
AliPay, WeChat & Co. – Mobile Payment in China
16. November 2018, mit Joel Kaczmarek, Andre Bajorat, Miriam Wohlfarth
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Joel Kaczmarek: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen FintCast-Podcast von digitalkompakt. Mein Name ist Joel Kaczmarek und ich sitze hier wieder mit dem Banking-Papst von Deutschland und der Payment-Königin. Was sind die? Oder die Päpstin? wäre das dann eigentlich. Es gab ja schon mal eine Päpstin. Guten Morgen ihr beiden. Hallo. Guten Morgen. Wir sitzen endlich mal in einem Raum, darf man dem geneigten Zuschauer mal sagen. Das war nur bei unserer ersten Folge so. Ansonsten skypen wir immer quer nach Hamburg. Und ich habe André auch gerade schon erzählt, dass er mir, passt ja auch ein bisschen zu dem Thema, letztes Mal hatten wir ja Google Pay und Apple Pay, dass er mir viel Geld schuldet, weil ich durch ihn verführt wurde, eine Uhr mir zu kaufen, mit der ich auch beim Bäcker zahlen kann. Um dann zu merken, das geht nur in Schleswig-Holstein.
André Bajorat: Nicht nur, komm.
Joel Kaczmarek: Und wir haben ja letztes Mal schon angerissen eigentlich, dass wir auch mal Alipay und Co. uns anschauen sollten. Also mal China. Den Westen haben wir letztes Mal angeschaut. Was kommt da so? Warum ist das relevant? Und jetzt gehen wir mal genau in die andere Richtung, in Richtung Osten. Und wer sich in Deutschland immer mit dem Thema GAFA beschäftigt, sollte sich, und das ist ja auch so ein neues Buzzword irgendwie, in Asien, in China mit den Buds auseinandersetzen. Also da gibt es ja auch als Anagramm. B wie Baidu, die große Suchmaschine. A wie Alibaba, der große E-Commerce-Player. Und T wie Tencent, das Social Network. Wobei es gibt in den USA, glaube ich, noch ein zweites aus der GAFA, fällt mir gerade ein. NAFTA oder so, was war das? War das sowieso da NAF oder NATA? Mit Netflix, Amazon und noch mehr. Also die Abkürzungen werden nicht weniger. Und genau, darum soll es heute gehen. Wie ist denn so euer Blick? Also habt ihr schon mal Berührung gehabt mit irgendwie asiatischen Payment-Geschichten? Ihr seid ja quasi genau in diesem Segment drin. Ist das was, was schon in eurer Lebenswelt vorkommt, beruflich?
Miriam Wohlfahrt: Also Berührung insofern, dass ich natürlich nicht mit dem zahlen kann. Ich habe keine Alipay. Ich glaube, du hast eine über Wirecard. Hast du das nicht? Aber natürlich Berührung in dem Sinn, dass es einem ständig begegnet. Und ich habe vor drei Wochen mich mit dem Sikander getroffen. Der Sikander ist ein alter Kollege von mir und bei Alipay sitzt er in London. Er macht da diverse Projekte und wir haben Kaffee getrunken und sind zum Viktualienmarkt in München gegangen und da hat er mir das mal gezeigt, wie das denn so richtig funktioniert. und dann haben wir die App getestet. Was interessant war, an so einem Marktstand, Viktualienmarkt, da gab es keine Kreditkarte, aber es gab Alipay für die chinesischen Touristen. Es wurde alles übersetzt, die Essen, da wurde genauer geschrieben, was es da zu kaufen gibt, was da drin ist, was da für Zutaten drin sind. Und dann gleich Kulturtipps. so von wegen, wie verhält man sich denn in Deutschland als Chinese? Zum Beispiel, man darf keine Bienen töten, das ist verboten. Und das fand ich ganz lustig. Also da habe ich es ehrlich gesagt zum ersten Mal so richtig gesehen in Deutschland. Ich war vor zweieinhalb Jahren oder drei Jahren in Taiwan im Urlaub. Da fand ich es extrem interessant, weil da war ich in so einem kleinen Ort an so einem See, der wirklich ein Dorf, da war ein Markt. Und da stand eine alte Frau am Markt und hat mit einem Mobiltelefon gesprochen. Und ich habe mir damals überlegt, stell dir mal vor, diese Szene in Deutschland, ein kleiner Markt in einem Dorf und eine alte Omi, die so knapp 90 ist, mit ihrem Mobiltelefon dort bezahlen. Das hat mir gezeigt, welche Macht dort entsteht und wie das durchdrungen hat, die Gesellschaft. Und auch eine Gesellschaft, egal ob jung oder alt, das fand ich wirklich interessant. Das war so meine persönliche Erfahrung.
André Bajorat: Ich habe selber noch nicht wirklich persönliche Erfahrungen damit gemacht und ich glaube, das ist auch ein Stück weit der Unterschied zwischen GAFA und BATS, dass man die GAFAs halt auch hier nutzt, dass die GAFAs halt für uns präsent sind, dass wir halt von GAFA-Diensten umgeben sind und die Dienste aus China, aus Asien bisher halt nicht wirklich bei uns, für uns so richtig verfügbar sind. Mit jedem, mit dem du darüber sprichst, der das Ganze nutzen kann, und es gibt ja durchaus einige auch in unserem Umfeld, die sehr viel mehr in China und sehr viel mehr in Asien unterwegs sind und selber dann halt ihren WeChat-Account und sowas haben, die sind immer wieder davon total beeindruckt, mit welcher Geschwindigkeit dort sich das Thema WeChat und das Thema Payment in den ganzen Messenger-Diensten und in den ganzen Plattformen verbreitet hat, weil Das war ja nicht vor fünf Jahren schon so weit, sondern in den letzten zwei, drei Jahren ist da eine unglaubliche Dynamik auch reingekommen, weil diese Netzwerke und die BATs in Summe halt unglaublich stark gewachsen sind. Und damit ist auch das Thema Payment und Finanzdienstleistungen in diesen Diensten halt unglaublich groß gewachsen. Und für uns ist es halt immer so ein bisschen abstrakter und halt, wie gesagt, nicht so einfach zu nutzen. Und die ersten Berührungspunkte hatten wahrscheinlich einige von uns dann so an Flughäfen, wo dann das erste Mal halt, was Miriam gerade von Viktualienmarkt erzählte, dann in der Tat Alipay-Akzeptanzen in normalen deutschen Retail-Geschäften aufgetaucht sind. Und die so gefeierten Kollegen von Wirecard ja auch einige Pressemitteilungen zum Thema gemacht haben, dass sie jetzt Alipay nach Europa bringen, aber wiederum nicht für uns, sondern für den chinesischen Touristen, der in Deutschland und Europa unterwegs ist.
Joel Kaczmarek: Ich würde schon sagen, ich hätte gerne auch mal so eine Zutatenliste aufs Handy, dass ich es mal fotografiere, wenn ich im Bäcker bin. Das ist ganz cool. Was sind wir manchmal für ein fucking Entwicklungsland, dass ich da hingehen muss und dann holt der irgendwo aus der letzten Ecke hinten einen Reiz auch noch raus, trägt den nach vorne und so.
Miriam Wohlfahrt: Das ist halt, ich sage mal, Alipay hat es halt geschafft, ich sage mal, Lifestyle und das alles zusammenzubringen. Ich war auch vor zwei Wochen bei Wirecard und habe eine Demo dort gesehen. Die hatten so eine, haben sie ihre aus ihrem Innovationslab da gezeigt. Da war halt auch so ein Film über die Supermärkte, die neuen Supermärkte in China. wo du eben auch mit deiner Alipay-App inzwischen die Produkte alle angucken kannst. Und ich fand das ganz interessant. Mir war das ehrlich gesagt gar nicht so bewusst, dass der Verbraucher dort auch sehr viel stärker anfängt nachzufragen, wo kommt dieses Gemüse her, was ist das genau, was für allergene Stoffe sind da drin, sodass du wirklich total runtergehen kannst auf die Produktebene. Plus nachher noch, da ist keine Kasse mehr, du gehst dann so raus. Das sind auch die neuen Formen der Supermärkte. Das ist eben auch, das spielt ja alles mit zusammen.
Joel Kaczmarek: Wie machen die das dann? Also bei Amazon war das ja so KI, du wirst gefilmt, die KI guckt, ob du was aus dem Regal rausnimmst oder ob du es wieder reintust und dann wird es dir von deinem Konto abgebucht. Wie machen die das? Musst du scannen und dann bezahlen? oder wie läuft das?
André Bajorat: Scannen und bezahlen in der Tat, aber halt auch überwacht. Das ist ja auch etwas, was wir natürlich auch alle immer mit China verbinden, dass es genauso funktioniert. Und das ist aber genau der Weg, wie wahrscheinlich zukünftiges Einkaufen auch funktionieren wird.
Joel Kaczmarek: Gut, jetzt haben wir mal erste Eindrücke zusammengeworfen. Und ich habe in der Tat auch gestern gerade eine Pressemitteilung von Wirecard witzigerweise gehabt, dass das KDW und andere große bekannte Läden, ich glaube in Bayern gibt es auch noch so in München so ein großes KDW-Pendant, dass man jetzt Alipay da nutzen kann. Also es greift über. Aber fangen wir mal an, systematisch zu hinterfragen. Was macht diese Player eigentlich so mächtig? Ist das die schiere Größe des Landes und dass der Markt relativ abgeschlossen ist? Oder was hat denen eigentlich zu dieser Stärke verholfen?
Miriam Wohlfahrt: Das sind mehrere Punkte. Also Größe, Skalierbarkeit. Dadurch kannst du eine ganz andere Masse erreichen, als wenn du in Deutschland was machst. Die haben auch von der grünen Wiese angefangen. Die hatten nicht das große Ding wie hier in Deutschland. Du hast ein System, ein funktionierendes Bankenüberweisungssystem. Leute hatten auch Kreditkarten. In China ist man gleich von Bargeld zu Mobilzahlen gegangen. Und das ist natürlich ein großer Unterschied. Und es musste nichts Altes abgelöst werden. Ich glaube, das ist ein großer Unterschied. Dann hattest du auch einfach weniger Regulierung. Vor allem am Anfang, also um etwas solches zu machen. Und natürlich auch die Regulierung, die in, ich sage jetzt mal, die chinesische Regulierung, die ja den Markt erstmal zugeschlossen hat für die anderen Player aus den USA. So dass es eben auch erlaubt wurde, dass diese Unternehmen dort wie Tencent und Alibaba so groß werden konnten, weil die anderen gar nicht so reingekommen sind.
André Bajorat: Miriam hat, glaube ich, schon die wesentlichen Sachen gesagt. Also Abschottung und auf der grünen Wiese zu starten, macht es natürlich deutlich leichter. Und dass du nicht mit 100 Leuten anfängst, sondern wirklich auch einen addressable Market hast, der irgendwie sehr, sehr relevant ist, macht es natürlich auch nochmal sehr, sehr stark. Aber ich glaube, der wesentliche, wirklich ganz, ganz wesentliche Unterschied ist, dass dort in einem Zeitpunkt angefangen wurde, das Thema Mobile, E-Commerce und Digitalisierung richtig loszutreten, wo einfach schon viele, viele ich sag mal, Bestandteile vorhanden war beim Kunden auf der anderen Seite und damit einfach auf einem ganz anderen Level gestartet werden konnte, dieses Thema digitales Payment, digitales Leben sozusagen in diesen Plattformen umzusetzen. Und das ist bei uns halt anders gewesen, sondern bei uns ist es halt eher so, dass es eine lange Migration ist und halt nicht ein Start von im Grunde genommen 0 auf 100. Und das ist der riesengroße Unterschied, dass du damit in diesen Plattformen die Vernetzung dieser ganzen Lebensdinge von Commerce über Bezahlen über was ihr gerade mit Content beschrieben habt, sofort gestartet werden konnte. Das ist ja etwas, was du dir gerade wünschst, dass du sagst, ich möchte gerne auch nicht in einem Entwicklungsland leben, also im digitalen Entwicklungsland leben, sondern diese Dinge auch vernetzt sind. Und das hat, glaube ich, den großen, großen Erfolg dieser Plattform ausgemacht. dass sie sofort vernetzt loslegen konnten und nicht Schritt für Schritt Dinge nachziehen mussten, wie es halt bei uns und wie es teilweise auch in den USA ist. Also sowas wie wir jetzt gerade bei Google Pay und PayPal, wo wir letztes Mal so ein bisschen schon drüber gesprochen haben, gesehen haben, dass da sozusagen Dienste zusammengehen und plötzlich der Online-Dienst PayPal auch in der Offline-Welt möglich ist. Das hat ja bei PayPal jetzt wie lange gedauert? Zehn Jahre? Zwölf Jahre? Und das war halt in China sofort der Fall. Da hat man halt sofort diese Dinge vernetzt und in allen Ebenen gesehen. Und das ist halt der riesengroße Erfolg dieser Plattform.
Joel Kaczmarek: Ich erinnere mich an viele Rocket-Präsentationen, die so dieses Leapfrogging genannt haben, dass du sagst, okay, stationäres Internet gar nicht großartig angegangen, sondern gleich auf Mobile gegangen, dadurch ganz anderes Kaufverhalten. Also lerne ich daraus, dass E-Commerce auch so ein Stück weit ein Treiber ist, dass der quasi von, wie man sich so vorstellt, Bazaar gleich zu Mobile gegangen ist. Absolut.
Miriam Wohlfahrt: Der Megatreiber, the right thing at the right time, habe ich heute irgendwo gelesen. Da kam halt alles zusammen. Der Boom des E-Commerce, der Boom des Mobiltelefons und auf einmal hat es einen Megaboom gemacht.
André Bajorat: Und natürlich auch eine politische Lage in China, die so etwas auch gefördert hat. Muss man natürlich auch sehen. Also wenn du das staatlich gefördert hast, also im Grunde genommen, Miriam hat es angedeutet, mit Regulierung, geringer Regulierung auf der einen Seite und Abschottung auf der anderen Seite. und du im Grunde einen Masterplan dahinter hast, dann kannst du natürlich auf eine ganz andere Art und Weise sowas bauen und trotzdem unternehmerische Freiheit den Leuten in Teilen gibst. Das sind wirklich Kredenzien, die zusammengekommen sind. Also wirklich Situationen in China, technische Dinge, die möglich sind, Menschen, die plötzlich irgendwie auch konsumieren wollten, was bis dahin irgendwie nicht so richtig gewollt und gewünscht und sowas in China war, hat diesen riesen Erfolg ausgemacht.
Joel Kaczmarek: Liegt es auch daran, dass das so relativ, sagen wir mal, wie soll man sagen, konglomeratshaft passiert ist? Also du hast ja gefühlt einen Tencent, was riesig ist, und einen Alibaba, was riesig ist. Wenn ich mir jetzt mal den Westen angucke. Ja, da hast du auch mit Facebook ein Ökosystem, was mittlerweile sehr, sehr vieles macht. Bezahlen eher noch nicht so, aber du hast auch Messenger, du hast Instagram, also eigentlich sehr viel im Social-Bereich. Aber du hast halt auch ganz viele Sachen so fein vertikalisiert. Also du hast irgendwie ein PayPal, du hast irgendwie ein Google, du hast ein Apple, was eine eigene Bezahlmethode macht. Also es ist nicht so heterogen gefühlt von außen in Asien, sondern da hast du zwei große Systeme. Und wenn ich dann mir jetzt Tencent angucke, die haben glaube ich drei oder vier Messenger. Also anstatt, dass das drei oder vier oder fünf separate Firmen sind, das ist alles ein Konglomerat. Wie kommt das?
André Bajorat: Planwirtschaft. Nein, wirklich ganz, ganz hart gesagt. Ich glaube, das ist wirklich eine Mischung, dass du halt irgendwann das Ding losgetreten hast. Es war eher planwirtschaftlich losgetreten. Ja, und dann eine Schwungmasse, eine Größe erreicht hast, die es jetzt nicht mehr möglich macht, dass da andere eine Größe erreichen, die du halt bräuchtest, um sozusagen da aufzuholen. Und das ist halt anders gewesen. Ein Apple gibt es seit Anfang der 80er. Und in Google gibt es glaube ich so seit, ich würde sagen, Mitte der 90er. Und da sind einfach alles Unternehmen entstanden im Laufe der Zeit. Das ist nicht auf der grünen Wiese geplant gewesen, sondern die haben sich halt im Laufe der Zeit zu Ökosystemen, zu Plattformen, wie auch immer man das Ganze jetzt bezeichnen will. Und das ist halt hier anders. Da hast du sofort angefangen, etwas anders zu denken. Und du hast dir teilweise natürlich auch, oder davon gehe ich aus, dass die Leute, die halt einen Tencent und einen Alipay gegründet haben, sich natürlich angeguckt haben, was passiert denn in den anderen globalen Märkten? Was passiert denn in den USA? Was passiert denn in Europa? Und was sind die Treiber für solche Dinge? Was sind die Treiber für den Erfolg? Was müssen wir an Bestandteilen in so eine Plattform reinbringen? Haben sie dann aber halt selber gemacht und haben sich halt nicht irgendwie in Kooperation zusammengetan, sondern alles wirklich auf der grünen Wiese neu gemacht.
Miriam Wohlfahrt: Genau, und wenn du Alibaba anguckst, das war ja eigentlich so die erste große Handelsplattform. Und um Handel zu ermöglichen, brauchten die Leute ja auch ein bisschen Kredit. Und so fing das ja auch alles an, dass Alibaba seinen Händlern Kredit gegeben hat, um das möglich zu machen, ein Händler zu werden. Und gleichzeitig aber auch den Käufern Kredit gegeben hat, um zu konsumieren. Ich finde das schon interessant, wenn du diesen ganzen Kreislauf siehst und was daraus dann entstanden ist. Ich hatte auch ein bisschen recherchiert. Dieser Yuel Baos, so ein Geldmarkt, so ein Fonds, den die betreiben, ist inzwischen der wertvollste oder größte Fonds überhaupt weltweit. Das ist auch daraus entstanden. Ich finde es schon krass, wenn du mal anfängst, da einzutauchen und darüber zu lesen, was da eigentlich alles so passiert ist in den letzten Jahren. Das ist schon fast Erschreckend.
Joel Kaczmarek: Würdet ihr sagen, dass es als westlicher Akteur möglich ist, noch nach Asien zu gehen? Weil das wird, glaube ich, nach hinten raus ein bisschen die Frage, die wir uns stellen müssen. Kommen die irgendwann hierher und walzen die unsere Industrie platt? Also was wir jetzt ja eher gehört haben, war ja das, was du ja auch schon mal in unserem Vorgespräch als Follow the Chinese Traveller genannt hattest. Ja, also ich kann im KDW als Chinese zahlen, aber nicht als Deutscher. Würdest du sagen, dass man umgekehrt als Westler nach China kann? Weil ich erinnere mich noch an Rockets Claim immer, the biggest internet platform outside the US in China. Also die wurden explizit ausgeklammert. Oder wenn ich mich an Groupon zum Beispiel erinnere, wenn ich es richtig erinnere, sind die nach China gegangen, haben mit Tencent quasi einen Joint Venture gegründet und haben hinterher die Segel gestrichen, weil Tencent, während sie mit dem Groupon in China groß gemacht haben, eine eigene Groupon-Plattform gebaut haben, die dann viel größer wurde. Also du hattest eigentlich deine eigenen Wettbewerber im Boot quasi. Also, lange Rede, kurzer Sinn, wenn man sich Google anguckt, wenn man sich Apple anguckt, haben alle Schwierigkeiten in China bisher Fuß zu fassen, außer Apple, die jetzt glaube ich dann auch gesagt haben, so komm, liebe chinesische Regierung, ihr dürft unser ganzes Betriebssystem komplett auslesen, der iPhones dort. Ist es überhaupt möglich, als Westler da Fuß zu fassen oder ist das nach wie vor ein planwirtschaftlich geschlossenes Ökosystem?
Miriam Wohlfahrt: Ich meine, die haben ja schon eine Offenheit für Partner. Ja, es ist ja gar nicht so, wenn du mit Alipay oder mit Alibaba partnern möchtest, die bieten ja ganz viel Partner auf ihrer Plattform mit an. Du müsstest halt theoretisch dort wahrscheinlich reingehen und mit denen partnern. Aber es gibt ja auch einige, zum Beispiel windeln.de oder sowas, die haben ja auch ganz viele bei Alibaba in China verkauft, ja. Also ich glaube, du musst aber dann eben, du musst über einen Partner dort gehen. Du musst als Partner irgendwo reingehen, dass du, glaube ich, irgendwo alleine hingehen kannst. Ich glaube, das wird ehrlich gesagt nicht funktionieren. Daran glaube ich nicht.
André Bajorat: Es ist eine Junior-Partnerschaft.
Miriam Wohlfahrt: Ja, genau.
André Bajorat: Du musst dich unterordnen. Du kannst klopfen und kannst sagen, ich möchte gerne was mit euch machen. Ich möchte Commerce mit euch machen. Und wenn es ihnen hilft, wird dir das gelingen, was Miriam gerade beschrieben hat. als Plattform, als Ökosystem in China Fuß zu fassen, ist, glaube ich, keinem gelungen. Es ist Yahoo nicht gelungen. Es ist Google nicht gelungen. Und sie kämpfen alle natürlich darum. Und jetzt kommen wir doch wieder zum Thema Größe. Und du hattest im Vorgespräch ja gesagt, ist es nur Größe? Nee, es ist nicht nur Größe, aber Größe ist natürlich echt ein Riesenfaktor. Und China ist nun mal das größte Land der Welt von den Einwohnern. Und deshalb ist es natürlich irgendwie für ganz, ganz viele, die Produkte verkaufen wollen, wie Apple, total wichtig, in China präsent zu sein. Aber du wirst es, glaube ich, nicht schaffen, dort eine Plattform, dort ein Ökosystem aufzubauen als westlicher Player.
Joel Kaczmarek: Weil man schon sagen muss, das ist schon scheinheilig, dass die sich hier irgendwie in den USA, weiß ich noch, mit ihrem einen Terroristen-Handy, was gelockt war, irgendwie dem FBI gegenüber als Ware der Freiheit hinstellen. Und in China sagst du, liebe Regierung, klar, könnt ihr so unser iOS hier mal einmal durchschnorcheln.
André Bajorat: Natürlich ist das scheinheilig, aber es geht ja da um Business. Und insofern macht man dann teilweise solche Dinge. Also ich meine, ich finde es irgendwie, auf der anderen Seite siehst du ja, wie chinesische Unternehmen oder chinesisches Geld mittlerweile halt in Europa und in den USA mehr und mehr Industrien mit übernimmt. Das ist natürlich der andere Weg, den wir momentan sehen. Also der deutsche Mittelstand und auch Weltmarktführer werden ja mittlerweile teilweise von chinesischem Geld regiert oder halt von Shareholdern regiert.
Miriam Wohlfahrt: KUKA Roboter in Augsburg, ja, das ist inzwischen chinesisch. Daimler sind auch große chinesische Aktionäre. Das ist schon
André Bajorat: Und insofern, das ist natürlich der andere Weg. Und das ist in der Tat echt ein Ungleichgewicht. Also du hast dort keine gleichen Regeln für beide Seiten. Man könnte jetzt ein bisschen jammern und sagen, das ist gemein.
Joel Kaczmarek: Ja, aber ich meine, das ist auch gruselig, wenn man sich anguckt, hier irgendwie US-Kredite sind ja zu großem Teil chinesisch finanziert, das heißt, die sind ja sehr dollarabhängig mittlerweile. Wenn der sinkt, haben die ein Problem. Und dann neue Seidenstraße, also da tut sich einiges, sehen wir. Aber lasst uns doch mal ein bisschen genauer auf diese Player eingehen. Fangen wir mal mit Tencent an. Das ist ja wirklich so ein Alleskönner, so ein Konglomerat. Vielleicht mal ein paar Kennzahlen, die mir die beiden kompetenten Partner an meinem Tisch zusammengesammelt haben im Vorfeld. Also Börsenwert derzeit 483 Milliarden Dollar. Muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Das ist doppelt so viel wie mein letzter Exit. Jahresumsatz 35 Milliarden. Markenwert 178 Milliarden. Also schon ein echtes Brett. Gebt doch mal mit eigenen Worten wieder, was Tencent eigentlich alles so macht. Wenn ihr das jetzt irgendwie euren Großeltern oder euren Eltern erklären würdet, was das eigentlich für eine Firma ist. Und warum genau haben die fast 500 Milliarden wert? Sind sie ein halbes Amazon oder ein halbes Apple schon?
Miriam Wohlfahrt: Ja.
André Bajorat: Willst du mir?
Miriam Wohlfahrt: Du darfst. Ich kenne mich mit Alipay besser aus.
André Bajorat: Also Tencent ist einfach angefangen letztendlich als Social Network im Grunde genommen und haben sich halt aus WeChat heraus einfach entwickelt und sind halt damit, haben sie es geschafft, Menschen in ihren Band zu ziehen und sozusagen Relevanz zu schaffen. Und dann haben sie es halt geschafft, um WeChat herum sozusagen Dienste und Produkte aufzubauen, die halt wirklich mit großer Relevanz den Alltag von vielen Chinesen sozusagen bestimmen. Und das ist halt etwas, das findet im Internet statt, das findet viel, viel mit Gaming und mit Entertainment statt. Das findet aber halt auch mit Payment- und Verkaufsplattformen statt. Also das heißt, du kannst damit bezahlen, du findest dort halt eine Plattform, zum Einkaufen und insofern ist es sozusagen etwas, was den Alltag vieler Chinesen einfach begleitet. und insofern ist der Börsenwert oder der Unternehmenswert einfach dadurch begründet, dass sie es geschafft haben, für diese vielen Menschen einfach eine Tagesrelevanz zu bekommen und einfach viele, viele Dinge, die du halt am Tag machen willst, mit zu begleiten. und das ist aus meiner Perspektive Der Grund, warum halt ein Tencent so groß und so wichtig geworden ist, war das halt, du hast es vorhin schon mal kurz gesagt im Vorgespräch, du hast das Gefühl manchmal, dass Chinesen einfach auch noch viel mehr aufs Handy gucken als wir. Ja, und das liegt einfach mit daran, weil einfach in diesem Handy und auch in diesem WeChat-Universum, in diesem Konglomerat, was sozusagen da drin ist, einfach alles stattfindet, was dein Leben ausmacht. Und das ist einfach der Grund, warum die halt so viel wert sind.
Joel Kaczmarek: Ich meine, das ist ja wieder ein bisschen der Planwirtschaftsteil fast. Also wenn man mal so guckt, so ein WeChat ist ja eigentlich eine Mixtur aus irgendwie Facebook, aus WhatsApp, aus vielleicht sowas wie Lieferheld, Pizza.de, Lieferando, von MyTaxi. Also du kannst ja eigentlich alles drüber machen.
André Bajorat: Genau. Also du hast sozusagen wirklich dann, das meinte ich gerade mit deinem täglichen Ja, genau, es ist wirklich sozusagen, du kannst anfangen morgens, keine Ahnung, du stehst auf und lässt dich irgendwie von dem Ding wecken und dann suchst du irgendwas und dann chattest du irgendwie mit der Familie und dann bestellst du ein Taxi und also wirklich alles das, was in deinem Tag sozusagen stattfindet, kannst du halt über diese Plattform stattfinden lassen oder steuern und das ist halt irgendwie der Grund, warum es halt so wertvoll ist.
Miriam Wohlfahrt: Und ganz viel Gamification auch, ja, ich finde ja, die haben ja auch, wenn du siehst, wo die investiert haben, Snapchat. In World of Warcraft, Call of Duty, Epic Games, Riot Games. Das ist ja für mich, das finde ich so ein bisschen befremdlich manchmal. Ich bin jetzt nicht so ein Online-Gamer, aber ich war mal letztes Jahr bei Bits & Pretzels an so einem Tisch, da saß ich neben so Chinesen, bei diesem Morgen ist ja immer. Und die waren die ganze Zeit nur am Spielen. Und dann ist meine Handy so nebenher, jetzt habe ich sie beobachtet. Und ich habe für mich auch gedacht, gerade die nutzen nämlich auch WeChat. Und dann haben sie mir erzählt, dass sie damit immer so, sie waren so total angestrengt in diesem Spiel. Ich dachte, das ist viel mehr so dieses Kulturelle, was auch anders ist. Und das ist vielleicht auch manchmal so fremdartig für uns. Diese poppenden Bilder, die da überall aufpoppen, diese bunten Schriftzüge. Und es ist so fremd. Und deshalb können wir da auch so schlecht vielleicht rein und verstehen auch vielleicht deshalb diesen Markt manchmal so. Nicht so wie jetzt die Gafas oder sowas, weil es so andersartig ist, auch von der Kultur. Das ist ein ganz anderes kulturelles Thema.
Joel Kaczmarek: Ich erinnere mich, Katja Nett ist da, mit der ich meinen Medien-Podcast mache. Da haben wir auch eine Folge über China gemacht, weil sie da zwei Wochen unterwegs war. Und die hat mir halt auch beschrieben, sie meinte so, ja, ich gehe halt irgendwie da auf so einen Markt. Und wie du eigentlich geschrieben hast, in Taiwan, kommt halt so eine alte Dame und verkauft mir was. Und dann habe ich sofort danach eine Freundschaftsanfrage bei WeChat. So, und dann habe ich das mal irgendwie angenommen. Und dann läufst du halt durch die Gegend und guckst halt so deine Freundesliste durch und hast halt irgendeine Marktverkäuferin irgendwie in, was weiß ich, Tencent oder Chenzen oder so ein Kramp.
André Bajorat: Aber das ist halt der Unterschied. Es ist halt irgendwie nicht nur Freund, Freundschaftsliste, sondern es ist sozusagen dein Leben. Und wenn das Thema Commerce halt irgendwie auch Teil deines Lebens ist und der Händler, wo du eingekauft bist, Teil deines Lebens ist, findet er sich sozusagen darin wieder. Und das ist halt der riesengroße Unterschied.
Joel Kaczmarek: Und warum gelingt das? Also erfahrungsgemäß ist ja immer so, machst du vieles, machst du vieles nicht richtig. Also lieber eine Sache richtig als vieles halb machen. Und das Zweite ist ja das Monopole, sonst für gewöhnlich immer zum Scheitern neigen, weil du halt kundenunfreundlich wirst.
André Bajorat: Es ist ja zum Glück kein Monopol, sondern es ist ja mindestens ein Duopol, was einfach dazu führt, dass sie sich einfach gegenseitig auch ein Stück weit hoch pushen. Also ein Stück weit eine Wahl hast du. Das ist aber, glaube ich, schon mal ein riesengroßer Unterschied zu einem Monopol. Da hast du recht, ein Monopol ist immer doof. Aber ein Duopol hilft dir auf jeden Fall schon mal, Anreiz zu haben, besser zu werden.
Miriam Wohlfahrt: Absolut. Und es ist ja, du sagtest gerade Kundenunfreundlich, aber es ist ja total kundenfreundlich, weil alle Elemente, die Kunden haben wollen, sind in einer App vertreten. Sie heißt auch gerne die Super Lifestyle App. Da gibt es so einen Film auch bei YouTube über Alipay, die Super Lifestyle App, weil die kann nämlich alles.
Joel Kaczmarek: Ist es bei Alipay auch so? Okay, war mir gar nicht so bewusst.
Miriam Wohlfahrt: Ja, ich glaube, Alipay ist nicht ganz so viel Spielen wie WeChat. Ich glaube, WeChat ist noch mehr Gaming. Bei Alipay hast du im Prinzip drei Elemente. Das eine Thema ist das Bankelement, also alle Dienstleistungen, die eine Bank erbringt, von was wir als Fintech versehen. Wenn wir sagen Banking, Vermögensverwaltung, Investment, Kreditvergabe, Versicherung, Bezahlung, dann hast du die Lifestyle. Dann hast du das ganze Marketing-Thema mit Rabatten, Gutscheinen, Coupons und so weiter. Und das alles bringt es eben so, ich sage jetzt mal, es gibt halt für den Kunden Mehrwerte. Und das ist vielleicht auch immer so, wir haben schon darüber diskutiert, warum sind in Deutschland diese Bezahlsysteme nicht so erfolgreich. Weil, wenn du dir, ich habe mir das mal versucht so zu erklären, stell dir mal vor, die Sparkasse würde eine App rausgeben. Und in der Sparkassen-App wäre eben neben dem ganzen Payment-Kram, dein Investment und so weiter, alles, was du mit der Bank machst und bezahlen, PayDirect wäre da drin und das würde gut funktionieren. Und du hättest ein MyTaxi, du hättest ein Groupon, du hättest ein Sinistar, du hättest alles, was du so brauchst, das wäre auch alles da drin. Das kannst du über die App bedienen. Und du hättest eben auch, wenn du es über die App machst, noch Gutscheine dort. Du hättest zum Beispiel, wenn du es über die Sparkassen-App bedienst, hättest du 10% billigeres Kino. Und das führt natürlich dazu, dass das alles so eins geworden ist. Und deshalb ist es auch so erfolgreich geworden, weil natürlich das Payment so auch noch Mehrwerte bekommen hat. was es in Deutschland immer nicht hat. Ich glaube, du musst ja den Leuten irgendwas geben, damit sie bezahlen, cool finden, damit sie es auch machen. Und wenn du aber Dinge davon bekommst und Rabatte und eben hier diese ganzen Aktionen plus die ganzen Kredite, dann ist das schon echt ein tolles Teil.
André Bajorat: Warum konnte es so erfolgreich sein? Warum konnten sich beide so durchsetzen? Weil das Timing da war. Weil die Leute plötzlich ein Mobiltelefon hatten, Das ist, glaube ich, der wesentliche Faktor, weil sich einfach Mobile komplett durchgesetzt hat und wirklich auch die jetzt schon mehrfach erwähnte alte Marktverkäuferin in der Lage war, dieses Telefon zu haben und dieses Telefon auch zu bedienen. Und es einfach unfassbar leicht war für sie, Der Katja nette Zeit, um eine Freundschaftsanfrage zu stellen und damit gleichzeitig auch ein Payment zu initiieren. Und plötzlich ist es möglich geworden. Und der Wunsch nach Innovation ist, glaube ich, auch bei vielen Chinesen lange Zeit auch da gewesen. Also auch nochmal so ein Treiber, den du gar nicht planen kannst, sondern der einfach so in den Leuten drin ist. Und das ist, glaube ich, wirklich der wesentliche Punkt. Timing.
Miriam Wohlfahrt: Timing und auch der Konsum. Ich meine, das ist ja auch, das ist ja alles zusammengekommen. Davor gab es keinen Konsum. Und auf einmal steht das alles offen und es gibt Alibaba. Du hast Möglichkeiten zu kaufen und du kannst dir Geld leihen, was auch schwierig war davor.
Joel Kaczmarek: Ich glaube, wir müssen auch noch mal ein paar Zahlen ein Stück weit runterbrechen. Also WeChat, um mal so ein Gefühl zu geben, monatlich aktive Nutzer, jetzt Zahlen aus dem Q2 2017, also das wird wahrscheinlich schon noch mal signifikant gestiegen sein, 963 Millionen. Dann haben die ja nicht nur den Messenger, sondern auch mehrere. Also QQ, 860 Millionen. Qzone, 638 Millionen. Also es ist so, da stehen 2,5 Facebooks eigentlich unter einem Dach alleine, was jetzt nur Messenger angeht. Und bei Alibaba sieht es ja nicht viel anders aus. 700 Millionen registrierte Nutzer. Wer kann das schon sagen? In Westeuropa sonst. 20 Prozent Anteil Kredit. Also das sind ja gigantische Zahlen, die da schon im Raum stehen. Und die Play machen ja wirklich gefühlt alles. Also normalerweise sagt man ja, Börsenkonzern, der ganz vieles macht, kriegt ja eigentlich immer so Konglomeratsabschläge. Ist ja eigentlich unattraktiv. Es sei denn, du beherrschst halt alles.
André Bajorat: Du machst halt alles, was das Leben betrifft, den Alltag betrifft. Das ist natürlich schon ein bisschen
Miriam Wohlfahrt: Und leitest davon immer wieder neue Produkte ab.
André Bajorat: Aber weißt du, auf der anderen Seite muss ich sagen, wenn ich mir so einen Amazon angucke und eigentlich sagst du gerade sozusagen, jemand, der alles macht, kriegt eigentlich Abschläge. Kann man bei Amazon ja nicht sehen. Und Amazon fängt gerade an, eigentlich fast alles zu machen. Und Amazon ist für mich eigentlich auch der einzige Player, der so eine ähnliche Tendenz hat. wirklich alles das auszuprobieren, was den großen Amazon-Fluss sozusagen noch größer macht und die Ware zu uns bringen lässt oder das, was wir konsumieren wollen, zu uns kommen lässt. Und die sind für mich der einzige, der in so eine ähnliche Richtung geht. Die haben halt nicht angefangen, jetzt ein Social Network aufzubauen, war aber, weil sie aus der anderen Historie kommen, wahrscheinlich auch nicht mehr möglich, weil dann einfach schon andere das aufgebaut hatten. Aber die sind für mich wirklich der einzige Große, der in die gleiche Richtung geht.
Miriam Wohlfahrt: Absolut. Ich meine, die machen halt im Moment noch wenig Bank und so diese ganzen Themen. Die machen zwar Payments, aber nicht Bank.
André Bajorat: Weiß ich nicht. Also finde ich, auch da, das hattest du vorhin angedeutet bei Alibaba, dass natürlich auch die Händlerkredite einfach ein wesentlicher Punkt ist, um so ein Bankgeschäft zu starten. Das ist ein bisschen schon vor ganz, ganz langer Zeit angefangen, dass halt Händler besser Produkte anbieten können, weil sie halt Händlerfinanzierung bekommen. Und sie machen halt momentan noch keinen Konsumentenkredit oder sowas, aber Payment und damit ein Stück weit Banking, sogar jetzt in Deutschland mit der neuen Kreditkarte, machen sie ja schon.
Joel Kaczmarek: Banking, Stichwort, wenn ihr sagt, das ist, also wir haben Leapfrogging auf der einen Seite, um jetzt hier mal ein bisschen der Buzzword-Bingo zu machen, also stationär das Internet übersprungen, gleichzeitig keine Legacy im Banking-Bereich. Also Polen ist ja, glaube ich, auch so ein Land. Zusammenbruch 1990, super starke Fintech-Branche jetzt, weil man halt ganz viel neu bauen konnte auf der grünen Wiese. Ist damit der chinesische Markt aus Bankensicht eigentlich tot? Wenn man das Endkundengeschäft sieht jetzt fairerweise, also wenn man so das typische
André Bajorat: Banking ist da schon wieder von der Bank getrennt.
Joel Kaczmarek: Vergeben schon.
André Bajorat: Banking findet halt in diesen Plattformen statt und Banking hat ganz viel mit, Miriam hat das gerade schon, den Kredit erwähnt, mit Konsum zu tun und der hat viel mit dem Kredit zu tun, hat ganz viel mit Bezahlen zu tun und auch mit Anlage zu tun und das findet halt alles auf diesen Plattformen statt. Also das Wesentliche davon findet auf den Plattformen statt und insofern, Es ist, glaube ich, nicht der richtige Weg, jetzt für eine Number 26 zum Beispiel, glaube ich, zu versuchen, in China eine Brand aufzubauen und dort das Produkt rauszubringen. Würde ich, glaube ich, nicht tun, weil das einfach in der Tat wirklich schon besetzt ist. Also Banking, Bank, findet dahinter irgendwo statt. Du wirst dahinter irgendwas haben, was auch wieder reguliert ist. Auch das gibt es ja durchaus in China, regulierte Institute. Aber das Banking ist auf jeden Fall vergeben.
Miriam Wohlfahrt: Aber trotzdem weiß ich gar nicht so ganz genau, wie eigentlich im Moment die Situation der Banken in China ist. Wie hat sich die verändert durch Banking? Das kann ich gar nicht so sagen, weiß ich nicht. Aber wahrscheinlich, ich meine Alipay hat denen wahrscheinlich ganz schön viel weggenommen.
André Bajorat: Geschäft.
Joel Kaczmarek: Wer macht Ratenzahlung in China sonst? Machen die das auch?
André Bajorat: Ja, sie haben das ja bei Banken gegründet. Also sie sind ja Finanzdienstleister. Also sowohl in Alibaba als auch in Tencent sind ja beides auch Finanzdienstleister. Die haben beide Banken gegründet, die haben beide Anlageplattformen gegründet, sie haben beide Kreditplattformen gegründet, sie haben halt alle Unternehmen dafür gegründet, die sind natürlich auch schon reguliert. Und insofern, da findet das ganze Business statt. Natürlich gibt es die chinesische Nationalbank, die das Ganze auch beaufsichtigt und natürlich irgendwo auch dahinter steht. Aber das eigentliche Face to the Customer ist nicht irgendwie eine klassische Bank, die möglicherweise früher schon mal da war, sondern in der Tat die neuen Player, die halt dann auch Banken gegründet haben.
Miriam Wohlfahrt: Es gab früher mal China Union Pay.
André Bajorat: Gibt es auch noch.
Miriam Wohlfahrt: Gibt es immer noch, oder? Aber irgendwie als normale Kreditkarte wahrscheinlich.
André Bajorat: Genau.
Joel Kaczmarek: Was denn sonst mit dem ganzen Thema Online versus Offline? Und Logistik ist ja zum Beispiel bei uns zulande ein großes Thema. Das heißt, wenn wir jetzt zwei Ökosysteme haben, die dann nebeneinander existieren, wo ich alles machen kann, wo ich irgendwie Liquidität auf dem Markt habe, wo ich Bewegung habe stellt man sich ja so ein Stück weit die Frage, was macht das mit so einer Infrastruktur insgesamt? Also in Deutschland haben wir es ja mittlerweile schon so, Hermes hat schon Obergrenzen angekündigt fürs Weihnachtsgeschäft, DHL macht die Preise teurer, um seine Kunden zu vergraulen. Also eigentlich eine völlig ironische Situation. Wegen zu gutem Geschäft müssen die jetzt quasi sich verschlechtern. Wie ist das in China? Ist das da auch so, dass man irgendwie mittlerweile an Kapazitätsgrenzen stößt? Wir können auch mal den Blick auf Amazon wieder werfen, die einen Whole Foods kaufen, aus dem einfachen Grunde, glaube ich, weil sie sagen, wir möchten irgendwie den Kunden, also wir brauchen die Airtime des Kunden. Der einzige Airtime-Dieb derzeit ist bei uns noch der LEH. Also du hast eigentlich nur mit einem anderen Händler zu tun, außer Amazon, wenn du einkaufen gehst, so richtig. Deswegen gehen die ja teilweise den Offline-Weg. Was glaubt ihr, wie ist diese ganze Thematik Offline-Infrastruktur in China mit zwei solchen Riesensystemen gebaut?
André Bajorat: Habe ich ehrlich gesagt keinen hundertprozentigen Einblick. Was ich dort nur sehe, ist halt, dass diese Verknüpfung zwischen Online und Offline deutlich enger ist als bei uns. Also das heißt, dass du, also auch ein Tencent und auch ein Alibaba haben ja selber auch investiert in Offline. Das heißt, es ist nicht so, wie Amazon ja gerade anfängt, die ersten kleinen Filialen zu bauen, ist es bei denen schon länger. Das heißt, die haben wirklich richtige Offline Orte, wo du halt sozusagen einkaufen kannst und versuchen halt, das ist glaube ich Tencent gewesen, diese Orte in einem Umkreis, vor allem in den großen Städten in China, so zu machen, dass du halt selber einfach dahin kommst. Das heißt, du konsumierst vorher, kaufst den ganzen Kram sozusagen mobile ein, gehst dann dahin und holst dir den ganzen Kram ab. Also es ist eher so andersrum, dass du als Lieferant fast benutzt wirst, du selber. Also das ist das, was ich halt aus China weiß und was ich halt von ihnen weiß, dass sie halt sehr schlau versuchen, diese Themen zu verbinden.
Miriam Wohlfahrt: Das glaube ich auch. Also sonst kenne ich mich da auch nicht so aus, muss ich ehrlich sagen. Aber du hast halt einfach immer mehr solche auch unbemannte Kioske dort. So Self-Service-Kioske, wo du reingehst, du scannst dein Gesicht mit Gesichtserkennung, gehst da rein und die stehen dann vor den Häusern zum Teil. Kleine Kioske, wo du die Einkäufe deines täglichen Bedarfs, so dieser Milchmann früher, das haben die eben als lokalen mobilen Kiosk, den es da zum Teil gibt, wo du reingehen kannst. Da brauchst du ja gar nicht so sehr diese Lieferkette als solches.
Joel Kaczmarek: Die harte soziale Abwertung durch unseren freundlichen chinesischen Staat ist sozusagen der Sicherheitsfaktor, dass man da nicht drei Milchkernen rausholen kann.
Miriam Wohlfahrt: Natürlich, ich meine, das ist natürlich, das zahlt ja alles in eins.
André Bajorat: Und man muss natürlich auch sagen, dass wir natürlich auch in China gerade vor allem über die Großstädte reden. Also es ist natürlich Liefer- und Logistikherausforderungen in diesem riesigen Land bestehen, wenn du halt über das Land sprichst. Das ist ein anderes Thema, aber da hast du ja nochmal ein ganz anderes soziales Gefälle und Einkommensgefälle, was hier natürlich irgendwie anders ist. Die Herausforderungen bei Hermes und bei DHL sind ja in der Regel auch nicht Berlin und Hamburg und München, sondern die sind ja eher wie Mecklenburg-Vorpommern und irgendwas.
Joel Kaczmarek: Was die Last angeht, sind das glaube ich genau die Orte, die du gesagt hast.
André Bajorat: Die Last ja, aber trotzdem müssen sie ja auch binnen kurzer Zeit in die Diaspora rein und das ist glaube ich auch eine der größten Herausforderungen und die teure Herausforderung.
Joel Kaczmarek: Was können wir von dort lernen? Also vielleicht mal aus unternehmerischer Sicht, aber vielleicht auch aus politischer. Also ich finde, das ist immer so ein Trauerspiel, wenn ich hier in Deutschland sehe, dass wir einen Digitalbeirat haben, wo acht Anwälte drin sitzen. Da treibt es mir die Tränen in die Augen. Wenn ihr jetzt sozusagen nächste Woche eine Audienz bei Merkel hättet und ihr sagt so, weiß ich nicht, ihr kamt mit Inspiration und dann sagst du, ja China, was kann man von da mitnehmen? oder was nehmt ihr für euer Business mit, wenn ihr euch solche Märkte anguckt?
André Bajorat: Also ich glaube, was wir daraus lernen können, ist, dass wir nicht national denken sollten in Deutschland, sondern dass wir halt mindestens europäisch denken sollten. Und das ist etwas, was ich im Digitalen noch viel zu wenig momentan sehe. Sondern wir versuchen halt immer wieder, unser Klein klein zu machen und sozusagen zurechtzufinden irgendwie in unseren nationalen Staaten. Und wenn du halt Player und wenn du halt Dienste und wenn du Lösungen schaffen willst, dann musst du halt mindestens europäische Lösungen schaffen. Das ist etwas, was, wenn du ja fragst, wenn wir eine Audienz bei Frau Merkel hätten, was ich viel, viel mehr mir wünschen würde von der Politik, ordnungspolitisch sozusagen wünschen würde. Ansonsten, was kannst du daraus mitnehmen? Ich glaube, der wesentliche Faktor ist, guck auf den Kunden und denk nicht darüber nach, was du als Unternehmen bauen willst, sondern denk darüber nach, was der Kunde wirklich haben will. Und das ist das totale Erfolgsrezept von Alipay und Tencent, dass sie sich total um das Kundenbedürfnis kümmern und um dieses Bedürfnis herum ihre ganzen Ökosysteme, ihre ganzen Lösungen schaffen. Und das ist ein totaler Treiber.
Miriam Wohlfahrt: Total. Das sehe ich auch so. Mach das, was der Kunde will, biete ihm Mehrwerte, gib ihm irgendwas. Aber Deutschland alleine ist zu klein. Wir werden nie ein relevantes System bauen können, alleine aus Deutschland heraus. Es muss ein europäisches sein. Es muss eine europäische Regulierung dann geben. Und vielleicht muss es auch ein hartes europäisches Steuersystem geben für andere, die hier reinkommen wollen. Also dass man es auch mal versucht irgendwie.
André Bajorat: Das ist in der Tat etwas, wo ich auch sage, lass uns halt gucken, dass man natürlich auch ordnungspolitisch darauf achtet, dass es halt gleiche Bedingungen für alle gibt. Sven Schmidt trägt das ja irgendwie auch immer wieder vor, das Thema Steuererleichterung bzw. keine Steuerzahlung durch die ganzen Wishes dieser Welt und teilweise durch die Amazon-Händler dieser Welt. Das macht es natürlich irgendwie den deutschen, europäischen Playern nicht leichter, wenn du halt durch Steuervergünstigungen und durch möglicherweise merkwürdige Konstrukte in die Lage versetzt wirst, dabei ganz, ganz anders Produkte und Dienstleistungen anzubieten, als es irgendwie Dienste von hier tun könnten. Und da müsste man, glaube ich, auch sehr viel konsequenter sein.
Joel Kaczmarek: Ja, also ich erinnere mich auch noch an Gespräche, die ich mit Roman Kirsch verfolgt habe, mit Lesara, wo er halt auch sagt, es fallen alleine schon mal 20% Marge für sie weg, wenn man sich anguckt, Zollgebühren, die die eigentlich zahlen müssten, die Chinesen, die Qualitätskontrolle, die Steuern, also das ist schon, damit man das mal in der Zahl auch hat, überleg mal, du bist 20% weniger effizient als ein Wettbewerb, das ist schon massiv.
André Bajorat: Ja genau, aber das passiert ja gerade auf solchen Plattformen wie Wish und teilweise auch bei Amazon, dass da wirklich eben das nicht passiert, also dass sozusagen keine Umsatzsteuer abgeführt wird und natürlich dadurch irgendwo dieses Geld bei den Händlern sozusagen verbleiben kann, was schon irgendwie hart ist.
Joel Kaczmarek: Aber Wish ist ein gutes Stichwort, damit würde ich gerne schließen, dass wir uns mal Gedanken machen, wie diese Systeme sich, also ob die sich und wenn ja, wie die sich in den Westen tragen. Also bei Wish ist ja wirklich so ein Marktplatz für im Prinzip chinesische Hersteller, die darüber verkaufen, direkt an uns, dadurch sehr günstig. Kundenerfahrung teilweise grausam, also was ich da schon gekriegt habe an Qualität und wie lange es dauert, furchtbar. Ich habe neulich mich mit jemandem unterhalten, den ich schon länger kenne, wo ich es gar nicht wusste, aber der ist irgendwie auch relativ aktiv oder groß aktiv sogar wohl im Amazon-Bereich und er meinte, ganz viel ist nur noch das Merkmal des Kunden, wo man aber auch jetzt sukzessive, finde ich, ganz viel FBA aus China Ganz viel, also auch die härtesten Tricks jetzt. Also es gibt, glaube ich, eine sehr, sehr große Dunkelziffer an Schwarzmethoden, um als Chinese bei Amazon zu verkaufen und selbst wenn dein Account gesperrt wird, dich wieder reinzuschummeln. Also das muss ein riesiges System mittlerweile sein. Aber das ist ja sozusagen der Hersteller. Was ist denn mit diesen Ökosystemen? Tragen die sich auch in den Westen rein? Also glaubt ihr, dass es irgendwann so sein wird, dass ja auch ein Deutscher sozusagen diese Erfahrung genießen kann, dass er so einen Alipay nutzt, dass er irgendwie im WeChat sich sein Taxi bestellt? Oder glaubt ihr, dass die sich auf ihren Markt beschränken werden?
Miriam Wohlfahrt: Also kurzfristig glaube ich das nicht. Also ich glaube, im Moment beschränkt sich das auf den chinesischen Markt und auf die chinesischen Konsumenten, die in Deutschland einkaufen. Ich sehe da im Moment keine Tendenz, dass das als deutsches System nach Deutschland kommen soll. Oder dass man es eben als Nutzer, so wie PayPal eben als deutscher Nutzer auch, dass man ein deutsches Alipay-Konto dort haben kann. Ich glaube, da ist im Moment, und das hat vielleicht auch was mit unserer Regulierung hier zu tun, das ist vielleicht auch einfach zu kompliziert im Moment in den deutschen Markt zu kommen, wenn man hier für Deutsche bezahlen machen möchte.
Joel Kaczmarek: Also so ein bisschen diese typische Logik, ein Prozent Wachstum da ist viel erträglicher und einfacher als hier.
Miriam Wohlfahrt: Ja, und das ist halt einfach, das ist ähnlich. wie auch die Amerikaner, die nach Deutschland kommen wollen, das ist immer so, Es gibt ja so eine große, die Silicon Valley Bank, die sind ja jetzt auch nach langem irgendwie nach Deutschland gekommen. Die haben echt lange gebraucht, bis sie überhaupt den Markteintritt hinbekommen hatten. Und ich hatte mich mit denen unterhalten, die hatten einfach erzählt, es ist ein Riesentheater, aber bis man hier eben die Lizenz hatte. Und dann denke ich mir, was, ich sage jetzt mal ganz ehrlich, ein Alipay, wenn die hier in den Markt kommen wollen, so ein kleiner Markt, der verhältnismäßig klein ist, warum sollten die sich mit so viel Regulatorik auseinandersetzen?
Joel Kaczmarek: Wir müssen ja gar nicht mal nur Deutschland denken. Wenn wir den Westen denken, können wir ja zum Beispiel mal USA sagen. Oder wir können uns auch mal Russland angucken. Oder, weiß ich nicht, Mittlerer Osten oder Südostasien. Das wären alles Märkte, die ich irgendwie reinschieben kann. Also gerade USA wäre ja zum Beispiel auch sehr einheitlich. Du hast schon einen großen Fuß in der Tür als chinesische Regierung an vielen Stellen.
André Bajorat: Das macht nur dann Sinn, wenn du wieder einen Ort hast, eine Umgebung hast, die eher einer grünen Wiese gleicht. Wenn du keine grüne Wiese hast, sondern eine heterogene Marktumgebung hast, dann ist der Erfolg von einer Plattform, die ausmacht, dass sie im Grunde genommen dir alles bietet, glaube ich, super schwer, weil du nur in diesem Kreislauf, glaube ich, den Erfolg hast. Wenn du jetzt möglicherweise ein Land hättest, keine Ahnung, wie Venezuela, wo möglicherweise gar nichts mehr stattfindet und da irgendwie plötzlich eine neue Regierung kommt, die sagt, wir möchten jetzt ein komplett neues System aufbauen, dann kann das möglicherweise sein. Ob das dann groß genug ist, weiß ich nicht. Russland, aus verschiedenen Gesichtspunkten, könnte ich mir sogar vorstellen, dass da so etwas funktionieren könnte, weil das halt ein Stück weit diese Abgeschottetheit ist. ja auch mehr und mehr hat und dass da so was erfolgreich sein könnte, ja. Ob das dann immer wiederum, und das ist glaube ich etwas ganz, ganz viel, viel Höheres, ordnungspolitisch funktionieren würde, dass ein chinesisches Ökosystem plötzlich den russischen Alltag mitsteuert, kann ich mir glaube ich ehrlich gesagt nicht vorstellen. Das ist ja auf einer anderen Ebene, findet das statt. Werden aber Dienstleistungen aus diesen Konzernen von Tencent, von Alipay, auch in Europa, auch in den USA stattfinden? Das glaube ich schon. Nur halt nicht das gesamte System, über das wir gerade gesprochen haben, sondern es wird bestimmte Bereiche mit Sicherheit daraus geben, die halt auch erfolgsversprechend hier angeboten werden könnten. Angeboten werden können, ob das jetzt Finanzdienstleistungen in Betai sind oder halt auch andere aus diesem ganzen Konglomerat. Das kann ich mir schon durchaus vorstellen.
Joel Kaczmarek: Also sind die eigentlich in ihrem Käfig ein ziemlich mächtiger Tiger, hier drüben sozusagen aber eigentlich nicht, weil das Ganze, was ihren Markt attraktiv macht und was ihnen Wettbewerbsvorteile gibt, hier zum großen Teil nicht gilt.
André Bajorat: So jedenfalls wahrscheinlich unser blauäugiges Gesicht heute auf das Thema. Vielleicht sind wir da auch total falsch unterwegs und wir werden irgendwie in den nächsten fünf Jahren aus dem Osten überrollt. Momentan kann ich es mir ehrlich gesagt nicht vorstellen.
Miriam Wohlfahrt: Außer natürlich die Investments. Ich meine, N26, da ist auch Tencent drin.
Joel Kaczmarek: Habt ihr mal Anfragen gehabt aus China für Beteiligung? Gibt es da irgendwie Reaktionen?
André Bajorat: Es ist mittlerweile relativ normal geworden, dass du, wenn du über das Thema Funding und Beteiligung sprichst, dass du halt nicht mehr nur in den Westen guckst an der Stelle, sondern natürlich auch Gespräche in Richtung Osten führst. Also das ist in der Tat so, dass da Fonds und Geld aus China durchaus in digitale Lösungen aus Europa reinfließen. Und das ist halt nicht gut. Also du hast vorhin gefragt, wenn wir uns wieder über das Thema, was wünschen wir uns, wenn wir eine Audienz bei Frau Merkel hätten, dann kann man sagen, okay, das, was gerade von der KfW gemacht wird, ist der richtige Weg. Dass halt in digitale Lösungen aus Deutschland, aus Europa, auch ehrlich gesagt, das klingt irgendwie so ein bisschen abschottend, aber vielleicht muss man das manchmal auch sein, auch europäisches Geld reinfließt. Und sich indirekt dadurch halt auch Kontrolle woanders hinfließt. Wie wir das ja, das weißt du ja besser als wir Joel, also die ganzen großen Investments in deutsche Unternehmen, die dann irgendwann eine Series B, eine Series C waren, waren immer in der Regel amerikanische VCs und kein europäisches Geld. Und das ist eigentlich echt bitter zu sehen. Und wenn das jetzt mehr und mehr noch in den Osten wandert.
Joel Kaczmarek: Man kann es ja noch schlimmer fassen, wo werden diese Firmen hinverkauft? Das ist ja auch irgendwie in den Westen. Daily Deal damals an Google, Groupon, was hier irgendwie die Rocket Pool übernommen hat, also Guzzalando ist an die Börse gegangen, da nicht, aber Also wenn verkauft, potent, dann ja Richtung weiter, weiter Westen.
André Bajorat: Genau, ja. Und das, was Miriam gerade angedeutet hat schon, dass natürlich aber auch Weltmarktführer aus Europa mittlerweile halt auch in chinesischer Hand sind, die halt jetzt nicht irgendwie Startups waren, die möglicherweise vor 100 Jahren mal sowas wie Startups waren, also Neugründungen waren. Das ist halt schon Ich weiß nicht, ob man davor Angst haben muss, aber jedenfalls sollte man einen Blick darauf haben.
Miriam Wohlfahrt: Ich finde das auch. Ich finde das ein ganz großes Thema. Also ich habe dieses Kuka-Roboter, das fand ich echt krass, weil dann irgendwie denkt man so, in Deutschland haben wir hier noch so eine gewisse Hoheit über Industrie und vielleicht auch, dass wir eine Industrienation sind, die Dinge produziert und da gut drin war oder ist. Und wenn diese Firmen jetzt auch gekauft werden, das finde ich schon auch erschreckend.
Joel Kaczmarek: Aber ich glaube auch, dass man sich als europäischer Raum zusammentun muss. Und ich glaube ja fairerweise, dass es nicht so richtig einen Weg an Russland vorbeiführt. Das mag hier mal keiner hören, weil ja so Putin auch in der Presse hier super negativ dargestellt ist. Mal berechtigt, mal unberechtigt, würde ich sagen. Aber wenn man sich so anguckt, ich glaube, die Karten sind relativ klar verteilt. Was für eine Haltung hat USA zu uns? Ist die Message eindeutig? Wie steht China da? Da kannst du eigentlich nur noch als großer Wirtschaftsraum. bestehen, gefühlt.
André Bajorat: Genau, und Afrika ist weiterhin so ein unentdecktes oder weitestgehend unentdecktes Land, bis wenige Ausnahmen sind wie Nigeria und Südafrika. Und da ist natürlich irgendwie auch nochmal echt ganz, ganz viel Potenzial drin, wenn da halt auch mal noch robustere, ich sag mal, Systeme da wären. Also Systeme im Sinne von politischen Sicherheit.
Joel Kaczmarek: Was man da hört, ist ja irgendwie immer, wenn man Internetleuten, die da was tun, sich unterhält, sagen alle mal, ja, interessiert gerade keinen. Weil, genau wie du sagst, politisch instabil, geringe Kaufkraft, Marktgröße oft nicht so groß.
André Bajorat: Menschen ohne Ende. Ja. Aber halt da auch total zerfleddert. Also von der Größe wahrscheinlich ja mindestens genauso groß wie Chinas oder wahrscheinlich noch größer. Also flächenmäßig sowieso, einwohnermäßig weiß ich es ehrlich gesagt gerade gar nicht. Wenn du Afrika mal zusammenfassen würdest.
Joel Kaczmarek: Flächenmäßig größer als China?
André Bajorat: Ja, klar. Flächenmäßig ja, einwohnermäßig glaube ich nicht. Bin ich mir nicht sicher. Unterschiedliche Sprachen, unterschiedliche Kulturen, unterschiedliche politische Systeme. Und das ist natürlich irgendwie etwas, was natürlich immer wieder, glaube ich, auch Afrika ein Stück weit im Weg steht, so bitter das ist.
Joel Kaczmarek: Naja, ich sehe schon, wir müssen hier noch vier Jahre warten, bis wir mal in der Richtung was unternehmen können, bis hier was tut. Aber bis dahin war das, glaube ich, ein ganz, ganz spannender Ritt durch China. Und mal schauen, ob ihr recht habt, ob das sozusagen, jetzt gucken wir, jetzt googeln wir alle parallel gerade die Bevölkerungsgröße in Afrika. Nein, war ein ganz interessanter Gedanke. Also wenn man zusammenfasst, wirklich dieses Thema, das Mobile, die 1,216 Milliarden hat Afrika als Bevölkerung.
André Bajorat: Ja, das ist ungefähr genauso groß. China hat mittlerweile 1,4 oder wie viel? 1,379.
Joel Kaczmarek: Okay, fast gleich. Leicht kleiner. Also ein paar Prozent nur. Gut, aber wenn wir zusammenfassen, also größte Skalierbarkeit, grüne Wiese, keine Legacy, Phasen übersprungen, Regulierung darauf ausgerichtet und starker Kundenfokus.
André Bajorat: Und Timing.
Joel Kaczmarek: Plus Timing, das stimmt. Die besten Ideen können ja manchmal nicht zünden, wenn der Zeitpunkt nicht stimmt. Dass man als kleiner bunter Ritt in eine, wie du in der Tat recht hast, andere Welt. Ich habe das auch mal. Man liest die Zahlen, die Buchstaben kann man nicht lesen, meine ich.
Miriam Wohlfahrt: Genau.
Joel Kaczmarek: Die Zeichen, es ist flippig, es ist bunt, es glitzert. Vielleicht können wir da ein bisschen Bekanntheit jetzt reinbringen. Vielen Dank euch beiden.
Miriam Wohlfahrt: Danke. Danke.