Family, Tech, IPO: Wie passt das zusammen?

17. Dezember 2020, mit Joel Kaczmarek

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Joel Kaczmarek: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen Road to IPO Podcast von Digitalkompakt. Mein Name ist Joel Kaczmarek und heute geht es um das Thema Family, Tech, IPO. Wie passt das zusammen? Sprich, wir werden darüber reden. Börsengänge assoziiert man ja sehr, sehr oft mit großen, bisschen anonym geführten Unternehmen. Und was ist eigentlich, wenn ich ein Familienunternehmen bin und mir aber die Frage stelle, wie für mich der nächste Wachstumsschritt aussehen könnte? Und ich glaube, es ist auch für viele Startups interessant, weil es bei Startups ja ganz oft auch, wenn sie dann zu Grownups werden, um das Thema Kultur geht und wie sich so eine Kultur verändert. Da möchten wir heute mal ein bisschen Aufklärungsarbeit schaffen. Und wenn ich sage wir, dann sind das heute mal drei Gentlemen. Und zwar neben mir. zum einen der liebe Stefan Weiner. Stefan ist Managing Director bei JP Morgan. Seit 21 Jahren ist er beim Unternehmen, wenn ich das richtig mitgeschnitten habe. Ist dort vor allem für Kapitalmarktemissionen in Nordeuropa verantwortlich. Sieht sich so ein Stück weit als das Bindeglied zum Markt und wird uns ganz viel Basic-Wissen auch mal mitgeben können. Was passiert eigentlich, wenn ich IPO-e? Wie ist der Prozess dahin? Wie ist der Prozess danach? Also eine Bank ist ja ein Stück weit oftmals ein Bindeglied. So, aber mehr sagt er gleich mal selber. Vorher sage ich noch zwei Sätze zum lieben Martin Link. Der ist nämlich IR-Manager bei der Bechtle AG. Er ist seit 15 Jahren bei Bechtle, also das ist ein so lange schon börsennotiertes Unternehmen, dass man auch dazu sagen muss, Martin war nicht dabei, als sie ge-IPO'd haben, ja, also er hat schon eine extrem lange Historie, 15 Jahre, glaube ich, in Startup-Jahren sind so mal sieben, wie Hundejahre rechnet man ja eigentlich, da wäre das schon über ein Jahrhundert, aber er ist natürlich durch seine Rolle im Bereich Investor Relations eng an dem ganzen Thema dran, auch eng am Vorstand, dem CEO. Weil als IT-Systemhaus, was wie gesagt als Familienunternehmen daherkommt, ist das alles sozusagen noch manchmal auf sehr gut überschaubaren Bahnen und deswegen für uns sehr, sehr wertvoll anzuzapfen. So, das ist mein langer Monolog zum Anfang. Ihr Lieben, schön, dass ihr da seid, aber vielleicht gebt ihr auch nochmal selber ein bisschen was zu euch ab, was ihr so tut. Stefan, ich habe mit dir eben angefangen, machen wir bei dir jetzt auch mal den Beginn. Also sag vielleicht auch nochmal ein, zwei Sätze zu dir und schön, dass du da bist.

Stefan Weiner: Ja, vielen Dank. Vielen Dank für die Einladung und freue mich sehr, hier da zu sein. Kurz zu meiner Person nochmal, wie gesagt, relativ lange bei JP Morgan in unterschiedlichen Rollen, teilweise das zu die Card Desk, also wirklich der direkte Ansprache mit Investoren geleitet, jetzt eben Kapitalmarktgeschäft für Nordeuropa und wir sehen uns so ein bisschen als Bindeglied von Unternehmen mit dem Markt im Sinne, von wenn Unternehmen an die Börse gehen wollen, also im Rahmen eines IPOs, aber auch im Rahmen von Finanzierungen für bereits börsennotierte Unternehmen, vor allem im Equity, aber auch im Equity-Link-Bereich, also ob das jetzt Aktien sind oder Wandelanleihen. Wir machen auch sehr viel, sage ich mal, Nachbetreuung. Es geht ja auch darum, dass wenn ein Unternehmen an die Börse geht, dass hier weiterhin neue Investoren gefunden werden, neue Investoren angesprochen werden. Und hier haben wir ja auch ein eigenes Team, der sich eben mit Corporate Access, Trading und Sales beschäftigt, die dann quasi nach einem Börsengang solche Unternehmen übernehmen und hier langfristig weiter betreuen.

Joel Kaczmarek: Sehr gut. Und lieber Martin, du musst, glaube ich, neben deiner Rolle auch mal erzählen, was Bechtle eigentlich so macht. Das ist vermutlich gar nicht so einfach zu erklären. Es gibt ja manchmal so Firmenkonstrukte, die kannst du auf der Cocktailparty im halben Satz erklären. Wir verkaufen Schuhe übers Internet und dann gibt es andere, die sind ein bisschen anspruchsvoller. Da zählt ihr wahrscheinlich auch zu. Deswegen sag doch auch mal ein bisschen was zu dir. Schön, dass du da bist und natürlich aber auch zu Bechtle.

Martin Link: Ja, sehr gerne. Also auch vielen Dank für die Einladung. Ja, Bechtle ist ein IT-Systemhaus. Als ich mich hier vor 15 Jahren beworben habe, habe ich das auch noch googeln müssen, weil ich dachte, oh Gott, wo komme ich da eigentlich hin? Was erwarten die von mir? Was machen die eigentlich? Also IT-Systemhaus bedeutet, wir kümmern uns um die IT-Systeme unserer Kunden. Anders gesagt, wir sind ein handeltreibender Dienstleister. Das heißt, bei uns, bei Bechtle kann man wirklich die Ware beziehen, Hardware und Software und dann aber auch jede Dienstleistung herum. Also jetzt beispielsweise die Installation der Geräte, was jetzt eine einfachere Dienstleistung wäre. Aber es geht auch bis zum Komplettbetrieb der IT, was wir als Systemhaus übernehmen können. Und ganz kurz noch mal zu meiner Person, da hast du aber im Prinzip schon alles gesagt. Seit 15 Jahren bin ich jetzt bei Bechte, bin für Investor Relations hier zuständig. Wir sind ein recht kleines Team, vor allem wenn man bedenkt, dass Bechte seit zwei Jahren jetzt im MDAX ist. Das mag auch Ausfluss der Tatsache sein, dass wir eben noch eher als familiengeführtes Unternehmen daherkommen, aber da können wir sicherlich später noch ein bisschen genauer was dazu sagen.

Joel Kaczmarek: Gut, wir können ja mal beginnen mit dem Thema Börsengang per se und auch so dem ganzen Listing-Venue Frankfurt. Also ich meine, wir haben ja hier die Deutsche Börse auch als Partner, das darf man ja fairerweise auch sagen. Das heißt, die beschäftigt natürlich immer auch, wie kriegt man Börsengänge in Frankfurt hin, was bietet sich da an? oder warum ist das attraktiv? Und ich würde gerne mal mit dir beginnen, lieber Stefan, weil du begleitest das ja sehr, sehr oft. Vielleicht können wir mal den Anfang machen, indem du mir mal skizzierst, welche Rolle spielt JP Morgan eigentlich bei so einem IPO und dann hangeln wir uns auch mal so rüber, wie funktioniert das? oder wie oft hast du auch den Fall, dass ein Familienunternehmen diesen Gang mit euch geht?

Stefan Weiner: Ich glaube, die Rolle der Investmentbank im Rahmen des IPO-Prozesses ist eigentlich sehr, sehr breit. Wir versuchen hier umfassend das Unternehmen eben für den Kapitalmarkt vorzubereiten. Und da gibt es drei, vier Schritte, die hier aus unserer Sicht besonders wichtig sind. Das ist in erster Linie mal die Equity Story zu definieren und zusammenzufassen. Was ist die Equity Story? Equity Stories sind wirklich die wichtigsten Investmentfaktoren, die eben das Investment in der Firma interessant machen. Wir arbeiten hier sehr nah mit unseren Industriekollegen zusammen, um hier, sage ich mal, den Pitch, den wir den Investoren dann vortragen, zusammenzustellen. Der muss natürlich kredibel sein, der muss überzeugend sein, der muss aber auch erreichbar sein, weil langfristig nur Unternehmen am Kapitalmarkt erfolgreich sind, die ihre Ergebnisse, die sie versprechen, liefern, aber idealerweise sogar leicht übertreffen. Ich glaube, der zweite Punkt, wo wir sehr aktiv sind, ist die Investorensuche. Es gibt ja hier eine sehr, sehr große Anzahl von Investoren, die hier in einem IPO in Frage kommen. Also die Auswahl, die Ansprache und auch der Prozess, wie die angesprochen werden. im Rahmen eines mehrstufigen Prozesses, suchen wir hier so die Top 20 bis 30 Investoren heraus, die also hier die größten Orders in so einem IPO darstellen. Und der letzte Punkt ist das sogenannte Bookbuilding. Das heißt, wenn dann die Orders von den Investoren auch hineinkommen, wir die in unserem Orderbuch sammeln, dann geben wir hier eine Empfehlung zum Pricing des IPOs, aber auch zur jeweiligen Zuteilung zu den Investoren auf Basis von einigen Kriterien, eben Langfristigkeit, Verständnis der Gesellschaft, Nachmarkt, Kauffähigkeit, um hier also sicherzustellen, dass idealerweise der Nachmarkt auch stabil bleibt und hier weiteren Interesse ist. Und das letzte Punkt, sicherlich noch in unserer Rolle, ist die Nachbetreuung. Also unsere Aufgabe ist mit dem IPO nicht beendet, sondern es geht auch weiterhin auf der Trading-Seite, dass wir die Aktie handeln oder dass der Research Analyst Reports schreibt, um einfach sicherzustellen, dass für eine Gesellschaft auch nach einem Börsengang hier weiterhin gutes Interesse am Kapitalmarkt und von den Investoren besteht und auch eben Nachfrage in der Aktie vorhanden ist.

Joel Kaczmarek: Gut. Und wie oft habt ihr diesen, wie du sagst, vielschichtigen Prozess oder umfangreichen Prozess schon für Familienunternehmen betreut? Also, dass Familienunternehmen an die Börse gehen?

Stefan Weiner: Ja, also wie gesagt, der Anteil von Familienunternehmen bei Börsengängen ist vielleicht ein bisschen kleiner. Wir haben aber, glaube ich, in Deutschland in den letzten Jahren, auch wie zum Beispiel doch Knorr Bremse, sehr erfolgreiche Familienunternehmen gesehen, die Die an die Börse gehen. Der Prozess ist, sage ich mal, ähnlich, wobei, wie gesagt, viele Unternehmen, auch gerade Familienunternehmen, durchaus sehr positiv sehen. Warum? Hier geht es, glaube ich, um die Langfristigkeit, die in der Denkweise sich auch widerspiegelt. Also Familienunternehmen denken ja oft nicht in Jahren, sondern in Jahrzehnten. auch quasi die Möglichkeit hier, dass wenn ein Familienunternehmen an die Börse geht, hier die Möglichkeit ist, ein Management externes, also nochmal langfristig an sich zu binden und hier also die, sage ich mal, eher seltene Möglichkeit geboten wird, in so einem Familienunternehmen zu investieren. Was interessant ist, dass einige der großen Investoren auch sehr gerne mit den Eigentümern oder mit der Eigentümerfamilie sprechen wollen. Das versuchen wir dann im Rahmen eines solchen Börsengangs, auch wenn die Familienmitglieder nicht unbedingt aktiv im Management sind, darzustellen. Das heißt, es gibt ja sicherlich Anfragen, auch nicht nur mit dem Management zu sprechen, sondern auch mit den Eigentümern, um diese Langfristigkeit, diese langfristige Vision, die besteht, auch besser zu verstehen und hier sicherzustellen, dass die Interessen konkurrent sind.

Joel Kaczmarek: Martin, wie geht es denn dir damit? Seit 15 Jahren bist du bei Bechtle, also IR, Investor Relations, ist quasi, wie sagt man denn, Brot- und Buttergeschäft, so heißt das, glaube ich. Wie nimmst du das denn wahr? Also wie ist denn zum Beispiel die öffentliche Wahrnehmung euch gegenüber? Ihr werdet ja oft mit wirklich privat gehaltenen Unternehmen gleichgesetzt. Merkst du irgendwie Unterschiede so im Daily Doing? Fühlt sich das irgendwie, ja, ist es sozusagen sehr tangibel oder ist das gar nicht so sehr anders?

Martin Link: Nee, ich denke, es ist schon anders, weil wir Andere Investoren ansprechen. Nicht zwingend, nicht zwangsläufig, aber Stefan hat ja gerade schon gesagt, dass die Perspektive bei familiengeführten Unternehmen normalerweise eine andere ist. Dass man eben eher langfristig plant. Und es gibt Investoren, die selber auch eher langfristig investieren wollen, die auch Werthaltigkeit und Wertsteigerung als großes Interesse legen. Wenn ich jetzt unser Aktionariat anschaue, dann sind es fast ausschließlich langfristig orientierte Investoren, die wir an Kredite, die von so einem Geschäftsmodell, wie jetzt eine Bechte es mitbringt, wo man eben natürlich auf Quartalszahlen schaut und auf Monatszahlen. Wir sind ein ganz normales Unternehmen. Dadurch müssen wir steuern und müssen uns ganz genau angucken, was läuft jetzt gerade. Aber wenn es um strategische Entscheidungen geht, dann ist es für ein Unternehmen, Unternehmen wie eine Bächte nicht so wichtig, wie werden die nächsten Quartalszahlen aussehen, sondern ist diese Entscheidung eine, die uns auf den Weg in die nächsten fünf oder zehn Jahre helfen und unterstützen wird. Also insofern, die eigentliche IR-Arbeit ist natürlich komplett die gleiche. Wenn ich jetzt aber anschaue, welche Investoren treffen wir, welche Investoren sehen wir, dann ist es schon ein bisschen anders, weil eben, wie gesagt, mehr langfristig Orientierte da dabei sind.

Joel Kaczmarek: Aber wie verträgt sich das mit den Wünschen der Anleger? Weil meistens ist ja so, börsengeführte Unternehmen sind ja immer wachstumsorientiert. Ich finde manchmal auch sogar ungesund wachstumsorientiert. Das heißt, es geht ja sehr oft darum, Dividenden auszuzahlen, Wachstum, Wachstum, Wachstum. Während man als Familienunternehmen vielleicht auch manchmal ein bisschen sozialer eingestellt ist. Das heißt, man überlegt mehr über Mitarbeiter, über Kultur. Man denkt darüber nach, Investments zu tätigen, die vielleicht langfristiger sind, als wie man sie tätigen würde, wenn man wirklich stark gewinnorientiert denkt. Ist das manchmal für euch auch Konflikt sozusagen mit euren Anlegern?

Martin Link: Also Konflikt würde ich nicht sagen, aber natürlich muss man da durchaus manchmal anspruchsvolle Diskussionen führen. Also jetzt nur mal als Beispiel, Rechte ist ein Wachstumsunternehmen, aber das hohe Wachstum, gerade auch in den letzten Jahren, hat mit sich gebracht, dass zum Beispiel gewisse Cashflow-basierte Kennzahlen oder Working Capital nicht so waren, wie es sich der Kapitalmarkt vorgestellt hat. Und da muss man eben in die Diskussion rein und muss begründen und erklären, warum ist das jetzt so, warum ist diese Zahl unter Druck, warum ist das trotzdem nicht so. Bedenklich, da ich ja gerade gesagt habe, dass die meisten Investoren ja auch schon länger bei Bechtle drin sind, kennen wir sehr viele und die kennen wiederum uns. Das heißt, diese Diskussionen sind dann nicht ganz so intensiv, weil wenn man eben weiß, welche Kulturen ein Unternehmen hat, wenn man weiß, dass ein Unternehmen über lange Zeit wirklich auch sich positiv entwickelt hat, gerade mit diesem langfristigen Horizont, dann muss man sich nicht mehr jede Zahl so genau anschauen. Aber wir haben natürlich auch Investoren-Erstkontakte. wo dann solche Gespräche sehr intensiv geführt werden. Aber das ist immer konstruktiv. Also das ist meine Wahrnehmung von unseren Investoren vom Kapitalmarkt. Man darf natürlich kritisch hinterfragen und den Vorstand und das Management durchaus dann auch herausfordern. Aber das ist ja auch gut so, dass wir hinterfragt werden, dass uns Entscheidungen hinterfragt werden, dass man eben hinterfragt, warum ist der Cashflow in der Wachstumsphase so stark unter Druck. Das kann man ja alles begründen und für sich selber nochmal genau nachvollziehen.

Joel Kaczmarek: Ich meine, um euer Wachstum auch mal in Zahlen zu fassen, es ist ja bei euch wirklich ganz plakativ, also ihr seid in dem Jahr gegründet worden, wo ich geboren bin, nämlich 1983. Und wenn man sich jetzt mal anguckt, das Wachstum seit dem Börsengang von irgendwie 100 Millionen D-Mark, die Vision 2000, zu 5 Milliarden Euro, der Vision 2020, also schon sehr signifikant gewachsen. Was waren denn die Faktoren? die diesen Erfolg oder die dieses Wachstum quasi befördert haben, die ihr vielleicht auch ganz besonders als Familienunternehmen habt. Und vielleicht kannst du ja auch mal so ein Stückchen beschreiben, also ich weiß, es ist immer blöd zu sagen, wie sich das anfühlt, aber wie diese Reise für euch so ausgesehen hat.

Martin Link: Also es gibt sicherlich zwei Faktoren. Der eine Faktor, das hast du gerade schon angesprochen, das sind diese Visionen. Die haben Bechtle im Prinzip seit Gründung begleitet. Visionen, die immer einen Zeitraum von zehn Jahren umfassen. 1990 gab es die Vision, wir wollen an die Börse gehen im Jahr 2000 und dann entsprechend auch einen Umsatz von mehreren Millionen Euro. Euro machen, von 100 Millionen. Und so gab es dann. nach der Vision 2000, gab es dann Vision 2010, 2020. Wir haben jetzt vor zwei Jahren die Vision 2030 ins Leben gerufen, die besagt, dass wir bis dahin dann einen Umsatz von 10 Milliarden Euro machen wollen. Das ist, das muss man verstehen, diese Vision, das ist nicht, dass wir dem Kapitalmarkt jetzt unsere langfristigen Ziele mitteilen wollen. Die nehmen das natürlich gerne auf und können das in ihre Modelle einarbeiten und können sich dann den Cager ausrechnen. Da geht es vielmehr darum, dass wir unsere Mitarbeiter motivieren und denen ganz klar ein Signal geben, einen Leitstand, da wollen wir hin. Und wir sind jetzt in der glücklichen Situation, dass Becht ein Unternehmen ist, das fast jedes Jahr neue Rekordzahlen hat, Rekordumsatz, Rekordergebnis. Da ist es fast schon menschlich, dass man sich dann nach Silvester sagt, so jetzt Haben wir aber ein gutes Jahr gehabt, jetzt nehmen wir uns mal ein bisschen zurück. Und mit dieser Vision kann man immer sagen, das war ein gutes Jahr, aber es war ja nur ein Schritt hin auf dem Weg zu unserer Vision, die sehr viel größer ist als das einzelne Jahr. Also das ist natürlich ein sehr wichtiger Punkt. Und der andere wichtige Punkt, und das ist ja auch ein Grund, warum ich heute hier sitze, war natürlich der Börsengang. Also ohne den Börsengang wäre diese Entwicklung von Bechtle so nicht möglich gewesen. Wir haben nach dem Börsengang in den nächsten Jahren einige größere Akquisitionen gemacht. Wir sind da wirklich nochmal sehr dynamisch gewachsen. Wären wir auch heute noch ein rein familiengeführtes Unternehmen, würden wir nicht über 5,5 Milliarden Euro Umsatz sprechen und nicht von 10 Milliarden, die wir 2013 ein Schritt, der zwingend notwendig war.

Joel Kaczmarek: Und wo du den Börsengang ansprichst, auch wenn du damals nicht dabei warst, kannst du irgendwie rekapitulieren, warum ihr euch damals für Frankfurt entschieden habt, was da die ausschlagenden Gründe waren?

Martin Link: Ja, also zum einen war damals Bechte noch nicht so international, wie wir es heute sind. Wir sind auch heute noch in einem Segment mit den Systemhäusern in der DACH-Region, Deutschland, Österreich, Schweiz tätig. Im reinen Handelssegment sind wir in 14 Ländern Europas. Da gab es überhaupt keine Diskussion damals darüber, wo man sonst hingehen sollte. Auch weil man schon im Vorfeld, sagen wir mal, ein Gefühl dafür hatte, dass wir über Frankfurt genügend Investoren ansprechen können und dass die langfristig orientierten Investoren, die zu Bechte passen und die wir schon damals verstärkt ansprechen wollten, dass wir die auch am Börsenplatz Frankfurt ohne Probleme nicht nur international, sondern auch international erreichen können. Und du hattest vorhin noch kurz gefragt, die Reise dahin, das ist, also vor 15 Jahren, als ich angefangen habe, da waren wir im Tech-Tax, da haben wir gerade mal einen Milliardenumsatz gemacht. Ich Ich sage es hier intern immer wieder, wie faszinierend ich es finde, dass wir mittlerweile zu den 50 größten Unternehmen Deutschlands gehören. Wir sind im MDAX gelistet. Das ist Wahnsinn, wenn man darauf zurückkommt, wo wir herkommen. 1983 gegründet als Ein-Mann-Unternehmen und dann eben jedes Jahr ein neuer Schritt, ein neues Wachstum und das Ganze Und trotzdem, also das Ganze mit der Kultur, die wir nach wie vor haben, wir sehen uns ja immer noch als eher familiengeführtes Unternehmen, werden ja häufig so charakterisiert, dass es heißt, ja Mensch, was macht ihr eigentlich an der Börse? Ein Bächte, so wie es heute ist, wäre nicht denkbar ohne diesen Schritt, den wir damals im Jahr 2000 gemacht haben und die ganze Reise, die sich dann daran angeschlossen hat.

Joel Kaczmarek: Ist ja eine gute Überführung. zum Thema Post-IPO und Kapitalmarkt insgesamt. Was hat sich denn seit dem Börsengang verändert? Also vielleicht auch, was hilft dabei? Also wo half der Börsengang ganz konkret? Also was wie Kundenbeziehungen könnte ich mir vorstellen, haben sich dadurch verändert. Aber was kam denn sonst noch bei euch so aufs Tapet?

Martin Link: Ganz klar, die ganze Geschichte, was man halt als IR nach einem Börsengang machen muss, verstärkt Roadshows mit dem Kapitalmarktreden, Geschäftsfreitag, darüber reden wir jetzt nicht, das ist eh klar. Das hat sich verändert und dadurch, dass wir jetzt im MDAG sind und zu den 50 größten börsennotierten Unternehmen in Deutschland gehören, ist natürlich unsere Aufgabe auch damit gewachsen. Wir haben deutlich mehr Anfragen, auch internationale Anfragen. Wir haben eine Market Cap, eine Marktkapitalisierung von über sieben Milliarden. Aber das ist alles normal. Was uns wirklich erstaunt hatte, das war zu sehen, wie hoch die Wahrnehmung von Bechte als börsennotiertes Unternehmen bei unseren Kunden und Mitarbeitern gewesen ist. Das hätten wir so überhaupt nicht erwartet, dass für die Mitarbeiter im ersten Schritt, die Entwicklung des Kurses enorm wichtig war. Und man muss dazu sagen, wir haben keine Mitarbeiterbeteiligungsprogramme. Also die Mitarbeiter sind jetzt nicht in der Mehrzahl an Bechte beteiligt, sondern die verfolgen das trotzdem sehr genau. Was passiert mit Bechte? Wie werden wir am Kapitalmarkt wahrgenommen? Was wird über Bechte, über die Bechte Aktie geschrieben? Und wirklich sehr erfreulich, auch bei den Kunden wird es sehr positiv wahrgenommen. Also vor zwei Jahren wurden wir in Emdax aufgenommen, gab es von Kapitalmarktseite Ja, ein leichtes Schulterzucken, was auch okay war. Die Kunden waren es, die hier angerufen haben, Mensch, super, dann wächst jetzt im MDAX, das ist ja eine tolle Entwicklung. Also die waren mit uns stolz, was ihr IT-Partner für eine tolle Entwicklung durchmacht. Und da muss man natürlich auch sehen, unsere Kunden binden sich zum Teil über mehrere Jahre an ihren IT-Partner. Die wollen wissen, wie Solide ist dieses Unternehmen, ist der wirklich auch in vier oder sechs Jahren noch da. Und da ist es hilfreich, dass wir eben aufgrund der Börsennotierung alle unsere Zahlen veröffentlichen müssen. Also man kann sich bei uns die Bilanz anschauen, da sieht man die Eigenkapitalquote, da sieht man die Liquidität. Das ist jetzt bei einem nicht börsennotierten Unternehmen nicht immer so leicht, weil die Zahlen auch häufig dann doch mit ein bisschen Zeitversatz kommen. Also das hat uns ganz stark geholfen in den Kundenbeziehungen, aber auch beim Employer Branding, dass wir börsennotiert sind.

Joel Kaczmarek: Und bei einem Familienunternehmen hätte ich ja eigentlich gerade gedacht, dass man so dieses Asset der Börse, nämlich einen ESOP, also ein Mitarbeiterbeteiligungsprogramm aufzusetzen und die Mitarbeiter an dieser Wertschöpfung teilhaben zu lassen, ausnutzt quasi, dass man diese Option zieht. Gibt es einen Grund bei euch, dass ihr davon keinen Gebrauch macht?

Martin Link: Ja, also es gibt einmal einen historischen Grund. Wir sind ja im März 2000 an die Börse gegangen, also wirklich gerade noch bevor die Blase geplatzt ist. Und damals hatte man doch wirklich ein Mitarbeiterbeteiligungsprogramm geplant gehabt, hat es auch aufgesetzt. Und dann ist aber eben der Ausgabekurs von 27 Euro doch relativ schnell unter Druck gekommen. Und dann war das über die nächsten Jahre, dass dieses Beteiligungsprogramm, Beteiligungsprogramm überhaupt keine Resonanz gefunden hat. Und dann hat der damalige Vorstand gesagt, okay, wir haben es probiert, bringt nichts, machen wir nicht mehr. Und sicher, das ist jetzt 20 Jahre her. Die Aktie hat sich vor allem in den letzten sechs, sieben Jahren enorm entwickelt. Ich glaube, jeder Mitarbeiter wäre froh, wenn wir in der Zeit ein Mitarbeiterbeteiligungsprogramm gehabt hätten. Es gibt jetzt verschiedenste Gründe, warum wir es nicht machen. Es ist aber auch so, dass wir jedes Jahr eine Veranstaltung haben. Wir nennen das Strategietagung, wo der Vorstand und rund 1500 Mitarbeiter zusammenkommen. Und da gibt es eine Fragerunde. Es vergeht kein Jahr, wo der Vorstand nicht gefragt wird, warum gibt es keins und wann gibt es eins. Also im Städter Tropfen hüllt ein Stein. Ich bin guter Hoffnung, dass die Mitarbeiter von Bächte, wir das nicht versprechen, aber wir haben ja lange Zeithorizonte. Vision 2030, wir haben Mitarbeiterbeteiligungsprogramm. Aber ganz klar, wenn du mich jetzt persönlich fragst, Und jetzt unabhängig von der Kursentwicklung, die können wir ja so nicht beeinflussen. Die Mitarbeiterbindung ist eine viel größere, wenn ich so ein Mitarbeiterbeteiligungsprogramm habe. Also es spricht sehr viel dafür und ich denke, dass es irgendwann noch bei Bächte kommen wird.

Joel Kaczmarek: Hervorragend, das freuen sich jetzt sicherlich einige. Stefan, oder bevor wir Stefan fragen, vielleicht zu den Investorentypen eine Sache noch, was ich ja mitkriege, für viele Unternehmen, das hat glaube ich Facebook auch sehr stark vorgemacht, es ist ja auch ein Faktor, dass man ja auch wachsen kann durch Übernahmen, wenn man börsennotiert ist, dass man zum Beispiel auch in Aktien gut bezahlt. Sind das auch Elemente, die ihr zieht und die ihr nutzt, dass man quasi in Übernahmen denkt. oder seid ihr mehr so organisch Wachsende?

Martin Link: Also Akquisitionen waren immer Teil unserer Wachstumsstrategie. Das hat von Anfang an dazugehört und deswegen war der Börsengang so wichtig, weil wir dadurch eben Geld einnehmen konnten, das wir dann später für Akquisitionen nutzen konnten. Wir haben jetzt allerdings nur sehr selten die Aktie wirklich als Akquisitionswährung genutzt. Hat auch wieder verschiedene Gründe, dass unsere Liquidität eben Häufig so ausreichend war, dass wir die Akquisitionen dann wirklich auch aus der Liquidität heraus bezahlen konnten. Und dann dadurch, dass wir eben ein Ankeraktionär haben, die Familie Schick mit 35 Prozent, haben wir eben nicht 100 Prozent Aktien, über die wir jetzt, was heißt so ein Rückkaufprogramm oder wie auch immer, verfügen können. Also es gibt verschiedenste Gründe, aber Akquisitionen haben für uns immer dazugehört. Und wie gesagt, deswegen wäre der Weg der Bächte ohne den Börsengang auch so nicht möglich gewesen.

Joel Kaczmarek: Stefan, dein Job ist ja, Investorentypen quasi zu kategorisieren und zu wissen, welche Investoren du für welchen Partner quasi ansprichst. Vielleicht kannst du ja mal für diejenigen, die zuhören und das nicht tagtäglich machen, auseinandernehmen, was so typische Investorentypen sind und welche besonders gut zu solchen Unternehmen wie Bechtle passen, die halt eben familiengeführt sind.

Stefan Weiner: Also auf der Investorenseite, ich glaube, es gibt wirklich zwei große Typen, die wir mal unterscheiden und die kann man da noch ein bisschen unterbrechen. Das sind auf der einen Seite die institutionellen Investoren, die also das quasi professionell managen und hier eben auch in Unternehmen investieren im Rahmen eines IPOs und sogenannte Retail-Investoren, also Kleinaktionäre, die das quasi über ein Public Offering im IPO kaufen. Also die größte Rolle, ich sage mal 90 Prozent plus, spielen im deutschen Börsengang die institutionellen Investoren. Das ist auch nicht viel anders als in anderen Ländern. Und da gibt es natürlich jetzt einige Kategorien, wo wir versuchen, eben die Ansprache zu optimieren. Das sind auf der einen Seite die großen Fondsmanager, die also hier in erster Linie Pensionsgelder ihrer Investoren oder Anlagegelder in den Investoren verwalten. Die sind also in Deutschland beheimatet, aber sicherlich auch sehr viel in den angesächsischen Ländern, also UK und in den USA. Und ich hätte gesagt, für einen deutschen Börsengang stellt das typischerweise so um die 60 bis 80 Prozent der Nachfrage dar. Also die großen Institutionellen aus Deutschland, UK und USA. Und jetzt, wenn man nochmal ein bisschen tiefer geht und sich anschaut, was sind jetzt in diesem Börsengang? Investorenkreis, wirklich die wichtigen Investoren, dann ist das immer eine Analyse, die wir machen. Die basiert wirklich auf mehreren Faktoren. Also auf der einen Seite, in welchem Sektor agiert das Unternehmen? Da gibt es natürlich Investoren, die besonders im IT-Bereich oder IT-Services sehr, sehr aktiv sind, wo wir wissen, das ist ein Sektor, den sie gerne haben. Warum? Wir sehen das auf der einen Seite im Trading in den Aktien, vielleicht in der Peer-Gruppe, aber auch potenziell einfach, dass wir sehen, welche anderen Unternehmen halten die. Das heißt, wir sehen Cross-Holdings, sehen, wir sind da interessiert und wir haben natürlich auch, sagen wir mal, tägliche Gespräche mit den großen Investoren, wo wir einfach uns quasi dann nochmal feststellen können, wären die hier interessiert. aus dem großen Meer der Investoren die richtigen rauszupicken. Das ist sicherlich der Job. Und wie gesagt, wir haben durch die andauernde Kommunikation und dem Trading und auch quasi der Analyse der Investitionen in der Peer Group hier, glaube ich, einen ganz guten View. Und ich glaube, was bei Familienunternehmern nochmal die Rolle spielt, ist, dass es hier auch einige gibt, die ja so einen sehr, sehr langfristigen Aspekt haben. Also die denken jetzt nicht nur in Quartalen oder Jahren, sondern wirklich schauen hier, dass sie auf einem 3- bis 5-Jahres-Horizont hier idealerweise ein gutes Investment machen. Und da gibt es auch nochmal eine Subgruppe, die wir hier also besonders interessiert sehen in dem Familien-IPO. Und ich glaube, das sind so die Gruppe, die wir da ansprechen, die dann wirklich auch Spezialisten in dem Sektor sind. Es gibt natürlich noch eine Reihe anderer Investoren, Southern Wealth Funds, also es gibt ja einige Staaten, ob das jetzt Norwegen ist oder im Mittleren Osten, also die großen Staatsfonds haben, die auch teilweise aktiv bei IPOs mitwirken. Also das ist eine kleinere Anzahl von Investoren, die aber dann, wenn sie in einem IPO, wie gesagt, mitmachen und eine Order platzieren, die sehr groß sein kann. Und dann gibt es so als Roundup noch einige Family Offices, mit denen wir sprechen, die also auch die am IPO-Markt aktiv sind. Aber ich glaube, die wichtigste Gruppe eben die institutionellen Investoren, die großen Fondsgruppen, die also hier auch den Größteil der Nachfrage ausmachen, wie gesagt, auch bei deutschen IPOs.

Martin Link: Wenn ich da kurz einhaken darf, also Stefan hat vollkommen recht, dass die institutionellen Investoren 90% ausmachen, deswegen besonders wichtig sind. Man darf Allerdings die Privataktionäre nicht komplett vergessen. Aus anderen Gründen natürlich vom Volumen her niemals vergleichbar. Bei den Institutionellen werden Millionensummen umgesetzt. Das kriegt ein Privataktionär nicht hin. Wir haben aber seit dem Börsengang sehr viele Privataktionäre, gerade auch hier in der Region. Das ist für das Image und für die Imagebildung von Mächten wahnsinnig wichtig. Also deswegen machen wir auch nicht nur die Hauptversammlung einmal pro Jahr, sondern auch Aktionärstage, wo wir die Leute hier zu uns an den Standort einladen. Eine Führung machen, dann gibt es Kaffee und Kuchen. Alles durchaus in dem Rahmen, wie man Privataktionäre kennt. Auch alles eher, sag mal, eine ältere Altersliga als in anderen Kontakten. Aber man darf das absolut nicht vernachlässigen, weil Imagebildung heißt ja, dass auch junge Menschen von ihren Großeltern darauf angesprochen werden. Mensch, hast du doch gehört, Bechtle, da kannst du dich doch auch mal bewerben. Also jetzt wird die ganz plump, aber das darf man einfach nicht vergessen, welche Breitenwirkung man durch so einen Börsengang oder durch eine Notierung dann letztlich auch in anderen Gruppen hat.

Joel Kaczmarek: Und wie beschreibst du eure Aktionärstruktur insgesamt? Also was ist bei euch sozusagen so wichtigster Faktor? War das sonst so, wie Stefan gerade skizziert hat?

Martin Link: Ja, natürlich vollkommen richtig. Also wir haben, das ist die Besonderheit, wir haben den Anker-Aktionär, die Familie Schick mit 35 Prozent. Ansonsten ist aber natürlich ein Großteil bei institutionellen Investoren. Gleichwohl haben wir mehr Privataktionariat als jetzt andere Unternehmen, weil eben damals beim Börsengang im Jahr 2000 es wirklich auch vor allem hier in der Region sehr breit gestreut wurde.

Joel Kaczmarek: Und was ist sozusagen so dein Eindruck? Oder vielleicht kann ja uns Stefan auch mal skizzieren, wenn du Investoren ansprechen würdest für Bechtle, wenn Bechtle heute einen IPO machen würde, wie würdest du denen das verkaufen? Also was wären so die Faktoren? Jetzt sind sie natürlich wesentlich größer, ja, aber dieser Faktor Familienunternehmen und dann, was du gerade gesagt hast, institutionelle Investoren, du hast ja auch gesagt, viele wollen dann auch die Familien kennenlernen. Wie würdest du an sowas rangehen? Also wie machst du sowas schmackhaft?

Stefan Weiner: Ich sage mal so, die Equity-Story, der Bechtle, ist genau der so strukturelle Wachstumsmarkt, den Investoren eben gerne sehen. Also IT-Services, der Trend zur Digitalisierung, der Trend zur Cloud. Generell, sage ich mal, brauchen ja viele Unternehmen Hilfe, gerade, sage ich mal, der KMU-Bereich zunächst. Haben wir einfach in der Vergangenheit, haben KMUs wahrscheinlich zu wenig investiert, also haben hier einfach noch einen Nachholbedarf. Und da ist eben ein Berater, der Ihnen hilft, hier in der digitalen Welt erfolgreich zu sein, glaube ich, sehr, sehr wichtig. Also ich glaube, Investoren sehen das einfach als einen langfristigen, strukturellen Wachstumsmarkt, wo man einfach in ein gut platziertes Unternehmen mit guten Beziehungen, gutem Track Record arbeitet. hier investieren kann und hier idealerweise auch ein Unternehmen kauft, das nicht nur mit dem Markt wächst, sondern überproportional schnell wächst, eben durch entweder Übernahmen oder eben der Möglichkeit, weiter Marktanteile zu gewinnen. Aber ich glaube, das ist so ein bisschen in a nutshell, Martin, wenn du if you agree, wie wir die Story sehen würden. Und ich glaube, das spricht sicherlich eine Reihe von sehr, sehr langfristig orientierten Tech-Investoren an. Also die wollen jetzt nicht auf der einen Seite, du hast ja Wachstum angesprochen, das ist immer die große Diskussion, will man Hyper-Growth haben, aber eben keine Profitabilität oder will man eben gesund wachsen und hier aber auch profitabel wachsen? Ich glaube, das ist so der Mittelbereich, der eben viele Investoren auch anspricht und hier, glaube ich, auch die Aktien-Performance über die letzten Jahre sehr, sehr getrieben hat.

Martin Link: Ja, ganz klar. Also das ist branchenspezifisch vollkommen richtig. Und darüber hinaus, aber das hattest du ja auch schon gesagt, gibt es Investoren, die eben durchaus ein Interesse an Unternehmen haben, die familiengeführt sind. Das ist ja bei Bechtle nicht so der Fall. Also wir sind ja kein familiengeführtes Unternehmen, aber es gibt eben diesen hohen Anteil von 35 Prozent, den die Gründerfamilie hat. Und deswegen würde ich in der Equity-Story, und das mache ich auch bei Investorengesprächen, immer darauf hinweisen, dass man Bechtle nicht verstehen kann, wenn man nicht weiß, wo wir herkommen. Diese Gründung als Ein-Mann-Unternehmen, diese Tatsache, dass einer der Gründer, Gerhard Schick, über lange Jahre Vorstandsvorsitzender und Aufsichtsratsvorsitzender war und jetzt die Familie Schick immer noch diese 35 Prozent hält, das muss man wissen, um das Unternehmen zu verstehen. Und das wird wertgeschätzt. Also es ist nicht so, dass gesagt wird, ihr seid falsch hier am Kapitalmarkt, sondern es wird wertschätzend festgestellt, ihr seid ja viel mehr ein familiengeführtes Unternehmen als wirklich eine Public-Listed-Company. Wir sagen immer, ja, vollkommen richtig und da sind wir auch stolz drauf. Andersrum gefragt, Was macht denn das familiengeführte Unternehmen aus? Ja, dieser langfristige Horizont. Also wenn ich jetzt als Anleger gefragt würde, würde ich eigentlich bei jedem meiner Investments hoffen, dass das Management einen langfristigen Horizont hat und nicht nur auf den kurzfristigen Erfolg und die kurzfristige Rendite schielt. Also insofern bringen wir das mit, was man so ganz klassischerweise konservativ als den als den guten Kaufmann, den ehrbaren Kaufmann bezeichnet. Und wir stellen immer wieder fest, dass solche klassischen Werte zum Teil belächelt werden. Und dann kommt die nächste Krise und dann ist jeder froh, wenn er so ein Unternehmen hat wie eine Bechte, die wirklich auf so klassische Werte setzt, wo nicht nur die Zahlen alle stimmen, sondern auch die Verankerung in der Gesellschaft, das soziale Engagement und auch das wirklich sehr gute Employer Branding, die sehr gute Arbeitgebermarke. die wir mitbringen, das kommt in so Wellen. Wenn wieder ein Boom ist, vergisst man diese klassischen Werte ein bisschen oder aus Anlegersicht. Und bei der nächsten Krise rücken die wieder in den Vordergrund. Und wir sind die letzten 38 Jahre sehr erfolgreich mit diesen klassischen Werten gewesen. Und deswegen, wie gesagt, ohne diese Historie zu kennen, würde man Bächte nicht verstehen, weil dann würde man nicht verstehen, warum solche Werte bei uns immer noch so eine große Rolle spielen.

Joel Kaczmarek: Ich rechne gerade, ich bin 36, wie habt ihr denn 38 Jahre Erfahrung? Ich bin nämlich auch 83 geboren.

Martin Link: Okay, ich habe mich vertan, 37 Jahre. Also wir hatten Geburtstag im Juli, also das heißt, wir sind schon 37.

Joel Kaczmarek: Gut, also die 40 Jahre sozusagen sind im Blick. Was waren denn Learnings bei euch? Also wenn man sich dieses Kräfteverhältnis mal anschaut, also ihr habt Besonderheiten in eurer Struktur und ihr habt einen Kapitalmarkt, der vielleicht manchmal anderes gewöhnt ist. Habt ihr auch Dinge gelernt, wo ihr sagt, ah okay, hätten wir das mal vorher gewusst, hätte uns vielleicht geholfen? oder ihr hattet so Einsichten, die euch dann richtig zum Durchstarten verholfen haben. Gab es da was?

Martin Link: Nicht so richtig. Das klingt jetzt doof, weil man ja eigentlich immer rückblickend sagt, Mensch, das hätten wir besser anders machen können. Aber rückblickend sind wir einfach sehr glücklich und zufrieden mit der Entwicklung, die wir genommen haben. Wir hätten vielleicht früher aktiver unser Aktionariat ansprechen können. Lange Jahre haben wir das, ich will nicht sagen passiv gemacht, aber haben da ein Stück weit auch unseren Brokern Vertrauen, dass die die Aktionäre zu uns bringen, die zu uns passen und die wir haben wollen. Das hätte man sicherlich von Anfang an aktiver machen können. Heute wird es mit Investor-Targeting bezeichnet. Machen wir mittlerweile natürlich auch stärker. Das war jetzt in den ersten Jahren, soweit ich mir habe erzählen lassen, auch als ich dann 2005 zu Bechtle kam, noch nicht so der Fall gewesen. Also man kann auch als Kapitalmarkt-Teilnehmer durchaus, sagen wir mal, das aktiver gestalten und muss sich nicht treiben lassen. Man muss natürlich aber auch lernen, und das ist dann doch auch wirklich noch ein Learning, die Bewertung an der Börse manchmal ungerecht sein kann, zumindest aus Unternehmenssicht. Also ich hatte vorhin erwähnt, 2000 an die Börse gegangen, dann ist die Blase geplatzt. Wir wurden mit abgestraft, obwohl wir nie das klassische neue Marktunternehmen waren, aber wir waren halt ein Tech-Unternehmen, wurden dadurch mit dem ganzen Tech-Markt abgestraft und lange, lange Jahre dümpelte der Kurs so vor sich hin. und da war das Management, da war der Vorstand natürlich überhaupt nicht glücklich und zufrieden damit, weil wir auch schon 2003, 2004, 2005 gute Zahlen hatten. Aber das hat der Kapitalmarkt damals nicht so honoriert wie jetzt in den letzten Jahren, wo Rechte ein bisschen stärker und auch positiver wahrgenommen wurde. Also man darf sich da auch nichts vormachen. Klar ist es schön, wenn man eine Erfolgsstory hat, aber man muss dann eben auch mal, ich will nicht sagen, durch das Tal der Tränen, aber man muss dann auch ertragen, dass die Bewertung mal eine Zeit lang nicht so ist. Und dann darf man aber den Kopf nicht in den Sand stecken, sondern muss eben sagen, okay, dann machen wir jetzt Vielleicht noch ein bisschen aktiver ihre Arbeit, schauen uns genau die Investoren an, die zu uns passen, reden mit denen wirklich intensiv, bringen vielleicht auch mal die Familie mit ins Spiel, wenn die nicht sowieso im Management ist. Also wirklich das Ganze versuchen, ein bisschen mitzubestimmen. Das könnte man im Nachgang sagen, hätten wir vielleicht noch aktiver machen können.

Joel Kaczmarek: Gut, wir können nach hinten raus auch mal so ein Stück weit euer Thema quasi mal visionär betrachten. Also du hast gesagt, die nächste Vision war glaube ich 2030 und da nochmal Umsatz verdoppeln auf 10 Milliarden. Was sind denn so die Trends in der IT-Branche, die ihr jeweils beide seht? Also fangen wir mal mit euch bei Bechtle an.

Martin Link: Ja, also Stefan hat ja schon ein paar der Buzzwords genannt, also Der Haupttrend ist ganz klar die Digitalisierung. Und da wissen wir jetzt alle, dass es gar nicht so greifbar ist. Man weiß gar nicht genau, was bedeutet es denn, inwieweit wird sich unser Leben oder auch die Wirtschaft dadurch verändern. Da ist eine hohe Unsicherheit mit drin. Und das bringt aber einen Großteil unserer Kunden dazu zu sagen, okay, wir müssen jetzt was machen. Ich weiß nicht genau, wie die Zukunft wird, aber sie wird digitaler sein, also muss ich in meine IT investieren. Und auch da hat Stefan vollkommen recht gehabt. Das sind mittelständische Unternehmen manchmal einen Ticken hinterher gewesen. Und Bächte muss man dazu wissen, wir haben jetzt wirklich einen ganz starken Kundenfokus auf mittelständische Unternehmen. Das heißt, die Digitalisierung treibt es in allen ihren Auswirkungen. Das kann dann sein, dass der Kunde sagt, okay, ich will auch Cloud-Services nutzen. Das kann sein, dass er sagt, ich will gar nicht mehr für den Betrieb meiner IT zuständig sein, sondern das soll jemand anders, beispielsweise Bächte, übernehmen. Insgesamt alle As-a-Service-Modelle, sei es Software-as-a-Service, Platform-as-a-Service, Infrastructure-as-a-Service, das sind Dinge, die werden kommen. Das ist auch unumkehrbar. Jetzt sind die mittelständischen Kunden nicht immer die Ersten, die sowas übernehmen. Das heißt, wir haben die nächsten Jahre noch genug damit zu tun, alle unsere Kunden quasi zukunftsfertig zu machen, dass sie überhaupt eine IT haben, die den momentanen Ansprüchen genügt. Es ist ja auch so, das Tempo, das Entwicklungstempo in der IT, das ist der Wahnsinn. Also nur noch mal zur Erinnerung, es ist noch keine, glaube ich, 12 oder 13 Jahre her, da gab es noch keine Smartphones. Jetzt ist es nicht mehr wegzudenken. Also insofern, wir wissen ja noch gar nicht, was 2030 die IT für uns bereithalten wird. Klar ist, es geht ohne IT nicht. Und IT wird immer komplexer und deswegen wird es immer auch, gerade für mittelständische Unternehmen, einen Partner brauchen, der sie berät und der sie auf diesem Weg begleitet.

Joel Kaczmarek: Letzte Frage vielleicht an dich, kannst du auch nochmal kurz skizzieren, wie ihr diese Zukunftsstrategien, von denen du vorhin gesprochen hast, die du sagst, was so euer Rückgrat ist, um sich nicht auf Erfolgen auszuruhen, sondern quasi immer weiter wachsen zu wollen, wie ihr die entwickelt?

Martin Link: Also die ersten Visionen waren ganz klar, die wurden im Vorstand entwickelt und der Vorstand hat aber gemerkt, jetzt mittlerweile mit 11.000 Mitarbeitern, wäre es doch ganz schön, wenn die Vision wirklich aus dem Unternehmen heraus käme. Das heißt, die Vision 2030, die 2018 veröffentlicht wurde, die hat ein Jahr Vorlauf gehabt, was da wirklich verschiedene Gruppen gab im Unternehmen von Mitarbeitern, die an der Vision mitgearbeitet haben. Dann wurde das dem Vorstand präsentiert, dann wurde das wieder zurückgespiegelt in diese einzelnen Mitarbeiterteams. Also das heißt, diese Vision ist wirklich aus der Bechtle-Mannschaft heraus entstanden. War es aber, muss man auch sagen, die Vision 2030 die erste, alle anderen waren noch Vorstandskopf geworden. Man hat der Vision 2030 jetzt aber auch nicht geschadet. Es ist ähnlich, wie ich vorhin meinte, mit den Gesprächen mit dem Kapitalmarkt. Es ist doch immer gut, wenn man auch mal andere Stimmen hört, wenn man auch mal gecheckt und geprüft wird. Und selbst wenn es nachher nicht jede Meinung sich wiederfindet, es war gut, alles erstmal gehört zu haben und wirklich auch nochmal überlegt zu haben, passt das rein, ist das unsere Vision, hilft uns das weiter? Also insofern ganz stark der Fokus auf Mitarbeiter mitnehmen, weil die letztlich ja die Vision dann auch umsetzen und leben sollen.

Joel Kaczmarek: Gut, Stefan, magst du auch nochmal so abschließend vielleicht deinen Eindruck vermitteln, was wird sich so an Trends noch im Bereich Software, IT, Tech tun? und vor allem, ich glaube, alle, die wir hier im Gespräch gerade sind, sind wir neugierig drauf, ob der Kapitalmarkt nicht eigentlich zunehmend auch nochmal wichtiger wird als Finanzierungsquelle für Gründungen und Formen in dem Bereich.

Stefan Weiner: Nee, gerne. Ich glaube, das Stichwort Digitalisierung, das haben wir jetzt schon ein paar Mal besprochen, ist ja auch kein neuer Trend. Also von der Seite her, das ist ja seit 20 Jahren ein Thema und nicht nur im Kapitalmarkt natürlich. Aber ich glaube, was nochmal passiert ist mit Covid, wurde das Ganze nochmal sehr, sehr beschleunigt und alles, was dieser Shift to Online und sich nochmal wirklich durchgesetzt hat. was jetzt eben Software ist oder Cloud Services oder E-Commerce. Ich glaube, wir sehen das so ein bisschen in zwei Kategorien, und zwar B2C, also Business to Consumer. Da fallen natürlich jetzt auch in DAX gelistet Delivery Hero oder Zalando oder HelloFresh unter. Also die wirklich zeigen, dass in Deutschland der Tech-Sektor auch an der Börse sehr, sehr gut funktioniert und auch wirklich sehr gute Bewertungen erreicht aus Unternehmenssicht. Auf der anderen Seite gibt es halt auch diesen B2B-Bereich. Ich meine, da ist natürlich SAP einer der großen Software-Namen, die auch jeder kennt. Aber ich glaube, Bechtle, ihr spielt auch sehr gut hinein in diesen B2B-Bereich, ist vielleicht weniger in der Limelight, weniger visibel für die Außenstehenden. Aber ich glaube, wenn man sich eben damit beschäftigt, und ich glaube, Martin hat das ganz gut beschrieben, Wenn man sich damit beschäftigt und dann eigentlich sieht, was das Unternehmen macht, ist das eigentlich auch sehr, sehr interessant. Und oft ist der B2B-Bereich auch oft ein bisschen stickier, weil du hast, sage ich mal, eine Kunden, die also jetzt nicht tagtäglich den Anbieter switchen können. Also ich nehme mal an, wenn man da mal Cloud oder so ein Rechenzentrum führt, dann kann man das nicht über Nacht einfach wieder umstellen, sondern ist man da mal drinnen und wenn man einen guten Service leistet, ist das eben auch sehr langfristig. Also das spiegelt sich dann, glaube ich, auch wieder in der Unternehmensstrategie weiter. Ich glaube, was jetzt aus unserer Sicht im Rahmen dieser beschleunigten Digitalisierung oder Shift to Online durch Covid passiert ist, ist, dass sicherlich viele Unternehmen mehr darüber nachdenken, an die Börse zu gehen. Also wir sehen auch für 2021 und mal sehen, was dann passiert, aber es ist wirklich eine steigende Anzahl von Unternehmen, Ja, die Börse gehen vor allem aus dem Tech-Bereich und wirklich das zeigt, auf der einen Seite funktioniert das Geschäft besser, Wachstum wurde nochmal bescheunigt, also insofern ist das Unternehmen nochmal attraktiver geworden für den Kapitalmarkt. Auf der anderen Seite sehen wir ja weiterhin auf der Investorenseite große Nachfrage nach Wachstums-IPOs und das haben wir auch in den letzten Börsengängen gesehen, die wir gemacht haben, also Alles, was hier strukturell gutes Wachstum darstellt, gibt es auch im IPO sehr, sehr gute Nachfrage. Das heißt, vor diesem Hintergrund, Unternehmen werden schneller börsenfähig und sehen hier so eine attraktive Möglichkeit, an den Kapitalmarkt zu gehen. Und die Ziele, also wie gesagt, hier die Möglichkeit, eine Währung zu schaffen, die Mitarbeiter zu inzentivieren, glaube ich, die sind weiter sehr, sehr wichtig. Aber auf der anderen Seite auch die große Nachfrage der Investoren in einer Welt, wo Wachstum wahrscheinlich immer geringer wird, hier die Möglichkeit haben, Beide Seiten. Markt. Ja, man kann nie vorhersehen, wo wir dann landen, aber wir sehen eigentlich so ein Dutzend Börsengänge, wo wahrscheinlich gut mehr ist, die Hälfte auch im Tech-Bereich für 2021. Hervorragend.

Joel Kaczmarek: Das lässt uns ja zum einen hoffen und zum anderen haben wir, glaube ich, heute auch echt was mitgenommen. Also würde mich ja freuen, wenn auch andere Familien nahe und familiengeführte Unternehmen sozusagen über den Weg des Gangs an die Börse nachdenken, zu wem es passt. Ihr beiden ganz, ganz herzlichen Dank. Wir hören uns 2030 wieder, Martin, und reden über 10 Milliarden Umsatz. und ja, bis dahin euch beiden viel Erfolg und ganz herzlichen Dank. Genau.

Stefan Weiner: Danke, ciao.

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Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um Börsengänge: Unsicher auf dem Börsenparkett? Nicht mit uns! Gemeinsam mit unterschiedlichen Expert:innen der Deutschen Börse spricht Joel regelmäßig über alles rund um die Themen Börse, Börsengang und späte Finanzierungsphase (pre IPO).