Kulturwandel in Unternehmen durch Achtsamkeit

24. Juni 2020, mit Marina Löwe

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Marina Löwe: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge von Make it Mindful. Wie kann man achtsame Führung oder Achtsamkeit allgemein in einem sehr traditionsreichen Industrieunternehmen verankern?

Ich bin Marina Löwe, Talenteam- und Unternehmensentwicklerin und freue mich sehr, dass ich mich heute mit Petra Martin und Christiane Kurz von Bosch unterhalten kann.

Denn die beiden geben uns Einblick in genau diese Fragen. Petra Martin ist Leiterin des Kompetenzzentrums Leadership der Robert-Bosch-GmbH, die das umfangreiche Mindfulness-Programm im Bereich Automotive Electronic durchführt, auch im Zusammenhang mit agiler Organisationsentwicklung. Und sie hat den Digi-Campus und das Lernprogramm Mind Friends initiiert.

Christiane Kurz teilt mit uns aus ihrer Sicht als Führungskraft, die diese Programme auch durchlaufen hat. Sie ist Leiterin einer Controlling-Abteilung bei Bosch und in der Ausbildung inzwischen zum Trainer für Mindful Leadership. Das heißt, sie leitet inzwischen für ihre Kollegen sogar die Meditation an. Und das auch oder gerade in Zeiten von Covid-19. Der Titel der heutigen Folge ist Jetzt erst recht. Warum Achtsamkeit gerade in dieser Situation Sinn macht und wie das ganz konkret bei Bosch abgelaufen ist. Vom zehnmonatigen Führungskräfteprogramm, wo Achtsamkeit ein Teil ist, bis hin zu acht Wochen Intensivprogramm und auch, um in die breitere Masse gehen zu können, ein selbstorganisiertes Programm mit Nutzung einer App zum Beispiel für Meditationen. Hier könnt ihr wirklich ganz konkrete Praxistipps für die Implementierung von Achtsamkeit auch in einem Industrieunternehmen mitnehmen. Falls du für dich persönlich deine Praxis verstärken willst im Alltag, kannst du unter anderem die App Sevenmind nutzen. Da hast du Meditationen, die du auf deiner App genau dann abrufen kannst, wenn es für dich funktioniert. Und Petra und Christiane werden heute auch nochmal teilen, warum gerade diese persönliche Praxis und die Routine ein großer Erfolgsfaktor war und für sie persönlich auch großen Unterschied gemacht hat. Damit wünsche ich dir viel Spaß bei der heutigen Folge Make It Mindful. Liebe Petra, du hast ja als Titel vorgeschlagen, jetzt erst recht. Was meinst du damit in Sachen Mindfulness at Bosch?

Petra Martin: Was meine ich damit? Ich glaube, dass wir alle wahrnehmen, dass die aktuelle Krise uns alle ganz schon fordert, dass wir alle realisieren müssen, dass das Ganze auch nicht in zwei Wochen vorbei ist, sondern viel länger dauern wird. Und ich habe ja einen ganz starken Blick auf Führungskräfte und auf Führung und Zusammenarbeit und solche Themen, also auf Kultur. Und wenn ich solche Themen fokussiere, dann ist Mindfulness ein Thema, was eine immer größere Bedeutung bekommen wird, weil wir uns verlieren, weil wir verrückt werden, weil wir mit der Unsicherheit nicht umgehen können, weil wir unsere Menschen verlieren, weil viel zu viel Unwägbares da drin ist. Also um sozusagen funktionsfähig zu bleiben, jeder Einzelne für sich und vor allen Dingen wir Führungskräfte, weil wir ja noch eine Verantwortung auch für andere haben im Sinne von Fürsorge, ist es ein Thema, was eine zunehmende Bedeutung haben wird. Und ich glaube, dass es gerade jetzt wichtig ist, dass wir über das Thema sprechen, uns damit beschäftigen, weiterlernen und uns entwickeln.

Marina Löwe: Also gerade jetzt in der Situation, wo es immer mehr Unsicherheiten gibt, du dich eben nicht mehr darauf verlassen kannst, wie das in zwei oder vier Wochen abläuft, weil das können wir im Moment nicht. Christiane, du bist ja selber als Führungskraft auch in diesem Programm mit unterwegs. Wie ist das eigentlich für dich gerade? Also wie ermöglicht dir Achtsamkeit gerade den Umgang mit der Situation erstmal für dich selber?

Christiane Kurz: Also ich denke, für mich selber ist es tatsächlich, das Ganze bewusster wahrzunehmen. Also die Unsicherheit ist da, die Krise ist da. Das können wir auch nicht ändern. Das kann ich für mich nicht ändern, aber natürlich noch weniger für meine Mitarbeiter. Und das ganz offen zum Thema zu machen. Also für mich, was bedeutet das für mich? Was macht das für mich? Aber das Ganze dann auch in der Kommunikation mit den Mitarbeitern besprechen.

Marina Löwe: Wie kommt das bei den Mitarbeitern an, dieses offene Sprechen? Auch davon, dass du gerade Unsicherheiten hast vielleicht mit der Situation?

Christiane Kurz: Ja. Ja, also bei mir ist es so, ich habe 20 Mitarbeiter, wir sind alle im Homeoffice. Also wir haben uns jetzt alle seit sechs Wochen nicht mehr gesehen. Das hat natürlich den Arbeitsalltag von heute auf morgen ganz, ganz stark verändert. Und ich habe von Anfang an gesagt, wir müssen mindestens zweimal in der Woche auch in der ganzen Abteilung zusammenkommen und uns gemeinsam austauschen. Und da sprechen wir über diese Unsicherheit. Wir sprechen auch, wie es jedem Einzelnen damit geht und was wir überhaupt können. gerade planen können? Sind es die nächsten Tage? Sind es vielleicht auch mal die nächsten Wochen? Und ich glaube gerade, dass ich es offen anspreche, auch meine Unsicherheit anspreche, wird mir sehr, sehr gut angenommen von den Mitarbeitern.

Marina Löwe: Jetzt seid ihr ja zum Glück nicht in der Situation erst gestartet, sondern baut gerade auf etwas auf, was eben vor einer Weile ihr schon initiiert habt. Petra, kannst du mal kurz skizzieren, vielleicht auch für die Hörer, wie hat das denn bei Bosch eigentlich alles angefangen? Was war so der auslösende Moment, das Thema überhaupt auch zum Konzernthema zu machen?

Petra Martin: Über einen auslösenden Moment würde ich da nicht sprechen. Also wir haben ja 2012 damit schon begonnen und haben 2012 das Thema Mindfulness schon in ein Programm eingebaut. Aber das ganze Thema fing eigentlich noch früher an. Ich glaube, wir haben so ab 2008, das war schon auf Konzernebene, uns damit beschäftigt, wie muss Führung eigentlich sich verändern, damit wir damals, ich glaube, Agil, davon hat noch keiner gesprochen, aber dass wir moderner werden, New Work, weiß ich auch gar nicht, ob der Begriff schon so bekannt war. Aber es war klar, wir müssen weniger hierarchisch werden und so weiter und so weiter. Also wie werden wir, hätte man das Wort schon gehabt, hätte man es wahrscheinlich agil genannt. Und wir haben uns damit beschäftigt und haben uns immer, wenn ich von wir spreche, war das eine Gruppe von Beratern und Führungskräften, die das sozusagen, ja recht systematisch angegangen sind. Das ist dann auch ein bisschen weggerutscht wieder. Und dann kam 2012 der Auftrag von unserem Bereichsvorstand und der sagt, wir wollen es jetzt wirklich mal angehen. Wir reden über Führung und wir müssen es besser machen, aber das ist alles sehr theoretisch. Wir wollen es jetzt mal praktisch besser machen. Und dann haben wir den Auftrag gekriegt, ein Programm zu gestalten. Und das interessante Moment war, als ich über Search Inside Yourself las. Und mitbekam, was das bei Google gebracht hat und ich fand es spannend, habe dann noch einen anderen Artikel gelesen und dachte, das kann genau so das Thema sein, was man in so ein Programm reinbringt, was letztendlich zum einen mal was Neues ist, Führung kann man ja auch nicht ständig neu erfinden, vielleicht ein Mindset ändern und so weiter, aber es geht letztendlich ja darum, Führungskräfte zu befähigen, etwas anders zu tun, als sie es früher getan haben. und Uns ist relativ schnell klar geworden, dass Mindfulness ein wunderbares Instrument sein kann, eine Hilfestellung sein kann, genau das zu lernen. Sich besser zu reflektieren, also nicht achtsamer zu sein, das ist mir jetzt schon wieder zu abstrakt, sondern tatsächlich einen besseren Ton, einen besseren Umgang mit seinen Leuten zu finden. besser vertrauen zu können, weil man selber wahrnimmt, fällt mir das schwer oder fällt mir das nicht schwer. Also wir haben es schon sehr früh eingebaut ins Programm und den Moment, würde ich sagen, gibt es eigentlich nicht. Es war eher so, dass unser Bereichsvorstand, also wir haben es pilotiert in einer kleinen Gruppe, erstaunt war, wie gut das ankam. Ich glaube, sie hatten da einen gewissen Zweifel gehabt und das kam total gut an bei den Führungskräften, die im Programm waren. Und in dem Moment war klar, wir skalieren das jetzt. Und damit war klar, Mindfulness ist dabei, gehört offensichtlich zum Programm dazu.

Marina Löwe: Okay, also wenn ich das nochmal Revue passieren lasse, im Grunde genommen gab es schon viel weiter im Vorfeld 2.8 die Diskussion, wie muss Führung in Zukunft aussehen, auch wenn ihr den Brief agil nicht hattet, euch war klar, Führung muss sich wirklich nochmal verändern und mit dieser Offenheit gab es dann einen konkreten Auftrag vom Bereichsleiter 2.12, macht ein Programm. Also setzt es jetzt wirklich mal praktisch um und guckt, wie das in der Praxis aussehen kann. Also er hatte Unterstützung von oben oder auch einen ganz klaren Auftrag und dann gab es einen Piloten und der Pilot hat eigentlich von dem Feedback gelebt und das war so gut, dass dann auch klar war, okay, wenn das so gut angekommen ist, dann machen wir mehr davon.

Petra Martin: Dann machen wir mehr davon und das war wirklich eines der interessanten Ergebnisse. Wir haben das immer evaluiert und die Befragung, was war eigentlich das Interessanteste an dem ganzen Programm, was habt ihr beibehalten, was hat euch am besten gefallen, das war zu ganz guten Teilen Achtsamkeit. Weil das war natürlich für viele was Neues und viele haben schon gemerkt, da ist was drin, das hilft mir und haben es auch tatsächlich beibehalten. Bestimmt nicht alle, ganz sicher nicht, aber eine ganze Menge.

Marina Löwe: Christiane, was war dein Eingangspunkt? Ab wann bist du in Kontakt gekommen mit dem Thema? Auch erst bei Bosch? oder inwiefern war das vorher schon mal ein Thema?

Christiane Kurz: Also tatsächlich bin ich genau über dieses Führungskräfte-Entwicklungsprogramm zum Thema Mindfulness gekommen. Also ich habe da vor fünf Jahren die eine Runde mitgemacht und das war auch tatsächlich ein sehr interessantes Erlebnis, weil ich habe das mit 100 anderen Führungskräften gemacht. Und man muss sich das so vorstellen, dass Pause war, davor war ein ganz anderes Thema. Man kommt zurück in den Raum und da liegen dann 100 Kissen auf dem Boden. Da habe ich das erste Mal dann meditiert, eine kurze Meditation und habe da aber für mich gleich gemerkt, da ist irgendwas dran. Ich fand diese Klarheit danach total angenehm und habe gemerkt, das zieht mich irgendwie an das Thema und bin dran geblieben. Also ich wurde tatsächlich über Petras Führungskräfte-Programm angezündet mit dem Thema.

Marina Löwe: Jetzt sagst du gerade Klarheit. Was sind denn so die Aspekte? Weil Achtsamkeit ist ja ein Riesenüberbegriff. Also es ist ja wie das Wort Sport. Unter Sport kann ich mir auch ganz viel vorstellen, von Tennis über Fußball bis hin zu Golfen. Und das ist ja bei Achtsamkeit ganz ähnlich. Das ist einmal Haltung, aber auch Praxis. kann sehr, sehr unterschiedlich ausgelebt werden. Jetzt hast du gerade schon gesagt, ihr hattet Kissen auf dem Boden. Das heißt, es war wirklich nur kurze Meditation. Was sind denn für euch so die Hauptaspekte, mit denen ihr oder auf die ihr auch abzielt? Weil Klarheit wäre jetzt zum Beispiel ein Aspekt. Petra hat auch schon gesagt, Reflexion über sich selber, der Umgang mit den anderen. Habt ihr da sowas wie ein eigenes Bosch-Modell oder euch an dem Search Inside Yourself orientiert?

Petra Martin: Also letztes haben wir eher weniger. Das war mehr unsere Inspiration. So ein Bosch-Modell in dem Sinne haben wir auch nicht. Könnten wir jetzt aber mal entwickeln. Das ist schon ein sehr interessanter Punkt, können wir mal mitnehmen. Lohnt sich reinzudenken. Aber ich glaube, wenn wir von der Wirkung von Achtsamkeit für Führungskräfte sprechen, dann würde jede Führungskraft vermutlich so ein bisschen anders beschreiben, was es ihr bringt. Und das Es ist einerseits das Thema besserer Fokus, bessere Konzentration, bessere Präsenz, was der eine oder andere als persönliche Produktivitätssteigerung sieht. Das mag für den einen oder anderen interessant sein, würde ich sagen, es ist nicht der wichtigste Punkt. Was ich als besonders wichtig wahrnehme und das halte ich auch für wirklich wertig, ist ein besseres Umgang mit Unsicherheit. Also, dass wir jetzt in dieser Krise besser durchkommen. Weil wir es besser ertragen können, dass wir nicht wissen, wie es kommt. Dass wir nicht wissen, wann es anders wird, wann es wieder gut wird. Und dass wir unsere eigene Unsicherheit akzeptieren können und deswegen auch besser mit der Unsicherheit unserer Leute umgehen können. Ich glaube, das ist ein ganz wichtiger Punkt. Was uns bei Bosch Also, wir sind ja ein Technikladen. Das heißt eine extreme Überzahl von Ingenieuren und technisch prägten Berufen. Ich glaube, das war ja auch so ein bisschen der Ansatzpunkt von Google, wenn ich das recht in Erinnerung habe, dass sie sagen, unsere Leute haben es nicht mit der Muttermilch aufgenommen, empathisch zu sein. Die haben ganz andere Qualitäten und so haben wir die herausgewählt. Wir wollten ja Ingenieure, die tolle Ingenieursleistungen können, die sollen tolle Dinge erfinden, die sollen tolle Programme schreiben, die sollen tolle Halbleiter bauen und sonst was, aber die nicht ein vordergründiges Interesse an Menschen haben und ein Interesse daran haben, wie es anderen geht.

Marina Löwe: Und die im Studium auch nicht so viel Kommunikations- oder Gesprächsführung haben.

Petra Martin: So ist es ganz genau. Und solche Menschen zu begleiten, zu entwickeln, an der Stelle einfach ein bisschen mehr Sensor zu haben, das finde ich schon super hilfreich. Ich glaube, das ist für Bosch auch wichtig. Also wir haben gerade heute eine digitale Führungswerkstatt zum ersten Mal gemacht. Das machen wir seit 20 Jahren, einmal im Jahr mit 40 Führungskräften. Und wir machen das aber immer Präsenz und haben diesmal gesagt, wir wollen es nicht opfern, wir wollen es machen. Und es war bemerkenswert, wie viele darüber gesprochen haben, dass es ihnen fehlt, nicht zu wissen, wie es wirklich ihren Leuten geht. Ich glaube, das wäre vor ein paar Jahren noch anders gewesen. Da hätten sie mehr darüber geredet, kann ich meinen Leuten trauen, dass sie nicht nur in der Sonne sitzen, wenn sie jetzt im Homeoffice sind. Nee, sie sagen, mir fehlt es, dass ich nicht wirklich fühle, wie es denen geht. Und das fand ich sehr bemerkenswert. Und das kam durch die Reihe weg.

Marina Löwe: Ja, ich merke, wie schön das ist, das zu hören, dass das so im Fokus ist, dieses ich möchte fühlen, wie es den anderen geht. Und ich glaube, das ist das, was im Digitalen uns am ehesten abgeht. Also man merkt ja, dass sehr viele Sachen digital möglich sind. Man kann auch im Kontakt bleiben. An vielen Stellen höre ich von Führungskräften auch im Coaching die Rückmeldung, ja, ich treffe die Leute schon persönlicher. Wir begegnen uns ja zu Hause, wir begegnen uns auf Augenhöhe und ich frage sie eben auch, wie es ihnen gerade geht in der Situation, erfahre ganz viel über meine Mitarbeiter, was ich vorher nicht wusste. Also es hat schon irgendwo auch eine Art von tieferer Verbindung als vorher. Was sie aber auch spiegeln, ist, dass diese Gefühlsebene viel schwieriger ist. Also gerade wenn ich mehrere Bildschirme habe, ich kriege diese Stimmung, die man sonst im Raum fühlen kann. Diese Atmosphäre zum Beispiel oder die Energie, die sich entwickelt, wenn eine Gruppe gemeinsam so in Fahrt kommt. dass sich das anders anfühlt virtuell und dass ihnen das auch fehlt. Also es ist ganz spannend, dass diese Gefühlsebene anscheinend gerade vermisst wird. Was denkt ihr denn, ist das, was in eurem Programm, also wenn ich jetzt ein Ingenieur bin und ich habe noch nicht so den Zugang, einfach weil ich nicht den Fokus drauf hatte. Was ist das, was ihr im Programm macht, wo ihr sagt, das merken wir, ist besonders wirkungsvoll? Christiane, vielleicht kannst du auch als Teilnehmerin nochmal beschreiben, was dir da besonders geholfen hat.

Christiane Kurz: Ja, ich kann vielleicht mal anfangen, dass ich erzähle, was hat mich da zu dem Zeitpunkt eigentlich überzeugt. Also es war aus meiner Sicht so der Mix aus direkt ausprobieren. Also ich hatte ja vorhin geschildert, dass wir dann zurückkamen und die Kissen waren da. Von daher hat man es dann auch mal ausprobiert. Und diese Erfahrung mit den Achtsamkeitsübungen der Meditation wurde dann halt aber angereichert durch Wissenschaftsfacts. Und ich glaube, das war das, was uns dann alle auch überzeugt hat, natürlich erstmal auch kognitiv, dass wir über verschiedene Studien erfahren haben, dass das wirklich was bringt. Und das Bild, was mir von Anfang an gefallen hat, mit dem ich auch gerne immer noch arbeite, ist dieses Bild, dass man ja als Sportler auch seinen Körper trainiert vor einem Marathon und gleichzeitig für Wissensarbeiter, die den ganzen Tag mit dem Kopf arbeiten. Aber eigentlich gar nichts dafür tun, dass unser Kopf gut funktionieren kann. Und das Bild, das wurde, glaube ich, gleich am Anfang auch mal dargestellt. Das hat mir bis heute gut gefallen. Ich glaube, das ist so ein Punkt, warum viele dann auch sagen, okay, das schaue ich mir zumindest mal an. Also auch wenn man vielleicht nicht von Anfang an begeistert ist. Manche haben es auch eher so in die esoterische Ecke am Anfang gesteckt. Aber zumindest diese Wissenschaftsthemen haben gesagt, okay, da scheint was dran zu sein. Ich lasse mich mal drauf ein.

Marina Löwe: Also nicht nur ins Fitnessstudio gehen und trainieren, sondern sagen, okay, ich arbeite ja nicht nur mit meinem Körper, sondern ich gehe mit meinem Kopf zur Arbeit und da auch wissenschaftlich verstehen, was macht Achtsamkeit eigentlich? Was denkst du, Petra, oder was waren so Rückmeldungen auch, die du bekommen hast?

Petra Martin: Genau, also der Einstieg über die Neurowissenschaften, der überzeugt doch die allermeisten oder alle, würde ich sagen. Das ist interessant und wenn Achtsamkeit sowas bewirkt, ist das spannend. Aber ich glaube, dass Führungskräfte grundsätzlich überdurchschnittlich leistungsorientiert sind. und Was kann man heute von jedem Sportler hören? Ich glaube, es gibt keinen Spitzensportler, der nicht eine Achtsamkeitspraxis hat. Da muss ja was dran sein. Und ich glaube, es ist von daher ein Thema geworden, was total normal geworden ist. Das heißt, man muss nicht meditieren, um dazu zu gehören. Aber wer meditiert, wird nicht mehr komisch angeguckt. Das finde ich sehr hilfreich. Und ich glaube, alleine über dieses, das steigert meine Leistung und nicht nur Leistung im Sinne von schneller, höher, weiter, sondern ich werde vielleicht eine bessere Führungskraft. Das ist auch eine Form von Leistung. Und das, glaube ich, haben über verschiedene Zugänge alle verstanden. Und das ist überzeugend. Also ich profitiere davon. Und das Unternehmen profitiert unterm Strich davon irgendwann auch. Aber es ist nicht, wo ich eine Methode anwenden muss. Mir wird was gegeben und ich habe persönlich was davon. Ich glaube, das ist ein unheimlich wichtiger Effekt.

Marina Löwe: Ja, und du sagst gerade was ganz Spannendes, weil viele haben ja so dieses Vorurteil über Achtsamkeit. Es geht ja nur darum, dass die Leute besser lernen, auszuhalten im Hamsterrad, dass die effektiver, schneller rennen können. Und jetzt hast du gerade was Schönes gesagt, nämlich es steigert die Leistung auch in dem Sinne, dass ich eine bessere Führungskraft bin und damit mache ich es mir am Ende ja auch wieder leichter. Ja, also ihr habt ja auch gesagt, dieses Vertrauen können. Das ist ja ein Riesenthema, wenn es darum geht, New Work oder agiles Arbeiten einzuführen oder sowas wie Home Office. Ich muss abgeben und loslassen können. Und diese Sorge im Hinterkopf, jetzt sitzt der Mitarbeiter vielleicht in der Sonne oder buddelt im Garten, aber arbeitet gar nicht. Umwandeln zu können hin zu, was kann ich für den tun? Wie kann ich den unterstützen? dass es dem auch im Homeoffice gut geht. Das ist ja ein Riesenwandel. Da ist ja wahnsinnig viel schon passiert, wenn man sich auch gerade anguckt, wo wir klassisch aus der Industrie eigentlich herkommen mit den Anforderungen früher. Wie ist denn das bei euch gefühlt auch in eurer Historie zu verankern? Also wir kommen ja über die Industrialisierung und den Terrorismus eigentlich Von früher her noch so aus dem, es muss lean sein und es muss möglichst verschwendungsfrei sein. Und dann ist ja dieses mal eben in die Luft gucken oder sich mal eben hinsetzen, auf den Atem konzentrieren, eigentlich was, was unserem Kulturverständnis total widerspricht. Also wie hat das bei euch sich in die Kultur eingebettet? oder was muss man vielleicht auch über eure Historie wissen, um überhaupt zu verstehen, wo das heute landet?

Petra Martin: Ich würde es mal ein bisschen abstrakter versuchen zu beantworten und vielleicht magst du es konkretisieren für dich. Also Bosch kommt natürlich ganz, ganz klassisch so richtig aus der alten Welt. Wir kommen aus der Massenproduktion. Das ist das, was Bosch groß gemacht hat. Ich glaube mit Scheibenwischer, Motoren und Zündkerzen und solchen Dingen, was in riesen Stückzahlen gefertigt wurde. ein Unternehmen, was eine derartige DNA hat, ist genauso geprägt, wie du es gesagt hast. Zum einen hierarchisch, zum anderen total auf Effizienz und null Fehler und so weiter. Wenn wir jetzt auf Innovation gucken, wenn wir auf neue Welt gucken, da geht es ja nicht nur um attraktiv zu sein für junge, begabte Leute. Es geht ja letztendlich auch darum, wie kriegen wir noch ausreichend Innovation in die Welt? und so weiter. Diese ganzen Anforderungen benötigen ein anderes Verhalten, einen anderen Führungsstil, eine andere Herangehensweise und die ist in dieser alten Form der Führung ja gar nicht mehr möglich. Oder Auf alle Fälle sehr schwer. Und ich glaube, dass Führungskräfte diesen Switch wahrnehmen. Und ich glaube, der Switch ist bei vielen schon in der Person drin. Die haben Bereiche, die sie sozusagen, eine Fertigung zum Beispiel, die kann man nicht komplett agil führen. Das geht einfach nicht. Da gilt es, weiter effizient zu sein. Da gilt es, weiter Fehler zu vermeiden. Und dann hat man vielleicht noch eine Abteilung, die machen jetzt eine weltweite Betreuung von irgendwas. Das ist ganz was anderes. Das sind Wissensarbeiter, die in unterschiedlichen Zeitzonen arbeiten, die im Homeoffice arbeiten könnten und so weiter. Also das heißt, eine Führungskraft kann beide Anforderungen schon in einer Person vereint haben. Und ich glaube, diesen Switch wahrzunehmen, zu merken, ich muss mal so und ich muss mal so können, das ist sehr anspruchsvoll. Und ich glaube, viele, die das erlebt haben, merken auch, ja, sozusagen mich selbst beobachten zu können, meine eigene Haltung zu dem Ding vielleicht benennen zu können, darüber reden zu können und so weiter. Das hilft mir enorm. Und dafür hilft natürlich Achtsamkeit, schon mal diese innere Klarheit für sich zu finden, sich nicht von seinen eigenen Emotionen ständig überrennen zu lassen oder von seinem eigenen Mindset verrückt machen zu lassen. Ich glaube, es gibt Menschen, die sind weniger vertrauensvoll oder können weniger leicht Vertrauen schenken als andere. und Und wenn die für sich reflektieren können, okay, das ist mein Problem und das hilft. Also sehr praktisch, glaube ich, hilft das tatsächlich im täglichen Führen.

Marina Löwe: Ja, und Christiane, die Frage war ja, was ist für dich nochmal ganz konkret dazu greifbar? Du hast ja jetzt auch so ein bisschen den Wandel dann zum einen im Außen beobachten können, aber auch bei dir.

Christiane Kurz: Ja, ich überlege gerade, was vielleicht ein gutes Beispiel wäre. Also tatsächlich ist es so, dass diese Veränderungen von dieser alten Welt in die neue Welt, die bekommt man eigentlich tagtäglich mit. Also die Aufgaben sind nicht mehr so, dass die hierarchisch über mich in die Abteilung kommen und hierarchisch wieder rausgehen. Es ist ganz oft so, dass meine Mitarbeiter an Aufgaben arbeiten, das bekomme ich erst mit, wenn sie es mal irgendwo vorstellen, weil sie selbst angesprochen werden oder sich selbst auch die Arbeit suchen in den Teams, wo sie sagen, das ist sinnvoll, dass wir da mit reingehen. Und gleichzeitig auch die Mitarbeiter das wollen, also gerade natürlich auch die jüngeren Mitarbeiter, die sagen, ich möchte auch, das gehört für mich dazu, als Anspruch an meine Arbeit auch eine gewisse Freiheit zu haben und mich einzusetzen. einbringen zu können. Also das merkt man auf der einen Seite, der Zug von der neuen Welt. Gleichzeitig merkt man aber auch diese Macht von der alten Welt. Also wir kommen aus dem Bereich, denn Salzgitter, wo wir sitzen, ist auch Fertigung. Also das merkt man natürlich dann auch von der Kultur her. Und meine Mitarbeiter kommen da teilweise auch her. Also man hat eigentlich jeden Tag diese Situation, dass man teilweise noch Aufgaben wirklich strukturiert, vordefiniert, delegiert und wieder einsammelt. So ein bisschen dieses Sehnen. alte Vorgehen. Und gleichzeitig hat man jeden Tag die Situation, dass man merkt, ach, der Mitarbeiter ist in dem Projekt, ist ja interessant. Bin gespannt, was da rauskommt. Und ich glaube, das haben Führungskräfte hier schon die ganze Zeit irgendwie wahrgenommen. Da verändert sich was. Und entweder ist man selbst auch so, dass man sagt, ich möchte eigentlich auch eher auf diese vertrauliche Art und Weise arbeiten. Oder man kommt auch mit der alten Vorgehensweise gar nicht mehr zurecht. Und ich glaube, das haben alle irgendwie schon gemerkt, gespürt, wahrgenommen. Und ich glaube, das mal zum Thema zu machen und besprechbar zu machen, hat uns allen sehr, sehr geholfen.

Marina Löwe: Ja, und was für eine Riesenherausforderung. Also wenn ich gewohnt bin, dass mein Job als Führungskraft war, dass ich das delegiere, koordiniere, aber dann auch wieder einsammle und präsentiere und dass ich zu jeder Zeit Antwort oder Bericht erstatten kann nach oben, was meine Mitarbeiter denn so machen. Das ist ja definitiv wirklich ein Kulturwandel, der für den Einzelnen auch ganz viel Veränderung bedeutet. Genau das, was du sagst. Also ein Stück weit ist das noch so. Aber es gibt eben auch Fälle, wo du das nicht weißt. und dann ist die Frage, ist das was, was du krumm nimmst als Führungskraft oder wo du sagst, ja gut, super, also da haben sich die Mitarbeiter engagiert und es geht auch ohne mich. Ich muss es eben gar nicht mehr überall und im Gegenteil, ich sollte es auch nicht, weil es dann einfach wieder verlangsamt oder irgendwo bremst oder den Leuten genau nicht die Freiheiten gibt. Also das klingt schon wirklich nach einem sehr, sehr großen Wandel, wo ja auch viele skeptisch waren. Kann man sich denn überhaupt von so einer sehr traditionsreichen Unternehmenskultur auf die neue Arbeitswelt einstellen? Und ich glaube, da gebt ihr ganz gute Ausblicke und Perspektiven. Um das für die Hörer mal konkreter zu machen noch. Wie genau seid ihr nach dem Pilot, das war ja so der Einstieg, also der Auftrag, dann der Einstieg mit dem Pilot, sehr gutes Feedback. Wie seid ihr dann weitergegangen? Was waren die Folgeschritte?

Petra Martin: Also wir haben ja diesen Campus aufgesetzt 2012. Dann war das, wie ich ja schon sagte, ziemlich erfolgreich und haben dann schnell die zweite Gruppe gestartet, die dritte Gruppe gestartet. Wir haben inzwischen über 2000 Leute da in diesem Campus gehabt, also zwischen 2000 und 2014. 500 irgendwas, ich kann es nicht mehr genau sagen. Das heißt, bei uns haben sehr viele Menschen Kontakt zu dem Thema gehabt. Und Kontakt heißt nicht, ich habe mal einen kurzen Impuls gehört, sondern über zehn Monate haben die über Selbststudium und immer wieder Sessions, haben die das schon erfahren können. Und das war für mich so ein bisschen der Praxischeck. Ist das jetzt ein bisschen sowas wie die Campus-Community, vielleicht sowas wie eine verschworene Gemeinschaft? Und da haben wir einen Leadership Day gemacht und da waren 400 Leute. Und da waren natürlich einige dabei, die schon im Campus waren. Und da haben wir Mini-Meditationen angeboten, also von tollen Trainern gemacht. Und da sind Leute drin gewesen, von denen hätte ich vorher, ich hätte es schriftlich gemacht, die gehen da nie rein. Die sind reingegangen und sagten danach, das war ja geil. Und wirklich Kollegen, auch gute Kollegen, wo ich das nicht erwartet hatte, die das super gut fanden, wo ich merkte, okay, die spüren was dabei. Und das ist ja erstmal gut, sie spüren was. Und das war für uns der Punkt, also unser Werkleiter hier in Salzgitter ist auch sehr angetan von dem Thema. Und der hat zehn Monate gebraucht, der war in der allerersten Campusrunde und hat während der ganzen Campusdauer gesagt, das ist nichts für mich. Danach hat er angefangen. Echt? Ja, und ist noch dabei. Und dann haben wir gesagt, wir wollen das Thema hier in Saskieta, Saskieta ist ja mal unser Heimatstandort, wir machen das für unseren Geschäftsbereich weltweit und inzwischen auch schon deutlich über den Geschäftsbereichsgrenzen hinaus, aber wir haben gesagt, wir probieren uns Saskieta mal was aus und da haben wir so ein intensiveres Programm gemacht. Also eins, das von der Struktur her ist Research Inside Yourself, das hieß halt anders, war von einer anderen Firma. Und da haben wir 60 Führungskräfte in Satzgitter drin gehabt, wo es wirklich nochmal eine andere Verbindlichkeit, nochmal eine andere Tiefe, eine andere Intensität bekam. Und das hat so super funktioniert und das hat so super Ergebnisse gebracht. Das wurde wissenschaftlich begleitet und alle, die dabei waren, nicht alle, die dabei waren, das wäre jetzt zu absolut gesagt, aber ein guter Teil derer, die dabei waren, haben das Thema absolut verinnerlicht und verlieren zwar manchmal ihre Praxis, oft auch wieder zurück. Christiane war übrigens meine Lernpartnerin.

Christiane Kurz: So haben wir uns enger kennengelernt.

Marina Löwe: Ah, ihr wart über dieses intensive Programm im Duo quasi jetzt miteinander verbunden.

Petra Martin: Genau, also ich bin schon länger als 2008 dabei, aber ich versuche diese Programme auch immer wieder selber noch mitzumachen, einerseits um zu gucken, wie es wirklich funktioniert, was es mit mir macht und ich finde es immer wieder spannend. und dieses intensivere Programm hat wirklich So gute Ergebnisse gezeigt, dass es, glaube ich, auch für uns tolle Argumente geliefert hat, dass wir dranbleiben am Thema, dass es businessrelevant ist, dass es Führungskräften hilft, all das. Und ich glaube, das war ein Booster für uns, uns mehr zuzutrauen und auch so, ja, schon eine verschworene Gemeinschaft hier zu haben.

Marina Löwe: Ja, das klingt total schön. Und sag mal, Christiane, was müssen wir uns denn vorstellen unter? das war ein intensiveres und verbindlicheres Programm? Also nur um es ein bisschen greifbar zu machen. Reden wir jetzt von drei Tagen am Stück oder war das über mehrere Monate? Was bedeutet das intensiver und verbindlicher Programm?

Christiane Kurz: Genau, es lief über acht Wochen und das waren dann auch acht Module. Also jede Woche hatten wir ein Modul, zwei, zweieinhalb Stunden gingen die ungefähr zu einem Thema. Stress bewältigen oder Umgang mit Unsicherheit, Veränderung. Also jede Woche gab es so ein Thema, was wir uns dann ein bisschen genauer angeschaut haben. Und da war auch wieder der Mix, dass wir natürlich viel zusammen meditiert haben, uns dazu ausgetauscht haben oder auch andere Übungen gemacht haben, aber auch immer mit neurowissenschaftlichen Facts hinterlegt. Und darüber hinaus waren wir angehalten, jeden Tag zu meditieren, mindestens zehn Minuten, also auch für uns selbst zu üben, auch ohne Anleitung zu üben und auch eine Routine zu bekommen und uns mit unserem Lernpartner auszutauschen und uns auch gegenseitig dort an der Stange zu halten, was wir auch ganz gut hinbekommen haben. Und was sehr, sehr hilfreich war, es gab zum Anfang und zum Ende einen Test und einen Fragebogen. Also der Test, das war so ein Attention-Network-Test, hieß der, glaube ich, wo man wirklich auch gesehen hat, innerhalb von diesen acht Wochen, es tut sich wirklich was. Also die Aufmerksamkeit ist gesteigert, die Reaktionen, also da gab es ganz tolle Erkenntnisse. Und auch über die Fragebögen haben wir sehr viel über uns selbst und Petra auch für die Organisation lernen können.

Marina Löwe: Das heißt, ihr sagtet, das war wissenschaftlich begleitet. Also was waren so die Kernerkenntnisse aus dieser Beobachtung raus?

Petra Martin: Also Kernerkenntnisse waren, also bestimmte Dinge sind deutlich geringer gewesen und andere sind deutlich höher gewesen. Also so Erkenntnis war, und das waren wirklich unheimlich viele Fragen, die wir da ausgewertet haben. Es war also nicht, bist du jetzt kreativer, ja oder nein, sondern eine Menge Fragen zielten auf Kreativität ab. Und das war zum Beispiel ein Ergebnis, gefühlte Kreativität war deutlich höher. Sozusagen die persönliche Zufriedenheit war deutlich höher, die Belastbarkeit war höher. Das Stressempfinden deutlich geringer. Der Überdruss war deutlich geringer. Also wir haben alle nicht weniger gearbeitet. Wir haben auch nicht weniger Aufgaben gehabt. Wir hatten nur fast alle einen besseren Umgang damit gefunden. Und wir haben in diesem Programm auch zum Beispiel Meister dabei gehabt, die einen ganz operativen Job haben und die viel viel größere Probleme haben oder Herausforderungen, Probleme haben sie auch, aber das meine ich jetzt gar nicht, sondern Herausforderungen haben, die sind total fremdgesteuert. Da ist ein Thema, das ist jetzt da, das muss jetzt gelöst werden, zack, und die sind komplett fremdgesteuert. Und dass die für sich so die Erkenntnis hatten, ja, ich konnte meinen Umgang mit solchen Themen deutlich verbessern, das fand ich auch nochmal wirklich ein tolles Ergebnis. Ich glaube, der wesentliche Unterschied lag darin, dass wir uns selbst verpflichtet haben, täglich zu meditieren und das wurde erfasst. Also wir mussten das, wir hätten auch lügen können, aber wie das bei jeder Sportchallenge ist, man trägt dann seine 10 oder 11 Minuten oder 15 Minuten, wie viel auch immer ein und das summiert sich und man weiß, die anderen tun das auch. Und das ist wie so ein kleiner sportlicher Wettkampf der Ehrgeiz. Ich bin nicht diejenige, die hier blöd auffällt. Das hat den Unterschied gebracht, würde ich sagen. Das ist tatsächlich jeden Tag zu meditieren.

Christiane Kurz: Ja, und im Vergleich zu dem Führungskräfteentwicklungsprogramm, wo wir zwar auch über zehn Monate begleitet wurden, aber so ein acht Wochen Intensivprogramm war bei mir dann tatsächlich auch der Moment, wo ich ins tägliche Meditieren gekommen bin und auch dabei geblieben bin. Und ich glaube, so geht es auch ganz vielen. Und ich weiß nicht, wollen wir vielleicht noch was zu Mindfriend sagen als aktuelles Programm? Weil da geht es ja im Grunde auch in die Richtung, dass es eher in die Breite geht und vor allem auch über so ein zehn Wochen Programm deutlich tiefer in die Vertiefung und vor allem auch in die Routinen reingeht.

Petra Martin: Also du könntest ja jetzt auch fragen, ich sage mal, was du fragen könntest, aber ich sage es einfach mal. Warum habt ihr das nicht für alle angeboten? Ja, wir haben es nicht für alle angeboten, weil es viel zu teuer ist. Also es sind natürlich dann auch Mitarbeiter, das sind nicht so oft Produktionsleute, das sind eher so Leute aus den Ingenieursbereichen, aus den Controlling-Bereichen. Wie gesagt, wir würden es auch gerne machen, wir finden es auch interessant. Was dann aber wirklich die Weiterbildungsbudgets doch sehr, sehr, sehr strapaziert hätte. und es gibt ja dann auch mal das eine oder andere Fakt, Seminar, was wir machen müssen. Und da haben wir halt für uns überlegt, wie kriegen wir so ein Thema qualitativ gut in die Breite. Und da haben wir dieses Mindfriends-Programm gemacht, wo wir im Endeffekt nach ähnlichen Prinzipien arbeiten. Also wie kriegen wir Menschen dazu, sich vor sich selbst und vor anderen zu verpflichten, eine tägliche Praxis auszuprägen. Und immer vor dem Hintergrund, kommt in die Reflexion, denkt darüber nach, tauscht euch darüber aus. Und das und das sind übrigens die Wissenschaftsfacts, die belegen, dass es tatsächlich funktioniert. Und das Programm heißt Mindfriends. Und funktioniert ganz, ganz niedrigschwellig und zum Beispiel auch aktuell, weil es digital funktionieren kann. Man kann das mit dem Team machen vor Ort, am Tisch sitzen und darüber reden. Es funktioniert digital aber ganz genauso und deswegen läuft es auch jetzt. Das ist super spannend.

Marina Löwe: Nur ganz kurz, ihr habt ja gesagt, das andere war acht Wochen, die zwei bis zweieinhalb Stunden waren Präsenz und dann eben das Aufschreiben. Und MindFriends ist über zehn Wochen, kann auch digital stattfinden. Also was unterscheidet die Programme bzw. was nehmen die Mitarbeiter bei MindFriends mit, wenn ihr sagt, dadurch ist es auch geeignet, mehr in die Breite zu gehen?

Petra Martin: Also das ist halt ein ganz niedrigschwelliges Programm. Das ist also sehr preiswert. Die werden nicht von einem Trainer angeleitet, sondern von einem Workbook. Und die Interaktion passiert in einer kleinen Gruppe. Also die kleine Gruppe arbeitet mit dem Workbook. Die lesen sich das gegenseitig vor. Da sind Übungen drin, da sind Reflexionsfragen drin, da sind Sachen für das Selbststudium drin, da sind Wissenschaftszwecke, da sind Links, wo man sich nochmal vertiefen kann. Aber letztendlich geht es immer darum, finde eine Gruppe, mit der du es zusammen machen willst, weil die Gruppe führt dazu, dass die Verbindlichkeit steigt. Der Austausch führt automatisch in die Reflexion und damit kriegt man diese Vertiefung in einem Thema hin. Denn letztendlich geht es nur übers Tun und nicht übers Lesen.

Marina Löwe: Sind denn da angeleitete Meditationen auch irgendwo?

Petra Martin: Da ist eine App dabei. Also wir haben so drei inhaltliche Stränge festgelegt. Das eine ist Selbstführung, das andere ist Deep Work, also die Fähigkeit, vertieft arbeiten zu können und achtsame Zusammenarbeit. Und zu jedem Strang bildet die App geführte Meditationen über zehn Wochen an.

Marina Löwe: Super. Das heißt, damit seid ihr, also ich sage mal, ihr habt unterschiedliche Ebenen gemacht. Ihr habt die Pilotgruppen, das waren so zehn Monatsprogramm. Das hat schon viel ausgemacht. Dann habt ihr gemerkt, okay, wenn man es nochmal kondensiert, also auf diese acht Wochen bringt und dann über die Gruppe und über das Messen und Nachhalten wirklich ein Nudge nennt man das ja immer so schön, also es den Leuten leicht machen, Nudging, dass sie sagen, okay, ich bin auch hochmotiviert, jetzt die zehn Minuten zu machen, gar nicht über Druck, sondern über, hey, die anderen, hast du Bock, da so ein bisschen in einen gesunden Wettbewerb mit einzutreten vielleicht oder einfach die Gruppendynamik zu nutzen und für Das breitere Ausrollen. im Konzern gibt es das MindFriends-Programm, wo ich mit einer App die Meditation nutzen kann und der Rest klingt ein bisschen wie das Working-Out-Loud-Prinzip. Also du hast eine Guideline, an der du dich lang arbeiten kannst und dann geht es um eigentlich das selbstorganisierte Arbeiten. Also finde jemanden, sei autark und übernehme selber die Verantwortung und auch die Führung vielleicht in der Gruppe. Klingt auf jeden Fall gut und ich glaube, das gibt einen ganz guten Einblick auch für gerade diejenigen, die sagen, könnte das denn bei mir funktionieren? Also viele haben ja bei sich im Konzern dann so die Führungskräfte im Kopf und denken, niemals. Und da finde ich ganz schön, Petra, dass du so offen gesagt hast, bei dem Leadership Day, da wären einige gewesen, da hättest du vielleicht Geld drauf gewettet. Und auch die waren total begeistert, weil sie gerade mit den Kurzmeditationen gemerkt haben, ich fühle, dass es mir gut tut oder mir was bringt.

Petra Martin: Also ich glaube, das war für viele ein ganz toller Zugang zu sagen, das war nur für mich, keiner stört mich. Ich kann jetzt einfach mal gar nichts tun. Also ich tue natürlich schon was, aber ich tue es für mich. Das, glaube ich, war für viele eine tolle Sache. Ich habe es mal von einer Freundin gehört, sie sagt, das ist der Moment, wenn sie in der Kirche ist. Also sie sagt, ich habe nie zur Meditation gefunden, aber für mich ist in der Kirche sein sehr ähnlich.

Marina Löwe: Ja, diese Kontemplation und eigentlich um das Innehalten, das hat man früher in der Kirche gehabt. Da war es noch Teil der Gesellschaft ja auch, als Kirche noch viel stärker verankert war. Und diese stille Momente, die verschwinden aus unserem Alltag fast vollständig. Also auch, weil früher gab es vielleicht Samstagabendsprogramme im Fernsehen, aber irgendwann war auch graues Rauschen. oder Testbild. Das haben wir heute nicht. Also wir können ja jederzeit uns irgendwie entertainen. Und das finde ich auch nochmal einen wichtigen Hinweis. Das mache ich für mich, weil es wird ja den Unternehmen oft auch vorgeworfen, naja, das ist ja zur Leistungssteigerung. Da hast du schon gesagt, ja, aber eine bessere Führungskraft, da habe ich selber was von. Und gerade dieser Aspekt, das Unternehmen schafft eigentlich einen Rahmen, wo ich einen Zugang bekomme zu einem Tool, das ich dann nur für mich nutzen kann, weil ich merke, das tut mir gut und das macht es mir leichter. Das klingt nach einem guten Bild. Wenn ihr noch einen Tipp hättet für die Zuhörer, gerade auch jetzt, wir haben ja Covid-19 und du hast schon ganz richtig gesagt, Petra, das wird uns auch noch eine Weile begleiten. Was ist, wenn jemand sagt, das war ja auch viel Präsenz bei Bosch, jetzt sind wir ein bisschen spät auf den Zug aufgesprungen. Inwiefern kann man das überhaupt durchsetzen? digital und virtuell in der Situation auch beibehalten oder einführen? Also was hättet ihr beide vielleicht auch, Petra, du eher aus unternehmerischer Sicht, was kann man da machen? Und Christiane, du vielleicht auch aus persönlicher Sicht als Führungskraft, was man persönlich machen kann. Was denkst du, Petra, wie kann man jetzt auch digital, also Mindfriends ist ja ein Beispiel, was du gerade gesagt hast, das auch fortsetzen? Du hast vor unserem Gespräch auch noch gesagt, ihr habt Online-Meditationen, zu denen man sich einwählen kann.

Petra Martin: Genau, da kann Christiane vielleicht was zu sagen. Sie ist nämlich Master of Disaster dabei.

Christiane Kurz: Genau, also ich biete jetzt einmal in der Woche eine Meditationsrunde an. Und da habe ich Anfang des Jahres hier in Salzgitter mitgestartet, natürlich vor Ort, gemeinsam in einem Raum meditiert. Und als wir verstärkt ins Homeoffice gegangen sind, war für uns alle klar, dann machen wir das halt per digitalen Skype-Link. Das funktioniert genauso gut. Und tatsächlich ist das Interesse jetzt auch so groß, dass ich jetzt eine zweite Gruppe anbieten werde, wo wir für unseren gesamten Geschäftsbereich und natürlich nur für Salzgitter das anbieten werden. Und das wäre vielleicht auch so meine Empfehlung für alle, wenn man jetzt Interesse daran hat. Am einfachsten ist es tatsächlich, irgendwie in eine Gruppe oder mit einem Lernpartner reinzukommen. Sucht euch irgendeine Meditationsgruppe, ein Online-Format, wo man sich gemeinsam verabredet, gemeinsam übt und sich vor allem gemeinsam auch dazu austauscht, was man dort erfahren hat.

Petra Martin: Also ich glaube einfach, dass wir über die aktuellen technischen Möglichkeiten, so wir führen jetzt hier ein hochkonzentriertes, gutes Gespräch, wie ich finde. Das wäre ja vor ein paar Jahren so in der Form noch gar nicht möglich gewesen, nur per Telefon. Also die technischen Möglichkeiten bieten natürlich viel. Und wir haben es vorhin gesagt, die Menschen spüren, dass was fehlt. Und ich glaube, zu erkennen, dass der Mensch mehr Sinne hat, als diese Schmecken, Riechen, Hören, sonst was, sondern es ist ja viel feinstofflicher, was wir Menschen wahrnehmen können. Und dass wir über eine Achtsamkeitspraxis darin besser werden. Also die Überzeugung zu verbreiten, dass es helfen wird, qualitativ hochwertiger durch diese aktuelle Krise zu kommen. Und ich glaube, da haben jetzt die Großen sich dazu geäußert, Hawks, Harari und all die Leute schreiben ja auch, es wird nicht so zurückgehen, wie es war. Also wir werden viel digitaler bleiben und wir werden, um das in einer guten Qualität hinzubekommen, einfach neue Qualitäten ausprägen müssen. Und das ist einfach ein ganz toller Enabler für diese Qualitäten. Und von daher bin ich überzeugt, dass viele spüren werden, dass da noch was fehlt und vielleicht eine Öffnung haben werden, sich damit mal zu beschäftigen. Also ich glaube, man kann das sehr unternehmerisch begründen und auch verstehen. Also ich tue was für mich, mein Team profitiert davon, mein Unternehmen profitiert davon. Das ist doch eine ziemlich gute Sache.

Marina Löwe: Das ist ein sehr, sehr schönes Argument und das unterstreicht, wie ihr auf Platz 200 attraktivsten Arbeitgeber der starken Region 38, also Wolfsburg, Braunschweig und Salzgitter landen konntet. Herzlichen Glückwunsch nochmal dazu. Vielen, vielen Dank für den offenen Einblick in eure Erfahrungen und auch eure Vorgehensweisen. Ich finde das ganz toll, dass ihr das so teilt und damit auch anderen die Möglichkeit gebt zu sehen, egal wo man herkommt, kulturell gesehen und vom Land, vom Führungsbild, was man bisher im Kopf hat. Es gibt gute Argumente, sich mit dem Thema Achtsamkeit zu beschäftigen und das den Mitarbeitern anzubieten. Und es ist möglich, das als einen Teil des Kulturwandels einzubauen und zu nutzen. Und ich glaube, da habt ihr sehr, sehr gute Beispiele und Argumente genannt, die sehr gut begründen, warum das eine sinnvolle Investition ist. Ich wünsche euch, auch wenn es im Moment noch Homeoffice und Abstand ist, also die Zeit der sozialen Distanz, aber hoffentlich der emotionalen Nähe, weiterhin sehr, sehr viel Erfolg damit, Christian. Ich finde es großartig, dass du jetzt ausweiten musst auf die nächsten Gruppen oder ihr bei Bosch insgesamt. Auch so viele habt, die sich live einwählen. Von daher ganz herzlichen Dank und weiterhin euch viel Erfolg. Danke.

Christiane Kurz: Wir danken dir. Danke.

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