HelloFresh und der ewige Kampf um die Kunden

13. Dezember 2017, mit Joel KaczmarekAlexander GrafJochen Krisch

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Joel Kaczmarek: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen E-Commerce-Crossover von Digital Kompakt. Mein Name ist Joel Kaczmarek und ich habe heute wieder zwei super spannende E-Commerce-Kenner, die ihr alle auch schon kennt, den guten Alex Graf und den lieben Jochen Krisch. Hallo ihr beiden.

Alexander Graf: Hallo Joel, moin moin.

Joel Kaczmarek: Und ich stelle mich heute auf ein Feuerwerk der Emotionen und der Argumente ein, denn es geht um HelloFresh. Und wir haben im Vorgespräch schon gemerkt, hier wird durchaus kritisch gesehen, was dort passiert. Aber wir haben auch Fürsprecher. Also ich habe mir zur Vorbereitung dieses Podcasts nochmal angehört, was der gute Jochen vor, ich glaube, wann hast du den ersten Podcast gemacht zu HelloFresh? Im Sommer, glaube ich, ne? Juni 2017 so in dem Dreh?

Jochen Krisch: Genau, ja. Oder sogar noch früher, früher dürfte das sein. Schon vor zwei Jahren eingemacht zum damaligen Börsengang, aber das war der aktuelle, ja.

Joel Kaczmarek: Da warst du ja noch relativ optimistisch, wenn man sich jetzt so das Modell anguckt und die ganze Blue-Pron-Entwicklung. Das Klima ist schwieriger geworden und beim Geschäftsmodell merkt man auch, dass es wohl den ein oder anderen Haken gibt. Und die Kollegen von den Online-Marketing-Rockstars haben ja auch was ganz Spannendes als Diskussion gehabt im Zuge ihres Rocket-Podcasts, wo ich glaube Sven Schmidt gesagt hat, das sei ein fallendes Messer, an das man nicht greifen solle. Mal schauen, ob wir zu dem Schluss auch kommen. Also es soll heute um HelloFresh gehen und ich meine, eigentlich müsste jeder das Modell kennen, aber Alex ist immer so ein super Erkläronkel. Magst du nicht mal einmal ganz kurz für jemanden, der sich noch nie mit HelloFresh beschäftigt hat, in drei Sätzen sagen, was HelloFresh eigentlich tut?

Alexander Graf: Damit überrascht du mich aber total kalt. Jetzt muss ich auf deren Website gehen und eigentlich kann man ja vorlesen, was sie machen. Nein, also HelloFresh versucht ja das Essen und Einkaufsverhalten von Singles umzugestalten und bietet den in der Regel Singles oder kleinen Familien an, dass sie sich täglich oder wöchentlich frische Foodboxen liefern lassen, aus denen man dann sehr, sehr leckere Sachen kochen kann. Und diese Zusammenführung von Rezept mit den Zutaten und dem Convenience-Faktor, das direkt nach Hause zu bekommen, das soll uns allen helfen, uns gesünder zu ernähren und möglicherweise sogar kostenbewusster.

Joel Kaczmarek: So, jetzt machen die Jungs und Mädels aus Berlin das in so einem Soft-Abo-Ansatz, wie das glaube ich so neudeutsch heißt. Oder ich habe von Jochen schon gelernt, dass mein Müsli das viel bessere Wort hat, Lieferplan. Ich teile mit dir, dass ich das sehr sympathisch und spannend als Begriff finde. Und ich würde sagen, HelloFresh fokussiert sehr, sehr stark auf dieses ganze Thema Prozesse und Kontrolle der ganzen Lieferkette. Also eigene Logistik und arbeiten direkt mit den Zulieferern zusammen. Also versuchen da eigentlich den ganzen Prozess zu steuern. Da werden wir sicherlich auch nochmal drauf eingehen, was das mit so einem Modell macht. Aber wenn wir mal so ganz basic anfangen mit diesem Geschäftsmodell. Abo ist ja spätestens seit Jamba so in Deutschland so ein Reizthema. Trotzdem hat man sich dazu entschlossen, das auf dem Wege zu tun. Und Marley Spoon, was ja zum Beispiel so aus dem gleichen Umfeld hervorgegangen ist, auch eine Rocket-Gründung von dem Fabian Siegel, der ja sicherlich die HelloFresh-Sachen auch gesehen hat, hat ja anfangs mal versucht, kein Abo zu machen. Das hat nicht funktioniert. Also dieser Einzelboxenkauf war was, wo man gemerkt hat, das geht offensichtlich nicht. Also man ist schon auf diesen wiederkehrenden Umsatz angewiesen, was natürlich aber seine Tücken so bereithält. Was ist denn da so eure Haltung zu?

Jochen Krisch: Es ist ja so, dass HelloFresh ja auf einem, in Anführungszeichen, bewährten Modell aufsetzt. Das Grundmodell kommt ja aus Schweden, Linas Mattkasse, Einkaufstüte, auf Deutsch Schlemmer-Tüte hieß es mal in der deutschen Version. Hat dann nicht so funktioniert in der Expansion, aber in Skandinavien, also in Schweden gestartet, aber generell in Skandinavien ist das eine Hausnummer und gibt es schon vergleichsweise lang oder auf jeden Fall einiges länger als HelloFresh und funktioniert dort profitabel, trägt sich, passt. Also genau mit dem Modell. Und Abo, ich bin immer hin und her gerissen. Ich finde, es gibt Abo-Modelle, die Sinn machen für bestimmte Themen. Ich bin durchaus ein Freund von zum Beispiel den Bröbchen-Abos im Beauty-Bereich, was jetzt gar nicht so immer nur E-Commerce ist, sondern was so eine Mischung aus Marketing-Tool und…. Also in bestimmten Bereichen gibt es sinnvolle Abos. Das hat sich leider inflationär verbreitet. Insofern hat es bei vielen Kategorien nicht funktioniert. Deswegen hat es so einen schlechten Ruf. Ich finde aber jetzt gerade sowas HelloFresh machen und was auch andere machen jetzt mit diesen Soft-Abos oder wie auch immer man es nennt, also dass man einfach auch aussetzen kann und dass es nicht ganz so hart ist, finde ich eine gute Weiterentwicklung. Also in Deutschland ist wirklich der Abo-Begriff das große Problem, dass der vorbelastet ist, teilweise auch durch Buchclub-Zeiten, auch Bertelsmann Buchclub und solche Sachen. Gab es ja noch. Also insofern hat das irgendwie keinen sehr guten Ruf. Deswegen ist da Kreativität gefragt, wie man das hinbekommt. Aber im Grunde, rein aus Geschäftsmodellsicht, ist es natürlich ein dankbares Geschäftsmodell, weil du einmal den Aufwand reinsteckst, um Kunden zu gewinnen und hast dann dauerhaft die Möglichkeit, einfach Einnahmen zu erzielen.

Alexander Graf: Ich glaube, was man dazu nochmal ergänzen kann, ist, dass die Abo-Modelle ja im Wesentlichen entstanden sind oder auch sehr, sehr groß geworden sind, als das Thema Performance-Marketing, Suchmaschinen-Marketing, Facebook zunehmend schwerer zu skalieren war. Zalando ist ja in der Zeit entstanden, als die noch über sehr, sehr starke SEO und SEO-Arbitrage eigentlich auch wachsen konnten. Und seitdem eigentlich klar ist, dass über diese Auktionsmechanismen bei Google und Facebook es zunehmend teurer wird, Kunden zu generieren, aber auch zu reaktivieren, muss man sich natürlich überlegen, wie schaffe ich es, in den regelmäßigen Kundenkontakt zu kommen, ohne den Gafas davon Euro abzugeben. Das ist ja so ein Haupttreiber aus dem Abo-Modell. Und das wird bei einigen halt, wie Jochen schon sagt, halt schlau umgesetzt, bei anderen vielleicht nicht so schlau. Ich würde auch gerne Bildschirme im Abo verkaufen, das klingt wie ein gutes Geschäft, da sind gute Margen drauf, da kann man vielleicht mal jede Woche neue Bildschirme nach Hause bringen, aber bei vielen Modellen klappt das nicht so gut. Aber im Food-Bereich konnte ich mir das sogar vorstellen, weil ja die meisten Menschen jeden Tag essen und da finde ich es zumindest naheliegend, darüber nachzudenken, dass man das über ein Abo macht mit der Begründung, pass auf, du kannst das Abo flexibel einstellen, du kannst es wöchentlich einstellen, monatlich einstellen, du kannst es jederzeit kündigen. Vielleicht ist das sogar mit deinem Kalender synchronisiert und das System weiß irgendwann selber, wann du eigentlich was zu Hause geliefert haben möchtest, ohne dass der Kunde erstmal auf die Website gehen muss und vorher die Google-Suche bedient. Und das macht es natürlich ein bisschen günstiger in der Kundenakquise. Aber wenn man anschaut, wann diese meisten Abo-Modelle entstanden sind und wie sie entstanden sind, dann eigentlich erst ab so 2010, 2011, als es immer teurer wurde bei Google.

Jochen Krisch: Was ich aber prinzipiell sympathisch finde an Abo-Modellen, muss man vielleicht auch noch dazu sagen, dass sie vom Stammkunden her denken. Was im E-Commerce sehr selten passiert, wo man immer sehr auf Neukunden fixiert ist und dauernd im Prinzip Neukunden gewinnen muss. Und das liegt teilweise auch am Geschäftsmodell. Und ich finde, das ist eine Kategorie von Geschäftsmodellen, die zumindest mal auf dauerhaften Umsatz über Abos spekulieren, muss man sagen. Man kann es jetzt noch nicht als bewährt sagen, aber das ist ein Modell, warum es sich lohnt, diese Modelle zu verfolgen. Ein Grund, warum es sich lohnt.

Joel Kaczmarek: Ich meine, ich bilde mir ein, die Zahlen von HelloFresh sind in der Hinsicht ja nicht so transparent wie zum Beispiel von Blue Apron. Und ich glaube, bei dir auch gelesen zu haben oder gehört, war das damals im Podcast, dass Blue Apron, und die Zahlen stammen aber aus dem Q1 2017, wenn ich mich richtig entsinne, dass sie auch durchaus hohe Umsätze machen pro Kunde. Also wenn ich mich richtig erinnere, waren es so 250 Dollar pro Quartal pro Kunde, beziehungsweise dann 1.000 aufs ganze Jahr. Das ist ja gar nicht mal so schlecht. Und wenn man es dann noch hinkriegt, die Margen in den Griff zu kriegen, weil man in diese Prozessoptimierung reingeht und die Händler sozusagen oder die Zulieferer direkt anschließt, ist das ja schon ganz interessant.

Jochen Krisch: Ja, bloß natürlich, das ist eine Theorie, weil wie viele Kunden halten ein Jahr durch? Das ist immer so der Punkt und das kann man da nicht rauslesen. Ich glaube, alle sind ein bisschen ernüchtert. Groupon war im Prinzip das letzte Unternehmen, das wirklich schöne Einblicke gegeben hat in diese ganzen Kohorten und alles, was damit zusammenhängt, wurde aber überhaupt nicht verstanden. Also es sind ja da mehr oder weniger zerrissen worden, weil sie diese Einblicke gaben. Und seitdem macht es auch kaum jemand mehr so richtig. Entwindeln.de hat es eine Zeit lang gemacht, sodass man so eine grobe Orientierung hatte. Aber ansonsten ist es leider nicht mehr üblich. Und das macht es natürlich sehr undurchschaubar, weil rein über die Finanzkennzahlen bei einem sehr wachstumsstarken Unternehmen tut man sich sehr, sehr schwer, da weiterzukommen. Es wäre natürlich spannend zu wissen, wie lange bleiben die Kunden da und wie häufig bestellen sie in den Korten.

Joel Kaczmarek: Ja, ich glaube, uns werden drei Metriken so ein bisschen beschäftigen heute. Customer Lifetime Value, CLV, Customer Acquisition Cost, CAC und die Churn Rate bzw. Retention. Also mit dem ersten im Prinzip gemeint, wie viel Umsatz mache ich über die ganze Lebensdauer eines Kunden als HelloFresh? Das zweite, wie viel kostet er mich einzukaufen? Und das dritte, wie viele Churn, also wie viele gehen raus, wie viele kündigen bzw. Retention, wie viele bin ich in der Lage zu Wiederkäufen anzuregen? Weil das ist ja auch, was der Sven Schmidt im OMR-Podcast gesagt hat, dass er die Kundenbindung bei dem Modell für sehr, sehr schlecht hält. Dass er sagt, er hat die Vermutung, dass das System immanent ist, dort einen hohen Churn zu haben, einfach weil sich die Boxen irgendwann stapeln im Flur. Dass man da wirklich sieht, also ein Sportstudio sieht man halt nicht, da geht man nicht hin. Das fand ich ein ganz praktisches Bild eigentlich. Da merke ich eigentlich gar nicht, da sieht man zwar das Geld vom Konto gehen, aber es türmen sich nicht die Boxen oder die gammligen Lebensmittel auf, während das bei HelloFresh halt anders ist. Plus, das sieht man ja auch, irgendwie die, du hast es gerade selber angesprochen, die Kohorten bei HelloFresh sind ja wirklich gefühlt ein gut gehütetes Geheimnis, vielleicht aus diesem Grunde. Und was ich interessant fand, war, ich glaube, das habe ich auch beim Kollegen Graf, der sich also die Risikenanalyse des Börsenprospektes mal vornimmt. Aufmerksamer Leser, es gibt also Leute, die das lesen. Weil das Thema Saisonalität, also dass man durchaus auch das Problem hat, in den Sommerferien wollen viele Leute nichts bekommen. Es scheint mir so, dass eher in den kälteren Monaten, also vor allem zu Anfang des Jahres, viel dort bestellt wird. Das scheint also die Herausforderung zu sein, dass das da niederschlägt. Wie nehmt ihr denn dieses ganze Thema Wachstum und Kundenbindung bisher wahr bei HelloFresh?

Alexander Graf: Da würde ich gerne mal was sagen. Ich würde Lisa Schell auch gerne mal aufrufen, auch in deinem Podcast, wenn du das live bringst. Ich habe bisher ganz, ganz wenige HelloFresh-Kunden getroffen. Und die Vermutung, die Sven Schmidt hat, ist, dass sich irgendwo Kisten im Flur stapeln und man dann aufhört, bei HelloFresh zu kaufen. Unsere Vermutung ist, dass vielleicht das Abo zu schwierig zu verwalten ist. Ich würde mich total freuen, wenn mal ein paar HelloFresh-Kunden, da dürfte es ja unter den Hörern den einen oder anderen geben, hoffentlich, dass sie sich mal melden und mal so ein bisschen ihre Experience teilen und mal erzählen, wie sind sie eigentlich gewonnen worden? Hatten sie irgendwie so einen Gutschein bekommen auf dem Weihnachtsmarkt oder auf dem Flughafen, wie oft haben sie dort gekauft, wie viel haben sie eigentlich netto gezahlt, um so eine kleine Erhebung zu machen. Vielleicht können wir das auch in der WhatsApp-Gruppe da mal ein bisschen forcieren. Das würde mich mal super interessieren, weil leider ist diese ganze Kundenperspektive nicht nur in den fehlenden Kohorten erkennbar, sondern es fehlen auch überall Kundenstimmen, es fehlen so Success-Stories in diesen ganzen Unterlagen. Und das würde mir helfen, das zu verstehen. Was das Thema Marketing und Schörnern angeht, also da muss man ja sich nur mal die neuen Monatszahlen angucken, die aktuellen. Und da sieht man, dass sie in ihrem wichtigsten Markt, den USA, sind sie im Vergleich zum letzten Jahr vor, also vor zwölf Monaten quasi, haben sie statt, ich schaue mal hier ganz kurz auf die Zahlen rein, Active Customers. in three months end September 17 haben sie ungefähr 800.000, also geben wir an 790.000 und 2016 hatten sie 410.000. Also die Differenz ist ungefähr 400.000 Kunden. Die haben sie gewonnen innerhalb eines Jahres als Active Customer. und jetzt gehen wir mal davon aus, dass diese Darstellung, die HelloFresh dort zeigt, der Active Customer ist jeder, der irgendwie den Gutschein einmal angefasst hat, dass das irgendwie glaubwürdig ist und das wirklich Kunden sind, die kaufen. Dann kann man dagegen ja mal die ganzen Marketingaufwendungen halten. Die haben jetzt für das ganze Jahr natürlich noch nicht die ganzen Marketingaufwendungen angezeigt. Ich glaube, die haben Jetzt für neun Monate schon in 2017 180 Millionen ausgegeben. Davon werden das meiste in den USA ausgegeben haben. Ich denke mal sicherlich 160. Dann fehlen aber noch drei Monate aus dem letzten Jahr. Also irgendwo in Summe bei 190 Millionen wird das liegen. Sozusagen eine Marketingauswendung. Wenn man das jetzt mal teilt durch die Anzahl der Kunden, also durch 400.000 Kunden, die man dann dazu gewonnen hat. Ich kann das hier mal live machen. 190 Millionen Dollar. Und ihr sagt mir, wenn ihr irgendwas falsch findet quasi an der Herleitung. Ich möchte nur ein bisschen erzählen, wie ihr überhaupt auf diese Zahlen kommt und wie man da rangeht. 190 Millionen Dollar, die man im Marketing aufgewendet hat, um irgendwie Kunden zu gewinnen, mit Gutscheinen zu versorgen, durch ungefähr 400.000 Kunden.

Joel Kaczmarek: Aber Marketing ist doch, glaube ich, für die ganze Gruppe und nicht nur USA, oder? Ja.

Alexander Graf: Ja, aber das habe ich schon abgezogen. Aber dadurch, dass der Rest des Marktes gar nicht wächst, also da sind irgendwie nur 100.000 dazugekommen, geht das schon alles in die USA. Vielleicht ist es auch ein bisschen weniger, aber da kommt man auf fast 500 Dollar. Lass es mal 400 Dollar sein pro Kunde, die man ausgeben muss, um einen Active Customer, bei dem sogar die Definition des Active Customers schon ziemlich hanebüchen ist, um den zu gewinnen. Dann ist nämlich dieser 1.000 Dollar Umsatz, die du bei Blue Apron siehst, das ist gar nicht so beeindruckend, weil der Umsatz ist ja gar nicht so relevant. Die Frage ist ja, was verdienst du eigentlich mit einem Essen, mit einem Paket? Und wenn du jetzt mit einer Lieferung vielleicht nur einen Euro oder zwei Euro verdienst oder drei Dollar irgendwie verdienst, dann musst du erstmal diese 400 Dollar reinholen und dann muss man überlegen, wie lange denn diese Kunden dabei bleiben müssen, um im Durchschnitt überhaupt profitabel zu werden. Das ist ja das, was ja nicht nur mir, sondern auch dem Sven Schmidt oder auch Jochen, das gibt uns ja so ein bisschen zu denken. Und da fehlt uns so ein bisschen die Fantasie oder mir fehlt auf jeden Fall die Fantasie zu sagen, okay, Wenn ihr schon so viel Geld ins Marketing gesteckt habt, wenn das Produkt eigentlich okay ist, und das sagen ja auch die aktuellen Unterlagen, dass sie da jetzt ihre Logistikzentren ausgebaut haben, dass sie ihre Prozesse optimieren, also das kann ja nicht mehr daran liegen, dass das Essen irgendwie schlecht ist oder dass die Rezepte schlecht sind oder dass man das Abo nicht mehr richtig verwalten kann. Das gibt bei mir Anlass, sich Sorgen zu machen. Ich fände sogar 100 Dollar noch extrem viel, um so einen Kunden zu gewinnen, wenn es nur um dieses Geschäftsmodell geht. Und nachher reden wir darüber, wie kann das eigentlich noch ein bisschen erweitert werden. Aber ich kann momentan nicht verstehen, wie das Geschäftsmodell im Kern profitabel werden soll. Und über jede Expansion-Strategie, über die wir nachdenken, Marktplatz, Plattform, was auch immer, Die haben immer die Bedingung, dass das Kernmodell profitabel ist und stark wächst. Und das Geld, was man dann über hat, das steckt man dann quasi in Marktplatzfähigkeit zum Beispiel. Das gibt mir die größte Sorge. Und ich würde halt gerne mal sehen, wie sich so eine klassische Kohorte, die auf dem Weihnachtsmarkt gewonnen wurde mit so 20 Euro Gutschein von HelloFresh, wie sich die eigentlich verhält. Also wenn man 1000 Kunden hat, die alle so einen 20 Euro Gutschein bekommen, wie viel lösen die eigentlich ein? Wie viel bestellen quasi beim nächsten Mal zum Normalpreis? Wie teuer müssen die reaktiviert werden? Das ist ja auch in den Marketingkosten drin, diese Gutscheine, die Bestandskunden bekommen. Und da kann ich mir nur erklären, dass HelloFresh das nicht zeigt, weil diese Zahlen bisher nicht vielversprechend sind.

Joel Kaczmarek: Also ich habe mal geguckt, in den USA grassiert diese Zahl von 147 Dollar, die Blue Apron bezahlen soll, um einen Kunden zu kriegen. Und in den letzten Monaten aber bis zu 460. Also deckt sich ja eigentlich genau mit deiner Rechnung gerade. Also ungefähr knapp 500 Dollar pro Kunde. Und es heißt irgendwie im Zuge von HelloFresh in dem Fall, glaube ich, dass man ungefähr zwölf Monate braucht, die ein Kunde dabei bleiben muss, bis diese Zahl wieder reingeholt ist. So, Jochen, in deinem Podcast

Alexander Graf: Und das glaube ich zum Beispiel nicht. Das kann ich mir nicht vorstellen. Das ist ziemlich kurz, ne? Das ist zu kurz. Das kann ich mir vorstellen, wenn die Kundengewinnungskosten irgendwie über 100 Dollar liegen oder 150, dass dann ein Jahr ausreicht. Und vielleicht bezieht sich die Aussage quasi auch darauf. Aber das kann ich mir bei der aktuellen Wettbewerbssituation nicht vorstellen. Und Sie können ja auch Ihre Preise nicht erhöhen, weil dann laufen Sie ja automatisch in einen Wettbewerb mit Blue Apron oder möglicherweise Amazon-artigen Services. Das heißt, Sie sind ja auf der Topline pro Paket, sind Sie ja gecappt. Und da reichen zwölf Monate nicht aus.

Joel Kaczmarek: Jochen, ihr habt ja in eurem Podcast so ein Bild aufgemacht, was mir da auch gleich kam, der Vergleich zu Software-as-a-Service, also SaaS. Da hat man ja die gleiche Problematik. Also man hat am Anfang relativ hohe Akquisitionskosten, wenn man die Leute einkauft, also gerade wenn man so im B2B-Umfeld guckt und muss dann eigentlich schaffen, dass der Customer-Lifetime-Wert sehr, sehr lange anhält. Weil wenn man sich mal so ein bisschen die KPI-Gurus im SaaS-Bereich anguckt, also Ich habe zum Beispiel von Metrix-Partners, von dem David Skok, einiges gelesen, was sehr, sehr spannend dazu war. Oder hier in Deutschland, müssen wir gar nicht so weit gehen, der Christoph Janz von Point9, der teilt ja auch mal ganz kräftig Insights da zu dem Bereich. Da merkt man ja relativ schnell, dass ein Churn, also das Kündigen von Kunden, das gesamte Wachstum sofort killt. Also fehlendes Wachstum durch Kundenabwanderung ist wahrscheinlich so der Todesstoß, den man bei so einem Modell hat, weil dann gehen die Kurven wirklich von sehr steil zu sehr flach ganz schnell. Du hast das ja auch so ein bisschen infrage gestellt, gerade auch dieses ganze Thema, was sind aktive Kunden? Und ich glaube, ich habe es bei dir gelesen, dass du gesagt hast, naja, ich sehe da auch nur so Jahr-on-Jahr-Wachstum. Also wenn man es zum Vorjahr vergleicht, plus die ganzen US-Kunden scheinen nicht profitabel zu sein. Was ist denn da dein Big Picture zu dem ganzen Thema?

Jochen Krisch: Den Podcast, muss man dazu sagen, haben wir zu der Zeit aufgezeichnet, als die Blue Apron Zahlen noch besser aussahen, als in Anführungszeichen die HelloFresh Zahlen, wobei da gab es jetzt gar nicht so viele, wo ich mich so ein bisschen schwer tue. Deswegen, ich muss wahrscheinlich so ein bisschen in die Verteidigerrolle rutschen hier, wenn HelloFresh so niedergemacht wird, weil das haben sie auch nicht verdient.

Alexander Graf: Da bin ich ja mal gespannt, wie du das machst.

Jochen Krisch: Ja, also, wobei ich durchaus mit Skepsis rangehen möchte, möchte ich sagen, aber durchaus auch mal die andere Seite zu sehen. Ich glaube, was schwierig ist, das ist natürlich jetzt alles sehr spekulativ. Das sind alles Hochrechnungen, Umrechnungen, gibt es auch im Web, gibt es ja sehr schöne Analysen, sowohl zu Blue Apron als auch zu HelloFresh, die sich genau das alles vornehmen. Also die Akquisitionskosten und wie rechnet sich das? Was ist ein aktiver Kunde, was ist nicht ein aktiver Kunde? Ich glaube, man muss zwei Punkte sehen. A, das ist ein Geschäftsmodell für eine sehr spitze Zielgruppe. Und das ist aus meiner Sicht genau das Faszinierende, dass man mit relativ wenig Kunden ganz gut vorankommt. Die große Herausforderung ist, und da bin ich bei euch, schafft man die Kundenbindung? Bleiben die Kunden dabei und ist das ein dauerhaftes Modell? Und das Zweite, wo ich darauf hinweisen möchte, ist, wie jung das Unternehmen ist und wie extrem das wächst aktuell. Ich glaube, man muss schon ein bisschen auch berücksichtigen, was ist das Ziel, wo ein HelloFresh eigentlich mal hin will. Das ist für mich eigentlich immer das Spannende, war ähnlich bei Zalando und bei anderen, die auch am Anfang immer extrem geprügelt wurden, weil natürlich die Marketingkosten um einiges höher waren als die Umsätze oder das Wachstum. Woran arbeitet HelloFresh gerade? Und das sagen sie ja auch immer, um die Kundenbindung besser hinzukommen, indem sie flexibler werden in ihren Modellen, die sie anbieten, in ihren Essensvarianten. Also am Anfang sind sie ja gestartet mit ein, zwei, drei Menüs und die musstest du halt dann nehmen. Und wenn dir das nicht gepasst hat, dann warst du unglücklich und bist tendenziell wieder ausgestiegen. Jetzt versuchen sie es zu flexibilisieren. Sie versuchen in bestimmte Nischenthemen reinzugehen, also Spezialisierung, vegan oder was auch immer man für Präferenzen hat, sodass sie da nochmal speziellere Angebote machen. Und sie versuchen generell eine Flexibilisierung hinzubekommen, auch was Essen und Zutaten angeht. Ich habe ja intensivst mich in dem befasst, ich habe mir sogar den Investoren-Call jetzt nochmal angehört im Vorfeld dieses Podcasts zum dritten Quartal, war aber auch bei den ganzen Presseveranstaltungen, die sie ja gemacht haben. und da ist eigentlich immer die Argumentation, jetzt haben wir erstmal versucht, was hinzubekommen. Und irgendwie eine Dynamik reinzubekommen. Und jetzt geht es um die Professionalisierung. Und die Herausforderung jetzt im Jahr 2017, 2016, 2017 war, erstmal die Infrastruktur hinzubekommen. Also sprich, Sie nennen es Produktion, also die Lagerhäuser, aber wo Sie auch die Menüs konfigurieren und alles machen. Im nächsten Schritt geht es um die Automatisierung und das effizienter hinzubekommen. Und das sind so die Kennzahlen, auf die Sie achten. Das möchte ich gerne einwenden als zusätzliche Argumente. Also ich glaube, man muss schon sehen, im Unterschied zu anderen ist das kein Unternehmen, wo ich sagen würde, ich würde denen unterstellen, die machen einfach großen Wind und hoffen dann, dass es irgendwie klappt. Also die haben schon eine Vorstellung davon, wo sie hinwollen und gehen das… aus meiner Sicht sehr professionell an. Und man sieht ja jetzt im Vergleich Blue Apron versus HelloFresh, da sind schon noch mal Welten dazwischen. Also das, was Blue Apron jetzt öffentlichkeitswirksam an den Tag gelegt hat, das war ja ein Desaster. Also in jeglicher Beziehung. Die Versprechungen zum Börsengang und wie sie das jetzt umsetzen mit ihren Lägern, die sie etablieren wollen und mit ihrer Effizienzsteigerung. Also ein Desaster. Und aus HelloFresh-Sicht Man kann skeptisch sein, man muss auch skeptisch sein, aber sie haben sich in Anführungszeichen noch nichts zu Schulden kommen lassen. Also sie sind eigentlich jetzt sehr konsequent in einer Dynamik gewachsen, die eindrucksvoll ist und deswegen würde ich sie noch nicht abschreiben.

Alexander Graf: Das finde ich als Argument nicht ausreichend. Schlecker hat sich auch nichts zu Schulden kommen lassen. So jung ist es auch nicht mehr. Ich persönlich wünsche mir, dass HelloFresh mega erfolgreich ist. Das wäre cool für Berlin, das wäre cool für die Szene, das würde der ganzen Industrie helfen. Ich möchte ja, und von mir aus kann jeder diese Aktie kaufen, da voll reingehen. Ich kann mich auch sehr gut an die Zalando-Diskussion erinnern. Zalando hatte aber fairerweise schon relativ schnell nach dem Börsengang, die waren dann noch ein, zwei Jahre älter als Head of Fresh heute, nachdem Börsengang ist, relativ schnell auf einen Modus gedreht, bei dem sie gewachsen sind, ohne viel Geld zu verlieren. Und wir reden ja hier bei Head of Fresh schon über enorme Summen, die gemessen am Börsenwert und am Cashbestand aufgewendet werden müssen. Nur um den Bestand der Kunden zu halten. Ich habe mir auch schon zu Ideen zurechtgelegt. Ich habe das ja sogar in meinem HelloFresh-Artikel versucht, positiv darzustellen. Ich habe mir Ideen zurechtgelegt, okay, was könnte man denn noch machen, wenn man den Kunden da irgendwie hat. Ja, wenn man den schon im Food-Abo hat, kann man dem vielleicht noch eine Friseurkarte verkaufen. Keine Ahnung, irgendwas, was mit Lebensmitteln im Handel zu tun hat. zu tun hat, aber das ist total schwer. und dann lege ich mich wieder zurück. und wenn das gerade die Diskussion ist, die auch intern bei HelloFresh geführt wird, wo man sagt so, Mist Jungs, wir haben ein Problem, wir haben zwar noch ein bisschen Cash auf dem Konto, wir können aber nicht so richtig mehr wachsen mit unseren Kunden oder wir kriegen es nicht hin, dass die Marketingkosten viel besser werden. und das zeigt sich ja auch in der einen Präsentation, die die gezeigt haben, da haben sie ja schon gefeiert, dass die Marketingkosten, das war irgendein relativ bezeichnendes Slide, genau, Marketing Expenses als Prozent vom Revenue versus 2016. Dann haben sie gefeiert, dass sie von 27,2 auf 26,3 müssen. Aber sie müssen eigentlich auf 10 und da fehlt mir so ein bisschen die Fantasie, wie das gehen soll. Und ich würde es mir mega für die wünschen. Da finde ich halt, ist zumindest Skepsis schon angebracht und mir gefällt halt nicht, dass sie trotz des Börsengangs, obwohl sie das Geld ja schon eingesammelt haben, immer noch so hart Gas geben in der Kundenakquisition. Und nicht bisher gezeigt haben, auch nicht in den Unterlagen gezeigt haben, wo denn diese massiven Profitabilitätssteigerungen oder Ergebnissteigerungen herkommen sollen.

Jochen Krisch: Das stimmt, dass Sie das noch nicht gezeigt haben, aber vielleicht, wir können es ja dann kontrollieren. Also mit nichts zu Schulden kommen lassen, meine ich, nicht unter den Versprechungen gelegen. Und die Versprechung jetzt ist ja, Ende 2018 die Profitabilität zu erreichen. Also damit wären Sie so im Rahmen von Zalando, sage ich jetzt mal. Und das kann man eigentlich ganz gut tracken. Und HelloFresh präsentiert sich ja immer sehr, sehr selbstbewusst. dass sie jetzt die Infrastruktur gelegt haben, dass alles wunderbar geklappt hat, on time, on budget, die Lager ausgerollt auf allen Kontinenten quasi. Also ich gebe es jetzt nur mal wieder, also das ist jetzt nicht unbedingt nur eine Verteidigung, aber ich möchte einfach den Aspekt auch berücksichtigt haben, dass sie das jetzt 2017 erledigt haben. Jetzt können sie quasi 2018 dazu nutzen, das wirklich effizienter aufzubauen und haben auch Skalierungsmöglichkeiten im Rahmen ihrer bestehenden Möglichkeiten. Also Stichwort ist Professionalisierung jetzt in dem ganzen Geschäftsmodell und Ende 2018 und das wird natürlich genau verfolgt dann, dass sie tatsächlich da dann auch in eine Profitabilität kommen. Also ich vermute jetzt mal nicht, dass das Jahr 2018 schon profitabel wäre, das würde mich sehr wundern angesichts der aktuellen Marketingaufwendungen, aber das Ziel ist dann doch so.

Alexander Graf: Ich hätte mal eine Frage. Du warst ja im Investoren-Call drin, Jochen. Haben Sie was dazu gesagt, welche Größenordnung Ihre Logistik mittlerweile ausgelegt ist? Also wenn Sie jetzt Ihre Lager, Produktionsstätten irgendwie aufgebaut haben. Jetzt reden wir in den USA von irgendwie 800.000 Kunden. Also könnten Sie mit dem, was Sie heute aufgebaut haben, auch drei Millionen Kunden bedienen?

Jochen Krisch: Dazu haben sie nichts gesagt, nein. Es ging, wenn ich mich recht erinnere, nur um die Größe der Produktionsstätten. Nee, haben sie nichts gesagt. Sie halten sich da eh sehr bedeckt. Also sie sind allem ausgewichen. Auch Fragen zu Blue Apron im Wettbewerb und wenn dann immer sehr allgemein geantwortet.

Alexander Graf: Was hat er denn zu Blue Apron gesagt? Da hat auch bestimmt irgendein Jurist die Frage gestellt, sag mal, Blue Apron läuft ja nicht so gut, ihr habt doch das gleiche Geschäftsmodell, was sagst du dazu? Was hat er denn gesagt?

Jochen Krisch: Ganz so dramatisch war die Frage nicht, sondern die Frage war eher in die Richtung, zum Beispiel profitiert er von der Schwäche von Blue Apron im Marketing oder in anderen Bereichen. Und dann kam als Antwort, also A, kein direkter Bezug, auch von den Kennzahlen sehr vorsichtig, damit der Wettbewerb quasi nichts mitverfolgen kann. Und auch jetzt, was Marketing angeht, in bestimmten Bereichen profitieren sie, aber letztendlich ist das Marketing ja sehr unterschiedlich und die nutzen ja alle möglichen Kanäle und Wege, um Marketing zu machen. Also schon ein bisschen Und sie versuchen natürlich, das schon daraus zu arbeiten, dass sie jetzt am amerikanischen Markt vorankommen und irgendwie da kurz davor sind, quasi die Marktführerschaft zu übernehmen. Und das ist ja durchaus auch das Spannende jetzt für ein deutsches Unternehmen. Es ist das einzige Samba-Unternehmen oder aus dem Samba-Kontext stammende Unternehmen, dass jetzt wirklich groß in den USA das versucht, weil sie im Grunde früher dran waren. Das wird ja jetzt immer so anders dargestellt, dass HelloFresh nach Blue Apron zum Beispiel kam. Aber so ist es ja nicht. Es sind mehr oder weniger gleichzeitig, beziehungsweise HelloFresh hat durchaus noch so ein bisschen Vorsprung aus meiner Warnung heraus. Nee, leider, dazu gibt es leider keine Infos, so wirklich.

Alexander Graf: Könntet ihr nicht Kunden werden von HelloFresh? Also du, Joel, du bist jetzt ja sozusagen junger Familienvater. Herzlichen Glückwunsch nochmal dazu, hier ein großer Wunder im Podcast. Oder Jochen, wäre das was für dich?

Jochen Krisch: Für mich wäre es nichts, also

Joel Kaczmarek: Also ich habe schon darüber nachgedacht. Ich habe auch im Bekanntenkreis, ich habe einen HelloFresh-Kunden im Bekanntenkreis. Warte mal, die haben jetzt 1,28 Millionen aktive Kunden. Das ist so ungefähr die Reichweite unseres Podcasts. Also eigentlich müsste irgendeiner von denen hier auch zuhören. Ich habe einen Freund im Bekanntenkreis, der auch total begeistert davon ist und auch gerade dieses Pausieren. Und der zum Beispiel sagt auch, dieses ganze Thema Logistik hat einfach HelloFresh super gut im Griff. Dass er sagt, mit zwei Stundenfenstern genau können die irgendwie Änderungen noch umsetzen oder sagen, wann sie kommen. Man kann irgendwie pausieren. Also, dass man dem Unternehmen schon zugutehalten muss, ist, dass diese ganze Prozesskompetenz sehr, sehr hoch ist. Also, es ist, glaube ich, ein Kernfaktor, wenn man sich mit Dominik Richter irgendwie unterhält. Ich habe den mal zum Essen getroffen und für mich klang da irgendwie raus, dass es eigentlich zwei Dinge gibt, die HelloFresh sehr, sehr gut macht, die aber in der öffentlichen Wahrnehmung sehr zu kurz kommen. Und das eine davon ist die Logistik und Prozesskompetenz und das andere ist das ganze Thema US-Rollout, wie man es eigentlich schafft, sich gegen einen amerikanischen Wettbewerber Wo man nicht mal on the ground damals war, jetzt ist man es, wie man sich gegen den behauptet. Und das finde ich schon valide Punkte. Ich glaube auch, dass HelloFresh ein gutes Management hat. Ich glaube auch nicht, dass da dumme Menschen sitzen. Ich finde, das machen die schon gut. Um auf deine ursprüngliche Frage zu antworten. Ich finde, wenn man eine vierköpfige Familie hat und mal einen Wocheneinkauf gemacht hat und merkt, wie viel Zeit darauf geht. Wenn man an der Kasse eines Supermarkts steht, merkt man eigentlich erstmal, wie anarchisch dieses System ist. Oder anachronistisch. Dass man Waren in einen Korb tut, sie auf ein Band legt und sie wieder in den Korb tut. Ich könnte mir schon vorstellen, dass man da punktet, dann weiß ich aber auch wieder nicht, ganz günstig ist der Preispunkt ja auch nicht von den Boxen.

Alexander Graf: Du sprichst hier von der sogenannten Kassenzone.

Jochen Krisch: Da möchte ich noch kurz einhaken, also bevor du strukturierst, aber vielleicht ist es dadurch auch ein bisschen strukturierter. Ich glaube, ein Aspekt, den man auch nicht sehen darf und vor dem Hintergrund ich auch in HelloFresh oder alle Entwicklungen im Food-Bereich sehr spannend finde. Ich finde HelloFresh spannend, ich finde, was Picnic in Holland macht, die eine komplett andere Lieferstruktur aufbauen für den Food-Markt. weil ich mir nicht vorstellen kann, dass es nur so sein kann, dass wir die Supermärkte, die wir jetzt haben, online nehmen und dann quasi genauso einkaufen unsere Lebensmittel, sei es für einen Wocheneinkauf, sei es für schnelle Lieferungen über Prime Now, wie wir das bisher gemacht haben. Und HelloFresh oder Lina Smartkasse von, jetzt sagen wir mal, der schwedische Vorbild, Das ist für mich ein Ansatz, wie man es anders angeht. Und für mich das große Thema ist auch noch so ein bisschen, du hast es mit dem SaaS angedeutet, Food as a Service ist für mich so ein Schlagwort. Also denken wir Food weiter als Produkte oder denken wir nicht, wie wir Lebensmittel brauchen oder wie wir auch beliefert werden wollen? Also alle Modelle in dem Bereich. Also ich finde, man muss es auch so ein bisschen noch aus Marktsicht betrachten und aus generellen strukturellen Veränderungen, die wir haben. Also ich glaube, die Notwendigkeit ist sehr hoch da, dass da was passiert und passiert eigentlich noch zu wenig, weil die ganzen Lieferdienste in Deutschland, die Shopwings und wie sie alle hießen, sind ja eingegangen. GetNow versucht es jetzt so ein bisschen, dass da anders gedacht wird. und deswegen bin ich mit so einem Teil auch so ein bisschen enttäuscht, auch von dir, Alex. über die Skepsis, die dem Ganzen entgegenschlägt, weil ich glaube, dass wir Experimente in dem Bereich brauchen und wenn wir die immer super skeptisch betrachten, dann gibt es überhaupt keine Chance. Ich bin bei dir in der Argumentation, immer wenn man die Kennzahlen dann reingeht oder so, interessiert mich auch, finde ich hochspannend und fände es natürlich toll, wenn da ein bisschen mehr käme, ein bisschen mehr da ist, weil wir haben ja ein Okado

Alexander Graf: Ich finde, man muss zwei Sachen trennen. Ich bin total bei dir, wenn es darum geht, wir brauchen andere und neue Ansätze als irgendwie einen Rewe-Online-Shop. Da sieht man ja auch, wie schwer die sich tun, obwohl sie ja so viele Leute haben und viel in IT investieren, überhaupt das kundengerecht zu entwickeln. Das ist tatsächlich ja quasi der Supermarkt online. Und da steht, wenn ich auf die Startseite komme, Kategorien wie Joghurtprodukte, hier noch eine Butter, da ein Würstchen. Das macht ja gar keinen Sinn. Also auch die ganze Mobile Experience ist überhaupt nicht so, wie man eigentlich das erwarten würde von einem Online-Business. Und da glaube ich, und ich hatte das auch mal im Artikel geschrieben, Leute wie Dominik Richter und Netto Fresh, da können die, glaube ich, viel Druck auf den Markt entwickeln. Der hatte das ja bei der K5-Konferenz 2015 oder 2016. 16? Ich bin mir nicht mehr ganz sicher. Und der stand ja auf der Bühne. Und da ging es ja auch darum, okay, wer die eine Plattform für Lebensmittel handelt, der baut quasi eine Logistik auf, eine Lieferlogistik, eine Bestelllogistik. Da könnte man ja auch irgendwann Supermärkte draufschalten. Da glaube ich 100 Prozent dran, weil am Ende des Tages ist das nämlich auch ein Software-Thema. Also ich kann mir auch nicht vorstellen oder mache ich ja auch nicht, mit dem Tablet auf dem Sofa Produkte in den Warenkorb zu legen wie Butter und Würstchen. Das muss irgendwie ein bisschen cleverer gelöst sein. Das muss sich möglicherweise verbinden, auch mit meinem Kühlschrank, dass der irgendwie rausfindet, guck mal, das ist eigentlich dein Verbrauchstatus. So und so solltest du Butter kaufen. was brauchst du eigentlich an Materialien? Hier gibt es jetzt gerade ein Angebot von einem lokalen Händler aus deiner Region, der irgendwie Wein handelt oder der Schafe züchtet. So in dieser Art, das sind ja quasi alles Dinge, die technisch gelöst werden müssen. Heute ist quasi das Angebot von dem lokalen Schafszüchter hängt irgendwie auf einem kleinen schlechtgeschriebene DIN-A4-Zettel mit Schreibfehlern an der Edeka Frischetheke. Wenn man sich überlegt, wie das eigentlich sein könnte, weil die Leute haben ja Bock drauf, die Leute wollen ja lokal konsumieren, die wollen besser konsumieren, die wollen individueller konsumieren. Das sind alles Softwareprobleme. Die Produkte sind schon da. Die Lieferinfrastruktur, die wird ja jetzt so langsam entwickelt. Das ist auf jeden Fall ein Thema, an das ich sehr fest glaube und das ich mir auch sehr wünsche, auch für mich, weil ich mag es auch nicht gerne, so im Markt zu stehen. Aber zum Glück macht das meine Frau. Und Ich sehe die Gender-Kommentare hier reinfliegen. Die macht das auch gerne, sagt sie. Sie geht gerne einkaufen. Und das glaube ich 100 Prozent. Und ich glaube auch, das wäre eine super Option für Head of Fresh. Aber seit dieser Ankündigung auf der K5 vermisse ich da so ein bisschen Proof. Also das wäre total geil, wenn sie ihre Plattform öffnen würden, wenn sie nicht irgendwie bilaterale Verträge mit Lieferanten machen müssten, sondern sich Lieferanten auch mal aufschalten auf die Plattform und wie so eine Art Marktplatz das öffnen und dann nur noch an der Umsatzprovision mitbeteiligt sind. Und das sind halt so Themen, das erhoffe ich mir auch. Und das wünsche ich mir auch für HelloFresh, dass das irgendwie kommt. Aber wenn das so sein sollte, dann können sie ja darüber reden. Dann können sie ja sagen, guck mal, das haben wir vor, das wollen wir machen. Der Markt ist ja extrem responsiv. Ja, sozusagen die Resonanz, die man auf solche Ankündigungen bekommt, das sieht man ja bei jeder, sagen, HelloFresh kauft einen neuen Briefkasten, sozusagen PR-Welle, die über den Markt schlägt. Die ist ja da, die Kunden haben Bock drauf. Es gibt möglicherweise ganz viele Lieferanten, die da Bock drauf haben. Aber für mich sind das zwei getrennte Paar Show. Das kommt und das kommt auch von Unternehmen, die eigentlich vom Typus sind wie HelloFresh. Ich finde es nur schade, dass bisher da nichts von zu sehen ist.

Jochen Krisch: Ich habe Dominik Richter auf der Pressekonferenz im Frühjahr auch nochmal gefragt, ob in die Richtung was geplant ist oder das ganze Team. Und da ist nichts geplant. Woran die jetzt arbeiten, und das finde ich schon spannend, jetzt den Infrastrukturaspekt durchaus zu betrachten, ist exklusive Lieferantenbeziehungen aufzubauen. Und erstmal so von der Seite, das so hinzubekommen, so zu strukturieren, dass sie halt sowohl die Herkunft sicherstellen können, also sie wissen von woher was geliefert wird, teilweise wird es exklusiv angebaut, sie können das entsprechend konfigurieren. Also ist für mich schon als Infrastrukturthema durchaus auch spannend, weil sie es eben anders strukturieren. Der andere Aspekt, den finde ich persönlich auch hochspannend, weil ich mir vorstellen kann, da nach vorne raus ist da noch enorm viel mehr Potenzial. Aber witzigerweise, also man kann es positiv oder negativ sehen, also Sie bleiben sehr an diesem Geschäftsmodell Abo, Subscription hängen. Ich könnte mir vorstellen, also wenn man verzweifelter wäre, würde man das aufweichen und würde sich schon andere Dinge überlegen. Ich verzweifle das negative Ausdruck, aber es gäbe auch andere Potenziale und Möglichkeiten, das, was sie jetzt schon haben, auch zu nutzen. Machen sie nicht oder machen sie noch nicht. Da wird sich auch in nächster Zeit nicht so viel tun, sondern sie werden eher jetzt flexibler werden bei den Menüs, in der Zusammenstellung, im Aussetzen. Aber das schließt das nicht aus. Ich glaube, ihr großes Problem oder Thema ist natürlich auch, dass sie einen gewissen Preispunkt erreichen müssen. Und wenn man sich das unter der Hinsicht mal anguckt, das ist ja alles extrem hochmarschig, was die machen im Vergleich zu anderen Anbietern und das ist auch nochmal ein Vorteil. Liegt aber daran, dass sie natürlich auch extrem hohe Preise verlangen und die sind sicherlich jetzt nicht überall durchsetzbar.

Alexander Graf: Findest du, also das Veredelte, was sie haben, sie weisen ja eine Marge aus von irgendwie so 50, 60 Prozent und werden aufgefressen eigentlich von den Marketingkosten und von den Logistikkosten, sozusagen der Zubereitung und der Lieferung. Bei den Marketingkosten könnten ja heute aufhören quasi Marketing zu machen und müssten dann mit der Churn so ein bisschen leben. Hätten sie immer noch das Logistikproblem, was sie einfach noch besser hebeln müssten, da müssten ja auch einfach andere mit drauf. Aber es ist ja vertikal, sie stellen ja selber her und verkaufen an den Kunden. In der Fashion-Industrie zum Beispiel sieht man ja irgendwie Markups von 6, 7, 8, die da erzielt werden können. Und dann bleiben am Ende des Tages auch nur 10% EBITDA übrig. Das finde ich gar nicht so, also im Vergleich jetzt zur Marge eines Edeka, Rewe, Lidl ist das natürlich irgendwie beeindruckend, aber per se als vertikales Geschäftsmodell finde ich das jetzt gar nicht so ein krasses Markup.

Joel Kaczmarek: Bevor ich mal hier meine Systematisierungsmatrix gleich nochmal aufmache zu den Punkten, die wir bisher schon angesprochen haben, kann man es ja mal so ein bisschen runterbrechen. Also an und für sich ist HelloFresh ja ein Verkäufer von Lebenszeit so ein bisschen. Also Leute, die sagen, ich will mich gut ernähren, habe aber keine Zeit und will die Convenience, dass es zu mir nach Hause kommt. Für ein Hochfrequenzgut. Essen dreimal am Tag macht das eigentlich jeder von uns und braucht dafür halt als Asset, was es gerade aufbaut, A, dieses Thema Logistik und Prozesskompetenz, B, Daten und Dateninsights. Da können wir gleich auch nochmal drauf eingehen, ob das irgendwie noch geschäftsmodelltauglich ist. Und C, bist du ja in einem Markt da drin, also wenn man durch so einen Supermarkt mal durchgeht, die Supermärkte sind so die Gatekeeper, die dann eigentlich der Zwischenhändler sind und ganz viel Marge wegfressen, wenn ich jetzt mal klassisch Food denke, wie es zum Kunden kommt. Und die Hersteller, das ist ja eine Oligarchie. Also wenn man sich mal anguckt, was gehört alles zu Oetker, dann wird die Luft für viele andere schon ziemlich dünn. Da finde ich eigentlich schon valide zu sagen, dass ich in so einem Marktumfeld, wenn ich jetzt sage, ich will das irgendwie umstellen und möchte eigentlich Zwischenhändler rauskicken und selbst zum Versorger werden, da finde ich schon valide zu sagen, ich konzentriere mich erstmal auf meine Prozessqualität und auf den Zugang zum Produkt, sprich Hersteller, Produzenten, wie immer man das beim Thema Food nennen will. Das ist ja eigentlich ganz spannend, per se schon mal, das macht es halt teuer, unterm Strich, das ganze Investment, was du da leisten musst. Jetzt können wir wirklich mal ein bisschen reintauchen und dann können wir hinterher die Systematisierungsmatrix aufmachen und gucken, wo da irgendwie Chancen sind und zu sagen, was ist denn der mögliche Ausbau. Also Jochen hat ja eigentlich schon gesagt, Plattform für Food, dass man hingehen könnte und sagen, die Logistikpower, die Prozesskompetenz, solche Geschichten irgendwie gibt man weiter. Marktplatz war ein Thema. Ich glaube, machen die nicht eigentlich sogar schon so eine Art angebundenen Shop, dass man irgendwie sagen kann, ich brauche jetzt irgendwie ein Zwillingmesser oder Fisslertöpfe und kann die dazukaufen?

Jochen Krisch: Genau, Töpfe und Zubehör und Wein sind so die Themen, also Wein zum Essen quasi, die als Zusatzgeschäfte gerade etabliert werden.

Joel Kaczmarek: Das ist ja ein Hebel, den man gehen kann. Worauf man natürlich dann angewiesen ist, ist Reach, Reichweite. Wenn ich keine Kunden habe, macht eigentlich ein Marktplatz wenig Sinn. Ich kann mich ja nur zurücklehnen, wenn ich eigentlich eine Seite des Marktplatzes biete, nämlich die Nachfrage. So ein anderes Thema, was wir zum Beispiel noch gar nicht beleuchtet haben, wäre ja auch das ganze Thema B2B. Also passend zum Börsengang, wahrscheinlich auch irgendwie als kleine Alternativ-Story ist man ja auch hingegangen, hat gesagt, hurra, hurra. Jetzt machen wir auch intelligente Kühlschränke, die kann man sich ins Büro stellen und die beliefern wir mit HelloFresh und die Mitarbeiter zahlen im Prinzip über so eine Karte, also der liebevolle Co-Working-Space, in dem wir mit Digital Kompakt sitzen, RENT24 hat sowas auch, da kriegst du jetzt hier deine Karte, kann an den Kühlschrank gehen, das ist ein intelligenter Kühlschrank, der misst irgendwie, okay, wird sich das Gewicht verändert, vielleicht haben sie noch Kamerageschichten, weiß, wissen die, was man rausgenommen hat, also das ist ja durchaus auch eine Form von Abo-Modell, aber eigentlich mit einer ganz anderen Ausrichtung. Wollen wir da mal ein bisschen in die Richtung tauchen, was man noch so machen könnte, ist zum Beispiel B2B. was, was ihr als spannend empfindet im Segment Food?

Alexander Graf: Was ist denn B2B für dich?

Joel Kaczmarek: B2B heißt im Prinzip genau sowas, dass du Essen eher in Firmen verkaufst und die das an ihre Mitarbeiter distribuieren. Also dass eigentlich dein Kunde gar nicht mehr so sehr der Endkunde ist, sondern vielleicht eine Ebene höher der Arbeitgeber beispielsweise. Oder wie da, der Arbeitgeber stellt sich so einen Kühlschrank hin und der Endkunde ist dann wieder ein C.

Alexander Graf: Finde ich persönlich sehr spannend. Ich habe mir auch überlegt, wie ich HelloFresh helfen kann. Ich werde einfach Kunde. Nach einem Monat, dann kann ich demnächst, ich probiere das mal aus. Verspreche ich hiermit hohenheilig. Ich muss mal gucken.

Joel Kaczmarek: Ich will ein Foto sehen.

Alexander Graf: Ja, ich muss mir mal überlegen, wo ich so einen Gutschein noch habe. Vielleicht kann mir jemand einen Gutschein zuschicken. Nee, Also B2B finde ich super. Wir haben jetzt zum Beispiel bei uns im Office hier in Hamburg unter anderem so Mayan Menü. Das ist, glaube ich, einer der größten Anbieter in Deutschland von Essensmenü, wo die Mitarbeiter wirklich jede Woche aussuchen, was wollen sie eigentlich essen. Das kann man auch so ein bisschen subventionieren. Ich glaube, die beliefern auch so Kindergärten und Schulen, all sowas. Ich glaube, der Markt ist halt relativ groß. Der funktioniert ein bisschen anders, weil dort musst du halt den Zugang eigentlich über die Geschäftsführung oder Sekretariat bekommen. Da gibt es ganz, ganz, ganz, ganz wenig Churn. Zumindest so beobachten wir das in anderen Offices. Du hast ganz andere Produktqualitäten, die dort gehandelt werden in der Regel. Meistens ist es noch deutlich günstiger. Du bist da im Mittagsmenü-Bereich bei drei bis sieben Euro. Und sieben Euro ist da schon die oberste Grenze, also brauchst du ein bisschen was anderes in der Logistik. Aber ich glaube, das macht schon auch dort, wenn ich mir so angucke, wie sind diese Anbieter? Und da habe ich mir mal ein paar angeguckt im letzten Jahr, so Maya Menu und andere, wie sind die aufgestellt? Die haben halt irgendwie so Webseiten aus den 80er Jahren noch. Da rufen halt die Kunden einfach mal irgendwann mal an und fragen, ob sie Essen bekommen können und dann funktioniert das. Das ist ein ziemlich cooler und sehr, sehr großer und spannender Markt. Also da würde ich jetzt quasi, wenn B2B jetzt zum Beispiel, würde ich jetzt umfassen unter so Office-Belieferung, Also Leute, die im Business sind. Das ist, glaube ich, ein riesiger Marken. Da könnte man auch, wenn man das noch irgendwie kurzzyklischer macht und quasi alle Mitarbeiter können mit ihrer App irgendwie nochmal am Tag der Bestellung irgendwie nachordern oder sagen, ich hätte eigentlich Bock auf das und das heute. Das wäre, glaube ich, schon ziemlich cool, weil genau dort fehlt ja technische Kompetenz der bestehenden Anbieter.

Joel Kaczmarek: Ja, ich meine, vielleicht spielt da auch der Ablagepunkt irgendwie eine Rolle, weil mit Home Eat Home gab es ja auch irgendwie schon einen Ansatz aus dem Coca-Cola finanziert, erinnere ich mich damals. Die haben ja auch Kühlschränke gebaut, intelligente. Und ich hatte ein bisschen mal das Gefühl, dass es vor allem darum ging, diese Kühlschränke zu testen, weniger um das Produkt, was da drin ist. Und das hat halt nicht funktioniert, gefühlt, weil sie wahrscheinlich nicht an den richtigen Standorten waren. Also wir hatten zum Beispiel so Spätis in Berlin hier um die Ecke, da konntest du sowas holen. Da finde ich diesen Bürozugang schon ganz interessant. Also vielleicht sehen wir irgendwann nochmal eine HelloFresh-Kantine. Vielleicht kommt ja sowas sogar mal in so eine Richtung. Aber zurück zu den Ausbauten.

Alexander Graf: Oder ein HelloFresh-Store, das darüber noch nicht diskutiert wurde in der Presse, das wundert mich ein bisschen.

Joel Kaczmarek: Ja, in meinem Kochhaus eigentlich, das ist ja das HelloFresh-Pendant im Echtleben. Jochen, du hast ja schon mal so eine Plattformisierung als eine Zukunftsvision angedacht, wo man aber glaube ich schon noch ein paar Jahre von entfernt ist. Was hast du denn da im Kopf gehabt in Bezug auf HelloFresh?

Jochen Krisch: Naja, dass HelloFresh im Prinzip nur die Struktur bietet. Ich sehe sie da eher die Stärke quasi in der Produktion und eine Flexibilisierung raus, wie sie es dann letztendlich vertreiben. Also das heißt sowohl Standorte, Vertriebswege als auch letztendlich Produkte. Also das ist ja im Grunde das Spannende, da machen sie jetzt ihre Menüs zu unterschiedlichen Themen, Geschichten, aber im Prinzip können sie zu allem was machen. Also ich sehe das wirklich als die Stärke von dem HelloFresh aus meiner Sicht ist, wenn sie groß genug sind, können sie halt auch Dinge, wo vorantreibend jetzt ein klassischer Supermarkt nicht vorantreiben kann, die aber im Prinzip ein klassischer Hersteller oder wer auch immer oder Großhändler auch nicht vorantreiben kann, weil er einfach den Zugang zu Kunden- und Vertriebswegen etc. nicht hat. Also allein da sehe ich schon extrem große Chancen. Und dann kann ich mir eben durchaus vorstellen, warum soll jetzt nicht ein Aldi oder ein Rewe quasi ein HelloFresh nutzen, im Backend quasi, um spezialisiertere Food-Services oder meinetwegen auch nur Produkte, also Kühe sind Services. ist relativ langweilig, weil dann haben wir wieder alles, was ins Regal passt quasi. Und ich glaube eben, dass online oder generell digital andere Möglichkeiten bietet, eben durch andere Zahlmethoden, andere Frequenzen, durch eine direkte Kundenbindung, die Daten, die du nutzen kannst, all das. Und ich glaube, dass da HelloFresh fleißig sammeln kann. Und ich bin durchaus bei Alex, die Masse der Kunden ist es jetzt nicht, aber was du über die einzelnen Kunden erfährst, die, sofern sie dann dabei bleiben, ist schon immens. Da sehe ich keine Grenzen, in welche Richtung man dann denken kann.

Joel Kaczmarek: Glaubst du, dass das so aus Business Intelligence Sicht auch was sein kann, dass man mit diesen Daten noch verstärkt arbeiten könnte und da Geschäftsmodelle erschließen?

Jochen Krisch: Ja, also sowohl in Personalisierung und Präferenzen, aber auch hinten raus. Im Prinzip geht es ja auch darum, die Logistik hinzubekommen. Welche Mengen brauchst du wann? Und das ist ein sehr geplanter Prozess. Die wissen heute schon, welche Gerichte sie in sechs, acht, zwölf Wochen anbieten wollen oder wahrscheinlich noch stärker voraus, welche Fleischmengen sie brauchen, welche Gemüsemengen sie brauchen. Alles, was damit zusammenhängt, das ist ja viel effizienter strukturier- und koordinierbar. Also es ist nicht mehr so, dass ich sage, ich habe jetzt Bananen und die Bananen müssen alle verkauft werden, sondern ich weiß, ich habe zu der Saison, ja Bananen ist jetzt ein blödes Beispiel, das braucht man jetzt für weniger Gerichte, aber wirklich so ein Grundsalat oder was auch immer und kann das entsprechend gut timen, kann einfach sagen, ich brauche die Mengen von den Lieferanten, Und da stoßen sie jetzt ja zum Teil schon an ihre Grenzen, dass bestimmte Lieferanten einfach überfordert sind für das, was sie brauchen. Und ich glaube, da ist jetzt, was die Strukturen im ganzen Food-Bereich angeht, ist extremes Potenzial. Und da sehe ich eben ein HelloFresh besser gerüstet als jeden anderen. Ich wüsste niemanden, der ähnlich in der Lage wäre, das dann so zu machen und so voranzutreiben.

Joel Kaczmarek: So, jetzt mal als angedrohte Systematisierung. Wenn wir das Ganze jetzt nochmal ein bisschen aus der Vogelperspektive betrachten, kann man ja auch mal ein bisschen aufgreifen, was der Kollege Sven Schmidt bei den Online-Marketing-Rockstars so aufgegriffen hat. Dann haben wir auf der einen Seite das ganze Thema Produktkosten, Produkteinnahmen, wo Alex jetzt irgendwie gesagt hat, die Produkteinnahmen sind erstmal ein bisschen begrenzt. Also ich kann die Boxen nicht viel teurer machen, weil ich da die Konkurrenz als Benchmark habe. Gleichzeitig sind die Produktkosten relativ hoch, aber mit guten Margen. Man muss zwar schaffen, so Verderbequote irgendwie im Griff zu behalten, Einkauf zu managen und so weiter und so fort. Aber so Produktkosten als das eine. So zweite Ebene, Logistikkosten steigen tendenziell. und dann ist ja auch so ein bisschen die Frage, wenn man Exciting Commerce liest dieser Tage, da geht es ja sehr viel um DHL und Hermes und was passiert eigentlich, wird sozusagen die Lieferung eigentlich irgendwann mal zum Bottleneck für den Online-Handel. Das sind ja so zwei Faktoren, also Produktkosten, Logistikkosten, wo jetzt zum Beispiel Sven Schmidt sagt, die betrachtet er als systemimmanent. Hat er ja nicht ganz unrecht, so, hm. Und dann haben wir die anderen beiden Aspekte,die wir unter dem Dach vom Marketing gesehen hatten. Das waren einmal die Kunden-Akquisitionskostenund das Thema Churn beziehungsweise Customer Lifetime Value,wie immer du das sehen willst. So und wenn man jetzt mal HelloFresh konkret nimmt,haben die auch irgendwie hohe Gutscheinlastigkeit. Ja, also du sagst im Prinzip 58 %, hatte ich gelesen,ist der Rabatt, den durchschnittlich ein Kundeauf die erste Bestellung bekommt. Also da irgendwie eine hohe Streuung, hoher Verlust plus das ganze Marketing-Thema, also 180 Millionen irgendwie finde ich schon sehr, sehr krass oder 190, was Alex beinte bei den Customer Acquisition Costs. Dann ist die Frage, wie viele von denen bleiben aktiv, sonst muss ich eigentlich meine Customer Acquisition reingeben, um mein Wachstum sozusagen stetig zu halten und nicht mal mehr nach oben zu wachsen. So, wenn ich jetzt diese vier Punkte nehme, Produktkosten und Logistikkosten als relativ systemimmanent und irgendwie Churnrate und Customer Acquisition Costs als etwas, was flexibel ist, dann ist ja schon berechtigt zu fragen, was kann HelloFresh tun, um eine dieser Seiten zu beeinflussen. Also die Produktkosten wirst du eigentlich nicht senken wollen, die Qualität musst du halten, hast du den Benchmark, Logistik wird tendenziell eher teurer, vielleicht prozentual gesehen geringer, aber die Zahl steigt. So und dann ist eigentlich die Frage, wie kann ich die billiger einkaufen, wie kann ich sie aktiv halten, beziehungsweise gibt es noch irgendwie eine fünfte Ebene, wie ich mit denen mehr Geld verdiene. Das war so die Matrix, wie ich überlegt hatte und da können wir mal jetzt diese Ausbauten, die wir uns überlegt haben, ein bisschen drauf mappen. Wo seht ihr denn da Potenzial, dass man an irgendeiner dieser Stellschrauben was drehen kann?

Alexander Graf: Also ich sehe fairerweise das Potenzial in allen Stellschrauben. Da muss man so ein bisschen trennen, wie groß ist das Potenzial. Ich glaube, bei den Produktkosten, das finde ich jetzt gar nicht so wild, weil die werden ja je nachdem, was man bestellt, auch weitergegeben an den Kunden. Da hat man ja quasi auch variable Produktpreise am Ende des Tages, mit denen man das irgendwie regeln kann, wenn halt jemand gerne immer Hummer isst. Dann kann ich ihm einfach das höher in Rechnung stellen. Das finde ich jetzt unproblematisch. Bei Logistik sei das glaube ich ein Skalenthema. Ich glaube, da wird es vor allem durch Automatisierung gelöst. Ich weiß nicht, ob da was in dem Call erzählt wurde, aber irgendwann wird HelloFresh sicherlich dazu übergehen, halt immer stärker zu automatisieren. Das wird das Ganze viel, viel billiger machen. Du bist ja heute bei einem Gericht. Ich habe jetzt hier gerade mal das Bestellformular parallel ausgefüllt. Für zwei Personen dreimal pro Woche bin ich ja bei sieben Euro pro Gericht. Das ist ja schon eine ganze Menge. Auf der Marketingkostenseite, da muss man so ein bisschen überlegen, wo das herkommt. Ich glaube, da muss man vielleicht irgendwann erkennen, dass der aktuelle Marketing-Approach nicht fruchtet. Vielleicht ist das so, vielleicht sind aber auch die Kohorten, die in den letzten zwei Quartalen gewonnen wurden, extrem vielversprechend, deswegen machen die das weiter. Dann wäre für mich eher sozusagen ein Umschwenk auf ein B2B-lastigeres Modell sinnvoll und sagen, okay, dann setze ich mir halt irgendwie 20 Leute hier ins Callcenter und rufe jedes Büro in Hamburg an. oder in Berlin oder wo auch immer und schicke denen halt meine Boxen und werde halt eine Konkurrenz zu MeierMenü. Also für mich wäre quasi der Ausbau des Modells in so einem Plattformgeschäft, um zum Beispiel Lieferanten, die vielleicht gar nicht in der Kochbox sind, Zugang zu meinen Kunden zu gewähren, das wäre eigentlich erst dann möglich, wenn man eine sehr, sehr stabile Kernkundenbasis hat, dem man das auch zutraut, darüber zu kaufen. Heute brauchen Sie ja jeden Augenblick Aufmerksamkeit in der HelloFresh App oder auf der Webseite. damit die Kunden ihre Boxen verlängern oder dort mehr in die Box tun. Das ist auch noch zu wenig Frequenz, aus meiner Sicht, daraus ein Plattformgeschäft zu machen. Aber ich glaube, drehen kann man, müssen sie ja auch an allen. Also das zeigen ja die Zahlen. Also die sind ja immer noch sehr, sehr unprofitabel. Also müssen sie an allem gleichzeitig drehen. Aber ich sehe jetzt keinen, und das ist ja das, was du implizit fragst, ich sehe jetzt irgendwie keine Abkürzung. Das wäre ja auch vermessen von uns, wenn wir das von außen aus dem Business behaupten würden, wir sehen da irgendwie so den Mega-Weg. Die Jungs, die das machen, sind ja nicht doof. Deshalb, ich glaube, ist noch sehr viel harte Arbeit einfach vor denen.

Jochen Krisch: Das wäre nämlich auch mein Punkt. Ich sehe komischerweise gar nicht die Notwendigkeit. Ich bin bei dir, es gäbe überall Hebel, aber ich sehe jetzt nicht wirklich die Notwendigkeit. Weil das, was es ja negativ macht, ist mehr oder weniger die hohen Marketingaufwendungen. Und die sind natürlich zum Teil auch dem Wachstum geschuldet. Durch das Wachstum entstehen die. Die Frage ist für mich ja, ist die Marge hoch genug, sodass das ein tragfähiges Modell sein kann für Stammkunden? Jetzt mal so. Und die Herausforderung ist für mich dann die Kundenbindung. Und das ist für mich der Hebel. Und das ist das, was ich am wenigsten einschätzen kann. Ob sie die Kundenbindung hinbekommen. Was ich dann aber schon sehe, ist, dass gerade in Unternehmen wie Health Fresh, die ja sehr spezielle Kunden haben, dass da natürlich Mehrwert-Services drin sind. Da sehe ich Potenziale für zusätzliche Erlösströme im Gesundheit-Wellness-Bereich oder was auch immer. Also es sind ja alles ernährungsbewusste Leute, die das machen. Oder Leute, die eben wenig Zeit haben. Also ich glaube Da könnte man schon, wenn man in der Not wäre, sich was überlegen, würde aber komplett wegführen von allem, was es ist. Aber ich würde jetzt erstmal HelloFresh betrachten als das, was es ist, ein Lebensmittelunternehmen oder Produzent oder wie auch immer, also ein Handelsmodell, das mit der Marge in irgendeiner Form auskommen muss. Und das sehe ich interessanterweise nicht so schwarz. Also in den Kennzahlen sehe ich nicht so schwarz. In der Kundenbindung, das kann ich nicht beurteilen. Da würde ich meine Skepsis erweitern lassen. Und das wäre für mich halt das Spannendste. Wie viele bleiben dabei? Wie viele bleiben wie lange dabei? Welche brechen weg? Das sind für mich Zahlen, die mir das dann eigentlich erst erlauben. Und die gibt es ja leider nicht. Deswegen ist das echt alles immer sehr spekulativ.

Alexander Graf: Das ist ja dann nochmal ein Hinweis dafür, dass Joel direkt nach diesem Podcast diese Umfrage per Google Forms erstellt und die teile ich dann auch in der WhatsApp-Gruppe. Ich würde gerne mal so 30, 40 Kunden haben von HelloFresh, die einfach auch mögliche Ex-Kunden von HelloFresh, die mal sagen, wie sind sie akquiriert worden, wie viel haben sie bestellt, wie bestellen sie heute, finden sie es teuer oder billig, ist die Einkommensklasse eher sehr hoch oder eher mittelhoch? und da sozusagen stochern wir ja die ganze Zeit so ein bisschen im Dunkeln. Und dadurch, dass sie eine sehr, sehr breite Definition haben der aktiven Kunden, also Jeder, der die Geschenkgutkarte auf dem Weihnachtsmarkt aufgehoben hat, der ist ja quasi Kunde. Da habe ich ein bisschen die Befürchtung, dass sich auch nicht so super attraktive Kunden in diese Kohorten einmischen. Und sozusagen jemand, der jetzt bereit ist, jede Woche 40, 50 Euro an HendoFresh zu überweisen und das auch gut findet, den, da gebe ich dir recht, super attraktiver Kunde, toll für Ausbauservices. Aber ich hätte so ein bisschen die Angst, durch diese super breit gestreute Marketing und sehr, sehr gutscheinangeregte Marketing, dass man dort auch Kunden anlockt, die einfach das mitnehmen, weil es gerade kostenlos ist oder fast nichts kostet.

Jochen Krisch: Absolut. Und die Kennzahl fehlt mir eigentlich. Also wirklich so eine Kern-Kunden-Kennzahl, sodass man es dann wirklich beurteilen könnte. Das wäre natürlich das Spannendste. Das werden sie nie rausgeben, werden auch die anderen nie rausgeben. Sie tun sich natürlich schwer, mit dem Geschäftsmodell wirklich Millionen von Kunden oder Zalando-Niveau 20 Millionen Kunden hinzubekommen. Das wirkt natürlich sehr viel eindrucksvoller. Deswegen ist es schon ein Einerseits heikles Geschäft, aber andererseits, wie gesagt, auch sehr dankbar, wenn man es wirklich aus Stammkunden-Sicht betrachtet und wenn man sich das auf die Fahnen schreibt, da wirklich die Kundenbedürfnisse gut zu bedienen. Das traue ich mir momentan leider nicht zu, das einzuschätzen.

Joel Kaczmarek: Ich meine, ich gucke gerade nochmal in die Unterlagen des Q3 2017. Da wird irgendwie erzählt, dass ein Kunde im Durchschnitt, und ich glaube, es bezieht sich auf die Quartalszahl, 3,63 Bestellungen pro Quartal, verstehe ich das jetzt, macht. Von 3,58, die es ein Jahr zuvor war. Also 0,05 Bestellungen mehr hat man jetzt geschafft, pro Kunde auf ein Jahr zu gehen.

Jochen Krisch: Ja, aber bei X

Joel Kaczmarek: Bei extremem Wachstum.

Jochen Krisch: Das sind ja auch sehr verfälschte Referenzzahlen. Also das Wachstum ist ungefähr gleich geblieben. Insofern passt das schon. Das ist ähnlich wie bei Zalando auch, wo sich jetzt langsam erst herausstellt, ist ein Zalando ein Stammkundengeschäft oder können sie nur gut Neukunden gewinnen? Also auch da sieht man jetzt erst, wie die Bestellfrequenzen langsam steigen und wie das eben dadurch, dass sie weniger Neukunden gewinnen, sich langsam einpendelt. Aber ich bin bei dir, ich sehe es genauso. Also da ist natürlich jetzt nicht viel passiert.

Joel Kaczmarek: Naja, ich meine, man kann es auch mal anders übersetzen. Wo ich neugierig drauf bin, ist, wie man eigentlich versucht, den Umsatz pro Kunde zu steigern. Selbst wenn ich hohen Churn habe, könnte ich ja überlegen, ob ich Teile dessen abfedern kann, indem ich mir nicht Neukunden besorge, sondern von den Bestehenden sozusagen mehr Geld kriege.

Jochen Krisch: Ja, aber das macht sie durch Flexibilisierung und dadurch, dass sie die Aussetzzeiten quasi versuchen zu verringern und da hinzukommen. Da sind sie extrem am Optimieren und haben da wirklich Teilweise wahrscheinlich auch selber geflucht, dass sie noch nicht die Möglichkeiten haben, also dass sie noch nicht so flexibel sind, das hinzubekommen. Also deswegen, da zumindest sind sie dran. Also das ist ja auch offiziell kommuniziert.

Joel Kaczmarek: So, jetzt würde ich abschließend mit euch gerne nochmal so ein bisschen den Benchmark aufmachen zu Blue Apron. Dass wir mal ganz kurz nochmal USA anschauen und so ein bisschen Internationalisierung, also hier mal ein bisschen Lokalpatriotismus. Und dass wir vielleicht auch nochmal besser verstehen, was eigentlich international noch für Wachstumspotenzial und Möglichkeiten da sind. Also Blue Apron ist so der 1 zu 1 Kandidat, den man mit HelloFresh halt irgendwie immer vergleicht. Und vielleicht auch mal interessant als Vergleichsmoment hier dann das Funding. Blue Apron hat bisher 200 Millionen Dollar an Finanzierung bekommen, HelloFresh sogar 365. So, jetzt sollten wir mal allen Menschen, die sich mit Blue Apron und ich durfte bei Jochen lernen, das heißt blaue Schürze, die sich damit noch nicht so beschäftigt haben, vielleicht kann einer von euch mal ganz kurz zusammenfassen, was so die Börsengeschichte von Blue Apron bisher war, weil wenn man das im Vergleich sieht, können wir uns ja glaube ich noch ganz glücklich schätzen, wie das bisher bei HelloFresh aussieht. Jochen, du warst so da dicht dran, vielleicht kannst du ja mal einen kleinen Blick auf Blue Apron geben.

Jochen Krisch: Ein Wort, ein Desaster. Ja. Also mit hohen Erwartungen an die Börse gegangen, wollten da an die 3 Milliarden Bewertung erreichen, haben dann nur eine Bewertung von 2 Milliarden erreicht und entsprechend weniger Einnahmen gehabt. Und deswegen ist Blue Apron jetzt in dieser Not, dass sie weniger Einnahmen haben, die sie letztendlich für Marketing ausgeben wollten, als geplant. Deswegen mussten sie extrem bremsen, was das Geschäft anging im dritten Quartal. Kaum noch Wachstum, haben Leute entlassen müssen, tun sich ganz, ganz schwer in dem Bereich und die sind jetzt in der Situation quasi ausgebremst worden zu sein. Durch diese Konstellation haben dann auch noch eine ganz ungeschickte Kommunikation hinbekommen. Sehr, sehr schwieriger Fall und davon profitiert natürlich ein HelloFresh jetzt im US-Markt, da die eben in einem ganz regulären Modus weitergehen können und das ausbauen können. Sie mussten ihr Marketing nicht reduzieren, wie man an den Q3-Zahlen sieht. sondern bauen das stark aus. Also im Blue Apron muss man sich inzwischen wirklich Sorgen machen. Sie sagen dann, es gab ein ausführliches Interview auf der CodeCommerce-Konferenz, auf der ich auch war, und da hat sich der Gründer so ein bisschen rumgedrückt und ist nicht auf die Themen so wirklich eingegangen und sagt eben, ja, wir haben das unterschätzt, was wir als Public-Unternehmen quasi für Kommunikationsherausforderungen haben. Wobei, das waren nicht andere als bei anderen auch. Man hat einfach gesehen, die haben bestimmte Themen nicht im Griff. Und haben sie im Vorfeld anders kommuniziert als, das waren ja nur drei, vier Wochen später, dann bekannt geworden. Und das ist natürlich fatal, wenn man mit einer Strategie an die Börse geht, die dann quasi nach einem Monat hinfällig ist. Insofern muss man, an Blue Apron bin ich sehr, sehr skeptisch. Da würde ich fast allen Argumenten folgen und ob die das nochmal hinbekommen. Also im Grunde werden sie jetzt zunehmend zum Übernahmekandidat. Jetzt liegen sie, glaube ich, noch mehr bei 500 Millionen Euro.

Joel Kaczmarek: Das war nämlich meine Frage, jetzt genießen eine der Ausbaufragen, ist das ein Fusions- oder sogar Übernahmekandidat?

Alexander Graf: Ich lese hier gerade auf der Freecode, Blue Apron is the worst performing major US IPO this year. Okay, krass. Welche Bewertungen sind denn in die Börse gegangen?

Jochen Krisch: Das waren dann 2 Milliarden.

Alexander Graf: 2 Milliarden für 9 Dollar oder so was?

Jochen Krisch: Genau, 9 oder 10 Dollar waren das, glaube ich.

Alexander Graf: Und jetzt sind Sie bei 2,5, also 3 Dollar, ein Drittel, also 600 Millionen, 500 Millionen. Ich glaube, wenn Sie nochmal die Hälfte verlieren, dann ist es billiger für HelloFresh Blue Apron zu kaufen, als die Kunden frei auf der Straße zu gewinnen.

Jochen Krisch: Ja, es ist auch immer die Frage, wann die Kunden dann auch wieder wegbrechen. Wenn, dann müsste es relativ bald passieren. Also ich wüsste nicht, wie sich das nochmal drehen soll, weil im Prinzip bräuchten sie ja dann nochmal Kapital oder das Kapital, was sie eigentlich im Börsengang geplant haben zu bekommen. Und das ist zu der Bewertung unnötig. Also wahrscheinlich würde das Unternehmen das gar nicht machen wollen. oder die Investoren, die ja immer noch drinstecken. Also die haben sich jetzt in eine Lage manövriert, die wirklich sehr, sehr schwierig ist. Und zwar sowohl was die Unternehmensführung angeht, als auch was die Kommunikation angeht. Das finde ich ja dann immer das Erstaunliche. Also das war wirklich dilettantisch, dann zum Teil auch kommuniziert, auch wie reagiert wurde. Ein bisschen was könnte man ja dann auch auffangen. Also insofern stehen sie wirtschaftlich desaströs da und in der Kommunikation desaströs da. Muss man wirklich mal gucken, was jetzt daraus noch wird oder werden kann.

Joel Kaczmarek: Ich habe gelesen, dass Blue Apron wie eine Million Kunden hat in den USA und ich glaube, es hat pro Monat 120.000 verliert. Also die Churnrate irgendwie bei 12 Prozent sogar bis zu liegt, vermutet man. Das ist ja schon krass. Und was ich als interessante Background-Stories fand, war, was ich bei dem Sven Schmidt gehört, dass einerseits die Investoren halt diesen Case sehr an die Börse gepusht haben, weil man im freien Markt nicht mehr die Bewertung erzielen konnte, die man gerne wollte, ohne dass man eine Down-Round irgendwie hätte in Kauf nehmen müssen und entsprechende Verwässerung. Und das andere ist wohl, dass vor allem in den Küstenstädten, auf die sich ja Bluepron irgendwie konzentriert hat, weil wahrscheinlich sehr kaufstark, sehr passend für dieses Modell, dass da halt die Churnrate hochgegangen ist, also dass immer mehr Kunden aus diesem Modell rausgegangen sind, warum auch immer. Man versucht hat, das irgendwie durch Neuakquise im Inland, also ich denke mir immer richtig so Alabama, Mittlerer Westen, USA, versucht hat aufzufangen, was wohl aber kolossal schlecht funktioniert haben soll, weil die Nachfrage war nicht so da, das Marketing performte nicht und so gingen dann diese ganzen Unit Economics in den Keller. Was heißt denn aber eigentlich so ein schwaches Blueprint von HelloFresh? Das war ja auch die Journalistenfrage auf dem Call. Was hast denn du da mitgenommen? Ist ein schwaches Blueprint für HelloFresh gut oder eher schlecht? Weil man hat ja auch so Market Education, dass man das Modell irgendwie erklären muss. Wettbewerb befeuert eigentlich, dafür gehen die Marketingkosten hoch. Unterm Strich, ist es eher schlecht oder eher gut oder neutral?

Jochen Krisch: Das wurde an einem Call natürlich nicht diskutiert, weil sich Dominik gewunden hat. Aber natürlich ist es gut. Also besser könnte es gerade nicht laufen für HelloFresh, was den US-Markt angeht. Und ich meine, ihren Sitz haben sie ohnehin schon Richtung New York verlegt. Also ein Dominik Richter Sitz in New York und von dort aus das Unternehmen schon seit ein, zwei Jahren jetzt, weil sie sich den US-Markt eben sehr stark vorgenommen haben. Und ich meine, im Prinzip werden sie sich jetzt ins Fäustchen lachen, weil das ist genau das, was natürlich perfekt ist. Und Rocket ist noch mit 50 Prozent knapp beteiligt. Hat zwar keinen großen Einfluss, die Stimmrechte sind nicht so hoch wie die Anteile. Insofern ist es nicht fair zu sagen, das wäre jetzt eine reine Rocket Company. Also da haben die Unternehmensführungen schon die Entscheidungsfreiheit, aber das ist eine Chance, die man natürlich jetzt nutzen könnte. Also wenn man an den Markt und an das Geschäftsmodell glaubt und jetzt sieht, Blue Apron ist schwach. müssen sich natürlich immer gegen Amazon rechtfertigen, weil Amazon auch so ein paar Tüten versendet, wenn ich böse formulieren will. Also ich finde, Amazon ist noch lange nicht in der Position und der Markt ist komplett ein anderer, dass Amazon jetzt im Blue Apron oder im HelloFresh auf kurze Sicht gefährlich werden könnte. Aber wenn man dem Markt glaubt, an die Zielgruppe, ja, also momentan läuft alles Richtung HelloFresh und ich bin mal gespannt, wie das ausgeht. Oder ich hätte nicht gedacht, dass es so schnell geht. Also natürlich Aber würdest

Alexander Graf: du dann nicht sagen, also sehe ich ähnlich mit Amazon, also das ist eher so ein PR-Thema, aber richtig, ist da noch kein Wettbewerb da, aber wenn sowohl noch kein Wettbewerb aus der Amazon-Ecke da ist, kein richtiger und Pluelpro jetzt auch nicht mehr die Kohle hat, da richtig gegenzuhalten im Marketing, dann sind doch die Zahlen eigentlich noch kritischer zu sehen von HelloFresh, dann müssten die ja eigentlich in diesem Wettbewerbsumfeld, müssten sie auch eigentlich super performen.

Jochen Krisch: Ja, aber wie gesagt, sie haben aufgebaut. Also sie mussten ja erst mal ihre Infrastruktur im US-Markt hinbekommen einigermaßen und die sind vielleicht vor zwei, maximal drei Jahren damit gestartet und sind jetzt ja eigentlich erst so ausgerichtet, dass sie Westküste, Ostküste und ich glaube noch einen dritten Standort haben. Es gab auch so ein schönes Chart jetzt in den Q3-Unterlagen. Also sie sind natürlich da schon im Nachteil, weil sie später gestartet sind und das ist ja jetzt. alles passiert erst. Also bis Mitte des Jahres sah ja Blue Apron super aus. Das war jetzt das Q3, was bei denen extrem sich negativ ausgewirkt hat. Und ich bin mal jetzt gespannt auf die Q4-Zahlen von HelloFresh. Und da waren die Aussagen, alles la plan, wir werden die Ziele erreichen und wir werden da so rauskommen, wie wir uns das vorstellen. Also da war jetzt nicht die Rede davon, dass da jetzt besondere Blue Apron-Effekte dann da sind. Das bin ich jetzt mal gespannt.

Joel Kaczmarek: Wie beurteilt ihr so die anderen Wettbewerber? Also ein Marley Spoon ist ja zum Beispiel hier aus Berlin raus, in Australien und den USA aktiv. Dann hätte man in Kanada noch so ein Chefs. Plate oder Plated gibt es ja irgendwie auch noch. Die schwedische Konkurrenz haben wir ja schon genannt, die ist jetzt glaube ich ein bisschen sehr zu spitz, als dass sie für den direkten Vergleich taugt. Aber wie nehmt ihr das so wahr? Sind das irgendwie Akteure, die irgendwie wirklich Relevanz haben oder eher nicht?

Jochen Krisch: Ja, das wird sich so ein bisschen raus Also viele haben ja jetzt schon einen Schreck bekommen. Plated war es, wenn ich mich recht entsinne, die an Safeway gegangen sind. Also die einen relativ schnellen Exit gesucht haben angesichts der Umstände, weil einfach Kapital nicht mehr so richtig zu bekommen ist. Und das wird die Frage sein. Also das ist natürlich dadurch, dass es sehr marketingintensiv ist, kann man mal gespannt sein, ob sich da noch was tut. Aber dadurch, dass man jetzt zwei herausragende Player hat Aus meiner Sicht wird sich zwischen denen entscheiden. Sie positionieren sich ja immer noch unterschiedlich. HelloFresh verweist immer stolz darauf, dass sie global sind und Blue Apron national US. Es kann schon sein, dass in anderen Ländern noch Kandidaten hochkommen, die dann potenzielle Übernahmekandidaten sind, aber das ist es auch. Das hat sich jetzt relativ schnell entschieden aus meiner Sicht. Ich sehe da jetzt nicht so einen großen Wettbewerb noch in der Masse.

Joel Kaczmarek: Habe ich nämlich auch das Gefühl. Manchmal frage ich mich, ob das auch am Geschäftsmodell liegt, dass man da zu viel Aufklärungsarbeit leisten muss. Also man hat ja so das Gefühl, ein großer Teil dieser Marketing-Spendings gehen eigentlich in so Zielgruppenbildungen, dass die auch irgendwie hingehen, am Flughafen irgendwie Gutscheine verkaufen. Also eine größere Streuung kann ich mir persönlich fast gar nicht vorstellen, aber anscheinend steckt da ja ein System hinter, dass man sagt, die Leute haben da irgendwie Zeit und sind irgendwie Kaufstab.

Alexander Graf: Die hatten sogar einen Stand auf der Internet-World-Konferenz. So einen kleinen, wie auf dem Weihnachtsmarkt. Das muss man ihnen schon lassen. Also was das Thema Gutscheindistribution angeht, habe ich noch kein Unternehmen gesehen und kennengelernt, was so kreativ ist.

Jochen Krisch: Mein Lieblingsstand im Übrigen ist jetzt im Münchner Karstadt vor der Amazon Lockerbox. Das finde ich immer eine interessante Konstellation, wenn die da mit ihrem Wägelchen stehen vor der Amazon Lockerbox im Karstadt, die ja quasi in Anführungszeichen ums Überleben kämpfen. Neue und alte Welt.

Joel Kaczmarek: Gut, also können wir mitschneiden. Eigentlich hat HelloFresh die luxuriöse Situation, dass seit der größte US-Wettbewerb stark strauchelt, eigentlich am Horizont kein anderer Cowboy zu sehen ist, der jetzt irgendwie zur großen Gefahr werden könnte, außer vielleicht irgendwie Amazon. Wie seht ihr das eigentlich? Also du hast ja gerade gesagt, paar Tüten verteilt und dass das noch irgendwie denkbar klein ist. Ich tue mich da ehrlich gesagt noch relativ schwer mit, die Lebensmittelambitionen von Amazon sozusagen verorten, wo sie da gerade stehen.

Alexander Graf: Ich glaube, man muss sich mal ein bisschen angucken. Amazon kriegt ja jetzt ein Sortiment schon sozusagen kaum noch gehandelt. Die Produktdaten sind teilweise Kraut und Rüben, die Kategorien sehen total mistig aus. In vielen Bereichen ist es auf Amazon.com teilweise besser als auf Amazon.de. Das sind ja zwei verschiedene Systeme. Und jetzt, wenn man sich anschaut, was das Geschäftsmodell hier ausmacht, HelloFresh oder BlueApon, wie schwierig es eigentlich ist, die richtigen Kunden anzusprechen und diese Kunden dann eigentlich in so einen Modus zu bekommen, dann diese Rezepte auszusuchen, dann sieht man, dass eigentlich sozusagen der Shop selber, dieser Software-Layer, das ist gar nicht so das Entscheidende. Das könnte Amazon sicherlich in irgendeiner Form auch machen, aber das ist meine Perspektive, das spricht HelloFresh. Und Blue Apron, wenn sie sich dort technisch entsprechend weiterentwickeln, hätte ich jetzt von Amazon nicht so sehr Angst. Die machen ja was anderes zu diesem transaktionalen Bereich und dann den Kunden auf neues Essen hinweisen, irgendwie super individuelle Profile erstellen, ob jemand gerne low carb isst oder vegan oder vegetarisch. Da gibt es halt noch einen relativ großen Innovationsraum, in dem Amazon auch keine Vorteile hat gegenüber Unternehmen wie HelloFresh. Deswegen hätte ich da jetzt keinen großen Respekt. Ich finde es aber sozusagen respektabel für Amazon, dass egal, was sie machen und wie klein sie irgendwas machen, so eine mega Resonanz immer auslösen in der Presse. Das muss man hier auch mal lobend anerkennen. Es gibt auch kein Unternehmen, was das bisher geschafft hat.

Jochen Krisch: Das ist auch faszinierend, dass sie ganze Börsenbewegungen in Gang setzen können. Aber nichtsdestotrotz, das ist ein Feld, in das Amazon rein will. Vorbereitete Gerichte, ob jetzt per Abo oder sonst irgendwas. Ich fand es ganz faszinierend, in Seattle die Amazon Go-Küche nenne ich die jetzt mal, wo sie einen Amazon Convenience Store testen, der automatisch beim Rein- und Rausgehen abrechnet. Und witzigerweise, innen haben sie einen Store und außen haben sie eine einsehbare Küche. Und ich habe mich immer gewundert, warum da am Wochenende gekocht wird und vorbereitet wird und gemacht wird. Und man sieht aber schon jetzt im Sortiment, speziell auch in den USA, dass zunehmend diese Amazon-Menüs und Gerichte und vorbereiteten Geschichten größer werden. Also da geht es größtenteils auch um Bürolieferungen und teilweise natürlich für ihre eigenen Mitarbeiter, da Möglichkeiten zu bieten. Da gibt es eigene Kategorie, Amazon-Restaurant und wie das alles heißt. Das sehe ich jetzt als Geschäftsfeld, wo Amazon rein will. Genau aus denselben Gründen braucht man täglich und die Frequenz wird dadurch erhöht. Sehe ich aber jetzt nicht unbedingt als Wettbewerbsgründen und geschweige denn in dem Abo-Modell. Also Amazon wird ein guter Vertriebskanal durchaus auch dafür sein. Gerade Marley Spoon macht viel über Amazon mit Martha Stewart zusammen, haben sie da Modelle gefunden. Die Dimensionen sind komplett anders. Da ist Amazon ein kleines Licht, also Jetzt erstmal, wir haben ja durchbesprochen, was für Kompetenzen gefragt sind, um das Geschäft zu betreiben. Also das ist schon nochmal eine andere Welt als die Amazon-Handels- oder Technologiewelt.

Joel Kaczmarek: Wie seht ihr sonst die Internationalisierung? Also was würdet ihr da an HelloFresh-Stelle tun? Man kriegt ja mit, die experimentieren ja auch relativ munter. Also in anderen Märkten wie Benelux werden teilweise ganz andere Strategien probiert, mal mit gutem Erfolg, mal mit weniger gutem. Was glaubt ihr, wäre da irgendwie eigentlich noch so eine low-hanging fruit? oder wie sollte man sich strategisch positionieren? Weil eigentlich ist ja gerade diese europäische Internationalisierung immer total undankbar, weil so heterogen, im schlimmsten Fall hat man manchmal noch Währungsthematiken, wie jetzt auch bei Dollar und Euro. Wie seht ihr international so die Chancen?

Jochen Krisch: Ich finde, HelloFresh macht das sehr geschickt, weil sie unterschiedliche Märkte für unterschiedliche Themen ausprobieren. Also sie wissen halt, in Australien kann man vergleichsweise hochpreisig verkaufen. Also testen sie da die ganzen Geschichten. In London kann man im Stadtkontext gucken, ob man mit eigenen Lieferwegen Services anbieten kann. Ähnlich in Holland, Benelux, wieder andere Ansätze. Also in Deutschland nutzen sie DBT als Lieferdienst, also ein ganz, ganz klassisches Versandmodell. Eigentlich fast der langweiligste Ansatz. Finde ich, darf man auch nicht unterschätzen, dass die schon sehr viel ausprobieren und dann das eben auch vorantreiben, was funktioniert. Und ja, zur Internationalisierung direkt kannst du wahrscheinlich mehr sagen, Alex.

Alexander Graf: Fairerweise, wenn man sich auf das Geschäftsmodell so einlässt, gibt es ja keine Skaleneffekte über Ländergrenzen hinweg. Jetzt außer vielleicht eine gute Software zu bauen. Man muss ja quasi diese vertikale Struktur, also Läger oder Produktionshallen, da kannst du quasi aus den USA nicht nach Europa verschicken und auch von Europa nicht in die USA. Aus meiner Sicht macht es halt Sinn, da der Market Leader zu sein, in einem Markt, sozusagen das Markt für Markt aufzubauen. Es gibt da so ein Markt-Login, vielleicht kann man dann von den USA noch, keine Ahnung, Mexiko bedienen oder sowas, aber dadurch, dass diese Kosten und diese Skalierungskosten halt so hoch sind, würde ich jetzt, wenn ich Investor wäre in Hinofresh, jetzt gar nicht so viel davon halten, dass wir irgendwo rum experimentieren in dem Lux, um dort zu wachsen, sondern eher experimentieren, um dort möglicherweise andere Herangehensweisen an die Kundenakquise auszuprobieren, ne? in einem cleanen Markt, der das Produkt vielleicht noch nicht kennt, diesen Service noch nicht kennt, mal noch ein bisschen andere Geschäftsmodelle auszuprobieren. Das finde ich schon ganz gut. Ich würde das Ding immer danach bewerten, wie profitabel ist die Lieferung, wie teuer sind irgendwie die Kunden. Und das wäre mir egal, ob die jetzt 50 Millionen Kunden in den USA hätten oder 10 Millionen dort und 30 dort und 10 dort. Hauptsache es passt. Aber die äußeren Faktoren weisen zumindest für mich darauf hin, dass es jetzt keinen Vorteil dadurch gibt, dass man in mehreren Märkten gleichzeitig aktiv ist.

Jochen Krisch: Meine Lieblingsmeldung in dem Kontext war im Übrigen kurz vor dem Börsengang noch, dass der Staat in Luxemburg explizit auch nochmal angekündigt wurde und er groß durch die Presse gegangen ist. Ich finde, damit haben Sie den wichtigsten Markt eigentlich auch schon.

Alexander Graf: Ja, ich meine, da ist auch Amazon. Ich meine, da läuft es.

Joel Kaczmarek: Abschließende Frage, wer sollte sich jetzt anfangen für solche Unternehmen wie Bluepron und HelloFresh vielleicht zu interessieren? Man könnte ja zum Beispiel Bluepron sagen, die könnte man vielleicht ganz günstig kaufen oder sich beteiligen oder auch an HelloFresh irgendwie mit reinzugehen, weil genau diese Logistikkompetenz, diese Prozesse, diese Daten und dieses ganze Food als Plattform zu denken, wer wäre da vielleicht ein spannender Kandidat, um zu sagen, da mal einen mutigen Schritt zu tun?

Jochen Krisch: Oh, ganz schwierig. Lidl versucht sich einen Kochzauber und wird nicht so glücklich damit, verständlicherweise. Interessieren sollte sich jeder dafür. Also ich finde, das ist mit das hochspannendste Feld. Und wenn das funktioniert, dann ist es wirklich revolutionär, was da passiert. Ich sehe aber so wirklich kein etabliertes Gerüst dafür. Ich finde damit am spannendsten immer Vorwerk, die mit allem kooperieren und über ihren Thermomix quasi arbeiten. versuchen mit von Rezeptendiensten bis hin zu eben auch Anbietern zusammenzuarbeiten. Also sie sind doch am ehesten so in Plattformlogik unterwegs, aber von den etablierten Unternehmen, also Oetker macht natürlich jetzt auch sehr viel, also von Herstellerseite. Ich habe aber da fast noch Hoffnung, dass aus Herstellerseite, also Oetker, Nestle und wie sie alle heißen, dass da noch mehr kommt als von den Supermarktbetreibern, weil die sich doch eher darauf konzentrieren, wie sie ihr Modell Und adaptieren an der Online-Modell und vielleicht mit Lieferservices arbeiten, obwohl manche da auch schon wieder jetzt zurückbauen. Da bin ich auch mal zwiegespalten. Also Interesse, finde ich, muss da sein, weil online bietet andere Möglichkeiten und die Welt wird sich komplett verändern, auch im Food-Bereich. Und deswegen für mich sind die beiden Beispiele, die ich in dem Segment intensiv erfolge, wirklich HelloFresh und Co. und Picnic, die jetzt relativ neu am Markt sind, aber auch sehr viel Geld bekommen haben. die einfach eine andere Distribution fahren. Haben wir auch auf der K5-Konferenz, also freut mich auch sehr. Jetzt zum nächsten Schritt, das ist wirklich Experimentierphase noch, aber ich finde halt immer ein Unternehmen spannend, die Themen und Felder komplett neu denken.

Alexander Graf: Ich pitche auch immer die K5-Konferenz, weil der jetzt ja so groß ist. Es fragen immer viele Unternehmen bei uns so an nach irgendwie Kino-Speakern. Und hier könntest du nicht mal damals erzählen, dass sie ihre jährliche oder ihre halbjährliche Führungskreisrunde einfach auf der K5-Konferenz machen. Da ist ja genug Hotelraum und da kann man auch mal den ganzen Tag die Führungskräfte dann auf diese digitalen Sachen loslassen. Und ich sage auch immer, da gibt es bestimmt auch Rabattmöglichkeiten, wenn man 100 Tickets gleichzeitig kauft. Nur, dass du schon mal Bescheid weißt, was ich hier verkaufe.

Jochen Krisch: Absolut.

Alexander Graf: Eine super Idee.

Jochen Krisch: Das wäre ein neuer Geschäftsbereich für uns.

Alexander Graf: Auch ein bisschen mehr B2B-Commerce. Einfach mal sagen, komm, das Führungskräfteseminar einfach mal im Estrell Hotel in Berlin im Juni. Da müssen sowieso mal von ganz vielen Unternehmen zu einem Halbjahresgespräch die Leute zusammenkommen. Dann macht das mal da. Da kriegt ihr kostenlos dann nochmal den ganzen Online-Content mit und hört euch mal diese Sachen an. Wenn jetzt jemand von Lidl, Aldi, Edeka mithören sollte, das lohnt sich dort.

Jochen Krisch: Ja, es gibt Räumlichkeiten ohne Ende dort. Also gerne.

Joel Kaczmarek: Sehr gut. Man merkt, an Alex ist ein Salesman verloren gegangen. Und ich hoffe, wir konnten auch bei aller angebrachten Kritik ein bisschen für die Kompetenzen von HelloFresh Sales machen. Ich glaube, berechtigt kritisch, aber auch mit entsprechendem Blick, was denn da noch so möglich wäre. Ich danke euch ganz herzlich und freue mich natürlich aufs nächste Mal mit euch beiden.

Alexander Graf: Tschüss. Vielen Dank.

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