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Patrick Pfeffer: Hallo und herzlich willkommen zu Digital Kompakt. Mein Name ist Patrick Pfeffer und ich freue mich heute auf ein spannendes Gespräch mit Professor Erich Reinhardt. Warum haben wir uns dem Thema Healthcare und Life Sciences gewidmet? Nun ja, es ist nicht nur aufgrund der aktuellen Zeit, in der wir uns befinden, eine der Themen, die die Menschheit bewegt. Wir sind aber auch aufgrund der Digitalisierung der festen Überzeugung, dass wir den Sektor Gesundheit, in zehn Jahren nicht wiedererkennen werden. Das heißt, wir werden dort wahnsinnig vieles an neuen Technologien sehen. Wir werden neue Unternehmen sehen, die sich heute formieren und in zehn Jahren tatsächlich zu großen Industriekonzernen heranwachsen. Und genau um hier am Puls der Zeit zu bleiben, ist das, was uns hier beschäftigt, was uns interessiert und warum wir diese Gespräche mit spannenden Persönlichkeiten in den Podcast führen. So, jetzt aber mal genug der Vorstellung meinerseits. Ich möchte an dieser Stelle Erich Reinhardt begrüßen. Herzlich willkommen in unserem Podcast. Herzlich willkommen in unserer Gesprächsrunde hier. Ich würde sehr gerne jetzt das Wort an Sie übergeben, um sich dem Publikum mal kurz vorzustellen.
Erich Reichardt: Ja, schönen guten Tag, Herr Pfeffer. Vielen Dank. Mein Name ist Erich Reinhardt. Ich bin von der Ausbildung her Elektroingenieur, habe zu Beginn meiner Karriere einige Jahre als Wissenschaftler an der Universität Stuttgart gearbeitet, ging dann in die Industrie, zu Siemens Medizintechnik, wie der Teil damals hieß, hatte verschiedene Funktionen, aufgebaut dann das Geschäftsgebiet Magnetresonanz, war für einige Jahre CEO der Siemens Tochter in Indien, habe also in anderen Kulturkreisen gelebt und gearbeitet mit meiner Familie und dann von 1994 bis 2008 die Siemens Medizintechnik sparte, Siemens Medical Solutions oder Siemens Healthcare als CEO geleitet und war im Vorstand der Siemens AG tätig. Danach, und das hat eigentlich schon davor mitbegonnen, habe ich mich eingebracht in den MedTech Cluster Medical Valley und bin dort im Vorstand tätig und habe zusammen vor allem mit Herrn Trinkwalter und dem Team das Thema Medical Valley als Cluster- und Netzwerkorganisation aufgebaut und entwickelt.
Patrick Pfeffer: Ja, das klingt ja wirklich nach einigen sehr prägenden Stationen. Erklären Sie uns doch bitte mal, was ist eine Clusterorganisation im Bereich Medizintechnik? oder in anderen Worten, was macht das Medical Valley genau?
Erich Reichardt: Kurz gesagt versucht das Medical Valley, die Spieler zu verbinden, die erforderlich sind, dass Innovationen für Gesundheit gelingen. Das ist einmal das Hauptthema. Und das bedeutet, dass wir einmal die Wissenschaftler zusammenbringen, verschiedene Industrien, es ist ja wichtig, Cross-Industry hier anzusetzen. Das heißt nicht nur verschiedene MedTech-Unternehmen, sondern kommt natürlich Healthcare, IT, Pharma, die Spieleindustrie, die Versicherungsindustrie, aber auch Sportsindustrie eine große Rolle, die zu verbinden. Darüber hinaus sind natürlich für solche Innovationen ganz entscheidend auch die Spieler, die Politik mit einzubinden. Dann die ganzen Fragen der Regulatorik. Was muss geschehen, dass die Produkte zugelassen werden? Und das Ganze soll natürlich schnell geschehen, weil der Wettbewerbsvorteil besteht darin, Time to Market zu optimieren. Die Ideen, die wir haben hier, Medical Valley, wir und die Partner, die findet man eigentlich an anderer Stelle der Welt und im Globus genauso. Wichtig ist, möglichst schnell diese Ideen zu kommerzialisieren und in den Markt zu bringen. Das ist eigentlich die ganz große Herausforderung. Deswegen ein wichtiger Punkt, wir versuchen die Fähigkeit zu innovieren, die Fähigkeit zu kommerzialisieren, zu trainieren. Das können Sie nicht über Vorlesungen oder dergleichen tun, sondern müssen Sie in Übungskonzepte einfallen, dass dieses gelingt. Wir unterstützen Forschungsprojekte, weil viele der Innovationen im Bereich der Gesundheit sind forschungsgetrieben, also dass diese Projekte zustande kommen. Dann die Aktivitätsstimulation von Ausgründungen. Das Potenzial aus vielen Ideen, kommerziell interessante Unternehmen zu gründen, ist beachtlich, aber es bedarf einer ganz gezielten und gesonderen Unterstützungsphase. Und die vierte Säule in dem Zusammenhang ist, wir wollen zeigen, dass es beim Patienten, dass die ganzen Innovationen beim Bürger ankommen. Also insofern Voraussetzungen schaffen, um nicht nur irgendwie was zu entwickeln, sondern auch zu zeigen, es kommt in der Versorgung an, es funktioniert in der Versorgung und trägt dazu bei, dass die Qualität der Gesundheitsversorgung im Interesse der Bürger, der Patienten besser wird.
Patrick Pfeffer: Wie ist so der Übergang zwischen Corporate Life und Medical Valley damals abgelaufen? Aus einem Industriekonzern hervorkommt, wo Sie ja führend für die Medizintechnik-Sparte Ethik waren, jetzt in ein doch anderes Umfeld, natürlich in der gleichen Industrie, aber sehr facettenreich, so wie ich das verstehe, und auch sehr zukunftsorientiert, beziehungsweise auf junge Köpfe auf den Innovationspfad zu bringen. Lag das sozusagen quasi Ihnen vor den Füßen, dass es diese Opportunität gab? oder wie kam es zu diesem Schritt?
Erich Reichardt: Sagen wir mal so, wir hatten eine Restrukturierungsphase in den 90er Jahren, eine massive in der Region. Und wir haben damals gesagt, wir restrukturieren, um unsere Wettbewerbsfähigkeit herzustellen und setzen dabei aber gleichzeitig, wir machen die Dinge nicht sequenziell, gleichzeitig auf Innovationen. Und wenn Sie sich auch als Corporate mit dem Thema Innovation beschäftigen und auseinandersetzen, dann kommen absolut die gleichen Themen, sind wichtig, die ich soeben geschildert habe. Auch die Großen müssen dann kleine kreative Partner finden. Und da ist immer der entscheidende Punkt, das ist eine Kultur, eine atmosphärische Frage. Wie begegne ich dem Kleinen als Großer? dass da überhaupt ein interessanter Dialog zustande kommt. Also insofern haben mich die Fragen schon vorab beschäftigt und eine der Vorschläge, die wir damals auch formulierten, für uns wäre es wichtig, um an dem Standard fest Den auszubauen und zu unterstützen wäre es gut, wenn wir eine entsprechende kreative Atmosphäre dort haben, auch mit vielen kleineren Startups, KMUs, die sich dem Thema Innovation für Gesundheit widmen. Insofern kann man sagen, es war im Interesse des Corporate, dass sich dieses entwickelt und wir haben auch schon im Vorfeld daran gearbeitet.
Patrick Pfeffer: Meine Erfahrung nach waren sie damals sehr früh damit. Ein sehr strategisches Thema, was in unterschiedlichen Corporates meiner Erfahrung nach auch wirklich sehr unterschiedlich ausgelebt wird. Man hört hier und da mal, dass große Unternehmen, die auf Startups treten, auch gar nicht so richtig damit umgehen können. Manche Großunternehmen nutzen sogar auch die Zusammenkunft zwischen Corporate und Startup eher als PR. Und dass dann tatsächlich etwas daraus wird, ist, glaube ich, nochmal eine ganz andere Schwierigkeit. Wir haben da wirklich ein Thema sehr, sehr früh angestoßen. Aber teilen Sie da die Beobachtung, die ich zumindest auch medial gemacht habe. Und was würden Sie sagen, wo steht denn da Corporate Startup heute?
Erich Reichardt: Das ist eine absolut zutreffende Beobachtung, die Sie gerade beschrieben haben. Es ist eine beachtliche Anstrengung. Und es geht ja nicht darum, dass ein oder zwei in einem großen Unternehmen so denken, sondern es muss ja dann im Prinzip die Mannschaft sein. Es muss die Kultur sein. Und das geschieht nicht ohne weiteres. Das bedarf beachtlicher Anstrengung, dass es dann auch zum Laufen kommt. Vor allen Dingen das Verständnis, dass das Kleine, der einzelne Innovator, wichtig sein kann für das Große und dass ich ihm entsprechend auf der Augenhöhe begegne. Das sind schon, sagen wir mal, kulturelle Elemente, atmosphärische Komponenten, die gepflegt werden müssen, dass es überhaupt wirkt. Und das war auch im Übergang, den Sie ja voransprachen, eine der interessanten Beobachtungen, die mir gegenübergebracht wurden. Am Anfang wurde ich zum Teil konfrontiert. Naja, du kommst ja jetzt von Siemens und willst nur die Gedanken, die wir hier im Cluster präsentieren, quasi abholen und dann dort weiterleben. Also es wird auch auf der Seite der Kleinen, der Startups, der KMUs, nicht immer gleich verstanden, dass der Große ihnen auch helfen kann. Insofern geht es eben darum, in eine fruchtbare Kooperation zu kommen. dass beide Seiten erkennen, dass es in ihrem Interesse ist, dass es Vorteile für beide gibt. Und da sind wir in den letzten Jahren mit Medical Valley, ich glaube, ganz gut vorangekommen. Die Kooperation mit Siemens Health Seniors ist sehr gut, aber auch, wie gesagt, mit Versicherungsunternehmen, Nürnberger Versicherung, Adidas, nur um einige, mit Novartis haben wir eine Allianz. Also da wird ja allein durch die Aktivitäten und die gemeinsamen Tätigkeiten Klar, da ist ein anderes Bewusstsein heute gegeben.
Patrick Pfeffer: Wenn ich es richtig verstanden habe, zählen so KPIs wie zum Beispiel das Thema Time-to-Market, aber auch Wirklich auf einem anderen Level das Thema Anzahl an Gründungen. Können Sie uns da mal so ein Gespür dafür geben, welchen Beitrag Medical Valley in diesem Bereich tatsächlich leistet?
Erich Reichardt: Also ich stimme Ihnen zu, das wäre der wichtigste KPI für uns, ist eigentlich, dass Unternehmen mit beachtlichen Umsatzaktivitäten entstehen. Wenn ich sage, der Digital Herzmarkt hat 200 Milliarden demnächst, an Marktgröße, dann müssten Milliardenbeträge hier eigentlich sich abzeichnen. Und da sind wir derzeitig sicher nicht in der Lage, dieses eindeutig zu belegen, zu zeigen. Persönlich bin ich aber fest davon überzeugt, dass es in die Richtung gehen muss. Und wir versuchen, die Dinge so einzuleiten, dass es auch geschehen kann. Anzahl der Startups, da müsste ich jetzt Herrn Trinkwalder fragen. Die Zahlen stehen jetzt bei uns nicht so direkt im Vordergrund. Ich weiß es einfach spontan, es nicht zu berichten. Es ist auch nicht ganz einfach, die Verfolgung der Unternehmen, wenn sie mal gegründet sind. Wie geht es weiter? Das sind sicher noch Aufgaben, die wir im Sinne von Erfolgsgeschichten weiter bearbeiten wollen.
Patrick Pfeffer: Sie haben auch gerade die Fähigkeit zu innovieren. angesprochen und auch das Ganze tatsächlich zu trainieren. Wie schlagen wir uns denn jetzt mal aus einer deutschen Perspektive heraus? Wie unternehmerisch sind wir denn eigentlich?
Erich Reichardt: Also auch da würde ich sagen, die jüngere Vergangenheit, wenn ich jetzt das über einen Zeitraum von 10, 12 Jahren mal ein bisschen reflektiere, da schlagen wir uns eigentlich gut. Die Hackathon, wenn ich das als eine Komponente mal herausgreife, mit sehr unterschiedlichen Organisationen, hat doch ein beachtliches Maß an Potenzial gezeigt. Wobei der wesentliche Vorteil der Organisation Solga Hackathons darin besteht, dass sich die Beteiligten, die Vertreter der verschiedenen Institutionen im Rahmen der Projektarbeit, die da in den zwei Tagen geschieht, zweieinhalb Tagen geschieht, Kennenlernen, verstehen lernen. Und deswegen im zweiten Schritt wird dieses Ganze ausgenutzt. Es geht ja nicht nur darum, dass man sich trifft und kennt, sondern man muss sich verstehen. Und das Verstehen, wenn Sie aus verschiedenen Organisationen, verschiedenen Gruppierungen, Disziplinen kommen, das ist die große Aufgabe, dieses voranzubringen. Und ich glaube, da stehen wir ganz gut da. Und jetzt geht es halt darum, die Geschwindigkeit des in den Markt umzusetzen. Da hilft uns, hoffen wir und persönlich glaube ich schon, auch die Gesetzgebung im Moment mit den DIGAs. Also da ist schon ein Beitrag geleistet, da zügig voranzukommen, gerade dann den Marktantritt zu beschleunigen. Mit unserer Organisation D-MEC in Bamberg sind wir ganz aktiv dabei, alle Beteiligten da zu unterstützen, dass es gelingen kann. Also insofern Das Thema Time to Market, was Sie angesprochen haben, also insofern glaube ich schon, da bietet sich eine große Opportunität.
Patrick Pfeffer: Können Sie unseren Zuhörerinnen und Zuhörern nochmal ganz kurz erläutern, was eine DIGA ist und auch in dem Kontext, was das DMACC von Medical Valley ist und tut?
Erich Reichardt: Also eine DIGA ist eine digitale Gesundheitsapplikation und der interessante Aspekt dabei ist, dass innerhalb von einem Jahr mit Unterstützung man zeigt, wie sich die positive Wirkung durch die Anwendung auf die Gesundheitsversorgung darstellt und das dann geregelt ist in einem sehr klar definierten Prozess, dass man das abrechnen kann und die Kassen dann auch die Erstattung leisten. Und man hat unter der Perspektive in Deutschland, wenn ich die Kassenpatienten allein schon mal nehme, gleich einen Markt von 70 Millionen Betroffenen, sage ich mal. Also da ist schon ein großes Thema angegangen worden. Die DMAG-Organisation in Bamberg, die versucht jetzt, die Unternehmen zu begleiten. Was muss sie tun, dass sie all die Bedingungen erfüllen, um die Zulassung zu bekommen, dass sie unterstützt werden. Sammeln eigene Erfahrungen an dieser Stelle und ist ein Teil unserer Aktivität, dass wir zeigen wollen, dass es beim Bürger ankommt, dass es beim Patienten ankommt, dass es dort wirkt. Da bedarf es vieler verschiedener Kompetenzen, um sowas umzusetzen, aber die sind ganz gut unterwegs.
Patrick Pfeffer: Also meiner Meinung nach ein unglaublich gutes Timing für das Thema Digital Health. und tatsächlich und erfreulicherweise, jetzt aus deutscher Sicht gesprochen, ja, haben wir es tatsächlich mal mit einem First-Mover-Advantage hier zu tun, dass wir, ich sag mal, mit der Erschließung für die Applikation Regelversorgung, dass wir da immense Marktproduktionen, Auch mal wirklich starkes Signal von Deutschland auch an Europa. Wie blicken Sie denn jetzt mal über den deutschen Tellerrand hinausgeschaut auf das europäische Level, aber auch auf das Level Europa im Vergleich zu den USA und zu Asien und dort insbesondere China? Kann uns jetzt so etwas wie die Regelversorgung für digitale Applikationen, kann uns das so einen Boost verschaffen, dass wir es im globalen Wettbewerb auch gegen andere Regionen der Welt schaffen können? oder ist da noch nicht zu Ende gedacht worden?
Erich Reichardt: Also kurz geantwortet, es ist ein riesen Vorteil, der sich daraus ergibt. Allein aus der Tatsache, dass natürlich auch Startups, KMUs in anderen Teilen der Welt dieses wissen und sagen, ich nutze die Situation in Deutschland, um hier Markterfahrung zu sammeln. Also wir werden damit attraktiv für andere, was natürlich auch schon mal ein gutes Zeichen ist. Die Frage, die Sie stellen, Europa, USA, Asien, Das Schöne an fast allen Innovationen für Gesundheit ist, wenn es in Deutschland funktioniert, funktioniert es weltweit. Das Interesse der Menschen ist überall das Gleiche, gesund zu bleiben, gesund zu werden oder der chronisch Kranken in stabilere Zustände zu kommen. Wenn ich dazu Beiträge leiste, dann haben eigentlich alle Menschen Interesse, davon zu partizipieren. Und das ist unabhängig von der Art, wie die Gesundheitsversorgung organisiert ist. Also aus der Perspektive kann man sagen, es ist natürlich gleich ein globales Geschäft und ich habe eine Idee, die ich globalisieren kann. Unterschiedlichkeit der Systeme stellt natürlich eine Herausforderung dar. Und daran muss man arbeiten, wie man jetzt einmal dann Zugang findet. Aber auch hier, wenn sich die weltweiten Entwicklungen stabilisieren, Outcome-orientierte Erstattung der Leistung, dann führt es ja unmittelbar wieder auf das zurück, was ich sagte. Wenn die Qualität der Versorgung besser wird, das ist der Outcome, dann müssen da Wege gefunden werden, dass das weltweit entsprechend honoriert wird. Unabhängig, wie das System vielleicht im Einzelnen organisiert ist. Auf der europäischen Politik ist Gesundheit kein europäisches Thema. Die Versorgung ist sehr unterschiedlich organisiert. Also hier bedarf es sicher auch der Interaktion zwischen den verschiedenen Spielern, um auf europäischer Ebene voranzukommen. Der europäische Markt ist groß. Also auch das interessante Perspektive, wenn die Forschung zusammenarbeitet, die Unternehmen, die hier angesiedelt sind, zusammenarbeiten, dann kann da schon etwas Zusätzliches daraus werden. Asien war Ihre Frage. Ich sage es manchmal so etwas flapsig. An China geht nichts vorbei, wenn Sie die Anzahl der Menschen zählen und die Dynamik, die auch in dem Markt herrscht. Also das sollte man ernst nehmen, mit kooperieren und auch versuchen, dort den Fuß zu fassen. Und zwar jetzt nicht nur, dass man importiert oder exportiert von hier nach dort, sondern auch die kreative Power, die dort sich entwickelt, die mit einzubinden und davon auch zu partizipieren.
Patrick Pfeffer: Sie haben ja eine Station in Indien verbracht, hatten Sie eingangs erwähnt. Wie blicken Sie auf diesen Markt und auf die Chancen für Indien in unserer Industrie?
Erich Reichardt: Ja, also Indien, da kann ich gerne viel drüber reden. Die Inder liegen mir am Herzen. Da habe ich viel Sympathie. Dafür ist natürlich eine, auch aufgrund des kontinuierlichen Wachstums der Bevölkerung, hat die Volkswirtschaft große, unmeinbar große, beachtliche Herausforderungen, aber ein sehr kreatives Potenzial. Ich kann ja hier nur zum Beispiel auf die Themen Software hinweisen. Viele der weltweit tätigen Unternehmen, die auch sehr innovativ sind, haben Niederlassungen, Kooperationspartner in Indien. Das Thema Digitalisierung lebt von Softwarekomponenten. Also hier spielt es auch von der Wertschöpfung her sicher ein wichtiger Partner gegeben. Von der Größe des Marktes allemal auch. Aber es ist ein sehr kompetitiver Markt, der indische Markt.
Patrick Pfeffer: Sie hatten gerade ein Stichwort getragen, nämlich Outcome-basiert. Geschäftsmodelle. Mich würde generell Ihr Blick auf das Thema Geschäftsmodelle in unserem Industriessegment interessieren. Unsere Zuhörerinnen und Zuhörer, Outcome-basierte Geschäftsmodelle beziehen eben mit ein, wie der medizinische Outcome eben ist. Zum Beispiel bei einer Krebsbehandlung, wenn der Outcome entsprechend positiv ist, findet eine andere Form der Erstattung und der Vergütung statt, als wenn der Outcome eben ein negativer ist. Klingt auf dem Papier erstmal absolut sinnvoll und ist, soweit ich informiert bin, in der Industrie eines der Top-Themen und auch aufgrund besserer Datenlage Geschäftsmodelle der Zukunft. Frage an Sie, Herr Reinhardt, würden Sie das unterstreichen und vielleicht auch nochmal über dieses Geschäftsmodell hinaus uns Ihren Blick mitteilen, welche Geschäftsmodelle Sie beobachtet haben, die Sie extrem attraktiv finden, aber eben auch genau das Gegenteil, wo Sie gesehen haben, was überhaupt nicht funktioniert.
Erich Reichardt: Ich meine, Outcome ist sicher so, wie Sie es beschrieben haben, kann man noch ein bisschen erweitern. Es wird eigentlich erfasst, wie es auf die Versorgung der Bevölkerung wirkt. Und somit kann ich, selbst wenn es im Einzelfall etwas teurer ist, aufgrund der Gesamtwirkung in die Bevölkerung, in den Public Healths, Sektor hinein kann man zeigen, dass es sehr viel Sinn macht, die Erstattungssätze entsprechend zu koordinieren. Nach meiner Meinung nach ist das Potenzial, die Qualität der Versorgung zu verbessern, groß, durch solche Systeme das zu organisieren. Das Problem ist hier die hohe Komplexität, die entsteht und natürlich auch die Strukturen in der Gesundheitsversorgung. Sehr viele Stakeholder aus sehr unterschiedlichen Disziplinen, Organisationen mit unterschiedlichen Interessen, die müssen halt zusammengeführt werden, um hier zu Entscheidungen zu kommen. Schwierig, aber machbar und auch hier in den verschiedenen Regionen wird daran gearbeitet, dieses zu tun. Weitere Geschäftsmodelle sind natürlich, dass ich sagen kann, dass sowas getrieben wird, zum Beispiel vom Versicherer, von den Pensionskassen. Die profitieren natürlich am stärksten, wenn die Prävention gehalten wird. Wie kann ich dieses in Versicherungsprämien mit berücksichtigen? Ich gehe noch eine Stufe höher. Also da gibt es sicher einige interessante Modelle, die zum Teil auch exemplarisch positiv schon durchgelaufen sind. Man spricht vieles dafür, am Erfolg mitorientiert zu sein, am Erfolg im Sinne Patientenwohl. Es müssen natürlich die Spielregeln entsprechend angepasst sein. Da gehen jetzt die Vorstellung, wie sowas zu organisieren, ist ein bisschen auseinander. Wenn ich die derzeitige Diskussion auch bedingt durch Covid-19 da sehe, alles mehr verstaatlicht, verstaatlicht geführt, dann werde ich da ein bisschen zurückhalten in der Beurteilung. Weil persönlich bin ich überzeugt, es macht sehr viel Sinn, ein Konzept aufzubauen, soziale Gesundheitswirtschaft, ganz im Sinne der sozialen Marktwirtschaft. Ich definiere die Spielregeln. Das sind alle sozialen Aspekte, die immer genannt werden, die definiere ich. So entsteht das Spielfeld und auf dem Spielfeld wird dann nach wirtschaftlichen, wettbewerbsorientierten Spielregeln gespielt, um die Leistung zu erbringen. Ich glaube nicht, dass durch eine starke, von oben geführte Vorgabe das optimale Gesundheitssystem sich entwickelt.
Patrick Pfeffer: Ich komme mir manchmal ein bisschen vor, als hätte ich ein paar Jahre selber verschlafen. Denn ich kann mich noch gut erinnern, das müsste 2012, 2013 gewesen sein, gingen die ersten Diskussionen los, in welche Richtung sich der Trend bewegt. Beim Thema Krankenkassen zum Beispiel. Nämlich da, wo wir eigentlich heute in Teilen schon sind. Präventive Programme, die entsprechend auch die Versicherungsnehmer inzentivieren, wenn sie auch in Anspruch genommen werden versus möglicherweise auf eine gewisse Form andere Teilnehmer sanktionieren, wenn man das eben nicht tut. Also was damals noch so eine Art Horrorszenario war, findet tatsächlich heute schon statt. Ist das für Sie das Modell der Zukunft? Ist das in Anführungszeichen sozial gerecht? Und kriegen wir das, ich sage mal, mit den Spielregeln, die wir in Teilen vielleicht sogar noch definieren müssen, kriegen wir das als Menschheit hin, Ihrer Meinung nach?
Erich Reichardt: Das mag von Kulturkreis zu Kulturkreis etwas anders ausgestaltet werden. Sie müssen natürlich die Menschen das schon mitnehmen. Und wie Sie sagen, das muss in den Spielregeln, wird dieses reflektiert. Ob ich das möchte und ob ich es nicht möchte. Mit den auch damit verbundenen Vor- und Nachteilen, die sich ergeben. Und was man sich gut vorstellen kann, wenn das in unterschiedlichen Regionen ein bisschen unterschiedlich gelebt wird, kann man auch voneinander lernen und im evolutionären Sinne dann so Systeme entwickeln. Noch Gedanken, die wir früher schon in der Entwicklung von Modellregionen formuliert haben, wie man also Strukturinnovation, so kann man es, wenn man es ein bisschen abstrakt formuliert, Struktur der Gesundheitssysteme ist, Bedarf der Innovation der Strukturen. Wie kann man die entwickeln, um da zu den erfolgreichen Strukturen zu kommen oder besseren Strukturen zu kommen?
Patrick Pfeffer: Zum Schluss unseres Gesprächs würde mich noch Ihr Blick auf das Thema Trends interessieren. Durch das Medical Valley und Ihre Tätigkeit dort haben Sie sicherlich einen sehr breiten Blick auf medizinische Themen aus dem Bereich Medizintechnik, digitale Gesundheit. Wir haben über Outcome-basierte Geschäftsmodelle gesprochen. Wir haben auch gerade eben über Prävention gesprochen. Was sind für Sie wirklich die Themen der nächsten Jahre im Bereich der Gesundheit?
Erich Reichardt: Also dem Thema haben wir uns versucht zu nähern und es zu beschreiben. Da gibt es jetzt verschiedene Ansätze. Man kann natürlich eine Vielzahl von einzelnen Technologien und Sektoren nennen. Künstliche Intelligenz, Big Data wird eine Schlüsseltechnologie sein. Sensorik, AR. absolut wichtiges Technologiefeld mit unglaublichen Entwicklungen auf der Performance-Seite, die zu unterschiedlichsten Dingen beisteuern. Also da könnte man jetzt drüber sprechen und einzelne Anwendungen herausgreifen. Wir haben es dann versucht mehr zu sagen, wenn ich all die Technologien ein bisschen verstehe, wo geht es denn hin? Was bedeutet das für den Bürger? Und da haben wir zehn Trends eigentlich definiert. Das erste ist sicher, wir leben länger, wir leben länger gesund. Man wird in der Lage sein, Krankheiten früher zu erkennen. Und da gibt es jetzt wieder viele der Technologien, die ich schon eben angesprochen habe, passen dann dazu. Das kann man natürlich ausarbeiten. Der chronisch Kranke wird den stabileren Verhältnissen leben. Es wird für ihn angenehmer werden, kontrollierter werden. Da spricht vieles dazu. Der Dialog zwischen Patienten, zwischen Bürger und Mediziner, Arzt, Versorger wird sich ändern, fundamental. auch ändern. Das persönliche Gespräch bleibt erhalten. Es wird immer so dargestellt, es wird ersetzt. Nein, es wird ergänzt, es wird verstärkt durch Online-Dialoge, durch Coach-Funktionen, durch Möglichkeiten eines Feedbacks über Messungen, die übertragen werden. Also hier eine große Möglichkeit auch für eine Population in ländlichen Gegenden, die da besseren Zugang für die Gesundheitssysteme über solche Dialogformen bekommen. Ein Punkt, der häufig vergessen wird, die Innovation hilft nicht nur die Qualität der Versorgung zu verbessern, sondern sie hilft auch und macht große Beiträge, die Versorgung effizienter zu machen. Das heißt, Innovation leistet Beiträge zur Finanzierbarkeit der Gesundheitssysteme. Dass die Gesundheitssysteme finanzierbar bleiben, ist ja nicht so, dass Innovation alles teurer macht. Im Gegenteil, sie kann helfen. konsequent und richtige Umsätze, einen Beitrag zur Finanzierbarkeit der Systeme zu leisten. Eine große Sorge, auch in Deutschland, können wir uns Gesundheit noch leisten, laufen wir eine Zweiklassengesellschaft. Also da wird sicher sehr viel passieren. und dann Keine Frage, die Gesundheit ist ein ganz großer Wirtschaftsfaktor und schafft viele hochinteressante Arbeitsplätze in den verschiedenen Bereichen, auch neue Arbeitsplätze. Auch dieses muss man sehen. Künstliche Intelligenz, Big Data wird die Arbeit der Versorgung betreffen. unterstützen und ist eindeutig eine Schlüsseltechnologie. Und wie gesagt, auf der Modellseite, Systemseite glaube ich, dass das Thema Outcome-orientierte Gesundheitsversorgung dann auch die Strukturinnovation in den Gesundheitssystemen voranbringen wird.
Patrick Pfeffer: Was kann es Besseres zum Schluss geben als schon fast eine Art Strategic Framework an alle potenziellen Gründer, und Gründer da draußen, die im Bereich Gesundheit demnächst etwas starten wollen. Ihr braucht euch eigentlich nur an diesen zehn Punkte planorientieren und wisst schon, dass ihr damit eins der Trendthemen der Zukunft der Medizin getroffen habt. In diesem Sinne Möchte ich mich bei Ihnen, Herr Reinhardt, herzlich für das Gespräch und Ihre Zeit bedanken. Spannende Einblicke in die Zukunft der Medizin und unsere Wege werden sich sicherlich bald wieder kreuzen. Bis dahin alles Gute für Sie. Vielen Dank.
Erich Reichardt: Ich freue mich drauf. Vielen Dank. Alles Gute. Unterstützen Sie uns weiterhin.
