Geldknappheit? 😱 Was passiert mit Händlern für Lifestyle-Produkte?

13. September 2022, mit Joel KaczmarekAlexander GrafJochen Krisch

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Intro: digital kompakt. Heute aus dem Bereich E-Commerce mit deinen Moderatoren Joel Kaczmarek, Alexander Graf und Jochen Krisch. Los geht's.

Joel Kaczmarek: Hallo Leute, mein Name ist Joel Kaczmarek. Ich bin der Geschäftsführer von Digital Kompakt und habe mal wieder die beiden E-Commerce-Grande an meiner Seite, die da lauten der liebe Jochen Krisch von Excited Commerce bzw. K5 und Exchanges und Alex Graf von Spryker bzw. Kassenzone. So, und wie es immer so ist, wir schauen uns die Welt an, gucken, was so passiert. und dann haben wir uns überlegt, Leute, was ist denn eigentlich los, wenn man heutzutage im Handel aktiv ist und verkauft eher so Lifestyle-Produkte? Also solche Produkte, die man in der aufkommenden Rezession eigentlich nicht so sehr braucht. Was eher so ein Luxusgut ist, was man vielleicht nicht kauft, wenn man gerade sich den Butterpreis genau anschaut. Und deshalb wollen wir heute mal darüber reden, was passiert denn eigentlich mit HändlerInnen für Lifestyle-Produkte. Das heißt, wir werden ein bisschen drüber sprechen. Wird sowas wie Secondhand und Refurbished wieder hochkommen? Nimmt das Billigsegment wieder Fahrt auf und und und? Und natürlich ein paar Beispiele durch die Linien. Und darauf freue ich mich schon. Ihr beiden, moin, schön, dass ihr da seid.

Jochen Krisch: Hallo, schön.

Alexander Graf: Schönen guten Tag.

Joel Kaczmarek: Hat sich denn euer Kaufverhalten dieser Tage schon verändert?

Alexander Graf: Nee. Bei mir nicht.

Jochen Krisch: Nicht wirklich.

Alexander Graf: Aber ich habe auch eine Wärmepumpe. Mein Schwiegervater, der das Haus vor 40 Jahren gebaut hat, hat schon eine Wärmepumpe damals eingebaut. Eine Sonde mit Bodensonde, die ist besonders effizient. Ich mache mir also keine Sorgen über Strom- und Gaspreise.

Joel Kaczmarek: Okay, aber ich glaube, ihr seid jetzt eh nicht so die Commerz-Junkies, sondern ihr seid eher mit Bedacht am Kaufen. Vielleicht fangen wir mal sonst mal an mit einer ersten Marktwahrnehmung. Also was beobachtet ihr denn so im Handelssegment derzeit? Wie ist so die Stimmungslage? Fühlt es sich wirklich schon so ein bisschen an nach Torschlusspanik, nach Rezession, nach oh Gott, oh Gott, jeder Euro wird umgedreht und es wird voll das Krisenjahr, was jetzt alles vor uns liegt? oder ist es noch in so einer abwartenden Übergangshaltung?

Jochen Krisch: Die Effekte sind schon so. Also da wir ja aus einem Überschwang kommen, sage ich jetzt mal, wirkt das natürlich doppelt negativ und alle sind schon sehr vorsichtig unterwegs, merken natürlich die gedämpfte Nachfrage, haben einerseits den Corona-Effekt noch und andererseits aber schon jetzt einerseits die Inflationsthematik, andererseits aber auch die Nachschubthematik. Also insofern ist das alles gerade schon sehr vorsichtig reagiert wird, oder sagen wir mal umsichtig. Also nicht, dass Panik ausbricht, aber die Wahrnehmung ist ja auch so, also auf den Onlinehandel wird ja sehr skeptisch gerade geguckt, ob der seine besten Tage schon gesehen hat. Hatten wir in der letzten Ausgabe ein bisschen auch gesprochen. Und ich bin hin und her gerissen, also muss ich ehrlich sagen, weil wir haben ja trotzdem immer noch, also Onlinehandel ist nicht das dominierende Segment im Handel und ich bin da ein bisschen optimistischer für den Onlinehandel, aber man merkt glaube ich schon die anderen Präferenzen der Kunden, der Besteller und darauf versuchen sich alle mehr oder weniger gut einzustellen, was ja gerade möglich ist.

Alexander Graf: Ich finde es faszinierend, dass gerade so wenig planbar ist. Also nach der Online-José gab es ja so diese Rückkehr in den Laden so zwischen April und Juni. Danach sind die Werte ja auch schon wieder unter Vorjahr gefallen, also eigentlich unter das Corona-Jahr. Dann gab es diesen Sondereffekt Reise-Nachholung. Also alle Leute haben möglichst viel Geld dafür ausgegeben, jetzt doch noch schnell nach Mallorca zu kommen oder nach Fuerte oder wo auch immer hin. Und haben da auch nicht gespart, weil wir eben zwei Jahre nicht sparen konnten. Und jetzt gibt es diese Welle der massiven Unsicherheit, bei der vollkommen klar ist, was muss ich für meinen Strom zahlen, was muss ich für meinen Gas zahlen, wie sicher ist eigentlich noch mein Job? Und das ist ja eigentlich noch eine Entwicklung, die steht uns ja noch bevor. Also wenn es tatsächlich zu einer echten Rezension kommt, dann wird es ja auch zu einer Entlassungswelle kommen in vielen Industrien. Das kommt ja auch noch dazu und diese Nicht-Planbarkeit macht es gerade für alle unfassbar schwer, sowohl für die Konsumenten als auch für die Anbieter, online und offline. und ich bin heute extra für diese Folge nochmal in die Hamburger Innenstadt gefahren und versuche da nochmal zu schauen, was hier eigentlich vor Ort passiert, ob jetzt weniger Tüten durch die Gegend getragen werden oder ob alles ist wie immer.

Joel Kaczmarek: Bei mir war es ja auch gerade so, ich falle leider in diese Kategorie mit den Reisenden, ich war gerade in den USA, 10 Tage New York, 5 Tage Florida, habe ich mal gesehen, wo Jochen sich immer irgendwie im Winter hin verkrümelt. Und ich habe auch den Eindruck gehabt, so wenn du nach USA guckst, war die Stimmung irgendwie eine andere. Ich meine, da wird ja immer konsumiert und jetzt war ich in Florida so mit Disneyland in der Kommerzhölle schlechthin. Aber auch was so Umwelt angeht oder Autofahren, Plastikkonsum, da scheint alles noch irgendwie so die Welt in Ordnung. Da kümmert man sich glaube ich noch nicht so drum. Also ist ja ganz interessant. Also anscheinend sind wir gerade wirklich so ein bisschen in so einer Habachtstellung und es fängt aber schon an leicht zu kippen. Und vielleicht fangen wir jetzt mal an, dass wir auch mal definieren, was wir eigentlich als Lifestyle-Produkte meinen. Also wenn wir heute sagen, was tun Händler für Lifestyle-Produkte, weil in unserem Vorgespräch meinte Alex so zu mir, ja, da verstehe ich sowas wie Home24 drunter oder Zalando, wo ich so meinte, hä, seit wann verkauft ihr denn Home24 Lifestyle-Produkte? Was ist denn deine Definition?

Alexander Graf: Also das sind die Dinge, deren Konsum ich lange vor mir sozusagen lange planen kann und lange vor mir herschiebe, die ich nicht brauche, um mein tägliches Leben zu bestreiten. Also ich brauche kein neues Sofa, keine neue Jacke, keine neuen Schuhe, um so täglich am Leben teilzunehmen. Da brauche ich dann vielleicht doch eher einen Apfelsaft, Benzin, möglicherweise eine Autoreparatur. Das sind alles nicht Lifestyle-Produkte. Das sind Dinge, deren Konsum ich mir verkneifen kann, wenn es anderswo zwickt.

Joel Kaczmarek: Okay, ich müsste auch an sowas wie Parfüm denken von irgendwie Douglas oder Bräuninger oder so, also dass man genau recht hat, wenn das Portemonnaie gerade ein bisschen schmaler befüllt ist, wo man vielleicht dann nicht zuschlägt. Gut, wollen wir vielleicht mal mit so ein paar plakativen Beispielen anfangen, was so Strategien sein können, wie man fand, oder machen wir es andersrum. Eigentlich müssen wir erst mal sagen, was droht diesen Leuten, weil ad hoc hätte man ja gesagt, okay, wenn das Lifestyle-Produkte sind, die ich also nicht brauche, wenn das Geld knapp ist, dann müsste ja die logische Konsequenz sein. Dass diese Anbieter jetzt damit rechnen müssen, dass sie Umsatzrückgänge haben, dass es weniger Käufe gibt und sich quasi Alternativen überlegen. Oder was ist so eure Hypothese, was denen passieren wird?

Jochen Krisch: Ja, die Sortimente verschieben sich schon. Das hatten wir jetzt ja schon einmal, speziell im Modebereich, dass eben andere Themen gingen. In der Corona-Hochphase, wo alle zu Hause waren. Und jetzt ist es sicherlich eine Preislagenthematik, wobei der Luxusbereich boomt. Also da geht es auch weiter gut voran, interessanterweise. Es sind so die Mittellagen, die sich schwer tut, wenn man das so verallgemeinern kann. Das sagen zumindest die Berichte, die Studien. Also insofern, ich fand es ganz interessant, wo du Zalando vorhin angesprochen hast, die gefragt wurden im letzten Quartalscall, wie sie darauf reagieren. Und einerseits müssen sie nach unten gehen, andererseits wollen sie aber nicht nach unten gehen, weil die Margen dann für sie nicht so passen. Und deswegen sagen sie, okay, das lagern wir lieber aus. Dann nehmen wir halt die C&As und andere mit rein und die decken dann das Segment ab. Und wir können uns weiter auf die anderen Bereiche konzentrieren. Konzentrieren in dem Bewusstsein aber, dass der Umsatz vielleicht in der niedrigeren Größe sein wird, aber da läuft dann unser Plattformmodell. Also fand ich einen ganz interessanten Aspekt, weil sie das, das haben sie auch ein bisschen aus dem Nähkästchen geplaudert, also so explizit dann gesagt, dass sie speziell das Segment da unterbringen. Und ich glaube, das ist so die Das sind so die Logiken und daran sieht man eigentlich auch, dass es nicht nur um die Sortimentierung geht, sondern auch um die Partnerauswahl. Auf welche Partner setzt man? Wo wird man wie vorankommen? Das ist jetzt mal für den Modebereich. Ich denke mal, der Möbelbereich, wo wir den angesprochen haben, der hat noch andere Probleme. Der hat einerseits das Nachfrageproblem, andererseits, dass er auch nicht genau die Waren zurzeit bekommt, wenn er sie haben will. Es ist nicht nur die Thematik, dass die Leute sich das nicht mehr leisten können, sondern das ist momentan schon generell eine schwierige Lage. oder wie Alex formuliert hat, die Unsicherheit ist groß. Und deswegen ist es, glaube ich, auch nicht so wirklich verallgemeinerbar, was jetzt da passiert, sondern jeder Händler versucht sich gerade so darauf einzustellen und eher kurzfristig zu agieren, als jetzt langfristig große Pläne zu machen und entsprechend zu disponieren.

Joel Kaczmarek: Alex nickt bedächtig. Also auch du glaubst, dass es eine Verlagerung ins Billigsegment gibt. Werden hier die Tedis, Kicks, Primarks dieser Welt die große Welle jetzt erleben?

Alexander Graf: Also ich glaube, es sind natürlich bei den Sortimenten, wo es eine höhere Kauffrequenz gibt, wie bei Fashion, gibt es eine Verlagerung nach unten, ganz klar. Ob das jetzt Smart ist von Zalando, jetzt da C&A und andere mit dazu zu nehmen, das weiß ich gar nicht so genau. Ich denke aber, dass eine Plattform wie Shein, ganz stark davon profitieren wollen. Auch wenn die Leute weniger Geld haben oder auch die jüngere Zielgruppe weniger Geld haben, will sie sich ja trotzdem irgendwie modisch kleiden oder entsprechend viel wechseln. Und wenn deine Plattform das nicht abdecken kann, warum auch immer, und du halt mindestens 10 Euro oder 15 Euro für ein T-Shirt oder ein Sommerkleid einnehmen musst, ansonsten kein Geld verdienst, ist das glaube ich ein Problem für die Plattform. Im Möbelsegment, wo wir eine deutlich geringere Kauffrequenz haben, ist es glaube ich nicht so einfach, das zu ersetzen. Dort verlegt man sich dann vielleicht eher auf Dekosegmente, Mal eine neue Decke oder mal ein neues Kissen. Das ersetzt aber nicht die Käufe, die du eigentlich brauchst für ein Bett, für ein Sofa, für eine Schrankwand, für andere Möbel. Das stelle ich mir deutlich schwieriger vor. Für Fashion ist es aus meiner Sicht manageable, wenn man in der Lage ist, diese deutlich in Preissegmente vorzustoßen, die halt 30 Prozent unter der normalen Lage liegen. Klar sind die Margen nicht so hoch, dann sind die Renditen auch nicht so hoch. Ist aber okay, man behält zumindest den Kunden. Für den Möbelbereich und auch andere Lifestyle-Bereiche stelle ich mir das deutlich schwieriger vor, muss ich ehrlich sagen. Da geht es wirklich um die Kauffrequenz und ich glaube, das nächste Quartal, also in dem wir jetzt sind, Q3, wenn darüber berichtet wird, ist einfach von einer massiven Unsicherheit geprägt. Wir haben jetzt so ein paar extremen Ausschläge, insbesondere beim Thema Energiepreise, die massiv zurück pendeln werden, glaube ich zumindest. Und dann wird sich das auch wieder so ein bisschen regeln. Aber ich glaube, die Q3-Zahlen werden für viele Anbieter sehr unangenehm.

Jochen Krisch: Ich meine, wir können ja auch mal ein bisschen zurückblicken. Wir hatten ja schon mal eine, in Anführungszeichen, Krise, die nicht vergleichbar ist. Aber wenn man 2008, 2009 sich anguckt, was ist denn da passiert und wer hat denn da profitiert? Da hat man ja auch gesehen, da ist dann die große Shopping-Club-Welle hochgekommen und haben auch die profitiert, die günstig einkaufen konnten und vor allem die abverkaufen konnten, weil einfach zu viel Ware dann da war. Und da hatten wir zwar jetzt keine Inflation, Und diese Themen, aber man konnte zumindest mal spüren, was passiert, wenn Wirtschafts- oder Finanzkrise ist und die Leute nicht mehr so gerne einkaufen oder sagen wir mal, ihr Geld zusammenhalten müssen. Und ich glaube, so ein bisschen in die Richtung können wir auch diesmal denken. Also wir hatten ja schon anklingen lassen, die günstigen Anbieter werden tendenziell profitieren und andere wird man noch nicht sehen, was wirklich profitiert. Ich fand es nur sehr interessant, weil gerade zum Beispiel in Zalando, extrem auf die Bremse gedrückt hat, was jetzt die Ausblicke auf 2022 angeht und darüber hinaus. Also die sind ja schon froh, wenn sie das Ziel von 2021 erreichen. Und andere, About You und andere, haben ja trotzdem wenigstens noch 10% oder 5% am Plus, dass sie einplanen. Und ich glaube, da werden andere Player jetzt profitieren. Heißen die wirklich so?

Joel Kaczmarek: Ich habe immer gedacht, die heißen Shine.

Jochen Krisch: Ja, ich habe es immer so schön Schein ausgesprochen. Ich finde das auch immer noch schöner. Aber im Grunde heißen sie She-In, weil sie von She-In-Site kommen. Und die meisten, auch gerade in den USA, sprechen es jetzt tatsächlich so aus.

Joel Kaczmarek: Ich hatte ein lustiges Erlebnis. Wisst ihr, wie man Fjällräven Kanken in den USA ausspricht? Der sagt, es gibt zwei. Fjallräven oder Fjallräven. Ich finde das immer geil. Fjallräven Kanken. Naja gut, anyway, back to topic.

Was ist denn dann die Konsequenz? aber für das Luxussegment? Weil ich habe gerade so gedacht, als Alex von Möbeln sprach, dachte ich so, oh ja, da sollte man sich vielleicht lieber ein paar teurere, gute Möbel kaufen, die lange halten. Da habe ich gedacht, oh, was macht denn so ein Vitra jetzt zum Beispiel oder vergleichbare namhafte Einrichter? Also werden die in Probleme laufen, weil die haben ja nicht nur das Thema, dass sie aus China teilweise diese Lieferprobleme immer noch hatten wegen Corona und überhaupt, weil man so das Gefühl hat, der asiatische Markt konzentriert sich jetzt ein bisschen mehr auf sich selber und nach außen wird man irgendwie ein bisschen zurückgestuft. Das heißt, Versorgung war ein Thema, die Leute geben nicht mehr so gerne so viel Geld aus, die große Welle der Heimeinrichtung ist ein Stück weit vorbei. Was passiert denn mit solchen? Alles, was Luxus ist. Weil Jochen meinte ja eigentlich, das boomt trotzdem noch.

Jochen Krisch: Ja, aber der Punkt ist ja immer, die, die Geld haben, trifft die das wirklich so? Also die Diskussion wäre dann nochmal auch, sind genau die, die Geld haben, die, die dann einkaufen in dem Luxussegment? Das ist ja nicht nur so. Aber generell ist es ja schon so, dass das jetzt eher die trifft, die einfach ohnehin schon haushalten müssen und knapp bei Kasse sind. Ich glaube, das ist so ein bisschen der Punkt dabei und das unterschätzt man dann immer. Und man unterschätzt auch immer, wie wenig Leute eigentlich dieses Luxussegment treiben. Es sind halt höhere Bestellwerte, höhere Preispunkte etc. Es sind jetzt ja nicht die Massen, die das treiben. Deswegen schlägt es da erstmal nicht so ein. Da ist es eher eine andere Thematik, Luxusgesellschaft. Also gerade die großen Online-Player haben halt jetzt sehr stark vom Asien-Boom, vom China-Boom etc. profitiert. Dann wird eher die Frage sein, ob das da anhält oder wie das da durchschlägt. Auch da haben wir ja durchaus global unterschiedliche Auswirkungen. Also alles, was ich von dem Luxussegment an Berichten sehe sieht eigentlich gut aus. Also es sah schon letztes Jahr gut ausund dieses Jahr eigentlich noch besser. Und also ich nehme immer natürlich nur die wahr,die an der Börse sind. Aber es sind halt jetzt viele an der Börse. Von Farfetch, MyTeresa und wie sie alle heißen. Und da läuft es.

Joel Kaczmarek: Ich finde das ja immer ein bisschen schade, wenn soalso ich bin ja eher nicht so ein Fan von Hyperkonsum. Und wenn ich jetzt lerne, es wird weiter fleißig gekauft,wird man billiger. Was glaubst du, Alex, heißt das dann in der Konsequenz auch,dass dieses Thema Nachhaltigkeit,was ja eigentlich total in den Fokus gerückt ist. Also es gab ja ganz viele Hersteller und Händler, die wirklich versucht haben aufzuzeigen, wir tun was für den Konsum, aber es ist auch nicht schlecht für die Umwelt. Ist es in der Konsequenz dann wieder erodiert? Also wird es nachlassen, dass die Leute sich nicht mehr dafür interessieren?

Alexander Graf: Ja, auf jeden Fall. Also nicht, dass sie sich nicht dafür interessieren, aber wenn du es nicht leisten kannst, ein nachhaltiges Produkt zu kaufen und wenn du halt Hunger hast, jetzt im übertragenen Sinne, dann kaufst du halt das nicht nachhaltige Produkt. Ich bin nur gerade bei Jochens Kommentar, habe ich mir gerade gedacht, es gibt ja ein Luxussegment, was durchaus leidet aufgrund der nachhaltigen Diskussion. Das ist ja Privatflüge zum Beispiel, Yachten, also Dinge, wo man sozusagen diesen Luxus ja wirklich nach außen krass zur Schau stellt, die ja einem harten Social Shaming unterliegen. Und wenn dieses Segment weniger gekauft wird, frage ich mich, wohin das Geld dann geht. Ja. In irgendwelche Immobilien oder vielleicht doch noch ein besseres Sofa. Es gibt halt schon viel Bewegung da. Also ich habe vor kurzem bei unserer Pizzeria im Dorf, die Familie, die wir betreiben, kommt aus Montenegro. Da meinte halt der Chefwirt, ach bei denen ist gerade viel los, Immobilien mag man natürlich alle Russen. raus wollen aus Montenegro. Und jetzt sind alle Immobilien, alle Ferienimmobilien in diesen coolen Küstenorten, stehen halt in Online-Portalen. Weil Montenegro jetzt ja auf der großen Feindesliste ist von Russland, weil ja da der Außenminister Lavrov nicht rüberfliegen durfte. Jetzt ziehen die ihr Geld da ab. So, und davon profitieren natürlich dann andere Orte, wie Dubai zum Beispiel. Gestern habe ich mit jemandem aus Singapur telefoniert. Die profitieren natürlich massiv von der chinesischen Politik in Hongkong. Da ziehen die Leute das Geld ab. Also es gibt halt so eine Bewegung. Und ich überlege mir halt so, das Geld ist ja nicht weg. Das sucht sich quasi nur einen anderen Weg. und ich glaube, in diesem Luxussegment, da mache ich mir jetzt nicht so große Gedanken. Ich bin auf das Thema hier hergekommen, dass es natürlich wieder Geschäftsmittel gibt, die es bisher schwer hatten, so aus der Circular Economy, also Tauschwirtschaft, nachhaltigere Dinge, die irgendwie mehrfach verwendet werden, die vielleicht jetzt wieder im Kommen sind. und Den Gedanken, Anstoß, den hat mir ein Podcast gegeben, der ist noch nicht live, den habe ich gemacht mit einem unserer Kunden in Mexiko. Die helfen so ganz kleinen Ladenbesitzern, das gibt es hier gar nicht mehr. Das sind so Leute betreiben in Mexiko Läden, Tienditas aus dem Wohnzimmer heraus. Du kannst morgen anfangen, da was zu verkaufen. Stifte, Papier, Milch, whatever. Fährst halt irgendwie einmal am Tag oder alle zwei Tage zum Großmarkt. Und ich hatte mir immer gedacht, das ist ja eigentlich ein Segment, das hat keine große Zukunft, weil das muss ja disruptiert werden von Supermärkten. Also Supermärkte sind ja dann viel besser in der Lage zu planen, zu lagern, das zentral einzukaufen, Preisverhandlung. Aber er meinte, dass dort halt im Tendita der Labensitzer kann dir halt 100 Gramm Mayonnaise für 1 Pesos verkaufen versus der Supermarkt, der 500 Gramm für 3 Pesos verkauft. Und dadurch, dass da viele Leute von Tag zu Tag leben, boomt dieses Segment. Also sozusagen rücken jetzt viele vom Supermarkt wieder ab und orientieren sich an diesen Tienditas. Jetzt würde ich nicht davon ausgehen, dass wir jetzt hier anfangen, aus den Wohnzimmern heraus in Berlin Mayonnaise zu kaufen. Aber die Frage ist, wer kann dieses Interesse bedienen? Also es ist ja schon klar, dass immer noch viel weggeschmissen wird und dass man irgendwie viel smarter konsumieren kann. Also ist dieses viel kurzzyklischer Konsum viel stärker darauf abgestellt, was habe ich gerade eigentlich verfügbar? Wer kann das gut bedienen? Und ich glaube, viele Modelle, auch E-Commerce-Modelle, haben sich natürlich auf so Skaleneffekte verlegt. Möglichst groß, möglichst planbar, große Finanzierungshilfen. Ich glaube, es wird einen Boom wieder für Kleiner geben, also für jemanden, der vorfinanzieren kann, weil dann Konsum einfach, also der Konsum schon noch heute stattfindet, aber es in der Zukunft bezahlt werden kann. Und das finde ich schon sehr, sehr spannend. Und Jochen beobachtet ja schon mal diese Tauschmärkte, Mädchenflohmarkt ja auch schon ewig lange. Und ich hatte immer das Gefühl, sind nie aus ihrer Nische rausgekommen. Also sozusagen, sie sind immer so ein bisschen in so einer leider Nische hängen geblieben. Und da frage ich mich halt, ist das jetzt eigentlich der Moment für diese Systeme? Ist das jetzt eigentlich nicht genau der Zeitpunkt, wo die aus der Deckung kommen müssten?

Jochen Krisch: Also das wäre nämlich auch mein Punkt, wenn man von Nachhaltigkeit spricht, dann kann das sein, entweder man kauft eben höherpreisig ein, weil die Nachhaltigkeit entsprechend bezahlt werden muss, oder man kauft eben günstiger ein bei Second Hand, bei Circular Plattform etc. Wir haben ja jetzt viele. Also das Interessante ist ja, in den letzten zehn Jahren ist super viel entstanden, also super viele Gute, wollte ich da eigentlich sagen. Viele hatten wir vorher auch schon. Aber es gibt jetzt ein ehemaliges Kleiderkreisel Vinted, es gibt einen USA-Poshmark, es gibt andere. Also schöne Konzepte, wo auch das Erlebnis da ist, die auch Spaß machen, aber die trotzdem das Moment haben, kauf günstiger ein, indem du Secondhand einkaufst. Also vielleicht ist das, das meinte ich vorhin, so was kann man von 2008, 2009 lernen. Da war es sicherlich Abverkauf, Shopclubs, Shoppingclubs, Konsum etc., Push. Vielleicht sind das die Kandidaten tatsächlich in dem Secondhand, Circular, Pre-Loft, wie auch immer man es definiert, Segment, die diesmal punkten können. Je nachdem, wie sie sich positionieren und wie sie da reinkommen. Ich glaube, das Thema Nachhaltigkeit ist ja eins, also ist im Bewusstsein da. Die Frage ist, wer diese Vorlage am besten nutzt und auch unter den Marktgegebenheiten am besten nutzt. Und was sich da tut, auch an Newcomern, man hat ja gerade so das Gefühl, also A super viele Startups in dem Bereich, B im Grunde jeder Online-Händler versucht in irgendeiner Form second hand bei sich zu integrieren, entweder selber was aufzumachen, mit Partnern zu arbeiten, meistens müssen die groß mit Partnern arbeiten, weil sie gar nicht die Produkte haben. die sie verkaufen können, um eben dann einerseits natürlich den Anstrich zu geben, das spielt auch manchmal schon eine Rolle, aber andererseits auch, um die Nachfrage bedienen zu können, die dann durchaus da ist. Und für mich ist es spannend, einfach auch zu verfolgen, wie das integriert wird. Weil im Grunde beißt es sich, also gerade wenn Höherpreisigere plötzlich versuchen, Secondhand auch reinzubekommen, Und ich sehe gleichzeitig die Second-Hand-Plattformen, die einfach die Chance haben, sich da einen, jetzt muss ich mal hart formulieren, weniger ramschigen Anstrich zu geben. Also einfach, dass es einfach trotzdem irgendwie noch Spaß macht und nicht nur aus einer Not heraus quasi eine Plattform ist. Und ich glaube, das sind so die Strömungen, die momentan da sind. Und ich bin mal gespannt, wer da die besten Karten hat. Aber auch da haben wir jetzt ein halbes Dutzend fast an der Börse. Also man kann das sehr gut verfolgen, wie die Umsatzentwicklung ist, wie letztendlich die Dynamik auch in dem Markt ist.

Joel Kaczmarek: Wenn man ein bisschen globaler betrachtet, was glaubt ihr denn, wer sich alles für solche Modelle refurbished, secondhand und co. eignet? Also Elektronik ist sicherlich was, was gut funktioniert, dass man sich das iPhone irgendwie neu aufgemacht kauft, aber nicht nagelneu zu einem kleineren Preis. Fashion ist ein gängiges Thema. Frage wäre, was geht da noch, weil ich hatte irgendwie im Juli einen Podcast veröffentlicht mit Weissmarkt, also ist ja der Gründer von Momox und der hat mir so auch seine Geschichte mal erzählt, dass er meinte, ja wir haben damals Momox gegründet für irgendwie Bücher, CDs, DVDs, weil das halt irgendwie über ISBN-Codes schön standardisiert war. War klar berechenbar, was da irgendwie in die Theke geht. Und dann habe ich gesagt, ich würde gerne Fashion machen. Da haben sie mir einen Vogel gezeigt und dann habe ich es aber geschafft, es da zu etablieren. Mittlerweile gibt es ja auch Momox Fashion, wobei ich immer das Gefühl habe, es wird eigentlich immer nur Tommy Hilfiger und irgendwie Lacoste angekauft, aber okay. Aber das scheint ja auch sukzessive zu funktionieren und er hat jetzt mit Weissmarkt so eine Plattform gestartet, wo er sagt, schick mir ein Foto von was, was du verkaufen willst, ich mache dir ein Angebot und dann gucken wir. Ich habe die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen, als ich das Modell gehört habe, weil er zu mir gesagt hat, 50% aller Waren, die sie angeboten bekommen, müssen sie ablehnen. und von den Waren, die sie annehmen, wo sie sagen, schick uns die mal zu und wir gucken uns die an, fallen nochmal 50% raus. Also im Prinzip nur ein Viertel der Waren, die da hochgeladen werden, sind eigentlich verkaufstauglich und dann bewegst du natürlich auch nicht so große Summen und musst halt gucken, wie du die irgendwie durchgeschleust kriegst. Von daher mal so die Frage an euch, was glaubt ihr denn, was eignet sich für refurbished, für irgendwie pre-loved, wie man es nennt und was eher nicht?

Jochen Krisch: Aber das sieht man ja auch schon, das Problem. Also das Problem ist der Nachschub, wie man an die Ware kommt und wie man das macht. Also das eine geht quasi über die Endkunden, das andere geht über, was weiß ich, Restbestände oder im Pulk das zu machen. Oder teilweise ja auch in Luxusläden nisten sich ja dann die Second-Hand-Plattformen ein, um einfach zu sagen, ne, gib da deine Produkte ab, die du nicht mehr brauchst und bekommst einen Gutschein oder wie auch immer. Also das ist das eine. Das andere, ein Segment, was sich schon ewig lang schwer tut, was vielleicht jetzt sogar Karten hat, gute Karten hat, werde tatsächlich Möbel. Also im Möbelbereich versuchen ja auch viele, das in Gang zu bekommen. Das ist natürlich noch ein bisschen extremer, weil immer die Lieferung nicht ganz so einfach ist. Aber auch da verfolge ich und gab es Modelle, die haben aber nie so eine richtige Zugkraft entwickelt. Und die anderen machen natürlich einen Bogen drumherum. Also einen Momoks große, also wirklich Bettenschränke etc. Sessel. Alles ganz, ganz schwierig. Das ist halt noch ein Thema, was eher über Kleinanzeigen und über solche Themen natürlich läuft. Aber auch das mal in die Richtung höherpreisige Produkte zu denken, ist jetzt möglich. Also ich glaube, jetzt ist der Markt da und ein Bewusstsein da. Die Geschäftsmodelle, also die effizienten Lösungen dafür sind noch nicht wirklich da. Da sehe ich noch die Problematik. Aber das ist ja auch eine Aufgabe des Onlinehandels und der ganzen Branche, da was zu entwickeln und voranzukommen.

Alexander Graf: Ich glaube, alles, was quasi teuer ist, hat Potenzial auf Refurbished. Das kann jetzt gerade bei alten Kaminöfen anfangen, wo du sagst, oh, das ist ein alter Ofen, aber wenn es da jetzt jemanden gibt, der spezialisiert, der refurbt, also quasi die kaputten Teile austauscht und möglicherweise die so nachrüstet, dass die modernen Feinstaubstandards entsprechen, kannst du da genauso machen wie beim Thema Küchen. Eine neue Küche kostet mittlerweile irgendwie 10.000 bis 15.000 Euro. Und wenn du dich auf ein bisschen spezialisierst, wo du sagst, das Holz ist ja noch gut, ich male es einfach an und ändere die Schubladeneinhängung. Sozusagen verkaufe ich dir das irgendwie für 50 Prozent des Preises. Ich kann mir das für extrem viele Sachen vorstellen, wo Leute eben nicht mehr das Geld haben, auch nicht mehr bereit sind, das auszugeben. Und ich glaube, das ist natürlich jetzt ein Extrembeispiel, aber grundsätzlich geht das für extrem viele Branchen. Wir haben jetzt bisher nur Referred-Produkte gesehen, wo es einen einfachen Versand gab. Die Leute konnten das irgendwie einfach einsenden. Das sind Produkte, die halbwegs standardisiert sind, was die Marke angeht und was irgendwie den Formfaktor angeht. Das kann man irgendwie standardisiert reparieren, aber ich kann mir das auch für deutlich größere Sachen vorgehen. Und Wenn man mal weiterdenkt, ich kann mir auch vorstellen, ein refurbed Auto zu kaufen. Sozusagen eben kein gebrauchtes Auto mit einer Garantie, sondern da sind einfach alle Teile, die sonst abgenutzt sind, sind dann neu. Es hat irgendwie einen neuen Lenkradbezug, da wurden die Sitze neu aufgepolstert, es riecht irgendwie neu. Das ist halt dann refurbed. Wenn man darüber nachdenkt, ist das schon ein riesiger Markt, für den man auch den Kunden noch sehr gut erziehen kann.

Joel Kaczmarek: Und sag mal, gibt es eigentlich in unseren Breitengraden Reparaturplattformen? Es gab ja mal so eine Welle in den USA, dass man gesagt hat, jetzt tut sich mehr mit irgendwie Reparaturwerkstätten und dass das auch online geht. Ich habe das in Deutschland irgendwie nicht so wahrgenommen. Habe ich es übersehen?

Jochen Krisch: Achso, dass du explizite Reparaturen hast. Ne, das wüsste ich jetzt auch nicht. Aber ich habe gerade jetzt, als auch Alex gesprochen hat, habe ich Richtung Backmarket gedacht. Also ein französischer Anbieter, der eigentlich relativ gut schon vorangekommen ist. sich hauptsächlich auf die Elektronikprodukte konzentriert. Da musste ich jetzt auch nochmal dran denken, weil die im Hintergrund Partner haben, die das entsprechend kontrollieren, aufbereiten etc. Einerseits habe ich gedacht, da müsste man gucken, in welche Segmente die dann eben reingehen, aus dem Bestehenden heraus. Vorher da komplett Alexs Argumentation. Also bis jetzt waren die einfachen, tendenziell Elektronikprodukte, Also die einfachen, handelbaren Produkte und auch die, die einfach sehr schnell einen Wechsel drin haben, jetzt vom Angebotseitig. Und jetzt, glaube ich, kann man da in eine andere Richtung denken. Ja, aber Reparatur Also wie willst du das, also Reparatur, Reparatur, also so Handy-Reparatur?

Joel Kaczmarek: So wie ich es mitgekriegt habe, gibt es in den USA sukzessive Plattformen, wo halt genau so ein Refurbish-Prinzip vorherrscht. Du hast etwas, was eigentlich noch gut ist und keine Ahnung, ein Kabel ist nur durchgeschmort, schickst es ein, die bereiten es wieder auf. Wie eBay Kleinanzeigen, nur dass derjenige, der es verkauft, es auch repariert hat. So habe ich das verstanden. Ich habe mich aber auch nicht tief mit auseinandergesetzt. Und speaking about eBay, Jochens Lieblingsfirma, müssten die nicht, und ich glaube eBay Kleinanzeigen ist ja mittlerweile abgespaltet, die werden es ja glaube ich umbenennen. auch, Müssten die nicht auch jetzt einen Boom dann erfahren, weil so ein Billigregal geht. auf Ebay-Kleinanzeigen glaube ich immer, egal welche Klima herrscht.

Jochen Krisch: Ja, sie müssten. Sie tun es nur nicht. Also Kleinanzeigen ist ein anderes Thema, aber wenn wir jetzt über Ebay sprechen, die werden prädestiniert dafür. Die sind halt ein bisschen weggekommen von dem, was sie eigentlich jetzt sein könnten. Also sie haben ja versucht, ihr Secondhand-Image und ihr Ich räume meinen Keller aus etc. Image abzulegen und eher in Richtung Neuprodukte, Direktkauf etc. zu gehen. Und das macht es ein bisschen schwierig. Aber gerade ist ja Back to the Roots angesagt. Also dass man wirklich versucht, in die Segmente reinzugehen und das auch wieder zu beleben. Also insofern, ja, interessanterweise in der Hoch-Corona-Zeit haben sie stark profitiert. Aber glaube ich auch eher wirklich aus der Not, weil man eben woanders zum Teil, nichts bekommen konnte und dann eben dahin gewechselt ist und haben das nicht mitnehmen können. Das ist so das Erstaunliche. Sie haben unheimlich viel auch an Neukunden und an Zusatzumsatz bekommen und sind jetzt wieder abgesunken und werden das schlechteste Jahr jetzt haben. Also das ist eigentlich das Erstaunliche daran. Aber man muss halt auch sehen, dass jenseits von eBay super viel entstanden ist, die halt ähnlich arbeiten und die eben auch versuchen, Partner zu integrieren. und dann Ja, im Grunde werden sie prädestiniert und ich wundere mich immer, dass das eBay auch sich in dem Second-Hand-Bereich nicht engagiert, da eine Übernahme kommt oder dass man das wieder gegenseitig befruchtet und da was vorangeht. Ja, mal schauen, aber im Grunde werden sie prädestiniert. Sie werden schon prädestiniert, aber du merkst schon meine Grundskepsis. Ich verfolge es halt auch schon sehr lange und bin da von Managementwechsel zu Managementwechsel und von Strategieverkündung zu Strategieverkündung. Und immer wieder kommen eigentlich dieselben Themen hoch und der Wille ist zum Teil da, die Technik ist nicht so und die User Experience. Und daran arbeiten sie immer und das verkünden sie immer und letztendlich tun sie sich weiter beteiligen. Also da würde ich dann eher so auf die, da kommen ja jetzt die Etsys hoch, da kommen jetzt die Vinted hoch, auf die würde ich wahrscheinlich stärker setzen. Aber das ist natürlich eine komplett andere Liga. Also das eBay ist schon noch Platz hier, aber die anderen machen im Grunde einen besseren Job in der Ansprache, in der Experience und in der Ausrichtung.

Joel Kaczmarek: Also mich freut ja, wenn wir aber irgendwie sowas wie Zirkulargesellschaft oder nachhaltigen Konsum dann doch noch sozusagen reinkriegen. Also wenn man so hört, okay, die She-Ins dieser Welt und die Primarks werden jetzt voll den Boom haben, alles wird nur noch auf billig gehen. Ich bin ja immer so ein Verfechter, dass ich sage, wenn ich das Geld habe, mir was zu kaufen. Dann sollte ich vielleicht auch nicht, anstatt es billig zu kaufen, aber wenn wir auf dem Wege schaffen, dass dann auch mehr Gebraucht kauft, dass sich da irgendwie Nachfrage entwickelt, finde ich das ja cool. Und jetzt überlege ich noch, meint ihr, das wird sich sogar so weit treiben, dass man vielleicht gar nicht mehr kauft, sondern nur noch light? Also sowas wie Sharing Economy, Lending, wird sowas irgendwie ein Thema werden? oder gibt es da noch gar nicht ausreichend Angebot auch?

Jochen Krisch: Ja doch, da gibt es auch schöne Modelle. und mich fasziniert also Rent the Runway, das ist jetzt auf eher Luxuslevel, aber als Modell sehr und wie sie versuchen, dieses aus dem Mieten Richtung Abo etc. hinzukommen. und der Punkt ist eigentlich immer auch das, was Alex gesagt hat, dass einfach das, was du sofort zahlen musst, geringer ist, als wenn du es komplett zahlen müsstest. Und da kannst du eben Finanzierungsinstrumente nutzen oder du kannst dir als Händler Modelle überlegen, wie du diese Möglichkeit bietest. Also ich glaube schon, wir werden dieses riesen Boom-Segment Discount haben. Also wir sprechen ja immer so aus unserer Blase heraus und ich habe auch das Gefühl, medial ist das immer ein Thema, aber wenn du dir nichts leisten kannst, dann guckst du das, was günstig ist. Und Alex hat im Vorfeld ja schon so gesagt, das könnte das Jahrzehnt von Kick, Teddy etc. werden, so in dem Bereich. Und die einzige Chance sehe ich tatsächlich, dass man online einfach durch smartere Geschäftsmodelle die Möglichkeit hat, den Leuten das anzubieten. Das Problem dabei, was ich immer sehe, ist, oftmals ist es auch zu verkopft und bis man das verstanden hat als Kunde, denkt man sich… Was soll das alles? Da wollen die mich über den Tisch ziehen? Also das entspricht nicht meinen Bedürfnissen. Und das fehlt mir eigentlich noch. Also das wäre in der Umsetzung möglich und es gibt auch gute Vorlagen, Beispiele, an denen man sich orientieren könnte, aber in der Nutzeransprache und in der Konzeption nicht. Also da ist schon noch sehr viel Luft nach oben. Da tue ich mich zum Teil schwer und ich verfolge es ja eher so aus einer inneren Logik heraus. Ist das Markt abgebildet? Aber wenn ich mir die Nutzeransprache und zum Teil das Modell angucke, wie sie den Markt erobern wollen, ist das zum Teil schon noch sehr schwierig.

Joel Kaczmarek: Also Grover wäre vielleicht so ein sehr namhaftes Beispiel, wo man sich Elektronik leihen kann. oder es gab ja damals mal, wo ja auch unser Freund Frank Thelen investiert hat, mal eine Spielzeugkiste, wo man sich Spielsachen leihen kann, also logisch ist das finde ich, gerade wenn man irgendwie Kinder hat und sieht sozusagen so die Etappen, jetzt ist irgendwie Lego in, dann kommt Playmobil, dann kommt dies, dann kommt das, aber ich gebe dir recht, das Angebot ist manchmal noch, also verkopft ist eigentlich ein ganz schöner Begriff dafür. Alex, sag mal, wie ist denn bei dir sonst? Du hast ja auch durch Spryker einen relativ breiten Blick auch noch auf andere Nationen. Hast du vielleicht auch noch ein paar Beispiele, wo du sagst, oh, da habe ich auch noch so wieder ein Mexiko-Beispiel. Da habe ich jemanden, der verkauft eigentlich auch eher Lifestyle und hat sich was Spannendes einfallen lassen, dass wir auch mal nach hinten raus ein bisschen über Strategien noch nachdenken.

Alexander Graf: Ja, also quasi das Mexiko-Beispiel war für mich so ein bisschen augenöffnend in den letzten Wochen. Auf der anderen Seite muss man ganz klar sehen, dass sozusagen viele Effekte, die hier zu Extremsituationen führen, in anderen Teilen der Welt so gar nicht wahrgenommen werden. Der Ukraine-Krieg spielt zum Beispiel natürlich außerhalb von Europa in der Wahrnehmung der Menschen gar keine große Rolle. Öl-Energiepreise spielen im großen Teil dieser Welt keine große Rolle. In China ist die Krise anders gelagert. Da sind es quasi die Real Estate-Blase, die so ein bisschen Platz. Rezession bzw. Inflation ist natürlich für alle ein gleich gelagertes Problem. Das wird aber dann anders gelöst, je nachdem, ob jetzt deine Energiepreise auch gerade steigen oder nicht. Ob du gerade irgendwie frei reisen kannst. Ich glaube, grundsätzlich ist Inflation oder scheint Inflation, dadurch, dass wir eine globale Gelddruckthematik hatten in den letzten fünf Jahren, scheint alle zu treiben. Und in dieser sozusagen inflationsgetriebenen Stimmung profitieren Modelle, die in der Lage sind, Konsum weiter zu erlauben zu geringeren Preisen und zu verzögerten Steuern. Zahlung oder zu nachgelagerten Zahlungen. Das sehen wir eigentlich überall. Und ich glaube, dass, wenn man jetzt mal auf den europäischen Markt wieder zurückkommt, dass dann auch klassische Discounter wie so ein Aldi oder Lidl wahrscheinlich wieder es schaffen werden, jetzt nach zehn Jahren zum ersten Mal Marktanteile vom EDK Rewe zurückzuholen. Das ist ja ein Trend gewesen, der in den letzten zehn Jahren unumkehrbar schien. Der scheint jetzt wieder zurückzukommen. Und so auf dieser Ebene schaue ich mir das an und bin da auch immer wieder erstaunt, wie anders auch Unternehmen zum Beispiel in Dubai an diese ganzen Probleme gehen, die vielleicht nicht das Zahlungsproblem haben, aber das Hitzeproblem schon länger haben. Wie lösen die das eigentlich? Wie handeln die das? Finde ich schon extrem spannend.

Joel Kaczmarek: Und was ist mit den Strategien, die wir sonst als erfolgreich identifiziert hatten? Also ich habe jetzt gerade darüber nachgedacht, zum Beispiel Thema Services war ja so ein Ding, weil ich hatte vor kurzem eine Podcast-Runde, da haben wir mit Dominik hier von Payback gesessen, hatten Gitti zu Besuch, die hier diese Nagellacke machen, die sozusagen chemiefrei sind. Bergfreunde.de und Lichtblick. So, und da ist natürlich, speziell bei Bergfreunde.de war zum Beispiel so ein bisschen so ein Zugang, hey, ist so das Thema Service, Beratung oder auch Community-Building noch was, was die Leute sozusagen nutzen. Das Fazit der Runde war so ein Stück weit, dass Nachhaltigkeit gar nicht teuer sein muss. Also man denkt irgendwie immer, die Jacke, die nachhaltig produziert ist, kostet das Doppelte von der, die irgendwie auf billig gemacht wurde in China und das ist wohl gar nicht so, zwangsweise. Aber mir kommt trotzdem so die Überlegung, in der Diskussion jetzt spielen denn diese anderen Faktoren, was wir gerade hatten, also Service, Community etc., spielt das noch eine Rolle oder geht es eigentlich nur noch über den Preis und die Verlagerung des Bezahlmoments?

Jochen Krisch: Ich glaube, aus der Bronsicht heraus, ich habe gerade so das Gefühl, die Leute sind so mit anderen Themen beschäftigt, dass solche Innovationsthemen, Geschäftsmodelle etc. ein bisschen zu kurz kommen. Aber aus meiner Sicht spielen die nach wie vor eine Rolle. Das ist ja die Chance von online. Anders ansprechen, anders mit den Kunden zu arbeiten. Jetzt auch nicht nur auf Kaufen und Konsum. sich zu verlegen als Online-Händler, sondern eben auch anderes anzubieten. Also Service ist immer die Frage, wie man es definiert, ob es On-Top-Service ist oder das Geschäftsmodell so ist oder ob man es hinten raus in der Leistung macht. Also alles, was zusätzlich kostet, wird natürlich schwierig. Aber man hat jetzt auch gesehen, die Kundenansprache, also es funktioniert ja zum Teil nicht mehr durch den Händler, sondern Instagram und Co. geht ja nicht weg. und Und die Leute haben ja die Zeit und nutzen das ja. Und Entertainment und alles ist ja weiterhin Thema. Wir haben jetzt schon sehr die negativen Themen beleuchtet, aber Weltuntergang steht jetzt in dem Sinne nicht bevor. Und ich habe immer so das Gefühl, diese Themen kommen ein bisschen zu kurz. Ist ja natürlich auch eine Frage der Priorisierung. und was steht gerade im Vordergrund. Ich glaube, das ist schon jetzt Jetzt geht es darum, professionell das Unternehmen zu steuern in unsicheren Fahrwässern. Insofern verstehe ich das alles. Aber ich würde deswegen das andere nicht, das geht nicht unter. Und mein Herz schlägt ja dafür, für solche Themen und andere Modelle in dem Bereich. Ich merke nur, dass das Interesse gerade nicht da ist, weil die Leute halt Andere Sorgen haben, also der Handel hat andere Sorgen, aber von der Wichtigkeit würde ich sagen, das haben wir weiterhin und das hängt nicht vom Preispunkt ab oder vom wirtschaftlichen Umfeld, sondern die technischen Möglichkeiten, die du hast und das, was du eben online anbieten kannst. Das kannst du weiter anbieten. Und ich glaube schon, es lohnt sich auch weiter in User Experience zu investieren und sich da Gedanken zu machen. Und User Experience heißt eben nicht nur schickes Frontend, sondern heißt eben komplett vom Kauf bis zur Lieferung den Leuten einfach Möglichkeiten zu bieten. Aber das waren für mich auch die Themen, die wir jetzt besprochen haben. Also auch Geschäftsmodelle, Circular-Geschäftsmodelle in dem Bereich. Das, glaube ich, ist momentan so eines der Hauptthemen. Jeder Händler macht sich in gewisser Weise Gedanken, wie kann ich entweder Second Hand reinbringen oder Produkte, die bei mir gekauft wurden, wieder in den Laden zu bekommen. Also Digitec Galaxus macht das ja stark. Mache ich das kontrolliert nur für meine eigenen Produkte? Mache ich das mit Fremdprodukten auch noch? Und diese Service-Komponenten und diese Themen, ich glaube, wer smart ist, verfolgt das weiter und entwickelt das weiter. Aber ich sehe natürlich ein, dass momentan ein bisschen, jetzt was die Management-Kapazitäten angeht, andere Prioritäten da sind.

Joel Kaczmarek: Was ist denn deine Hypothese, Alex? Ist das, was im Immobilienbereich Lage, Lage, Lage ist, ist es jetzt für die nächsten Jahre Preis, Preis, Preis oder siehst du auch noch andere Strategien?

Alexander Graf: Nee, also ich glaube, es ist natürlich cooler, wenn man jetzt im Geschäftsmodell unterwegs ist, wo der Preis keine Rolle spielt, das ohne Zweifel, aber zurzeit ist ja das, was den Konsumenten antreibt, ist ja, wie kriege ich eine warme Dusche? Und wie kann ich sparen? Das heißt, dafür ist die Aufmerksamkeit jetzt da. Während es vielleicht vor drei Jahren oder vor einem Jahr war, wie kann ich mein Geld irgendwie so anlegen, dass ich nicht mit Negativzinsen belastet werde. Und wenn ich mir jetzt überlegen müsste, was sind mögliche Kampagnen, was sind mögliche Dinge, wofür ich jetzt Aufmerksamkeit bekommen kann, dann ist, wie spare ich Geld. Auf jeden Fall, das überlagert zurzeit halt sehr, sehr viel. Aber idealerweise ist das nicht der fundamentale Punkt. Grund, auf dem man dann sein Businessmodell aufbauen sollte, weil das ist natürlich auch nicht langfristig der Fall. Inflation dauert nicht ewig, irgendwann geht die Welle auch wieder in eine andere Richtung. Ich glaube, zurzeit ist das halt super relevant.

Joel Kaczmarek: Na gut, ihr beiden, wir werden das mal weiter beobachten und ihr erzählt mir mal, ob sich euer Kaufverhalten doch noch ändert, aber ihr seid ja im Bauernhof mit Wärmepumpe und Jochen ist ja sowieso Asket. Also viel male ich mir hier nicht aus an Updates, aber spannender Gedanke und ich glaube, trifft den Zeitgeist ganz gut, was wir heute hatten und ich freue mich schon aufs nächste Mal mit euch.

Alexander Graf: Tschüss.

Outro: Danke fürs Zuhören beim Digital Kompakt Podcast. Du merkst, hier ziehst du massig Wissen für dich und dein Unternehmen heraus. Wenn du mit uns noch erfolgreicher werden möchtest, abonniere uns auf den gängigen Podcast Plattformen und hey, je größer wir werden, desto mehr Menschen können wir helfen. Also erzähl doch auch deinen Kolleginnen und Kollegen von uns. Bis zum nächsten Mal.

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Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um E-Commerce: Joel trifft sich regelmäßig mit den beiden E-Commerce-Experten Alexander Graf (Kassenzone, Spryker) und Jochen Krisch (Exciting Commerce, K5) um ihr Wissen zu bündeln. Gemeinsam nehmen die drei dich mit auf eine Reise zu spannenden Tiefenanalysen, Strategiediskussionen und Praxiseinblicken des Onlinehandels. Ein wahres Feuerwerk zwischen drei Experten, die scharfe Thesen formulieren und lebhaft miteinander diskutieren.