Wie führe ich erfolgreich Product- und Engineering-Teams?

15. Oktober 2024, mit Joel KaczmarekTill ReiterBjörn Wagner

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Joel Kaczmarek: Hallo Leute, mein Name ist Joel Kaczmarek. Ich bin der Geschäftsführer von digital kompakt und heute geht es mal wieder in den Bereich Product und Engineering. Und ihr wisst, wenn wir dieses Doppelthema haben, dann kommen immer zwei Männer mit an den Start. Zum einen der liebe Björn Wagner, der ist VP Engineering bei SAP Signavio und Till Reiter, der Frechdachs macht jetzt was Neues. Der war bisher nämlich auch im Product-Bereich bei Signavio und jetzt ist er mittlerweile aber CPO bei Integrity Next. Sagt er uns bestimmt gleich noch einen kurzen Satz zu. Und wir haben uns überlegt, lasst uns doch mal über Führung sprechen in dem Bereich. Also wie führe ich, wenn es um Engineering und Product geht? Das heißt, wir deklinieren mal durch, wie stelle ich Leute ein, wie stelle ich Leute aus, auf welchen Stil kommt es dabei an, wie delegiere ich Dinge, welches Feedback gebe ich, Herausforderungen und, und, und. Also heute, glaube ich, eine bunt gepackte Folge. So, und that being said, hallo ihr beiden, schön, dass ihr da seid.

Björn Wagner: Hallo.

Till Reiter: Hallo Joel.

Joel Kaczmarek: Till, Mensch, ich habe schon gesagt hier, du Schlingel, was machst du jetzt da eigentlich bei Integrity Next? Sag mal einen ganz kurzen Satz, sind wir doch neugierig, wir verfolgen ja auch deinen Werdegang.

Till Reiter: Ich bin als Chief Product Officer eingestiegen und unser Produkt geht darum, Unternehmen zu helfen, nachhaltige Lieferketten aufzubauen und zu analysieren. Aber ich bin froh, dass wir diesen Podcast hier noch haben, damit ich Björn nicht allzu stark vermissen muss.

Joel Kaczmarek: Komm Björn, gute Gelegenheit, um auch nochmal ganz kurz ein Intro zu machen zu euch, weil man macht es ja immer so, dass man Folgen so lange führt und das finde ich gar nicht so schlecht, trotzdem nochmal zu erzählen. Wie ist es bei SAP Signavio, was macht ihr eigentlich?

Björn Wagner: sich neuen Marktgegebenheiten, neuen Umgebungen anzupassen oder zum Beispiel große IT-Projekte zu begleiten und quasi möglichst schnell zu verstehen, was muss eigentlich quasi verändert werden, also wir nennen das so Time to Insights and Time to Adapt, das heißt möglichst schnell einen Einblick zu bekommen, welche Sachen mit einer Prozessbrille funktionieren gut, welche funktionieren weniger gut und die dann halt auch möglichst schnell anpassen zu können. Sehr gut.

Joel Kaczmarek: So, also jetzt kennen wir euch und eure Firmen, also euch noch nicht, aber können wir mal hier so ein kleines Postscriptum machen. Wer ist eigentlich Björn? Ich gehe gerne golfen, ich mag gerne jachten. Nein, Spaß beiseite. Jetzt wissen wir aber so grob, aus welchem Background ihr kommt. Jetzt natürlich interessant, eure Führungsstile mal kennenzulernen. Was würdet ihr sagen, wie führt ihr denn eigentlich?

Till Reiter: Björn, willst du anfangen?

Björn Wagner: Leute unter den Bus schmeißen, das ist schon mal der erste Teil. Ja, also Führungsstile, spannendes Thema. Ich habe für mich die spannendste Inspiration, ich glaube, das hatte ich sogar vorher schon mal erwähnt, ist von Daniel Pink, der hat ein Buch geschrieben, ich glaube, das hieß Drive und da gibt es so drei Kernmerkmale und Vielleicht ist es nur in meiner Blase, aber der wird auch inzwischen eigentlich in allen anderen Büchern relativ häufig von anderen Experten referenziert und das ist so das Thema Mastery, Autonomy, Purpose. Also wie motiviert man, wie führt man Leute, man stellt sicher, dass die Leute sich weiterentwickeln können in ihrer Karriere, man gibt ihnen den richtigen Grad an Freiraum, nicht zu wenig, nicht zu viel. Und dann ist noch wichtig, dass man auch einen Purpose hat, mit dem sich die Leute identifizieren können. Das kann eine Vision sein, eine starke Mission, wo Leute glauben, hey, das ist mehr als nur mein nächster Paycheck. Und also für mich ist das so im Sinne von Führungsstil, wenn man Leute, wenn man das beachtet, kann man glaube ich Leute motivieren, mitnehmen und auch quasi aufs nächste Level bringen an der Stelle.

Till Reiter: Was ganz spannend war, jetzt hat ja Paul Graham so einen Artikel veröffentlicht, ich glaube, er hieß Founder Mode, aufgrund von einer Rede von Brian Chesky, dem Airbnb-CEO, was jetzt eine große Diskussion wieder in der Tech-Industrie getriggert hat, wie Hands-on oder Hands-off funktioniert. Sollen Manager oder Leadership-Persönlichkeiten eigentlich sein? Und Chesky hat da eben den Punkt gemacht, hey, als wir skaliert haben, war der Common Advice, hol dir erfahrenere Manager rein, die typical MBA-Guys, die dir den laden. strukturieren und Prozesse einführen. Und er meinte, er hat so irgendwie den Puls verloren, was eigentlich im Produkt gebaut wird und sich entschlossen, dem Modell nicht mehr zu folgen und wirklich bis aufs letzte Detaillevel runterzugehen und den Überblick zu behalten. Und da gibt es halt jetzt die große Diskussion, ist das Micromanagement, wenn man da reingeht? Und es gibt ja auch andere bekannte Beispiele, jetzt Elon Musk mit seinem Demon Mode, der der in die Fabrikhallen reingeht und genau kontrolliert, was wie läuft. Und summa summarum glaube ich, es kommt auf die Situation drauf an. Es gibt nicht den Führungsstil, der überall funktioniert. Das macht auch keinen Sinn. Jetzt bin ich wieder in einem 200-Leute-Laden, SAP. Wie viel sind es, Björn? 110.000. Requires different people with different skills. Und auch in so großen Organisationen hast du völlig unterschiedliche Technologien. Deswegen ist, ich glaube, es gibt nicht den einen Stil, der toll funktioniert. Es muss an das Environment, an den Business Case, an die aktuellen Challenges angepasst werden.

Joel Kaczmarek: Haben Sie mal so Praxisbeispiele, wie ihr arbeitet sonst?

Björn Wagner: Also du hast ja gerade den Elon Musk angesprochen, dieses Hands-on-Arbeiten in der Fabrikhalle schlafen, das ist ja der Mythos. Und es ist dann sehr interessant, wie sich diese Kultur durchschlägt, weil es gab einen großen Newsartikel, Es gibt ja hier in Grünheide die deutsche Tesla Factory, dass die Manager zu den Mitarbeitern nach Hause gefahren sind, die krank gemeldet waren und kontrolliert haben, ob die wirklich krank gemeldet sind.

Till Reiter: Mit einem Strauß Blumen.

Björn Wagner: Ich glaube nicht mit einem Strauß Blumen, die Intention ist da ein bisschen was anderes und das ist dann schon spannend zu sehen, wie sich gewisse Sachen oder Führungsstil dann halt auch durchschlagen, also wenn dann natürlich der CEO, Gründer als Rollen, als Role Model gesehen wird sozusagen, dann ja, schlägt sich das halt auch durch und das kann positive Effekte haben, das kann halt aber irgendwie auch negative Effekte haben. Fand ich sehr spannend, weil wie gesagt, war gerade eine Story diese Woche.

Joel Kaczmarek: Aber bei dir wandelt sich dann der Führungsstil auch gerade so ein bisschen, ne?

Till Reiter: Ja, also du musst natürlich dann weg von diesem Fokus in größeren Orks, Kommunikation, alle in eine Reihe bringen und dann hast du viel Decision by Committee und bestimmte Prozesse, die du durchlaufen musst und dann musst du halt smart agieren, das trotzdem schnell zu steuern. Aber jetzt bin ich natürlich viel mehr drin, wieder im Produkt, viel näher dran, übernehme Aufgaben teilweise wieder selber, was jetzt in meiner vorherigen Rolle einfach schon weiter weg war. Das ist das, was ich meinte mit, du musst es an die Situation anpassen.

Joel Kaczmarek: Aber dann können wir mal weiter durchdeklinieren. Also im Prinzip ja von der Wiege bis zur Bahre. Also der erste Schritt ist ja eigentlich immer erstmal Menschen einzustellen. So, von daher, vielleicht ist ja mal ganz interessant, eure beiden Vergleiche dazu hören. Wie geht ihr denn jeweils bei Produkt- bzw. Engineering an das Einstellen heran? Also welche Qualitäten sind euch am wichtigsten? Was ist so der Vorgang? Was ist so eure Haltung dazu?

Till Reiter: Ich denke, es ist, ich meine, einstellen kann man jetzt auch nicht global sagen. Ich suche immer nach solchen Leuten, kommt natürlich darauf an, auf welchem Level. Ja. Du willst jetzt in einem Startup-Scale-Up-Environment sicherlich eher Leute, die ein breites Feld abdecken und auch abdecken wollen, nicht super spezialisiert sind. Und dann ist es mir halt immer besonders wichtig, da so ein Environment-Personality oder Competence-Fit zu finden. Weil am Ende des Tages, glaube ich, kann jeder Mitarbeiter sehr erfolgreich in seiner Rolle sein, wenn es halt das richtige Environment ist. Da gab es auch ein lustiges Beispiel, was so durch die Newsletter und so gegangen ist von einem VP-Product bei Stripe. Der hatte initial das Problem, dass wahnsinnig viele innerhalb der ersten sechs Monate wieder gegangen sind, weil das dann irgendwie das Environment nicht so war, wie sie es sich vorgestellt hatten. Und du kennst es, ja, dann steht auf der Jobseite, ja, wir haben hier ganz tolle Work-Life-Balance etc. und Reality is different. Und der hat dann wirklich so eine E-Mail vorformuliert, die er jedem in der Offer Stage geschickt hat, why you should not start working here. Einfach brutale Transparenz in the sense of, hey, bei uns wirst du auch mal am Wochenende online sein müssen, wenn irgendwo was eskaliert. Und halt nicht alle Prozesse sind perfekt definiert und ich glaube, da sollte man im Hiring- und Einstellungsprozess ganz transparent agieren, weil sonst kommt die Quittung danach und die Leute können nicht zum Erfolg geführt werden.

Björn Wagner: Ja, würde ich auf jeden Fall unterstützen. Für mich, also das Allerwichtigste am Anfang ist immer Cultural Fit, also passt die Person in die Kultur rein. Ich stelle in der Regel wirklich so Fragen, hey, was sind, was an Werten, was ist dir wichtig in der Firma, ganz am Anfang oder sind die Leute wirklich mit Leidenschaft bei dem Thema, also es ist ein Thema, was die interessiert. wo die Leute quasi auch intrinsisch motiviert sind, dort mitzuarbeiten. Für mich ist das das Wichtigste. Und dann sollte man halt schon, ich bin großer Freund davon, einen sehr detaillierten Prozess zu führen. Ich glaube, dann kriegen beide Seiten Transparenz. Zum einen kann man die Teammitglieder schon mal kennenlernen, mit denen man später zusammenarbeitet. Zum anderen kriegt man einen besseren Blick. Viele Perspektiven helfen auch, wenn man so verschiedene Panel durchführt auf, hey, wie bewerten denn verschiedene Leute verschiedene Kandidaten? Wir gehen in der Regel im Engineering sogar hin, dass es so eine Art Hausaufgaben gibt, eine Coding-Challenge, ich weiß, wird immer heiß diskutiert, von Land zu Land auch in der Kultur, macht man das, macht man das nicht, schrecken wir die Leute damit ab, aber also da gehen wir schon sehr, sehr ins Detail, die Leute müssen irgendwie, die kriegen eine Coding-Challenge, die müssen dann ihren Code hochladen, im Interview wird das dann gemeinsam gereviewt, also da wird dann wirklich sehr, sehr, sehr hands-on mit den Leuten gearbeitet, um halt die, sag ich mal, fachliche Einigung zu bekommen oder fachlichen Match quasi, zu checken, bis hin dann auch zu bestimmen, je nach Rolle dann natürlich verschiedene Interviews, wo nochmal so Leadership, Erfahrung im Bereich Coaching, Mentoring und so weiter abgeklopft wird. Und dann muss man sich ein gutes Bild machen und kann dann eigentlich immer ganz gute Entscheidungen treffen. Das ist eigentlich immer sehr, sehr wichtig. Und dann für mich so der Als Hiring-Manager hat man immer so die Herausforderung, man sagt ja immer viel, man hiret auf Growth-Mindset, also man möchte eigentlich, selbst wenn die Person nicht der perfekte Fit für die jeweilige Rolle ist, wenn man halt den Eindruck hat, die Leute können sich halt schnell irgendwie weiterentwickeln, dann ist das viel besser, als wenn man jemanden hat, der irgendwie quasi perfekt auf die Rolle heute passt, aber vielleicht sich halt nicht so schnell an wechselnde Anforderungen und so weiterentwickeln kann. Und da muss man halt auch mal schauen, einen guten Mix haben im Team. Für mich ist wichtig, was ich auch viel gelernt habe, ist, man sollte immer ein paar Leute haben, die eine ähnliche Sache schon mal gemacht haben, weil dann kann man viel besser voneinander lernen. Wenn alle Leute neu sind und das Szenario, die Komplexität, Größe zum ersten Mal machen, dann ist in der Regel die Learning-Kurve doch sehr, sehr steep und dann verliert man so ein bisschen Geschwindigkeit im Ganzen. Also Ich würde sagen, hey, passt die Person zur Kultur, fühlt sie sich wohl, dann möglichst breiten Prozess führen, um beiderseitig gute Transparenz zu haben und dann halt schauen, hey, wonach sucht man? Sucht man nach jemandem, der irgendwie das schon mal gemacht hat und der dem Team auch irgendwie die Erfahrung mit reinbringen kann oder sucht man jemanden, der sich dort schnell reinentwickeln kann? Das sind so die Hauptpunkte eigentlich, wo man schaut, hey, wen braucht man?

Joel Kaczmarek: Wie ist das bei euch eigentlich in Sachen, ich sag mal, Fachidiot oder eher Generalist? Also ich erinnere mich, in der D-School war das immer so, da haben sie diese T-Shape-People gesucht. Also auf der einen Seite eine gewisse Kompetenzbreite, aber in einem Bereich dann ganz, ganz tief verankert. Und ich weiß nicht, man hat mir das von der Telekom auch mal erzählt. Da meinte man, ah, das hat sich mir eingebrannt. Bei der Telekom hieß es immer, I'm a T, stand on me. Das kriegst du nie wieder aus dem Kopf. Also selbst ich, der da nicht gearbeitet hat. Ist das bei euch auch so, dieses T-Shape-Ding? Oder ist es mehr, nee, es kommt auf die Tiefe an? Oder einige Rollen auch eher generalistisch?

Björn Wagner: Also ich glaube T-Shape ist auf jeden Fall ein sehr gutes Modell, das heißt wir zum Beispiel von einem Entwickler, da ist jetzt nicht die Erwartung nur ich programmiere und jemand sagt mir was ich programmieren soll, sondern die Erwartung ist halt auch die Entwickler verstehen halt die Kundenprobleme, sind halt Problemlöser, reden auch mal mit Kunden. Und sind denn natürlich, haben denn die Tiefe in der Technologie, in der sie halt arbeiten, das ist halt die Expertise, aber es wird erwartet, dass man genauso das Produkt versteht, die Kunden versteht und halt je nach Level auch den zumindest Leuten hilft, auch sich weiterzuentwickeln. Es muss jetzt keine Managerbeziehung sein, aber kann eine. eine Mentoring-Coaching-Beziehung sein. Angefangen vielleicht mit Werkstudenten oder so, selbst wenn ich noch relativ am Anfang meiner Karriere bin, aber wirklich helfen auch Leuten, sich weiterzuentwickeln. Das sind eigentlich schon so die Kernpunkte. Das heißt, nur Fachidioten, wie du so schön gesagt hast, ist, glaube ich, schwierig, erfolgreich zu sein.

Till Reiter: Ich denke, im Product auf jeden Fall. Also ich kann auch oft, ich rate Leuten nicht, direkt ein Produkt nach der Uni zu starten. Baue dir erstmal dein Steckenpferd auf, Ich kenne geniale Produktmanager, die kommen aus dem Vertrieb, die haben ein super Gespür für Markt und Kunden. Es gibt viele, die früher Engineers waren, da ist dann das technische Verständnis besser. Aber die wirklich guten PMs haben immer ihr Core-Skill, wo jeder weiß, dafür kann ich zu dem gehen.

Joel Kaczmarek: Gut, so jetzt haben wir das Einstellen schon mal durchdekliniert, man stellt ja Leute leider auch manchmal aus, also neben Hiring gibt es auch das Firing, das Entlassen, wie geht ihr denn damit um, gerade wenn es so schwierige Entscheidungen sind, wie Entlassung, habt ihr da einen Prozess, vielleicht könnt ihr uns ja da mal mit hinter die Kulissen nehmen.

Till Reiter: Also Regel Nummer eins ist natürlich, die Erwartungen müssen klar sein für beide Seiten. Was ist die Erwartungshaltung hier an die Rolle? Wir unterstützen dann auch, also ich auch immer, das sind hier die ersten Tasks. Je nach Level gibst du halt eine gewisse Detailtiefe vor. Wenn du einen Leader einstellst, dann wirst du ihm vielleicht auch erstmal nur sagen, hey, wir brauchen Usage Analytics, get it done und dann kannst du relativ schnell sehen, okay, kann der ohne groß vorstrukturierte Probleme der oder die natürlich das abarbeiten. und entweder du weißt, okay, wir haben uns irgendwie im Level verschätzt, müssen wir vielleicht anpassen. Oder das sind die ersten Red Flags, die du siehst, die du dann halt klar kommunizieren musst. Und dann schaust, also die Amis sagen ja gerne higher slow and fire fast. Finde ich, ist natürlich jetzt wieder ein bisschen spitz formuliert. In Deutschland haben wir ja dann eher das Konstrukt mit der Probezeit. Aber hier sollte man einfach prüfen, immer genau hinschauen. Für beide Seiten ist das hier irgendwie so eine Zusammensetzung wie der Environment-Personality-Fit, wo man sagen kann, das führen wir gemeinsam zum Erfolg. Und wenn du dann wirklich eine harte Entscheidung treffen musst, dann musst du halt auch gucken, dass das nicht wie eine Bombe im Team oder der Company einschlägt, in den meisten Fällen. Kann man sich dann mit den Leuten irgendwie einigen, okay, das geht jetzt, Beispiel Probezeit, hier nicht drüber hinaus. Wir machen jetzt das und das noch fertig. Du kannst dich vom Team verabschieden, vielleicht sogar im Allhands, kommt auf die Größe drauf an. Dass jeder auch gesichtsfahrend rauskommt und dann die Leute auch unterstützt, danach weiter was zu finden, vielleicht im Netzwerk sich umgucken. Also das sind so die kleinen Tactics, die ich gerne anwende.

Björn Wagner: Macht auf jeden Fall Sinn. Ich habe eigentlich gar nicht so viel hinzuzufügen. Also ich glaube, man muss halt von Anfang an irgendwie klare Ziele haben. Das hilft schon mal, dass man weiß, okay, das sind die Erwartungen am Einstellen. Ich mache meistens 30, 60 Tage. Das heißt, damit den Leuten sagen, wo willst du nach 30 Tagen sein, nach 60, nach 90. Wenn die Leute dann eingearbeitet sind, hat man in der Regel so Jahresziele, auf denen man arbeitet und das ist, glaube ich, so ein guter Punkt, damit man auch beide auch wieder beidseitig Transparenz hat, wo steht man eigentlich, wie gut läuft es, wie schlecht läuft es nicht. Dann konkret, ehrlicherweise sehr stark, hängt das natürlich vom Land ab und den gesetzlichen Rahmenbedingungen, Betriebsrat nicht, Betriebsrat, da gibt es ja noch hunderttausend Sachen, wo man dann halt schauen muss, auch welche Flexibilität hat man überhaupt, ne. Und genau, also wenn man sich dann halt dazu entscheidet, dann ist glaube ich das Wichtigste halt auch Offenheit, Transparenz mit der Person und dann halt schauen, wie kommt das im Team halt an vor allem. Also was ist die Reaktion des Teams, weil das sollte man halt auch bei der Entscheidung berücksichtigen an der Stelle. Und das sind so die Sachen, aber wesentlich genau das, was Till halt gesagt hat. und ja. Was spannend ist, man kann das halt auch nicht so in Isolation betrachten. Zum Beispiel in den USA, wo man ja viel flexibler ist, was irgendwie auch das Firing angeht, kann ich halt auch die Leute anders einstellen mitunter, weil ich ja quasi, selbst wenn es kein guter Fit ist, dann die Leute auch, da gibt es ja sowas wie eine Probezeit, gibt es ja gar nicht, quasi schneller wieder im Zweifel loswerden kann. Und wo man in anderen Ländern dann halt erschaut, okay, dann investiert man vielleicht auch nochmal mehr in den Prozess, um irgendwie sicherzustellen, dass das ein guter Fit ist, weil man sich halt sonst im Zweifel schwieriger trennen kann an der Stelle.

Till Reiter: Also ich glaube, was du gesagt hast mit dem 30, 60, 90, bin ich auch immer großer Fan. Und jetzt so praktischer Tipp an Arbeitnehmer. Also die ersten drei Monate ist einfach die wichtigste Zeit in deiner neuen Rolle. Wenn es von oben nicht vorgegeben wird, was deine Ziele sind, definier sie selber. Und sei im engen Alignment mit deinem Manager, ob das die important items sind to work on. Und da schau, dass du die auch executest.

Joel Kaczmarek: Obwohl es nach 30, 60, 90 Tagen steht, hätte ich auch wahrscheinlich gesagt, Italien, Barbados, Florida. Habt ihr noch ein paar so anschauliche Startup-Beispiele? Also wir hatten jetzt irgendwie Elon Musk eben schon mal, das wird ja auch gerne von euch Netflix zitiert. Habt ihr so was, was Firing angeht, so bitter das ja ist, so ein paar Best Practices, die ihr auch woanders gesehen habt?

Björn Wagner: Also ich glaube, spannend ist, der ganz häufig so zitiert wird, ist der Keeper-Test. Der kam, glaube ich, von Netflix. Die Frage ist, man sollte sich als Manager die Frage stellen, wenn die Person morgen kündigen würde, würde ich dafür kämpfen, dass sie bleibt. Und wenn man die Frage verneint, dann sollte man die Person auch gehen lassen grundsätzlich. Das ist, glaube ich, so mit dem höchsten Bart, den man dort vielleicht haben kann. Aber das ist so Das zeigt auch wieder, es hängt sehr stark an der Kultur und es gibt halt auch Firmen, da wird das grundsätzlich nicht gemacht. Wenn ich halt eine sehr starke Family-Kultur habe, da macht man das quasi gar nicht, wo man eine sehr stark, sag ich mal, leistungsbezogene Kultur hat, denn genau sind die Prozesse halt auch anders entsprechend.

Till Reiter: Ich weiß, Zappos, komplett andere Kultur. Die waren ja, glaube ich, die Ersten, die so dieses Holocracy, hologratische Unternehmensorg aufgesetzt haben. Ich kenne auch viele Startups, die daran gescheitert sind. Da schien es zu funktionieren und für die war der Cultural Field auch so extrem wichtig. Und die haben dann so ein Pay-to-Quit-Modell gehabt. Von wegen, hey, wenn wir hier keinen Fit sehen oder du keinen Fit siehst, dann zahlen wir dir noch drei Monate Gehalt, waren es, glaube ich.

Björn Wagner: als Abschiedsbonus.

Joel Kaczmarek: Interesting. Gut, und jetzt kommen wir jetzt zurück. Also einstellen verstanden, ausstellen verstanden und ich habe ja aufmerksam zugehört und da kommt ja immer so dieses Thema, was du gerade gesagt hast, Mastery, Autonomy, Purpose. Wenn ich mir den mittleren Teil mal angucke, Autonomie, ist ja die interessante Frage. Wie schafft ihr es denn, dass ihr Teams befähigt, aber gleichzeitig so jetzt nicht die Hand drauf habt, aber zumindest eine gewisse Übersicht behaltet?

Björn Wagner: Ja, also klassisch ist ja so, sich diese zwei Dimensionen anzugucken, Autonomie und Alignment, also wie stelle ich sicher den Leuten möglichst viel Freiraum zu geben, aber gleichzeitig zu schauen, dass man quasi in dieselbe Richtung arbeitet, hast du halt zehn Teams in der Organisation, wenn jetzt jedes Team komplett das macht, was es tut, dann ist halt Chaos, dann ist jeder in eine andere Richtung, aber wenn zum Beispiel die Richtung gesetzt ist, Und dann kann man halt auch eigentlich mit einem größeren Rahmen von Autonomie arbeiten. Und wie macht man das konkret? Angefangen mit einer Vision, wo wollen wir irgendwie langfristig hin, dann eine Strategie, wo wollen wir vielleicht in drei Jahren hin? und wo wollen wir konkret, was sind so Ziele im nächsten Jahr? und dann der Klassiker sind ja sowas wie Objectives und Key Results, dass man dann schaut, okay, wie kann man jetzt diese Ziele für die gesamte Firma runterbrechen halt auf die einzelnen Ebenen, einzelnen Teams. Und dass man dann halt aber halt auch, und das ist immer so der Knackpunkt, wirklich mit, sag ich mal, Outcomes, also was möchten wir eigentlich erreichen als Endergebnis und nicht halt mit, wie möchte ich was erreichen oder bestimmten Features halt rangeht an der Stelle. Oder sage ich, hey, wir haben hier irgendwie ein neues Produkt und wir möchten, dass 20% unserer Kunden im nächsten Jahr das neue Produkt auch nutzen und dafür zahlen irgendwie. Und dann überlege ich halt die Teams, okay, wie kriegen wir jetzt am schnellsten dieses Ziel erreicht, was müssen wir dafür bauen, was müssen wir ans Produkt einbauen. Ich glaube, das ist halt so der Punkt. Also gute Vision, gute Strategie quasi. Man kann dann so, es gibt auch andere Frameworks, aber Objective Key Results nutzen, um das in die großen Organisationen zu kaskadieren. Und dann halt schauen, den Leuten nicht vorzugeben ins ganze Detail, wie und was sie bauen sollen, sondern eher, hey, was wollen wir eigentlich erreichen und dann die Teams die beste Lösung dafür finden lassen. Natürlich ist dann auch noch wichtig, man braucht eine gute Fehlerkultur auch, also niemand ist perfekt, das heißt, man muss dann auch den Rahmen haben, irgendwie Fehler machen zu können und halt lernen auf der Journey, was man dann am Ende des Tages erreichen möchte.

Joel Kaczmarek: Wie ist das bei dir? Wann wusstest du denn, wann du tief einsteigen solltest und wann du eher Freiraum gibst?

Till Reiter: Das hängt auch davon ab, mit wem du da zusammenarbeitest. Du musst die Leute natürlich kennen und evaluieren und dadurch kannst du ableiten, was kann ich delegieren und zu welchem Level. Stimmt grundsätzlich auch zu dem, was Björn sagt, mit überein, aber es gibt auch relativ autonomiefreie Unternehmen, die sehr erfolgreich sind. Beispiel für sehr dezentral hohe Autonomie ist zum Beispiel Shopify, die glaube ich sehr bekannt dafür sind, dass die Teams da relativ viel aus den Teams kommt. Aber jetzt so ein Unternehmen wie Apple wird, glaube ich, sehr strikt von oben mit Strategie geführt und klarer Verantwortung. Du machst das, iPhone kommt zu dem und dem Datum und die Teams werden auch relativ stark voneinander getrennt. Also es ist dann wieder, was ist das Produkt, was ist das Environment, habe ich hohe Regulatorik etc. Und da in dem Bereich musst du halt dann, hat jede Organisation, sage ich mal, ihren eigenen Flavor.

Joel Kaczmarek: Wie ist denn das eigentlich, was mir gerade so einfällt? Es gibt ja mittlerweile auch viele Modelle, die mit so gemischten Teams arbeiten. Also ich kenne so einige Deutsche, gerade auch große, die sich von Spotify dieses Tribe-Modell abgeschaut haben. Ist das was, was da eigentlich positiv darauf einzahlt, auf diesen Autonomie-Gedanken, weil man halt weiß, dass die unterschiedlichen Stakeholder einander verzahnt sind?

Björn Wagner: Ja, absolut. Also ich würde sogar sagen, es ist eine Grundvoraussetzung. Hatten wir, glaube ich, auch schon in einigen der letzten Folgen, dass man in diesem cross-funktionalen Team zusammenarbeitet. Weil also nur, man braucht ja quasi alle Rollen im Team, um halt auch wirklich autonom arbeiten zu können. Also wenn ich nur Engineers in einen Raum packe und da gibt es zum Beispiel keinen Designer, da werden die nie ein Interface entwerfen können, was irgendwie eine gute Nutzer-Experience zum Beispiel bietet. Das heißt, man braucht schon in der Regel das Trio, man sagt ja, also in der Industrie so Best Practice sind Team of 10, man hat so 5, 6, 7 Engineers, man hat dann mindestens einen Designer und einen Product Manager, Product Managerin.

Joel Kaczmarek: Der Pizza, was du mir mal erzählt hast.

Björn Wagner: Genau, genau, das Two-Pizza-Team, genau. Und nur wenn man wirklich alle Leute quasi in dem Team hat, dann kann man auch wirklich autonom arbeiten, weil sonst hat man immer, ich brauche ein Design, dann muss ich zu jemand anders gehen, der nicht im Team ist, dann muss ich da um Ressourcen kämpfen vielleicht. Das ist schon wichtig, dass man also als Voraussetzung wirklich autonom zu arbeiten, ein Team haben, wo alle relevanten Rollen vorhanden sind, um dann halt auch schnell effizient mit kurzen Entscheidungswegen voranzukommen an der Stelle.

Joel Kaczmarek: Der andere Kasus-Knaxus ist ja sonst, oder was ja eigentlich hintersteckt, ist ja der Gedanke des Delegierens. Also da sind wir wieder genau bei dem, wie delegiert ihr denn? Also ohne Kontrolle zu verlieren, aber auf der anderen Seite genau diesen Autonomiegrad zu haben. Das ist ja, ich glaube, das ist ein feiner Prozess.

Björn Wagner: Ich glaube, da gibt es keine Silver Bullet. Also wieder, man muss halt schauen. wo steht die Person, wie groß ist die Herausforderung, wie sind die Erfahrungen? und ich versuche immer, natürlich auch wenn ich viel mit meinen Managern rede, zu sagen, hey, man muss die richtige, die Größe der Box, wie viel Autonomie hat man, man muss irgendwie ein gemeinsames Verständnis haben, wo sind wir heute, wo wollen wir hin? und dann wie viel Freiraum hat man denn auf dem Weg und ich glaube, da gibt es keine Formel, da muss man ein gutes Gefühl für finden, je nachdem wie erfahren die Leute sind, wie gesagt und was ich gelernt habe, habe ich relativ viel Feedback auch selber zu bekommen, Man muss sehr offen und transparent sein, einfach wie Entscheidungen getroffen werden, weil manchmal wissen die Leute gar nicht, darf ich das jetzt selber entscheiden, will das der Björn entscheiden oder muss ich da zum Till gehen? und da gibt es so ein relativ einfaches Framework, das heißt Delegation Poker, das ist glaube ich Part, das gibt es bestimmt schon 10 Jahre her, so Management 3.0 Buch mit sehr vielen guten Practices. Und dass man sehr klar macht, quasi gibt es so einen Grad, ich glaube sieben verschiedene Level, wie Entscheidungen getroffen werden, quasi trifft es der Manager komplett und informiert nur das Team bis hin zu, das Team fragt den Manager um Rat, aber am Ende entscheiden sie es selber bis hin zu, die entscheiden und sagen nicht mal Bescheid. Ist ein bisschen komplexer noch das Modell, aber wenn man da Transparenz schafft und sagt, hey, wir fangen vielleicht mal mit dem einen Level an, ich treffe zwar noch die Entscheidung, aber wir diskutieren das vorher und ich möchte genau verstehen, wie seht ihr das? Bis hin dann zu, hey, eure Entscheidung, ich mache es häufig dann auch so, wenn ich mit erfahrenen Leuten zusammenarbeite, die kommen dann zu mir und sagen, Ja, Björn, wie machen wir denn jetzt? Guck mal, wir haben hier drei Optionen. und dann frage ich immer, hey, wie ist denn deine Meinung? Denn ich bin ja auf der Engineering-Seite, frage ich noch, hey, ist Product da mit an Bord? Und dann sage ich, gut, dann habe ich jetzt hier keine bessere Meinung, weil ihr seid ja die Experten. Und also, wie gesagt, versuchen Sie, glaube ich, so viel wie möglich zu delegieren. Man muss natürlich Vertrauen dafür auch haben und aufbauen. Aber ich glaube, da gibt es keine Formel an der Stelle.

Joel Kaczmarek: Und ich sag mal, das ist ja auch so, wie hast du ja gerade Poker lustigerweise genannt, manchmal geht es ja auch in die falsche Richtung, manchmal in die richtige. Und ich finde, was ja oft bei Führungskräften betrachtet wird, bei Leadership-Style, ist ja so Feedback-Kultur. Also wie gebe ich positives Feedback, wie lobe ich vielleicht auch, aber wie steuere ich auch gegen, wenn ich merke, die Laufrichtung ist nicht so richtig. Wie macht ihr das denn mit euren Teams?

Till Reiter: Es gibt halt die Standard-Rules, die wir jetzt, glaube ich, gar nicht mehr wiederholen müssen, von wegen praise publicly, criticize in private. Machen die meistens so, meistens das beste Modell. Es gibt aber auch unterschiedliche. Es gibt auch andere. Es gibt ja zum Beispiel hier Bridgewater von Ray Dalio, wo ja jedes Meeting aufgezeichnet wird, alles transparent ist und jeder eigentlich, die sich immer in jedem Meeting schon Zeit reservieren, sich gegenseitig Feedback zu geben. Gibt es aber auch viel Kritik von Leuten, die da in Meetings geweint haben etc. Ich glaube, da gab es mal einen kleineren Shitstorm vor ein, zwei Jahren. Kann man ja mal googeln. Also da gibt es unterschiedliche Ansätze. Welches Modell ich super finde, ist von Kim Scott. Radical Candor heißt das auf Englisch. Ich glaube, radikale Offenheit vielleicht im Deutschen. Keine Ahnung, wie es übersetzt wurde. Aber eigentlich sagt sie, es gibt so zwei Dimensionen, einmal care personally, will ich wirklich die Person weiterentwickeln, das zu faken. ist relativ schwer und die andere ist challenged directly. Und wenn du jetzt nur personally cares, aber die Leute nicht challenged, dann nennt sie das so ruinous empathy. Also du fährst die irgendwie empathisch und liebevoll, verbesserst du die Person nicht. Und das andere ist halt, wenn du persönlich nicht involviert bist, aber die Leute permanent challenged, dann ist das eher so obnoxious aggression. Und die perfekte Kombi ist eigentlich wirklich persönlich in die in die Verbesserung der Leute zu investieren, aber dann schon direkt zu challengen, in welchem Environment, ob vor anderen oder nicht, das muss zu der Person passen. Aber auf jeden Fall sollte das direkt und konstant sein. Eines der schlimmsten Konstrukte ist ja irgendwie so ein yearly Feedback-Prozess und sich dann alles Gute und Schlechte aufzuheben und teilweise mit einem Lag von sechs, neun Monaten Feedback zu geben. So kannst du die Leute nicht konstant verbessern.

Björn Wagner: Ich fand es sehr spannend, also grundsätzlich würde ich das auch alles unterschreiben, praise publicly und dann mehr konstruktives Feedback halt eher im One-on-One-Rahmen zu geben. Ich fand es sehr spannend, ich habe ein Interview gesehen mit dem Nvidia-CEO, Nvidia gerade börsenkursmäßig auf, glaube ich, einem der stärksten Höhenflüge aller Zeiten und fand ich super spannend. Er meinte, er hat 60 Direct Reports und die sind halt auch immer alle in. irgendwie, er hat so ein bisschen erzählt, ja, wir haben dann, also er ist halt sehr stark gegen Level, weil natürlich, wenn man sehr viele organisatorische Hierarchien hat, dann geht sehr viel verloren und es wird auch sehr langsam und ineffizient und er macht gar keine One-on-Ones. und er sagt, hey, wenn ich jemand anders Feedback gebe, dann ist es doch super, wenn die anderen das gleich mithören und mitlernen können. Das glaube ich komplett entgegen zu dem, wie es in, glaube ich, vielen anderen Firmen gelebt wird, aber fand ich auch ganz spannend. Das erinnert einen immer so, auch selbst wenn man vielleicht längere Zeit in einem Modell gearbeitet hat, manche machen das vielleicht komplett anders und das hat dann Vorteile, hat auch Nachteile, aber hilft dann so ein bisschen vielleicht doch nochmal die eine oder andere Sache auszuprobieren, auch wie man das macht.

Till Reiter: Also auf jeden Fall die härteren Sachen im One-on-One, aber ich würde auf keinen Fall hier raten. Qualitätsstandards etc. jetzt nicht auch im Team zu diskutieren, wenn bestimmte Outputs jetzt nicht da sind, wo sie sein sollen, weil du musst natürlich auch sozusagen deinen Standard definieren und die anderen Teammitglieder darin schulen. Was erwartet wird.

Björn Wagner: Genau, genau. Und was ich noch super wichtig finde, das hatten wir, ich glaube, Signave hatte so 2019 mit angefangen, dass dieses 360-Grad-Feedback sehr, sehr strukturiert bekommt man halt auch, ich glaube zweimal im Jahr war das, schriftliches Feedback anhand so einem relativ einfachen Fragebogen. Quasi nicht nur von seinem Manager, seiner Managerin, sondern auch von Peers und als Manager halt von Leuten, von seinen Direct Reports und vielleicht auch noch Leuten, die komplett woanders sind in der Organisation. Aber das gibt Struktur und ein sehr breites Bild, wo man wirklich selber steht. Also es hilft einem bei der Selbstreflexion und man ist halt nicht nur auf diese eine Meinung des Managers, die natürlich vielleicht auch mal links und rechts noch mal, nachfragen, aber angewiesen und ich glaube, das war immer, also das ist ein sehr, sehr gutes Konzept und auch viele Firmen handhaben das so oder viele Firmen, die glaube ich ein gutes Modell haben, ist auch Feedback-Kultur, wenn es um Beförderung geht, dass man quasi das nicht der der die Managerin einfach sagen kann, ja, okay, war jetzt super hier, nächstes Level, Gehaltserhöhung, herzlichen Glückwunsch, sondern dass man wirklich, dass quasi der Manager die Person quasi zu so einem Ort oder so bringt, wo es dann so ein Entscheidungsgremium gibt und quasi dann für die Person dort promotet und quasi dort für die Person halt auch einsteht, argumentiert, warum die Person jetzt befördert werden sollte, aber dann wird das halt auch nicht von einer Person gemacht, sondern hat man auch mehr Fairness, mehr Leveling in der Organisation und halt auch mehr Feedback von irgendwie verschiedenen Leuten, um halt dann die, ja, vielleicht bessere Entscheidung zu treffen. Kommt natürlich mit großen Kosten und großen Overhead. Ich weiß noch, wie wir, wenn man denn so sitzt und je nachdem, welche Rolle man hat und man muss dann irgendwie noch bis zur Deadline 15 Fragebögen ausfüllen für irgendwie die Leute, das hat auch Nachteile. Aber ich glaube, es schafft eine große, eine sehr breite Perspektive und sehr viel Transparenz halt auch an der Stelle.

Joel Kaczmarek: Das habe ich auch gerade gedacht, dass wenn man da irgendwie 40 Kollegen hat und dann zweimal im Jahr, dann füllst du da 80 Bögen im Jahr aus. Das ist ja richtig, kannst ja in Euros rechnen, was das kostet. Und ich habe mich immer gefragt, warum dann teilweise Leute aus dem Vertrieb meine Content-Arbeit bewertet haben, die sie überhaupt nicht bewerten können.

Björn Wagner: Aber ich glaube, das Modell ist so ein bisschen, die Leute können selber nominieren, von wem sie Feedback haben wollen. Und natürlich als Manager kann man dann auch so ein bisschen beeinflussen und halt auch gucken, dass man, also du willst ja einen guten Mix haben. Also du willst nicht nur die Leute, die dir irgendwie gut gestellt sind, haben. Du willst ja irgendwie auch vielleicht Leute, mit denen es ein paar Konflikte gab oder wo Sachen nicht funktioniert haben. Aber ja, braucht man einen guten Mix und man muss halt gucken, dass es nicht so ein Prozess wird in der Organisation, wo dann irgendwie zwei Wochen lang gar nichts passiert, weil jeder nur Feedbackbögen ausfüllt.

Joel Kaczmarek: Was sind denn so die größten? oder vielleicht sollte man auch eher fragen, typischsten Herausforderungen, die ihr in Bezug auf Führung erlebt habt, wenn es ein Product und Engineering gibt?

Till Reiter: Also aktuell gesprochen bei mir ist jetzt zum Beispiel die richtige Balance zwischen Innovation und operativer Stabilität. Also das verlangt halt unterschiedliche Herausforderungen, wie baue ich jetzt die Software, wie viel Zeit kann ich jetzt in Ideation verbringen, wie stabil muss das Produkt sein, das ich shippe. Und das muss dann auch immer klar kommuniziert sein. Also intern gibt es dann oft Missverständnisse. Also Engineering denkt, hey, wir haben einen super MVP draußen. Der Vertrieb oder Customer Success denkt, das Produkt ist voll mit Bugs. Und deswegen muss man klar kommunizieren, wo stehe ich hier und wo sitzt der Fokus hier drauf. Sind wir jetzt irgendwie gerade im Launch Early Get Feedback Mode oder skalieren wir das jetzt nach oben mit dem, was wir haben Modus?

Björn Wagner: Also es gibt selten die perfekte Lösung. Man muss immer die richtige Balance für die richtige Situation finden. Ich versuche mal gerade ein Team schnell aufzubauen. Ja, den perfekten Kandidaten, die perfekte Kandidatin gibt es nicht. Wie sehr ist man bereit, Kompromisse zu machen im Sinne von fit des Kandidaten zu irgendwie Zeitachse, die man vollführen muss. Dann natürlich auch immer, wie stark Ist auch eine sehr starke persönliche Frage. Wie stark möchte man seine Leute irgendwie pushen versus fordern? Wann ist gut gut genug? Wann ist es zu perfekt versus wann ist die Qualität nicht gut genug? Also man muss halt permanent irgendwie eine Abwägung treffen, das Feedback rauszufinden. Das finde ich übrigens eines der schwierigsten Sachen. Ich habe ja so einen Engineering Background und ich sage immer, Also Engineering, wenn ich als Entwickler, wenn man das so lernt, gerade an der Uni, da schreibt man seinen Code, dann drückt man auf den Knopf und dann hoffentlich nach einer Minute weiß man, Test, das war erfolgreich oder war nicht erfolgreich. Und in Führung kann man halt irgendwie, sind diese Feedback-Zyklen, die man hat, man irgendwie setzt eine neue Organisation, man kriegt das Feedback, dass die Feedback-Kultur schlecht ist, jetzt setzt man sich hin mit seinem Leadership-Team und und rollt über ein Jahr eine neue Initiative aus, bringt den Leuten bei, Sessions zum Thema, wie gebe ich Feedback, coach die Leute, mentort die Leute, aber du weißt halt nie, ist das jetzt, was du gemacht hast, funktioniert das, wie gut funktioniert das, kann man natürlich sich verschiedene Datenpunkte, qualitatives, quantitatives Feedback holen, aber vieles, was man tut, hat man nur sehr indirektes Feedback, um zu wissen, hey, funktioniert das gut, funktioniert das nicht gut, Sollte ich da jetzt nochmal nachhaken oder sollte ich einfach nochmal zwei Monate warten und dann quasi, dann trägt sich das in die Organisation von alleine rein oder dann setzen gewisse Lerneffekte ein und das finde ich somit am allerschwierigsten zu sagen, okay, ist das jetzt was, das läuft gut oder sollte ich da doch nochmal irgendwie nachhaken, reingehen, ins Detail schauen, nochmal nach dem Ja, Status fragen und gucken, ob man irgendwie unterstützen kann oder auch Sachen einfach mal laufen zu lassen und abzuwarten.

Joel Kaczmarek: Ich wollte gerade sagen, mal ganz ehrlich, ist nicht eigentlich die größte Herausforderung immer die Kommunikation? Also immer, wenn Menschen zu tun haben und gerade, wenn es dann noch verteilt ist über Rollen und über Produktebenen, also da hätte ich jetzt vermutet, dass ihr sowas sagt, dass der kommunikative Aufwand irgendwie sehr hoch ist.

Björn Wagner: Ja klar, also Kommunikation ist super wichtig, aber Und gerade wenn man irgendwie neue Teams, man sagt ja diese Norming, Storming, Forming-Phase, gerade wenn man neue Teams hat, dann merkt man, wenn man es so ein paar Mal gemacht hat, relativ schnell sprechen die Leute eigentlich die gleiche Sprache. Also es sind ja so häufig Begrifflichkeiten. und dann merkt man dann, oh, die Person, die versteht ja unter Begriff A vielleicht ganz was anderes als B. Und was man, keine Ahnung, da gibt es ja so Standardsachen, man sagt dann, hey, hat man vielleicht mal so ein Glossar oder definiert halt einfach mal, hey, Wenn wir über bestimmte Dinge reden, auch im Produkt oder wenn man in einen neuen Markt reingehen will, das lassen wir sicherstellen, dass wir irgendwie erstmal die gleiche Sprache sprechen und nicht aneinander vorbeireden. Das ist auf jeden Fall ein wichtiges Thema.

Till Reiter: Ja, das geht doch nochmal zurück zu dem Hiring. Also da noch eine Verantwortung im Management oder Leadership ist ein gutes Onboarding. Also die Leute nur ins kalte Wasser zu werfen und sie dann die Sprache selber finden zu lassen, ist einfach die größte Ressourcenverschwendung, die man machen kann. Also im besten Fall Complete Brainwash in der ersten Woche mit Product Guidance, das ist die Org, das sind die Leute und das zahlt sich relativ schnell zurück.

Joel Kaczmarek: Gut, abschließende Frage. Jetzt haben wir einiges gehört, einiges diskutiert. Was sind denn so die wesentlichsten Ratschläge, die ihr für Menschen im Bereich Product und Engineering habt?

Till Reiter: Naja, jetzt, wenn wir beim Leadership-Thema bleiben, dann auf jeden Fall, du bist dafür, also ich sehe mich selber verantwortlich, in die persönliche Weiterentwicklung zu investieren, der Mitarbeiter. Es ist Teil von meinem Job. Das hat mein vorheriger Manager auch so gemacht, immer erreichbar bei Nasty Challenges. Man spürt es einfach, wenn deine Führungskraft oder dein Leader wirklich dich weiterbringen will. Und das ist einfach Teil deines Jobs. Und du musst halt entweder anpassungsfähig sein. Was ist die Situation? Was ist die Phase der Company? Was ist mein Team? Und auch ehrlich genug, wenn du merkst, okay, das ist ein Environment, das passt nicht zu meinem Führungsstil, dich umzuorientieren.

Björn Wagner: Für mich immer das Wichtigste, wie ist die Kultur? Also wenn ich mich irgendwo bewerbe, nachfragen, hey, was ist denn die Unternehmenskultur? Was sind die Werte? Wie macht ihr so bestimmte Dinge? Ich glaube, es gibt nicht den einen Führungsstil, man muss ihn anpassen. Verschiedene Leute, verschiedene Charaktere wollen verschieden geführt werden. Man muss aber auch schauen, dass man selbst als Leader authentisch bleibt. Also dass man irgendwie sich nicht komplett verbiegen muss, weil ich glaube, das funktioniert auch nicht am Ende. Also wie gesagt, schauen, dass die Kultur passt, schauen, dass man sich den Leuten adaptiert, um halt, wie Till gerade gesagt hat, sie weiterzuentwickeln und dann halt schauen, dass man trotzdem diese Authentizität hat und quasi sich selbst treu ist an der Stelle, seinen eigenen Werten auch.

Joel Kaczmarek: Ja, schön. Also ich merke schon, wir haben eigentlich gar nicht so viel über Leadership Styles geredet, sondern eigentlich eher allgemein, wie führe ich in eurem Bereich und das mal so durch die ganzen Elemente durchdekliniert. Ja, fein. Dann bin ich mal gespannt, was wir das nächste Mal als Thema haben. Till, bist du dann wieder am Start? Baue ich drauf.

Till Reiter: Ich hoffe doch. Danke, Joel. Danke, ihr Lieben.

Björn Wagner: Danke.

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Productmanagement

Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um Product und Technologie: Software und IT sind allgegenwärtig geworden und Joel möchte gerne verstehen, wie man denn eigentlich hervorragende digitale Produkte entwickelt. Deshalb spricht er regelmäßig mit Till Reiter und Björn Wagner, die als VP Product und VP Engineering bei SAP Signavio tätig sind und sich in der Materie bestens auskennen. Regelmäßig werden sie auch von bekannten, kompetenten Akteuren der Technologiewelt besucht und dabei unterstützt, Technologie- und Product-Themen möglichst leicht verständlich und anhand konkreter Praxisbeispiele zu vermitteln.