Desktop Commerce ist wie der stationäre Einzelhandel: er stirbt.
28. September 2020, mit Joel Kaczmarek, Alexander Graf, Jochen Krisch
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Joel Kaczmarek: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen E-Commerce-Crossover-Podcast von digital kompakt. Mein Name ist Joel Kaczmarek. Wie immer bin ich heute begleitet von den beiden E-Commerce-Granten, dem guten Alexander Graf und dem lieben Jochen Krisch. Hallo ihr beiden.
Alexander Graf: Moin moin.
Jochen Krisch: Hallo Joel.
Joel Kaczmarek: So, und heute geht es um das Thema Mobile. Wir machen eine Bestandsaufnahme. Wie wichtig ist Mobile eigentlich mittlerweile geworden im Handel? Dazu werden wir einmal alte Händler in Anführungsstrichen betrachten, sprich Unternehmen, die in Zeiten gestartet sind, als Mobile noch nicht First war, sondern davor. Wir werden mobil gestartete Unternehmen betrachten und auch Mobile-Only. Das wären so unsere drei Achsen, die wir mal ins Vergleich setzen. Und weil es ein relevanter Faktor ist, auch den ein oder anderen Payment-Anbieter zum Abschluss hin betrachten, um mal einen Eindruck davon zu kriegen, wie denn eigentlich diese Technologie, kann man ja eigentlich sagen, mittlerweile den Handel beherrscht. So, starten wir mal ganz basic, mobile. Also ich weiß noch, als ich vor fünf Jahren digital kompakt gestartet habe, habe ich so als eine meiner Standardfragen, wenn ich Unternehmerinterviews hatte, immer gesagt, wie viel Umsatz macht ihr denn schon mobile und was tut ihr da, um das zu forcieren? Gefühlt ist es ja heute quasi, also gehört eigentlich dazu, zur typischen Batterie. Damals konnte man das noch fragen, wie nehmt ihr das denn wahr? Wie ist denn mobile, wenn ihr euch mit Händlern unterhaltet, mittlerweile angekommen?
Jochen Krisch: Ja, als Grundthema ist es sehr weit vorne. Also natürlich würde niemand sagen, dass ja Mobile nicht vorne mit dabei ist. Die Frage ist ja, wie sieht aber dann das umsatzseitig aus, wie sieht das konzeptionell aus? Und da würde ich sagen, da ist schon noch gehörig Luft nach oben. Also die Mobile-Konzepte im wesentlichen im Handel ist, einen Online-Shop mobil entweder abrufbar zu machen oder die App so zu gestalten, dass der Online-Shop noch sichtbar ist. Und mein Verständnis von Mobile ist schon, dass moderne Mobile-Konzepte gar nicht mehr so viel mit Shops zu tun haben müssen. Also es sind entweder Lieferservices oder das sind irgendwelche Stream-Angebote oder sonst irgendwas. Und da würde ich sagen, ist schon noch eine große Lücke.
Joel Kaczmarek: Oder Alex, vielleicht kannst du ja mal sagen, wenn bei Spriker jetzt ein Kunde aufschlägt, der sagt, er hat irgendwie ein paar hundert Millionen Euro Umsatz im E-Commerce, war bisher sehr stationär geprägt, macht aber auch schon online und will jetzt mobile machen. Was wären so die ersten Schritte, die ihr mit dem gehen würdet oder ihm empfehlen würdet? Würdest du sagen, eigene App? Würdest du sagen, erstmal Webseite sozusagen mobil optimieren? Wie geht ihr an solche Themen ran, wenn Kunden euch mit sowas behelligen?
Alexander Graf: Die Kunden behelligen uns ja da nicht mit einem Beratungsauftrag, sondern die wollen ja etwas umsetzen. Und die wissen eigentlich schon vorher, was sie wollen. Man muss da trennen zwischen B2B und B2C. In B2C ist es eigentlich ganz klar, dass fast jedes Projekt rund um dieses ganze Thema Mobile sich dreht. Dabei auch nicht immer zwingend um eine App. Das hängt so ein bisschen davon ab, in welcher Kategorie man unterwegs ist. Das kann auch oft die mobil optimierte Webseite sein. Und im B2B ist es schon noch sehr oft entweder die Webseite, wenn es tatsächlich ein Commerce-Kanal ist, Manchmal auch ganz andere Interfaces, irgendwelche Handscanner oder Direktanbindung an die Maschinen. Die gucken da gar nicht so genau auf das Thema Mobile versus nicht Mobile. Wir sagen ja immer, auch im verschiedensten Podcast, dass wir davon ausgehen, dass das E aus E-Commerce eigentlich im nächsten Jahr in dem Sprachgebrauch verschwinden wird. Das kommt ja eher aus einer Generation, die wir noch mitgeprägt haben. Da kommt ja noch T-Commerce, Television-Commerce, das kennt Jochen natürlich noch ganz gut. Dann Mobile, ja, und dann gab es noch ein paar andere Buchstaben vorweg. Das geht, glaube ich, Das geht, glaube ich, weg und im B2C-Bereich ist dann ganz klar nicht die App, aber es ist dann eine mobile Variante und da erwartet man halt nicht heutzutage, dass das alles mobil auch funktioniert, weil es gibt ja kaum noch eine Kategorie, für die es Sinn macht, für mich als Endkunde, außer es ist ein Investitionsgut, überhaupt an den Rechner zu gehen und ich möchte das eigentlich relativ schnell machen. auschecken können. Daran sieht man natürlich auch, wie viel Instagram, WhatsApp und Co. den Markt verändern können. Die Erwartung, dass ich nicht irgendwo auf einen Link klicke, direkt kaufen kann, die steigt natürlich permanent. Und da will ich dann auf dem Handy nicht auf einen Webshop kommen, der für den Desktop gemacht ist. Deswegen verschwindet es eigentlich aus den Diskussionen immer mehr. Es war tatsächlich vor zwei, drei Jahren in Projekten noch viel, viel intensiver. Also Mobil versus Desktop versus native App. Und in den letzten Projekten ist das eigentlich kein zentrales Thema mehr, weil das nachgedacht wird. Das ist tatsächlich, dieser Buchstabe vor dem Commerce verschwindet gerade.
Joel Kaczmarek: Aber muss man echt hier so ein E-Tribes-Mandat buchen, dann will man bei euch die Software über Spriker einkaufen? Also macht ihr nicht auch ein bisschen Beratung, dass ihr sagt, das Modul macht Sinn und das nicht?
Alexander Graf: Also es gibt ja Kunden, die wissen das in der Regel relativ gut selber, die haben Product Ownership und Produktmanagement oder haben ja auch schon eine Agentur, also keine Beratungsagentur, sondern eine Umsetzungsagentur, mit der sie das dann machen, aber in der Spryker-Welt ist ja eine ganz zentrale Unterscheidung zu der klassischen Welt, die es vorher mit SAP Hybrid oder Salesforce gab, dass die Menschen, die das kaufen und einsetzen, eine sehr, sehr genaue Vorstellung davon haben, was sie eigentlich machen wollen und was sie auch anders machen wollen als in einer Standardsoftware. Und die beraten eigentlich uns. Die sagen, hey, wir wollen das eigentlich so, so und so machen. Wir brauchen folgende Funktionalitäten. Zeigt uns doch mal, was auf eurer Roadmap noch draufsteht. Das finden wir schon ganz cool, was da ist. Aber wie sieht es denn aus mit dem Thema Künstliche Intelligenz bei Mobile? Also Da verändert sich die Rolle massiv. Da sind wir quasi, dann wären wir halt Infrastrukturvermieter und müssen genau das erzeugen und bauen, was Kunden vorgeben. Und da sind wir nicht mehr der Herr der Roadmap, die dann sagen, okay, aufgrund unseres Researches, Herr Graf hat sich im stillen Kämmerlein folgende fünf E-Commerce-Varianten ausgedacht. So muss der Online-Shop der Zukunft aussehen. Stellen wir jetzt beim nächsten Sparker Summit einmal vor und dann klatschen alle. So ist das nicht mehr. Es hat sich einmal gedreht.
Joel Kaczmarek: Und ihr seid ja aber vorne dran. Also wenn ihr quasi so ein bisschen auch Laborfunktionalität habt quasi, also eure Kunden kommen, sagen, was sie brauchen und ihr seid damit sehr dicht am Markt. Was würdest du denn sagen, ist mittlerweile Mobile quasi Status Quo? Also was muss ich haben, wenn ich Händler bin, um im mobilen Spiel zumindest wettbewerbsfähig zu sein?
Alexander Graf: Auch da hängt es wieder ganz stark davon ab, wie du dein Geschäft gestaltest und woher du kommst und wie hoch bisher dein mobiler Anteil ist. Aktuell sehen wir ja sozusagen durch die Mobify-Akquisition von Salesforce, die am Wochenende kommuniziert worden ist, dass der Markt Richtung PWA steuert, also dass du eigentlich mobil dann neue Interfaces hast. Das kann auch sowas sein wie Frontastic, das kennt sich ja Jochen auch so ein bisschen aus. Im Grunde genommen die Systeme, mit denen man einmal das Backend verwaltet und betreut und versucht dann mobil sich so agil wie möglich aufzustellen. Du musst dann immer so ein bisschen entscheiden, wo pflegt man eigentlich so ein Content und wo pflegt man die Produkte. Heute würde ich sagen, wenn du heute in die Entwicklungsabteilung reinschaust, die sich über aktuelle E-Commerce-Geschäftsmodelle Gedanken machen müssen, da was bauen, dann wird da wahrscheinlich ein Großteil rund um das Thema PWA fliegen. Und da gibt es zwei, drei Anbieter am Markt, da bieten auch alle einen gewissen Standard an, dass du quasi von Haus aus bei Spiker schon was mitbekommst, aber wir müssen uns dann auch andocken an Lösungen wie Frontastic, wenn das die vom Kunden gewählte Option ist, um da die mobile Experience aufzubauen.
Joel Kaczmarek: Sag doch mal für Lion, was PWA eigentlich ist.
Alexander Graf: Progressive Web App. Vielleicht, wenn man es übersetzt, es geht immer so ein bisschen darum, dass du Merkmale, die bisher nativen Apps vorenthalten waren, ja, Lokalisierung zum Beispiel, damit du die Supermärkte in deinem Umkreis anbieten kannst, dass du das versuchst, auch auf der normalen Webseite anzubieten. Da gibt es halt mittlerweile neue Technologien und neue Architekturen, die das ermöglichen. Dafür braucht man dann auch moderne Backend- und Infrastrukturarchitekturen, wie sie dann Spryker mitbringen. Das geht dann mit alten Technologien eben nicht mehr. Aber das ist eine Ausprägung dieser, sozusagen dieser mobilen Revolution. Es wird halt quasi vom Frontend schon, also vom User aus gedacht und da wird sich dann überlegt, okay, wie kann ich das am flexibelsten gestalten und wie kann ich das auch sozusagen so aufbauen, dass ich in Zukunft da ganz, ganz, ganz viel Entwicklungspower reinlegen kann. Deswegen trennt man das.
Joel Kaczmarek: Aber dann heißt es also de facto heute im Mobile-Machen, dass ich gar nicht mehr nur eine Plattform, einen Anbieter habe, sondern dass ich quasi sogar mich aufteile. Also was du gerade gesagt hast, ich pflege meine Daten woanders als vielleicht mein Content oder beziehungsweise Frontend liegt woanders als meine ganze Datenspeicherung.
Alexander Graf: Ja, macht ja auch Sinn, weil ja die mobile Kauf-Experience eine ganz andere sein muss und sein sollte als für den Desktop.
Joel Kaczmarek: Jochen, wie ist denn so deine Beobachtung vom Markt? Also was kriegst du mit, wie viel Prozent am Umsatz macht Mobile eigentlich bei so relevanten Playern mittlerweile aus?
Jochen Krisch: Umsatz von Mobile macht relativ viel aus, also die gut sind 50 bis 80 Prozent, sage ich jetzt mal, je nachdem, also ich glaube ein Zalando kommt auf 80 Prozent Mobile-Anteil inzwischen, allerdings unterscheiden die dann auch immer noch und die Zahlen kommen jetzt eigentlich erst raus, wie viel Prozent auch über eine App läuft. Also die großen Player haben natürlich den Vorteil, dass sie über Apps arbeiten können und dann die Experience nochmal anders und sehr viel kundengenauer machen können. Und auch da kommen jetzt einfach schöne Zahlen. Also zu Plus hat, glaube ich, veröffentlicht über 100 Millionen. Otto hat veröffentlicht, wie viele, habe ich jetzt nicht genau im Kopf mehr, sie über Mobile, die Mobile App machen. Und Zalando hat auch mehrere Milliarden jetzt über die App und das sind ja mit die führenden. App-Player, Amazon zählt da noch mit rein und eBay und andere natürlich. Und das ist für mich auch so ein bisschen der Knackpunkt an dem Mobile-Thema, dass natürlich viele jetzt, also dass Mobile ein großes Thema ist, dass viele mit der App nicht vorangekommen sind, weil sie zum Teil zu klein sind oder eben die Experience eine ist, sodass man nicht unbedingt eine App sich runterladen will. Deswegen kommen die Lösungen, die Alex beschrieben hat und werden gepusht. Nur ich bin da ein bisschen, wie soll ich sagen, unzufriedener als Alex ist, weil ich die Latte höher sehe. Nicht im E-Commerce, da sind wir so in unserer eigenen Welt, in einer eigenen Blase und da sind die Standards relativ niedrig, weil man sich immer nur anguckt, was muss so ein Online-Shop können, wenn ich mir aber die Mobile-Entwicklung insgesamt angucke. dann sehe ich doch, dass das rasant sich entwickelt hat. Und da muss man eben auch die WhatsApps mit reinnehmen, da muss man bestimmte Social-Media-Anbieter mit reinnehmen, da muss man TikTok mit reinnehmen und all das, was da an neuer Shopping-Experience entstanden ist. Und ich mache es immer ganz gern am Beispiel voran, klar, was zum Beispiel nicht genutzt wird, ist im Online-Handel meistens die Location, dass man eben weiß, wo der Nutzer sich befindet, dass man weiß, das ist ein persönliches Gerät. Also es gibt so ein paar Momente, die Mobile eben zusätzlich bietet, die man in seine Geschäftsmodelle mit einbauen könnte, und das wird noch nicht genutzt. Man nutzt Mobile im Wesentlichen wahlweise als Kanal oder als Möglichkeit, um eben dann sein bestehendes Geschäftsmodell abzubilden und das ist meiner Sicht zu wenig. Also da wird man auch extrem in Bedrängnis kommen, wenn Mobile-Player hochkommen und das sind ja meistens Player, die gar nicht so sehr vom Handel kommen, sondern eher vom Lieferservice her. Also Picnic haben wir, glaube ich, auch eine Ausgabe gemacht, ist so ein Beispiel. Mobile First, Mobile Pure Player, nur mit der App Lebensmittel bestellen und liefern lassen und dann eben auch das ganze Tracking und alles mit dabei hat. Also deswegen ist immer ein bisschen die Frage, sieht man die Mobile-Erfahrungen jetzt, so zehn Jahre, wir gehen Richtung 2012, 15 Jahre, was in der Zeit passiert ist oder sieht man, wo ist gerade der Standard und was wird sich in den nächsten fünf oder zehn Jahren tun? Und wenn man einfach sieht, was aus den USA kommt, was aus China, von den asiatischen Anbietern kommt, dann bin ich sehr unglücklich eigentlich mit der Lage in dem ganzen Mobile-Commerce-Bereich.
Joel Kaczmarek: Ist das auch so, Alex?
Alexander Graf: Ja, was heißt unglücklich? Wir haben das im Vorgespräch ja schon erläutert. Wir haben halt so ein klassisches Legacy-Problem. Jemand, der heute neu anfängt, also ohne ein Geschäftsmodell, was vielleicht bisher mal auf Filialen basiert hat oder auf einem Webshop, der hat ganz andere Möglichkeiten, so eine Applikation zu entwickeln. Wir können natürlich auf die alten Händler schauen. Und Zalando gehört jetzt mittlerweile ja auch zum alten Handels. Eisen sind ja auch über zehn Jahre alt. Die tun sich halt extrem schwer damit, dieses riesige Sortiment sinnvoll für den Endkunden darzustellen. Das fängt dann irgendwie, ich glaube, die größte Innovation in der Interface-Entwicklung mobil war dieses Tortenmenü mit den drei Strichen. Irgendwann so. Und seitdem hat sich gefühlt nicht mehr so viel getan. Und wenn man das jetzt ausklappt bei Zalando oder auch bei anderen Anbietern, dann kommt da irgendwie eine Million Optionen. Wo man sieht, da tut sich, glaube ich, ein Produktmanagement-Team schon total schwer, diese Logik, die man aus dem Shop kannte, in die mobile Welt zu übertragen. Und die Anbieter, die natürlich jetzt jochen, nennt oder meint, also Wisch und Co., die eigentlich ohne diese Burger-Logik auskommen müssen, ohne diese drei Striche, die ist viel natürlicher, die macht auch viel mehr, die macht auch, glaube ich, viel mehr Sinn in so einer Welt. Aber wenn ich jetzt in so einem Workshop säße und über die Schulter schauen müsste bei den Leuten, die es so richtig verstehen von Zalando und About You und sagen, okay, wie machst du es besser? Da müsste man halt ganz viel wegschneiden. Und dieses Wegschneiden aus einer Legacy-Sicht ist halt unfassbar schwer. Deswegen kann ich mir gar nicht vorstellen, was ein natürlicher Weg wäre, jetzt einen Zalando oder einen Otto, vielleicht auch irgendwann einen About You, die heute ja noch den Goldstandard quasi darstellen in der E-Commerce-Szene, denen zu helfen. Und da gebe ich Jochen recht. Das ist natürlich ein bisschen enttäuschend. Ich sehe ja selber, ich kaufe ja auch ganz viel ein Mobil. Es ist ganz, ganz schwer, da immer zum richtigen Produkt zu kommen. Und ich freue mich immer schon, wenn PayPal integriert ist, weil das für mich der schnellste Checkout ist. Aber ja, es stimmt, es ist ein Stückchen enttäuschend und ich würde mich freuen, wenn da die Anbieter, nicht nur die deutschen Anbieter, sondern die europäischen Anbieter deutlich mehr experimentieren würden, vielleicht auch mit anderen Brands, wo sie einen Zugang zu ihrem Sortiment erlauben und an einer komplett neuen Denke, das, was man früher mit Nischenshops gemacht hat in der SEO-Welt, ja, da hat ja auch mal, keine Ahnung, exofa.org und schlafcouch.com und Woran man mal probiert hat, sein Produktsortiment noch ein bisschen spitzer darzustellen. Ich glaube, das müsste man heute auch mobil machen. Ich glaube, das ist nicht mehr sinnvoll möglich, das aus so einer Handelsperspektive, die vom Shop aus denkt, radikal zu machen. Und das müssten wahrscheinlich auch Leute machen, die nie einen Webshop entwickelt haben. Das müssten Leute machen, die wahrscheinlich heute, ich möchte hier niemandem zu nahe treten, aber wahrscheinlich 20 Jahre jünger sind als wir, als ich auf jeden Fall. Und die es satt haben, eigentlich noch den Farbfilter, den Markenfilter, den Preisfilter, den Größenfilter anzuklicken. Insofern ja, also die Enttäuschung kann ich verstehen, aber wir befinden uns jetzt quasi in der Transformationsphase von Online-Händlern, von Desktop in die mobile Welt und diese Transformationsphase fällt ihnen genauso schwer wie die Transformation von stationären Händlern hin zu Online-Händlern.
Jochen Krisch: Das ist im Prinzip das Bittere, also dass wir dasselbe nochmal erleben und dieselben Fehler und dann wird wieder ein neuer Kanal aufgemacht. Oder du hast ja auch das, was du am Anfang beschrieben hast, ist ja auch ein Grund, warum wird Frontend und Backend getrennt. Weil Frontend einfach so viele Möglichkeiten jetzt bietet, wie man seine Produkte in unterschiedlichste Kanäle einbindet. Und das kann von Sprachsteuerung bis Mobile Experience etc. sein. Also da habt ihr ja auch genügend Material, wo ihr den Leuten zeigt, was passiert. welche Richtung man denken kann. Aber diese Kanaldenke ist halt das Problem. Dann sind wir wieder in derselben Problematik. Du verursachst Zusatzkosten, bekommst aber nicht den Zusatzumsatz. Das heißt, die Denke müsste eigentlich schon eher sein, wie nutze ich es nicht als Kanal, sondern wie nutze ich das, was an neuen Möglichkeiten da ist für neue Konzepte, neue Nutzeransprache generell, neue Geschäftsmodelle. Und das fällt natürlich Etablierten viel, viel schwerer als das Newcomern-Feld. Und deswegen sieht man ja auch, die Experience ist eine komplett andere. Also die Gedanken, die sich ein Picknick macht, um eine tolle Food-Shopping-Experience, nenne ich es jetzt mal, hinzubekommen, sind komplett andere, als das ein Etablierter macht, der nur seinen Online-Shop da macht. Und bei Wish ist es ähnlich. Wish ist halt dieser Dauerstream, dass man eben sehr schnell scrollen kann und sich dann von den Fotos letztendlich inspirieren lässt, Produkte zu kaufen oder drauf zu klicken. Also das ist eine ganz andere Logik. Und ich glaube halt auch, dass das Mobile die Chance bietet, sehr viel konzentrierter, spezialisiertere Konzepte zu fahren mit Vorauswahl. Also deswegen glaube ich auch, dass so ein Stitch Fix in den USA jetzt oder ein Outfittery in Deutschland besser funktioniert. geeignet ist, um mobile erfolgreich zu sein, weil sie einfach ein beschränktes Sortiment haben, weil sie sehr viel mehr mit Vorauswahl arbeiten und die eine ganz andere Experience letztendlich auch vermitteln. Also selbst in Amazon muss man sehr kritisieren, wie Amazon mobile umgesetzt hat, weil die versuchen irgendwie alles in diese eine App zu pfropfen. Und dann ist man irgendwann überfordert. Und da baue ich eben sehr drauf oder gucke mir einfach an, was kommt da an neuen Mobile-Playern. Und wir haben die großen Beispiele, haben wir jetzt genannt. Im Prinzip müsste man dann immer noch auf China verweisen, die einfach diesen E-Commerce im Prinzip ja übersprungen haben, die von klassischem Handel dann gleich Richtung Mobile gegangen sind. Dann haben wir halt die AliExpress-Anbieter, haben wir Pindodo und wie sie alle heißen, die komplett andere User-Experience haben. Das lässt sich meistens nicht übertragen, aber mein Punkt dabei ist eigentlich immer nur, Mobile bietet mehr Möglichkeiten und da muss man schon, also glaube ich, da muss man sich bewusst sein, dass das so ist und da muss man sehr über seinen Schatten springen, weil im Grunde, ich vermittle es immer so, dass man sich Mobile nochmal neu erfinden muss. Jeder Online-Händler und er muss einfach sehr klar sein, was ist die Rolle, die ich für die Kunden biete und wie kann ich die Rolle Mobile dann anders umsetzen. Das ist im Prinzip die Aufgabenstellung, die ich sehe.
Joel Kaczmarek: Ich weiß auch, was du meinst. Ich habe mir dieser Tage die Nike-App mal runtergeladen, weil ich mir irgendwie Laufklamotten gekauft habe in dem Shop. Und was die ja ganz gut machen, ist, dass die ihren stationären Laden nehmen und dich sozusagen inzentivieren, die App zu benutzen. Weil du hast da nochmal ein anderes Angebot, teilweise Bezahldienstleistungen. Und da war es auch so, dass du dann gefragt wirst, welches Geschlecht hast du, was hast du für eine Schuhgröße, was für Sportarten beschäftigen dich. Aber im Ergebnis ist es so Ich kriege nach wie vor irgendwie Frauenklamotten mit angezeigt. Ich kriege Klamotten angezeigt von Sportarten, die ich überhaupt nicht betreibe. Von daher, ich weiß, was du meinst. Aber was mich bei dir mal interessieren würde, ist, du hast doch damals sehr intensiv beobachtet, wie Zalando sein Testing gemacht hat, mobile. Es war ja so, dass Zalando gefühlt eine Handvoll oder ich glaube sogar noch ein paar mehr Apps rausgeworfen hat an den Kühlschrank quasi und hat geguckt, welche kleben bleiben. Und du hast es damals sehr intensiv begleitet. Also es ist ja eigentlich genau diese Denke, die du dir wünschst, dass man sagt Ich denke, alles neu, from scratch. Ich nehme Szenarien und versuche, die in einer App umzusetzen. Wie hat das denn gefruchtet? Wie ist denn da deine Beobachtung bei Zalando? Hat das funktioniert? Hat das irgendwie auch einen Fortgang gehabt oder war das mehr zum Lernen und am Ende ermündete es doch in einer großen Zalando-App?
Jochen Krisch: Ich war da auch sehr fasziniert und das war für mich genau der richtige Weg, den man geht. Und Zalando hatte damals ja alles ausgetestet, was es so gab an unterschiedlichen Stoßrichtungen, die man haben konnte. Und das mal gut, mal weniger gut umgesetzt. Also da hat man sich mal ein bisschen gewundert. Das ist ja das Problem dann immer auch, dass man es sehr verkopft angeht, dass man zwar sieht, was machen die anderen oder was sind anderen Märkten da, aber man geht dann nicht so sehr von den Nutzern aus, sondern von den Funktionen und von den Modellen, die die anderen machen und versucht, das dann umzusetzen. Also sie haben cool im Social-Bereich gemacht, sie haben cool eher in dem lokalen Lieferbereich gemacht, sie haben Richtung Chat getestet und eigentlich alle Richtungen, die man sich so vorstellen konnte. Das Problem dabei war, und ich glaube gar nicht so sehr, dass es jetzt an der konzeptionellen Schiene gescheitert ist, da kann man dazulernen und da macht man halt Fehler. Also zum Teil war es auch irgendwie in eine komplett falsche Richtung gerannt, hätte man nochmal komplett umbauen müssen. Aber die Entscheidung, die Enzalando irgendwann getroffen hat, ist, lohnt sich das? lohnt sich der Vermarktungsaufwand, den wir betreiben müssen, um so eine App zusätzlich zu unserem Zalando und zu unserer Zalando-App in den Markt zu bekommen. Und das ist Geld, Marketinggeld, das natürlich direkt in die Bottomline fließt. Das heißt, wenn du börsennotiert bist, und das war gerade, als sie die Initiative gestartet haben, als sie kurz nach dem Börsengang, da sind sie sowohl in Plattformrichtung marschiert, als auch in Mobile-Richtung. Wenn du dieses Geld quasi dann in der Bottomline rechtfertigen musst, dann tust du dich natürlich schwer, weil Zalando ist im Grunde ja gewohnt, ein Thema durch Marketing groß zu machen. Aber es muss irgendwie eine Perspektive haben. Und zu dem Schritt waren sie nicht bereit. Und das ist allgemein das große Problem im App-Bereich, dass das Marketing einfach unheimlich teuer ist. So Wish ist gerade so durchgekommen. Die konnten das App-Marketing nutzen, als Facebook noch vergleichsweise günstig war. Und haben deswegen unheimlich hunderte von Millionen in App-Marketing da gepusht.
Alexander Graf: Nur hunderte?
Jochen Krisch: Nur hunderte, ja genau. Aber sie unterscheiden jetzt so ein bisschen zwischen Kundenstamm und aktive Nutzer. Aber sagen wir mal, sie haben 500 Millionen Adressen, E-Mail-Adressen oder Accounts, die sie jetzt halt nutzen können. Und die sind ja gerade so am Umdrehen vom Marktplatz hin zu einem eher Local-Player mit lokalen Lagern und allem, was damit zusammenhängt. Und diesen Vorsprung haben die genutzt, im Prinzip das, was Zalando mit seiner TV-Werbung 2009 gemacht hat, 2009 bis 2010, 11, also dass man einfach sich da einen Kundenstamm aufbaut oder eine App-Nutzung, also eine App-Download-Geschichte abbaut, jetzt im Fall von Wish, und dann weitermachen kann. Und dazu war Zalando nicht bereit, deswegen ist das alles leider eingeschlafen. Der gängige Weg ist dann immer, und das ist bei anderen auch zu sehen, dann nehmen wir halt das, was wir in der Erfahrung gemacht haben, mit in unsere Haupt-App rein. Das Problem ist aber dabei dann auch tatsächlich, dass es einfach eine sehr überladene App sein wird und dass irgendwann nicht mehr klar ist, wofür steht es dann. Und der andere Punkt, den du angerissen hast oder der generell einfach das Manko ist, es wäre ja alles super schön, wenn diese Personalisierungsthemen und die Filterthemen wirklich funktionieren würden. Das ist worauf About Your Bout, das hast du am Nike Beispiel jetzt beschrieben, Aber das ist halt leider nicht so. Und da merkt man einfach immer auch noch die Schwäche und das bekommt niemand hin. Das bekommt auch ein Amazon nicht hin, dass du wirklich das Gefühl hast, das ist jetzt nur mehr die Produktauswahl, die für dich relevant ist. Der Vorteil ist ja, deswegen macht ja auch eine Nike das auf der App oder auch andere. Dass du da sicher gehen kannst, im Grunde ist das immer derselbe Nutzer, dieselbe Nutzerin, die das macht. Deswegen könntest du ja sehr viel stärker auch auf die Bedürfnisse eingehen. Du musst nicht immer die Sorge haben, dass dann noch jemand anders mitnutzt oder dass das irgendwie verfälscht wird. Also insofern, das sind alles so Herausforderungen. Nichtsdestotrotz plädiere ich sehr dafür, ein mobile adäquates Konzept sich zu überlegen und das dann voranzutreiben.
Joel Kaczmarek: Ihr Lieben, hier ist nochmal Joel von digitalkompakt und gerne möchte ich dir an dieser Stelle eine weitere Alternative in der aktuellen Marktplatzlandschaft mitteilen. Und das mit einer echt spannenden Zielgruppe, nämlich die junge Familie. Wir sprechen hier von über 7 Millionen aktiven Kunden. Denn der Partner, auf den ich hier hinleite, ist die MyToys Group mit den Shops MyToys, Mirapodo und Jomonda. Einer der größten E-Commerce-Player also in Deutschland. Denn mit insgesamt über 150 Marktplatzpartnern ist die MyToysGroup in allen Sortimenten wie Spielzeug, Fashion, Schuhe und Home & Living zu Hause. Ein spannender neuer Kanal, den du vielleicht bei deinen E-Commerce-Ambitionen bisher noch nicht auf dem Zettel hattest, aber dringend haben solltest. Und das Team freut sich echt auf einen direkten Austausch über gemeinsame Partnerschaften. Deshalb, wenn das für dich interessant ist, dann schau dir das Partnerprogramm der MyToysGroup jetzt einfach mal selbst an. Ich habe dir eine Weiterleitung eingerichtet unter digitalkompakt.de. Natürlich verlinke ich das auch in den Shownotes und alle Sponsoren findest du ja sowieso immer. Du kennst das auch auf unserer Sponsorenseite unter digitalkompakt.de. Ist es nicht, was Jochen gerade beschrieben hat, Alex, auch so das Kernproblem, dass man, also was du gerade gesagt hast, alte Händler und Legacy und Altlast, die machen natürlich solche Dinge nicht so gerne, weil Zöpfe abschneiden immer viel Geld kostet oder weil, was Jochen gerade beschrieben hat, diese ganze Entwicklung halt sehr, sehr teuer ist und man sich dann fragt, stecke ich das nicht lieber in mein Kerngeschäft, was gelernt ist, wo ich bin? relativ gut approximieren kann, welche Umsätze ich erzeuge, während das andere eher noch so ist mit einem Fragezeichen in der Zukunft. Also ich weiß, gerade Mobile war ja so, auch mit Aufkommen des iPhones hieß es ja irgendwie jahrelang, da kommt jetzt der Durchbruch, der kommt jetzt und der kam halt lange nicht und jetzt ist er halt doch da. Also das ist ja schon eine Wette, die ich platziere. Ist das nicht ein bisschen auch das Problem, also dass ich quasi qua denke, qua irgendwie Marketingplanung als Großer gar nicht so einfach in der Lage bin, diesen Weg zu gehen, den so eine Mobile-First-Firma easy gehen kann?
Alexander Graf: Jein. Also A ist es aus meiner Sicht keine Wette. Es ist total genauso klar, wie wir vor wahrscheinlich fünf Jahren gesagt haben, der stationäre Einzelhandel hat ein riesiges Problem. Er stirbt. Alle Händler müssen sich verändern. Können wir heute mit guter Gewissheit sagen, der Desktop-E-Commerce hat ein Problem. Wer sich da nicht ändert und Richtung mobil oder meinetwegen auch andere Devices orientiert, wird nicht mehr vorankommen. Und deswegen ist es aus meiner Sicht keine Wette. Das löst noch lange nicht das Problem, was ein Zalando oder andere Unternehmen heute haben, aus der Legacy-Denke herauszukommen. Das zweite kostet es viel Geld. Ja, gute Applikationen kosten enorm viel Geld. Ich finde ein gutes Beispiel, es geht dabei aber nicht um Design, ein gutes Beispiel ist Picnic. Picnic ist eine ganz hässliche App. Also wirklich nicht schön. Die ist reduziert auf genau das, was ich brauche für den Lebensmitteleinzelhandel mit ein paar tausend Euro. Also Artikeln, die ich auswählen muss. Also das kann man ja eins zu eins vergleichen mit der Rewe-App oder mit dem Rewe-Onlineshop, bei dem ich mich ja quasi durch die komplette Bananenkategorie noch durchklicken muss. Das macht halt wirklich gar keinen Sinn aus einer modernen, userfreundlichen Sicht. Und jetzt kann man ja live, wirklich live gerade verfolgen, wie sich ein Logistikunternehmen, ja, und ich glaube, Flaschenpost, ohne denen jetzt zu nahe zu treten, waren jetzt auch gerade im Kassenzone-Podcast, ist ja im Wesentlichen ein Top-Logistiker, der Getränke macht. Wie sich die jetzt über diesen mobilen Ansatz Richtung, ja, Voll- slash Teilsortiment LEH entwickeln, das ist auf jeden Fall möglich. Es tut, wenn ich als Unternehmen erkenne, dass ich zu langsam werde in der Adaption dieser Trends oder dieser Entwicklung, dann muss ich es auslagern. Dann muss ich sagen, okay, ich schneide mir jetzt einen Markt raus. Ich als Zalando nehme jetzt mal Österreich zum Beispiel. Ich treffe immer Österreich oder Belgien als kleine Märkte in Deutschland. Ich nehme jetzt mal Österreich und mache da den Job eigentlich zu und zwinge mich als Unternehmen, da neu zu denken und zu schauen, ob ich das gut durchhalten kann oder ob ich da vielleicht nach zwei Jahren besser bin, als ich vorher war mit einem hybriden Ansatz. Das ist eine Möglichkeit, die braucht erstmal ein entsprechendes Management-Backup. Das kann Zalando aber noch, weil es noch gründergeführt ist. Ein angestelltes Management könnte das nicht. Da gebe ich dir vollkommen recht, weil die müssen diese Bottenleim-Optimierung durchführen. Aber Robert Genz könnte das noch entscheiden. Ist gar kein Problem. Könnte sagen, okay, ich verzichte auf diese 15 Millionen Deckungsbeitrag, die mir Österreich jetzt pro Quartal bringt und mache jetzt Mobile-Only. Ist es schon möglich, aber es ist wirklich eins zu eins, ändert mich diese Diskussion an die Themen, die wir auch in verschiedenen Aufsichtsrats- und Beiratscalls haben, wo man dann schon merkt, so ja, stimmt alles. Ja, es kostet Geld. Ist es vollkommen unsicher, wann der Payback kommt? Wenn wir dieses Geld jetzt in unser altes Geschäftsmodell stecken, in die Investition in Preise zum Beispiel, also tiefere Preise oder ein besseres Kassensystem oder nochmal eine bessere Außenwerbung, ja, erzeugt in den nächsten 24 Monaten einen sicheren Payback. Aber wenn ich diesen harten Schritt, jetzt diese Wette mit Österreich oder dieses wirklich Radikale nicht gehe, dann habe ich wahrscheinlich keine Daseinsberechtigung mehr in zwei, drei Jahren und deswegen muss man das einfach so beobachten. Ich glaube, das muss man genauso deutlich sagen, wie ich es versuche auszudrücken, auch wenn wir jetzt auch nicht die besseren Produktmanager bei Zalando wären. Und das ist, glaube ich, auch genau die Erkenntnis. Es geht nicht um besseres Produktmanagement. Es ist ein bisschen ein Ansatz, wie setzt man das eigentlich auf im Gesamtunternehmen und wie hält man die Desktop-Leute zusammen. Früher waren es ja die Katalogleute, die genervt haben für die Online und heute muss man die Desktop-Leute so ein bisschen fernhalten. Wie hält man die eigentlich von dem Mobile-Only-Team weg?
Jochen Krisch: Lass mich vielleicht noch ein kurzes Beispiel geben, wie es auch geht oder wie es anders geht. Also für mich immer eines der besten Beispiele ist Kellersport, die einfach im Grunde auch zu klein sind für eine eigene App. im Handelsbereich, die es aber darüber gemacht haben, dass sie eine KellerSmiles-App gelauncht haben. Da geht es eigentlich eher darum, Punkte zu sammeln, Aktivitäten zu belohnen, sportliche Aktivitäten zu belohnen und dann zu überlegen, wie kann ich da mein Handelsgeschäft wieder reinbringen. Und zum Beispiel so ein Anbieter wie KellerSports hat sich in den letzten Jahren komplett gewandelt, haben sehr stark Richtung Kundenbindung gesetzt, haben ein Kundenbindungsprogramm, so eine Art von Prime-Programm, was für die sehr gut funktioniert, gemacht und haben einen komplett anderen Ansatz. Und dann haben sie natürlich eine andere Attraktivität für die Kunden und Und können dann so Themen wie KellerSmiles, was mit vielen Fitness-Apps verbunden ist, sodass man einfach auch die Daten bekommt, in die eigene App quasi einbinden kann und dann diese Aktivitäten belohnen kann. Das ist jetzt, um nur mal ein Beispiel zu geben, wie anders man auch denken kann und denken muss. Und das finde ich einen sehr smarten Ansatz und auch einen Ansatz, wo dann eine App erfolgreich werden kann, weil man andere Motivation hat, um das unter die Leute zu bringen. aber trotzdem erstmal auf seinem eigenen Kundenstamm aufbauen kann. Das ist natürlich für ein Handelsunternehmen sehr weit gesprungen, weil alle immer erstmal danach suchen, wie können sie denn mobile Umsatzanteile gewinnen oder Umsatz verlagern, Umsatz machen. Und bei Keller zum Beispiel ist es so, dass sie erstmal in Richtung Kundenbindung, Kundenaktivität, Kundenanknüpfungspunkte denken, was gut ist, weil gerade so ein Anbieter natürlich, Wenn die Leute nur zwei-, dreimal im Jahr bestellen, ja warum soll er dann eine eigene App nutzen? und was ist der Sinn und Zweck des Ganzen? Das heißt, die Denke muss eine komplett andere sein, ich muss eine andere Rolle im mobilen Verständnis bei den Kunden spielen und da finde ich das einen smarten Ansatz. Also ob der am Ende super ausgeht, weiß man nicht, aber sie bekommen regelmäßig Geld dafür, Kapital, um das Thema weiterzuentwickeln, also gehe ich mal davon aus, dass es auch… in den Finanzkennzahlen gut läuft. Und das ist für mich so ein wegenbeißendes Beispiel jetzt von dem bestehenden Player.
Joel Kaczmarek: Aber guck mal, Alex, wenn ich hier deine Social-Aktivitäten verfolge, dann kriege ich ja mit, dass du vor kurzem im schönen Karlsruher warst, bei den Kollegen von dm, bei dem Christoph Werner. Wenn der dich jetzt nach eurer Podcast-Aufnahme fragt, ja, Herr Graf, Sie reißen ja mit Ihren zwei Kollegen da im Podcast immer die Fresse auf. Jetzt sagen Sie mir doch mal, wie soll ich denn Mobile für dm machen? Gehst du dann zu dem hin und sagst, ja, machen Sie doch mal Slowenien irgendwie ihre ganzen Desktop-Umsätze zu und machen da nur App? Was sagst du denn dem? Also das ist ja jetzt wirklich ganz alte Welt sozusagen, weil man da noch stationär dabei hat. Wenn du jetzt am Ruder wärst, für DM die Mobile-Strategie zu verantworten, was würdest du da tun?
Alexander Graf: Erstmal sage ich nicht mehr, was gemacht werden muss, sondern ich sage nur, wie es gemacht werden muss, weil das Team von DM und insbesondere Christoph Werner hat wahrscheinlich schon eine ganz, ganz eigene Vorstellung, wie man das Unternehmensmotto, hier bin ich Mensch, hier kaufe ich ein, auch mobil macht. Ohne Rabattdruck in der App zum Beispiel. Das ist so ein USP, den die haben. Und es ist tatsächlich so, ich weiß nicht, habt ihr die DM-App auf eurem Handy mal installiert? Ich habe das hier vor dem Podcast tatsächlich mal gemacht. Wisst ihr, was ihr in dieser App findet? Also erstmal hat die App ganz viele Downloads. Ich bin ja im Android-Umfeld und da hat sie über eine Million Downloads, mein DM und 4,8 Sterne, also relativ gut. Also das muss ja dann eigentlich ein Mobile-First-Player sein. Das muss ja im Grunde eigentlich schon so sein wie Wisch. Die DM-App. Und für DM wäre es eigentlich auch sogar cool, sowas zu bauen, weil bisher hat ja der Online-Anteil auch vor Click & Collect gar nicht so eine hohe Relevanz. Man hätte das ja super krass testen können. Wenn ich die App jetzt aber aufmache, dann sehe ich da eine Liste großer Kategoriereiter. Ich halte euch mal das kurz in die Kamera. Gucken, ob es hier ein bisschen scharf wird. Das können jetzt die Leute im Podcast nicht sehen. Ah, jetzt müsstet ihr was sehen. Richtig? Ja, so. Und da sehe ich dann die Kategorien meine Produkte, Pflege, Parfüm, Make-up, Haare, Baby, Kind, Gesundheit, Haushalt, Ernährung, Tier. Und da kann ich dann auf die Produkte klicken und komme dann quasi in immer weitere Filter, bis ich quasi einmal zu dem Produkt runtergekommen bin. Also ich habe wahrscheinlich so fünf Klicks, bis ich auf einer Kategorie-Seite lande. Macht eigentlich gar keinen Sinn, aus der Argumentation, die wir bisher vorgebracht haben. Aber, und da muss man natürlich Christoph Werner recht geben, die App ist extrem gut bewertet. Sie funktioniert für die Kunden, die DM heute anspricht. Die haben natürlich das ganze Thema auch sehr crossmedial, also im Wesentlichen durch ihre Schaufensterscheiben auch beworben. Der klassische stationäre DM-Kunde ist dort dran. Würde jetzt ein klassischer Picknick- oder Flaschenpostkunde das gut bewerten? Wahrscheinlich nicht. Jetzt ist es so ein bisschen der Spagat. So, konzentriere ich mich auf die zwei, drei Millionen Kunden täglich, die in den DM-Reihen laufen, die mir heute das Geld bezahlen. bringen oder konzentriere ich mich sozusagen auf die Lester-Schwestern. Joel, Jochen, wobei Jochen ja nicht so viel online bestellt hat, hat er ja schon mal gesagt, aber Joel und Alex, die sowieso keine Markenbindung zu DM haben, die einfach dort ihre Handcreme kaufen, wo sie gerade sind. Kann Rossmann im Bahnhof sein, kann aber auch irgendwas anderes, kann auch der Kiosk sein. So, und um da auf deine Frage zurückzukommen, in den Chefsessel setzen müsste, ja, da würde ich sagen, okay, ja fair, da muss ich wahrscheinlich die klassische Meine-DM-App genauso machen, wie sie heute aussieht. Vielleicht noch ein bisschen optimieren, wenn das den Kunden gefällt, aber würde links daneben eine reine Online-Marke aufbauen oder einen Pure-Online-Player kaufen, der vielleicht nur ein begrenztes Sortiment von mir vermarktet, aber dann die Joels und Alex richtig abholt. Das wäre meine heute nach der Diskussion, wir haben ja keine DM-Strategie hier live im Podcast, aber so würde ich da glaube ich rankommen. Und vielleicht machen sie das ja auch, das wissen wir ja gar nicht. Wir haben ja nur nach DM gesucht, aber wir wissen ja gar nicht, ob sie eine reine Vielleicht nicht sogar sowas schon machen. Und das Gebäude in Karlsruhe, was sich da die EM gebaut hat, so eine klassische alte Firmenzentrale, also neue Firmenzentrale, aber im Vor-Covid-Muster, würde ich mal sagen, heißt Dialogicum. Und vielleicht gibt es da schon Leute, die sich genau darüber Gedanken machen. Und jetzt müsste es Christophs Aufgabe sein, ein Teil dieser Bottomline zu nehmen und sagen, okay, stelle hier x Millionen ab über mehrere Jahre und versuche mal in dieser Wish-Welt den Instagram-Kunden abzuholen. Könnte sein, dass das gut ist und gut funktioniert, aber durch ein App-Review, ich glaube, Jochen hat ja irgendwann mal angefangen mit diesem Thema, so App-Reviews, irgendwie ein bisschen eingeschlafen bei Exciting Commerce, aber ein App-Review bei der DM-App nach den Maßstäben, die wir hier gerade beschrieben hätten, würde wahrscheinlich desaströs ausfallen.
Joel Kaczmarek: Aber holen Sie doch nochmal ein Stück weit mehr ab. Punkt verstanden. Also auch mit schlauer Strategie, finde ich, oder schlauer Gedanke. Wie sähe denn die DM-App aus, wenn Picknick die gemacht hätte?
Alexander Graf: Wie Picknick?
Joel Kaczmarek: Ich habe Picknick zum Beispiel nicht, weil Picknick lief ja bei mir nicht. Sag doch mal den einen.
Alexander Graf: Vielleicht spulen wir mal einen Schritt zurück. Wie ist denn Picknick entstanden? Picknick ist ja nicht entstanden, indem sich da irgendwie drei junge Studenten… hingesetzt haben und gesagt haben, wie muss Lebensmittellieferung der Zukunft aussehen, sondern das war das ehemalige Fred Hopper Team, die haben finanziell schon ausgesorgt und die haben ein Jahr Zeit gehabt mit mehreren Dutzend Leuten um, klar, die haben das ganze Thema Lagerverwaltung natürlich auch selbst gemacht, die haben ihre Elektrofahrzeuge, mussten sie da irgendwie zusammen löten und diese Boxen da. Auch ein bisschen einpassen, das ist ein sehr vertikaler Lieferansatz. Aber die Hälfte des Picknick-Teams sind IT-Leute. Die arbeiten also an den Prozessen und an der Applikation. Und die haben sich genau gedacht, wie möchten wir in Zukunft einkaufen? Wie möchten wir unsere Lebensmittel erhalten? Und genauso müsste man sich ja auch im Drogerie-Bereich hinsetzen und überlegen, bin ich als Kunde in Zukunft eigentlich noch bereit, diese künstliche Trennung zwischen Supermarkt und Drogerie hinzunehmen? Das ist ja ein Modell, das gibt es ja gar nicht weltweit. Also dieses Drogerie-Konzept, Wie wir das in Deutschland haben, das gibt es ja nur in wenigen Staaten. So, gibt es diese Ausnahme in Deutschland auch in Zukunft? Sind Leute bereit, eine andere Marke für ihre Drogerieprodukte wahrnehmen zu wollen, als für ihre Lebensmittelprodukte, also für das, was sie essen wollen? Das wäre Frage 1. Würde ich massiv hinterfragen, ob das so ist. Wenn das aber so ist und ich glaube, dass das Drogeriekonzept noch eine Lösung nach vorne hat, würde ich mir im zweiten Schritt überlegen, sind es auch noch die Kategorien, die bisher in Drogerien aktiv waren, also Gesundheit, Haushalt, Baby und Pflege. Das sind, glaube ich, die Kategorien, über die Supermarket sind. Oder besetzt ein anderer Anbieter diese Kategorien möglicherweise besser? Wahrscheinlich würde ich mich konzentrieren auf Pflege und Gesundheit und den Rest den Anbietern überlassen, die irgendwie mal ein Kehrblech und Klopapier besser an den Endkunden schicken können als ich. Und da würde ich dann mein Sortiment ausbauen und sagen, okay, ich möchte nicht nur 20 Handcremes, ich möchte alle 200 Relevanten dieser Welt und ich möchte vielleicht Jochen, der Handcreme-Fetischist ist, da ein ganz anderes Angebot bereitstellen als Joel. So muss ich rangehen an die Produktentwicklung und komme dann mit verschiedenen Apps am Ende des Tages raus. Also für verschiedene Kohorten muss ich mich dann entscheiden, so, welche Kohorte ist eigentlich die erste, die ich ansprechen will und für die baue ich diese Lösung. Und das sind möglicherweise nur 5% der heutigen DM-Kunden. Und das ist halt das Problem mit dieser Legacy. Aber für diese 5% der Kunden habe ich dann vielleicht ein überragendes Produkterlebnis und auch ein überragendes Liefererlebnis.
Joel Kaczmarek: Aber der Christoph Werner, sagst du doch bei mir im Podcast auch, das sei ein bisschen wie so ein DJ, der zwei Songs zueinander überführt. Du musst es irgendwie abmischen, sozusagen rüberführen. Dem verkaufst du jetzt, dass er für quasi 5% seiner Zielgruppe eine eigene App konzipieren muss, in die er wahrscheinlich so und so viel Millionen Euro Bottomline reinsteckt. Also warum ist das relevant für dich?
Alexander Graf: Weil ich eben nicht an diese DJ-Analogie glaube. Ich glaube, die ist falsch. Das ist ja der Fehler, den die meisten Legacy-Unternehmen machen und sagen, ich möchte eigentlich mein altes Modell, jetzt mal Sortiment, Ausrichtung, stationär oder nicht stationär, mal vollkommen egal, ich möchte das eigentlich eins zu eins überführen in einen neuen Kanal. Aber dieser neue Kanal hat ja diese Trennung nicht mehr zwischen Lebensmittel und Handcreme oder Zahnpasta und Lippenstift. Der Kunde ist ja woanders, der muss ja ganz anders abgeholt werden. Deswegen sind es eben nicht zwei Songs. Der alte Song, der hört irgendwann auf zu spielen. Also soweit würde ich die Analogie mitgehen, ja.
Joel Kaczmarek: Aber trotzdem würde er dir doch die Frage stellen, also du sagtest ja vorhin, das ist für dich keine Wette, sondern es ist klar, dass das kommen wird mit Mobile, aber wir reden ja über Zielgruppen eigentlich und das, was ja gerade passiert ist, dass er quasi jetzt animiert würde. Für eine Zielgruppe, die bei ihm wahrscheinlich noch relativ wenig Bewegung macht, eine große Wette zu platzieren. Während er sagt, nee, ich gehe doch lieber hin und nehme meine schon kaufende Zielgruppe und beflastere die, indem ich die App sozusagen nach denen ausrichte. Ist das so eine abwegige Strategie?
Alexander Graf: Ja, also wenn das die Strategie sein sollte und möglicherweise ist sie das, ist es die Entscheidung für das sichere Ausscheiden am Markt. Diese Entscheidung haben viele berühmte andere Unternehmerfamilien wie die Familie Schickedanz auch schon getroffen. Sie wäre also nicht revolutionär, sie wäre sogar nachvollziehbar, aber er kann natürlich auch sagen, die spinnen ja wohl alle, ich muss hier das Unternehmen mit, ich weiß gar nicht wie viele Leute, 60.000 Leute oder so, muss das hier die nächste Generation führen, ich brauche die Filialen, ich will das alles einbinden. und wenn man aus dieser ja auch total nachvollziehbaren Transformationsperspektive kommt, kann ich das alles nachvollziehen, aber ich habe mittlerweile eine sehr hohe Demut gegenüber der Geschwindigkeit, die der Markt sich verändert. Und gegenüber neuen Modellen. Deswegen ist diese Aussage, dass das ein neues Modell, ein besserer, möglicherweise mobiler Player übernimmt, finde ich total valide. Und da würde Christoph oder auch Raoul Rossmann sagen, das unterliegt aber dem Winners-Bias. Ja, Amazon hat es vielleicht gewonnen, aber das haben auch viele andere probiert und haben ganz, ganz viel Geld verbrannt. Das darf man also nicht zu ernst nehmen. Das ist ja das Argument der gestandenen Unternehmer, die das ja immer aus dem eigenen Cash, ja quasi, anstatt das dritte Golfhotel zu bauen, müssen sie ja jetzt noch ein B2C-Logistiklager aufbauen, das ist natürlich schwer und auch eine harte Entscheidung, verstehe ich alles, aber die unterstellen, dass da diesen Winners bei ist. Stimmt ja auch, bleiben ja auch viele liegen, aber einer gewinnt trotzdem und das ist halt eben nicht der Legacy-Player in der Regel.
Joel Kaczmarek: Jochen, wie siehst du das denn, was unser zynischer Freund aus dem Norden hier so von sich gibt?
Alexander Graf: Das ist nicht zynisch, das meine ich genauso, wie ich es gesagt habe.
Jochen Krisch: Naja, ich sehe es ja im Zweifel immer noch extremer. Das ist ja so das Problem dabei. Also das Problem ist ja, das Problem, was die M hat, ist ja nicht ein Mobile-Problem, sondern die Läden. Und wer will sich in Corona-Zeiten noch durch die engen Gänge zwängen und das machen? Das heißt, mein Rat würde ja gar nicht anfangen bei der Mobile App, sondern sich zu überlegen, immer wieder zurückkommend, auf welche Rolle will ich spielen und im Grunde die Hälfte der Läden zumachen bzw. als Dark Stores machen und von da aus lokale Lieferservices anbieten. Das wird sich wahrscheinlich nicht rechnen, weil die Läden dann doch noch in zu guten Lagen sind, aber man könnte sie ja auch in die Hinterhöfe oder wo auch immer verlegen, wo jetzt auch andere Newcomer starten. Und dann hat man einen komplett anderen Ansatz. Und dann ist die Rolle eine andere, dann spielt auch eine App eine größere Rolle. Und dann könnte man aber andere Bedürfnisse angehen, man könnte zum Teil auch die Sortimente anders ausrichten. Und das ist ja gar nicht gesagt, das ist ja eine reine Einkaufs- oder Händlerdefinition, die Alex jetzt beschrieben hat. Es kann ja sein, dass das TM im Norden eine andere Rolle spielt als im Süden, im ländlichen Raum eine andere Rolle als im städtischen. Das heißt, danach könnte man das ja ausrichten, wenn man es lokaler letztendlich bauen kann. Und ich finde auch, man kann Mobile schlecht ohne Logistik oder letzte Meile denken, weil da wird letztendlich die Schlacht geschlagen. Alle Mobile-Player, die jetzt kommen, haben die letzte Meile sehr gut wahlweise im Griff oder zumindest im Blick und überlegen sich, wie sie da Last-Mile-Services bauen können, die einfach über das hinausgehen, was andere machen. Und so muss man ein Picknick verstehen, in die Richtung geht Wish jetzt in der neuen Ausrichtung weiter. Und alles, was da an neuen Playern kommt, haben das, haben zum Teil eigene Lieferflotten oder koordinieren zumindest Lieferflotten. Und ich glaube, deswegen kann man es aus sich nicht so einfach machen und jetzt nur sagen, wie muss eine schicke neue App aussehen und wie ist die bewertet, sondern die Frage wird immer sein, welche Rolle hat diese App, also ist sie in den Lebensalltag der Nutzer integriert? Das kann über Kundenbindung sein und ich würde sogar sagen, das würde ich einem DM oder auch den Drogerieanbietern zugutehalten, dass sie ja vieles in Sachen Kundenbindung über die App machen. Und das ist so ein bisschen das, was ich bei Kellersports beschrieben habe, aber schon eben viel länger und schon viel gelernter. Und auf dem könnte man aufbauen. Aber ich glaube nicht, dass man da unbedingt, also manche haben schlecht erfahren gemacht, dann ein Shopping-Angebot zu integrieren. Aber zum Beispiel ein Lieferservice-Angebot zu integrieren, wäre um einiges leichter. Aber im Grunde da stimme ich Alex zu. Sie müssen halt sehr über den Schatten springen. Und sie müssen im Prinzip ein komplett neues Feld, neues Fass aufmachen und da auch erstmal Erfahrungen sammeln. Aber auch da folge ich Alex' Argumentation und zwar nicht länderspezifisch, sondern regionspezifisch. Was wäre denn, und die EM zum Beispiel ist glaube ich nicht in allen Regionen gleich stark vertreten in Deutschland. Wenn man sich bewusst eine, wo man unterpräsentiert ist, raussucht und sagt, okay, da ist die M eben nicht der Laden um die Ecke, sondern da ist die M der vergleichsweise schnelle Lieferservice, wo man dann die Produkte aus der Kategorie bekommt. Also auch da hätte man Testmöglichkeiten. Das Problem, und ich glaube, das ist im Mobile noch viel stärker als im E-Commerce, dass man im Mobile immer versucht, nationale Konzepte auszurollen auf einmal und das geht so nicht, sondern alles, was da jetzt auch entsteht, entsteht lokal, regional, auch ein Flaschenpost ist ein gutes Beispiel, ein Picknick ist ein gutes Beispiel, das ist auf sehr beschränktem Raum, wird das getestet, ausprobiert und dann genutzt, also das ist eine andere Denke. dann.
Joel Kaczmarek: Ja, stimmt. Das ist ein interessanter Gedanke mit dem Regional. Man denkt wirklich, hast du recht, das ist eine gute Beobachtung, dass man bei App irgendwie immer dann denkt, dass man alle mit treffen muss sozusagen. Abschließend, ich hatte es ja in der Einleitung auch mal angerissen. Lass uns doch noch mal ein, zwei Sätze über Payment auch verlieren, weil das macht ja durchaus auch was aus. Und ich glaube, Alex hat ja auch gesagt, er freut sich, wenn PayPal eingebunden ist in den Apps. Payback, Payback.
Alexander Graf: Also wenn Payback eingebunden ist und PayPal natürlich.
Joel Kaczmarek: Habe ich Payback gesagt? Habe ich nicht PayPal gesagt?
Alexander Graf: Nee, du hast PayPal gesagt, aber es ist richtig, ja.
Joel Kaczmarek: Gut, soviel zu meiner Neutralität. Da wir mit Payback zusammen einen sehr schönen Podcast produzieren. Geschätzte Kollegen, aber back to topic. Payment, welche Relevanz ordnet ihr dem denn zu im ganzen Mobile-Game?
Jochen Krisch: Naja, es dreht sich da gerade. Also die Payment-Anbieter wollen aus dem Checkout raus und mit eigenen Apps selber in die Shopping-Sphäre einsteigen, sage ich jetzt mal. Das sieht man bei Klarna, sieht man es eigentlich mit am besten. In Asien sieht man es noch mehr bei Alipay und bei anderen. Das möchte ich jetzt mal ausklammern. Wenn man nur Klarna als Beispiel nimmt, mit welcher Macht die versuchen, jetzt in Anführungszeichen eine coole, in Anführungszeichen smooth Shopping, App in den Markt zu drücken. Mehr noch in den USA, weil da Buy Now, Pay Later noch nicht so etabliert ist wie bei uns über Kauf auf Rechnung. Da können sie es viel stärker nochmal in anderen Nutzen auch klar machen, dass man sagt, okay, kauf doch mal bei irgendeinem Händler, aber überleg dir dann, wie du zahlen willst in unserer App, indem du dann eben per Raten zahlst oder eben was auch immer. Also da gibt es ja dann alle Möglichkeiten, die man hat. Und im nächsten Schritt dann eben die Händler auch einbindet und dann wird man motiviert, innerhalb der Klana App einzukaufen und das zu machen. Und das ist jetzt Eine Wette erstmal, also ich würde jetzt noch nicht sagen, dass sie durch sind, aber das ist schon ein Thema, was man im Auge behalten soll. Weil je stärker ein Payment-Anbieter ist, und PayPal ist das andere Beispiel, die kommen über Venmo, ist ein Service, den sie gekauft haben, wo man sich untereinander Geld überweisen kann, Rechnungen teilen kann und solche Sachen machen kann, kommen die in den Markt und auch da sind sie einfach mit ihrer App sehr nahe an der Zielgruppe dran. Und dann versuchen sie natürlich wahlweise Gutscheine oder irgendwann dann eben auch Produktverkäufe einzubinden. sodass das quasi dann die Shopping-Plattform ist. Und die Frage ist jetzt aus Kundensicht betrachtet. Aus Händlersicht ist das erstmal ganz weit weg als Thema und vielleicht ist das gar nicht so der direkte Wettbewerb. Aber aus Kundensicht, was ist einfacher? Gehe ich in meine Payment-App und kaufe da ein oder gehe ich in meine Amazon-App und kaufe da ein? Weil ich im Zweifel weiß, in der Payment-App habe ich mehr Anbieter, ich bekomme mehr Services, ich bekomme Schnäppchen, ich profitiere einfach mehr davon. Und deswegen ist das, finde ich, ein Marktsegment, das man sehr genau beobachten muss. Und um noch einen kurzen Schlenker zumindest nach China zu machen, weil Alipay jetzt ja gerade über die Ant Group an die Börse geht und auch Unterlagen veröffentlicht hat und dadurch hat man sehr viel mehr Einblicke bekommen, dann sieht man auch, was Alipay inzwischen ist. Dass es eben nicht mehr eine Payment-App nur ist, sondern dass es im Prinzip ein Finanzdienstleister ist. Du kannst Tagesgeld anlegen, du kannst Versicherungen abschließen, du kannst alles Mögliche machen. AliPay versucht sich jetzt natürlich nicht so sehr an Shopping-Dinge, die über AliExpress und über die Alibaba-Services angelegt sind, zu positionieren. Aber alles, was zu einem täglichen Bedarf an Anwendungen da wäre, wollen die in die Payment-App reinbringen. Und deswegen ist das für mich, wenn ich jetzt Richtung Mobile Zukunft denke, schon etwas, was man sich klarmachen muss. Auch finde ich, weil bestimmte Anwendungen, Händler sehr naiv damit umgehen, mit welchen Payment-Anbietern sie arbeiten, wie weit sie die reinlassen und ein bisschen übersehen, dass die im Grunde, also wenn sie eine gute Marke haben, in einer zunehmend mächtigeren Position sind, einfach gerade mobile das Ding selber zu machen. Das ging im Web nicht so schön, mobile geht das.
Joel Kaczmarek: Herr Graf, sehen Sie das auch so?
Alexander Graf: Ja, also Ich habe deswegen auch Payback gesagt, weil das ja eine, das ist jetzt keine Payment-App, aber das ist eine Loyalty-Programm-App. und die erzeugen schon auch über ihren eigenen Marktplatz. Der ist jetzt natürlich vielleicht jetzt für uns nicht täglich relevant, aber die haben natürlich dieses Thema, hier kannst du mit Rabatten oder arbeiten, hier hast du quasi ganz, ganz tolle Angebote. Das erzeugt natürlich in bestimmte Klientel eine extrem große Sogwirkung. Sonst würden die ja nicht so einen großen Umsatz darüber hebeln. Und das finde ich auch ein Beweis zumindest für diese Kohortenthese, dass da quasi ganz viele verschiedene Kundensegmente in dem Markt unterwegs sind, für die vielleicht diese 5% Rabatt oder 2% Rabatt total wichtig sind, die dann über das Convenience-Argument von Amazon ausstechen. Ich merke natürlich selber, dass ich PayPal viel öfter jetzt nutze, um mir Geld hin und her zu überweisen, aber für mich ist es jetzt noch kein Marktplatz und das ist jetzt so ein bisschen natürlich wissen Dritter, wenn ich da über die Schulter schaue, was passiert da von Alipay und Co. Und Jochen hatte das ja gerade im Blog ja auch aufbereitet. Das ist wirklich extrem empfehlenswert, mal sich diese Börsenunterlagen anzuschauen. Also was ist eigentlich möglich und wie kann man dieses Nutzerverhalten für sich ausnutzen? Deswegen ja, also die These ist auf jeden Fall sehr valide. Die sind schon sehr nah am Kunden. Die könnten vielleicht sogar mal Amazon hier und da was abjagen, weil sie weil sie vielleicht einen noch besseren Filter über die Produkte legen könnten. Es ist, glaube ich, in Deutschland noch ein bisschen weiter weg, aber es gibt halt noch mehr von diesen Apps oder Nischenanbietern, die früher aus diesem Affiliate-Bereich kamen, da wo es halt so Cashback, Kickback-Angebote gibt. Man spart, indem man über diese App kauft, kriegt man einen Teil der Affiliate-Gebühr zurück. Da gibt es schon eine Zielgruppe für, die dafür geeignet ist. Es ist nah an Payment dran. Deswegen ja, ich glaube, das ist möglich. Ob es jetzt ein Klarna schafft, die ja auch schon ein etwas älterer Zahlungsmittelanbieter sind, weiß ich nicht, aber es ist ein Versuch wert.
Jochen Krisch: Also mir geht es ja vor allen Dingen auch darum zu verdeutlichen, dass man den Mobile Space nicht zu eng definieren sollte. Man sollte nicht nur auf die Konkurrenz gucken und im E-Commerce quasi auf Mobile Shopping gucken, sondern man sollte auch über die Grenzen schauen. Und die eine Grenze ist ja Payment, die andere Grenze ist, wenn Facebook seine Shops und Instagram und WhatsApp seine E-Commerce Aktivitäten aufbauen oder Pinterest, um nicht nur in einer Familie zu bleiben. Die machen das auch. Also die versuchen jetzt quasi über die Social-Media-Aktivitäten einfach die Produktumsätze näher heranzubringen. und aus meiner Sicht die größte Gefahr ist da, aus Sicht der Bestehenden, die ganze Influencer-Welle, die man ja auch immer versucht schon wieder als klein zu reden oder als abklingend zu definieren. Aber das sind Verkäufer. Wenn die gleich einen Job haben oder eine Möglichkeit, um Payment und die Produktlieferung anzubieten, dann sind die am nächsten dran am Kunden. Und das sind für mich so zwei Welten, die sich auftun, also schon bestehende jenseits des Allem, was wir sonst so besprochen haben, jetzt auch in der Ausgabe. die für mich da mit reinzählen. Weil mein Horrorszenario in Anführungszeichen ist immer, lass es bei Instagram klappen, lass den Shop da integrierbar sein, dann kann Instagram die bessere Plattform sein als Amazon. Und dann wäre die ganze Facebook-Instagram-Gruppe sogar eine Gefahr. jetzt, um quasi in der Mobile-Welt der führende Online-Shopping-Anbieter. Deswegen sehe ich das nicht immer nur als Gefahr jetzt für die Kleinen, sondern auch die Großen. Denn Amazon hat mobile im Prinzip keine wirkliche Lösung, außer dass es das bestehende Angebot in eine App oder in eine mobile Umgebung verpflanzt. Und das reicht im Grunde nicht. Also Amazon hat in keinster Weise eine mobile DNA und die anderen haben das. Die arbeiten eben über Streams, Feeds, die arbeiten jetzt über diese Live-Komponenten und die Experience ist einfach eine komplett andere. und die Leute sind das natürlich dann auch gewohnt, jetzt nicht die Alten. Jetzt haben wir ja vorhin über, naja, DM ist jetzt nicht unbedingt alt, weil die Leute natürlich auch kaufen. Also es ist generationenübergreifend, weil man ja auch Kinder hat und braucht. Also ich möchte sie stationär nicht älter machen, aber das ist eine andere Klientel.
Alexander Graf: Ich finde, dass Amazon, Amazon hat das Problem noch viel krasser als DM, weil wenn Amazon jetzt sieht, Live-Shopping funktioniert jetzt deutlich besser. Also was wir jetzt in China sehen, irgendwelche Influencer stellen Produkte vor und dann wird es gekauft. Was ist Amazons Antwort bisher gewesen? Wir kaufen einen Live-Shopping-Anbieter und integrieren ihn in unsere App. Noch ein weiterer Menüpunkt, noch ein weiterer Reiter, irgendwo in der App versteckt. Und das hat jetzt die letzten zehn Jahre schon überhaupt nicht gut funktioniert, aber sie haben offensichtlich noch keine bessere Antwort gefunden, was mir schon viel Hoffnung gibt und auch viel Zuversicht, dass der Markt sich in diesem Bereich nochmal aufbricht. Das Webshop Game hat Amazon gewonnen, aber genauso wie Kaufhof Karstadt irgendwann mal der größte stationäre Anbieter war, spielt das halt irgendwann keine Rolle mehr. Und das ist ja eigentlich ganz cool. Das ist ja eigentlich eine gute Botschaft auch an die Hörer, dass man da, wenn man progressiv rangeht und ohne in Anführungsstrichen Legacy dort denken kann, dass man da ganze Märkte wieder für sich neu erobern kann.
Joel Kaczmarek: Also nehme ich aus unserer heutigen Folge ein Stück weit mit. Desktop ist sozusagen das neue Stationär.
Jochen Krisch: Ja, leider.
Alexander Graf: Ja, das kannst du so machen. Ja.
Joel Kaczmarek: Hervorragend. Aber ich meine, es waren ja viele spannende Denkanregungen drin. Also sowohl Apps regional zu denken und nicht national. Als Amazon sich mal zu fragen, habe ich irgendwie mobile Szenarien überhaupt im Griff, weil die immer nur als Menüpunkt reinzufropfen, finde ich auch interessant. Ja, der liebe Christoph Werner hat, glaube ich, auch ein bisschen was zum Nachdenken bekommen. Der Arme, dem klingeln heute bestimmt die Ohren. Der sei gegrüßt herzlich. Aber ja, es hat viel Spaß gemacht. Haben wir noch was Wichtiges vergessen?
Alexander Graf: Ich finde übrigens die M viel besser als Rossmann, wollte ich dir nochmal sagen.
Jochen Krisch: Ob das jetzt noch hilft.
Joel Kaczmarek: Ach ja. Gut, meine Freunde aus dem Norden und aus dem Süden. Vielen, vielen Dank euch beiden. Auf bald. und ja, ich weiß gar nicht, was soll ich jetzt noch sagen, Alex, nachdem man hier so zynisch die armen Rossmänner
Alexander Graf: Was heißt denn hier zynisch? Ich finde, wir geben hier eine Art Lebenshilfe. Die kann man annehmen oder eben nicht.
Joel Kaczmarek: Ja, auch Ratschläge sind Schläge, ne? Macht's gut, ihr beiden.
Alexander Graf: Danke.
Jochen Krisch: Also tschüss. Hey! Hey! Hey!
Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um E-Commerce: Joel trifft sich regelmäßig mit den beiden E-Commerce-Experten Alexander Graf (Kassenzone, Spryker) und Jochen Krisch (Exciting Commerce, K5) um ihr Wissen zu bündeln. Gemeinsam nehmen die drei dich mit auf eine Reise zu spannenden Tiefenanalysen, Strategiediskussionen und Praxiseinblicken des Onlinehandels. Ein wahres Feuerwerk zwischen drei Experten, die scharfe Thesen formulieren und lebhaft miteinander diskutieren.