Wie börsentauglich ist die deutsche Digitalbranche?

13. April 2017, mit Joel Kaczmarek

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Joel Kaczmarek: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen Road to IPO Podcast von Digitalkompakt. Mein Name ist Joel Kaczmarek und ich bin wieder in kompetenter Begleitung. Zu meiner Rechten sitzt die Deutsche Börse in Person von der Renata. Heute nicht der Erik, sondern die Renata. Deswegen musst du mal ganz kurz erzählen, was du dort eigentlich tust.

Renata Bandov: Ja, vielen Dank für die Einladung. Vielen Dank, dass ich an den Postcards teilnehmen kann. Ich bin bei der Börse verantwortlich für den Bereich Primärmarkt. Das heißt, alle regulatorischen Rahmenbedingungen, die ein Listing betreffen, darum kümmert sich mein Team. Wir sind aber auch verantwortlich insgesamt, die Regeln zu ergreifen. entwickeln, die Regeln nachzuhalten, mit unseren Kunden zu sprechen, die Segmente zu vermarkten und als Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen vor einem Börsengang, während und auch danach.

Joel Kaczmarek: Okay, also man merkt, du hast eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe und wahrscheinlich auch eine, wo man sehr akribisch und sehr fein arbeiten muss.

Renata Bandov: Es ist schon eine Aufgabe, bei der man sehr genau sein muss. Logischerweise ist es so, dass wir Transparenz ganz hoch halten bei uns, sprich regulierte Märkte. Das wird immer damit verknüpft, dass man Transparenz auch mitbringen muss. Und da ist es wahnsinnig wichtig, dass die Angaben, die da auch gemacht werden, dass die verantwortungsvoll einmal hergestellt werden. Das ist natürlich die Aufgabe des Unternehmens, aber dann auch auf der anderen Seite auch von uns entsprechend begleitet werden.

Joel Kaczmarek: So, und jetzt haben wir hier noch einen ganz spannenden jungen Mann mit an Bord, der ein sehr tolles Unternehmen mitführt, kann man so sagen. Stehe ich mal ganz kurz vor Ralf und sag, was diese kleine Firma namens Delivery Hero so macht.

Ralf Wenzel: Ja, mein Name ist Ralf Wenzel. Vielen Dank auch für die Einladung, hier teilzunehmen. Freut mich sehr, dass wir dafür die Gelegenheit haben. Ich habe vor etwa Fünf Jahre mit einigen Freunden und Kollegen das Foodpanda-Geschäft gegründet, das vor allem in Asien, Osteuropa, dem Mittleren Osten entwickelt und vorangebracht. Vor einem Jahr haben wir uns dann zusammengeschlossen und sind jetzt unter dem Namen Delivery Hero als global größter Partner. Online Food Delivery Marktplatz außerhalb Chinas unterwegs und bin Teil des globalen Managements, führe die Firma also zusammen mit Niklas Oestberg und dem Rest des Management Teams, haben uns die Aufgaben gut aufgeteilt, kann da gerne nochmal drauf eingehen.

Joel Kaczmarek: Ja, sag mal ein bisschen, was zu deiner Rolle ist.

Ralf Wenzel: Ich kümmere mich aber vor allem um unsere gesamten Außenbeziehungen. Ich bin derjenige zusammen mit dem Team, der sich um die gesamten Investoren kümmert. Wir waren das Team, das maßgeblich den Börsengang koordiniert, geplant und natürlich auch in Zusammenarbeit mit den anderen Teams auch dann durchgeführt hat. Wir sind das Team, das sich auch um Finanzierungen, Investments, M&A-Möglichkeiten, also auch Übernahmen von anderen Firmen kümmert. Wir kümmern uns um das gesamte Thema globale Kommunikation auch. Wie wir nach außen wirken, wie wir uns nach außen aufstellen, um die globalen Partnerschaften und ganz allgemein auch um die strategische Weiterentwicklung des Geschäfts. Das heißt, welche Geschäftsmodelle außerhalb unseres Kerngeschäfts sollen wir uns anschauen? Wie entwickeln wir das Kerngeschäft auch weiter? Mit welchen Vorzeichen sollen wir das entwickeln? Auf welche Länder sollten wir vor allem achten? Und insofern unterstützen wir die operativen Einheiten der Firma, wie gesagt, mit der strategischen Ausrichtung, die wir vornehmen sollen oder vornehmen sollten. Und ich glaube, das sind so ein bisschen die Verantwortungsbereiche kurz umrissen. Da gehören hier und dort natürlich auch noch andere Sachen dazu.

Joel Kaczmarek: Ich meine, ich durfte ja manchmal durch Zufälle, manchmal durch meine Tätigkeiten im journalistischen Bereich den ein oder anderen Einblick gewinnen. Und ich habe mal zum Beispiel von einer Finanzierungsrunde von euch den Papierkram gesehen. Das war eine Palette, also eine Europalette voll gestapelten mit sozusagen Abzügen und Kopien natürlich, aber wirklich kiloweise nur für eine Finanzierungsrunde. Und ich erinnere auch, dass ihr irgendwie Strukturen gebaut habt, die sehr komplex waren mit irgendwie eine GmbH und Coca-G pro Finanzierung und so. Also damit mal so der Laie von draußen mitkriegt, was da manchmal dranhängt für eine Komplexität. Und das wird wahrscheinlich nicht weniger geworden sein. Also du bist da schon an einem Punkt,und das war, glaube ich, sogar vor der Rocket-Fusion,das ist eigentlich noch mal schlimmer geworden. Du bist an einem Punkt,wo du auch sehr, sehr viele komplexe Themen hast,wenn es gerade um solche Aspekte gehtund lass uns doch mal genau daran einsteigen. Also wir wollen ja heute als Ziel mal nachvollziehen,wie fühlt sich so ein IPO anund da haben wir einerseits mal eine hochkompetente Börsenfrau,die die ganze Marktplatzseite kenntund dann jemand wie dich,der das so aus der Driver-Seed-Perspektive erzählen kann. Wie hat das für euch so angefangen,wenn du sagst, dein Team war derjenige,dasjenige, das diesen ganzen Börsengang vorbereitet hat,was in dieser Strukturierung mit drin war, Wie beginnt man sowas? Wie fängt das an?

Ralf Wenzel: Also in allererster Linie geht man natürlich vom Kerngeschäft aus. Vielleicht geht man mal noch drei Schritte zurück. Man schaut sich an, wie groß der Markt überhaupt ist. Und man entwickelt natürlich im Laufe der Zeiten immer besseres Verständnis dafür, wie groß die Möglichkeiten sind, wie groß der Markt ist, das Marktpotenzial vom Geschäft, in dem man ist. Nun haben wir auch damals schon, als wir das Unternehmen gegründet haben, da bestimmte Thesen dazu gehabt und uns bestimmte Daten angeschaut. Aber ich glaube, man ist mit jedem Jahr, dass man in dem Geschäft drinsteht, auch ein Stückchen schlauer und hat mehr Datenpunkte und mehr Möglichkeiten, den Markt wirklich einzuschätzen. Und kann erstmal anhand des Marktvolumens abschätzen, wie groß der Markt ist. die Firma, das Geschäftsmodell, in dem man tätig ist, überhaupt werden kann, welche Wachstumsmöglichkeiten man noch hat. Das Zweite, was man sich dann anschaut, ist, wie ist wirklich die realistische Chance, einen Großteil dieses Potenzials auch wahrnehmen zu können. Also wie sieht die Wettbewerbssituation aus, wie ist man aufgestellt? vom Team, von der Technologie, von der Anzahl und der Arten der Länder, in denen man aktiv ist, um auch wirklich nicht nur naiv, sondern auch halbwegs realistisch abzuschätzen, haben wir denn die Möglichkeit, auf wirklich Faktor XYZ zu wachsen. Und der dritte Aspekt, der damit hineingespielt hat, ist natürlich, wie sehr ist man Herr der Komplexität, die man im Geschäft hat. Und die Komplexität wird natürlich getrieben durch die Anzahl der Länder, die man hat, die Anzahl der Mitarbeiter, die man hat, durch die Anzahl der Einnahmequellen, die man hat oder auch ein Marktplatzsegment. Also wir sind auch durch die schiere Anzahl der Kunden und Restaurants, die man auf der Plattform hat, die alle in irgendeiner Form eine Transaktion auch auslösen. Und der Komplexität Herr zu werden, hat vor allem auch ein Anbetracht des Börsengangs damit zu tun, wie gut man im Finanzbereich und auch im rechtlichen Bereich, also in Englisch würde man sagen, im Corporate Governance Bereich aufgestellt ist. Also wie sehr hat man vertraglich und sich durch die Finanzstrukturen schon so aufgestellt, dass das eine gewisse Stabilität hat und dass man die Risiken minimiert, weil das, was nicht passieren sollte. möchte oder was man nicht will im Rahmen dieses IPO-Prozesses, dass es Risiken gibt, die man im Rahmen dieses Prozesses erst aufdeckt oder die sogar im allerschlimmsten Fall nach Börsengang dann zu Tage kommen. und das will man also vorher schon aus dem Weg geräumt haben. Insofern war es, zurückkommend auf die Delivery Hero Geschichte, nicht nur unser Team, das sich vor allem darum gekümmert hat, den eigentlichen Prozess des Börsengangs zu koordinieren und zu managen, sondern es war vor allem schon Monate und fast sogar schon Jahre davor, dass sich die Finanzteams und auch die Rechtsabteilung stückchenweise eigentlich darauf vorbereitet haben. Nicht, dass es dann offiziell schon hieß, es wird irgendwann und zu einem bestimmten Zeitpunkt einen Börsengang geben. Es gehört so ein bisschen ja zu den allgemeinen Anforderungen, dass man die Finanzstrukturen und die Rechtsstrukturen unter Kontrolle haben muss. Aber wenn man ganz ehrlich ist, war die Arbeit der letzten anderthalb Jahre im Finanzbereich und auch in der Rechtsabteilung schon die, die maßgeblich und bedeutend waren für das, was wir da am Ende des Tages geschafft haben.

Joel Kaczmarek: Jetzt muss ich natürlich auch mal fragen, ganz viele Menschen wollen bestimmt wissen, welche Rolle spielt denn eigentlich ein Investor bei so einem Prozess? Also von außen wird ja immer so getan, als wenn Oliver Samba sein magisches Zepter schwingt, Niklas Özberg mit einem Magiestrahl irgendwie von oben trifft und entscheidet, wann so ein Börsengang passiert. Wie muss ich mir die Kommunikation zwischen solchen Rollen vorstellen, zumal er ja einer der relevanten Shareholder war oder ein Team Europe teilweise auch? Ja,

Ralf Wenzel: ich glaube, das wird das Verhältnis zu gewissen Shareholdern oder auch vielleicht das Verhältnis zu Rockets Internet, eins, was nach außen hin immer schon oft so wie eine Karikatur dargestellt wird, das also oftmals überzogene Aspekte hat und viel dramatischer und vielleicht auch manchmal viel emotionaler dargestellt wird, als es eigentlich ist oder war, weil es am Ende des Tages eine sachliche Zusammenarbeit war, wie man das mit vielen anderen Shareholdern gehabt hat. Grund oder auch die Entscheidung zu sagen, man möchte die Firma an die Börse bringen, war eine, die maßgeblich vom Management getroffen worden ist, was den Zeitpunkt angeht, was auch den Prozess angeht. Wie gesagt, im Hinblick auf die Wachstumsmöglichkeiten, auf den Kapitalbedarf kann das Management am besten einschätzen, wann es a dazu in der Lage ist, diese Komplexität eines Börsengangs zu packen. Danach auch als Managementteam eine gelistete Firma zu führen. Und wie gesagt, das hat viel damit zu tun, welche anderen Kapitalmöglichkeiten hat man, wie viel Kapital nimmt man auf und über welchen Weg nimmt man das Kapital auf. Und natürlich können bestimmte Entscheidungen, wie auch die Entscheidungen im Börsengang durchzuführen, ab einem bestimmten Punkt dann auch nur mit dem Einverständnis der Shareholder getroffen werden und der Investoren. Insofern muss es natürlich eine Absprache geben. Aber es war nicht der Wille der Shareholder zu sagen, es muss jetzt zu diesem Zeitpunkt ein Börsengang stattfinden. Es war auch nicht so, dass das bestimmte Shareholder ausgebremst oder bestimmte Shareholder beschleunigt hätten. Es war vor allem, weil ich Teil des Ganzen war, eine Diskussion im Management-Team zu sagen, wann haben wir die Reife erreicht. Wie stellen wir uns am besten für die Zukunft auf? Und gerade in Deutschland und Europa, im Gegensatz zu vielen Unternehmen vielleicht in Amerika oder inzwischen auch in China oder im Rest Asiens, haben wir immer noch die Begrenzung, dass wir eben nicht so viel Kapital zugänglich haben wie ein Uber oder wie ein Amazon oder wie bestimmte chinesische Unternehmen. beziehungsweise wenn wir es machen würden und so viel investieren würden, öffentlich sicherlich noch mehr auseinandergenommen werden, warum wir das machen. Also dieses Investieren in hohem Maße und sich auch die Möglichkeiten zu haben, Kapital zu beschaffen, als private Firma, als nicht gelistete Firma, schon sehr, sehr begrenzt sind. Und insofern hätten wir uns weiterhin als Delivery Hero, die halt über die nächsten 10, 20 Jahre mit gleicher Geschwindigkeit wachsen wollen oder mit ähnlicher Geschwindigkeit wachsen wollen, hätten wir uns auch weiter am privaten Markt Kapital besorgen können. Das ist aber ein unfassbar großer Aufwand, der eben alle paar Monate wiederkommt. Und stattdessen sozusagen sich die Möglichkeit zu schaffen, über den öffentlichen Kapitalmarkt die Möglichkeit zu haben, an Kapital heranzukommen, auf eine etwas pragmatischere Art und Weise, war dann für uns die bessere Option gewesen.

Joel Kaczmarek: War denn für dich von vornherein klar, dass ihr irgendwie in Frankfurt aus Parkett gehen wollt und nicht zum Beispiel in London, wo ja einer eurer größten Wettbewerber sitzt, oder in New York oder an irgendeinem anderen Standort?

Ralf Wenzel: Also für uns war es so gewesen, wir sind mit unserer Zentrale, mit einem Großteil des Teams hier in Berlin. Wir sind uns mit dem Standort Berlin auch eng verbunden. Es gibt einige Leute, die aus Berlin kommen. Es gibt viele Leute, die auch durch die Stadt Berlin und durch den Standort Berlin angezogen worden sind und über die letzten Jahre hierher gekommen sind, wo Berlin auch ein Auswahlkriterium gewesen ist, hierher zu kommen und auch bei einer der attraktiven Firmen hier zu arbeiten. Und insofern Also Frankfurt oder überhaupt Deutschland als auch Börsenplatz war einer, mit dem wir, glaube ich, vertrauter sind, den wir auch ganz gut verstehen und wo auch die Art der Unterstützung, die wir bekommen haben und wir können vielleicht später nochmal auch über die Rolle der Banken reden und der Berater und sozusagen das gesamte Umfeld, ein Umfeld ist, das für uns verständlicher ist und auch der Rechtsrahmen, in dem wir uns bewegen. als ehemalige Delivery Hero GmbH und jetzt eine Delivery Hero AG zu sein. Ein Rechtsrahmen ist, den wir als Europäer, und wir sind ein sehr europäisches Management-Team, eben auch besser einschätzen können.

Joel Kaczmarek: Ich würde sagen, es ist eine relativ naheliegende, naheliegendes Vorgehen in eurem Fall. Renata, beschreib doch mal, wie Wie war das für euch? Wann habt ihr das erste Mal von Delivery Hero gehört? Wie läuft sowas ab? Nimmt man da erst mal so Kontakt auf? Wie läuft das ab? Mache ich das, wenn ich schon fast fertig bin? Mache ich das, wenn ich gerade den Denkprozess erst starte? Wie muss ich mir das vorstellen?

Renata Bandov: Also man kann es nicht verallgemeinern. Es hängt immer jeweils vom einzelnen Unternehmen ab. Was wir jetzt seit zwei, drei Jahren sehr gezielt versuchen, ist tatsächlich Kontakt zu den Unternehmen schon vorbörslich aufzubauen und sie mit dem Deutsche Börse Venture Network auch bei Finanzierungsmöglichkeiten zu unterstützen. Foodpanda war ja ein Deutsche Börse Venture Network Mitglied gewesen, war schon mit auf dem Netzwerk gewesen. Deshalb hatte man da über den Weg auch schon weit im Voraus, also vor dem Börsengang auch Kontakt zueinander gehabt. Üblicherweise ist es natürlich auch so, dass wir nicht direkt vielleicht von den Unternehmen angesprochen werden, aber die Berater, die mandatiert werden oder auch die Banken, die dann mitbeauftragt werden, die sind ja relativ früh dann auch in so einem Entscheidungsprozess mit eingebunden. Die wissen natürlich, welche Rahmenbedingungen vielleicht rechtzeitig auch mit der Börse besprochen werden sollten, sodass man da relativ früh auch in den Austausch kommt. Oftmals ist es so, und das hat aber auch rechtliche Gründe, ist es so, dass man nicht den Namen gleich gesagt bekommt, weil das natürlich immer auch die Thematik auslösen würde ad hoc, wenn das Unternehmen von sich aus relativ früh und mit konkreten Zeitpunkten schon signalisieren würde, dass es sich entschieden hat und schon final und bereit ist, tatsächlich an den Kapitalmarkt zu gehen. ist das immer so ein Spagat. Wie gesagt, unsere Intention ist da tatsächlich zu gucken, dass wir früh im Austausch sind, deshalb das Deutsche Börse Venture Network quasi als Anknüpfungspunkt vorbörslich, um sich da schon mit einzubringen. Wir haben natürlich unsere Rahmenbedingungen, die sind aber relativ kurz von den Zeiträumen, also sprich dieser ganze Listing-Prozess, der sich hinten anschließt, ist ein rein formaler, da kann man durchaus, je nachdem welche Anforderungen vielleicht irgendwie im Zweifel stehen, wenn die Gesellschaft vielleicht neu gegründet worden ist, dass es da einen tieferen Abstimmungsbedarf gibt oder wenn die Transaktionsstrukturen im Holding-Geflecht vielleicht etwas komplizierter sind, dass man da so ein bisschen tiefer einsteigen muss. Aber im Regelfall ist es eher so, dass drei bis vier Wochen ausreichen sollten für diesen reinen Listing-Prozess.

Joel Kaczmarek: So ganz ehrlicherweise, werbt ihr eher um die Unternehmen oder werben die Unternehmen eher um euch oder ist das so ein gegenseitiges Kennenlernen?

Renata Bandov: Also ich habe das Verständnis oder wir haben das Verständnis bei der Börse, dass wir letztendlich der Platz sind, der Unternehmen mit Investoren zusammenbringt. Und all das sehen wir als unsere Funktion, also sprich als Marktplatz, unsere Infrastruktur anzubieten, um ja, Finanztransaktionen zu ermöglichen zwischen Unternehmen und Investoren. Das Unternehmen hat sicherlich vorbörslich schon im Regelfall seine Wachstumsphasen auch durch, hatte mit Sicherheit auch, wie das hier der Fall war, verschiedene Finanzierungsrunden hinter sich. und irgendwann stellt sich dann tatsächlich die Frage, ja, kann man sich noch weiter über den privaten Markt finanzieren, über VCs, PIs? oder ist es tatsächlich so, wenn man einen höheren oder größeren Wachstumsanspruch hat und vielleicht auch internationaler sich aufstellen will, dass es in der Tat also auch von der Finanzierungsstruktur hier in Deutschland relativ eng werden kann. Aber auch in diesem privatrechtlichen Bereich schwierig sein kann. Weshalb sich Unternehmen halt einfach aufgrund der Frage, wie finanziere ich meine Ideen oder meine Geschäftswünsche, Ziele, wie finanziere ich die, dass man logischerweise sich irgendwann mal mit dem Kapitalmarkt auch auseinandersetzen muss.

Joel Kaczmarek: Jetzt ist sie mir ein bisschen ausgewichen, fairerweise in der Antwort. Werben Börsenplätze um euch, wenn ihr so eine Größe erreicht? Also habt ihr das gehabt, dass man euch da irgendwie aktiv angeht?

Ralf Wenzel: Also A, haben wir uns natürlich ein Interesse gehabt zu verstehen, was die Unterschiede sind bei verschiedenen Börsenplätzen. Gab es aber auch andersrum. Also dass auch Börsenplätze sicherlich um uns geworben haben oder in Zusammenhang auch mit den uns unterstützenden Banken da die Kontakte hergestellt worden sind, um das nochmal zu bewerten. Es beruht auf Gegenseitigkeit.

Joel Kaczmarek: Dann lass uns doch mal in die Voraussetzungenvielleicht ein bisschen eintauchen,bevor wir mal die Prozessschritte durchgehen,weil du hast ja auch gerade schon gesagt,es gibt so bestimmte Dinge,die müssen irgendwie erfüllt sein,so einen Rahmen,der irgendwie durchschritten sein sollte,damit das irgendwie Sinn macht. Was ich so mitgekriegt habe,sind zwei Punkte,unter anderem die Marktkapitalisierung,also welchen Wert hat das Unternehmenund der Free-Float,also wie viele Aktien gebe ich eigentlichin den freien Handel,weil wenn man nicht genug handeln kann,hat man nicht genug Liquidität,dann hat man so einen Rohrkrepiererim schlimmsten Fall. Was sagt ihr da,was ist eure Faustregel,was sollte grob an Wertund an frei verfüg?

Renata Bandov: Auch da kann ich mich ganz einfach auf den Gesetzgeber zurückziehen. Auch da gibt es ganz, ganz klare Vorgaben. Das heißt also 25 Prozent, wenn ich wirklich den regulierten Markt für mich in Anspruch nehmen möchte, was das wirklich höchste Transparenzsegment auch ist, da muss ich einfach 25 Prozent Free Float mitbringen. Das ist so die Grundrahmenbedingung. Es gibt sicherlich auch Möglichkeiten, davon zu befreien bzw. geringere Beträge auch zu gestatten. Da muss man halt im Einzelfall gucken, wie groß so eine Transaktion ist, dass man das machen kann. Grundsätzlich ist unsere Erfahrung in der Tat so, dass Liquidität unmittelbar damit zusammenhängt, wie viel Streubesitz habe ich, wie hoch ist die Marktkapitalisierung auch gerade im Streubesitz und dass das verknüpft ist dann auch mit der Liquidität. Ich glaube von der Größenordnung, was man immer hört bei institutionellen Investoren und die sind am Ende des Tages entscheidend. Bei größeren Transaktionen ist es so, dass sie sagen, ganz einfach ab 100 Mio. Platzierungsvolumen gehe ich rein. Also alles, was drunter ist, uninteressant. Das heißt also, das ist so eine Größenordnung, da geht es los und dann stellt sich halt einfach die Frage, was hat man denn für Ziele? So ein Listing in einem Segment ist ja für die meisten ein erster Schritt. Wenn man sich die Marktstruktur mal anguckt, ist ein Listing und ein Segment im Regelfall auch die Voraussetzung dafür, dass man in Indizes aufgenommen wird. Und davon hängt es dann am Ende des Tages auch ab, wie groß die Marktkapitalisierung und auch die Liquidität im Wertpapier jeweils ist, um dann in die entsprechenden Auswahlindizes aufgenommen zu werden und da auch die Liquidität für sich maximal auszureizen.

Joel Kaczmarek: Ihr habt ja auch Segmente geschaffen, die genau in diese kleineren Kategorien reingehen. Macht das Sinn? oder wann macht das Sinn?

Renata Bandov: Das ist genau der Punkt. Wir haben halt einfach aus unserer Erfahrung heraus mitgenommen, dass Finanzierungen tatsächlich gerade im Wachstumsbereich schwierig sind, dass Unternehmen sowohl vorbörslich als auch börslich irgendwann mal an ihre Grenzen kommen, was Investoren angeht und Finanzierungsmöglichkeiten. Wir haben uns das angeguckt und haben gesehen, dass diese Zielgruppe der sogenannten SMEs, dass die unterrepräsentiert sind, auch was halt einfach die notwendigen Investoren angeht. Weshalb wir uns entschieden haben, jetzt dieses Jahr neben dem Deutschen Börse Venture Network als vorbörsliche Möglichkeit der Unterstützung hier ein neues Segment auch zu konzipieren für diese Zielgruppe. und das neue Segment heißt und adressiert tatsächlich diese Zielgruppe SMEs und wir haben als Mindest-Market-Cap vorgesehen, die man mitbringen muss für das Segment 30 Millionen. Man muss sich aber da im Klaren sein, das soll jetzt nicht im Widerspruch stehen zu den 100 Millionen und das soll auch nicht bedeuten, dass institutionelle Investoren mit diesem Segment nicht angesprochen werden, aber es ist halt einfach, Schwierig. Große Kapitalsammelstellen haben halt aufgrund ihrer Anlagepolitik bestimmte Schwellen. Die haben aber durchaus auch, ich sage mal, Investitionsarme oder Fonds, die durchaus in kleineren Umfängen auch in Nebenwerte investieren. Und da kann es durchaus interessant sein, auch mit einer kleineren Marktkapitalisierung oder mit einem Segment, was diese Zielgruppe adressiert. Es ist aber einfach bedeutend schwerer. Deshalb ist es umso wichtiger, dass man gerade in dem Bereich investiert, insgesamt mit einem Serviceangebot die Unternehmen unterstützt und sie so ein bisschen mit den entsprechenden Mitteln supportet.

Joel Kaczmarek: Ralf, wie ist denn das, wenn du solche Sachen hörst mit den Segmenten? Ich glaube, ihr hättet schon eine Größe, dass man eher diese stärker regulierten, stärker transparenten, dafür aber auch größer angelegten Segmente adressiert. Aber glaubst du, das ist was Spannendes, dass man so ein Scale-Segment schafft, um auch kleineren Unternehmen die Möglichkeit zu geben?

Ralf Wenzel: Ja, glaube ich schon. Also wie gesagt, wir haben in Deutschland oder auch in Europa generell limitierende oder limitierte Finanzierungsmöglichkeiten. Die sind mehr geworden und besser geworden. Aber dort eine weitere Möglichkeit zu haben, ist grundsätzlich positiv. Und das mag für nicht alle Unternehmen attraktiv sein, aber es gibt sicherlich Strukturen und Geschäftsmodelle, für die das ganz spannend ist.

Renata Bandov: Also wir haben ganz klar in Deutschland die letzten Jahre, also von den Kapitalmarkttransaktionen, das so gesehen, dass wir große Volumina haben. Und das ist darauf zurückzuführen, insgesamt bei den rückläufigen IPO-Zahlen große Volumina. Und aus unserer Sicht ist das halt einfach so, dass sich dieser vorbörsliche Bereich verschoben hat. Also man wächst vorbörslich, bevor man an die Börse geht. In anderen Ländern mag das anders sein, Euronext zum Beispiel, da gibt es durchaus Volumina. wo Kleinsegmente, wo bewusst Start-up- und Wachstumsunternehmen sehr früh auch den Kapitalmarkt für sich suchen, um auch über den Kapitalmarkt zu wachsen und sich zu finanzieren. Und vielleicht sicherlich auch, wenn man über Finanzierungslücken oder mangelnde Investoren in Deutschland spricht, ist das auch eine Möglichkeit, wie man Alternativen schaffen kann. Sicherlich würde ich auch Recht geben, nicht für jeden tragbar und auch nicht für jedes Geschäftsmodell.

Joel Kaczmarek: So Ralf, jetzt mal Butter bei die Fische. Wie läuft so ein Börsengang ab? Fangen wir mit der Vorbereitung an. Es gibt ja so ganz viele tolle Begriffe wie Prospecting, wie Roadshow, Bookbuilding. Was waren so die ersten Steps, die ihr genommen habt und was passiert dabei?

Ralf Wenzel: Ich glaube, die ersten Schritte sind, dass man ohnehin, wenn man eine bestimmte Größe erreicht, bestimmte Investmentbanken bei sich auf der Matte stehen hat, die bei einem anklopfen, ihre Beratungsleistung anbieten. Das kommt automatisch, fast automatisch. Und für uns war es neben den Vorbereitungsarbeiten im rechtlichen und auch im Finanzbereich, ging es auch darum, zu identifizieren, mit welchen Partnern wir das zusammen machen können. können und zusammen machen wollen. Und ich glaube, die Auswahl der Partner und auch die Auswahl der Banken, die einen unterstützen, ist eine sehr wichtige Auswahl, weil es dort schon signifikante Unterschiede gibt. Ich werde jetzt hier im Rahmen dieses Gesprächs nicht sagen, mit welchen Partnern wir mehr zufrieden waren und mit welchen Partnern wir weniger zufrieden waren. Das kann ich eher mal individuell machen. Aber ich glaube, die Auswahl der Partner, mit denen man zusammenarbeitet, also insofern auch die Auswahl der Banken, mit denen man zusammenarbeitet, ist, glaube ich, sehr wichtig. Und die Banken sind am Ende des Tages auch die, die eine gewisse Struktur erst mal vorgeben. Wir waren ja keine IPO-Experten. Wir sind alles im Management-Team Leute, die bestimmte Geschäfte mal aufgebaut haben, eine operative Erfahrung haben, aber keine Erfahrung haben, Firmen an die Börse zu bringen. Und insofern ist der Fahrplan in gewisser Weise dann auch vorgegeben. Da gibt es Erfahrungen, auf die zurückgegriffen wird. Und der Fahrplan ist auch ein Fahrplan, der von den Banken dann zusammengestellt wird. Ein bisschen dann angepasst auf die eigenen Präferenzen, was die Timelines angeht, was die Zeiträume angeht.

Joel Kaczmarek: Aber wonach schaust du, wenn du die Banken aussuchst? Also du musst ja nicht sagen, welche toll waren, welche nicht. Aber was für Faktoren siehst du da irgendwie?

Ralf Wenzel: Also rückblickend, vorher wussten wir das nicht. Vorher, glaube ich, geht man manchmal wahrscheinlich zu naiv an die Auswahl. Wie gesagt, die Banken haben auch große Erfahrung darin, sich sehr gut darzustellen und Verkaufsexperten, das ist ja auch gut, sollen sie auch sein, aber ich glaube rückwirkend ist es wichtig, eine Bank zu haben, die die Fähigkeit hat, das Geschäftsmodell zu verstehen, die die Fähigkeit hat, sich in die Firma reinzudenken, die also nicht nur rein begrenzt auf ein sehr oberflächliches Verkaufen der Transaktion an bestimmte Investoren sich nicht nur damit beschäftigt, sondern auch die intellektuelle Kapazität hat, das Geschäftsmodell zu verstehen. Und das ist, wenn wir hier unter uns diskutieren, manchmal leichter gesagt als getan. Und auch von außen sieht ein Delivery Hero Geschäftsmodell sicherlich sehr konsistent aus und relativ einfach aus. Aber es gibt eben trotzdem sehr viele Sachen, die man verstehen muss. Und auch sehr viele Sachen, die man auf eine gewisse Art und Weise eben auch bestimmten Kapitalgebern erklären muss. Und umso besser die Bank das Geschäftsmodell versteht, desto besser kann von deren Seite die Vermarktung, vorgenommen werden, desto besser kann von deren Seite dann auch beim, wir kommen gleich dazu, bei Sachen wie dem Prospekt, der Analystenpräsentation auch mitgeholfen werden und auch intellektueller Beitrag generiert werden. Und deshalb ist es wichtig, bei der Auswahl der Banken darauf zu achten und vielleicht zu prüfen, wie sehr können die sich in das Geschäftsmodell denken. Man kann es ja selber wie einen Interviewprozess gestalten. Auch wenn wir Leute einstellen, möchten wir natürlich verstehen, wie schnell schafft es ein neuer Mitarbeiter, sich in das Geschäftsmodell einzudenken. Genau so kann ich das und müsste ich es eigentlich bei den Banken machen. Das Zweite ist, glaube ich, schon auch auf vergangene Erfahrungen der Banken zuzugreifen. Es gibt bestimmte Banken, die sich bisher sehr stark mit dem Internet- und Technologiesektor auseinandergesetzt haben. Für andere ist es noch Neuland. Gerade so als im deutschen Raum, wo es noch nicht allzu viele Internet-IPOs gab, würde ich tatsächlich immer auf Banken zurückgreifen, die schon Technologieerfahrung haben und nicht das Risiko eingehen, das mit der Hausbank zu machen, die vielleicht da noch nicht sehr viel Erfahrung hat, auch wenn es ein anderes Vertrauensverhältnis gibt. Dritte Komponente ist wahrscheinlich trotzdem noch die sehr persönliche Komponente. Man verbringt sehr viel Zeit miteinander. Mehrere Monate verbringt man Tag und Nacht miteinander und insofern muss auch in gewisser Weise die persönliche Chemie stimmen. Auch hier wieder ähnlich wie zu einer Neueinstellung eines Mitarbeiters. Das muss kulturell passen, man muss sich in das Geschäftsmodell eindenken können und es muss ein gewisser Erfahrungsschatz da sein. Und da gibt es Unterschiede bei den Banken.

Joel Kaczmarek: Aber auf Brand geht man zum Beispiel gar nicht,dass man jetzt sagt so, wow, Goldman Sachsoder Morgan Stanley, das ist ja so ein großer Nameund das gibt uns irgendwie Credibility,Street-Cred bei den Investoren,sowas spielt nicht so die Rolle?

Ralf Wenzel: Also es spielt, wie gesagt, die großen Namen oder einige der großen Namen sind auch die Namen, die sich schon im Technologie- und Internetsektor Namen gemacht haben. Das schließt sich nicht aus. Also all das, was ich gesagt habe, schließt die Großen nicht aus. Es gibt auch bei den Großen, wie gesagt, Unterschiede, aber man muss trotzdem gut abwägen können. Das Zweite ist, nicht nur die richtige Auswahl an unterstützenden Banken zu finden, sondern auch die richtige Anzahl an unterstützenden Banken zu finden. Mit jeder Bank, die man mit dazu bekommt als unterstützenden Partner, erhöht sich der Aufwand unglaublich. Und erhöhen sich natürlich auch mitunter die Kosten. Wir hatten sieben Banken, was sehr viel ist. Und der Aufwand war groß. Aber es hängt, wie gesagt, sehr stark davon ab, welche Größe man hat, mit welchem Ansatz man in die Sache Börsengang rangeht und auch mit dem Volumen des geplanten Börsengangs.

Joel Kaczmarek: Warum so viele? Was hat da den Ausschlag gegeben bei euch?

Ralf Wenzel: Es gibt eigentlich mehrere Aspekte, was die eigentliche Arbeit der Banken angeht. Das eine ist, dass man ein oder zwei Banken sucht, die eher um das Projektmanagement auch kümmern und einen durch den Prozess begleiten. Es gibt bei allen Banken die Situation, dass die Banken durch ihren Research unterstützen, also jede Bank hat eigene Research-Analysten. Die Research-Analysten sind die, die später die Investoren, sage ich mal, erziehen oder die Investoren darüber informieren, wie das Geschäftsmodell funktioniert, als unabhängige Partei. Und jede Bank und jeder Research-Analyst von jeder Bank schreibt eben einen sehr ausführlichen Bericht über die Firma. Insofern ist es wichtig, auch hier die Banken danach auszuwählen, wie gut ihre sogenannte Research-Fähigkeit ist. Und es gibt in der Medienlandschaft haben wir die YouTube-Follower und die Influencer, denen die Leute zuhören, die sich einen Namen gemacht haben, die sich eine Referenz gemacht haben. Und für mich war das so ein bisschen eine Parallele zu diesen Research-Analysts. Es gibt wirklich Research-Analysts, die sich einen Namen gemacht haben. die eine bestimmte Community an Investoren haben, die sich immer wieder gegenseitig suchen. Und ein Research Analyst ist auch so ein bisschen jemand, der, wie gesagt, auch durch sein eigenes Ego und seine eigene Persönlichkeit sich gut verkauft und sein Research eben verkauft. Und da die richtigen Influencer zu haben und Leute zu suchen, die bei den Banken angedockt sind, die sich eben mit Technologie gut auskennen, die einen guten Namen haben, das ist wichtig. Und wieder auf die Anzahl der Banken zurückzukommen, Es ist nicht unbedingt wichtig, so viel Research wie möglich zu haben, weil wie gesagt, dahinter steckt auch viel Aufwand, aber da die richtige Auswahl von Research-Analysten zu haben. Und insofern, wenn wir jetzt sieben Banken gehabt haben, dann haben wir einige Banken ausgewählt aufgrund ihrer Research-Fähigkeit, weil sie im Research-Bereich sehr gut sind. Wir haben andere Banken ausgewählt, weil sie vielleicht gut sind im gesamten Projektmanagement, bei der Umsetzung. Und der dritte große Aspekt bei der Auswahl der Banken ist die sogenannte Distributionsmöglichkeit. Das heißt, wie gut ist die Bank aufgestellt, was Investorenkontakte angeht, was den eigentlichen späteren Verkaufsprozess angeht. Und hier gibt es sicherlich auch Unterschiede, gerade auch regionale Unterschiede. Es gibt die globalen Banken und dann Banken mit einem etwas stärkeren regionalen Fokus, über die dann regionale Investoren vielleicht im deutschsprachigen Raum auf bestimmte sehr effiziente und effektive Weise angesprochen werden. Also diese drei Faktoren, Distribution, Research, generelles Projektmanagement, da gibt es keine Bank, die in allen drei Aspekten super genial top ist, sondern ich füge das wie so ein Puzzlestück zusammen.

Joel Kaczmarek: Spannend, spannend. Deckt sich das mit deiner Erfahrung? Ich meine, ihr müsst als Marktplatz da neutral sein, aber

Renata Bandov: Absolut. Also ich glaube, dem kann man nicht allzu viel hinzufügen. Letztendlich muss man halt einfach auch gucken, was ist die Aufgabe der Bank. Neben natürlich dem ganzen Management eines IPO-Prozesses, wenn man nicht zusätzlich nochmal einen IPO-Berater hat, ist das eine der wesentlichen Funktionen. Aber natürlich dann auch die Platzierung der Wertpapiere. Und dazu gehört es natürlich, dass man eine entsprechende Reichweite zu Investoren hat und über eine entsprechende Research-Panel. Coverage auch, dass man diese zur Verfügung stellen kann für das Unternehmen. Und am Ende des Tages ist natürlich auch eine Komponente, die vielleicht irgendwie nicht erwähnt worden ist, aber die natürlich auch sehr, sehr wesentlich ist, auch für das Unternehmen und auch für die Altaktionäre, letztendlich die Bewertung des Unternehmens. Die Bank ist entscheidend halt eben eingebunden bei der Bewertung des Unternehmens und dann natürlich auch beim Pricing. Und man hört es immer oft und gerne und ich finde es eigentlich ganz gut, dass du jetzt nicht das so in den Vordergrund gestellt hast, weil viele bei ihrer Entscheidung, ob sie sich für eine Bank entscheiden oder nicht, lassen sich oft gerne auch bei der Thematik leiten, was ist der Preis, den man mir verspricht, den ich erzielen kann über einen IPO. Ich glaube, wenn man das so einseitig wirklich auf diese monetäre Komponente runterbricht, dann rächt sich das einfach. Ich glaube, dass es richtig und gut ist, so wie du das aufgegliedert hast, anzutreten und sich das dann als ganzheitliches anzugucken und am Ende natürlich auch zu sagen, das muss auch stimmen. Man arbeitet sehr, sehr lange zusammen über einen sehr engen Zeitraum und sehr viele Stunden. Auch gerade in den Endphasen, da ist es schon wichtig, dass man ein Draht zueinander hat.

Joel Kaczmarek: Aber Preisfindung ist ja ein gutes Stichwort. Wie geht man bei sowas vor?

Ralf Wenzel: Also bei uns war es tatsächlich so gewesen, dass wir uns vor allem angeschaut haben, wie ist das gesamte Projekt IPO umsetzbar und wie sind wir danach immer noch in der Lage, die Story weiterzuschreiben. Wir haben von Anfang an gesagt, und das ist auch so die Art und Weise, wie wir über Delivery Hero nachdenken, dass trotz unserer Größe, die wir jetzt haben, gemessen an dem Gesamtpotenzial noch super klein sind. und dass wir im Grunde genommen die Firma eher so für die nächsten zehn Jahre aufstellen. Insofern war es keine Überlegung, wie wir kurzfristig vielleicht den Wert der Firma, Marktkapitalisierung optimieren können, sondern es war viel mehr gewesen, wie schaffen wir eine Struktur, das Verständnis, die Rahmenbedingungen, um nach IPO, was für uns eine Finanzierungsmöglichkeit ist, eine strukturelle Maßnahme ist, eigentlich das, was wir vorher gemacht haben, weiterzumachen, bloß offen. professionelleren Niveau. Nachher, zum Ende des gesamten Projektes, wenn man eben seine Analystenpräsentation gemacht hat, wenn die Research Analysts ihre Reports geschrieben haben, wenn die Research Analysts die ersten Investoren getroffen haben, wenn man selber auf der Roadshow war oder während man auf der Roadshow ist und anfängt, die ersten Orders zu bekommen und die ersten Zusagen zu bekommen von Investoren, die dann sagen, ich möchte x Millionen investieren, dann muss jeder Investor dafür einen gewissen Preis definieren. Und vorher natürlich legt man eine gewisse Preisspanne fest, die sicherlich auch durch diesen Research-Prozess stark beeinflusst ist. Aber im Grunde genommen war dann der Preis Sicherlich auch sehr stark getrieben einfach vom Demand, den man hat. Wir sind am oberen Ende der Preisspanne auf den Markt gegangen, weil wir vielfach überzeichnet waren. Insofern war das dann die sinnvolle Konsequenz dessen gewesen. Aber wir sind nicht rausgegangen und gesagt, es muss eine bestimmte Bewertung sein. Wie gesagt, man gibt eine Range an, aber die Range ist eigentlich eine sehr sachliche, die auch als Resultat von vielen Überlegungen, Investorenfeedback, Research Analyst Dokumentation einfach erarbeitet wird. Wir hatten auch ein bisschen den Vorteil, dass es eben auch noch andere gelistete Firmen im gleichen Segment gibt. Es gibt ein Just Eat in Großbritannien, es gibt ein GrubHub in den USA. Insofern gibt es einen Referenzwert. Also es war sicherlich bei Geschäftsmodellen, die ganz neu an der Börse sind, ist das sicherlich ein etwas schwierigerer Prozess. Aber gerade wenn man vergleichbare Unternehmen in dem Segment hat, hat man zumindest einen Anhaltspunkt, an dem sich dann die Research Analysts, die Banken, die Investoren auch festhalten.

Joel Kaczmarek: Kannst du mal sagen, für Laien, was überzeichnen bedeutet? Und ob das jetzt was Gutes oder Schlechtes ist? Man kann es sich, glaube ich, denken, aber mal mit einem Nebensatz. Ich versuche auch mal ein bisschen Leute, die nicht so tief drin sind, abzuholen.

Ralf Wenzel: Also wenn wir bei einem ganz einfachen Beispiel bleiben, wenn man vorhat, über die Börse 100 Millionen an neuem Kapital aufzunehmen, man gibt also 100 Millionen oder den Gegenwert von 100 Millionen in Aktien, in neuen Aktien aus und gleichzeitig gibt es vielleicht eine angenommene Zahl existierender Investoren, die im Gesamtwert von 100 Millionen ihre Aktien verkaufen wollen. Das ist die sogenannte Secondary-Komponente und die neuen Aktien, die man ausgibt, um damit Geld für die Firma einzunehmen, ist die sogenannte Primary-Komponente. Wenn man das beides zusammennehmen würde, in diesem Rechenbeispiel, hätte man ein Gesamtvolumen von 200 Millionen. Und für diese 200 Millionen sammle ich Angebote oder sogenannte Orders von Investoren ein. Wenn ich statt 200 Millionen ein Gesamtvolumen an Orders von 400 Millionen habe, dann bin ich eben zweifach überzeichnet. Wenn ich 600 Millionen habe, dann bin ich dreifach überzeichnet.

Joel Kaczmarek: Wie splittest du das? Wenn jetzt ein Investor sagt, ich möchte für 20 Millionen investieren, machst du dann 10 Millionen Primary und 10 Millionen Secondary? Oder wieso läuft sowas?

Ralf Wenzel: Also in Absprache mit den Investoren und auch unter Berücksichtigung des möglichen Gesamtvolumens und der möglich zu erwartenden Gesamtkapitalisierung der Firma überlegt man sich die richtige Balance zwischen dem sogenannten Primary Anteil, also dem Geld, das neu aufgenommen wird und in die Firma geht und dem Secondary Anteil. Man möchte den existierenden Investoren, wenn es dafür die Möglichkeit gibt und das Gesamtmarktvolumen dafür ausreicht, man möchte einigen von den sehr frühen Investoren die Möglichkeit geben, im Börsengang zu partizipieren oder zu teilen, zu partizipieren. Und diese Möglichkeit räumt man ein. Diese Möglichkeit ist manchmal auch vertraglich schon in bestimmten Shareholder Agreements vorgesehen. Man hat mit all diesen Shareholdern dann bestimmte Absprachen. Hängt davon ab, wie die vertraglichen Vereinbarungen auch mit diesen Shareholdern sind. Und die Firma in Zusammenhang mit den Banken legt fest, wie das Gesamtvolumen aussieht. Und das Gesamtvolumen wird dann rein rechtlich oftmals pro Rata auf die einzelnen Investoren runtergebrochen, die dann pro Rata an dieser Gesamtkomponente teilnehmen können.

Joel Kaczmarek: Hast du, wenn du Secondary-Anteile kaufst, dann wie das im VC-Geschäft auch so ist, zum Beispiel auch weniger Rechte? Sind deine Aktien dann ein Stück weit weniger wert oder egalisiert sich das mit dem Börsengang?

Ralf Wenzel: Das egalisiert sich dann mit dem Börsengang.

Joel Kaczmarek: Also Facebook ist ja zum Beispiel so ein Beispiel.

Ralf Wenzel: Die Expertin kann mich korrigieren, aber in unserem Fall war es vorher schon so und auch im Nachhinein an die Aktien mit gleichen Rechten versehen.

Renata Bandov: Genau, also man hat die Möglichkeit bei einer Rechtsform, je nachdem welche man wählt für sich, natürlich auch Aktien mit unterschiedlichen Rechten auszugeben. Man kann Vorzüge ausgeben, man kann nur sich für Stämme entscheiden. Ich glaube, da ist man frei in der Wahl, wie viele Aktiengattungen man für sich vorsieht. Ich glaube, es lässt sich auch immer alles verargumentieren. Also es ist jetzt nicht so, dass das eine besser oder schlechter ist. Wir haben ganz, ganz große Gesellschaften aus dem DAX auch, die mit verschiedenen Gattungen auch operieren. Ich glaube, was wichtig ist zu verstehen, dass es dann keine Unterscheidungen gibt. Also alle Wertpapiere einer Gattung haben dann immer die gleichen Rechte. Also da gibt es auch keine Unterschiede. Das kann man auch vertraglich nicht anders regeln.

Joel Kaczmarek: Ich frage so ein bisschen, weil bei Facebook ist das ja so bekannt, dass Mark Zuckerberg irgendwie sehr, sehr starke Mitbestimmungsrechte auf verhältnisweise geringer Prozentanzahl am Unternehmen aber hat.

Renata Bandov: Das gibt es zum Beispiel auch bei KGAA-Strukturen. Also die Möglichkeit, dass ich als Komplementier- oder Kommanditist eben unterschiedlich mit Rechten ausgestaltet bin. Aber in Deutschland ist es nicht möglich, Rechte einer Gattung unterschiedlich zu gestalten.

Joel Kaczmarek: So, wenn man an die Börse geht,Investoren haben ja eigentlichmal so typische Lock-up-Perioden,zu denen man sich ja auch teilweisefreiwillig verpflichtet,oder ich glaube, muss man sich sogarfreiwillig verpflichten,das ist so ein ungeschriebenes Gesetz. Also streng genommen schnell verscheuernkönnen die ja eigentlich nicht,wenn man an die Börse geht,oder verstehe ich das falsch?

Ralf Wenzel: Also es gibt eine Lock-up-Periode, Für Investoren, die schon zum Beispiel vor dem IPO in eine Firma investiert waren, die Lockerperiode hat glaube ich einen bestimmten Rahmen. Ich glaube typischerweise sagt man so zwischen sechs und zwölf Monaten. Existierende Shareholder können im Rahmen des Börsengangs partizipieren als Teil des Gesamtvolumens und sind danach erstmal für eine gewisse Anzahl von Monaten eingeloggt.

Renata Bandov: Das ist vielleicht einfach nur da zur Ergänzung. Also es gibt keine Verpflichtung an sich, tatsächlich ein Lock-up zu vereinbaren im Rahmen eines IPOs, aber es ist einfach eine Investorenfrage. Macht mich in guten Einungen. ist natürlich immer auch von der Storyline, die man verfolgt. Es ist sicherlich durchaus berechtigt, wenn Investoren, die jahrelang investiert sind, auch für sich einen Börsengang nutzen, um auszusteigen aus dem Investment. Sonst würden ja verschiedene VCs oder PEs sowas auch eventuell für sich gar nicht in Erwägung ziehen, wenn nicht irgendwann mal die Idee wäre, auch mal einen Exit für sich zu sehen. Und ein Börsengang ist eine Möglichkeit, das zu tun. Das lässt sich auch hören. Das lässt sich auch im Rahmen eines IPOs hören. Das ist auch verständlich. Ich glaube, was natürlich immer schwierig ist, wenn man das nicht erklären kann und wenn der Eindruck entsteht, dass Altaktionäre Kasse machen wollen. Das ist immer so ein bisschen unter dem das Ganze steht. Und sicherlich, um da so ein bisschen nicht den Eindruck zuzulassen. zu erwecken und auch eine Planungssicherheit und vielleicht auch nicht Volatilitäten auch dann im Wert zu haben, ist es ganz wichtig, dass man auch mit so einem Instrument Lockup arbeitet. Und ich glaube, das ist auch etwas, was am Ende des Tages auch die Bank, die das Ganze begleitet, dann auch. empfiehlt und auch sehen möchte, auch in ihren Verträgen.

Joel Kaczmarek: So, jetzt war Storyline ein gutes Stichwort. Prospecting ist ja ein zentraler Aspekt, wenn man an die Börse geht. Vielleicht kannst du ja mal wiedergeben in eigenen Worten, was da so passiert, was das ausmacht, weil das ist ja eigentlich einer der Momente, wo man so eine Storyline reingießen kann und Investoren so ein Stück weit in Verbindung mit der Investorenpräsentation für sich zu gewinnen.

Ralf Wenzel: Ich glaube, das ganze Thema, ich würde es mal eher als Thema Dokumentation zusammenfassen, steht eigentlich unter zwei verschiedenen Überschriften. Auf der einen Seite geht es um die sehr genaue Dokumentation des existierenden Geschäfts mit allen Zahlen, mit allen maßgeblichen Verbindlichkeiten, mit allen rechtlichen Strukturen, mit allen Kennziffern, die es gibt, die sowohl im Prospekt als auch in der Analystenpräsentation und damit auch in den Analystenreports wieder auftauchen. als auch, wie du es eben umfasst hast, mit der Storyline. Das heißt, was macht die Firma, wo geht sie hin, welche Perspektive hat sie, was sind die Werte der Firma, was sind die Wachstumsmöglichkeiten, was sind die möglichen zusätzlichen Geschäftsfelder, die sogenannte Equity-Story oder die Storyline. Und da sind diese beiden Komponenten. Und die beiden Komponenten sind gleichwertig und wie gesagt, haben eine unterschiedliche Ausprägung in den verschiedenen Dokumentationen. Und die Hauptdokumentationen sind eben der Prospekt, den die Firma selber erstellt, oftmals in Zusammenhang mit externen Anwälten, weil das ein sehr komplexer Prozess ist. Es gibt die Analystenpräsentation, die Company, also die wir auch als Firma zusammen mit den Banken erstellt haben. Und als dritte Gruppe von Kerndokumenten gibt es eben die Analystenreports, die von den Analysten geschrieben werden, aber eben auf Basis der Analystenpräsentation und auf Basis der Informationen, die wir geben. Ich glaube, der Aufwand, den Status quo, die Kennzahlen, Strukturen, Prozesse, Daten der Firma zu aggregieren, ist riesig groß. Und von all den Firmen, mit denen ich bisher geredet habe, die auch an die Börse gegangen sind, sehe ich nicht eine Arbeit, die nicht unterschätzt wird, aber man trotzdem komplett überwältigt ist vom Aufwand, der da aufgebracht werden muss.

Joel Kaczmarek: Sagen wir mal in Zeit

Ralf Wenzel: Am Ende des Tages sind das schon mehrere Monate Tag- und Nachtarbeit, die dort reingehen. Und das hängt natürlich auch hier wieder von der Firma ab und vom Geschäftsmodell und von der Komplexität. Delivery Hero ist eine Firma, die in 42 Ländern unterwegs ist, die sehr, sehr viele Ländergesellschaften hat, teilweise noch Gesellschaften auf Zwischenebene, teilweise mehrere Gesellschaften pro Land. Es gibt also wahnsinnig viele Kennzahlen, wahnsinnig viele Strukturen, wahnsinnig viele Rechtsformen und der Aufwand war immens gewesen. Das korrekt zu dokumentieren und auch prüfen zu lassen. Weil ein Großteil auch dieser Information, die dann am Prospekt auftaucht, geprüft werden muss. Es gibt dann die Auditor, die diese Information bestempeln und sagen, ja, das stimmt auch so. Und das ist ein riesengroßer Aspekt, das erstmal zusammenzubringen. Und auch hier wieder darauf zurückkommend, was ich eingangs gesagt habe, dass wenn man von Anfang an als Firma Rechtsstrukturen und seine Finanzen und die Strukturen im Finanz- und Controlling-Bereich von Anfang an sauber aufstellt, Und von Anfang an darauf Wert legt, eine sehr gute Finanzabteilung zu haben, umso leichter habe ich es später. Weil wenn ich das auch nicht schon anfangs mache, kann ich später sogar in eine Situation kommen, die es mir gar nicht erlaubt, an die Börse zu gehen. Und es mag trotzdem die Möglichkeit geben, für bestimmte Firmen privates Kapital aufzunehmen, weil der Grad an Informationen, der bereitgestellt werden muss, trotzdem geringer ist, als das, was ich beim Börsengang offenlegen muss. Und deshalb, es gab oftmals Kommentare und Meinungen dazu, dass man gerade, wenn man ein Geschäft von Anfang an aufsetzt, sich vielleicht die ersten Monate nicht darum kümmern muss, gute Finanzstrukturen aufzubauen und sich lieber auf Marketing und Vertrieb und Produktentwicklung kümmern soll. Aber im Grunde genommen, wenn man ambitionierte Pläne hat und wirklich mal langfristig die Idee hat, daraus eine große gelistete Firma zu machen, kann man damit nicht früh genug anfangen. Und das Gleiche eben auf der Rechtsperspektive. Die letztere Komponente, nämlich die Equity-Story, sich auch zu überlegen, in welche Richtung es geht, welches Wachstumspotenzial es gibt, wie die Geschäftsmodelle funktionieren und vielleicht ergänzt werden können. Das in der Tat, was idealerweise natürlich jede Firma hat und jede Firma sollte ihre Vision und Strategie haben, was aber, glaube ich, im Rahmen dieses Börsengangs nochmal eine schöne Auffrischung erlebt, weil man sich eben dafür gezwungenermaßen noch viel mehr Zeit nehmen muss, um sich das zu überlegen und das eigentlich eine sehr schwierige, schöne, konstruktive, wertvolle Arbeit war, weil man sich oftmals in einem schnell wachsenden Unternehmen nicht alle paar Wochen wieder hinsetzt und sagt, ist die Vision noch die richtige?

Joel Kaczmarek: Holt man sich für so eine PR-Agentur eigentlich rein oder macht man das Inhouse und mit den Banken?

Ralf Wenzel: Also die Equity-Story haben wir selber entwickelt. Natürlich haben die Banken die richtigen Fragen gestellt und haben uns dort unterstützt, aber eher bei der Dokumentation unterstützt, weil der Inhalt kam von uns. PR-Hilfe und Support holt man sich nur, wenn es darum geht, das wirklich in der Presse darzustellen. Also fürs Aufschreiben der Equity-Story, das sollte man möglichst alleine.

Joel Kaczmarek: Ich kann mir vorstellen, dass viele das nicht können, so in Worte kleiden. Ich habe ja immer so als Benchmark gesagt bekommen, drei bis sechs Monate Prospecting, 500.000 Euro. Ist das so grob richtig?

Renata Bandov: Also zu den Zahlen, das ist dann natürlich auch immer so eine Spanne, die man da irgendwie nennen muss. Sicherlich gibt es auch schon Prospekte irgendwie für 100.000 Euro, wenn es jetzt wirklich nur um den Prospekt selber geht. Also es gibt ja verschiedene Kostenpositionen bei so einem IPO. Vielleicht kann man da ja irgendwie nochmal zwei, drei Sätze dazu sagen. Vielleicht aber einfach trotzdem nochmal auch um die Wichtigkeit irgendwie des Prospekts, also auch zu illustrieren oder sich vielleicht, wenn der ein oder andere das hört, sagt, das ist ja toll, da bin ich dann irgendwie mit meinem Management beschäftigt, die Monate irgendwie, um diese Dokumentation zu erstellen und bin letztendlich irgendwie davon abgehalten, mein Geschäftsmodell voranzutreiben. Und es ist sicherlich auch so, dass das Management irgendwie, also auch prozentual von den Leistungskapazitäten 30, 40 Prozent mit Sicherheit auf den IPO verwenden muss. Und man stellt sich natürlich dann schon die Frage, warum sollte man das denn machen? Warum sollte man dann nicht irgendwie gucken, ob man sich anderweitig finanziert über eine Bank oder weiter über VC? Ich glaube, wichtig ist da zu verstehen, dass diese Transparenz, die da gezeigt wird, Investoren, nichts anderes ist, als was man auch anbietet. am Ende des Tages vielleicht in einem kleinen Umfang, aber doch auch bei einer Bank machen muss. Auch eine Bank will Zahlen sehen, auch eine Bank macht eine Due Diligence, wenn sie entsprechende Kredite ausreicht. Genauso ist es auch am Ende des Tages mit einem VC. Und auch da ist es vielleicht auch eher so, dass er einen dann noch viel enger an die Kandaren nimmt, wenn es um die Investitionen oder Fortentwicklung des Unternehmens auch geht und die Entscheidung dann auch des Menschen. Also insofern, ich glaube, das ist schon vergleichbar und auch verständlich am Ende des Tages. Jemand, der irgendwie einem Geld gibt, sollte auch zumindest Informationen erhalten, anhand derer er sich ein Urteil darüber erlauben kann, ob es dieses Unternehmen wert ist, dass man sein Geld dort investiert. Wenn man das so voranstellt, dann kann man das so ein bisschen entmystifizieren. Und ich glaube, wichtig ist in der Tat, was du sagst, Ralf, dass man zeitig sich einfach Strukturen überlegt und Gedanken macht, wie man das aufsetzt. Und diese Arbeit muss man einmal tun und das tut dann weh, wenn man das gerade von einem IPO macht und nicht schon von Anfang an sich so organisiert hat, dass man diese Strukturen halt einfach mitbringt, dann ist es natürlich aufwendiger. Und dann kann es von der Zeit hier, die man braucht, auch für so ein IPO oder so ein Draften von einem Prospekt, kann das halt einfach am bedeuten länger dauern. Dazu gehört es natürlich, dass man Rechnungslegungsvorgaben berücksichtigt, wenn man an den Kapitalmarkt will, muss man zwingend IFRS berichten, es sei denn, man geht in börsenregulierte Segmente, da gibt es durchaus Ausnahmemöglichkeiten, aber alleine das führt eben dazu, dass man sich von seinem Controlling-System, von seinem Rechnungswegen einfach so aufstellen muss, dass man das bedienen

Joel Kaczmarek: kann. So, jetzt müssen wir uns nochin zwei Geheimnisse einweihen. Einerseits, wie funktioniert so eine Roadshow? Wie läuft das ab? Wie fühlt sich das an? Muss man sich das so vorstellen,dass du da an irgendwiedrei, vier, fünf Lokationen fliegst,triffst irgendwie im Halbstundentakt Investoren,deine Bank sitzt neben dirund du erzählst immer die gleiche Storyoder wie läuft das ab?

Ralf Wenzel: Insgesamt war die Roadshow sicherlich eine einzigartige Erfahrung, die, glaube ich, im Leben so nicht nochmal wiederkommt. War ein unglaublich emotionales Erlebnis. Vom Ablauf her ist es so, dass es einen bestimmten Kalender gibt. Typischerweise hat man die Roadshow über zwei Wochen verteilt. Man ist jeden Tag woanders. Man fängt, weiß ich nicht, in Frankfurt an, macht danach London, fliegt danach nach New York, macht Boston, San Francisco, Paris, Stockholm, was auch immer. Also man ist jeden Tag eigentlich woanders. Man hat in der Regel so sechs bis zehn, vielleicht sogar auch zwölf Meetings am Tag. Zwischendurch noch auf dem Weg zu Meetings noch Telefongespräche mit bestimmten Investoren, die in einer anderen Zeitzone sind. Man fängt oftmals früh um sieben mit dem ersten Meeting an. Man beendet abends um, weiß ich nicht, 23 Uhr das letzte Gespräch. Man hat dann vor den 7 Uhr Meetings und vielleicht auch nach den 23 Uhr Meetings die Gespräche mit den Banken und das Update zum sogenannten Bookbuilding-Prozess und muss dann irgendwann ja auch noch fliegen. Also es ist eine super intensive Zeit, wo man wenig schläft, voll mit Adrenalin ist, weil es eben darauf ankommt, wo man in der Tat viele Sachen wiederholt. Wenn man im Laufe des IPO-Prozesses die Investoren schon einige Male getroffen hat, Was man machen sollte, im Rahmen dieses sogenannten Pilot-Phishings oder auch bevor der IPO-Prozess losgeht, sollte man eigentlich versuchen, gute Kontakte und Gespräche und viele Gespräche mit Investoren schon zu haben. Umso besser verstehen sie das Geschäftsmodell. Wenn man Glück hat, ist dann während der Roadshow, sind die Gespräche sehr stark auf bestimmte Fragen begrenzt, sodass man nicht einfach immer wieder durch die Präsentation geht. Also wir hatten tatsächlich den Fall gehabt, dass wir in den meisten der Roadshow-Meetings ganz konkrete Fragen gestellt bekommen haben auf Basis des Prospektes, auf Basis der Analystenpräsentation zu bestimmten Datenpunkten. Man muss den Prospekt im Grunde genommen fast auswendig kennen, weil man zu bestimmten Datenpunkten gefragt wird, was war denn in dem Land XYZ 2000 so und so. Das muss man alles gut verstehen und ich glaube, dass die Roadshow auch zum großen Teil aus Investorenperspektive dazu dient, nochmal das Management-Team kennenzulernen. Und dass das eine sehr starke emotionale Komponente hat. Weil in dem Moment, wo die Roadshow stattfindet, was so eine oder zwei Wochen vor dem eigentlichen Listing-Datum ist, haben die Investoren schon ihre Hausaufgaben gemacht. Die haben den Prospekt gelesen oder die Analysten-Reports gelesen. Die haben sich mit den Analysten selber schon getroffen. Die haben auch vorher schon mal gewisse Interaktionen gehabt. Und im Grunde genommen geht es darum, nochmal zu sehen, mit welchem Selbstbewusstsein, mit welcher Sicherheit, mit welchen Schlussbemerkungen, mit welcher Begeisterung das Management unterwegs ist. Und so glaube ich, dass bestimmt 50 Prozent des Wertes der Roadshow im Auftreten lag und nur ein anderes 50% in den tatsächlichen Informationen, die da noch rüberkommen. Und das Spannende an diesen Meetings ist eben, dass man, läuft bei jeder Firma bestimmt anders, aber das ist bei uns so, dass wir nach relativ wenigen Stunden und nach relativ kurzer Zeit unser Buch voll hatten. Also wir genug Orders von Investoren hatten, um den Börsengang durchführen zu können. Diese Nachricht auch nach draußen geht's. Und ab diesem Zeitpunkt sich die Welt zum ersten Mal umdreht und man Investoren hat, die bei einem anklopfen und sich das erste Mal anfangen, selber zu verkaufen. Und ich habe über die letzten 15 Jahre, die ich verschiedene Unternehmen begleitet habe, immer den Fall andersrum gehabt, dass man bei Investoren angeklopft hat und gesagt hat, wie toll man ist und wie genial das Geschäftsmodell ist. Es gab dann sehr spannende Situationen, dass uns bestimmte Investoren ihre Präsentation geschickt haben und uns erklärt haben, wie ihre Investmentphilosophie ist und warum sie unbedingt beim IPO mit dabei sein möchten. Und es gibt wahnsinnig viel Emotionen und Eindrücke. Ich glaube, für uns alle war es so ein Prozess und bis zum Tag der ersten Roadshow, ja, das war nicht greifbar. Wir haben es nicht für wahrgenommen, dass das passiert. Und dann ist man auf der Roadshow und auch das ist das erste Mal so, wo man vorher ist man monatelang Tag und Nacht beschäftigt und dann realisiert man, das klappt jetzt, das passiert. Und dieses Gefühl dann zu realisieren, dass es klappt und dass es passiert und dann fällt auch so ein bisschen, man arbeitet monatelang daran, Tag und Nacht, es fällt einem ein Stein vom Herzen und man denkt, Wir haben es irgendwie, wir scheinen es zu schaffen. Und dann dieser Moment, wenn man dann am Ende der Roadshow in Frankfurt auf dem Börsenparkett steht und die Glocke geläutet wird und der erste Preis gerufen wird. Und das ist schon ein sehr emotionaler Moment, wo ganz viel von einem abfällt, was so die Arbeit vor allem der letzten Monate und fast schon Jahre anging.

Joel Kaczmarek: Kommt es so kurz nach Heirat und Kinderkriegen?

Ralf Wenzel: Heiraten weiß ich nicht, aber nach Kinderkriegen kommt es.

Renata Bandov: Ich war noch nie verheiratet.

Ralf Wenzel: Kinder habe ich zwei.

Joel Kaczmarek: Sehr gut, sehr gut. Was ist denn eigentlich, wenn du von einem Investor redest? Kannst du vielleicht mal sagen, wer das eigentlich ist? Das ist ja jetzt nicht Lieschen Müller. Also das ist ja jetzt in der Regel keine Privatperson. Also wen trifft man da? Was trifft man da für Akteure?

Ralf Wenzel: Also man trifft im Grunde genommen so mit die größten Finanzinvestoren teilweise, die es auf der Welt gibt. Große Fonds, die in Firmen, in Infrastruktur, in Länder investieren. Also man trifft auch Family Offices, aber im Grunde genommen war der sogenannte Demand und die Nachfrage nach gerade Bedingungen, was unsere Story und was Delivery Hero angeht, so groß, dass wir das große Glück hatten, mit den großen Finanzinvestoren und großen Investmentfonds dieser Welt uns zu treffen. Also die, die wirklich für viele Kapitalflüsse in dieser Welt zuständig sind. Und von denen dann nochmals Vertrauen zu bekommen, gibt einem unglaublich viel Rückenwind. Und wir sind dann, nachdem wir in Frankfurt die Glocke geläutet haben, hier nach Berlin alle zusammen zurückgekommen, haben eine große Party im Büro gemacht, haben die verschiedenen Etagen in richtige Dancefloors umgewandelt. Und es gab nochmal der ganzen Organisation einen großen Kick, weil das ein Vertrauensbeweis auch war für das, was man macht.

Joel Kaczmarek: Strukturell bist du hinterher wahrscheinlich auch ganz anders aufgestellt, oder? Ich meine, du kannst ja viele Dinge nicht mehr so sagen, wie du sie sagen möchtest oder musst sehr genau überlegen. Du wirst wahrscheinlich viel krasser durchhierarchisiert sein. Hier FRS haben wir schon gehört, mit solchen Rechnungslegungsvorschriften. Ist das grob anders hinterher?

Ralf Wenzel: Man ist wirklich ein deutliches Stück professioneller aufgestellt, was die Prozesse angeht, gerade wie gesagt im Finanzbereich und im rechtlichen Bereich. Man hat natürlich im Rahmen des IPOs und vorher wahnsinnig viel aufgeräumt, auf sehr fokussierte Art und Weise. Man hat durch dieses Aufräumen und das Strukturieren viel hinzugelernt und weiß sozusagen für die weitere Entwicklung des Geschäfts, wie man das einfach jetzt in diesem Format einfach weiter betreibt. Also das stimmt schon, dass es da professioneller, standardisierter teilweise geworden ist. Auf der anderen Seite ist es so, dadurch, dass wir einen erfolgreichen IPO hatten, sind wir seitdem auch wieder in der Lage, uns sehr aufs Geschäft zu konzentrieren. Dadurch, dass man nicht alle drei oder sechs Monate, wo man auch immer wieder einen privaten Fundraising-Prozess anstoßen muss und immer überlegen muss, wo bekomme ich das nächste Kapital her oder da wachsen oder ist gerade auch oftmals in privater Umgebung, Man nochmal eine andere Bordzusammensetzung hat, wo Investoren auch verschiedene Interessen vertreten. Das ist alles jetzt, wenn man eine öffentliche gelistete Firma ist, institutionalisiert. Investoren haben, einzelne Investoren, nur sehr, sehr begrenztes Mitspracherecht. Es gibt einen offiziellen Aufsichtsrat. Der Aufsichtsrat kontrolliert und überwacht das Management und all das. gibt einem schon die Möglichkeit, auch sich sehr stark wieder aufs Geschäft zu konzentrieren und wenig abgelenkt zu sein. Ich glaube, das, was man haben muss, ist die Disziplin, die Zahlen unter Kontrolle zu haben und die Disziplin, sich an die Zahlen und an den Zahlenrahmen über die nächsten Quartale und Monate zu halten. Und das ist wieder eine Frage des Geschäftsmodells. Wir haben ein sehr verlässliches Geschäftsmodell, ein sehr stabiles Geschäftsmodell, auch ein Geschäftsmodell, was sich sehr gut prognostizieren lässt, weil es eben sehr stark auf dem Wiederverkaufsverhalten der Kunden beruht. Und insofern ist es für uns vielleicht nicht so eine große Herausforderung gewesen, mit einer sehr starken Verlässlichkeit und mit gutem Gewissen zu sagen, wo sich die Zahlen hin entwickeln können. Das ist bei anderen Geschäftsmodellen vielleicht etwas schwieriger, die mehr möglichen Änderungen auch unterworfen sind.

Joel Kaczmarek: Letzte Frage, hast du Learnings aus diesem ganzen Prozess, was du vielleicht beim nächsten Mal anders machen würdest oder was du so sehr intensiv als Erfahrung mitnimmst?

Ralf Wenzel: Also ich glaube, das, was meine größte Empfehlung ist und womit man eigentlich nie früh genug starten kann, ist gerade Investoren, aber auch in der allgemeinen Öffentlichkeit zu erklären, wie das Geschäftsmodell funktioniert. Und die allgemeine Öffentlichkeit versteht es schneller. Aber Finanzinvestoren sind Finanzinvestoren. Finanzinvestoren haben oftmals ihre Schablone und sind eher business-firm, gucken sich natürlich auch viele Sachen an. Und gerade für uns als Internet- oder Technologieunternehmen, die wir relativ junge Geschäftsmodelle haben, unter uns verstehen wir die. Aber es gibt da draußen eine riesengroße Welt, die diese Geschäftsmodelle nicht versteht. Die nicht versteht, wie man über eine Webseite oder über eine App Essen bestellt, wie das Wiederverkaufsverhalten funktioniert, wie wir eigentlich von den Restaurants eine bestimmte Provision einsammeln. Und auch beim dritten Mal, dass man diese Systematik erklärt, tut sich mancher Investor immer noch schwer, das richtig zu begreifen. Also insofern die gesamte Finanzwelt und ein Großteil der Investorenwelt im öffentlichen Bereich, im privaten Bereich ist das schon anders, in der VC-Szene, Aber gerade bei den großen Investmentfonds muss man noch viel Education Arbeit leisten. Und wir haben oftmals Investoren mehrere Male getroffen und sehen nach einem bestimmten Mal, also wir sehen jedes Mal, wie sich das Verständnis verbessert. Hätten wir erst damit während des IPO-Prozesses angefangen, mit dieser sogenannten Investor Education, wäre es bestimmt nicht so einfach gewesen. Aber wir haben halt schon deutlich früher angefangen. Und im Grunde genommen kann man nie früh genug anfangen, Investoren über das Geschäftsmodell zu informieren, Vertrauen zu gewinnen und in diese Welt hineinzukommen. der digitalen Ökonomie etwas besser zu eröffnen.

Joel Kaczmarek: Hervorragend, dann danke ich dir ganz herzlich, dass du dir so viel Zeit für unseren Education-Prozess genommen hast und dir natürlich auch, liebe Renata. Also ich lerne, wenn das so geburtsähnliche Emotionen hervorweckt, dann bist du so eine Art Hebamme der Finanzwelt. Das war sehr, sehr spannend, daran teilzuhaben und ich danke euch beiden ganz herzlich.

Renata Bandov: Vielen Dank. Dankeschön.

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