ist ein juristisches Dokument, ein Enthaftungsdokument, um die Haftung gegenüber dem Anleger zu vermeiden. Aber in meinen Augen gehört es auch dazu, die Braut hübsch zu machen. Und mir fällt eine kleine Anekdote ein, noch zu Zeiten des neuen Marktes, hat mir der Vorstandsvorsitzende, ein kleineres Unternehmen, gibt es aber heute noch, die haben mir gesagt, Mensch Herr Zanner, jetzt wo ich den Prospekt so lese und mit Ihnen das alles so strukturiert aufbereitet habe, meine ganze Equity-Story, meine Wettbewerbsstärken, meine Strategie, Da kann ich unheimlich viel für meine Marketingmaterialien auch übernehmen. Ich kann dort natürlich das ein bisschen anders formulieren. Ich habe das zum ersten Mal in meinem Unternehmen eigentlich so strukturiert dargestellt, wie ich mir das immer gewünscht habe. Habe es aber bisher nicht so geschafft in meinen Marketingmaterialien. Und jetzt habe ich so einen roten Faden durch den Prospekt. Ich muss eigentlich meine ganzen Marketingmaterialien neu machen. Heißt also für mich, nicht nur juristischer Unterbau, sondern ich finde, man kann auch eine Menge sonst daraus nutzen ziehen.

Joel Kaczmarek: Gut, verstanden. Bevor wir jetzt auch nochmal tiefer auf die Equity-Story gleich eingehen, vielleicht mal eine Frage noch am Rande. Welche Rolle spielt denn eigentlich die Wahl des Börsenplatzes für diesen ganzen Prozess? Ist das ein relevanter Faktor?

Klaus Kirchhoff: Ja, absolut. Ich würde bei jedem Unternehmen immer schauen, wo ist der Börsenplatz, der am ehesten die Investorenkontakte ermöglicht, die wir brauchen. Und da würde ich bei deutschen Unternehmen in den meisten Fällen immer die deutsche Börse empfehlen. Einmal, weil ich darüber die Chance habe, hier eine Aufmerksamkeit zu kriegen in Deutschland, die ich eben nicht kriege, wenn ich dann sage, ich gehe an die Nasdaq Nord in Skandinavien oder ich gehe sogar in den USA an die Börse. Und zum Zweiten, weil das eigentlich irgendwo der natürliche Börsenplatz ist. Wenn mein Hauptsitz in Deutschland ist, dann halte ich auch viel davon, an die Börse zu gehen. Ich habe fast alle Unternehmen an die deutsche Börse begleitet, die das ja auch sehr unterstützt. Also wir sind ja zum Beispiel Andrea. Und ich auch Capital Market Partner. Die haben so eine Capital Market Partnerschaft eingerichtet, wo sie Berater, Banken etc. ausgewählt haben, die als qualifizierte Partner dem Börsenkandidaten zur Verfügung stehen. Die unterstützen ein IPO sehr stark mit eigenen Marketingmaßnahmen, schalten Anzeigen. machen Videos. Also insofern für die meisten Unternehmen, die ich so kenne, auch im Startup-Bereich, macht das schon Sinn, darüber nachzudenken, in erster Linie in Deutschland zu gehen. Es kann mal einen speziellen Fall geben, wo ein anderer Börsenplatz vielleicht attraktiver ist. Ich habe mal ein Beispiel erlebt, da ging es um eine Technologie, die war in Europa und Deutschland bei den Investoren noch überhaupt nicht angekommen und in Amerika wurde sie schon gefeiert. Da ist aber ein anderes Problem hinzugekommen. Für ein kleines Unternehmen, zum Beispiel in den USA an die Börse gehen, hat Abgesehen von den haftungsrechtlichen Problemen und Risiken, über die Andreas besser sprechen kann, die in Amerika bestehen, wenn ich dort Vorstand bin, also ich möchte in Amerika eigentlich kein Vorstand sein, ist es einfach auch eine Frage der Kosten und der Effizienz. Ich sagte ja, 100 Tage macht man Kontakte mit Investoren, Journalisten etc. Das lässt sich natürlich in seinem Heimatland viel besser organisieren, als wenn man an einer Börse in einem ganz anderen Land gelistet ist.

Joel Kaczmarek: So wie angedroht, lass uns doch nochmal ein Stück weit über die Equity-Story reden. Was ist denn eine Equity-Story und welche Faktoren gehören da zwingend rein?

Klaus Kirchhoff: Was ist die Equity-Story? Die Equity-Story ist eigentlich nichts anderes, als dass das Unternehmen darstellt, warum es ein spannendes Investment ist. Da gehört bei den Unternehmen ganz unterschiedliches dazu. Nehmen wir jetzt mal ein Technologieunternehmen. Da ist es wichtig, dass in der Equity-Story sichtbar wird, dass die Technologie was Outstanding ist, was ganz Besonderes ist. Also die 25. MeToo-Plattform für irgendetwas, da rate ich im Zweifel immer ab. Das Zweite ist, das Management muss das unterstützen. Also wenn das Leute sind, die in diesen Märkten, in dieser Technologie zu Hause sind, ist es wichtig, dass man das auch mit herausstellt. Dann muss man darstellen, warum man im Wettbewerb besser positioniert ist, um in Zukunft erfolgreich zu sein. Also er der Übernehmer ist und nicht der, der übernommen wird, als Beispiel. Also es sind, will ich damit sagen, bei jedem Unternehmen ganz unterschiedliche Aspekte, die in diese Equity-Story einfließen. Aber wenn man sie beschreiben will, kann man immer sagen, es ist letztendlich die Story, die einem Investor klar macht, warum dieses Unternehmen, in das ich jetzt investieren soll, in Zukunft erfolgreich sein wird. Und wenn mir das nicht gelingt, dann ist die Equity-Story auch nicht erfolgreich und gut formuliert.

Andreas Zanner: Und wenn ich das noch ergänzen darf, da besteht dann tatsächlich auch die Kunst darin für Juristen. Spezialisierte Teams haben eben auch die Fähigkeit, nicht nur die rein rechtlichen Teile im Prospekt gut zu beschreiben, sondern genau diese Equity-Story auch respektgerecht unterzubringen, aber auch rüberzubringen. Die Punkte, die Klaus genannt hat, dass die eben auch als Botschaft im Prospekt sehr deutlich erscheinen, man gleichzeitig aber noch nicht zu werblich auftritt. Also diese optimale Verbindung dazu treffen, auch sprachlich, das ist natürlich Eine Herausforderung können aber die spezialisierten Kanzleien mit ihren Teams alle.

Joel Kaczmarek: Hast du so Tipps, Klaus, was so Classic sind? Also was für Equity-Story-Elemente verfangen besonders gut bei Investoren?

Klaus Kirchhoff: Also ein ganz wichtiger Punkt ist das Management. Da investieren die Leute im Zweifel nicht in euer Unternehmen, sondern sie investieren in euch, in das Management. Das Vertrauen, dass ihr mit dem Geld, was euch zur Verfügung steht, was Erfolgreiches anstellt. Die Darstellung des Management, die Qualität des Managements in der Equity-Story herauszustellen, ist ein ganz, ganz wichtiger Bestandteil. Für mich mit das Wichtigste. Dann ist der zweite Punkt, dass ich schaffe, meine Strategie überzeugend darzustellen. Also eben nicht nur zu sagen, ja, wenn wir jetzt die 50 Millionen aus dem Börsengang haben, dann können wir damit Gas geben. Use of Preceds. Wir werden das Geld nehmen, um damit das zu machen. Wir werden das Geld, um in den nächsten Monaten das zu machen. Wir werden das Geld nehmen und damit werden wir das und das machen. Und daraus wird sich ergeben, dass wir das und das zukünftig erwirtschaften. Das sind so für mich die Kernelemente. Management, Managementqualität und Erfahrung. Die Technologie, wenn es eine gibt oder das Geschäftsmodell, was ganz speziell ist. Ich hatte letztens zum Beispiel in so einem Workshop jemanden, der wollte einen Essenslieferdienst. Den hat er aufgebaut, eventuell an die Börse bringen. Gegen eine Delivery Hero oder noch so ein paar andere, die es da gibt, anzustinken, ist schon verdammt schwer. Die haben die Taschen voll Geld, die können im Marketing machen, was sie wollen. Da muss jetzt was ganz, ganz Besonderes dahinter stecken. Und als Vegetarier, der sehr auf seine Ernährung achtet, wenn mir einen vegetarischen Lieferdienst mit höchster Qualität von Biomärkten etc. gespeist anbieten würde, dann würde ich mir vorstellen können, dass der eventuell sogar in diesem schwierigen Wettbewerbsumfeld mit seiner Story erfolgreich sein kann. Wenn er aber genau das Gleiche wie die anderen liefert, nur ein bisschen anders, dann wird es schwierig. Dahinter muss immer stecken ein Markt, bei dem jeder das Gefühl hat, das wird sehr erfolgreich sein. Nehmen wir mal das Beispiel Tesla. Ich habe schon vor einigen Jahren, als die Automobilaktien alle durch die Decke gingen und alle Welt von Automobil begeistert war, gesagt, ich weiß gar nicht, wo diese Euphorie herkommt. Ich sehe die Zukunft der deutschen Automobilindustrie ausgesprochen kritisch, weil die stützen sich eigentlich nur darauf mit ihren großen, teuren Autos in China Geld zu verdienen, weil nirgendwo wird S-Klasse, Porsche und so weiter so verkauft wie in China. Aber wenn die Chinesen irgendwann aufwachen und sagen, diese Abgase und Probleme in unseren Großstädten können wir nicht mehr ertragen, ab 2028 dürfen nur noch Elektroautos da rein. Dann werden die S-Klassen-Porsches dieser Welt ihre Probleme kriegen. Das heißt also, ich muss mir immer sehr genau anschauen, ist der Markt, den das Unternehmen bedient, eigentlich ein Zukunftsmarkt? Ist das ein Markt, der in der Zukunft nachgefragt wird? und kann dieses Unternehmen sich in diesem Markt erfolgreich positionieren? Also das sind so die drei aus meiner Sicht Kernthemen. Managementqualität, Strategie muss plausibel sein und der Markt dahinter, der muss was versprechen. Und deshalb sind es eben dann häufig bei Startups so Themen wie Biotech, Artificial Intelligence, so diese Zukunftsthemen, auf die Investoren jetzt ziemlich stark schauen und wo Investoren sich für begeistern können.

Joel Kaczmarek: Und wie lange dauert es, so eine Equity Story zu entwickeln? und vor allem, wer hilft einem dabei? Ist es deine Aufgabe oder wie läuft das ab? Das

Klaus Kirchhoff: ist eigentlich unsere wichtigste Aufgabe mit, weil wenn wir die Börsenreife geprüft haben und die Equity Story entwickelt haben, sind wir so weit, dass wir sagen können, mit dieser Story und mit diesen Kriterien, die wir erfüllen, können wir jetzt auf Banken, können wir auf Investoren zugehen, wie ich das Beispiel nannte, dass wir mit dieser Equity Story, mit so einer Unternehmenspräsentation, immer in der frühen Phase auf Investoren zugegangen sind, um deren Feedback zu kriegen. Das hat dem Management Sicherheit gegeben, dass sie den Börsengang wagen können, weil ein Startup steht ja immer vor der Frage, ist das noch zu früh oder kann ich das eigentlich schon wagen? Und wir versuchen, das Kostenrisiko, weil jeder Börsengang ist auch ein Risiko, er kann ja scheitern am Ende, das so niedrig wie möglich zu halten und deshalb auf dem Vorwege mit der Equity Story gegenüber Banken, gegenüber Investoren aufzutreten, um zu sehen, überzeugt die. Und wenn da das positive Feedback kommt, dann kann man dem Management raten, lasst uns den Börsengang wagen. Risiko bleibt immer, aber das kann man begrenzt halten. Und es gibt noch etwas, das spielt auch eine Rolle bei der Erstellung des Prospektes von Andreas. Ich habe mal einen Workshop gemacht, den habe ich genannt Fit für die Börse, Fit für den Markt. Jeder IPO-Prozess macht das Unternehmen wesentlich besser. Weil man auch bei der Arbeit am Prospekt Schwierigkeiten aufdeckt, die Mängel aufdeckt, dort, wo man noch nicht überzeugt ist, noch nachlegen kann. Das heißt, durch den Börsengang ist das Unternehmen einfach auch am Ende des Prozesses, ob es nun an die Börse geht oder nicht, ein besseres Unternehmen und für die Zukunft in dem Markt besser aufgestellt.

Joel Kaczmarek: Gibt es so typische Fehler, sage ich mal, oder Flausen, die du deinen Kunden irgendwie austreiben musst, die die im Kopf haben, wenn es um die Equity-Story geht? Also gibt es da so wiederkehrende Motive, wo du sagst, nee, geht gar nicht, denk mal lieber um?

Klaus Kirchhoff: Also es gibt mehrere Themen, die immer wieder so leichte Konflikte verursachen. Das eine ist, dass die Leute vergangenen Erfolge für das Wichtigste halten. Und da muss ich denen immer sagen, ja, das können wir in einem Chart mit berücksichtigen, dass ihr in der Vergangenheit tolle Sachen gemacht habt. Wichtiger ist die Zukunft. Der Investor investiert nämlich in eure Zukunftskraft. nicht in eure glorreiche Vergangenheit. Das ist so ein Punkt. Der zweite Punkt ist beim Thema Governance. Das nicht so sein darf wie in meiner Aktiengesellschaft. Da war bis vor kurzem meine 95-jährige Mutter Vorsitzende und meine Frau und mein Sohn waren die Beisitzer im Aufsichtsrat. Damit dürfte ich nicht an die Börse gehen. Das ist manchmal so ein Punkt, dass man denen dann erklären muss, ihr müsst euch für verschiedene Themen Fachleute in den Aufsichtsrat holen, weil auch das gibt euch wieder Vertrauen bei den Investoren. Und ein ganz wichtiger Punkt, natürlich kommen die auch manchmal und sagen, ja, wir arbeiten jetzt schon so und so viel lange diese Anwaltskanzlei oder mit diesem Steuerberater zusammen, können wir den nicht auch für den Börsengang nehmen? Der ist auch billiger als die großen anderen, wo ich dann immer sage, man darf nicht unterschätzen, die Partner, die ich mir ins Boot habe. helfen mir wie ein Gütesiegel sozusagen auch Vertrauen bei den Investoren aufzubauen. Und wenn ich dann mit meinem liebgewonnenen Steuerberater aus Hintertupfingen komme, dann wird ein Investor in London oder New York im Zweifel sagen, also ob ich mich auf die Zahlen verlasse, die der da ermittelt, da weiß ich nicht. Wenn die dann aber lesen, da ist die Lloyd oder PwC oder wer auch immer, BDO, Amtwerke, dann ist das schon anders. Und das gilt natürlich noch mehr für den anwaltlichen Part, wenn der Prospekt geschrieben ist von einem befreundeten Anwalt, der noch nie viel mit IPOs zu tun hatte, dann braucht man den einem professionellen Investor gar nicht vorzulegen.

Joel Kaczmarek: Also ich lerne, es geht hier viel um Signaling. Wie ist denn generell so der Einfluss von der Equity-Story auf Investoren? Also kann ich damit quasi auch meine Preisfindung beim IPO quasi mitsteuern?

Klaus Kirchhoff: Auf jeden Fall hat das einen ganz starken Einfluss. Die Equity-Story ist das, was letztendlich den Investor überzeugen muss. Wir reden ja, wenn wir vor allem über Startups reden, nicht über einen tollen Track Record aus der Vergangenheit. Wenn wir zum Beispiel die Zahlen angucken, wir haben vor drei Jahren, war das glaube ich, ein Unternehmen an die Börse begleitet, die wie gesagt die ersten Umsätze jetzt glaube ich machen. Da helfen keine vorhandenen Zahlen oder ähnliches. Da investiert der Investor nur, wenn er von der Equity Story überzeugt ist und davon, dass das Management die auch verwirklichen kann. Und deshalb ist die Equity-Story schon aus meiner Sicht das Fundament für einen erfolgreichen Börsengang. Nur wenn der Investor in diese Story sein Vertrauen steckt und in das Management, was ihm diese Story verkauft, hat der Börsengang eine Chance.

Joel Kaczmarek: So und was mich jetzt als letztes noch so ein Stück weit beschäftigt ist, wenn der Börsengang jetzt stattgefunden hat, wie muss ich denn diese Equity-Story fortschreiben? Oder ist das wie so ein Buch, was ich zuklappe und ich klappe ein neues auf? Weil du meintest ja auch, dass ihr ganz viele Investor-Relations noch weitermacht für eure Kunden. Also wahrscheinlich hört die dann auch gar nicht mehr auf, oder?

Klaus Kirchhoff: Die wird ständig fortgeschrieben, weil die Märkte ändern sich, die Zahlen ändern sich, die Strategie kann sich ändern. Du musst dir das so vorstellen, wenn du an der Börse bist, hast du ja regelmäßig Kontakte mit Investoren, du hast die Hauptversammlung, wo deine Aktionäre kommen und ähnliches. Und jedes Mal musst du wieder überzeugend deine Equity Story präsentieren. Und die sieht vielleicht nach zwei Jahren schon wieder ganz anders aus, weil du hast den Erlös aus dem Börsengang, du hast den vernünftig eingesetzt und jetzt ergibt sich meinetwegen eine ganz tolle Übernahmechance. Du kannst einen Wettbewerber übernehmen. Wenn du den übernommen hast, der zum Beispiel dein Geschäft noch breiter macht oder dir einen zusätzlichen Markt erschließt, den du bisher nicht hattest, wird das natürlich die zukünftige Equity-Story, die dann anders ist als die Equity-Story beim IPO. Die Grundlagen werden die gleichen sein, aber es wird sich weiterentwickeln, je nachdem wie der Fortschritt deines Unternehmens ist und wie die Veränderung in den Märkten sich zeigt.

Joel Kaczmarek: Gut, ihr beiden. Ich glaube, das war ein sehr praxisnaher Blick auf das ganze Thema. Und als letzte Frage würde mich ja noch ein bisschen hier das Nähkästchen weiter interessieren. Gibt es so Erfolgsstories in dem Bereich, die euch besonders in Erinnerung geblieben sind?

Andreas Zanner: Es gibt viele Unternehmen, die aus dem neuen Markt sich noch sehr erfolgreich fortentwickelt haben, die also nicht untergegangen sind damals, mit denen wir heute noch gerne zusammenarbeiten. Natürlich gibt es auch jüngere IPOs, wo man einen tollen Fall hatte, tolles Miteinander hatte in dem Deal und deswegen auch gerne an den IPO zurückdenkt. Da waren viele gute dabei und viele, an die ich mich sehr gerne zurückerinnere und möchte da jetzt ungern Namen nennen.

Klaus Kirchhoff: Also ich kann dir einen nennen, weil der Stichwort neuer Markt. Ich habe im neuen Markt sehr viel gemacht. Ich habe alleine 1999 so auf dem Höhepunkt 20 Unternehmen an die Börse begleitet. Da waren auch Milliardenvolumen dabei. Und dann brach der neue Markt zusammen und ich erinnere mich, ich saß bei Bloomberg TV in einer Debatte und neben mir saßen so geschniegelte Banker, die dann alle sagten, ja, der neue Markt und die waren alle nicht reif und bla bla bla. Und ich habe mir dann erlaubt zu sagen, dass zu dem Zeitpunkt, ich hatte das ermittelt, die Telekom allein mehr Investorengeld vernichtet hatte, als alle Unternehmen am neuen Markt zusammen. Und der Börse habe ich danach immer wieder gesagt, der größte Fehler, den ihr gemacht habt, ist, dass ihr den neuen Markt tot gemacht habt. Einen Absturz gab es auch an der Nasdaq. die heute eine super erfolgreiche Börse ist. Einen Absturz gab es auch in London, den gab es überall. Aber nur die Deutschen kamen auf die blöde Idee, den neuen Markt tot zu machen, der ja eine tolle Idee war, nämlich jungen Unternehmen, die anders nicht in der Lage gewesen wären, sich zu entwickeln, Zugang zum Kapital zu verschaffen. Ich habe, glaube ich, 36 Unternehmen an den neuen Markt gebracht. Davon ist keins pleite gegangen. Es sind mehrere heute Milliardenkonzerne. United Internet, 1&1, kennt ihr alle. Ja, Herr Dommermuth ist damals an den neuen Markt gegangen, weil der Markt es ihm ermöglichte, hat seine Story super weitergefahren und ist heute ein faszinierendes Milliardenunternehmen geworden. Das ist vielleicht ein schönes Beispiel, weil es kommt aus einer Zeit, wo gesagt wurde, ach, diese jungen Unternehmen, die tauchten alle nichts und das Management tauchte nichts. Und man sieht an einem Beispiel wie Dommermuth und 1&1 oder heute United Internet, dass damals viele tolle Unternehmen hätten entstehen können, wenn man die Chance gegeben hätte. Ich habe das so ein bisschen, wir leben ja jetzt in der Zeit der Pandemie, also welche sind am meisten gefährdet? Die Alten und die ganz Jungen. Und so war es damals auch. Die alten Unternehmen sind in Schwierigkeiten geraten und die ganz Jungen, denen hat man keine Chance mehr gegeben. Aber ich will noch ein abschließendes Beispiel geben. Kurz vor dem Zusammenbruch des Marktes oder als der Markt eigentlich schon zusammengebrochen war, kam jemand zu mir mit einer super Idee Voice over IP. Der hatte das, was später Skype wurde, entwickelt im Prototypen. Brauchte jetzt Geld, um daraus ein Produkt zu machen, was er auf den Markt bringt. Und ich habe alles versucht. IPO war nicht mehr möglich. Ich habe Investoren versucht, dafür zu begeistern. Aber damals war so eine Phase, da wollte keiner in irgendwas mehr, was mit Startup zu tun hat, investieren. Der Junge ist dann pleite gegangen. Das wäre das Skype gewesen, schon länger vor Skype. Das vielleicht nochmal so zwei Beispiele. Der eine ist damit sehr, sehr erfolgreich geworden, dem anderen hat man den Börsengang nicht mehr ermöglicht und der wäre wahrscheinlich heute ein Milliardenunternehmen.

Joel Kaczmarek: Spannend, es macht Spaß euch zuzuhören, also dieser ganze Praxisblick. Ich will gar nicht sagen, wie wilder Wisten, aber so Krimi-Geschichte hat das schon, so ein bisschen diesen Unterhaltungsfaktor.

Klaus Kirchhoff: Ja, absolut, absolut.

Joel Kaczmarek: Gut, Klaus und Andreas, ganz, ganz herzlichen Dank. Es hat viel Spaß gemacht und würde mich freuen, wenn wir an anderer Stelle auch mal wieder zusammenkommen. Bestimmt ergibt sich dann aber eine Möglichkeit. Vielleicht drehen wir mal eine hübsche Bräutigamme. dann, mal schauen. Danke dir, Joel.

Klaus Kirchhoff: Macht auch immer wieder Spaß.

Andreas Zanner: Danke, war ein toller Call. Danke dir.

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Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um Börsengänge: Unsicher auf dem Börsenparkett? Nicht mit uns! Gemeinsam mit unterschiedlichen Expert:innen der Deutschen Börse spricht Joel regelmäßig über alles rund um die Themen Börse, Börsengang und späte Finanzierungsphase (pre IPO).