Welches Börsensegment kann was?
4. Juni 2019, mit Joel Kaczmarek
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Joel Kaczmarek: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen Road to IPO Podcast von digitalkompakt. Mein Name ist Jörg Kaczmarek und heute bin ich wie immer in kompetenter Begleitung, einerseits durch einen Vertreter von der Deutschen Börse und andererseits durch einen spannenden Gast. So, und wir fangen mal auf der Börsenseite an. Da ist heute die gute Nicole bei uns. Hallo Nicole. Hallo Joel. Sag doch mal ganz kurz, stell dich mal vor, wie du im vollen Namen heißt, was genau deine Aufgabe hier eigentlich bei der Deutschen Börse ist, was machst du eigentlich, wie wir denn unser spannendes Thema und unseren nicht minder spannenden Gast einleiten?
Nicole Maares: Ja, mein Name ist Nicole Maares. Ich bin bei der Deutschen Börse verantwortlich für den Bereich Issuer Services. Und mit meinem Team betreuen wir Emittenten ebenso wie IPO-Kandidaten. Wir stehen als Ansprechpartner zur Verfügung und zwar vor, während und nach dem Börsengang. Und damit verbunden sind zahlreiche Services, die zum Beispiel den Kunden helfen, ihre IR-Arbeit zu machen oder mit dem Kapitalmarkt in Kontakt zu bleiben.
Joel Kaczmarek: Vorgespräch mit dir, hast du schon so extrem erfahren und kompetent gewirkt. Wie lange bist du schon bei der Deutschen Börse?
Nicole Maares: Ich bin jetzt 13 Jahre bei der Deutschen Börse.
Joel Kaczmarek: Okay, das ist ja schon stolz. Also in Internetjahren kann man immer mal sieben nehmen. Also wenn du beim Start-up wärst, dann wären das jetzt schon über 70. Also du hast hier schon viel gesehen. Das wird, glaube ich, ganz, ganz spannend, das auch mal dann in der Retrospektive abzufrühstücken. So, und heute soll es nämlich um das Thema Börsensegmente gehen. Wir haben das so ein bisschen frech überschrieben,mit welches Börsensegment kann eigentlich was. Und da haben wir auch einen, wie gesagt, schon zweimal,ich muss auch immer spannend zu sagen,ich kriege immer Ärger, wenn ich es oft spannend sage,aber du bist ja ein spannender Typmit irgendwie spannender Aufgabe. Lieber Dirk, sag doch mal ganz kurz, was du machstund wie du sozusagen mit dem Thema Börseimmer wieder Berührung hast.
Dirk Weyherhäuser: Mein Name ist Dirk Weyherhäuser. Ich arbeite bei Hauk & Aufhäuser,leite dort das Equity Capital Marketsund wir begleiten Unternehmen auf dem Weg an die Börseund dann eben auch nachher an der Börsebei weiteren Kapitalmaßnahmen,aber auch bei der Erfüllung der Folgepflichten
Joel Kaczmarek: Und was genau ist Haug & Aufhäuser? Für diejenigen, die jetzt nicht so finanzfit sind, muss man ein bisschen Werbung von einem Unternehmen machen. Was seid ihr hier gestattet?
Dirk Weyherhäuser: Haug & Aufhäuser ist eine Privatbank, basiert auf zwei Banken, der Bank Haug und dem Bankhaus Aufhäuser und ist tätig im Private Banking und im Investment Banking und Asset Management.
Joel Kaczmarek: Und wie muss ich mir deine Tätigkeit konkret vorstellen? Wo begleitest du Unternehmen bei börsenspezifischen Themen? Wann kommst du ins Spiel? Was siehst du eigentlich immer wieder?
Dirk Weyherhäuser: Also wir begleiten die Unternehmen von Anfang an von der Überlegung, ob ein Börsengang Sinn macht, in welchem Segment man den Börsengang machen kann und dann bis zum Listing. Und darüber hinaus dann eben, wenn sie gelistet sind bei weiteren Maßnahmen.
Joel Kaczmarek: So, liebe Nicole, jetzt wollen wir mal zum Kern der Sache vordringen. Was muss ich mir genau vorstellen unter einem Segment, wenn ich von der deutschen Börse spreche? Was ist das eigentlich und welche Funktion hat es?
Nicole Maares: Grundsätzlich stehen in Europa Unternehmen, die sich Mittel auf dem Kapitalmarkt beschaffen wollen, zwei Wege offen. Wir haben einmal den EU-regulierten Markt und zum anderen den börsenregulierten Markt. Die Frankfurter Börse bietet beide Möglichkeiten an, die Emittenten haben also die Wahl. Im regulierten Markt gibt es den General Standard und den Prime Standard für Aktien wie den Prime Standard für Anleihen. Im Freiverkehr, den nennen wir auch Open Market, gibt es das Segment Scale und das Quotation Board. Dieser Freiverkehr wird von der Börse Seid ihr strenger oder weniger streng?
Joel Kaczmarek: Also ist es sozusagen härter, wenn ich im EU-Regulierten bin oder im Privatregulierten?
Nicole Maares: Wir sind bei dem EU-Regulierten-Markt mit dem Prime-Standard das Segment mit den höchsten Anforderungen in Gesamteuropa. Das heißt, wir erfordern noch Anforderungen, die über den europäischen liegen. Das tun wir dann mit Emittenten im Prime-Standard-Segment auch gegenüber internationalen Investoren, die dort geforderten Transparenzpflichten zeigen können.
Joel Kaczmarek: Also verstehe ich das richtig, dass der General Standard quasi das ist, was so die EU-Basis ist. und mit Prime habt ihr sozusagen nochmal einen draufgelegt?
Nicole Maares: Das ist richtig. Zum Beispiel die Quartalsberichte sind eine solche Forderung, die die EU selbst nicht stellt.
Joel Kaczmarek: Warum macht man das? Was gewinnt man, wenn man sozusagen noch mehr Auflagen schafft, als der Gesetzgeber schon fordert?
Nicole Maares: Wir wissen, auf was Investoren achten, worauf die Wert legen bei der Transparenz von Unternehmen. Und insbesondere US-amerikanische Investoren schauen auf solche Quartalsberichte. Die fordern diese Transparenz ein. Und das heißt auch, in englischer Sprache zu dokumentieren und zu berichten.
Joel Kaczmarek: Jetzt würde ich mit dir gerne noch so ein bisschen Vervollständigungsarbeit machen, weil ich glaube, so ein paar Worte haben vielleicht der ein oder andere schon mal gehört. Es gab ja sowas wie den Entry-Standard. Bei mir kam dann auch mal sozusagen dieses ganze Thema mit dem Basic-Board auf. Magst du nochmal ein Stück weit nachzeichnen, dieses Segment Scale ist ja noch verhältnismäßig jung. Also wenn ich mich richtig erinnere, zwei Jahre, 2016 rumgestartet. Was war vorher an Struktur oder was habt ihr abgelöst? Also so wie ich es verstanden habe und dann musst du mich jetzt korrigieren. War doch so der Entry-Standard das, was durch Scale ersetzt wurde. Ist das richtig?
Nicole Maares: Das ist richtig. Den Entry-Standard hatten wir 2005 eingeführt und den führten wir bis 2017. Das heißt, vor zwei Jahren wurde dann der Entry-Standard abgelöst durch das Segment Scale.
Joel Kaczmarek: Okay, und wenn ich jetzt in diesem Entry-Standard war, bin ich dann automatisch reinmigriert in dieses Scale-Segment? oder hatte ich dann ein Stück weit auch eine Wahl, ob ich mich verändern möchte?
Nicole Maares: Zunächst haben wir allen Entry-Standard-Unternehmen angeboten, in das Scale-Segment übernommen zu werden. Mit dem Scale-Segment sind neben den Einbeziehungsvoraussetzungen Folgepflichten verbunden und diese Folgepflichten müssen auch dann die Unternehmen, die vorher im Entry-Standard waren, erfüllen. Und dazu hatten sie natürlich die Entscheidungsfreiheit. Und wer das mitmachen wollte, diese Transparenz, die von Scale gefordert wird, zu leisten gegenüber dem Markt, der ist dann in Scale migriert.
Joel Kaczmarek: Wenn jetzt der ein oder andere an die Börse denkt, lieber Dirk, dann kommen ihm vielleicht eher so Begriffe wie DAX, MDAX, TechDAX. Das ist ja aber nicht zu verwechseln mit einem Börsensegment. Da kommen wir später nochmal detailliert dazu, aber vielleicht kannst du ein, zwei Sätze mal sagen, dass wir die Leute emotional, intellektuell abgeholt haben, warum wir jetzt nicht über so Begriffe wie MDAX oder TechDAX reden, sondern über Segmente wie Prime und Scale.
Dirk Weyherhäuser: Das liegt daran, dass der DAX, MDAX, TechDAX, das sind Auswahlindizes, die für Werte gelten, die im Prime-Standard, also im Segment gelistet sind. Das heißt, man muss erst das Segment aussuchen und wird dann in Abhängigkeit von Marktkapitalisierung und Free-Float später die Möglichkeit haben, vielleicht in eines dieser Auswahlindizes aufgenommen zu werden.
Joel Kaczmarek: Ich danke euch schon mal voraus allen für die Geduld mit mir, weil ich versuche immer hier auch mal dumme Fragen zu stellen, dass wir hier keinen verlieren, sondern selbst Leute, die vielleicht noch nicht so börsender sind, abholen. Das wird, glaube ich, ein ganz wichtiger Begriff, Marktkapitalisierung. Kannst du den einmal definieren? und auch Free Float, fände ich irgendwie interessant, einmal erklärt zu haben, bevor wir dann weiterreden und die Leute vielleicht verlieren, weil die das nicht mehr verstehen.
Dirk Weyherhäuser: Gut, die Marktkapitalisierung, das ist die Anzahl der Aktien multipliziert mit dem Kurs. Und der Free Float ist auf Deutsch der Streubesitz. Das heißt, das sind die Aktien, die nicht bei den Großaktionären liegen. Grob gesagt sind alle, die über 5% halten, eigentlich nicht Streubesitz.
Joel Kaczmarek: Okay, verstanden. So, und wir wollen uns heute auf diese beiden Segmente Scale und Prime Standard fokussieren. Wie ist das denn bei dir, wenn ein Kunde zu euch kommt und hat sich noch nicht für ein Segment entschieden? Wie machst du ihm eigentlich den Möglichkeitsrahmen auf? Also wie bringst du ihm diese unterschiedlichen Segmente nahe? Was ist denn für wen interessant?
Dirk Weyherhäuser: Es gibt immer zwei Fragestellungen für das Unternehmen. Einmal, welche Investoren möchte ich erreichen oder welche Investoren müssen wir auch erreichen, um eine bestimmte Platzierung gewährleisten zu können? Und zum anderen, was kann das Unternehmen liefern? Welche Zulassungsfolgepflichten kann es denn nachher auch einhalten? Das ist natürlich einmal abhängig von der Größe des Unternehmens und der Größe des geplanten Betriebs.
Joel Kaczmarek: Magst du uns vielleicht mal Zahlen geben eigentlich zu den beiden Segmenten? Also wie viele Unternehmen sind denn in welchem gelistet? Wie viele Börsengänge gab es in welchem von den beiden im letzten Jahr? Wie viel Marktkapitalisierung ist verfügbar? Dass man mal so ein grobes Gefühl kriegt, wie sich das bei euch eigentlich verteilt. Der Prime-Standard
Nicole Maares: hat im Moment 307 Unternehmen und in Scale sind 50 Unternehmen gelistet. Wir hatten ja letztes Jahr ein sehr starkes Börsenjahr 2018 mit zahlreichen Zugängen. In Prime Standard sahen wir 16 Unternehmen und die Scale-Unternehmen waren zwei. Aber seit Launch haben wir insgesamt neun Börsengänge in dem Segment gesehen. Es hat neben der Anzahl der Börsengänge auch einen großen Unterschied, was die Marktkapitalisierung angeht. In dem Scale-Segment haben die Unternehmen im Durchschnitt eine Marktkapitalisierung von 128 Millionen. Das unterscheidet sich stark von dem Prime-Standard. Da ist der Durchschnittswert 4,1 Milliarden Euro.
Joel Kaczmarek: Also lass uns nochmal ganz klar zusammenfassen. Was sind denn Zulassungsvoraussetzungen, wenn ich in den Prime-Standard möchte?
Nicole Maares: Wenn ich in den Prime-Standard zugelassen werden möchte, muss ich als Unternehmen einen Wertpapierprospekt erstellen, der von der BaFin gebilligt wird.
Joel Kaczmarek: Was genau ist das?
Nicole Maares: Der Wertpapierprospekt beschreibt die Geschäftstätigkeit des Unternehmens, es beinhaltet das Zahlenwerk des Unternehmens und gibt Hinweise über die Geschäftsaussichten.
Dirk Weyherhäuser: Und auch über die Risikofaktoren, um dem Leser und dem potenziellen Investor dort auch wirklich klar zu machen, auf was er sich bei der Investition einlässt.
Joel Kaczmarek: Okay, erster Haken, Weltpapier Prospekt, was noch?
Dirk Weyherhäuser: Das Unternehmen muss eine Unternehmenshistorie von drei Jahren haben und einen Streubesitz von mindestens 25 Prozent, damit es in den Prime Standard kommen kann.
Joel Kaczmarek: Marktkapitalisierung?
Nicole Maares: Die Marktkapitalisierung für Prime Standard beträgt 1,25 Millionen Euro.
Joel Kaczmarek: Okay. Und dem gegenübergestellt, wie sieht es bei Scale aus? Was sind da die Zulassungsvoraussetzungen?
Dirk Weyherhäuser: Im Scale benötigen wir auch einen Wertpapierprospekt.
Nicole Maares: Oder ein Einbeziehungsdokument. Das ist der Fall bei einem technischen Listing. Als Einbeziehungsvoraussetzung müssen drei von fünf Kriterien erfüllt sein. Das heißt, es muss ein Umsatz gegeben sein von mindestens 10 Millionen. Es muss ein positiver Jahresüberschuss vorliegen, ebenso ein positives bilanzielles Eigenkapital. Und die Mitarbeiterzahl sollte mindestens 20 Personen umfassen. Und weiterhin gucken wir darauf, dass mindestens 5 Millionen Eigenkapital eingesammelt wurden. Denn zur Zielgruppe von Scale gehören Unternehmen, die bereits erprobte Geschäftsmodelle haben und sich gegenüber Investoren beweisen konnten.
Joel Kaczmarek: Und wie ist es damit, Marktkapitalisierung, Streubesitz, Unternehmenshistorie?
Nicole Maares: Gut, das sind die Grundvoraussetzungen, die ich für die Einbeziehung brauche. Man muss eine Marktkapitalisierung von 30 Millionen mindestens haben. Die Unternehmenshistorie muss zwei Jahre betragen und der Streubesitz hier 20 Prozent.
Joel Kaczmarek: Gut, also damit ich das richtig verstehe, ich muss eine Marktkapitalisierung von mindestens 30 Millionen Euro haben, zwei Jahre Unternehmenshistorie, 20 Prozent Streubesitz. und dann muss ich drei dieser fünf Kriterien erfüllen, die du gerade gesagt hast, richtig?
Nicole Maares: Das ist richtig.
Joel Kaczmarek: So, jetzt kann man mir als Überlegung, da spricht jetzt mal der Laie, vielleicht kann mir das einer von euch beiden beantworten, die Prime-Standard-Vorgaben. Was wir auch schon mal angerissen haben, also Bilanzierung nach IFRS, man braucht ein Wertpapierprospekt und ein Faktor war ja da auch, ich brauche eine Marktkapitalisierung von über 1,25 Millionen Euro. Warum ist denn das so ein geringer Wert bei den Prime-Standard-Unternehmen, obwohl die ja eigentlich viel größer sind, während die Latte für jemanden, der in Scale will, viel höher gelegt ist?
Dirk Weyherhäuser: Das liegt daran, dass der Prime-Standard ja nur die Zulassungsfolgepflichten regelt. Die hat die Börse eingeführt, aber der Prime-Standard basiert auf dem EU-regulierten Markt, genauso wie der General-Standard.
Joel Kaczmarek: Okay, verstanden. Also wenn man schon mal neu baut, dann zieht man auch irgendwie die Ansprüche sozusagen ein bisschen an. Und wenn ich jetzt den Prime-Standard verändern wollen würde, wäre das eigentlich viel, viel komplexer und gar nicht nur in eurem Zugang.
Nicole Maares: Ja, und es ist ja auch so, dass die großen institutionellen Investoren, die letztlich entscheidend bei den Transaktionen sind, eine Zahl von 100 Millionen als Platzierungsvolumen nennen. Das betrifft den Prime-Standard. Und jetzt in dem Verhältnis ist natürlich 30 Millionen viel weniger. Das heißt allerdings nicht, dass die Unternehmen im Scale-Segment keine Investoren ansprechen können. Aber sie haben eine ganz andere Zielausrichtung. Da geht es weniger darum, große internationale Investoren anzusprechen, sondern Investoren, Sie sprechen semi-institutionelle Investoren an, dazu gehören zum Beispiel Family Offices oder High Net Worth Individuals, aber auch kleinere Fonds oder Fonds, die spezialisiert sind auf Wachstumswerte und sie sprechen vor allen Dingen Privatanleger an.
Joel Kaczmarek: Jetzt hätte ich lieber Dirk gerne nochmal ein Thema präzisiert, weil wann immer ich sozusagen von Unternehmen höre, dass sie sich mit dem Thema Prime Standard auseinandersetzen, fällt das Wort Transparenz. Wie genau muss ich mir das denn vorstellen? Also ist das sozusagen, hat das nur mit dem Thema Bilanzierung zu tun? Also was genau kommt denn da eigentlich an Pflicht auf mich zu? Wir hatten jetzt Wertpapierprospekt als ein Thema und Bilanzierung. Also an welcher Stelle muss ich da sozusagen Anführungsstrichen die Hosen runterlassen?
Dirk Weyherhäuser: Also der Prime Standard, der regelt ja die Zulassungsfolgepflichten und dort ist eben geregelt, dass es neben dem und Halbjahresabschluss auch noch einen Quartalsmitteilung oder Bericht geben muss, dass die Ad-Hoc-Pflichten gelten, dass man die Aktionärsstruktur offenlegen muss, dass man dann auch direkt das Dealing offenlegen muss. und das ist wichtig für die Investoren, die möchten nämlich, wenn sie ihr Geld investiert haben, auch nochmal was vom Unternehmen hören und zwar möglichst viel und das wird erfolgt. Zum einen durch diese Zulassungsfolgepflichten erfüllt und zum anderen muss das Unternehmen auch bereit sein, regelmäßig mit den Investoren zu sprechen, dass man Roadshows wahrnimmt, mit den Analysten spricht, damit man eine regelmäßige Research Coverage hat, damit die Investoren einfach möglichst viel von dem Unternehmen hören und sich ein Bild machen können.
Joel Kaczmarek: Also mit dem jeweiligen Segment verbinden sich nicht nur Pflichten, wenn ich quasi eintrete, sondern wenn ich dabei bin, wenn ich sozusagen den Türsteher passiert habe, jetzt mal lax gesprochen, dann kommen sozusagen auch nochmal Pflichten auf mich zu. Liebe Nicole, was sind denn da so eure Erfahrungen? Was sind vielleicht auch die Hintergründe? Vielleicht kannst du das nochmal ein Stück weit beschreiben. Erfolgt das immer vor diesem Gedanken, internationale Investoren sozusagen leichter an Bord kriegen?
Nicole Maares: Hintergrund ist ganz einfach. Wenn ich als Investor eine Anlageentscheidung treffe, dann geht es ja darum, ob ich anteilseigner werde von etwas und dann möchte ich mich vorher informieren. Und diese Informationen müssen zur Verfügung gestellt werden. Und nun können ja Unternehmen nicht mit jedem einzelnen Investor sprechen. Also sind diese Informationen, die bereitgestellt werden, in einer gewissen Art und Weise standardisiert. Und so kennen wir halt auch die Berichterstattungen und so weiter. Wir haben bei dem Prime-Standard die Anforderung als Folgepflicht, Quartalsberichte zu erstellen. Und das ist schon etwas, was sich stark an US-amerikanische Investoren ausrichtet. Und als wir den Prime-Standard gegründet hatten, das ist zurückgelegt auf das Jahr 2003, damals hatten wir ein Verhältnis von über 60, 65 Prozent deutschen Investoren vertreten. So 35 internationale. Und das hat sich umgedreht. Das Verhältnis ist jetzt genau anders. Das sind über 70 Prozent internationale Investoren. Und das bedingt dann auch, warum man solche Transparenzanforderungen wie die Quartalsberichte vorschreibt.
Joel Kaczmarek: Also euer Fazit ist, es funktioniert gut, dass wenn man quasi diese höheren Auflagen erfüllt, dass man dadurch aber auch das Interesse und den Hunger von internationalen Investoren weckt.
Nicole Maares: Das funktioniert gut. Die Investoren verlangen ja nach diesen Informationen. Bei Scale geben wir als Börse Hilfestellung im Bereich der Research Coverage. Scale-Unternehmen müssen verpflichtend einen Research Report veröffentlichen. Der wird mehrmals im Jahr geupdatet. Wir als Deutsche Börse geben das in Auftrag und publizieren das und stellen das zur Verfügung.
Joel Kaczmarek: Vielleicht ist ja auch irgendwie ein sinnvoller Zeitpunkt, um nochmal das ganze Thema mit den Indizes aufzugreifen, was wir schon hatten. Was ist die Logik hinter diesen Indizes, die ihr dann anwendet auf diese Segmente?
Dirk Weyherhäuser: Das richtet sich zum einen nach der Free Float Market Cap und zum anderen nach dem Börsenhandelsumsatz im letzten Jahr.
Nicole Maares: Nach Größe sortiert können die Unternehmen im Primestandard in die Auswahlindizes der DAX-Familie. Da haben wir zuerst den DAX 30, gefolgt vom MDAX, dann SDAX und TechDAX. Das sind die bekannten Auswahlindizes, darunter gibt es noch weitere, die Branchenindizes. Aber auch für Scale berechnen wir Indizes, denn auch hier wollen wir Unternehmen die Möglichkeit geben, sich ein Bild zu verschaffen von einer Gruppe und vor allen Dingen von der Entwicklung der Wachstumsunternehmen, die in Scale notiert sind.
Dirk Weyherhäuser: Ja, diese Indizes sind schon wichtige Marktbarometer für die Investoren. Wenn man zum Beispiel als internationaler Investor einfach den deutschen Kapitalmarkt abbilden will und sich auf große Unternehmen konzentriert, gibt es einige, die einfach den DAX nachbilden oder dann den MDAX und das gibt es auch viel im Bereich ETF.
Joel Kaczmarek: Und richten sich diese Indizes jetzt nur rein nach der Größe? oder macht man zum Beispiel auch Branchen auf oder Wertpapierarten? oder was gäbe es noch für Faktoren, mit denen man so ein Indiz hier bilden kann?
Nicole Maares: Wir haben bei dem Scale den Index Scale 30 und den Scale All Share Index. Und der All Share umfasst alle Werte, die in Scale gelistet sind und der Auswahlindex Scale 30 umfasst die 30 größten.
Joel Kaczmarek: Und sag mal, kann ich beeinflussen, in welchen Indizier ich komme oder ist das rein quasi von meiner Performance abhängig?
Nicole Maares: Das ist ein rein rechnerischer Wert, der wird nach gewissen Kriterien ausgerechnet und dann gibt es in regelmäßigen Zeitpunkten Überprüfungen und entsprechend kommt es immer wieder zu Neuzusammensetzungen der Indizes, entsprechend der neuen Gewichtung, die die Unternehmen dann da mit sich bringen.
Joel Kaczmarek: Dirk, jetzt mal ein bisschen flapsig gefragt, ist das ein bisschen wie so eine Liga, dass wenn ich sozusagen weit hoch aufsteige, dass es für mich auch attraktiv ist, wenn ich in so einem Indizee quasi möglichst weit oben bin? oder ist das nicht so?
Dirk Weyherhäuser: Doch, das ist schon wie eine Bundesliga sozusagen, weil man schon dann in dem Konzert der Großen im DAX mitspielt und es eben dann viel mehr Investoren gibt und genauso ist es. Im Umkehrschluss schlimm für die Unternehmen. oder viele fürchten sich, wenn sie in dem Ranking etwas runterrutschen, dass sie dann rausfallen könnten, weil dann eben die Aufmerksamkeit etwas nachlässt. oder die, die eben den Index nachbilden, dann den Nachrücker kaufen würden und den Wert, der rausfällt, verkaufen.
Joel Kaczmarek: Ich habe jetzt viele Internetguys, die uns zuhören. Wir können mal so ein bisschen Recap von diesem Scale-Segment machen. Ist das was, was ihr als funktionabel wahrnehmt, wenn es sozusagen auf junge Unternehmen geht, die vielleicht noch nicht Prime-fähig sind, aber sozusagen Börseninteresse hegen?
Nicole Maares: Wir bewerten das Segment als sehr positiv, ziehen natürlich diese Bewertung auch aus der Resonanz der Unternehmen heraus, die sie uns mitgeben. Unternehmen, die noch nicht nach IFRS bilanzieren, aber Kapitalbedarf haben und die Börse als Weg sehen dafür, können mit HGB Reporting an die Börse gehen und brauchen nicht den Aufwand zu betreiben, alles auf IFRS umzustellen. Das ist ein maßgeblicher Vorteil auch für das Segment, für kleinere und mittlere Unternehmensgrößen.
Joel Kaczmarek: Vielleicht ist ja Nicole auch ein kleines bisschen biased, wenn sie jetzt den Scale einordnet, weil als Betreiber dessen ist man ja vielleicht nicht mal hyperneutral. Du hast mit Unternehmen viel zu tun. Wie nachgefragt ist denn das bei den Unternehmen, in den Scale zu kommen? Ist das eher so ein bisschen, dass man sagt, oh, das ist ja irgendwie so die kleine Schwester. oder ist das wirklich so, dass man sagt, oh, wow, ist ja eine tolle Chance, wir haben Kapitalbedarf und sind immer noch nicht so weit, dass wir primetauglich sind?
Dirk Weyherhäuser: Also es hängt auch sicher von der Größe des Unternehmens ab. Wenn es schon sehr groß ist, auch über eine sehr große Market Cap und Platzierung nachdenkt und schon IFRS hat, werden die meisten sich für den Prime Standard entscheiden. Wenn es aber sich um ein kleineres Wachstumunternehmen handelt, dann ist es durchaus auch attraktiv, eben ein Einstiegssegment zu haben und das soll ja der Scale sein, wobei man sagen muss, dass er schon auch, ordentliche Transparenzanforderungen hat und nicht sozusagen als Einstiegssegment mit sehr geringen Anforderungen zu sehen ist.
Joel Kaczmarek: Also ist jetzt mal nicht verpönt, höre ich daraus?
Dirk Weyherhäuser: Nein, auf keinen Fall.
Joel Kaczmarek: Wie ist das generell? Gibt es irgendwie in Bezug auf die Branche, sage ich eigentlich mal, gewisse Anforderungen an die Börsensegmente? Wir haben ja überhaupt nicht über sowas geredet. Das ist ja jetzt eigentlich latent egal, ob ich jetzt ein Softwareunternehmen bin oder ein Chemiehersteller oder Waren verkaufe. Gibt es da sozusagen Einschränkungen, wenn ich mir Börsensegmente angucke, je nach Branche oder bestimmte Anforderungen oder ist das homogen?
Nicole Maares: Die Segmente Scale und Prime Standard sind beide Sektoren neutral. Wir haben zum Beispiel in Scale Finanzdienstleister genauso wie Industrie- und Softwareunternehmen, die darin gelistet sind.
Joel Kaczmarek: Was ist bei euch die Klientel? Welche Unternehmensarten von den Branchen her interessieren sich stark für Scale?
Dirk Weyherhäuser: Auch ganz unterschiedlich. Es sind schon sehr stark Wachstumsunternehmen, also klassische Chemieunternehmen eher seltener, weil sie entweder doch deutlich größer sind schon oder eben nicht so wachstumsstark. Es sind in letzter Zeit sehr stark IT, Software, Hightech-Unternehmen.
Nicole Maares: Ein Beispiel für einen Industriebetrieb, das ist Ibotec. Das ist ein Unternehmen, was sich spezialisiert hat auf die thermische Behandlung von Materialien.
Joel Kaczmarek: Okay, also man merkt auch richtig handfestes Handwerk, also wo richtig, also wir sind ja in einer virtuellen Branche oft mit Software, sondern aber auch wenn ich sozusagen richtig fertige und mich mit solchen Themen beschäftige, dann ist so ein Scale für mich interessant.
Dirk Weyherhäuser: Ja, also es spricht nicht gegen Fertigung, es muss nur, dann ist es häufig irgendwo ein neues Geschäftsmodell oder neue technologische Verfahren oder Produkte.
Joel Kaczmarek: Liebe Nicole, auch wenn das immer so ein schmerzhaftes Thema ist, was ist da sozusagen aber so die Veränderung bei Scale im Vergleich zu dem, was in der Vergangenheit lag? Also als Internet-Guy ist man ja noch so ein neuer Markt. oder jetzt habt ihr, haben wir auch gesagt, der Entry-Standard wurde abgelöst. Was ist denn sozusagen neu und verbessert an Scale? Was sind Learnings, die da reingeflossen sind? Was habt ihr dort anders gemacht?
Nicole Maares: Wir stellen mit Scale, mit seinen Regeln sicher, dass die Information an die Investoren erfolgt. Dann haben wir bei der Deutschen Börse ein Netzwerk von Kapitalmarktexperten. Das sind die Deutsche Börse Capital Market Partner. Diese Experten kommen aus unterschiedlichen Fachbereichen. Das sind Banken, das sind Wirtschaftsprüfer, aber auch Legal Advisors. Und es ist für ein Scale-Unternehmen verpflichtend, dass ein Capital Market Partner an der Seite steht. Bei der Einbeziehung prüft ein Capital Market Partner. Partner die Einbeziehung, aber auch bei der fortlaufenden Betreuung muss ein solcher an der Seite stehen und das Unternehmen begleiten.
Joel Kaczmarek: Wie nimmst du das so wahr?
Dirk Weyherhäuser: Ja, wir sehen das genauso. Wir sind ja selbst auch Capital Markets Partner und betreuen die Unternehmen dann eben bei der Einbeziehung. Das heißt, wir müssen auch schauen, dass die Kriterien erfüllt sind und müssen die notwendigen Informationen an die Börse geben und auch Bestätigungen abgeben, dass wir uns das angeschaut haben und begleiten dann eben die Unternehmen, wenn sie gelistet sind, auch beratend weiter.
Joel Kaczmarek: Findest du es stärker als alles, was bisher da war?
Dirk Weyherhäuser: Ja, von den Anforderungen ist es sicherlich stärker. Es werden auch die Capital Markets Partner stärker einbezogen in die Prüfung und Auswahl und Vorbereitung.
Nicole Maares: Also wir sehen, dass auch Scale-Unternehmen, wie wir das auch geplant haben, sich weiterentwickeln und von dem Scale-Segment ein Upgrade in den Prime-Standard wahrnehmen. Das ist zum Beispiel Core-State und Grand-City-Properties.
Joel Kaczmarek: Was kostet es eigentlich, eine IPO im Bereich Prime-Standard zu vollziehen und was im Bereich Scale?
Nicole Maares: In dem regulierten Markt? bei der Zulassung in den Prime-Standard sprechen wir von Gebühren. Dort beträgt die Einführung 2.000 Euro und dann gibt es eine fortlaufende Notierungsgebühr, die ich jährlich entrichten muss. Die ist einmal 15.470 Euro. Dazu kommt noch eine Variable, die sich in Abhängigkeit von der Marktkapitalisierung errechnet. Das ist aber maximal 77.000 Euro, die dann im Jahr anfallen. Im Scale wird ein Einbeziehungsentgelt fällig und beträgt mindestens 20.000 Euro. Die Variable in Abhängigkeit von der Marktkapitalisierung beträgt maximal 69.000 Euro insgesamt. Das Notierungsentgelt im Scale beträgt 5.000 Euro pro Quartal.
Joel Kaczmarek: Okay, verstanden. Jetzt hätte ich ja abschließend gerne nochmal so eine kleine Einschätzung von euch, dass man vielleicht mal zusammen verfasst oder runter bricht, wann ist es für mich interessant, im Primestandard zu sein und wann ist es für mich interessant, eher ein Scale-Mitglied zu werden?
Dirk Weyherhäuser: Wenn ich eine entsprechende Größe habe vom Unternehmen, vom Umsatz, von der Bewertung, sodass ich auch eine große Marktkapitalisierung erwarte, die dann auch sehr stark für internationale Investoren interessant ist oder Voraussetzung zum Teil auch ist, dann ist sicherlich der Prime Standard für mich das interessantere Segment, weil ich mir dort alle Investorengruppen offen halte. Während im Scale, da habe ich wahrscheinlich schon auch eine gute Aufmerksamkeit, weil es eben für kleinere Unternehmen ist. Vielleicht etwas unter, aber es gibt eben eine etwas eingeschränktere Investoren-Community.
Joel Kaczmarek: Darf ich da mal ein bisschen ketzerisch noch nachfragen? Wenn ich jetzt ein Unternehmen bin, dass sich all diese Pflichten auferlegt, also die ganzen Transparenzgeschichten, die wir gesagt hatten, die Buchhaltungspflichten und so weiter und so fort, auch die ganzen Kosten. Tue ich mir denn wirklich damit einen Gefallen, wenn ich in ein Segment gehe, was jetzt mit den 634 Millionen im Vergleich zu den 32,5 Milliarden von Prime ein eher sozusagen gering liquides oder geringer liquides Segment vor mir habe? Also wäre es da nicht eigentlich sinnvoller zu sagen, ich warte noch ein bisschen, entwickle mich weiter und versuche dann in den höheren Standard zu kommen, weil da auch mehr gehandelt wird?
Dirk Weyherhäuser: Ja, aber vielleicht brauche ich doch jetzt schon die Kapitalisierung, um mich weiterzuentwickeln und dann kann das eben schon interessant sein, dort ein Einstiegssegment zu haben.
Nicole Maares: Was wir von Unternehmen hören, ist, neben der Ansprache von Investoren, was jetzt die Wahl des Segmentes angeht, und wir haben ja eben von Prime-Standard gesprochen, durchaus auch die Wirkung gegenüber Geschäftspartnern ist. So kann es sein, dass Lieferanten, aber auch Kunden im Ausland auch sagen, wie ist eure Transparenz, ich muss darüber Informationen erhalten, damit wir zusammen in Geschäftsbeziehungen treten können. Und das ist durch die Erfüllung der Folgepflichten im Prime-Standard dann gegeben.
Joel Kaczmarek: Also sagst du, es hat auch nochmal einen Signaling-Effekt in die Branche rein?
Dirk Weyherhäuser: Ja, auch im täglichen Geschäft, glaube ich, ist Börsennotiert immer noch ein Qualitätssiegel sozusagen, dass man denkt, oder dass die Kunden und die Wettbewerber und die Lieferanten den Eindruck gewinnen, das ist ein wirklich gut organisiertes und zuverlässiges Unternehmen, was auch reportet und wo ich gewisse Transparenz dann eben auch habe, abseits der Börse.
Nicole Maares: Wir lassen ja die kleinen Unternehmen in Scale jetzt nicht alleine und sagen, naja, ihr habt dann vielleicht nicht so den Zugang zu großen Investoren. Die Deutsche Börse hat eine ganze Reihe von Services, die insbesondere beim Being Public, bei der Kommunikation mit dem Kapitalmarkt, die Unternehmen unterstützen. Und wir bringen sie mit Investoren zusammen. Das passiert nicht nur auf unseren Handelssystemen, sondern auch auf Konferenzen, die wir selber organisieren. So führen wir Scale-Unternehmen zusammen. In Europa, in die Städte, nach London, nach Paris. Wir bringen sie in Kontakt mit Investoren. In Madrid steht dieses Jahr auf dem Programm. Aber genauso veranstalten wir große Konferenzen, wo sie sich präsentieren können, ihre Analystenkonferenz abhalten können. Wir haben im Herbst, im November Jährlich das dreitägige Eigenkapitalforum. Dort finden über 4000 One-on-One-Gespräche statt und auch dort sind fast alle Scale-Emittenten vertreten, kommen mit Investoren in Kontakt und können da die Kommunikation pflegen.
Joel Kaczmarek: Also ich lerne, ihr helft nicht nur beim Going Public, sondern auch beim Being und Staying Public sozusagen.
Dirk Weyherhäuser: Ja, die Konferenzen sind das eine, aber auch die Banken machen natürlich nach dem Börsengang nicht Schluss, sondern begleiten das Unternehmen weiter und veröffentlichen regelmäßig Research zu den Unternehmen und veranstalten auch Roadshows überall in Europa, um eben die Unternehmen dann auch wieder bei den Investoren zu präsentieren.
Nicole Maares: Weil du, Joel, die Liquidität angesprochen hast in Scale, haben wir ja gehört, das adressiert unter anderem auch Privatanleger. Da bieten wir den Scale-Unternehmen eine Zeichnungsfunktionalität an und ermöglichen so, dass Privatanleger über ihr Online-Depot Aktien vorbörslich, vor Handelsstart dieser Unternehmen zeichnen können und damit auch als Anteilseigner mit ins Buch kommen.
Joel Kaczmarek: Wie wird das angenommen?
Nicole Maares: Das ist für die Scale-Unternehmen verpflichtend und es wird stark angenommen, weil es auch eine Diversifikation in der Investorenstruktur bietet. Neben den großen Institutionellen auch einen Retail-Anteil zu haben, ist sehr wichtig, weil das so ein bisschen die mögliche Volatilität herausnimmt, insbesondere bei kleinen Werten.
Joel Kaczmarek: Letzte Frage. Was mich ja immer so ein Stück weit interessiert, ihr habt ja mit der deutschen Börse, auch dieses deutsche Börse-Venture-Network, geht mir jetzt gar nicht darum, hier irgendwie Werbung sozusagen euch abzufeiern, sondern es ist mein persönliches Interesse, mal das zu verstehen. Ist das so eine Self-fulfilling-Prophecy, die wirklich funktioniert? Also geht das für euch auf, dass ihr ein Netzwerk bildet mit Investoren und mit Unternehmen und konvertiert das quasi wirklich in Börsengänge, zum Beispiel in dieses Scale-Segment? Also habt ihr da Bewegung gesehen in Ja, das haben wir.
Nicole Maares: Also das Deutsche Börse Venture Network, das haben wir ja vor gut drei Jahren gegründet und bieten nicht börsennotierten Unternehmen die Möglichkeit, Finanzierungsquellen zu finden über Venture Capital Firmen, Private Equity Firmen und weitere. Und wir helfen diesen Unternehmen, das sind meistens Startups. sich zurechtzufinden in dieser Finanzwelt. Wir trainieren sie. Wir bereiten allerdings auch eine IPO-Readiness vor. Wer das möchte, kann das wahrnehmen über Executive Trainings. Und ja, wir sind da sehr positiv. Wir haben da schon einige Börsengänge aus dem Bereich gesehen. Dazu gehören Delivery Hero. Im letzten Jahr haben wir Home24 gesehen. Oder auch ein Industrieunternehmen wie Vacutech war vorher Mitglied im Deutsche Börse Venture Network.
Joel Kaczmarek: Und glaubst du, dass das ein Katalysator ist, das Network? Oder wären die eh an die Börse gegangen und haben das sozusagen einfach on top mitgenutzt?
Nicole Maares: Der Weg an die Börse, der wird im Unternehmen diskutiert und der wird mit Partnern diskutiert. Dadurch, dass wir sehr frühzeitig in Kontakt mit Unternehmen kommen, zeigen wir die Optionen auf, zeigen die Möglichkeiten auf und helfen, den Weg dorthin zu gehen. Letztlich liegt es dann auch an den Banken, die beratend tätig sind und an der Bewertung, die ein Unternehmen hat.
Joel Kaczmarek: Was ich daraus lerne ist, ihr macht im Prinzip Aufklärung zur Transparenz und sozusagen zeigt Optionen eigentlich auf. Also ein bisschen Mut zur Selbsthilfe, ihr helft quasi zu verstehen.
Nicole Maares: Letztlich ist der Weg der Finanzierung und damit jetzt zum Beispiel, was ein Startup-Unternehmen angeht, ist es eine strategische Entscheidung, welchen Weg ich dann gehe. Und der Exit über die Börse ist einfach eine Option. Daneben steht vielleicht auch ein Trade. Das muss man dann gemeinsam sehen. Wir zeigen auch, was für Möglichkeiten vorhanden sind. Oft ist die Meinung, dass wenn ich an die Börse gehe, bin ich nicht mehr Eigentümer des Unternehmens. Das ist ja überhaupt nicht der Fall. Ich kann das über meine Anteile entsprechend regeln oder über die Strukturen. und weiterhin die Geschicke des Unternehmens leiten. Ich muss das nicht abgeben, aber es ist auch so, dass vielleicht mehrere über verschiedene Finanzierungsrunden hinweg mehrere Investoren investiert sind. Manche wollen raus, manche wollen noch weiter investiert bleiben. Und auch da bietet die Börse Möglichkeiten für verschiedene Exit-Strategien der einzelnen Anteilseigner.
Dirk Weyherhäuser: Es ist einfach auch der Versuch der Börse, die Unternehmen etwas früher abzuholen und nicht hier in Eschborn zu sitzen und zu warten, bis Unternehmen auf die Idee kommen, ich will jetzt an die Börse, sondern den Markt auch vor dem Börsengang so ein bisschen mit zu betreuen.
Joel Kaczmarek: Gut, vielleicht kommen wir heute auch ein bisschen auf. Aufklärung leisten, ja, rund um das Thema Börsensegment. Das ist nicht ganz einfach, merkt man, glaube ich. Man muss schon ein bisschen eintauchen und da sind auch mal Formalia drin. Aber ich glaube, eigentlich ganz spannend, das mal zu verstehen in der Tiefe. So, und wir haben auch gelernt, also wenn man das noch, noch tiefer verstehen will, kann man Teil des Deutsche Börse Venture Networks werden. oder bei Hauk und Aufhäuser freut euch sicherlich auch, wenn der ein oder andere aktiv auf euch zukommt, richtig?
Dirk Weyherhäuser: Klar, da stehen wir natürlich auch für Fragen zur Verfügung.
Joel Kaczmarek: Gut, dann danke ich euch ganz herzlich und bin mal gespannt, wie so die Resonanz ist und freue mich schon auf das nächste Mal zu einem spannenden Börsenthema. Danke euch. Vielen Dank. Vielen Dank.
Dirk Weyherhäuser: Hey! Hey! Hey!
Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um Börsengänge: Unsicher auf dem Börsenparkett? Nicht mit uns! Gemeinsam mit unterschiedlichen Expert:innen der Deutschen Börse spricht Joel regelmäßig über alles rund um die Themen Börse, Börsengang und späte Finanzierungsphase (pre IPO).