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Joel Kaczmarek: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen Fincast-Podcast von Digitalkompakt. Mein Name ist Joel Kaczmarek und ich bin wieder in kompetent finanziell orientierter Begleitung. Zu meiner Rechten sitzt die gute Miriam. Guten Morgen, stell dich doch mal vor.
Miriam Wohlfahrt: Hallo zusammen, hier ist Miriam Wohlfahrt. Ich freue mich heute dabei zu sein. Ich bin Geschäftsführerin und Gründerin von Ratepay und auch ein Payment und Banking Enthusiast und Hobbyliebhaber von Payment und Banking.
Joel Kaczmarek: Sehr gut. Und ich kann allen Zuhörern auch die Packs ans Herz legen, wo ich das erste Mal in diesem Jahr drauf sein durfte und einen der schönsten Baumwollbeutel Deutschlands bekommen habe. Auf dem steht so ein Knallrosa drauf, irgendwann ist immer Zahltag. Der gefällt mir sehr, sehr gut. Die andere Seite der Medaille sozusagen ja auch von Payment & Banking ist die gute Anregung. Guten Morgen auch dir. Sag doch einen Satz zu dir kurz.
André Bajorat: Guten Morgen Miriam, guten Morgen Joel. Wir sehen uns ja nicht, weil ich gar nicht bei euch in Berlin bin. Ja, vielen Dank nochmal für die, ich glaube, dritte Version jetzt, die wir machen mit dem Podcast. Ich bin André, André Bajorat, Geschäftsführer von FIGO. Lange Zeit schon in diesem Banking- und Payment-Umfeld unterwegs. Ich freue mich dann, dir und mit Miriam immer wieder tiefer in solche bestimmten Themen einzusteigen, die für mich mehr Alltag sind als für dich. Das macht es immer so interessant. deine Fragen zu beantworten. Wir von FIGO machen selber in diesem Bereich Banking eine Infrastruktur und insofern kann ich möglicherweise ein paar Einblicke geben, die für euch ganz interessant sein könnten.
Joel Kaczmarek: Aber du hast in der Tat recht, das ist die dritte Ausgabe. Ich dachte, du hast gerade darauf angespielt, wir mussten nämlich für alle Zuhörer jetzt mal hier Behind-the-Scenes-Eindruck unser Intro schon zum dritten Mal aufnehmen. War vierten Mal, glaube ich sogar. Einmal habe ich mich verhaspelt, einmal mussten wir umziehen, einmal war irgendwie bei anderen die falsche Totspur aufgenommen. Ja, das sind so die schönen technologischen Feinheiten, wenn man irgendwie ein Medienprodukt macht. Heute soll es in Folge 3 um die Zukunft der Banken gehen. Wir werden deklinieren, was ist eigentlich Bank, was ist Banking genau. Wir werden über Neobanks reden, wie ich heute von André schon das tolle Wort gelernt habe. Ich nehme das mal als Kompliment, dass mein Noob-Status hier als unterhaltsam eingeordnet wird. Ja, ich würde doch mal direkt starten, dass wir mal ein bisschen einordnen eigentlich. Also, ist ja ganz lustig, Payment und Banking. Ich würde sagen, Payment jetzt zu meiner Rechten in Form von Miriam und Banking zu meiner Linken virtuell in Form von André. Was definiert ihr denn eigentlich als Banking heutzutage? Was gehört da für euch dazu? Vielleicht fängt nie jemand an, die Non-Bankerin oder Less-Bankerin als ich, als André.
Miriam Wohlfahrt: Die Less-Bankerin, okay, das ist auch ein neues Wort. Ja, Banking ist für mich quasi im Prinzip alle Bankdienstleistungen, die zu einer Bank gehören. Dazu ist eben das Transaktionsgeschäft, klassisch Zahlungsverkehr oder auch jetzt auch Payment. Dann aber natürlich auch die klassischen Banking-Produkte. Das heißt, ich nutze meine Bank für Geldanlage, um Geld zu leihen, Beratung zu bekommen und, und, und, und. Aber da kann André noch mehr dazu sagen.
Joel Kaczmarek: Okay, Andre, der Mann der schönen Wortbilder.
André Bajorat: Was ist Banking? Also ich glaube, Banking ist erstmal ganz, ganz breit. Also man kann ja erstmal sagen, was ist Bank? Und Bank ist der Ort, wo wir in irgendeiner Art und Weise unser Geld hinbringen, denen wir vertrauen, wo wir uns Geld leihen und denen, die wir uns zur Hilfe nehmen, um Zahlungsverkehr auszuführen. Banking ist halt ein bisschen was anderes und muss nicht unbedingt was mit der Bank zu tun haben, sondern Banking ist erstmal ein Stück weit abstrakt von der Bank, weil ich auch Banking machen kann, ohne wirklich direkt bei der Bank zu sein. Das macht es, glaube ich, so interessant, dass man dort mittlerweile eine Unterscheidung hat zwischen Bank und Banking, aber in der Tat, um nochmal zurückzukommen, weil ich glaube, da können wir gleich ein bisschen tiefer einsteigen. Das, was Miriam gesagt hat, Zahlungsverkehr, Anlage, Kredite für Privatkunden, für Geschäftskunden, für Firmenkunden, das ist wahrscheinlich das, was wir alle vor allem mit Bank verstehen. und es gibt natürlich noch ein paar ganz, ganz andere Banken, Investmentbanken und sowas, darüber reden wir aber nicht, sondern ich glaube, wir wollen uns darauf konzentrieren, was wir unter Retail und Geschäftskundenbanking verstehen.
Joel Kaczmarek: Und ich glaube, mit so einer latenten Endkundenperspektive, also in der Tat reden wir jetzt eigentlich nicht über den Business-Teil oder den Anlageteil, sondern eher darüber, du hast das in unserem Vorgespräch so schön als finanzielles Zuhause bezeichnet, dass ja irgendwie Banken bisher immer so das finanzielle Zuhause von jemandem waren, wo man irgendwie so einen Knotenpunkt hatte, wo das Geld lag, wo irgendwie Geld reinkommt und Geld rausgeht. Dann kann man auch solche Dinge tun wie Anlagen oder irgendwie Aktiengeschichten. Das ist ja sozusagen bisher so, was wir irgendwie als Banking wahrscheinlich verstanden haben. Glaubst du, dass das auch in der Zukunft noch so sein wird, dass das irgendwie so einen Hort gibt, wo man das ganze Thema Banking eigentlich unter einem Dach hat? Oder wird sich vielleicht der Use Case ganz stark verändern oder es sogar so sein, dass man gewisse Teile dessen komplett auslagert, dass das gar nicht mehr ein Player ist, bei dem Banking komplett stattfindet?
André Bajorat: Ich nehme mal die Frage auf. Also ich fühle mich einfach mal angesprochen an der Stelle. Ich glaube, dass es ehrlich gesagt schon heute so ist, Joel, dass wir gar nicht mehr diesen einen Hort haben. Das ist, glaube ich, ein Stück weit eine Einbildung, der wir noch unterliegen. Es gibt, glaube ich, nur ganz wenige Menschen, die in der Tat alles das, was man unter Bankdienstleistung, unter Banking versteht, bei einer Bank haben. Das hat angefangen wahrscheinlich mit den Anfängen des Internets. Dass wir sowas wie Kredite, sowas wie Baufinanzierung, sowas wie Depots, sowas wie Anlagen plötzlich bei einer zweiten oder bei einer Drittbank gestartet haben. Dass wir unsere Kreditkarte plötzlich woanders hatten. Dass wir plötzlich sowas wie ein PayPal-Konto hatten. Allein das Wort Konto sagt ja schon etwas darüber hinaus, dass da auch so etwas wie ein Bankprodukt entstanden ist. Und insofern diesen einen Hort, diesen einen Ort gibt es, glaube ich, heute schon nicht mehr. Hat es dazu geführt, dass sich das jetzt schon so massiv in der Nutzung verändert hat? Nee. Aber ich kenne viele, viele Menschen, die eigentlich ein bisschen den Überblick verloren haben über das, was sie eigentlich alles so machen, was sie alles so haben. Und ich glaube total, dass sich das in der Zukunft wieder verändern wird, dass wir dort eine Aggregation erleben werden, die halt dann zu einem digitalen, finanziellen Zuhause führen wird. Was dann so ähnlich sein wird, wie wir früher unsere Hausbank wahrscheinlich empfunden haben, nämlich ein Ort, wo wir alles sehen, wo wir einfach einen Platz haben, einen Ort gefunden haben in der digitalen Welt, wo alle unsere ganzen finanziellen Dinge zusammengeführt werden.
Joel Kaczmarek: Was sind so eure Beobachtungen? Gibt es so etwas wie eine Hausbank eigentlich noch? Also ich überlege gerade mal bei mir. Ich habe eine Bank, bei der haben wir irgendwie mit der Family fünf Konten. Wir haben irgendwie PayPal. Wenn ich meine Firma mal angucke, wir sind bei der Deutschen Bank, wir sind bei der Fidor Bank. Wir haben irgendwie eine Kreditkarte von Payango. Wir sind im Begriff, wahrscheinlich bei Holvi auch noch ein Konto aufzumachen. Da haben wir auch noch mal ein PayPal-Konto für die Company. Also ich habe gefühlt eigentlich fast so 10, 20 Konten bald an der Management.
André Bajorat: Also ich habe gerade mitgezählt, du hattest gerade zwölf, glaube ich, bei ungefähr fünf verschiedenen Instituten.
Joel Kaczmarek: Siehst du?
Miriam Wohlfahrt: Bei mir ist es auch ähnlich. Aber ich denke, es ist natürlich auch eine digitale Zielgruppe, die wir hier sind oder der Fokus der digitalen Zielgruppe, die natürlich mehrere Sachen haben. Und wenn du einfach mal guckst, wir leben in Berlin, in Hamburg, in München, in großen Städten. Ich brauche aber ehrlich gesagt nur auf meine Eltern zu schauen. Die leben in Süddeutschland, in einem kleineren Ort, nicht weit weg von Stuttgart. Und die haben vielleicht maximal zwei Eltern. Im Moment, ich sage mal, Anknüpfungspunkt dafür, digitales Zuhause. Da spielt sich deutlich noch mehr ab über den Bankberater und die gehen auch noch in die Filiale. Dort ist auch noch eine Filiale vor Ort und da ist nicht nur eine Maschine drin, sondern da gibt es auch einen Mensch, der mit ihnen spricht. Und ich glaube schon auch, dass meine Eltern diesen Menschen noch vertrauen. Das ist bei mir nicht mehr so. Also ich weiß gar nicht, wann ich das letzte Mal in der Bank war. Ich kann das gar nicht mehr beantworten.
André Bajorat: Miriam, darf ich eine kurze Frage stellen? Also ich gucke auch auf Eltern, Schwiegereltern und sowas. Und was ich dort aber sehe, dass sie sich gefühlt noch bei einer Hausbank zugehörig fühlen. Aber dann guckst du etwas näher da drauf und dann siehst du plötzlich im Portemonnaie die Mercedes-Benz-Kreditkarte. und dann siehst du plötzlich, dass irgendwo noch ein Tagesgeld irgendwo eröffnet wurde, weil man irgendwo mal Geld hatte und plötzlich dachte, okay, die Sparkasse ist dann doch nicht ganz so attraktiv. Also das heißt, die Diversität ist auch da deutlich, deutlich breiter geworden. Und wenn du dir zum Beispiel anguckst, wenn wir jetzt mal aufs Alter gucken, so eine Weltspahn zum Beispiel, die haben als Zielgruppe Menschen, die sind älter als du und ich. Und insofern ist das, glaube ich, gar nicht unbedingt eine Frage von Ort und eine Frage von Alter, sondern ich glaube einfach eine Frage von bewusster Wahrnehmung. Wenn du wirklich mal ganz kurz reinguckst in deine Finanzen, dann sehen, glaube ich, viele, dass diese klassische Haus-Bank-Verbindung nicht mehr wirklich so stark da ist, wie wir das in der Vergangenheit hatten.
Miriam Wohlfahrt: Da gebe ich dir hundertprozentig recht, weil ich glaube einfach, die Leute haben nicht mehr so das Vertrauen. Sie glauben, die sind nicht unabhängig, das ist nicht transparent. Du magst heute nicht mehr zu deiner Bank gehen, weil du Angst hast, die Bank offeriert dir dann nur ihr eigenes Produkt und hat überhaupt nicht den Fokus, um sich herum zu gucken. Das glaube ich schon auch. Aber ich glaube trotzdem auch, dass es eine andere Zielgruppe ist, die wir sind im Vergleich jetzt zu den eher ländlich geprägten Leuten. Oder ja, ich sehe das schon ein bisschen anders.
Joel Kaczmarek: Ich habe so den Verdacht, dass beide Argumente zutreffen. Ja, so Berlin Mitte ist not a valid test market, wie man immer so schön sagt. Auf der anderen Seite scheint sich aber die Kurve sozusagen sehr schnell zu drehen, wenn man halt wirklich mitkriegt, dass irgendwie meine Mutter auch jetzt irgendwie eBay, Pinterest nutzt und dann irgendwelche PayPal-Zahlungen da engaged. Also wie ist denn so der State of the Art bei den Banken eigentlich? André, du bist ja da irgendwie ganz nah dran. Man hat ja so ein bisschen dieses Brick-and-Mortar-Thema, dass die halt ihre Filialen haben und ihre Automaten, was ja eigentlich erstmal ein Asset ist, aber halt auch irgendwie eine Last auf so einer Kosten-Nutzen-Rechnung. Wenn ich sowas immer verfolgt habe, ich habe bei einer Bank irgendwie mal Insider-Dokumente zugespielt bekommen, wo sie so ihre Innovationsstrategien sich erörtert haben, die machen sich halt schon viel Gedanken darüber, wie sieht der Kundenberührungspunkt in der Filiale aus, haben so dieses Problem urban versus ländlich, also in ländlichen Regionen lohnt es sich teilweise überhaupt nicht mehr, Banken aufzuhalten, so habe ich es verstanden. Und dann kommen halt diese Neobanks um die Ecke und sägen denen halt auf einer Digitalecke total die Füße weg. Wo man ja auch mal wissen muss, das sind ja teilweise, wenn wir von digital bei Banken reden, haben wir ja so 1970 Kobol-Architekturen, wo die Entwickler aussterben, wo es keine Menschen mehr gibt, die diese Programmiersprachen teilweise noch beherrschen. Was ist bei denen eigentlich so los? Wie ist der Status Quo bei so einer Bank? Wie blicken die auf Banking?
André Bajorat: Also ich glaube, das hat sich in den letzten drei Jahren schon sehr massiv verändert. Vor drei Jahren war eigentlich irgendwie alles noch so gut. Da haben alle gesagt, ach komm, da passiert nicht so viel. Und wir haben halt den Kunden und wir bieten ihm irgendwie alles an. Und damit ist irgendwie im Grunde genommen, müssen wir uns keine großen Gedanken machen. Und das hat sich schon ein bisschen verändert. Ich glaube auch durch so eine Fintech-Welle und auch, ehrlich gesagt, durch solche Erfolge, wie sie in der Nummer 26 hatten. Da haben am Anfang alle drüber gelächelt, als sie die ersten 1.000, die ersten 5.000, die ersten 10.000 und dann die ersten 50.000 und 100.000 Kunden hatten. Da hat man plötzlich gemerkt, da entstehen getrieben durch neue Innovationen, die gar nicht unbedingt Bankinnovationen waren, sondern die vor allen Dingen auf der UX-Seite stattgefunden haben und auf der Erlebnisseite stattgefunden haben, entstehen neue Angebote, die man sich ernst nehmen muss. Das siehst du mittlerweile bei nahezu allen Banken, dass sie sich darüber Gedanken machen, wie sie halt neue Touchpoints schaffen. die halt viel, viel mehr im Alltag der heute Lebenden, sage ich mal, stattfinden, als sie das in der Vergangenheit hatten. Früher war der Touchpoint, wie du es gerade schon beschrieben hast, sehr häufig in der Filiale. Und das haben ja Banken eins grandios geschafft. Die haben uns ja alle aus der Filiale rausgedrückt. Wenn du dir überlegst, dass halt nahezu allen Banken in den letzten 20 Jahren SB-Bereiche geschaffen wurden, die bewusst waren, von der eigentlichen Filiale abgetrennt waren. Das heißt, wenn du in die Filiale gekommen bist, hast du gerade noch am Geldausgabeautomaten gestanden oder dir den Kontoauszug gezogen. Aber eigentlich solltest du auf keinen Fall in die Filiale reinkommen, weil da war schon fast so eine Art Mauer aufgebaut. Und diese Touchpoints sind natürlich total weg. Und diese Geldausgabeautomaten und sowas sind auch kein richtiger Touchpoint. Also sucht man neue Touchpoints. Und da muss man halt gucken, dass man Relevanz erlangt, Relevanz behält. Und da sehen wir, da sehe ich in den letzten Jahren bei nahezu allen Banken einen wirklichen Wandel, dass man dieses Thema User-Fokus sehr stark in den Vordergrund gerückt hat und weniger auf das guckt, was die Bank eigentlich an Problemen hat, sondern versucht sich an den Nutzerneeds zu orientieren. Das sehe ich gerade bei vielen, vielen Banken.
Joel Kaczmarek: Wie sieht das am Ende aus? Also man kann es ja vielleicht so ein bisschen auch vergleichen mit der Autoindustrie. Da will ja keiner mehr Karren bauen. Die wollen ja alle eher so in den Bereich Services rein, dass sozusagen dieses anfassbare Asset teilweise eine Last wird. Ist das in der Bank auch so? Also wie sieht denn dann Service im Prinzip in der Bank aus?
André Bajorat: Also Mobile war sozusagen der erste Trigger, wo viele Banken gemerkt haben, okay, das ist ein Service, den muss ich meinen Kunden anbieten, das ist ein Touchpoint. Der unterscheidet sich halt komplett von dem, den wir bis dahin hatten. Und da haben halt viele, viele Banken wirklich aufgeholt und versucht, in diesem mobilen Umfeld wirklich Schritt zu halten und wirklich gute mobile Lösungen zu bauen. Und ansonsten gibt es halt viele, viele Banken, die mittlerweile Kooperationen eingehen mit, ich sage mal, Financial-Technology-Unternehmen, um neue Innovationen schneller in die Bank reinzubekommen. Also wenn du dir beispielsweise die Sparkassen anguckst, die ihren Innovationshub haben, also ihren S-Hub hier in Hamburg, um halt Fintechs an die Bank heranzuführen. Wenn du dir die Deutsche Bank anguckst, die mittlerweile, glaube ich, mit fünf Fintechs Lösungen ihren Kunden anbieten. Wenn du dir eine Consors anguckst, wenn du dir eine DZ-Bank anguckst, also im Grunde genommen alle Banken schauen sich gerade an, welche neuen digitalen Services können wir anbieten und bauen die nicht alle selber, das ist halt auch etwas, was komplett neu ist in den letzten zwei Jahren, sondern suchen sich halt Partner, die mehr aus der Technologie-Ecke kommen, die mehr aus der User-Experience-Ecke kommen. um diese Lösungen halt für den Kunden zu schaffen. Und das sind halt digitale Services, die vor allem im Vordergrund stehen. Und die Filiale wird natürlich ein Stück weit immer noch versucht, andersartig zu nutzen und weiter bespielt zu werden. Aber alle sind sich natürlich darüber im Klaren, dass das nicht unbedingt die Zukunft ist und dass man sich da neue Konzepte einfallen lassen muss. Ich meine, man muss sich auch über eins im Klaren sein. Filialen von Banken waren bis in die 70er Jahre jetzt nicht so weit verbreitet in Deutschland. Und wenn du in Berlin lebst, also ihr lebt ja beide in Berlin, guck dich mal im Osten um. Da hast du auch ganz wenige Bankfilialen. Da sind natürlich im Laufe der letzten 25, 30 Jahre eine ganze Menge mehr entstanden. Aber das ist jetzt nichts, was irgendwie ganz typisch für schon immer war, dass an jeder Ecke eine Bankfiliale war, sondern es ist eher eine Entwicklung gewesen aus den letzten 25, 30 Jahren und die wird gerade wieder zurückgetrieben. Also wir werden weniger Filialen haben und damit werden die Banken halt neue Touchpoints schaffen und das versuchen sie gerade, digitale Touchpoints zu schaffen.
Miriam Wohlfahrt: Andre, ich habe mal eine Frage an dich, weil du sagtest eben, ich meine, die großen etablierten Banken haben jetzt alle auch schöne mobile Lösungen, um den Kunden anzusprechen, aber sie verlieren ja immer einen größeren Teil der Wertschöpfungskette. Und ich frage mich aber nur, was bringt denn eigentlich der Bank, der Kunde noch, wenn die Wertschöpfungskette nicht mehr ausgenutzt wird? Das heißt, also wenn da nur das Konto ist und sonst eigentlich alle Dienste irgendwo anders genutzt werden, dann ist der Kunde doch eigentlich nicht mehr so wirklich wertvoll für die Bank, oder?
André Bajorat: Naja, es ist halt die Frage, ob du halt möglicherweise mit dem Kunden ansonsten auch noch andere Dinge dann ihm anbieten kannst, wo wirklich wieder Wertschöpfung in der Bank stattfindet. Ich glaube, du musst dir aber nur überlegen, ob du zum Beispiel, keine Ahnung, einen Robo-Advisor als Beispiel, als digitalen Service wirklich jetzt gerade selber baust als Bank oder ob du dir möglicherweise einen Partner reinholst. Aber wenn du halt das finanzielle Zuhause für den Kunden bist, glaube ich, dass halt die Customer-Lifetime länger ist und du halt auch mehr Touchpoints hast und dann durchaus nochmal andere Produkte anbieten kannst, wo du wirklich mit Geld verdienen kannst. Also Kredite zum Beispiel, das ist ja schon ein Thema, wo eine Bank gut was verdienen kann. Und möglicherweise auch darüber nachdenken kannst, dass du diese Services irgendwann auch mal wieder bepreisen kannst. Dass wir in Deutschland in so einer Null-Euro-Konto-Welt leben, ist ja auch nichts, wo wir sagen, das muss für immer so sein. Also die Postbank hat es ja vorgemacht, so vor einem guten Jahr, dass sie angefangen hat, das Girokonto wieder mit einem Preis zu versehen. Im Rest von Europa ist das ehrlich gesagt nahezu normal, dass da irgendwie auch auf dieser Leistung Bank, auf der Leistung Banking auch ein Preisschild draufstehen kann. Also zurück zu deiner Frage, Miriam, ist es irgendwie dumm von Banken gerade in der Wertschöpfungskette sich zurückdrängen zu lassen? Natürlich wäre es besser, wenn man die Wertschöpfungskette komplett beherrscht, aber die Frage ist halt, ob du schnell genug bist, um die Wertschöpfungskette komplett selber aufzubauen oder ob du halt in Partnerschaften bereit bist, einen Teil davon abzugeben und dann trotzdem halt versuchst, den Kunden halt mit deinen Services zu beglücken.
Joel Kaczmarek: Aber bei dieser ganzen Kiste mit, ich hole mir irgendwie die Schnellboote rein, weil mein Tanker irgendwie nicht mehr so in der Lage ist, schnell zu reagieren und die Innovation hervorzubringen, da hast du ja immer so ein bisschen das Problem bei diesen grünen Wieseansätzen von außen, dass du halt keinen Know-how-Transfer und eigentlich keine Innovationspipeline in deine Bestandsorganisation reinbringst. Also es gibt ja immer, wenn man auch irgendwie Firmen kauft, gibt es ja so zwei Blickwinkel. Das eine ist irgendwie, ich mache irgendwie ein Neugeschäft und vielleicht kann ich mein Bestandsportfolio an Diensten applizieren auf eine neue Zielgruppe und das dann irgendwie hochtreiben. Und das andere ist halt Know-how-Zuwachs. Und du hast doch aber eigentlich überhaupt kein Know-how-Zuwachs, wenn das eigentlich alles deine externen Schnellboote machen, die dir noch nicht mal gehören.
Miriam Wohlfahrt: Das finde ich auch zum Beispiel im Falle von N26 nochmal als Beispiel. Ich meine, ich finde es auch sehr beachtlich, was sie geschafft haben, aber letztendlich diese ganzen anderen Dienstleistungen, die sie drumherum bieten ums Konto, die bringen sie alle gar nicht selbst. Das heißt, da ist gar nicht das Wissen in der Company da. Also eigentlich stellt sich mir dann nur die Frage, wie kann ich damit eigentlich jemals wirklich Geld verdienen als Bank, wenn ich nur das Konto habe.
André Bajorat: Also lasst mich versuchen, darauf zu antworten oder meine Sicht euch darauf zu geben. Antworten ist falsch, weil es eigentlich keine Frage war. Bei N26, glaube ich, ist der Weg, den sie gerade gehen, total schlau, weil sie sich angucken, welche von diesen Services funktionieren. Und ich glaube, dass dann über kurz oder lang sie selber die funktionierenden Services, getrieben durch KPIs, die wirklich gut funktionieren, selber bauen werden. Und das Wissen baust du dir auf. Das ist ja nichts, was irgendwie Also wenn du dir anguckst, der Robo-Advisor kommt von Warmo, das Auslandszahlungsverkehrsthema kommt von Transferwise, Versicherung von Clark, Anlage von Weltsparen und Kredite von Augs Money. Das sind ja Dinge, die sind natürlich jetzt erstmal super schnell reingekommen und jetzt lernen sie halt. Und ihr habt recht, natürlich haben sie jetzt irgendwie fünf Partner oder sechs Partner da drin, die eigentlich ihr eigenes Geschäft machen und sie bauen selber im ersten Schritt das Know-how nicht auf. Aber sie lernen halt darüber, was funktioniert. Und ich glaube, dass sie dann halt über kurze Zeit auch selber die Produkte bauen werden. Bei Banken, Joel, das war dein Thema, wenn du halt über Schnellboote arbeitest, fehlt dir teilweise der Know-how-Transfer und möglicherweise der Aufbau des eigenen Know-hows in der Bank. Da bin ich völlig bei dir. Also das ist, glaube ich, auch etwas, was wir in den kommenden Jahren durchaus noch sehen werden, dass du neben den Kooperationen, die zwischen Banken und Financial Technology Unternehmen stattgefunden haben, halt in Teilen auch mal Asset-Deals sehen wirst, weil man halt merkt, dass man halt auch dieses Know-how in Banken teilweise selber benötigt. Bisher ist das nichts, was klassischerweise Banken tun oder getan haben. Also sie haben halt bisher maximal Kooperation angegangen und sind es total gewohnt, auch so zu arbeiten, weil sie bisher halt immer irgendwelche Consultants und irgendwelche IT-Unternehmen beauftragt haben, um ihre IT-Lösungen zu bauen. Aber ich glaube in der Tat, dass da, weiß nicht, ob ihr das Interview mit John Crine im Rahmen der South by Southwest mit dem Jochen Wegner gehört habt, Da merkst du halt schon, dass die mittlerweile darüber nachdenken, dass sie halt oben angefangen, also von der Vorstandsebene angefangen, darüber nachdenken müssen, wie sie halt IT-Know-how in die Bank, Ingenieurswissen in die Bank reinbekommen. Und dazu kann auch passen und gehören, dass du natürlich dann mal darüber nachdenkst, ob du dir bestimmt das Know-how einkaufst.
Joel Kaczmarek: Ich würde gerade sagen, eigentlich musst du doch da viel mehr all-in gehen, oder? Also so eine klassische Strategie von einem Mittelständler oder einem Corporate, der sagt, ich bin irgendwie unterdigitalisiert, wäre doch eigentlich, ich gebe Geld in Fonds, um irgendwie meinen schlechten Dealflow, den ich habe, auszugleichen, um trotzdem an Know-how zu kommen und Kontakte. Ich setze vielleicht irgendwann meinen eigenen Venture-Arm auf, ich kaufe Firmen, ich versuche irgendwie eigene Firmen zu starten, ich denke einen Accelerator nach. Also erklär mir doch mal, wie das passiert ist. Also das
André Bajorat: Also das wiederum tun ja auch einige. Also guckt dir die Commerzbank an. Die haben ihren eigenen Accelerator aufgebaut oder Inkubator aufgebaut. Die haben einen eigenen Venture-Arm aufgebaut. Eine deutsche Bank hat gerade angefangen zu investieren in eine Firma, die halt auch so eine Banking-App gebaut hat. Also das ist nicht so, dass die Banken das gar nicht tun. ING Diba, da sehen wir halt auch Investments. Die haben, glaube ich, in Belgien mittlerweile auch zwei Payment-Fintechs gekauft. Da glaube ich, dass dadurch durchaus der eine oder andere schon verstanden hat, dass du halt verschiedene Dinge tun musst, dass du möglicherweise auch, wie du es gerade beschrieben hast, in bestimmte VC-Ärme oder Arme rein investierst. Auch das ist passiert, also ich weiß nicht, ob du mitbekommen hast, dass die Postbank in den letzten HTGF-Fonds investiert hat. Also das finde ich auch einen schlauen Move, weil du halt damit Dealflow siehst, Technologien verstehst, möglicherweise viel, viel mehr Insights zu Talenten hast oder Zugang zu Talenten hast, die du bis dahin gar nicht so gesehen hast. Also das machen glaube ich schon mittlerweile mehr und mehr Banken, aber in der Tat hat das auch erst so vor, was ich vorhin schon angedeutet habe, so vor zwei Jahren ungefähr begonnen und das dauert glaube ich eine Zeit lang, bis das wirklich dann auch tief drin ist.
Joel Kaczmarek: Bevor wir jetzt mal irgendwie gleich darüber sprechen,wer die Strohhalme sozusagen den Banken da entziehen könnte,also Neobanks ist sicherlich ein Thema,worüber wir gleich noch mal detaillierter reden müssten,lass uns doch noch mal zwei Kontexte vielleicht aufmachen. Das eine, was du ja gesagt hattest, war,dass Banken viel auf Mobile setzen. Und wenn wir mal in unsere letzte Folge zurückdenken,mit den Mobile Wallets und ich irgendwie mir die Kolumne,die ich von der Miriam irgendwie kürzlich gesehen habe,angeschaut habe,ist irgendwie nicht eine einzige Bank im Begriff,auch nur ansatzweise Mobile Wallet werden zu können. Also in Miriams Kolumne war ja so. die These, dass Payback irgendwie einer der Player werden könnte. oder Alipay und Apple Pay hatten wir ja so als Akteure. Sprich, da könnte das wieder ins Ausland irgendwie gehen, dieses Geschäft. Warum gibt es eigentlich keine Bank, die irgendwie mal in der Lage war zu sagen, okay, ich stehe bei Rewe an der Kasse und zück jetzt meine Volksbank-App oder meine Sparkassen-App oder irgendeine Verbunds-App oder sowas?
André Bajorat: Ja, oder? Ja, willst du oder soll ich?
Miriam Wohlfahrt: Nee, du darfst. Das ist auch sein großes Thema auch.
André Bajorat: Ehrlich gesagt hast du das in Teilen. Also du hast ein paar Banken, die mittlerweile versuchen, in ihrer Banking-App auch die Kreditkarte als mobiles Wallet zu integrieren. Also die Deutsche Bank hat das gemacht und ich glaube auch die ein oder andere Bank, dass du halt dann dein NFC-fähiges Android-Phone einfach über das Terminal ziehst. Also da versuchen Banken auch schon was zu machen. Ich glaube, man muss da unterscheiden, wer kann ein Wallet werden? Ich glaube, ein Wallet kann eigentlich nur werden, entweder jemand, der super neutral ist, also neutral im Sinne von, ich bin nicht zu einer Bank gehörend, also das kann ein WeChat sein, das kann möglicherweise ein Payback sein, also neutral im Sinne von, ich gehöre nicht zu einer Bank. Oder halt auch ein Bankenkonsortium. Also sowas wie PayDirect war ja ein guter Start und im Grunde genommen könnte dahinter auch irgendwann ein Wallet liegen. Einzelne Banken haben es als eigenes Payment-Scheme, glaube ich, immer schwer, weil du halt das Henne-Ei-Problem hast. Und die können halt maximal versuchen, bestehende Infrastrukturen oder bestehende Karten, bestehende Bezahlmöglichkeiten, das sind ja meistens Karten, irgendwie in ihre Apps zu integrieren. Da steht halt momentan leider vielen, vielen Banken Apple im Weg. Weil Apple halt momentan den Banken, in Deutschland jedenfalls, nicht erlaubt, die NFC-Schnittstelle direkt zu nutzen. Also da haben wir dieses Thema, wer ist sozusagen auch weiter vorne? Ist es Apple Pay oder sind es die Banken? Und deshalb geht das bisher nur auf Android. Das habe ich lange darauf versucht zu antworten, warum ich halt momentan keine Mobile Wallet von Banken sehe. Also ich glaube, wie gesagt, dass es schwierig ist, für Banken das Thema alleine zu besetzen, sondern sie müssen es wenn als Konsortium tun. Oder du musst halt irgendeinen neutralen Player haben, der das Ganze tut.
Miriam Wohlfahrt: Ja, und ein Brand alleine reicht dann auch nicht. Das Problem ist, du möchtest ja auch nicht verschiedene Apps haben. Der Konsument mag das nicht. Du möchtest nicht eine Sparkassen-App haben, eine deutsche Bank-App, eine Rewe-App, eine Netto-App. Das ist alles viel zu viel. Ich glaube, du kannst es eigentlich nur gewinnen, wenn du die Kunden hast und einfach so mächtig bist. Deshalb glaube ich ja daran, dass wenn es einer überhaupt in Deutschland schaffen könnte, ist es aus meiner Sicht Payback. Weil die haben schon ein System, was gut funktioniert und es ist ein Mehrwert für den Kunden da. Das haben die anderen alle nicht, weil es rein bezahlen ist, macht keinen Spaß oder sowas. Und deshalb wirst du dir auch nicht einfach irgendwelche blöden Apps von Banken runterladen. Ich glaube da nicht dran.
Joel Kaczmarek: Ich meine, wir können ja als Brücke vielleicht, auch wenn das so ein ewig weites Feld ist, was wir vielleicht auch gar nicht zu sehr aufmachen wollen, aber als Brücke mal zu den Neobanken, wer denen sozusagen das Zepter aus der Hand nehmen könnte, auch mal ein, zwei Sätze über Krypto verlieren. Ich erinnere mich, einer meiner allerersten Podcasts war irgendwie mit dem Jörg Platzer, der ja so Bitcoin irgendwie Verfechter ist. Und der sagt ja sogar, was brauche ich eigentlich noch eine Bank? Leck mich am Arsch, was soll ich denn da noch irgendwie so einen durchregulierten Machthaber in der Mitte haben? Ich kann doch alles selber machen. Der ganze Markt ist ja sowieso schon völlig liberalisiert. Das kann ich doch mit Bitcoins machen. Ich glaube, es hat sich viel gezeigt, dass das nicht so einfach ist, weil es kommen ja auch Sachen hinzu, die man gar nicht so bedacht hat lange Zeit. Die Beeinflussbarkeit, Volatilität des Kurses. Gebühren und so weiter und so fort, aber ist das insgesamt eine berechtigte Geschichte, wenn man den Hintergrund mit so Kryptogeschichten auch sieht, dass Banking vielleicht gar nicht mehr so ein Asset per se ist?
Miriam Wohlfahrt: Also wenn du jetzt, ich meine hier, was Estland ist ja das erste Land, was auf Kryptowährung umgestellt hat, das ist schon echt interessant und da siehst du eigentlich, dass sich da die Rolle der Banken schon ändert. Ich glaube jetzt nicht unbedingt an Bitcoin, aber ich glaube, dass was dahinter liegt, die Blockchain, das ist schon ein riesen Zukunftsthema, aber im Moment ist es noch zu sperrig. Ich Ich finde, das ist so ein bisschen manchmal die Blockchain heute ist so wie die Computer Anfang der 80er Jahre, als es noch kein Windows gab. Man versteht das nicht so richtig.
Joel Kaczmarek: Das MS-DOS der Finanzbank.
Miriam Wohlfahrt: Ja, genau, MS-DOS. Weil ich meine, damals einen Computer zu bedienen, das war sehr kompliziert und du musstest immer mit diesen riesen Disketten da irgendwie von einem auf das andere Und das haben eigentlich nur Leute irgendwie bedienen können, die da ganz tief in dem Thema waren, also nicht die Allgemeinheit. Und so ist es heute, glaube ich, auch mit der Blockchain. Und sobald es irgendwann mal einfache Erklärungen gibt, Anwendungen, glaube ich, könnte ich mir schon vorstellen, dass sich da was anderes rauskristallisiert. Aber noch hast du ja so ein bisschen, ist ja interessant. Ich meine, du hast Schweden hin auf dem Weg zu einer digitalen Währung, Estland, aber auch auf der anderen Seite wird das Bargeld in Deutschland noch, es wächst im Moment. Also das ist irgendwie so eine Kontrabewegung. Deshalb kann ich nicht noch gar nicht so richtig sagen, wo man sich da einordnen kann. Ich glaube aber durchaus in der Zukunft werden sich da andere Tendenzen ergeben, wenn das einfacher wird, dieses Thema. Wenn es sowas gibt wie Microsoft für die Blockchain.
Joel Kaczmarek: Versuche ich mal Ja, ich würde jetzt gerne Brücken aufmachen zu zwei Themen. Jetzt gebe ich hier mal eine riesige Vorlage für André. Also das eine ist, glaube ich, so das Auflösen der Grenzen. Also auch wenn wir an so etwas wie Weltsparen denken, das ist ja eigentlich am Ende des Tages ein Arbitrage-Thema, dass es irgendwo bessere Zinsen gibt als dort, wo ich mich befinde. Und das zweite ist wahrscheinlich so User Experience, wo ich mir vorstellen könnte, dass das ganze Thema Neobanks sehr stark an User Experience geknüpft ist, was ja eigentlich bei dem Aufschlag, was du gerade gesagt hast, mehr. Du bist doch immer User Experience-Verfechter, André.
André Bajorat: Ja, total. Aber lass mich bitte noch ein Wort zum Thema Blockchain und Bitcoin sagen, wenn ich darf. Natürlich. Weil ich möchte einen kurzen Vergleich machen, weil du hast mich ja gerade schon als den Bildvergleich herausgestellt. Ich habe so ein bisschen das Gefühl, dass wir heute, wenn wir über Blockchain reden, dann glauben wir immer an etwas, was irgendwo am Frontend stattfindet. Und da kommen wir schon Richtung UX. Und ich möchte einen Vergleich machen. Erinnert ihr euch an die ganze Diskussion, als es um das Thema Linux ging, ungefähr 15, 20 Jahre her? Linux hat sich total verbreitet und ist in unserer IT-Landschaft nahezu nicht mehr wegzudenken. Nahezu alle unsere Server im Internet laufen auf Linux. Das hat wirklich eine total nachhaltige Veränderung in der ganzen Server-Infrastruktur und auch bei Firmen mit sich gebracht. Also sowas wie Sun Solaris zum Beispiel, die sind mittlerweile nicht mehr da. Das waren die Stars vor 20 Jahren in der ersten Dotcom-Welle. Die sind nicht mehr da. Die waren aber diejenigen, die halt in der ersten Zeit Die ganzen Maschinen, die ganzen Server dahingestellt haben. Was will ich damit sagen? Damals haben alle gesagt, Linux wird Microsoft und Apple vernichten, wird Betriebssysteme vernichten. Das ist nicht passiert. Microsoft ist so viel wert wie noch nie. Apple ist so viel wert wie noch nie. Was stattgefunden hat, Linux hat sich als etwas viel tiefer in der Infrastruktur total verankert. Und ich glaube, das werden wir mit der Blockchain auch erleben. Das heißt, die Blockchain Oder das, was wir unter der Blockchain, dezentrale Strukturen, wird sich total verankern in Infrastrukturen, wird aber nicht die Player angreifen, die wir vermeintlich gerade angegriffen sehen. Das heißt, Banken werden das Thema selber für sich entdecken, Börsen werden das Thema entdecken. selber für sich entdecken, werden das Thema treiben und werden möglicherweise dadurch viel wertvoller werden, so ähnlich wie es bei der Microsoft und bei der Apple auch stattgefunden hat. Aber die Infrastruktur unten drunter wird sich nachhaltig verändern. Das glaube ich dazu. Und dann zurück zu deiner Frage, Joel, was verändert Banking? Und ich glaube, das war so ein bisschen das, was du meintest. Ich glaube, dass wirklich UX der Treiber ist dafür, wer erfolgreich sein wird im Banking der Zukunft. Das heißt, User Experience und tägliche Relevanz wird der entscheidende Erfolgsfaktor dafür sein, wer der beste Player im Banking der Zukunft sein wird.
Joel Kaczmarek: Also ist das eine reine Designfrage oder fässt du da alles runter oder sind das Features?
André Bajorat: Ich glaube, das ist nicht nur eine reine Designfrage, sondern es ist einfach eine Frage der digitalen Exzellenz. Lass mich das so sagen. Schau auf dein Gerät. Welche Dienste nutzt du da drauf? Dann sind es in der Regel diejenigen, die du halt als vernünftig und gut designt auf der einen Seite, aber vor allen Dingen halt in der Experience als gut und wertvoll für dich empfindest. Das sind in der Regel Dienste von Anbietern, die halt über ganz, ganz viel Know-how im Bereich IT, im Bereich User Experience verfügen und das auch in den Mittelpunkt stellen. Das ist nicht nur Design. Design ist ja ein bisschen Geschmack, sondern wie fühlt sich ein Dienst an? Wie fühlt sich eine App an? Behindert dich das? Hilft dir das? Ist das im richtigen Kontext? Ist das Ding schlau? Das sind, glaube ich, die richtigen Fragen. Gehen die vernünftig mit Daten um? Finden sie für dich in einem guten Kontext statt? Das ist, glaube ich, die entscheidende Frage und das hat nichts mit Featuren zu tun, sondern wirklich mit, wie ist das Erlebnis eines solchen Dienstes? und da wird sich Banking total verändern.
Joel Kaczmarek: Ich kenne einige Profi-Designer, die dich dafür erschlagen würden, dass du sagst, Design ist Geschmack, aber so nimmt man es in der Endkundenwahrnehmung oft wahr. Ich glaube, deine These übrigens mit dem ganzen Thema Blockchain wird die Technologie im Hintergrund sein, also eigentlich ein Katalysator für neue Entwicklungen, stimmt glaube ich auch. Wir hatten einen Vortrag, witzigerweise einen Digital Breakfast hier bei uns, einen Tech Breakfast, wo der Radko von Bitbon das auch gesagt hat, dass solche Sachen wie Ether, IOTA und so, dass das eigentlich eine Background-Technologie werden wird, Für Smart Contracts, was du als User gar nicht mehr siehst. Du machst einen Smart Contract, der ist abgesichert und du weißt aber, dich interessiert gar nicht, wie das technisch gemacht ist. Dann lass uns aber jetzt mal wirklich in Konkretum gehen. zu diesen Neobanks, wie du die immer gerne bezeichnest. Wenn digitale Exzellenz da irgendwie die Stellschraube ist. Wir können ja mal so ein paar durchdeklinieren. Also wir hatten jetzt N26 schon ein paar Mal genannt. Ich finde irgendwie Holwies auch so ein Beispiel, was zusehends an Aufmerksamkeit gewinnt. Aus Finnland, wenn ich mich nicht täusche. Contest ist immer so ein Beispiel, über das geredet wird. Wir können auch mal nach UK rüber gucken. Tandem, Penta, Revolut. Genau, das wären noch so ein paar Beispiele. Wir können jetzt nicht jeden in Detail besprechen, aber dass wir mal so eine kleine Map machen, wie sehen, was die ausmacht und wie die es geschafft haben, da an Relevanz zu gewinnen.
André Bajorat: Also ich kann ja gerne mal anfangen. N26 ist einfach unfassbar gut getrieben durch User Experience und Mobile First, totaler Fokus. Richtig gut. Also muss ich einfach sagen, gefällt mir immer wieder und machen einfach Dinge richtig. Gefällt mir richtig gut. Haben dadurch eine Relevanz bekommen, dass sie halt auf die richtigen Dinge am Anfang fokussiert haben, die halt die Zielgruppe haben wollte. Mein Blick darauf. Wenn ich auf die Jungs von Contest gucke, die haben halt eine andere Art von Exzellenz. Die haben halt eine andere Zielgruppe und gucken halt eher auf dich, Joel, so als Freiberufler, kleine Unternehmen, die halt sagen, du hast ganz andere Needs und diese Needs werden heute von Banken ganz, ganz, ganz, ganz schlecht befriedigt. Oder werden halt von der Dativ ganz, ganz schlecht befriedigt, die halt so ein anderer Anbieter für so Unternehmenslösungen ist. Und darauf haben die sich halt total spezialisiert und versuchen da exzellent zu sein. Das finde ich super interessant, was Chris mit seinem Team dort hinbekommt und dort halt das Ganze mit dem Bankkonto, mit der Kreditkarte zu koppeln. Chris ist halt getrieben, also von Contest, der Chris ist halt dadurch getrieben, dass er selber seit 20 Jahren, 25 Jahren als Freelancer, als Freiberufler unterwegs ist und immer das Gefühl hatte, ein Kunde zweiter Klasse bei Banken zu sein. Und darauf hat er halt gar keine Lust mehr, sondern er möchte halt die Menschen, die halt frei beruflich vernünftig Geld verdienen und gute Kunden sein können, auch genauso bedienen. Und das treibt den. Das macht es auch echt Exzellenz.
Joel Kaczmarek: Ich finde es zum Beispiel ganz interessant, um den Fokus mal zu erweitern, also N26 hast du jetzt gesagt, wäre so ein typischer Fall für digitale Exzellenz, was die User Experience angeht. Bei Holvi beobachte ich zum Beispiel, dass man da ja versucht, das so an Services zu knüpfen. Also ich erinnere mich, ich habe lange darüber nachgedacht, mir dort ein Konto zu machen, weil sie ja sagen, wir bieten zum Beispiel Buchhaltung mit an. Dass du im Prinzip sehr schnell sehen kannst, Eingangsrechnung, Ausgangsrechnung, also eigentlich ein Service, den du ja gar nicht bei einer Bank vermuten würdest, sondern fast eher so auf der Gap zu, mache ich selber, habe eine Software oder zum Steuerberater. Total.
André Bajorat: Also Holvi, vielleicht noch zwei Worte kurz zur Geschichte, damit das auch alle einordnen können. Holvi ist mal gestartet als Lösung für Menschen, die in Helsinki in Finnland ein Festival organisiert haben. Und die haben damals als ITler eine Lösung gesucht, womit sie Tickets und ihre ganzen Kosten im Griff haben konnten. So ist Holvi entstanden. Also sozusagen auch aus einem Need heraus. Und die sind mittlerweile gekauft worden. Also da ist zum Beispiel eine Bank komplett eingestiegen, die BBVA. Also die spanische Großbank hat Heuvi mittlerweile komplett übernommen. Also es ist kein Fintech mehr, kein Startup mehr, sondern es ist Teil der BBVA. Also das muss man, glaube ich, auch im Hinterkopf haben. Und was die halt machen, ist halt in der Tat das, was du gerade beschreibst. Die sagen halt, ich gehe auf die Nische und mein Service ist Bank, ist sozusagen dort Commodity, Karte und Bankkonto. Aber mein eigentliches Produkt ist Buchhaltung, mein eigentliches Produkt ist, das Business zu managen, so ein bisschen in die Richtung, du hast ja auch Marco schon mal hier gehabt von Enfor, in Teilbereiche da reinzugehen, zu sagen, ich enable dein Business, um besser zu sein, um halt ein gesundes Business aufzubauen.
Miriam Wohlfahrt: Aber da sind wir ja wieder bei der Ausgangssache. Eigentlich, wenn du überlegst, all die haben ja eins gemeinsam, das ist genau das Bedürfnis des Kunden ansprechen. Ich fand hier bei N26, du kannst dich super einfach onboarden. Und was ich da interessant finde, ist du zum Beispiel, wenn du ein Überziehungs-, wenn du dein Konto überziehst, bekommst du eine Nachricht, Achtung, du überziehst dein Konto. Das ist ja auch für eine Zielgruppe was ganz Neues und nicht so, da werden nicht einfach jetzt Zinsen fällig, sondern man hat das Gefühl, die gehen nett und transparent mit einem um, man fühlt sich wohl. Das haben wahrscheinlich die anderen Banken immer mehr verloren, oder?
Joel Kaczmarek: Außer wenn sie hingehen und irgendwie ein paar 10.000 Kunden rausschmeißen, weil die zu viel Geld haben.
Miriam Wohlfahrt: Genau, das wird natürlich jetzt nicht das Thema sein. Also sehr starke Fokussierung auf spezielle Zielgruppen, auf spezielle Kundenwünsche. Also sind wir eigentlich wieder bei diesem, ich komme vom Kunden und was will der Kunde eigentlich? So haben die sich ja alle hier so ein bisschen aufgestellt, oder? Dieser neuen Banken, die haben ja im Prinzip auch jeder so seinen eigenen USP so ein bisschen.
André Bajorat: Total, total.
Joel Kaczmarek: Wenn du so eine Landkarte dir jetzt mal vorstellst, wie bei Risiko, dass das Bankgeschäft soll jetzt irgendwie von anderen Leuten aufgefressen werden, wie würdest du die Kräfte technisch verorten? oder vielleicht auch, wie endet dieses Spiel denn eigentlich mal, dieser Wettkampf? Wird es da irgendwie jemanden geben, der die so ein bisschen konsolidiert, der vielleicht zwei, drei zusammenführt? Ist das irgendwie so, dass es nur ein paar Gewinner geben kann? oder hat man da irgendwie so eine Polygarchie? Was erwartest du, was da passiert?
André Bajorat: Also ich glaube, dass eine N26 momentan ein Beispiel dafür ist, was eine DKB oder was eine Comdirect vor 15 oder 20 Jahren war. Die werden halt ein substanzielles Business aufbauen, aber die werden halt jetzt nicht irgendwie alle Banken vernichten, sondern die werden einfach dem einen oder anderen Banken Kunden wegnehmen und werden halt in bestimmten Segmenten wachsen, wie halt eine Comdirect, wie eine Consors irgendwie vor 15, 20 Jahren über das Brokerage und über das Anlagegeschäft gewachsen sind. So werden die halt auch wachsen. Das ist, glaube ich, so die Story von N26. Und mit der Internationalisierung haben die halt etwas anderen Banken voraus, dass sie halt nicht nur auf einen Markt schielen wie die meisten anderen Banken, das im Retail-Business in der Regel tun, sondern sofort das ganze Thema europäisch und mittlerweile ja sogar weltweit denken. Also insofern schon echt ein interessanter Case. Also das ist halt eher Bank. Und wenn ich auf das Thema Banking gucke dann glaube ich, dass da noch ein paar andere kommen werden. Also ich glaube, dass halt, das habe ich ja vorhin schon mal gesagt, dass halt dort Player in den Markt kommen werden, die halt eine hohe digitale Kompetenz haben und die halt auch mit viel IT-Power und mit viel IT-Exzellenz reinkommen werden und die halt eine hohe Tagesrelevanz haben. Und da wird plötzlich Banking stattfinden. Überlegt mal, wann Amazon zum Beispiel in Deutschland die Kreditkarte gelauncht hat. Ich glaube, so ungefähr acht bis zehn Jahre her. Jetzt fangen sie gerade an, Consumer Loans zu vergeben. Und wenn Amazon, ich weiß nicht, wie euer E-Commerce-Verhalten ist, ich bin da echt ein verfluchter Heavy-Shopper, jetzt auch noch plötzlich anfängt, möglicherweise ein Robo-Advisor anzubieten oder ein Girokonto anzubieten, dann kann ich mir vorstellen, dass da plötzlich ganz neue Player entstehen, wo sowieso schon eine unglaublich hohe Tagesrelevanz da ist. dann kann ich mir echt vorstellen, dass da nochmal ein ganz anderes Spiel stattfindet, wo ganz neue Player im Bereich Banking eine Rolle spielen werden und nicht nur die Neobanks, über die wir gerade gesprochen haben.
Joel Kaczmarek: Okay, dann machen wir doch mal die Landkarte ein bisschen größer. Wir haben jetzt gesagt, Neobanks sind ein Akteur, die irgendwie diese digitale Exzellenz haben, beziehungsweise vielleicht auch die digitale DNA, die eine Bank, die irgendwie mit solchen riesigen Serverräumen aus dem Jahr 1970 stammt, einfach nicht haben kann. Jetzt hast du ja im Prinzip so ein bisschen eigentlich das GAFA-Thema aufgemacht. Also da kann man eigentlich Facebook noch adden, da kann man die Messenger adden, Apple, Google, also das wären ja sozusagen im Prinzip Plattformen. Für wie wahrscheinlich haltet ihr es, dass solche Akteure, da müsste ja Miriam eigentlich Verfechter sein, da können wir vielleicht mal rüberrobben zu eher transaktionsbasierten Playern. Für wie wahrscheinlich haltet ihr es, dass das irgendwie ein GAFA-Thema wird?
Miriam Wohlfahrt: Ich halte das für ziemlich wahrscheinlich. Also momentan verdienen ja die GAFAs noch an anderen Stellen Geld, aber guckt ihr mal, jetzt nehmen wir mal GAFA, dazu gehört aber für mich auch Alibaba, das wird leider nicht in dem GAFA genannt, aber wenn du dir einfach anguckst, was Alibaba gemacht hat, die haben ein Imperium aufgebaut, die gehen gerade in Länder wie Bangladesch und die gehen in sehr viele Länder, wo der Zahlungsverkehr noch, ich sage mal, sehr schlecht gelöst ist und gewinnen immer mehr Kunden, gewinnen immer mehr Relevanz und werden immer größer und immer reicher und das Ganze explodiert ja fast. In den USA passiert Ähnliches, aber noch verdienen die alle sehr gut Geld. Ich denke, Google und Facebook, die verdienen alle mit ihrem Kerngeschäft noch gutes Geld. Wenn dem aber nicht mehr so ist und wenn sie vielleicht mehr angegriffen werden, dann könnte ich mir vorstellen, dass sie dann auch in solche Lösungen reingehen, dass sie mehr investieren in banknahe Dienstleistungen. Deshalb glaube ich, dass da einfach schon eine Macht da ist, weil sie einfach unglaublich viele Transaktionen haben und sie haben so unglaublich viele Kunden. Und auf europäischer Ebene, da haben wir so einen in der Form nicht, aber da haben wir große Payment-Anbieter wie zum Beispiel Etienne. Und wenn du dir anguckst, das finde ich zum Beispiel auch ein interessanter Move, deshalb ich beobachte die immer sehr genau, was die so machen. Ich meine, die haben 2016 90 Milliarden Transaktionsvolumen gehabt, das war 2016, und sind von 2015 auf 2016 mit 99 Prozent gewachsen, das sind sie bestimmt jetzt auch wieder, zu 2017 und 2018. Und die haben eine Vollbanklizenz, die gehen überall in den POS. Ich meine, letztendlich haben sie dann ganz viele Kunden, sie haben die Nähe zum Kunden. Okay, sie haben nicht jetzt die Geldanlageprodukte, aber das könnte man sich genauso dazukaufen, wie sich ein N26 Dienstleistungen dazukauft. Aber wenn jemand dann eben Millionen von Kunden hat, dann finde ich das echt, ehrlich gesagt attraktiver als einer, der jetzt 750.000 Bankkonten hat. Dann finde ich es interessanter, wenn da einer ist, der schon ganz, ganz viele Millionen Kunden hat und der dann von der E-Commerce-Seite her kommt, das Transaktionsgeschäft versteht und sich dann vielleicht was dazu kauft. Das finde ich auch einen interessanten Move, mal diese Seite zu beugen, wer aus diesem Bereich der Transaktionen kommt. Weil die, die die Masse haben, die haben meiner Meinung nach auch eine größere Möglichkeit, da eben durchzuschlagen einfach.
Joel Kaczmarek: PayPal wäre ja auch noch so ein Kandidat.
Miriam Wohlfahrt: PayPal ist natürlich auch so ein Kandidat. Klarna wächst auch sehr stark. Klarna baut immer mehr ein Konkurrenzprodukt zu PayPal auf. Das ist ja auch eine Wallet-Lösung inzwischen. Das ist schon interessant, was da passiert.
Joel Kaczmarek: Denkt ihr über sowas nach eigentlich?
Miriam Wohlfahrt: Nein. Wir haben auch viele Transaktionen, aber wir sehen uns ja wirklich als Anbieter von klassischen Bezahlern. Wir sind ja auch keine Marke, habe ich ja schon ein paar Mal gesagt, uns kennt man ja nicht. Aber man muss durchaus sagen, wir haben auch viele, viele Kunden. Wir haben in unserer Kundendatenbank über 750.000 Kunden, können wir lachen, ehrlich gesagt, weil wir haben einen zweistelligen Millionenbereich Kunden, da liegen von denen wir genau wissen, wie ihr Zahlverhalten ist, also theoretisch. Wenn wir da jetzt ein großes Interesse haben, das sind unsere eigenen Daten, das ist Factoring, dann können wir die auch ganz gut auswerten und denen auch noch andere Produkte anbieten. Es wäre eine Theorie, das tun wir aber heute gar nicht, weil wir sind eher so jemand, wir sagen, okay, wir konzentrieren uns auf unser Kerngeschäft und gucken jetzt gar nicht so viel, was können wir noch alles tun, sondern versuchen das im Moment uns selber, ich sage mal, täglich Innovationen zu schaffen, neue Produkte hinzukriegen. Ja, wer weiß, was in zehn Jahren ist, weiß ich nicht. Aber natürlich versuchen wir auch darüber zu wachsen, dass wir möglichst viele Kunden haben. Weil die helfen uns, diese Daten immer besser mit all dem zu werden, was wir heute tun.
André Bajorat: Joel, lass mich vielleicht noch eins sagen, was ich ganz am Anfang gesagt habe, als wir über das Wort PSD2 kurz gesprochen haben. Das ist, glaube ich, ein Game Changer im europäischen Banking-Umfeld.
Joel Kaczmarek: Sag mal mit einem Satz, was PSD2 ist. Erklär mal mit einem Satz, was PSD2 ist.
André Bajorat: Ich versuche es. PSD2 ist die Payment Service Directive 2, ist ein neues Gesetz, was in Europa seit dem 13. Januar 2018 gilt und was Banken dazu verpflichtet, ihre Zahlungsverkehrsinfrastruktur dritten gegenüber zu öffnen. Das heißt, du als Kunde kannst dank PSD2 zukünftig dein Bankkonto da benutzen, wo auch immer du möchtest und kannst Payments ausführen da, wo auch immer du möchtest und die Bank darf das nicht mehr verhindern. Und das verändert natürlich eine ganze Menge und ermöglicht einfach, dass dieser Datentopfbank und diese Infrastrukturbank von Dritten genutzt werden kann. Und das verändert natürlich eine ganze Menge und ermöglicht auch plötzlich Gaffas und auch anderen Playern, wie Vergleichsportalen, über die wir vorhin schon mal kurz gesprochen haben, während du von einem Raum zum anderen gelaufen bist, wie einem Check oder einem Verivox in Deutschland.auf die Bankeninfrastruktur und auf die Bankdaten zugreifen zu können. Und über eins müssen wir uns, glaube ich, im Klaren sein. Das, was im Bankkonto drin steckt,ist, glaube ich, einer der wertvollsten Datentöpfe,die man sich vorstellen kann. Joel, wenn du mir die Möglichkeit gibst,auf dein Bankkonto zu gucken,auf dein Hauptbankkonto zu gucken,eines von den zwölf, die du vorhin auch gesagt hast.
Miriam Wohlfahrt: Eines von den zwölf.
André Bajorat: Dann wüsste ich wahrscheinlich, wie viele Kinder du hast. Ich weiß, wie viele Kinder du hast, aber dann wüsste ich es auch darüber. Ich wüsste ungefähr, wo du wohnst. Ich wüsste, ob du verheiratet bist. Ich wüsste, ob du einen Hort hast. Ich wüsste, was du verdienst. Und ich weiß wahrscheinlich, was du an Miete bezahlst, wo du wohnst, wie du versichert bist. Aber wenn du einfach mal deine Umsätze auf dem Bankkonto durchgehst, dann kannst du ein ziemlich gutes Bild, ein ziemlich gutes Profil eines Kunden ableiten. Das kann man jetzt ganz, ganz, ganz, ganz negativ sehen. Aber wir haben vorhin auch darüber gesprochen, wie Miriam sich die Zukunft ihres Bankings vorstellt. Dann möchtest du eigentlich jemanden haben, Miriam, der das genau weiß von dir. Das war früher deine Hausbankberater. Und das kann in der digitalen Welt aber natürlich auch jemand sein, der das digital für dich aufbereitet, weil er dich kennt, weil er dich versteht, weil er deine Ausgaben kennt, deine Einnahmen kennt und dir die richtigen Advises gibt. Wer kann das tun? Aus meiner Sicht nur diejenigen, die halt unglaublich gute Experience-Expertise haben, IT-Expertise haben und Daten-Expertise haben. Jetzt muss man sich gerade fragen, sind das die Banken, die wir heute kennen, die Experience, Daten und IT-Expertise haben? Joel, du hast immer von den 70er-Jahren Mainframe-Cobal-Dingen gesprochen. Das beantwortet das eigentlich schon, sondern das werden andere sein.
Joel Kaczmarek: Aber ich meine, man kennt das ja auch, dass Kreditkartenfirmen im Prinzip Scheidungen prognostizieren können und manchmal Schwangerschaften kennen, bevor das da vielleicht die Frau tut, weil sie irgendwie das Essverhalten mal sozusagen scannen können. Also stimmt eigentlich, dass man das Thema Daten, haben wir beim ganzen Thema Banking noch ein bisschen außer Acht bisher sträflich gelassen. Und was Miriam mit Transaktionen sagt, ist ja eigentlich datenbasiert. Es ist einerseits Ownership of the User. Und dessen Kaufverhalten aber auch halt gleichzeitig kennen.
Miriam Wohlfahrt: Du weißt ja sehr viel. Also ich meine, nochmal, um auf Adyen zurückzukommen. Schau mal, die wickeln Netflix ab, die wickeln Spotify ab, die wickeln, ich weiß gar nicht, wen sie alles abwickeln. Und sie wickeln da vor allem die Kreditkarten ab. Sie kennen dich da auch ganz gut. Das ist schon interessant. Vor allem, wenn es deine eigenen Daten sind. Das sind ja nicht nur Durchlauferhitzer von Daten. Weil Adyen hat eine Banklizenz und eine Acquiring-Lizenz. Also die sind nicht ein reiner technischer PSP, der nur Sachen von A nach B schiebt, sondern die Daten gehören denen und dann können die auch damit was machen. Und das finde ich schon enorm. Wenn da Millionen von Daten liegen, das ist inzwischen, ich sage mal, datenmäßig haben die wahrscheinlich mehr als viele, viele große Banken.
Joel Kaczmarek: Darf man aber eigentlich doch bestimmt gar nicht mehr. jetzt mit der neuen Datenschutzgrundverordnung, oder?
Miriam Wohlfahrt: Wenn der Kunde dem zustimmt, schon. Es geht dann ja gar nicht manchmal um die persönlichen Daten. Also du kannst halt viel Verhaltensanalysen ziehen, wo die Maschine einfach einen Mann irgendwie Anfang 20, der irgendwo in irgendeiner Ecke wohnt, der gerne, was weiß ich, Flixbus fährt, der hat vielleicht ein anderes Verhalten als jemand, der älter ist und sowas. Also es geht ja gar nicht auf die Personenebene mehr, sondern es geht eher darum, so Profile zu erstellen im Datenbereich.
André Bajorat: Also ich glaube, wichtig ist, Joel, das, was du gerade so kurz in so einer kurzen Nachfrage meintest. Ich glaube, es geht immer nur on behalf of the user. Also das muss alles sehr transparent sein. Und das ist aber auch etwas, was halt mit Exzellenz und mit guter User Experience zu tun hat. Dass du dir und mir und Miriam klar machst, was da gerade passiert und dass es transparent ist. Und dass es nicht irgendwie so komisch sich merkwürdig anfühlt, sondern dass es sehr klar ist, was du da tust, mit wem du welche Daten teilst und warum du das tust und was dein Mehrwert daran ist. Aber das ist, glaube ich, gerade in der digitalen Welt, hat das sehr viel damit zu tun, wie der Dienst gebaut ist, wie der Dienst aufgebaut ist, wie er sich anfühlt und wie er sich halt auch dauerhaft für dich anfühlt. nochmal. Weil das ist ja das, was in der Vergangenheit darüber entstanden ist, dass du dem Typen, der dir gegenüber saß, der Bankberater, den kanntest du vom Fußball, aus dem Kindergarten, weil er dein Nachbar war oder was auch immer. Das hast du nicht mehr in der digitalen Welt. Also muss dieses Vertrauen sich anders entwickeln. Und das ist meine feste Überzeugung, das passiert nur dadurch, dass du halt auf der einen Seite transparent bist und dass du halt exzellent bist.
Joel Kaczmarek: Ja. Gut, wenn wir jetzt nochmal deine Trias aufgreifen aus Datenkompetenz, aus IT-Kompetenz und aus User Experience Kompetenz, können wir nach hinten raus eigentlich mal die spannende Frage stellen, wie sieht denn Banking der Zukunft noch aus? Was kann man denn mit diesen drei Elementen eigentlich tun? Eigentlich alles, ne?
Miriam Wohlfahrt: Viel.
André Bajorat: Nein, in der Tat. Also lass uns kurz darüber nachdenken. Also wenn du diese Know-how hast, diese Ressourcen hast und den Kunden hast, der dir bereitwillig diese Daten zur Verfügung stellt, dann kannst du daraus ziemlich, ziemlich gute und ziemlich schöne Dinge bauen. Das ist sehr abstrakt. Aber ich glaube, das geht genau in diese Richtung, was Miriam vorhin schon mal kurz gesagt hat. Sie möchte eigentlich am liebsten einen Private Banking Berater. Möglicherweise ist der Private Banking Berater aber momentan nicht gewillt. Ich weiß nicht, wie dein Kontostand momentan ist. Du hast ihn gerade nicht mit uns geteilt, das für dich zu tun für wenig Geld. Und das passiert, glaube ich, gerade. Also das heißt, IT übernimmt in vielen Teilen. Eine Rolle, die früher sehr, sehr reiche Menschen durch einen Private Banker bekommen haben. Also wir erleben hier gerade durch die Technologie eine Demokratisierung von Private Banking. Und das ist, glaube ich, das, was viele von uns sich einfach wünschen. Also dass es halt ein passgenaues Angebot gibt, was wirklich zu dir, Joel, zu dir, Miriam, zu mir, André, passt. Und das ist, glaube ich, möglich, wenn du halt diese IT, UX und Datenexpertise hast, dass wir genau das bekommen.
Joel Kaczmarek: Also eigentlich Technologisierung ist ja dann so ein bisschen auch so ein Stichwort, was man im Banking-Bereich merkt. Ja, genau.
Miriam Wohlfahrt: Und die muss einfach seinen Vertrauen schaffen. Also das ist, glaube ich, auch, wenn es einfach zu nutzen ist und nicht kompliziert ist, du musst dem vertrauen, dann würde ich dem schon auch viel anvertrauen.
Joel Kaczmarek: Ja, aber es ist komisch, habe ich auch darüber nachgedacht, dass man einem Kleiner irgendwie zugesteht, zu wissen, was für irgendwie Billigkopfhörer ich mir aus China bei Wish bestelle oder einer deutschen Bank, was für ein Mittagessen ich hatte. Wenn jetzt Google eine Bank wäre, wäre man da wirklich vorsichtiger oder sagt so, muss Facebook jetzt wissen, was ich gerade, weiß ich nicht, was für ein Hotel ich gerade mit meiner Frau für Honeymoon einchecke. Also Vertrauen ist vielleicht irgendwie echt, auch im Zuge von diesem Experience-Gedanken nochmal so eine Brücke, die ich hier für mich als Take-away nochmal mitnehme.
Miriam Wohlfahrt: Das ist natürlich, da könnte man auch mal wieder, wenn du dann in Vertrauen gehst und AI, ich meine, das ist, wenn die Maschinen alles entscheiden, das ist natürlich auch dann schon wieder so ein philosophisches Thema, ja.
Joel Kaczmarek: Nur gut. Ja, ich glaube, es war ein sehr bunter Rittdurch das Thema Banking. Andre, was ist dein Take-away für heute? Was hast du mitgenommen? Was schaust du dir jetzt in den nächsten Jahrennochmal noch gespannter an?
André Bajorat: Ich glaube, die Kombination aus Banking und Payment, diese beiden Welten, die hier zusammenrutschen und Miriams Insights in das Thema Add-In oder andere Payment-Provider, ist, glaube ich, nochmal was Interessantes, was ich daraus mitnehme. Und für mich halt wichtig zu sehen, dass halt so ein paar Dinge, die so in meinem Kopf passieren, auch bei euch durchaus auf fruchtbaren Boden gekommen sind oder gefallen sind. Und das freut mich, das nehme ich da auch mit.
Miriam Wohlfahrt: Also ich gucke mir jetzt auf jeden Fall mal dieses Private Banking an. Und du Joel?
Joel Kaczmarek: Ich habe irgendwie als spannendsten Gedanken eigentlich gehabt, dass ich Banking immer nur im Zuge von Bank gesehen habe und sich eigentlich mal den Blick zu öffnen und zu weiten, zu sagen, dass eine Vergleichsplattform, dass ein GAFA, dass ein Zahlungsanbieter eigentlich eine Bank sein könnte. Das finde ich einen interessanten Gedanken und frage mich, wer dann am Ende der Gewinner sein wird und das muss sich einfach irgendwie einkürzen. Also ich kann mir schwerlichst vorstellen, dass wir hinterher 75 Anbieter noch haben, wie für ganz Europa. Also wenn ich mal zurückdenke, wie das bei Kreditkarten ist und Debitcards und so, da ist ja irgendwie diese Fragmentierung unfassbar unangenehm eigentlich. Das fände ich spannend, was da so der Standard eigentlich wird.
Miriam Wohlfahrt: Ja, wäre interessant, mal in zehn Jahren zu gucken.
André Bajorat: Genau, und ich wollte gerade sagen, ich glaube, wir werden halt keinen substanziellen Wandel im nächsten Jahr sehen und auch keinen substanziellen in zwei Jahren, aber wir werden halt langfristig und mittelfristig in fünf bis zehn Jahren Das glaube ich auch. Einen komplett anderen Banking-Markt, ich sage es bewusst, sehen, als wir ihn heute haben. Viele Banken werden noch da sein, die wir auch heute irgendwo da haben, aber die werden eine andere Rolle einnehmen. Und die werden in Teilen, das hat Miriam vorhin angedeutet, mit der Wertschöpfungsstufe, noch weiter in der Wertschöpfung irgendwo hingerückt sein. Und Banking wird anders stattfinden. Also eine Solaris-Bank zum Beispiel ist für mich ein perfektes Beispiel dafür, wo eine Bank sich ganz bewusst, eigentlich in eine nicht sichtbare Rolle begibt, weil sie halt sagt, Banking findet in der Zukunft anders statt und wir sind nur Enabler.
Miriam Wohlfahrt: Super schlaues Modell. Aber was auch spannend ist, wenn du einfach siehst, dieses, ich meine, wenn BBVA hier Holwege gekauft hat, dass du einfach siehst, wie die Banken auch, es gibt ja auch die ING Bank, ich finde das sehr interessant, was die da gerade machen. Es gibt ein paar große europäische Banken, die so neue Wege gehen. Ich glaube auch, dass die wahrscheinlich diejenigen sind, die in der Zukunft sehr, sehr weit vorne liegen, oder? Also ING ist für mich echt ein tolles Beispiel. Ich finde die total interessant als Bank.
André Bajorat: Ja, und könnten wir auch, glaube ich, fast einen Podcast darüber machen. Also finde ich auch und finde auch die Entwicklung, die sie in den letzten zehn Jahren in Deutschland gemacht haben, im Grunde genommen zur größten Sparkasse zu werden, wenn man sich das mal anguckt. Auch super interessant. Ich bin mir gerade nicht ganz sicher, ob die Entwicklung, die man momentan bei denen so ein bisschen hinter den Kulissen sieht, so förderlich ist, was da momentan passiert ist. die nehmen sich ein bisschen Flexibilität, indem sie sich halt zentrale IT-Systeme über ganz Europa geben wollen. Und ich habe das Gefühl, ohne wirklich tiefe Insights zu haben, dass sie das momentan wieder ein bisschen bremst und hoffentlich nicht dazu führt, dass sie halt ihre Innovationskraft verlieren.
Joel Kaczmarek: Hervorragend. Dann haben wir ja auch schon ein Thema für unseren nächsten Podcast, wie ich ja wieder mitnehme. Und danke euch ganz herzlich für das schöne Gespräch heute.
Miriam Wohlfahrt: Danke dir. Danke. Vielen Dank.
