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Joel Kaczmarek: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen Road to IPO Podcast von Digitalkompakt. Mein Name ist Joel Kaczmarek und heute sitze ich mit zwei alten Bekannten hier. Ich fange mal auf der linken Seite an, der gute Peter. Hallo Peter.
Peter Fricke: Hallo Joel.
Joel Kaczmarek: Und auf der rechten Seite jemand, der den Hörern von Digitalkompakt, die aufmerksam sind, auch schon bekannt sein müsste, der gute Julian. Wir haben nämlich auch schon mal fleißig mit dem Christian Leibold gepodcastet. Auch dir ein warmes Hallo.
Julian Riedelbauer: Hallo Joel.
Joel Kaczmarek: So und wir starten natürlich erstmal mal eine kleine Vorstellungsrunde. Also vielleicht fangen wir mit Peter ganz kurz an, dass du mal ganz kurz sagst, was du tust bei der deutschen Börse, was da so passiert in deinem Feld, dass wir verstehen, was du heute sozusagen hier beisteuerst.
Peter Fricke: Sehr gerne. Ich bin bei der Deutschen Börse im Bereich Pre-IPO und Capital Markets für den Bereich Venture Network tätig. Das ist der Bereich bei der Deutschen Börse, der sich um die vorbörslichen Unternehmen kümmert. Unsere Hauptaufgabe hier ist, die Unternehmen im vorbörslichen Bereich mit den passenden Investoren zu verknüpfen und natürlich sie im besten Fall auch auf einen potenziellen Börsengang vorzubereiten. Das machen wir mit verschiedenen Tätigkeiten, die sich aufteilen in Kapitalvermittlungen, einem Trainingsprogramm, was wir entwickelt haben und ein Netzwerk aufzubauen, um die verschiedenen Interessengruppen miteinander zu verknüpfen.
Joel Kaczmarek: So, und da passt du ja super rein, Julian. Also ihr müsst ja wahrscheinlich relativ oft mal irgendwie einen Sync haben. Sag doch auch noch mal ganz kurz, was du genau tust, womit du deine Brötchen verdienst.
Julian Riedelbauer: Ich bin Julian Riedelbauer. Ich leite das Deutschlandbüro von GP Bullhound. Wir sind eine internationale Tech-Beratungsgesellschaft, Tech-Investment-Bank. Wir beraten bei Wachstumsfinanzierungsrunden in späteren Phasen und bei Firmenverkäufen. Wir haben weltweit 100 Mitarbeiter, in Deutschland über 10 Mitarbeiter und wir beraten ca. 30 Deals pro Jahr. in New York, San Francisco und Hongkong haben, um eben wirklich weltweite strukturierte Prozesse durchzuführen im Wettbewerb.
Joel Kaczmarek: Man merkt, du hast internationalen Blick quasi auf das, was du tust, also in dem klassischen M&A-Geschäft. Das heißt, wir können ganz viele spannende Sachen heute über Deutschland erfahren, aber vielleicht auch mal den Blick über den Tellerrand wagen, wie wir so im internationalen Vergleich dastehen. So und heute soll es ja in der Tat um die späte Unternehmensphase gehen, also Börsengang wäre theoretisch eine ganz späte, wenn man so will. Ihr guckt euch ja, hast du gerade gesagt, eigentlich den Pre-IPO-Bereich an, das heißt ihr guckt natürlich, wie kann man Investoren und Gründer zusammenbringen, um die Wahrscheinlichkeit zu steigern, zu erhöhen, dass irgendwann mal ein Börsengang auf der Uhr stehen könnte. Und auch dein Job, lieber Julian, muss dem ja nicht zu widerreichen, dass wenn man jetzt eine Firma verkauft, kann es ja trotzdem noch sein, dass sie im Nachgang an die Börse geht. Dazu später mehr. Aber fangen wir doch mal vielleicht mit der wirklichen Spätphase an. Dich ruft man quasi, wenn es wirklich an Finanzierungsrunden geht, die schon substanzieller sind, die in der Ausrichtung einen höheren Anspruch haben, was jetzt KPIs angeht, was Verhandlungen angeht etc. pp. Wie genau muss ich mir das vorstellen? Wie fängt das mit dir typischerweise an, dass du ins Spiel kommst bei so einer Firma?
Julian Riedelbauer: Wir beraten Unternehmen ab 15 Millionen gesuchtem Kapital. Das kann eine Mischung aus Primary und Secondary sein. Firmen in späteren Phasen, die schon ordentlich ihr Geschäftsmodell bewiesen haben und das Kapital brauchen, um weiter durchzustarten, Expansion zu beschleunigen, ins Einzelne zu expandieren. In diesen Fällen beraten wir von Projektanfang bis zum erfolgreichen Abschluss und bringen eine sehr umfassende Leistung und helfen dabei, einen maximalen Wettbewerb aufzubauen unter internationalen Investoren bei Finanzierungsrunden oder Käufern bei Unternehmensverkäufen.
Joel Kaczmarek: Alle, die noch nicht so eine Firma sind. Primary wäre direktes Investment in die Firma. Secondary, dass auch bestehende Gesellschafter Anteile verkaufen. So, und jetzt hast du ja schon gesagt, 15 Millionen Euro, das ist ja für viele, wenn man so als Normalsterblicher den Fernseher einschaltet, so wenn dann nur 2 Millionen kommen oder 5, dann sind die immer, wow, unglaublich viel Geld. Und 15 hört sich für viele Leute, die das jetzt noch nicht so in der Tiefe tun, erstmal sehr, sehr viel an. Merkst du auch, dass das Spiel dann ein anderes ist? Also hat man da irgendwie ganz andere, sagen wir mal, Ansprüche, Anforderungen? Was ist anders als die frühen Phasen? in dieser Späten?
Julian Riedelbauer: frühen Phasen haben wir meistens in Deutschland deutsche Investoren oder Investoren mit Büros in Deutschland. Business Angels, Family Offices und so weiter sind dort die Akteure. Wenn man in spätere Phasen geht, ist plötzlich in Deutschland nicht mehr sehr viel Kapital vorhanden. Es gibt nur eine Handvoll von Investoren, die in diesen späteren Phasen spezialisiert sind und investieren. Dort kommen dann Internationale Investoren ins Spiel, sehr viel aus Frankreich, aus London, durchaus die erste Chance auch schon aus USA Kapital zu bekommen oder vielleicht, wenn man größer ist und nach Asien irgendeine Geschäftsidee hat oder die Möglichkeit nach Asien zu expandieren, auch asiatische Investoren. Das heißt, es ist eine ganz andere Investorengattung. Es wird auch eine sehr klare Trennlinie gezogen zwischen den Frühphasen-Investoren, die so zwischen ein paar hunderttausend Euro bis vielleicht fünf, sechs oder auch mal acht Millionen investieren, und die späteren Phasen, die internationalen Investoren, die über zehn Millionen Euro pro Firma investieren.
Joel Kaczmarek: Wie lange dauert so ein Prozess dann ungefähr, wenn ich jetzt auch internationale Akteure mit reinnehmen möchte?
Julian Riedelbauer: Wenn man einen intensiven Prozess durchführt, wo man viel Zeit für die Vorbereitung reserviert, dann kann so etwas fünf bis sechs Monate oder auch mal sieben Monate dauern. Allein die Vorbereitung, um die ganzen Unterlagensets zu erstellen, um die Billing-Daten zu analysieren, um KPIs zu erstellen, um wirklich ein hochqualitatives Unterlagenset und Businessplanungs-File zu garantieren, braucht das sechs bis acht Wochen Vorbereitung. Dann beginnt man eben mit der Ansprache, führt eine Roadshow in Europa durch, in den USA durch. Die Ansprache und Roadshow dauern auch nochmal sechs Wochen. Dann wird verhandelt, dann wird das Termsheet verhandelt, dann versucht man mehrere Investoren in Wettbewerb zu bringen. Oder, wenn es ein Konsortium ist, ein Konsortium zu bilden, Termsheet wird verhandelt und dann geht es in die Due Diligence. Und in diesen Phasen ist es eben auch so, dass die Firmen eben vielleicht schon 60, 80, 150 Mitarbeiter haben mittlerweile. mehrjährige Historie, sodass auch eine komplette Unterlagenprüfung, die sogenannte Due Diligence nötig ist, und der Investor sehr umfassende Prüfungen durchführt. Das geht sehr stark in die Details, da kommen wir nachher noch dazu. Und insofern ist es ein umfassender Prozess, der nicht zu vergleichen ist mit einer Frühphasenfinanzierung.
Joel Kaczmarek: Was Julian gerade gesagt hat, dass in den späten Phasen eher internationale Akteure aufs Paket kommen, das hat ja manchmal mit Besonderheiten zu tun. Also Frankreich zum Beispiel hat ja besondere spezifische Versteuerungsmodelle bei VC zum Beispiel, weshalb es da ganz viele Menschen gibt, die investieren. Aber beobachtet ihr sowas auch bei der deutschen Börse, dass die Firmen, die ihr in eurem Netzwerk habt, die ihr sozusagen als Kandidaten für einen potenziellen Börsengang mal erachtet, dass die sich zusehends im Ausland umsehen?
Peter Fricke: Ja, und ich möchte eigentlich gleich dazu anfügen, leider. Für uns wäre es natürlich wünschenswert, wenn wir auch in Deutschland größere Venture-Capital-Firmen generieren könnten, die auch im Endeffekt die Kapazität haben, einen Start-up über mehrere Runden oder über mehrere Finanzierungsphasen hinweg zu begleiten und wirklich für den globalen Markt vorzubereiten. Also ich kann eigentlich Julian hier nur zustimmen. Es deckt sich genau mit unserer Einschätzung und auch den Entwicklungen, die wir in den letzten drei, vier Jahren jetzt auch aus den Erfahrungen mit dem Venture-Capital gesammelt haben. Die Finanzierungssituation in der Frühphase, wir sprechen hier vielleicht eher so 1 Million bis 5, 6 Millionen, die hat sich durchaus sehr gut verbessert in Deutschland. Wo es eben immer noch hapert, ist sobald es eigentlich um die zweistelligen Millionenbeträge geht, 15 Millionen ist glaube ich hier eine gute Größe, dass wir dort eigentlich fast ausschließlich Finanzierungsrunden sehen, die von internationalen Investoren getätigt werden. Und warum ist das auch langfristig sozusagen oder kann es zu einem Hindernis führen? In der Regel haben diese Investoren ja auch über Gesellschaftsrechte, gewisses Machtpotenzial, gewisse Ausübungsrechte über die weitere Entwicklung des Startups. Und wenn wir natürlich langfristig auch hier in Deutschland und Europa wirklich große Tech-Unternehmen bauen wollen, ist es natürlich wichtig, dass auch die Investoren die Unternehmen hier halten wollen und nicht eben abziehen nach USA oder nach Asien.
Joel Kaczmarek: Ich meine, wird das Ganze nicht auch relativ komplex? Wenn ich jetzt zum Beispiel mal an US-Investoren denke, die haben ja oft ganz andere Steuerungselemente in so einer Firma zum Beispiel. Also wenn ich jetzt irgendwie einen Beirat mir betrachte, den gibt es ja zum Beispiel im deutschen GmbH-Gesetz gar nicht. In den USA ist der fest verankert als etwas, womit du im Prinzip deine Firma steuerst. Das heißt, die haben ja auch teilweise ganz andere Vorstellungen. Wenn ein Ami kommt, will der eigentlich auch mal einen Beiratssitz. Und der Beiratssitz muss im Prinzip Durchgriff haben auf die Firmenentscheidung und nicht nur einen Expertenbeirat sein. Also solche Faktoren können ja da eine Rolle spielen. Oder ganz viele wollen dann auch, dass man auch eine Inc. irgendwie gründet in den USA. Ist das so, dass wenn man irgendwie den Tellerrand quasi größer macht, dass das ganze Geschäft auch und der ganze Prozess komplexer wird?
Julian Riedelbauer: Ich glaube, jeder Spätphasen-Investor hat besondere Vorstellungen über Mitspracherechte, über Bordstruktur, über Beiratssitze, über Vetorechte und so weiter. Und das ist dann im Endeffekt auch schon fast egal, ob der Investor in London, Paris oder San Francisco oder New York sitzt. Gott sei Dank ist es so, dass die amerikanischen Investoren, auf die du ja angespielt hast, mehr und mehr Erfahrung haben, in Europa zu investieren, auch speziell in Deutschland zu investieren. Insight hat viele Investments in Deutschland schon getätigt, Bessemer wächst, Peter Thiel hat diverse Investments in Deutschland und so weiter. Das heißt, dieses hilft, wo der Investor lernt, wie es in Deutschland funktioniert. Gleichzeitig ist es aber auch sehr üblich, auch von deutschen oder internationalen Spätphasen-Investoren, dass ein Beirat installiert wird, der bestimmte Kontroll- und Mitspracherechte hat, der eben die Gesellschafterversammlung in einigen Punkten ersetzt und die Entscheidungsbefugnis von der Gesellschafterversammlung in den Beirat delegiert wird. Das macht die Vertragsverhandlungen komplexer, die Investmentagreements werden größer, die Shareholderagreements werden größer. Gleichzeitig tauscht man natürlich die Komplexität ein. gegen extrem viel Erfahrung. Also ein US-Investor oder ein Investor aus London, der Firmen schon lange oft begleitet hat bei der internationalen Expansion, hilft natürlich auch dem Unternehmen mit seiner Erfahrung, mit seinen Kontakten. Wir haben häufig Firmen, die nach dem Aufnahme des US-Investors auch dann in die USA expandieren wollen. Und da kann so ein Investor extrem wertvoll sein. Also es hat natürlich alles zwei Seiten und ein US-Investor hat auch viele Vorteile. Tatsächlich gebe ich aber Peter recht, wir haben viel zu wenig Spätphasen-Investoren in Deutschland. Und da ist ein klares Gap. Es gibt sehr viele Private-Equity-Investoren, die da auch zunehmend in Tech investieren mit großen Fonds. Das entspricht vielleicht mehr der Risikoneigung der Deutschen, weil das natürlich, wenn die Firma profitabel und groß ist, weniger gefährlich. Und es gibt sehr viele Frühphasen-Investoren, weil, naja, kleines Geld, Spielgeld, kann man ja schon mal investieren und probieren. Aber diese Phase, 10, 15 Millionen, ein Investor, der das investiert, da gibt es vielleicht in Deutschland, weiß ich nicht, Lake Star, Digital Plus, Lea Partners, weiß nicht, Peter, wer fehlt hier noch?
Peter Fricke: Das sind jetzt schon die drei, die mir auch spontan eingefallen wären.
Julian Riedelbauer: Und zwar die in verlustreiche, gut wachsende, schnell wachsende Firmen investieren. Da gibt es ein paar Corporate-Venture-Investoren, so eine BMW iVenture, Siemens Next 47, Telekom, T-Capital. Aber die investieren auch wieder international und häufig nicht nur in deutsche Firmen. Bosch Ventures ist auch sehr aktiv, aber die sind eben auch sehr überall sehr aktiv. Und ich glaube, deren deutsches Portfolio ist typischerweise relativ klein. Und insofern ist das Deutsche Börse Venture Network extrem wichtig, um da aufzuklären, um die wenigen Investoren, die man hat, zusammenzubringen, um Konsortien zu bauen. Und es gibt ja neue Initiativen. Die KfW hat den Auftrag, Finanzinvestoren zu unterstützen als Anker-Investor, als LP. Da gibt es einige Initiativen, aber ich glaube Steuergesetzgebung, die Risikoneigung bei den großen Family Offices und Versicherern, das ist alles noch in Deutschland viel weniger ausgeprägt als im Ausland.
Joel Kaczmarek: Wo du die KfW erwähnst, hältst du es für möglich, dass man von staatlicher Seite dort auch Programme aufsetzt? Weil so die Klassiker sind ja eigentlich irgendwie IBB, HTGF, KfW-Geschichten. Ist das in so einer Phase noch realistisch, dass man da als Staat vielleicht auch mal das eine oder andere regulierend mit einbringt, dass man sagt, wir schaffen da irgendwie Fondskonzepte oder ähnliches oder ist das eigentlich schon viel zu teuer und passt vom Risikoprofil gar nicht?
Julian Riedelbauer: Ich glaube, der Staat kann da einiges mehr machen und das ist später erkannt worden, aber es ist erkannt worden. Die KfW zum Beispiel, die investiert nicht direkt, sondern die investiert als Investor in Venture-Fonds. Und das ist so wie der European Investment Fund, das gibt es auch auf europäischer Initiative, das sind Investoren, staatlich gebackt, die ausschließlich in die Venture-Fonds investieren und damit die Fondsgröße erhöhen. Und je größer der Fonds ist, desto besser kann auch in späten Phasen investiert werden. Genauso gibt es auch staatlich die Initiative Coparion. Das ist ein Co-Investor mit Sitz in Köln. Der hilft auch, dass die Rundengrößen größer werden. Die investieren dann eben mit privatem Geld zusammen. Aber es ist natürlich nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Die Venture Capital Kultur und Growth Equity Kultur aus Paris, London, New York oder San Francisco, das sind Ökosysteme, die deutlich weiter voraus sind.
Peter Fricke: Anschluss dazu, ich glaube, ein weiteres Problem ist sozusagen der Zugang zu den Kapitalsammelstellen, also den großen Versicherungsgesellschaften und Pensionskassen. Ich glaube, das sind die großen Töpfe, an die wir eigentlich ran müssen, dass dieses Geld auch zumindest in Teilen in die Privatwirtschaft fließt, beziehungsweise eben in Risikokapital. Und da würden eben solche Dachfondsstrukturen helfen, dass auch diese Gesellschaften die Möglichkeit haben, ihr Risiko zu minimieren.
Joel Kaczmarek: Ja, valider Punkt. Also wenn man sich gerade mal USA anguckt, da passiert das ja ganz intensiv eigentlich. Also manchmal ist ja eher so, dass ein amerikanischer Pensionsfonds schon in ein deutsches Unternehmen eher investiert als ein deutscher. Von daher sehr, sehr richtige Anmerkung.
Peter Fricke: Und sogar umgedreht, deutsche Pensionskassen dann eher wiederum in USVC-Fonds investieren, bevor sie sozusagen in kleinere Fonds hier in Deutschland investieren.
Julian Riedelbauer: Aber ich meine, bis dieses Problem gelöst ist lokal, brauchen wir die internationalen Investoren und wir sind heilfroh alle zusammen. So schade es ist, dass es internationales Geld sein muss, aber dass es eben doch mittlerweile extrem viel internationales Geld gibt, das gerne in deutsche ausgewachsene Startups oder Grown-ups investieren möchte und dort, sagen wir mal, 10, 15, 20, 30, 50 Millionen Tickets schreibt und hilft, dass das Ökosystem deutlich schneller wächst als bisher.
Joel Kaczmarek: Gut, lieber Julian, dann lass uns doch mal spezifizieren. Worauf achten eigentlich Finanziers in späteren Phasen? Wie verändern sich die Dynamiken? Also es ist ja auch ein bisschen so, am Anfang, wenn ich noch ganz jung bin, kann ich ja noch viel auf Vision verkaufen. Da sind die Bewertungen vielleicht sogar höher, weil ich weniger KPIs, weniger Messbarkeit habe und es geht mehr so um den Gründer, wie sehr der überzeugend ist. Wenn ich später werde, hast du ja auch gerade gesagt, die Zusammenstellung dauert schon teilweise sechs bis acht Wochen, gibt es ja mehr Informationen. Das heißt, was passiert denn eigentlich an Dynamik und an Relevanz in so einem Prozess?
Julian Riedelbauer: Ich glaube, es dreht sich auch mal die Position um. Das heißt, in der sehr frühen Phase ist der Start-up-Unternehmer eher Bittsteller, versucht den richtigen Investor zu finden, der an ihn glaubt und das Team muss überzeugen, die Geschäftsidee muss überzeugen. Man muss zig Gespräche führen mit den jeweiligen Investoren, um dann die zwei, drei Investoren zu finden, die an einen glauben, die einem helfen, die die Bewertung zahlen, die vernünftig ist und so weiter. In späteren Phasen ist es so, dass das Unternehmen, der Erfolg des Unternehmens, die Kundengewinne und die Zahlen für sich sprechen. Gleichzeitig das Risiko etwas minimiert wird für den Investor, weil das Unternehmen bewiesen hat, dass das Geschäftsmodell funktioniert, dass sie wachsen können, dass sie Umsätze generieren können und zum Beispiel auf Deckungsbeitrag 1, Contribution Margin 1 oder so profitabel arbeiten. und natürlich der Overhead und die internationale Expansion massiv Geld fressen, aber eigentlich das Geschäftsmodell im Kern profitabel betrieben werden könnte. Damit reduziert sich das Risiko. Damit erhöht sich auch das Interesse der Investoren. Und wenn man zum Beispiel eine Software-as-a-Service-Firma hat, die 8 Millionen, 10 Millionen, 12 Millionen Umsatz generiert, Annual Recurring Revenues, also jährlich wiederkehrende Umsätze, dann ist es ein klarer Beweis. Und wenn diese Firma um 60 bis 100 Prozent pro Jahr wächst und von mir aus auch verlustreich ist, aber trotzdem beweist, dass das Wachstum funktioniert und der Vertrieb skalierbar ist, dann geht es ganz klar um die harten Zahlen. Und das mache ich jetzt mal an dem Beispiel Software as a Service fest, weil das kann man, glaube ich, sehr gut nachvollziehen. Da geht es darum Wie schnell wächst das Unternehmen? Wie viele neue Kunden werden gewonnen? Wie viele wiederkehrende Umsätze werden vertraglich zugesichert? Wie hoch ist der Churn, also die Kunden, die wegfallen? Können aus den bestehenden älteren Kohorten Upsell betrieben werden? Also kann man den Umsatz pro Kunde erhöhen? Und wenn die Metriken gut sind und man einen harten, strukturierten, internationalen Prozess fährt, ist es bei uns zum Beispiel sehr häufig so, dass wir vier, fünf Angebote aus Europa haben, vier, fünf Angebote aus den USA von Investoren. Wenn man ausgezeichnete Firma hat und man den Prozess etwas breiter anlegt. Der Rekord, den wir hatten, waren 14 Angebote von internationalen Growth-Investoren für ein Unternehmen. Und das zeigt, wie heiß diese Branche im Moment ist, wie viel Geld für die Proven Winners, Rocket hat das erfunden, da ist. In den frühen Phasen sind alle vorsichtig und skeptisch, aber sobald der Durchbruch da ist, gibt es eigentlich Geld ohne Ende. Und dann kann man die Investoren hart gegeneinander ausspielen und die Terms des Deals deutlich verbessern, die Bewertung deutlich verbessern. und das Unternehmer-Team, die bestehenden Investoren können den besten Partner aussuchen aus verschiedensten Investoren.
Joel Kaczmarek: Ich habe ja mal gelernt, dass SaaS-Businesses, die so gestrickt sind, wie du sie gerade beschrieben hast, auch oft zu einer Genese gehen, dass die eigentlich von Lead-Investor zu Lead-Investor zu Lead-Investor weitergereicht werden. Dass eigentlich. irgendwann kommen dann die PEs ins Spiel, kaufen sozusagen die Anteile, dann kommt ein größeres PE und so weiter und so fort. Also das ist halt sehr kennzahlennah. Also da hast du halt viel Griffigkeit. Aber wie kann man denn solche Investoren hart gegeneinander ausspielen? Wie macht man denn sowas?
Julian Riedelbauer: Gut, es gibt natürlich viele Firmen, die führen so einen strukturierten Prozess durch ohne Berater. Ein eigenes Finanzteam ist dann sehr ausgelastet. Oder man mandatiert einen M&A-Berater wie uns, der eben den Gesamtprozess durchführt, die Unterlagen erstellt, die Billingdaten analysiert, alles so aufbereitet, dass es für die Investoren freundlich ist. verstanden werden kann, dann beispielsweise 40 Investoren anspricht, mit denen telefoniert, mit denen tief einsteigt in das Business Model, die vorbereitet. Von den 40 Investoren, die wir ansprechen, bleiben dann vielleicht 20 bis 25 übrig, die wirklich interessiert sind. Und dann das Unternehmen treffen im Rahmen der Roadshow und Management-Präsentation. Da empfehlen wir auch, Falle von Venture Capital-Finanzierungen wirklich anzuschauen. aktiv nach London und San Francisco und Silicon Valley mit uns zu gehen, weil es eben viel besser ist, wenn man vor Ort ist in New York und dann nicht nur zwei Vertreter des Investors getroffen werden, sondern halt die nochmal ein, zwei Partner mit dazunehmen können oder ein Investment-Committee-Member und eine größere Gruppe das Unternehmen, das Kapital sucht, kennenlernt. Dadurch wird das Interesse angeheizt, das Unternehmer-Team lernt auch verschiedene Investoren kennen und kann sich überlegen, mit wem könnte es harmonieren. Also so eine Ehe auf Zeit. Man ist ja da drei bis fünf Jahre oder sechs Jahre verheiratet mit dem nächsten Investor. Also es muss schon harmonieren. Man kann Referenzinterviews einführen. Wir checken oft mit ehemaligen Investments oder bestehenden Investments des Investors. Wie hat der sich eigentlich verhalten, der Investor? Und der Partner des Investors, der später ins Board will. Was ist für ein Typ, für eine Frau, die man da einkauft? Und dann wird wirklich super hart verhandelt mit denen, mit denen man eigentlich die nächsten Schritte gehen will. Harte Termsheet-Verhandlungen, Verbesserung der Term. Und wir versuchen zu vermeiden, dass man nur einen Investor in die Due Diligence bekommt und die Unterlagenprüfungsphase. Wir fordern häufig Exklusivität und da haben wir ein paar Maßnahmen und Ideen zu sagen, ja, ihr seid exklusiv in einem exklusiven Kreis und ihr habt eine Chance, den Deal zu bekommen, wenn ihr euch richtig verhaltet. Aber es ist immer besser, mehr als eine Partei am Ende zu haben, mit der man verhandelt, damit die Partei weiß, wenn man sich schlecht anstellt oder schlecht verhandelt oder zu hart versucht, was zu optimieren, sondern sofort rausfallen kann, weil es ja einen anderen, zweiten, Käufer gibt oder Investor gibt, der im Rennen ist.
Joel Kaczmarek: Okay, also Wettbewerb, ein klassischer Faktor, dann irgendwie sehe ich ein, die Ehe auf Zeit, dass es menschlich auch stimmen muss. Das würde mich ja nochmal interessieren, wie man so diese Exklusivität aufgeweicht bekommt. Also wenn du sagst, das ist eigentlich so eine harte Forderung und gerade auch Amerikaner haben ja vielleicht auch nochmal so ein anderes Selbstbewusstsein als irgendwie der geneigte Deutsche, weil die Geldtöpfe auch größer sind. Gibt es da so typische Handgriffe, mit denen man denen beikommen kann?
Julian Riedelbauer: Also da ist ein bisschen Betriebsgeheimnis von uns. Wir haben eine Methode gefunden, dass man denen Teilexklusivität gibt und trotzdem mit anderen Parteien weiter in der Due Diligence agieren kann. Und die genauen Details gibt es nur auf persönliche Nachricht und Treffen mit mir. Da plaudere ich dann gerne aus dem Nähkästchen, aber Podcast bitte nicht.
Peter Fricke: An der Stelle kann ich vielleicht kurz einhaken. Wir haben ja bei uns im Venture Network auch das Executive Training Programm aufgeführt, was eigentlich für die Unternehmen einmal in der Frühphase ein Programm darstellt und dann auch in der Spätphase. Und ich glaube, genau hier haben wir auch angesetzt zu sagen, in dem Frühphasentraining geht es eher darum, wie verkaufe ich meine Story. Und dort haben wir eben auch eingebaut, wie präsentiere ich mich, mein Unternehmen, mein Team vor den Frühphaseninvestoren. Und das Gleiche spiegeln wir eigentlich dann auch im Training für Spätphasenunternehmen. Und hier sind genau die Punkte, die Julian angesprochen hat, nochmal wichtig. Wie kann ich eigentlich dann mit diesem Investorenteam, mit diesem Panel, mit diesem Gremium so ein bisschen jonglieren, hantieren, um auch da sozusagen das Optimum für mein Unternehmen rauszuholen.
Julian Riedelbauer: Ein wichtiger Hinweis noch zu den Spätphaseninvestoren. Die Spätphaseninvestoren sind extrem zahlengetrieben. Die sind sehr, sehr, sehr erfahren in der Analyse von Zahlen. Das bedeutet, bevor die Investoren ein Angebot abgeben, tauchen die extrem tief ein. Das heißt, die wollen nicht nur den Businessplan sehen und dann intensive Q&A-Sessions machen. Und da puffern wir meistens das ab, weil wenn dann 20 interessiert sind, das ist natürlich 20 Mal Diskussion über Businessplan, über Zahlen, über Billingdaten. Da sind wir eben jemand, der die ganzen Fragen erstmal klärt und nur das, was wir nicht beantworten können, wird dann unseren Kunden oder Mandanten gefragt. Und es kann eine Falle sein, wenn jemand diese Erfahrung nicht gemacht hat, die Investoren, wenn es jetzt irgendwelche Billing-Daten gibt der Firma, ist es nicht selten, dass sie sagen, schickt mir doch mal bitte die Billing-Daten der letzten vier Jahre. Wir machen unsere eigene Kohorten-Analyse und Churn-Analyse da drauf und wir wollen wirklich sehen, dass das, was ihr in den Unterlagen versprecht und im Businessplan drin habt, auch wirklich sich abbildet in den Billing-Daten. Und da wird es haarig manchmal. Und da ist es wirklich wichtig, dass ist vorher alles selber durchgecheckt zu haben. Und das machen wir für unsere Kunden.
Joel Kaczmarek: Muss man da eigentlich Angst vor Wissensabfluss haben? Weil so ein Gründer ist ja eigentlich immer bedacht, seine Zahlen eng bei sich zu halten, dicht an der Brust sozusagen. Und jetzt gehst du irgendwie hin und legst irgendwie vier Jahre Umsatzdaten auf bei einem Investor, wo du nicht weißt, ob der vielleicht in seinem Portfolio eine Bude hat, die irgendwie an solchen Zahlen auch interessiert ist. Ist das ein Thema?
Julian Riedelbauer: Wir sorgen und sichern, dass die Investoren, die wir ansprechen, nicht in Wettbewerbsunternehmen aktuell investiert sind. Tatsächlich kann man natürlich nicht vermeiden, dass der Investor gleichzeitig Firma 1 und Firma 2 anschaut. Jedoch ist es so, dass nach Unterzeichnung eines Termsheets erst der Zugriff auf Billingdaten kommt. Also in der Due Diligence ist es erst dann. warten wir auch darauf, dass die Investoren es wirklich ernst meinen. Das heißt, die haben typischerweise einen Rechtsanwalt, Steuerberater, vielleicht einen Commercial-Due-Diligence-Berater, der eben die Marktseite und interessierte Markt- und Kundenbefragung und sowas abdeckt. Und das ist ein Ernsthaftigkeits-Commitment. Also wenn der Spätphasen-Investor mehrere hunderttausend Euro Beraterkosten ausgibt, dann ist es ein ernsthaftes Interesse an dem Investment. Es bedeutet eben, dass er das auch nicht einfach nur mal so macht, um die Daten zu bekommen. Wenn Investor jetzt in die Diligence geht und kein externes Team, also kein Anwaltskanzler, kein Wirtschaftsprüfer und so weiter beauftragt, dann macht das natürlich misstrauisch. Dann achten wir da sehr darauf, was wir wann freischalten und fragen danach, warum ist eigentlich noch kein Wirtschaftsprüfer, warum ist da kein Anwalt auf dem Projekt? Weil wir haben jetzt hier nur vier bis sechs Wochen die Diligence- und Vertragsverhandlungen. Wenn nicht am Tag eins schon die Berater mandatiert werden, da gibt es irgendeine Auffälligkeit. Und das beobachten wir sehr genau. Begleiten wir. Manche Investoren sind da noch besonders präzise und sagen auch, es reicht uns eigentlich nicht, die ganzen Datenzahlen alles zu analysieren. Wenn es eine Softwarefirma ist, beauftragen eine Firma namens Black Duck, also so ein Black Duck Test, da wird das Source Code überprüft, ob es Copyright-Probleme gibt und Open Source, irgendwelche Verträge verletzt werden. Also auch das kann zu Problemen führen. Des Weiteren gibt es jetzt ab und zu auch mal psychologische Tests, dass der Investor sagt, oh, wir wollen jetzt mal sehen, ob das Management-Team wirklich so toll ist und die Firma sicher bis 100 Mitarbeiter jetzt aufgebaut hat, aber sind die in der Lage, auch die Firma mit 400 Mitarbeitern zu führen. Also machen wir jetzt mit Hydrogen Struggles, mit Spencer Stewart, also einer der großen Personalberater, einen Personal Assessment des Managements. Die drei Gründer plus vielleicht der CFO und der CTO, die zusätzlich dazugekommen sind, kommen ins Assessment Center, werden befragt und danach gibt es dann nochmal die Analyse. und dann weiß der Investor genau, wo sind die Scherken und Schwächen des Management Teams. Wo müssen wir vielleicht jemanden ergänzen, ersetzen, die Rolle ein bisschen verkleinern. Das sind schon harte Maßnahmen. Aber klar, wenn jemand 20, 30, 40 Millionen investiert, dann will er auch sicherstellen, dass es gut investiert ist, das Geld.
Joel Kaczmarek: Sollte man als Gründer durch all diese brennenden Reifen springen?
Julian Riedelbauer: Um einen Top-Investor zu finden, der das fordert, muss man durch diese brennenden Reifen springen. Da gibt es viel Coaching von uns. Wenn man Nein sagt, dann muss man halt einen anderen Investor finden. Wenn man zwei, drei Investoren in der Abschlussphase hat, muss man sich nicht alles gefallen lassen, aber man muss sich bewusst sein, okay, wenn man das halt nicht macht, also man sagt, ich mache kein Persönlichkeits-Assessment bei dem Personalberater, Da sagt der Investor vielleicht, okay, können wir nicht investieren und lassen wir es bleiben. Dann bietet es sich eher an, wahrscheinlich das zu machen als Training und eher als Übungsaufgabe und Training sieht. Wenn dann der Investor sich danach zurückzieht, ist es nicht schlechter, als wenn man Nein gesagt hätte zum Assessment.
Joel Kaczmarek: Wie kriegst du denn den Wettbewerb dahin? Also normalerweise, wenn du Investoren ansprichst, die sagen ja in der Regel nicht Nein, ganz viele sagen ja manchmal vielleicht, ne? Also was du auch gesagt hast mit dem ernsthaften Interesse bemessen, also du hast jetzt schon einen Indikator genannt, an dessen du Interesse abliest, aber wie kriegst du es denn hin, dass du in diesen teilexklusiven Kreis, wie du ihn genannt hast, vier, fünf Investoren vielleicht drin hast und nicht nur einen?
Julian Riedelbauer: Also es sind typischerweise in der Dutition jetzt nicht vier bis fünf Investoren, weil das ist nicht zu handeln fürs Team. Da gibt es so viele Fragen, so viele Meetings, dass man hier nicht mehr als zwei, maximal Fall drei parallel handeln kann. Also egal, wie viele der Mitarbeitenden erledigen, da doch immer Fragen zu alten Verträgen, zu Steuern, zu Source Codes und so weiter. Und wenn man zu viele Investoren hat, dann wird man keinem gerecht. Das heißt, Optimalfall ist eigentlich zwei. Ein Frontrunner, der besonders gern gemocht wird und ein Backup-Kandidat, der auch sehr gut ist. Auf die zwei konzentriert man sich und mit denen arbeitet man in der Due Diligence. Wie bekommt man Ernsthaftigkeit hin? Ich glaube, man muss halt wirklich unterscheiden. In der frühen Phase ist es viele Investoren, die gucken, sich nicht sicher sind, vielleicht die Firma auch mal zwei, drei Monate beobachten wollen, ob sich das alles so entwickelt. In späteren Phasen sprechen die Zahlen für sich. Wir sorgen dafür, dass im Rahmen des Prozesses natürlich das Interesse weiter angeheizt wird. Das heißt, wir versuchen, Good News klar herauszustellen. Das heißt, Pucky Hires hat neue Mitarbeiter oder Großkunden gewonnen hat während dieses Prozesses. Informieren wir die Investoren dann. Wir empfehlen auch durchaus, zur Zeit pressetechnisch aktiv zu sein. Das heißt, gute News nicht nur dem Investor zu geben, sondern auch an die Presse, dass nochmal so ein kleiner Hype um diese Firma entsteht während des Prozesses. Und wenn ein M&A-Berater dabei ist und es begleitet, dann weiß natürlich der Investor, dass die es auch ernst meint. Das heißt, dann weiß der Investor, dass wir eine Roadshow machen, dass wir Wettbewerbe aufbauen. Und die Investoren wissen auch durch ihre Erfahrung, also gerade bei uns, die eben regelmäßig und viel arbeiten, eigentlich jeder Investor, der bietet, ist schon mal unterlegen in dem Prozess. Das heißt, wenn ein Investor letztes Mal die Nachricht von uns bekommen hat, keine Ahnung, deine Vita Rights und deine Forderungen im Termin sind zu groß oder die Bewertung ist zu niedrig und es nicht geändert haben, weil sie dachten, sie sind einer der wenigen Bieter und im Prozess rausgeflogen sind, dann wissen die natürlich, oh, das war von Chipi Bullhorn ernst. Das war nicht nur Bluff. Da waren wirklich andere, die bessere Terms hatten oder höhere Bewertungen. Und diesmal müssen wir uns darauf einstellen, weil wir nicht schon wieder wie beim letzten Mal rausfliegen wollen.
Joel Kaczmarek: Ist jemand in deiner Rolle eigentlich bei Investoren dann eher gern gesehen oder eher nicht oder so dazwischen?
Julian Riedelbauer: Ich würde sagen, so eine Hassliebe. Das heißt, ich finde es gut, dass wir am Werk sind, weil sie wissen, es ist professionell organisiert. Wir coachen das Unternehmerteam, die Unterlagen sind gut. Sie finden einen ordentlichen Datenraum vor. Das Unternehmen ist ernsthaft interessiert in einer Transaktion und will nicht nur den Marktwert testen. Gleichzeitig hassen die uns natürlich auch, weil wir natürlich Wettbewerb aufbringen. Wir wissen genau, was der Investor letztes Mal gesagt hat und was er für Terms geboten hat. Das heißt, sie können eigentlich nicht mit einem niedrigen Angebot anfangen und mal gucken. Die wissen halt exakt, okay, wenn der Riedelbauer schon wieder da ist, der weiß, wie wir das letzte dreimal geboten haben. Da brauchen wir jetzt nicht irgendwie mit einer komischen Liquidation-Preference oder irgendwelchen Vito-Rights anfangen, weil ihr weiß ja, das geben wir notfalls auf. Also jetzt machen wir gleich ein richtiges Angebot.
Joel Kaczmarek: Wir haben noch gar nicht gesagt, wie viele Investoren will man denn eigentlich in so einer Runde haben? Also du hast jetzt eben gerade gesagt, wenn du mehr als zwei hast, wird es schon irgendwie crunchy in so einer Due Diligence. Fünf ist schon gar nicht mehr managebar. Junge Gründer kennen das aus den frühen Phasen, dass man das ein bisschen puzzeln muss. Du hast vielleicht so einen Anker-Investor, paar Business Angel und so weiter. Das heißt, da sind es mehrere Akteure. Ist es in den späteren Phasen wirklich so, dass man nur ein oder zwei hat, die machen das ganze Ticket oder ist das so ein bisschen auch, dass man einen großen hat, mehrere kleine, dann hat man auch noch Alt-Investoren. Wie baust du das so zusammen?
Julian Riedelbauer: Wir sehen die Tendenz, wenn man einen großen Namen und internationalen Investor hat, möchte dieser typischerweise mehr investieren, als das Unternehmen Kapital braucht. Das heißt, das hatten wir bei Signavio, wo Summit Partners an Bord gekommen ist. oder bei jetzt kürzlich Mambu Bessemer Venture Partners an Bord. Diese Investoren wollen eigentlich lieber mehr investieren als weniger. Und wir haben häufig die Situation, dass bei so großen Investorennamen die Runde oversubscribed ist. Da sagen die bestehenden Investoren ja, wenn jetzt Bessemer kommt, Ja, dann wollen wir nicht verkaufen, dann wollen wir keinen Teilverkauf durchführen. Da bleiben wir dabei, weil so eine hohe Bewertung, super, das wird eine große Nummer. Da muss man eher verhandeln und suchen, will denn nicht doch jemand ein bisschen was verkaufen von den bestehenden Shareholdern? Kann die Firma nicht vielleicht doch 5 Millionen mehr Kapital brauchen bei sehr großen Runden? Oder wenn der Unternehmer sagt, naja, wir wollen vielleicht noch jemanden reinholen, der strategisch uns besonders hilft, einen Corporate-Venture-Investor, einen asiatischen Investor in Kombination. Da muss man ein Konsortium aufbauen, wobei dann in den späten Phasen typischerweise einer wirklich im Lead ist und die ganze Due Diligence und alles macht und dann die anderen Investoren Co-Investoren sind. Das entscheidet sich meistens im Laufe des Prozesses und was das Gründerteam möchte.
Joel Kaczmarek: Was ist denn mit dem spannendsten Faktor für jeden Unternehmer? Thema Bewertung. Also wie gehst du hin und optimierst Bewertung? Was ist dafür nötig? Was sind die Maßnahmen oder die KPIs, die man sich betrachtet? Ist es rein so Umsatz mal X und dann geguckt, in welcher Branche man ist? Oder wie geht das bei euch?
Julian Riedelbauer: Also es ist in späteren Phasen häufig so Umsatz Wachstumsrate, Cash Burn, die Kombination aus diesen schaffen dann Mal X. Die Bewertung des Mal X hängt eben davon ab, von dem Umsatzwachstum, wie viel Cash Burn, wie viel Churn bei Software as a Service zum Beispiel ist vorhanden. So, das sind die harten Fakten. Nun ist es so, das Geschäft besteht halt nicht aus harten Fakten, sondern es besteht eben auch aus subjektiver Wahrnehmung. Wie gut ist das Team? Kann das international skalieren? Was glaubt der Investor in fünf Jahren an Verkaufserlöse erzielen zu können? Je teurer die Firma in fünf Jahren verkaufen kann, desto mehr kann er heute bezahlen. Und diese soften Faktoren sind so stark beeinflussend. Das passiert in jeder Transaktion. Wenn wir fünf, sechs, acht, zehn Angebote haben, dann ist von dem niedrigsten Angebot bis zum höchsten Angebot häufig der Faktor zwei gegeben. Das heißt, um das jetzt mal klar zu machen, einer bewertet die Firma mit 80 Millionen und der andere bewertet sie mit 160 Millionen. Gleiche Firma, gleiches Team. Aber der Eindruck und die Chancen, die man sieht und die Risiken, die man vielleicht ausblendet, sind so unterschiedlich, dass es zu frappierenden Bewertungsunterschieden kommt. Und das überrascht mich immer wieder.
Joel Kaczmarek: Hat das viel mit den Typen zu tun? Also liegt das viel am Zwischenmenschlich mit den Gründern auch?
Julian Riedelbauer: Ich glaube, das ist häufig so. Erfahrung des Investors mit diesem speziellen Segment. Das heißt, wenn er mit Software eine super Erfahrung gemacht hat in den letzten drei Jahren, dann denkt er, okay, das ist der nächste Fall, wo er wieder so einen tollen Verkauferlöser kriegt. Und wenn er zwei, drei schwierige Fälle hatte, dann ist er vorsichtiger. Es ist sicherlich auch so, dass es gibt schon so Investoren, die grundsätzlich vorsichtig sind und sagen, ja, wenn wir zu teuer einkaufen, dann muss es halt ein riesen Exit werden, ein riesen IPO werden. Ob das realistisch ist und ob die Börse in den nächsten fünf Jahren noch so gut ist wie jetzt. Die anderen haben plötzlich ganz viel Zweifel. Und es gibt die anderen, die sagen, okay, wir haben jetzt so viel Erfolg, wir riskieren hier mal was. Das wird schon wieder gut gehen. Und die Investoren verändern sich auch. Mit Truvian Partners zum Beispiel. Das hat sich jetzt in Deutschland klar hervorgetan mit dem Investment in die Post-it-Solutions, Maba und so weiter. Die trauen sich momentan richtig was. Tolle Investoren, tolles Team. Die waren aber vor drei, vier Jahren richtig vorsichtig in Deutschland. Und die haben sich geändert. Das ist auch ganz ziemlich wettbewerbsfähig.
Joel Kaczmarek: Abschließender Punkt, bevor wir vielleicht noch zwei, drei Sätze über das Thema Exits auch verlieren. Was sind denn so die klassischen Terms, die man diskutiert? Also worüber wird eigentlich am meisten diskutiert? Sind das irgendwie Lickprefs? Sind das Bordsitze? Sind das Mitbestimmungsrechte? Was sind so die Klassiker?
Julian Riedelbauer: Die Frage stellen wir uns auch immer und wir werden jedes Mal wieder überrascht, weil immer ist irgendein anderes Thema im Vordergrund. Und zwar ist es entweder subjektiv von den Gründern, dass die auf irgendwas besonders Wert legen. Oder objektiv vom Investor, der sagt, okay, das sind einfach unsere Anforderungen. Neben der Bewertung ist ganz klar Liquidation Preference ein großes Thema, weil das eine hohe wirtschaftliche Implikation hat. Und zwar speziell in dem Fall eine hohe Implikation hat, wenn die Firma eben nicht so gut entwickelt, wie man plant. Und man einen Verkauf durchführt, der vielleicht nicht zweimal oder dreimal so hoch ist, wie man einsteigt von der Bewertung, sondern irgendwie vielleicht die Bewertung sogar niedriger ist oder nur gleich hoch. Und dann gibt es die weiteren Rechte. Und wir sind sogar so weit, dass wir häufig jetzt schon bei so späten Phasen Wachstumsfinanzierungsrunden ein Termsheet draften. und sagen, das ist unser Termsheet-Draft. und wenn du Änderungen haben willst an den Terms, mach jetzt die Markups, damit wir eben nicht nur ein indikatives Angebot bekommen, sondern exakt wissen, welche Terms du geändert haben willst. Wenn wir im Vergleich zum bestehenden Investment-Agreement oder so, was so Standard-Terms sind. Und dann fragen wir ab, okay, was sind die Rechte, die du forderst? Welche Veto-Rechte hast du? Welche Bordseats? Das sind die einfachen Themen. Wo es richtig kompliziert wird, ist so Sachen wie Bad Lever. Was passiert, wenn der Unternehmer relativ früh geht? Sind seine Anteile weg? Wird er bestraft? Dann Drag-Along, Take-Along-Rights, also wann darf eigentlich der Investor den Verkauf initiieren? Demand-Exit-Rights, was ist, wenn der Gründer verkaufen will, kann er den Investor mitnehmen und zwingen zu verkaufen? Ab welcher Bewertung ist das möglich? Gibt es irgendwelche Hurdle-Rates? Das sind wirklich komplexe Themen. Wir hatten jetzt mal einen Fall, wo es ganz intensiv wurde, was passiert, wenn der Gründer verstirbt? Ist er dann gut lieber, ist er bad lieber? Was passiert mit dem Anteil? Es wurde sehr emotional von Seiten des Gründers, der gesagt hat, ja, ich Verhandle nicht über meinen Tod. Das könnt ihr vergessen, dass wir das irgendwie covern, dieses Thema. Da gibt es immer neue Herausforderungen.
Peter Fricke: Seht ihr da auch geografische Unterschiede zwischen den einzelnen Investoren?
Julian Riedelbauer: Ich glaube, das ist total individuell. Das hängt davon ab, wie die das Team einschätzen. Das hängt davon ab, welcher Partner beim Investor ist. Also es ist teilweise gar nicht so, dass der Investor es immer gleich hat, sondern es ist immer das Team des Investors, was es vielleicht auch ein bisschen anders sieht. Das ist immer verdammt viel Verhandlerei.
Joel Kaczmarek: Also man hat da nicht so sein Standard-Set, es gibt ein paar Schwerpunkte, wie du gerade gesagt hast, Lickpress-Bewertung, wo klar ist, dass man intensiv darüber redet, aber ich lerne, man kann da gar nicht mal sein Standard-Paket abziehen. Bist du eigentlich auch Therapeut so ein Stück weit in so einem Prozess?
Julian Riedelbauer: Also es gibt schon Fälle, wo man die Gründer, es ist wie so eine Achterbahnfahrt, großes Interesse, dann gibt es vielleicht ein paar Absagen von Investoren, die man sicher glaubte, dann kommen die Angebote, dann sind alle total euphorisch, dann die Diligence, das ist halt. Da gibt es irgendwelche Probleme, die auftauchen, wo es dann wieder schwieriger wird. Ich würde mich nicht als Therapeut bezeichnen, aber vielleicht schon als Motivator und Mediator und vielleicht auch jemand, der mal beruhigen muss.
Joel Kaczmarek: Gut. Exits wäre sonst noch so ein Case, der natürlich auch in dein Feld hineinfällt, in deinen Arbeitsbereich. Ist das ähnlich? Also tust du ähnliche Dinge in einer Exit-Verhandlung wie in einer Spätphasen-Finanzierungsverhandlung oder ist das nochmal ganz anders?
Julian Riedelbauer: Also Exits ist grundsätzlich natürlich ähnlich. Jedoch kommt eine ganz große Komponente herein beim Exit, ist das Thema Synergien, also was kann der Käufer bringen, weil die Synergien immer reflektieren auf erstens möglicher Kaufpreis, das heißt, wenn der Käufer sehr viel Synergien hat oder aus der Firma was viel Größeres machen kann, kann er auch mehr bieten. Das heißt, wir diskutieren Synergien sehr früh im Prozess. Teilweise haben wir sogar leicht unterschiedliche Materialien pro Käufergruppe und das Thema Earn-Out-Regelungen und Bindung des Managements an die Firma. Das heißt, der Käufer will natürlich das Management möglichst lange binden. Das Management vom verkaufenden Unternehmen möchte aber möglichst frei sein. Gleichzeitig gibt es eine Kaufpreisnachbesserung. Dann gibt es auch so Earn-Out-Protections. Das heißt, was passiert eigentlich, wenn der neue Mehrheitseigentümer reinregiert und den Earn-Out verschlechtert? dadurch? Was passiert dann? Dadurch wird diese Verhandlung natürlich deutlich komplexer. Auch das Thema Garantien ist größer oder Kaufpreiseinbehalt, ein sogenannter Escrow als Sicherheit. Weil natürlich der Käufer sagt, gut, jetzt verkaufen wir die ganze Firma. Was ist jetzt, wenn da ein Steuerproblem ist? Oder wenn irgendein grundlegendes strukturelles Problem ist? Oder wenn vielleicht Energy Diligence belogen wurden? Die Interessen sind natürlich anders, weil der Verkäufer, der verkauft halt, kriegt sein Geld. Der Käufer vermutet, dass es ihm eigentlich egal ist, was mit der Firma danach passiert. Also die Dynamiken sind anders, weil man nicht mehr so gemeinsam auf der Reise ist, sondern es irgendwie Käufer gegen Verkäufer steht. Das ist ein komplexes Thema. Und zum anderen ist es so, dass natürlich auch Private Equity Investoren als Käufer ein toller Zwischenschritt sind. die Firma noch nicht groß genug ist für einen internationalen Exit oder die Gründer noch weitermachen wollen, aber die Investoren nicht oder die Firma Zukäufe tätigen soll, um international bedeutsamer zu werden, um danach an die Börse zu gehen, dann kann ein Private Equity Investor auch das Unternehmen weiterentwickeln mit den Gründern über drei bis fünf Jahre und dann zum Beispiel einen Börsengang machen. Dieser Zwischenschritt hat wieder andere Dynamiken. Da muss man überlegen, welche Firmen sind denn passend als Zukäufe. Und somit ist die Deal-Dynamik schon eine deutlich andere.
Joel Kaczmarek: Schön. Also haben wir schon mal gelernt, was sozusagen die Terms sind, auf die geachtet wird oder die diskutiert werden, wie die Dynamik dort aussieht. Was ist denn ein guter Prozess für sowas? Also wie starte ich das? Wie initiiere ich einen Verkauf? Wie gehe ich das an? Weil man hat ja gefühlt, wenn ich jemanden beauftrage, mich zu verkaufen, ist es ja eine schwächere Position, als wenn jemand kommt und fragt, hättest du nicht Interesse?
Julian Riedelbauer: Das sehe ich nicht so. Denn wenn jemand kommt und sagt, ich habe Interesse zu kaufen ist das Unternehmen nicht gut vorbereitet, weil es oft aus dem Nichts herauskommt oder unerwartet kommt. Man weiß nicht, ob der eine Käufer der Topkäufer ist oder eigentlich fünf weitere Käufer noch viel mehr bieten würden. Das heißt, man kommt zu einem Zugzwang. Und das ist dann die Situation, wo wir sehr hektisch beauftragt werden und man ganz schnell jetzt alle Unterlagen erstellen muss und sofort möglichst in einer Woche oder zwei Wochen schon an andere Käufer rangeht. Und da ist es kein strukturierter und entspannter Prozess. Man kann den Wettbewerb nicht so konsequent aufbauen. Das heißt, so ein richtig strukturierter Prozess, wo man zum Beispiel Private Equity Investoren in Wettbewerb bringt mit Strategen, hat viele Vorteile.
Joel Kaczmarek: Gibt es so einen Timing-Moment, wo du sagst, das ist sozusagen besonders sinnvoll, diesen Prozess anzustoßen, mit euch zu reden, dass man so gewisse Timelines hat, wo sich das einfach anbietet? Oder ist das irgendwie, weiß ich nicht, wahrscheinlich muss man auch bestimmte Hausarbeiten schon gemacht haben, idealerweise, das spart sicherlich viel Aufwand. Aber hast du da so ein Momentum, wo du sagst, wenn das und das gegeben ist, macht es Sinn?
Julian Riedelbauer: Also ich glaube, es ist wichtig, dass man zwei gute Jahre hatte, wo man zeigen kann, also wir haben bewiesen, das Unternehmen ist in Top-Zustand, wächst gut, entwickelt sich gut. Und im laufenden Geschäftsjahr während des Verkaufsprozesses sollte man auch sicher sein, dass das Geschäft sich weiter gut entwickelt. Weil nichts ist schlimmer als ein Geschäft, was irgendwie plötzlich doch nicht mehr wächst, dann doch zu versuchen zu verkaufen, wenn man vielleicht sogar in den Unterlagen und Businessplan mehr versprochen hat. Underperformance ist ja schädlich. Vom Timing darüber hinaus, wenn man jetzt gradulär runtergeht, ist natürlich die Phase im Jahr wichtig, Also wenn ich meine, ein guter Zeitpunkt ist, gibt es eigentlich zwei Zeitpunkte im Jahr. Entweder man startet die Unterlagenerstellung Dezember, Januar, um dann so Februar oder März oder auch April an den Markt zu gehen, sobald man den Geschäftsabschluss des Vorjahres hat. Das heißt, man hat den Geschäftsabschluss, die Jahresplanung und sagt dann, okay, wir sprechen im April, Mai mit den Käufern, holen uns die Angebote ein und dann so im frühen Sommer läuft die Diligence und Vertragsverhandlung, dass man dann irgendwie vor den August-Sommerferien abschließt. Das zweite Zeitfenster ist, wenn das erste Halbjahr bewiesen ist, man über den Sommer die Unterlagen vorbereitet und dann Anfang September an den Markt geht. Das heißt, man hat das erste Halbjahr, kann zeigen, dass man on track ist, dass das laufende Jahr sehr gut wird und man schließt dann bis zum Jahresende ab. Es macht keinen Sinn zum Beispiel im Juni an Käufer heranzutreten, die dann erstmal im Urlaub sind im Sommer und der ganze Prozess fasert aus und man verliert die Dynamik und das Moment.
Peter Fricke: Ich finde es ganz interessant, weil wir natürlich auch in den viel genannten IPO-Fenstern eigentlich die gleichen Phasen sehen. Nun wird natürlich der Prozess hier nochmal verstärkt, dass die Phasen durch den Markt natürlich beeinflusst werden. Das heißt, nachführend an die Berichtssaison, also mit den Jahresendergebnissen, ist dieses IPO-Fenster meistens offen so im März, April bis eben zum Sommer. Und dann eben nochmal mit den Halbjahresberichten nochmal September bis November. Ich glaube, deswegen verfolgen ja auch viele Unternehmen auch bei einem potenziellen Börsengang den sogenannten Dual Track, dass man sozusagen parallel fährt zwischen Börsengang und Verkauf an den Strategen, weil eben dieses öffentliche Fenster durch noch mehr externe Faktoren beeinflusst wird, die ich als Unternehmen eben noch weniger in der Hand habe als den Verkauf, wo ich zumindest ein paar Rahmenbedingungen, glaube ich, abschätzen kann.
Joel Kaczmarek: Ist das oft so, dass Unternehmen überlegen, sich einen Käufer zu suchen oder alternativ, wenn ich keinen finde, so einen Börsengang dann erwägen? Das klingt ja für mich irgendwie relativ sportlich.
Julian Riedelbauer: Also das gibt es immer wieder. Leider gibt es sehr wenig Börsengänge in Deutschland, sodass die Unternehmen sich das oft auch nicht trauen zu sagen, IPO ist eine Sache, die wir gerne anpacken würden. Da spielt das deutsche Börsen- und Venture-Network eine wichtige Rolle, eben auch zu klären, zu zeigen, dass diese Alternative auch existiert und gegeben ist. Und je mehr Exit-Alternativen da sind, desto besser. Und Börsengang und Peter, korrigiere mich, wenn du es anders siehst, ist ja auch gar kein voller Exit, sondern es ist eigentlich eine Kapitalerhöhung, in deren Rahmen ein Teil der Anteile verkauft wird und danach hat man liquide Anteile und kann natürlich als Investor der Firma die Anteile über die Zeit über die Börse verkaufen.
Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um Börsengänge: Unsicher auf dem Börsenparkett? Nicht mit uns! Gemeinsam mit unterschiedlichen Expert:innen der Deutschen Börse spricht Joel regelmäßig über alles rund um die Themen Börse, Börsengang und späte Finanzierungsphase (pre IPO).