Gorillas 🦍 – Der 10-Minuten-Lieferdienst in der Analyse
19. Mai 2021, mit Joel Kaczmarek, Alexander Graf, Jochen Krisch
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Joel Kaczmarek: Hallo Leute, mein Name ist Joel Kaczmarek, ich bin der Geschäftsführer von digital kompakt und wie immer lade ich dich zu einer spannenden Mischung aus High-Level-Networking und lebenslangem Lärm ein. Heute beides super intensiv, denn wir haben einen spannenden Gast und ein sehr spannendes Thema, also eigentlich wie alles immer. Und ja, deswegen, ich glaube, wir heißen als erstes Mal natürlich unsere beiden Standard-Moderatoren, Standard klingt so abwertend, unsere Premium-Moderatoren, den lieben Alex Graf und den lieben Jochen Krisch. Herzlich willkommen. Hallo ihr beiden.
Alexander Graf: Moin moin. Hallo Joel.
Joel Kaczmarek: Und mit dem lieben Philipp, liebevoll Pipp Klöckner genannt, haben wir noch einen dritten Podcaster, der uns heute mal seine Expertise teilen wird. Also ich glaube, heute geht es richtig zur Sacke. Hallo Pipp, schön, dass du da bist.
Philipp Klöckner: Moin moin, freu mich auch.
Joel Kaczmarek: So, und zwar Thema heute Gorillas. Der heißeste Shit in dem ganzen LEH-Bereich, Online-Supermarkt. Delivery, wie immer man das verpackt, da können wir ja gleich drüber reden, wo das eigentlich einzuordnen ist. Wir werden drüber sprechen, wie funktioniert das Produkt, was sind relevante KPIs, die man sich dazu betrachten könnte und dann werden wir natürlich schauen, was für Segmente lassen sich eigentlich bilden. Das heißt, wir gucken einmal hin, wie geht es eigentlich beim Thema Lieferzeit voran, also was gibt es da für Player mit welchen Logiken? und dann, wie geht es bei der Vertikalisierung voran, das heißt, wer integriert sich wie stark. Weil unterm Strich, sicherlich zu großen Teilen ein Operations-Game, das werden wir uns angucken, mit starkem Wettbewerbsfokus auch und nach hinten raus vielleicht die ein oder andere Exit-Perspektive. So, that being said, ihr drei, wer von euch hat schon bei Gorillas mal was bestellt?
Philipp Klöckner: Also ich ganz sicher. Ich auch.
Alexander Graf: Einmal. Als ich in Berlin war.
Jochen Krisch: Ich nicht, weil in München Gorillas genau da ist, wo ich nicht bin.
Joel Kaczmarek: Okay. Ich meine, Gorillas ist ja streng genommen nur stellvertretend für gefühlt ein ganzes Bouquet. Also ich glaube, Pip, du bist ja Investor. Das ist doch gerade so. die neue Sau, die durchs digitale Dorf getrieben wird, oder? 10-Minute-Delivery, setz hier irgendwas ein, Services.
Philipp Klöckner: Genau, das. Da sprießen die Konkurrenten jetzt wie Pilze aus dem Boden, europaweit oder weltweit. Die Vorbilder, falls das nicht bekannt ist, sind GoPuff in den USA und Getir in der Türkei. Aber auch in Südostasien gibt es schon seit längerem solche Dienste, unter anderem von Delivery Hero betrieben. Die D-Marts oder das Quick-Commerce-Geschäft von Delivery Hero. Das heißt, so ganz neu ist das Modell nicht. Gut.
Joel Kaczmarek: Pipp, da du da tief drin bist, dann hast du jetzt mal die Ehre, unseren Hörerinnen und Hörern, die das noch nicht kennen sollten, mal ganz kurz Produktskizierung zu geben und vielleicht erzählst du mal, wie du dazu gekommen bist.
Philipp Klöckner: Genau, das Produktversprechen ist ganz einfach gesagt, dass man ein beschränktes Lebensmitteleinzelhandelssortiment von mehreren hundert Produkten oder niedrigen vierstelligen Zahlen innerhalb von zehn Minuten nach Hause geliefert bekommt, in der Regel mit einem oder mehreren E-Bikes. Das klappt in den allermeisten Fällen. Je nach Belastung kann es mal ein bisschen länger dauern, aber oft ist es auch deutlich kürzer. Wie gesagt, das Sortiment ist beschränkt. Es gibt dann halt nicht zwölf verschiedene Milchsorten, sondern vielleicht ein, zwei und ein paar Milchalternativen. So muss man sich das grob vorstellen. Die Lieferung erfolgt zumindest im Fall von Gorillas und den meisten Konkurrenten aus einem sogenannten Dark Warehouse oder Micro Fulfillment Center. Das sind wie gesagt kleine Ladendokale direkt in der Innenstadt oder unmittelbaren Umgebung von Wohnflächen, aus denen die Lebensmittel dann gepickt werden. Und so schafft man dann auch das Lieferversprechen. der Der Umkreis um das MFC sind halt so ein, zwei Kilometer, würde ich sagen, im Schnitt, wo man diese zehn Minuten halt halten kann.
Joel Kaczmarek: Das ist ganz lustig. Ich habe das bei uns gesehen in der Kantstraße. Das ist so ein Eckladen und da war früher eine Physiotherapie drin. Und es ist ein ehemaliges Bankgebäude. Das habe ich irgendwie mal gesagt bekommen. Das heißt, die haben im Keller wirklich so ein Tresor mit so einer 30 Zentimeter tiefen, dicken Tür. Und diese Physio ist dann rausgegangen und mittlerweile ist da Flink drin. Also quasi Berliner Wettbewerber von Gorillas. Und da passt das echt mit einem Dark Warehouse zusammen. Weil alle Fenster werden halt mit so einer blickdichten Folie zugeballert, wo dann fett draufsteht Flink und hier die App runterladen und 10 Minuten. Also das ist quasi die Logik, dass ich sage, ich habe ein kleines Stadtlager, alles reduziert und darum geht es schnell, weil ich quasi den Umkreis gering halte und die Warentiefe quasi, die Sortimentstiefe nicht so intensiv ist. Wie bist du dazu gekommen? zu dem Thema?
Philipp Klöckner: Ich war tatsächlich ein relativ früher Kunde, nehme ich an, und habe einem guten Freund davon vorgeschwärmt. Der kannte wiederum den Gründer ganz gut und wir sind dann nach einem Essen, nachts um elf oder um zwölf, dann hat er gesagt, lass uns doch mal vorbeigehen bei dem Gründer Karrenzimmer. Und wir waren dann in einem Dark Warehouse, was um elf typischerweise noch auf war zu der Zeit. Und ich habe kurz mit dem gesprochen und war relativ überzeugt, dass ich mit meinem Marketing-Know-how nicht besonders viel machen kann, weil das Produkt oder das Lieferversprechen einen Großteil des Marketings überflüssig macht. Und dass die Firma wahrscheinlich auch schon guten Zugang zu Geld hat und deswegen sozusagen die typische Ticket-Size, die ich als Angel-Investor unterschreiben würde, denen nicht helfen kann. Und durch einen glücklichen Umstand gab es dann ein, zwei Wochen später doch die Möglichkeit, in so eine Art Brückenfinanzierung vor einer der größeren Runden noch zu investieren. Mit einem deutlich größeren Ticket, als ich normalerweise schreiben würde. Aber das hat sich bis jetzt als ganz gutes Investment herausgestellt. So ist es ungefähr dazu gekommen. Aber die Conviction sozusagen ist entstanden, dass ich das wirklich als Kunde absolut überzeugend fand. Mir ist schon klar, dass das von den Margen nicht das einfachste Business ist. Aber ich war sehr überzeugt, dass die Customer Acquisition Costs sehr niedrig bleiben werden bei dem Modell, solange das Lieferversprechen so stark ist. Und ich konnte mir sofort vorstellen, dass das ein Modell ist, was Kunden freiwillig ihren Freunden erzählen, anderen Leuten zeigen. Und das ist ein sehr starker Word of Mouth. Und ich glaube, es ist einfacher, wenn man ein Produkt baut, das die Leute lieben, die Unit Economics hinzubekommen, als bei einem Modell, was die Leute nicht mögen, da das Marketing hinzubekommen. Von daher ist das die grobe Hypothese gewesen.
Joel Kaczmarek: Ich glaube mal kurz ein Disclaimer, da tue ich die bestimmten Gefallen mit. Du sprichst ja hier nicht stellvertretend für die Firma, sondern du bist quasi nur Experte. Aber du kannst mal verifizieren, ob die KPIs, die ich mir so grob zusammengesucht habe, halbwegs stimmen. Also in 13 Städten aktiv, 40 Standorte, 1000 Mitarbeiter, 250 Millionen Funding von Investoren wie Atlantic Food Labs, also von dem Kollegen Christoph Mehr, DST Global und Tencent. Das ist so mal der Quick Bucket. Kommt das hin?
Philipp Klöckner: Das stimmt soweit grob, genau. Und im Moment kommen jede Woche so ein, zwei neue Standorte hinzu und die Firma heiert auch sehr stark und sucht in fast allen Bereichen hervorragende Mitarbeiter gerade.
Joel Kaczmarek: Das haben wir ja selten erlebt, dass der Kollege Graf und auch sogar der liebe Jochen mal so lange so still waren. Alex, wie siehst du denn das Modell so?
Alexander Graf: Wir haben ja schon eben darüber gesprochen, was gibt es da noch für andere Anbieter. Und ich habe es tatsächlich mal in Berlin benutzt während des Corona-Lockdowns. Da gab es ein Hotel, eine Geschäftsreise natürlich. Da gab es abends kein Bier mehr, weil die Hotelbahn natürlich auch zu war. Und dann haben wir das mal ausprobiert. Und in den letzten zehn Minuten stand da jemand mit Chips und Bier am Hoteleingang. Ich finde es mega. Ich finde es deshalb interessant, weil ich natürlich ein klassischer E-Commerce-Kunde bin und eigentlich jeden Weg zum Laden vermeide und für mich natürlich das Einkaufserlebnis im klassischen Rewe, Edeka, Aldi überhaupt kein Einkaufserlebnis ist, sondern total nervig. und alles, was dazu führt, dass ich diese Strecken irgendwie spare und mir ein bisschen Zeit zurückgibt, finde ich sehr gut. Was ich am spannendsten finde bei dem Gorillas-Modell oder beim Flinken-Modell ist, dass auf einmal die Lieferzeiten der anderen Anbieter, die bisher irgendwie schnell gewirkt haben. So ein Picknick gibt es am nächsten Tag. Es gibt ein paar Same-Day-Anbieter. Es gibt Anbieter, die versprechen dir Zeitslots von innerhalb von heute Nachmittag in so einem Zwei-Stunden-Fenster. Das wirkt von heute auf morgen total veraltet. Deswegen finde ich es eigentlich am spannendsten zu erfahren, das können wir in dieser Gruppe, glaube ich, gar nicht diskutieren, aber wie verhalten sich die Bestellungen von Leuten, die auch schon vorher bei Rewe Online und bei Picknick und vielleicht bei zwei, drei anderen Anbietern bestellt haben. Aber ich glaube, Ich glaube, es geht in genau die richtige Richtung. Ich glaube, es lässt sich auch profitabel betreiben. Ich habe vor kurzem mit Udo dazu auch einen Podcast aufgenommen. Ich weiß natürlich, dass es das in Kiel gibt oder in den nächsten kleineren Städten. Ich weiß, dass die jetzt nicht auf der globalen Roll-Up-Map des Gorilla Go-To-Market-Managers sind, aber vielleicht kannst du da was machen. Pipp, da würde ich mich sehr freuen, wenn du da so zwei, drei Aufkleber mal verschieben könntest auf die richtige Stadt. Aber ich glaube, das geht in eine Richtung, die sehr gut ist.
Jochen Krisch: Ich würde auch nicht unbedingt sagen, dass Gorillaz jetzt die anderen ersetzen muss. Für mich ist es ein anderer Case, ein super spannender Case, diese schnelle und in dem Convenience-Bereich was zu machen. Ich glaube auch mittelfristig könnte das durchaus auch ein bisschen höher bepreist sein, weil die Schnelligkeit und die Convenience letztendlich im Vordergrund steht. Das ist für mich so der eine Punkt. Und das andere, was ich super spannend finde, dass diese Welle jetzt gerade kommt und endlich auch in Deutschland kommt, weil wir hatten ja schon mehrere Versuche. Also wer sich noch an Shopwings erinnert, was dann nicht so geklappt hat, Wer sich an GetNow erinnert, was auch große Ambitionen hat und nicht so geklappt hat, das war alles noch nicht in der Schnelligkeit und der Dimension, aber ich finde das schon faszinierend, dass jetzt auch auf dem deutschen Markt das wenigstens versucht wird, weil ja immer gesagt wurde, an jeder Ecke ein Lebensmittelmarkt, also braucht man solche Konzepte gar nicht und überhaupt, dass das Thema Online so ein bisschen im Food-Bereich hinterherhinkt. Also unter den Gesichtspunkten finde ich das schon sehr spannend und ich denke mal, kam halt jetzt Corona dazu. sodass die Leute einfach auch a. zu Hause waren, b. andere Ansprüche und auch andere Sorgen hatten. Und ich glaube auch der zweite große Punkt ist, dass das Geld jetzt plötzlich da ist. Also früher wäre nie so viel in Food investiert worden, weil das als zu riskant galt. Und inzwischen ist ausreichend Geld da, dass man solche Wetten wieder eingeht. Also ich glaube, da kommen so ein paar Dinge auch zusammen, die dem Ganzen helfen.
Joel Kaczmarek: Also bei mir war es so, ich war letzte Woche mal verantwortlich für den Familieneinkauf mit meinen beiden Kids und der nächste Tag war ein Feiertag. Corona vor einem Feiertag mit Kindern einkaufen, ihr könnt euch vorstellen. Also die Schlange war in dem Parkplatz einmal rum. Man war überraschend schnell drin, aber ich bin voll bei euch, dass diese Sinnfreiheit von Einkaufen maximal hoch ist. ist, weil man lädt Waren in einen Einkaufskorb, lädt sie wieder raus aufs Band, lädt sie wieder rein, trägt sie dann ins Auto und lädt sie dann wieder raus. Also dieses Hin und Her ist eine unfassbare Verbrennung von Zeit. Also vom Case her total verstanden. Was ich ja nur so ein bisschen unsäglich finde, sind diese 10 Minuten. Warum muss das denn 10 Minuten sein? Ich habe mir über diese Warehouse-Gestaltung Gedanken gemacht, über das Picking. Ich habe gedacht, ich bräuchte alleine 10 Minuten, wenn ich so einen 30, 40 Items umfassenden Einkauf zusammenpicken muss. Also vielleicht denken wir mal von Use Cases her. Vielleicht kannst du ja mal ein bisschen skizzieren, Pip, wofür ist das gedacht? Ist das ein bisschen wie Späti auf Rädern? Ich habe kein Klopapier, ich will abends Chips und Cola und hole mir dann ganz schnell was, weil für so einen Wocheneinkauf finde ich eigentlich 10 Minuten Leistungsversprechen völlig oversized.
Alexander Graf: Kann ich da ganz kurz einhaken? Ich möchte kurz eine Geschichte erzählen, die ich vor 13 Jahren erlebt habe. Und zwar war ich da in dem großen Auditorium von Otto. Und es gab eine Versammlung zum Thema, wie entwickelt sich E-Commerce. Damals war das Kataloggeschäft noch viel größer. Und es gab eine Frage von einem Member aus dem Auditorium, die so war, bei Amazon bekommt man jetzt die Ware innerhalb am nächsten Tag per Standard zugeliefert, ohne Extragebühren. Zu der Zeit war die Otto-Liefergebühr noch irgendwie 4,80 Euro für die Lieferung innerhalb der nächsten fünf bis zehn Tage, wann immer die Ware da war. Und der nächste Tag war 14 Euro. Und die Antwort von dem Logistikleiter war, Ja, das haben wir bei unseren Kunden erforscht. Wir haben befragt, wie wichtig ist euch die Lieferung am nächsten Tag? Und unsere Kunden haben gesagt, das ist gar nicht wichtig. Viel wichtiger ist die Prognosegüte. Also wenn ihr sagt in drei Tagen, dann soll es auch in drei Tagen da sein, nicht in zwei und nicht in vier. Und das zeigt ganz klar, unsere Kundenerwartung verschiebt sich, ohne dass wir das in so einer Umfrage voraussagen können. Und ich glaube, das wird mit Lieferdiensten genauso sein. Wir sind halt nicht mehr bereit zu planen. Planen ist ja anstrengend, da habe ich ja gar keine Lust zu. Ich will ja spontan was tun. Glaube ich, verschiebt sich das. Und das, was du gerade gesagt hast, ist das eigentlich nötig oder nicht notwendig? Es erinnert mich sehr an den Logistikleiter von damals.
Joel Kaczmarek: Also ich finde den Punkt mit der Güte eigentlich sehr valide, weil Flaschenpost, Durstexpress haben mir versprochen, sie liefern in zwei Stunden die Getränke und ich finde jetzt Wasserflasche A, B, C oder D auszuwählen deutlich einfacher als irgendwie aus dem Segment mit verschiedenen Produktkategorien. und heute kann ich mich freuen, wenn die es in drei Stunden schaffen. Also ich finde, das Abfuck-Potenzial ist super hoch und ich bin ja schon bei euch, dass ich sage, okay, es ist nervig, ich will Samstag einen Ausflug machen, denke, ah shit, muss Getränke bestellen, dann musst du zu Hause bleiben, weil ja deine Getränke kommen. Also ja, du brauchst ein Fahrzeug und es muss mehr tragen, aber von der Vielfalt her ist es ja sehr simpel, wenn ich das nicht mal in zwei Stunden geliefert kriege, wie kriege ich denn dann irgendwie Drogerieartikel, Wurst, Käse, Joghurt in zehn Minuten? Also Pip, was ist denn da die Magic? Vielleicht fangen wir damit mal an.
Philipp Klöckner: Die zehn Minuten sind ja sowohl Bürde als auch Vorteil. Also dass das so schnell geht, heißt ja unter anderem auch, dass ein Fahrer halt mehrere Kunden innerhalb von einer Stunde bedienen kann, was für die Unit Economics nicht ganz unwichtig ist, dass du einfach innerhalb einer Stunde zwei, drei, eventuell sogar mehr Kunden bedienen kannst. Das heißt, es ist eventuell einfacher, Kunden in zehn Minuten zu bedienen, als sie innerhalb von einer Stunde zu bedienen, wenn dafür die Liefermengen und die Wege kurz und klein bleiben. Und das andere ist, natürlich kann man das einordnen in so eine Convenience-Sicht und dann kann man auch sagen, warum ist das nicht noch teurer? Tatsächlich Ist das vom Preisgefüge aber eher so vergleichbar mit einem Revo oder Edeka? Also das ist nicht teurer, damit es schneller sein kann oder schneller, damit es teurer sein kann, sondern es ist wirklich der Ersatz für einen Großteil der Einkäufe. Und du hattest auch mein Lieblingswort Wocheneinkauf erwähnt. Das ist ja ein Fehler, der im alten System begründet ist. Also warum machst du einen Wocheneinkauf? Weil die Transaktionskosten oder der Pain des Einkaufens so nervig und groß ist, dass du sagst, ich bin maximal bereit, das einmal die Woche auf mich zu nehmen. Und dann minimierst du die Parkplatzsuche, das in den Korb mühlen, das durch diesen Supermarkt sich quälen, sich da dem Corona-Risiko aussetzen etc. etc. Das minimierst du auf einmal die Woche und versuchst dann so viel einzukaufen wie möglich. Und das Modell Gorilla ist eigentlich diese Vorratshaltung im eigenen Haushalt. Und ich spreche nur für meine Sicht und Sicht als Investor oder auf den Markt. Das ist jetzt nicht das, was die Company vielleicht eins zu eins zu sagen würde, aber für mich. ist das, dass du die Vorratshaltung zu Hause aufgibst und Dinge bestellst, dann, wann du sie brauchst. Und dann kriegst du sie in einer besseren Qualität, sie sind frischer, sie brauchen weniger Konservierungsmittel, weil im Moment ist es so, das Mindesthaltbarkeitsdatum deines Joghurts, das muss das Shelflife im Supermarkt überleben und es muss die Lagerzeit bei dir überleben. Wenn du Dinge relativ schnell vom Erzeuger zum Konsumenten, der es jetzt konsumieren will, lieferst, brauchst du deutlich niedrigere Haltezeiten eigentlich. Und so gibt es noch viele Impulse, komplizierte Vorteile in dem Modell, die das dann sehr opportun machen.
Jochen Krisch: Also ich würde auch sagen, eine Hypothese von mir ist zum Beispiel, dass es halt besser in diese mobile Spontanwelt reinpasst. Also das ist halt ein Prozess dann. Wenn du weißt, es kommt in fünf oder zehn Minuten, dann wirst du nicht großartig was anderes machen. Und wenn du dann, du hast das Beispiel Flaschenpost und ehemals Durstexpress, da finde ich tatsächlich ist das Problem, da musst du halt wissen, okay, dann bin ich halt in der Zeit dann geblockt, wenn das kommt. Ich glaube auch, dass das durchaus eine Generationenfrage dann so ein bisschen ist, wer ist noch so geeicht, dass es eben den Wochenkauf etc. gibt und wer ist einfach in so einem Prozess, so wie das Alex auch angedeutet hat, eher spontan und dass es halt schnell gehen muss. Und ich glaube schon, dass das eher der Trend ist und da bin ich bei Pip, dass vieles halt noch aus dieser alten Welt gedacht ist, wo einfach die Restriktionen so waren, dass das gar nicht geht. Und deswegen finde ich das auch das Spannende. Also wenn die jetzt ein, zwei Generationen dass sie mal durchkommen und das wirklich profitabel oder einigermaßen profitabel hinbekommen und ein gewisses Level erreichen. Und auch, was mich ja so fasziniert hat, ist, Peer Schader hat ja im Supermarktblock auch so Bilder gehabt, wie das dann aussieht vor so einem Laden, wenn wirklich extrem viel Nachfrage da ist, wie da Schlangen sind, wie das wirklich so prozessseitig dann funktionieren muss. Das sehe ich als die größte Herausforderung, wenn da größere Bestellmengen kommen und das muss prozessseitig alles so schnell abgebildet werden, dass das klappt. Aber wenn man das hinbekommt, dann ist der Standard einfach komplett anders. Ich glaube, das ist auch der Grund, dass es deshalb in den Metropolen jetzt ist. Da ist es halt schneller getaktet und dann passt es viel besser rein. Deswegen würde ich das eher so sehen. Ich fand so deine Argumentation schon so interessant, weil du ja eher dir Sorgen gemacht hast, wie kann das dann alles so umgesetzt werden. Aber ich sehe das so ein bisschen aus Kundensicht und aus Nutzersicht und da ist es halt eine super tolle Geschichte und die Herausforderung ist natürlich, das jetzt profitabel hinzubekommen.
Philipp Klöckner: Genau und die Spontanität ist halt eine Seite der Medaille, die andere heißt Peace of Mind. Es geht ja nicht nur darum, jetzt irgendwie im Hotel oder im Park mal schnell die zwei Radler zu bestellen, sondern was ich festsetze ist auch, dass du Einkauf halt nicht mehr planen musst. Also du musst die Zeit nicht mehr opfern, weder fürs Warten noch fürs Einkaufen selber. Du musst aber auch nicht mehr planen, sondern du kannst davon ausgehen, dass du zwischen 9 und 23 Uhr oder 8 und 23 Uhr. halt die wichtigsten Lebensmittel des täglichen Bedarfs jederzeit ordern kannst. Dann, wenn das Kind vielleicht gerade schläft oder wenn man gerade zwischen zwei Meetings Zeit hat und es kommt innerhalb von zehn Minuten dann an. Und das heißt sozusagen mit einem ganz grundlegenden Bestandteil deines Lebens, der sonst immer geplant werden musste oder dass alle zu Stoßzeiten gleichzeitig einkaufen mussten, den kannst du komplett rausschmeißen aus dem Kopf und aus dem Kalender und du machst einfach, wann immer es gerade convenient ist. Das ändert die Muster einfach auch sehr stark im privaten Konsum oder in der Vorratshaltung.
Joel Kaczmarek: Also ich bin ja skeptisch, ob das eine gute Musteränderung ist. Also jetzt gebe ich mal hier den alten Sack. Es ist ganz lustig, ich lese gerade meinen Kindern abends immer hier fünf Freunde vor, diese Bücher, die so ein bisschen wie drei Fragezeichen sind und die spielen in den 60ern. und es ist super krass, wenn du dann merkst, da haben die noch Vorratskammern, da haben die Kammern, wo eingelegte Sachen drin sind und sowas kennen wir gar nicht mehr. Von daher wahrscheinlich, wenn man
Alexander Graf: Ich kenne das noch, es liegt am ostdeutschen Migrationshintergrund, aber ich kenne das durchaus noch mit den eingelegten Sachen und Kartoffelkellern.
Philipp Klöckner: Ich auch.
Joel Kaczmarek: Ja, und vielleicht grinsen meine Kinder in zehn Jahren über mich, dass ich hier so eine Reden schwinge, dass ich es blöd finde, in zehn Minuten Sachen zu bestellen. Zumal es, glaube ich, auch teurer wird, ne? Also ich habe so die Erfahrung gemacht, wenn man einmal einen Einkauf macht, dann hat man nicht so viel Spontankäufe etc. pp. Aber Case verstanden. Man kann es gut finden, man kann es schlecht finden. Es hat Geltungsgründe. Aber wie macht man das? Also wie funktioniert das? Vielleicht kannst du ja mal anfangen, Pip. Was ist denn so der typische Warenkorb im Sinne von Artikelanzahl? Also wie viele Produkte bestellt man sich denn? Ist es so zwei, drei Items oder reden wir von jenseits der 20?
Philipp Klöckner: Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass im Moment der Durchschnittsbaum bei mir weit über 40 Euro liegt in der Regel. Was der Durchschnittswarenkorb ist, das kann ich nicht sagen. Ich habe die Zahlen noch nicht öffentlich gesehen, die richtigen, deswegen möchte ich sie nicht sagen. Ganz aktuell weiß ich es auch gar nicht.
Joel Kaczmarek: Aber du kaufst, sage ich mal, roundabout 20, 25 Produkte dann bei 40 Euro Warenkorb mit irgendwie mal Salami und so. Wie geht denn, dass du das Picken schaffst plus das Fahren in der kurzen Zeit? Ist das wirklich machbar? Wie oft erlebst du, dass mal dieses Leistungsversprechen von 10 Minuten nicht eingehalten wird?
Philipp Klöckner: Dass es nicht eingehalten wird, vielleicht 10 Prozent der Fälle. Das sind dann, wenn es wirklich mal Stoßzeiten sind, vor dem 1. Mai-Wochenende oder so, dann kann das durchaus mal passieren. Oder gerade auch am Samstag. Wobei das sich über die Schichtplanung eigentlich relativ gut abfedern lässt. Also man kann das relativ gut prognostizieren, mit dem steigenden Alter der Firma auch. Von daher ist das Lieferversprechen nicht einzuhalten, wirklich bis auf absolute Ausnahmesituationen. Sagen wir, du hast jetzt ein Fußball-Länderspiel und dann wollen alle nochmal schnell ein Bier kaufen. Dann hast du vielleicht mal 15 Minuten. Das wird aber auch transparent angezeigt. Im Gegensatz zu anderen Lieferservices, die Bestellungen annehmen, also gerade die herkömmlichen, die nehmen ja gerne Bestellungen an und schreiben die an zwei Stunden später, es dauert diesmal länger. Von daher ist das fast immer einhaltbar. Wie das geht, das Lager muss halt sehr effizient und schnell sein, also gut sortiert. Das beschränkte Sortiment hilft natürlich. Und dann der nächstwichtigste Faktor ist tatsächlich schon die Entfernung. Und da muss einem halt bewusst sein, dass diese Lagerhäuser nicht größer werden, sondern dass es einfach immer mehr gibt. Das heißt, theoretisch kann die Dichte noch weiter steigen und damit werden die Wege noch mal kleiner und damit wird das Modell auch noch mal effizienter. Also im Endstadium, das ist auch nur wieder mein Blick, könnte es in jedem Block oder Quartier theoretisch einen Laden geben und dann lieferst du innerhalb von zwei, drei Minuten effektiv, also nach dem Picking. Und dann würde das Modell noch mal extrem, deutlich besser von Unit Economics aussehen. Da sind wir noch lange nicht und es wird sicherlich auch zwei, drei Anbieter geben. Dominos Pizza ist ein ganz gutes Beispiel. Man würde ja nicht denken, dass das besonders spannend ist, aber die Aktie hat sich mehr als verzehnfacht in den letzten zehn Jahren. Und was Dominos auch macht, ist, dass die im gleichen Liefergebiet mehrere Filialen aufmacht. Und da denkt man, warum machen die sich selbst Konkurrenz? Aber es ist tatsächlich so, dass die Lieferwege dadurch kürzer werden und die Pizza-Delivery dadurch noch profitabler wird.
Jochen Krisch: Aber mein Verständnis ist, dass tatsächlich Picken und Liefern getrennt ist. Also das muss man sich schon so vorstellen, dass parallel ja gepickt werden kann, wenn du bestellst und dann die Lieferung übergeben wird und dann geht es eben an den Fahrer und der spurtet dann los.
Philipp Klöckner: Genau, das spezialisiert. Früher gab es immer den Verdacht, dass während man im Shop aussucht, schon gepickt wird. Das würde natürlich zeitlich spannend sein, ist aber nicht so reibungslos vom Ablauf. Deswegen wirklich erst, wenn die Bestellung eingeht, wird angefangen zu picken und dann geht es aber auch sehr schnell in der Regel.
Joel Kaczmarek: Du hast das Thema Marge angesprochen. Wie zentral ist das denn bei dem Modell? Welche Stellhebel habe ich da eigentlich?
Philipp Klöckner: Das können vielleicht die E-Commerce-Experten auch besser sogar beantworten. Aber die typischen Hebel sind logischerweise im Einkauf. Und das ist letztlich ein Skaleneffekt. Je mehr man einkauft, desto günstiger wird es. Und desto günstiger werden gewisse Nebenkonditionen auch. Also eine Nebenkondition ist zum Beispiel der Bezahlzeitpunkt der Ware. Aldi bezahlt seine Ware mehr als 30 Tage später, das heißt, du hast negatives Working Capital. Zwar ist das Modell sehr kapitalintensiv, aber langfristig, dadurch, dass du die Ware ja fast täglich drehst und dann halt von 48 Stunden verkaufst, verbleibt nicht sehr lange im Lager oder im Regal, kannst du dein Geld sehr viel früher einsammeln. Dann sollte man Eigenmarken einführen wollen, sind typischerweise darauf, bessere Margen zu realisieren und bessere Preise für die Kunden und auch bestimmte Artikel, zum Beispiel von denen, Alex hat vorhin schon erwähnt, dass man da irgendwie die lokale Kaffeemarke nochmal verkauft oder irgendwie eine Erdbeermarmelade aus der Umgebung. Auch da sind eventuell höhere Margen drauf als auf den Standardartikeln.
Joel Kaczmarek: Und jetzt mal eine ganz, ganz wirklich banale Frage. Gibt es da eigentlich Begrenzung? Also wenn ich jetzt sage, ich mache wirklich einen riesigen Einkauf, weil ich frage mich so ein bisschen, haben die Lastenfahrräder oder sind das die Kollegen mit Rucksäcken? Also wirklich mal, dass man mal das Feeling von so einer Lieferung auch mal den Hörerinnen und Hörern klar macht. Was muss ich mir da vorstellen? Wer kommt da an mit was für Equipment?
Philipp Klöckner: Also kommt ein Ein Fahrer typischerweise mit einem Rucksack, der ungefähr die Größe hat von den typischen Lieferando-Volt-Rucksäcken, also sagen wir mal wie früher Monitore aus, dann 60 mal 60 Zentimeter würde ich schätzen, ist das ungefähr. Und eine einfache Antwort ist, Leute sagen dann auch oft, wenn ich den Wocheneinkauf mache für 90 Euro, dann passt das ja nicht da rein. Also A, was dir als Person zuzumuten ist, ist dem Fahrer ja auch zuzumuten. Also du schleppst ja auch manchmal vier Beutel aus dem Supermarkt weg oder von deinem Auto zur Wohnung, dann wird das ein Fahrer ja auch schaffen. Plus im Zweifel kommen dann halt einfach zwei Fahrer. und wenn du 90 Euro Bon hast, dann sind das zwei 45er Warenkörbe, das ist immer noch total okay. Also das ist nicht das Schlimmste, was passieren kann. Also da werden teilweise abstruse Argumente erfunden, um das nicht opportun erscheinen zu lassen. Das wäre jetzt das kleinste Problem, glaube ich, dass eine Bestellung zu groß ist. Was im Moment nicht geht in dem Modell ist, Wasserkästen irgendwo hinzuliefern, das ist auch klar. Das macht keinen Spaß und ist auch nicht in der Sinn, aber alles andere sehe ich relativ unproblematisch.
Jochen Krisch: Ich wollte dich vorhin schon fragen, ob du nicht ein schlechtes Gewissen hast, wenn du da sagst 20 Produkte etc. Aber ich denke mal, das ist genauso. Und ich würde noch einen Punkt erwähnen, auch schon zu deiner vorherigen Frage. Man muss ja nicht nur über die Marge gehen, sondern man kann ja auch überlegen, was sind denn da Kosten, die wegfallen und Kosten, die dazukommen. Also schon mal die kleineren Lagerstandorte, vielleicht ein bisschen höher mit der Miete, aber auch viele Supermärkte sind in den Städten und dann auch das Personal, das man braucht. Weil im Grunde der größte Kostenblock sind die Fahrer. Und die müssen ja refinanziert werden. Und dann kann man sich ja überlegen, was hat ein regulärer Supermarkt in dem Bereich. Und ich denke mal auch gerade die Fläche ist mit Parkplätzen und allem, was man dazu braucht, je nachdem, wie man es strukturiert. Das kann schon auch durchaus Kostenvorteile bringen. Und das Dritte, was man jetzt da nicht so sieht, wo mir auch so ein bisschen die Fantasie noch fehlt, wie man Zusatzumsatzsätze generieren kann. Aber die meisten, so die Instacarts und andere Lieferdienste in den USA, die versuchen ja das über Werbekostenzuschüsse oder was auch immer von Herstellern dann wieder herzustellen. zu nehmen, wobei das kann man in der App schon machen und dass man da einfach Produkte anders positioniert und anders reinnimmt. Also es sind immer noch zusätzliche Einnahmequellen, sodass man immer nicht nur da warne ich immer so ein bisschen auf die Marge gucken muss.
Philipp Klöckner: Genau, was die Flächen angeht, ist vielleicht kein Geheimnis, dass Retailflächen gerade tendenziell günstiger werden durch Corona, was vielleicht schade für die Innenstädte ist, aber gut für das Modell. Das ist im Zweifel auch gar nicht so wichtig, weil würde man das auf eine Bestellung runterrechnen, sind die Redestate-Kosten tatsächlich Pfennigbeträge pro Bestellung, also sind die Fahrerkosten im Zweifel relevanter. und ein Kostenfaktor, ich glaube, der relativ wichtig ist, zumindest mir, ist, dass, auch weil du ja dich kritisch geäußert hast, Joel, wir nehmen diesen Supermarkt immer als Status Quo und effizientes Equilibrium irgendwie an, aber das Modell hat ja auch ganz viele Ineffizienzen und Flaws. Also du gehst da durch, da werden Dinge ausgestellt, damit du mehr kaufst. Bei Gorilla kaufst du demandbasiert, was du wirklich jetzt brauchst. Im Supermarkt wird mit aller Macht versucht, dir Dinge anzudrehen, die du eigentlich nicht wolltest. Sei es an der Kasse, wo deine Kinder quengeln oder irgendwie vor der Fleischtheke, wo irgendwelche Weinflaschen rumliegen. Das ganze Modell basiert auf Mehrverkauf und auf Ausstellung, letztlich ist das ein Showroom, in dem 20 Prozent der Frischware, sei es der Käse an der Käsedeko, das Fleisch oder auch das Gemüse, vergammeln, damit du dort mehr kaufst, als du eigentlich kaufen würdest. Das ist das Modell Supermarkt. Und allein diese 20 Prozent Verlust durch vergammelnde Lebensmittel und Frischwaren hast du in dem Gorillas-Modell nicht. Das ist wahrscheinlich deutlich unter 5 Prozent, wenn nicht unter 2 Prozent, was da noch wegfällt. Und im Moment wird das über Too Good To Go weiter verwertet. Das heißt, das geht Richtung Null bei der Lebensmittelverschwendung. Und das eine große Ineffizienz, die es in dem Modell zum Beispiel schon nicht mehr gibt und die für den Planeten, aber auch aus rein ökonomischer Sicht, sehr schlau ist.
Joel Kaczmarek: Also ich glaube, ihr werdet auch bei Gorillas fleißig Cross-Promotion machen, aber fairer Punkt. Ich kann euch ja mal ein interessantes Zitat vorlesen, was ich dieser Tage bei LinkedIn gelesen habe, nämlich von Niklas Östberg, dem CEO von Delivery Hero. Der hat geschrieben Let's be honest, delivering top-up groceries in 10 minutes is incredibly easy. Just hire riders sitting outside stores waiting for orders. The hard. Also mal kurz zusammengefasst, die Komplexität von, ich habe viele Orders, 400.000 pro Tag, wenn ich da bei einer Order einen Euro verliere, mache ich aufs Jahr gesehen gleich 146 Millionen Verlust. Das war sein Statement. Was nehmt ihr daraus mit? Ich glaube, ihr habt es ja auch gelesen, oder?
Jochen Krisch: Da bin ich sehr hin und her gerissen, weil sie mögen das Modell ja nicht. Und sie haben ja so ein schönes, lukratives Modell, was sie lieber haben, einerseits. Andererseits testen sie es ja in anderen Märkten. Also dann bin ich da mal hin und her gerissen, wie ernst ich das nehmen muss. Ich glaube halt, man muss sich der Herausforderung stellen. Und wenn es Player gibt, die das natürlich jetzt gerade mit viel Geld machen können Die Frage, die sich für mich eher stellt, ist, sind Skaleneffekte da? Hat man eine Chance, ab einem gewissen Umsatz oder einer gewissen Frequenz, einer Dichte von Standorten, dann einfach eine Schwelle zu überschreiten? Das ist für mich noch die große offene Frage. Aber ich denke mal, ganz blöd sind die ja auch nicht, die das machen. Und wie gesagt, es gibt Vorbilder, GoPuff und GTR in der Türkei dann, die das hinbekommen in anderen Märkten mit anderen Rahmenbedingungen. Aber in so frühen Phasen so stark dagegen zu argumentieren, finde ich immer schwierig. Die müssen sich beweisen.
Joel Kaczmarek: Jetzt müssten die Zuhörerinnen und Zuhörer den Gesichtsausdruck von Alex Graf sehen. Was geht gerade in deinem Kopf vor, Alex?
Alexander Graf: Ja, ich habe das ja auch gelesen. Ich hoffe natürlich, dass Niklas da viele Angebote von guten PR-Agenturen bekommen hat, um in nächster Zeit sowas nicht mehr zu schreiben. Ich glaube, das ist ein relativ starker Schuss ins Knie. Also egal, ob das stimmt, ob das jetzt wirklich einfach oder nicht, das glaube ich erstmal nicht, dass das so einfach ist, sowas zu bauen, aber es gibt quasi genug Angriffspunkte auf das eigene Geschäftsmodell, insbesondere hinsichtlich des Marketingkostenwettbewerbes, was es ja gerade bei Gorillas bisher nicht gibt. Das fände ich schwierig, ich habe das ja auch schon getwittert, ich hätte da so eine Aussage eher vom Postchef erwartet. Ich kenne die Aussagen in der Regel umgedreht, da war es dann immer so, der Hans-Otto Schrader, der langjährige CEO von Otto, hat mal gesagt, er erwartet nicht, dass Amazon eine eigene Logistik aufbaut. Das ist viel zu komplex und lohnt sich nicht. Und das hat er auch gar nicht so lange gesagt, bevor Amazon mit den ersten Lagern angefangen hat. Und das Geschäftsmodell ist ja erst am Anfang. Also ich hatte. Hier gerade nochmal die Statistik geteilt aus dem Manager Magazin. Da ist ja gerade ein Artikel drinnen über das Gorillas Geschäftsmodell, wie das aus deren Sicht funktionieren könnte, was so ein durchschnittlicher Warenkorb ist, was so Warenkosten sind. Oder sieht man, der Kurier muss bezahlt werden, die Lagerarbeit muss bezahlt werden, man muss noch Miete zahlen, man hat sehr geringe Marketingkosten, was man in den meisten Modellen nicht hat. Ja, da steht jetzt erstmal ein Verlust drin, aber vielleicht kennt ihr ja von Tarek Müller, da gab es mal die Aussage, man braucht halt 50 Cent für einen Euro. Um ein 100 Millionen Euro Fashionmodell aufzubauen, braucht man 50 Millionen. Um eine Milliarde aufzubauen, braucht man 500 Millionen. Mittlerweile hat sich diese Quote eher gesteigert. Um heute Zalando zu kopieren mit drei Milliarden, muss man wahrscheinlich drei Milliarden investieren. Und hier haben wir ein Geschäftsmodell, bei dem man wahrscheinlich eine Milliarde Umsatz erreichen kann für vielleicht mal 100, 200 Millionen Euro Investment. Das ist quasi aus einer Investment-Opportunitätsperspektive, das ist mega, in einem Markt, der sehr geringe Digitalisierungsquoten hat. Also Lebensmittelmarkt liegt ja noch unter zwei Prozent, wird sicherlich irgendwie zweieinhalb, drei Prozent dieses Jahr knacken. Also ich verstehe den Impuls. Ja, weil da stehen irgendwie Leute mit dem Fahrrad vorm Laden und diesen Impuls konnten andere DAX-Vorstände bisher auch immer schwierig unterdrücken. Ich muss da sagen, ich hätte ein bisschen mehr von ihm erwartet, ganz ehrlich.
Philipp Klöckner: Die Frage ist auch, was ist eigentlich das Incentive, dieses Modell schlecht zu reden bei einem Delivery Hero CEO? Die machen das Modell selber, ich glaube. in Asien noch gemischt mit eigenen Märkten und aber auch Pick in anderen Retail-Stores. Das heißt, das ist dann nicht ganz so einfach oder nicht so profitabel. Plus, der hat jetzt kein Interesse, die Konkurrenz stark zu reden, weil es muss jetzt nicht mal Gorillas sein, sondern die Konkurrenten schießen jetzt überall aus dem Boden und die werden sich in irgendwelchen Märkten begegnen, sei es im Lebensmittelhandel, aber vielleicht Baut auch mal jemand eine sehr effiziente Last-Mile-Infrastruktur auf, die dann nebenbei auch noch in Zeiten mit weniger Last Restaurants beliefert oder denen eine Lieferkette anbietet. Dass man dem Modell nicht mehr Stärke verleihen will, kann ich schon verstehen auf seiner Seite.
Joel Kaczmarek: Ich habe es inhaltlich nicht ganz verstanden. Also was man ja im Prinzip kommuniziert ist, ich habe hohe Operational Excellence, weil ich das mit irgendwie vielen Orders mache und das schon sehr, sehr lange, okay. Aber angeben tut ja irgendwie keinem so richtig gut. Und alle Flaws, die man an dem Modell hat, die hat wahrscheinlich zu 70% auch das Delivery-Modell von Delivery Hero. Deswegen finde ich es einerseits irgendwie ulkig, andererseits pinkt es ja auch einen Aspekt an, da würde mich mal deine Meinung zu interessieren, Pip, dass ich bei solchen Modellen immer den Eindruck habe, dass es halt auf dem Rücken von Niedriglöhnern ausgetragen wird. Also in dem Fall die Fahrer. Und ich habe mich zu belesen, der Kollege von Gorillas sagt ja auch, er sieht sich selbst als Biker und deswegen kriegen die auch nicht so eine peinlichen Outfits, sondern immer Top-Notch-Zeugs und irgendwie 10,50 Euro die Stunde und 15 Euro Internet-Tarif und wir stellen die E-Bikes, bla bla. Aber wenn man so die ersten Wellen aufsieht, also bei Lieferando ist ja auch so, da vergeht ja gefühlt kein Monat oder kein Quartal, wo nicht über irgendwelche Betriebsratsdiskussionen und Demos und keine Ahnung was zu lesen. Also du wirst dir das ja angeschaut haben und ich glaube, du hast auch ein Gewissen. Was für ein Ergebnis? bist du denn gekommen, wenn du dir mal anschaust, du brauchst viel günstige Workforce, um so ein Modell eigentlich am Laufen zu halten?
Philipp Klöckner: Ja, gute Frage. Mein Gewissen ist insofern, und ich spreche nur für mich und nicht für die Firma, gerade in dem Fall auch, mein Gewissen ist insofern reif. Dass das ein Job wäre, also die kriegen 10,50 Euro plus Trinkgeld und ich schätze, es ist nochmal ein substanzieller Bestandteil des Endlohnes und den bekommen sowohl die Leute im Lager als auch die Fahrer logischerweise. Das wäre ein Job, den ich als Student, also wir haben in der gleichen Stadt studiert und ich habe mich in einem Callcenter für weniger Geld vollschreien lassen und habe als Schüler an der Universität die Klos geputzt für deutlich weniger Geld. Und Fahrradfahren und Dinge ausliefern für 10,50 Euro plus Trinkgeld klingt für mich jetzt noch nicht wie die absolute Sklavenanstalt des Turbokapitalismus. Das heißt, das ist für viele Leute, insbesondere auch mit Migrationshintergrund, ein guter Einstieg ins Berufsleben. Plus nach meinem Verständnis sind die Leute, die bei Aldi oder Rewe an der Kasse setzten, jetzt auch nicht Leute, die mit 55 in vorzeitigen Ruhestand gehen können. Das Modell ist jetzt nicht so viel besser. Also ich bin immer dafür, den Mindestlohn im Zweifel zu erhöhen. wer das machen möchte, gern. Ansonsten finde ich das jetzt nicht einen der schlechteren Jobs. Im Winter bei Regen, bei Schnee macht es deutlich weniger Spaß, kann ich mir vorstellen. Aber ich glaube prinzipiell, Arbeit schändet nicht. Ich habe das mein Leben lang auch so gehandhabt. Von daher verstehe ich die Kritik. Und jeder, der ein Unternehmen aufbaut, das so groß ist und tausende Beschäftigte hat, wird immer sich mit solchen Sachen auseinandersetzen müssen. Aber so wie ich die Gründer und die Firma bisher kennengelernt habe, versuchen die, das gut zu handhaben.
Joel Kaczmarek: Wie ist es bei euch an beiden? Wie seht ihr das?
Jochen Krisch: Also ich würde auch immer so argumentieren. Also es wird immer gleich darauf geschaut, wie gut bezahlt oder wie ausgenutzt werden die und man übersieht, wie es bei den Alternativen funktioniert. Ich bin genauso. Bei den Supermärkten, was ist bei anderen Jobs, die einfach auch im Niedriglohnbereich sind? und also entweder man will grundsätzlich die Welt ändern oder ansonsten ist es halt ein anderes Modell, aber im Prinzip mit denselben Vor- und Nachteilen. Also ich würde sogar als Vorteil zum Beispiel noch sagen, dass man flexibler arbeiten kann. Ich weiß jetzt auch nicht, ob es ein reiner Studentenjob etc. ist, was natürlich immer das Angenehme ist, wenn man nicht eben da seine acht Stunden an der Kasse sitzt oder im Supermarkt arbeitet. Solche Jobs haben auch Vorteile. Deswegen, ich möchte es gar nicht kleinreden, sondern ich versuche es immer zu relativieren. Es gibt einfach genügend auch andere Jobs in diesem Klombereich.
Philipp Klöckner: Ich glaube, mein DHL-Subunternehmer und die Amazon-Flex-Leute, die ansonsten liefern würden, verdienen deutlich weniger als 10,5 Euro pro Stunde und kriegen bestenfalls dann an der Haustür noch etwas Trinkgeld. Das soll es nicht rechtfertigen. Also ich will es auch nicht zu sehr normalisieren. Wie gesagt, gern Mindestlohn auch hochschrauben. Aber wenn man das jetzt als Kritik ausgerechnet an diesem Modell nutzen würde, dann muss man halt den Status Quo schon mit einbeziehen.
Joel Kaczmarek: Ah, ich weiß nicht, ob wir das hier nicht ein bisschen einfach machen. Fair Point, ich verstehe das schon. Bei Sopranos hat, glaube ich, der Tony Soprano mal gesagt, ja, es muss ja auch Straßenfeger geben, so nach dem Motto. Das ist aber, glaube ich, schon so ein bisschen ein Herabblicken irgendwie und es ist so, ja klar, verdient die Supermarktdame auch nicht so viel, aber ich habe so den Verdacht bei dem Modell, dass es so ein typischer Case ist, dass du da hart getrieben wirst, also dass du wirklich deine Drop-Offs pro Stunde realisieren musst, damit die Marge funktioniert, damit irgendwie das Geschäft attraktiver wird. Boah, dann noch irgendwie Eis, Glätte, Verkehrsrisiko oder hier war ja auch ein Thema immer mit Datenüberwachung, wenn diese Apps, die du installierst, auch in deiner Freizeit einen Ort anschauen. Also weiß ich nicht. Vielleicht ist heute meine Spießervolge, will ich nicht ausschließen, aber.
Jochen Krisch: Ich habe echt das Gefühl, Joel, du argumentierst ja wie aus dem letzten Jahrhundert mindestens.
Philipp Klöckner: Joel, hast du selber schon mal bestellt und wenn du den Gemütszustand des Fahrers vergleichst mit einem ansonsten prekär Beschäftigten in Deutschland, was du dir unterstellst. Also mein Gefühl ist, die wissen nicht, wer ich bin oder so. Das ist jedes Mal ein anderer, der hier kommt und es ist jetzt nicht so, dass ich da irgendeine andere Behandlung bekäme. Mein Gefühl ist, dass sie besser gelaunt sind, freundlicher, die wirken nicht so gehetzt wie der DPD-DHL-Mann. Also Sowieso, ich finde, dass viel zu viele Leute sich über das Modell äußern, die es noch nie probieren konnten, was teilweise einfach räumlich geschuldet ist. Aber du kannst das jetzt. Das Mindeste, was ich von Kritikern immer erwarte, ist, dass sie es mal ausprobiert haben und mit so einer Person mal gesprochen haben. Wenn dann jemand sagt, die haben sich beschwert und müssen noch vier andere Jobs machen, um durchzukommen, dann müssen wir gerne darüber reden. Das ist mein Eindruck bisher aber nicht.
Joel Kaczmarek: Ja, ich weiß nicht. Also bei mir ist es so, wenn ich jetzt mal aus meinem Lieferando-Portfolio an Lieferungen schöpfe, also in der Regel gewöhne ich mir schon an, alles immer auf Englisch zu schreiben, was ich an Lieferhinweisen mache. Wenn ich hier schreibe, weiß ich nicht, Shop downstairs, anstatt irgendwie Ladengeschäft, weil wir unten eine Ladenfläche haben. Also ich muss schon immer auf Englisch schreiben und ich habe es schon öfters gehabt, dass du dann halt wirklich proaktiv angebettelt wirst an der Tür. Das ist jetzt nicht so. der Jurastudent, der irgendwie, anstatt die Toilette zu putzen, so fröhlich Fahrrad fahren darf, will ich sagen, ja.
Philipp Klöckner: Das ist ja nicht der letzte Job im Leben, den sie meistens machen, sondern da gibt es eine Aufstiegsleiter, soweit ich das verstanden habe. Ich möchte nicht für das Unternehmen sprechen, fälschlicherweise. Da wird in die weitere Bildung der Mitarbeiter auch investiert. Ich würde das als einen ersten Einstieg in den Arbeitsmarkt sehen. Und wie gesagt, das schändet nicht.
Alexander Graf: Mir fehlt bei Joels Argumentationskette nur noch der Hinweis auf die sterbende Innenstadt, weil jetzt ja noch mehr Fahrer den Traffic aus der Innenstadt holen. Dann schließt sich der Kreis.
Joel Kaczmarek: Deine Suffisanz in allen Ehren. Du weißt ja selber, wenn man viele Mitarbeiter angestellt hat, hat man auch Verantwortung. Deswegen finde ich es schon wichtig, bei so einem Thema mal drüber zu reden. Aber ich sehe schon, ich bin ja bei euch auf verlorenen Posten.
Alexander Graf: Ja, aber man kann es ja so ein bisschen aus einer Makroperspektive sehen. Das gibt es ja auch in anderen Ländern, wo der Gini-Koeffizient deutlich höher ist. In Russland zum Beispiel, in der Türkei gibt es das auch. Und klar, da gibt es einen deutlich höheren Wettbewerb um diese Jobs und damit auch eine Preiserosion. Und dafür gibt es ja auch den Mindestlohn. Und der steigt ja auch massiv. Vor vier Jahren lag der noch bei 8,70 Euro. Und ich finde schon, dass das ein faires Angebot ist und dass da niemand ausgebeutet wird. Und ich glaube, da muss man mal so ein bisschen von dem sehr hohen Ross runtersteigen, auf dem wir manchmal sitzen, was unser Anspruch jetzt wäre an irgendwie einen Job und Fortbildung. Und ich erwarte jetzt von keinem Gorillas-Fahrer, dass er es als lebenslangen Job oder als Hauptjob macht. Und man wird jetzt vielleicht auch nicht glücklicher Senior-Fahrradfahrer, wenn das die nächste Karrierestufe ist oder was auch immer da das nächste Karrierelevel ist. Ich finde das eher prekär in Ländern, die diese Mindestlohn-Anreize eben nicht setzen können. In Moskau ist das ein ganz klarer Verdrängungswettbewerb, der halt irgendwie für 30 Cent weniger fährt, fährt das Fahrrad und das finde ich in Deutschland eher noch fair geredet. Ich bin fairerweise eher überrascht, dass es nun Gorillas und anderen gelingt, diese Anzahl von Arbeitskräften überhaupt zu gewinnen. Ich hätte gedacht, so ein Modell funktioniert hier gar nicht, weil niemand bereit ist, für diesen Preis auf dem Fahrrad zu steigen.
Philipp Klöckner: Und netto schafft das ja Arbeitsplätze. Also der Sinn darin ist ja, dass du deine hochproduktive Zeit besseren Dingen widmen kannst. Weil im Moment ist das eine Arbeit, die einfach an den Kunden outgesourced wird. Was auch eine weitere Ineffizienz des Supermarktmodells ist. Dass davon ausgegangen wird, dass du bereit bist, eine Stunde deines Lebens, die du mit deinen Kindern verbringen könntest, mit deinem Hobby oder mit deiner Arbeit sinnvoll verbringen könntest, bereit bist, nur für den Erwerb von Nahrung in deinem Haushalt zu opfern. Am Ende gibt dir das Modell die Zeit, das zu tun, entweder in deiner Freizeit, was die meiste Gesundheit oder Freude stiftet, oder eben in deinem Job zusätzliche Produktivität zu erreichen, während jemand anderes einen Job darin findet, eben diesen Prozess besser für dich zu machen, als du ihn selber machen könntest. Das ist einfach eine arbeitsteilige Gesellschaft.
Joel Kaczmarek: Nee, hast du absolut recht. Und ich finde, ihr habt ja einen fairen Punkt, wenn man sagt, die Supermarktkassenfrau oder der, der den Müll entsorgt im Douglas oder keine Ahnung was, die werden ja auch nicht berücksichtigt bei diesen Debatten. Also wenn man so eine Diskussion führt, dann muss man sie, glaube ich, ganzheitlicher führen. Das ist schon ein Punkt. Aber lasst uns doch mal, wo wir über Wettbewerb reden. Also Mitarbeiter finden ist ja auch irgendwie ein Wettbewerbsthema. Sprich, wenn hier die ganzen Flings und Co. den Berliner Markt fluten, dann werden ja die Fahrer auch umkämpfter. Das treibt ja vielleicht sogar auch los. Es ist ja so, ich kann ja mal ganz kurz mal so nur ein paar wesentliche Beispiele vorlesen, also GoPuff, was du vorhin angesprochen hast, so dieses Ur-Vorbild aus den USA, mittlerweile mit 9 Milliarden Dollar Bewertung, 2,4 Milliarden Dollar Financing, Softbank investiert, Bailey Gifford, Excel, dann haben wir Getir als türkisches Vorbild mit 2,6 Milliarden Dollar Bewertung, Sequoia investiert, 470 Millionen Funding, Tiger Global auch mit dabei, Flink investiert. 64,2 Millionen Dollar Funding, Cherry investiert, Target Global North Zone. Und jetzt startet ja auch gerade Joker, hier von dem Kollegen Ralf Wenzel, der Foodpanda-Gründer, der meines Wissens mit Softbank, Tiger Global und HV Capital startet. Also was ich sagen möchte ist, Superumkämpft, jeder Investor steckt gerade Claims ab. Der Wettbewerb nimmt zu. Wie beobachtet das, Pip? Was hast du so für einen Eindruck? Also wann kommt Konsolidierung? Wie siehst du die unterschiedlichen Player aufgestellt? Welche Strategie macht für dich gerade Sinn in dem Segment? Weil also Ralf mit seinem Joker, der geht ja anscheinend eher wieder so wie Foodpanda auf die Hardcore-Brasilien-Mexiko-Nischenmärkte oder kleineren Spezialmärkte. Wie beobachtest du denn so die Marktlage?
Alexander Graf: Wann kommt die erste große Gutscheinkampagne? Ja.
Philipp Klöckner: Also grundlegend muss man sagen, das ist glaube ich kein Winner-Takes-It-All-Model, sondern da werden zwei, drei Dienste pro Stadt sehr wahrscheinlich überleben. Wir haben jetzt zwei große Discounter, mehrere kleine. Wir haben zwei, drei große Lebensmittel-Premium-Segment-Franchises mit Rewe, Edeka, Kaufland und so weiter. Von daher gibt es keinen Grund davon auszugehen, dass jetzt die Netzwerkeffekte so stark wären, dass da nur einer überleben kann. Sondern da wird es zwei, drei Dienste geben, die vielleicht auch so ein bisschen von der Affinität zur Brand abhängen oder wo man einfach angefangen hat oder wo man vielleicht auch opportunistisch schaut, wo gerade das Inventory da ist, was man benötigt. Also es gibt auch viele Dienste, die man täglich noch entdeckt, die irgendwo starten, wo ich denke, die jetzt sehr opportunistisch gestartet haben und die auch einfach nicht überleben werden oder nie eine gewisse Relevanz erreichen werden. Und dann gibt es so ein mittleres Tier, was vielleicht eine mittelgroße Stadt sehr früh besetzt und das sind dann wahrscheinlich Tage für einen Roll-Up oder für eine Konsolidierung. Also wenn jetzt jemand ausgerechnet in Münster, Flensburg, Erlangen da früh startet und die Stadt dicht macht, dann ist das was aus meiner Erfahrung, was man dann vielleicht eher kaufen würde, als da noch reinzugehen selber. Das wäre so der grobe Blick. Und es gibt natürlich auch eine gewisse Gebietsaufteilung. Aber es gibt auch ein paar Hotspots. Denk so an Wien oder London, wo es dann besonders intensiv ist. Wien ist extrem dicht besiedelt in den Achtbezirken. Und da ist das Modell natürlich dann auch besonders aussichtsreich. Und da hast du dann vielleicht mal wirklich ein bisschen blutigere Kämpfe, wo die Marketingquote auch ein bisschen ansteigen wird.
Joel Kaczmarek: Weißt du eigentlich, ob Andreessen Horowitz da schon Wette platziert hat?
Philipp Klöckner: Nach meinem Verständnis noch nicht.
Joel Kaczmarek: Ah, guck mal, kann ja mal gespannt sein. Die fehlen ja noch gefühlt in der Landkarte. Ansonsten, ich habe immer versucht, mir Gedanken zu machen, also wem nimmt Gorillas eigentlich vielleicht Marktanteile weg? Beziehungsweise wo könnte es interessant sein, auch mal Brücken zu bauen? Und ich habe dann so über die Picknicks dieser Welt nachgedacht, über Flaschenpost, Bringmeister, also alles, was so traditioneller Online-Supermarkt ist mit unterschiedlichen. Alex hat ja diese Segmentierung gehabt, also in drei Wochen geliefert, nächste Woche, morgen, gleicher Tag oder in den nächsten zehn Minuten. Das heißt, da mal zu überlegen, wem nehmen die was weg, beziehungsweise wo könnte es auch interessant sein, Player zusammenzuführen, weil auch so ein Lieferando ist ja zum Beispiel immer so ein Thema, wo man auch mal sagt, vielleicht liefern die dir bald auch noch die Gummibärchen zu deiner Pizza abends oder bei Flaschenpost ist es ein großes Thema, was noch für Bedarfsartikel mitkommen. Wie geht es euch denn damit? Macht ihr Nähen auf? Alex, du denkst doch auch immer von jetzt über sowas. Komm, fängst du mal an.
Alexander Graf: Ich war gerade dabei, mal bei Rewe zu gucken, wann der nächste Lieferslot ist. Und ich finde, die Frage ist ein bisschen irreführend, weil sie davon ausgeht, dass wir in einem saturierten Markt sind. Es ist aber so, das hätte jetzt Rewe liefern können oder auch ein Okado in Deutschland oder auch ein Picknick. Hätten sie wahrscheinlich während Corona ihren Umsatz verzehnt, verzwanzig, verfünfzigfachen können. Ja, weil einfach die Leute so viel Angst hatten und dass sie sich hätte nach Hause bestellen können. Das heißt, wir haben jetzt immer noch viel mehr Nachfrage nach solchen Diensten. Jetzt vielleicht nicht an der Ecke Spitaler Straße, Chausseestraße. Okay, aber grundsätzlich haben wir in Deutschland viel mehr Nachfrage als Angebot. Ja, das siehst du ja an den Wartelisten bei Picnic. Es wird wahrscheinlich auch für Gorillas schon Wartelisten geben in Städten, wo die noch nicht sind. Deswegen glaube ich, dass die Frage nach der, wer nimmt was weg, nicht so smart ist, sondern ich würde eher schauen, wie groß ist das? Gesamtpotenzial, wenn jetzt erst 2% des Bonds deutschlandweit modern handeln, sind vielleicht in Städten wie Berlin schon 4-5%, kann ich nicht sagen. Ich habe noch keine Statistik dazu gesehen. Die ist auf Städteebene erfasst. Das Potenzial liegt sicherlich jenseits der 20-30%. Dann würde ich immer auf die Anbieter setzen, die in der Lage sind, am schnellsten zu wachsen und zu skalieren. Und was wir schon sehen, und das meine ich mit der Segmentierung, die Anbieter, die auf ein sehr stark vertikalisiertes Modell setzen, die sehr stark darauf angewiesen sind, ihre proprietäre Warehouse-Infrastruktur irgendwo hinzubringen. Die eigene Fahrzeuge brauchen, wie Picnic, die vielleicht auch selber ihre eigenen Produkte in den Warenkorb unterbringen müssen, weil sie halt, keine Ahnung, Butter produzieren oder sowas. Die sind in dem Markt, der jetzt gerade so schnell wächst, wie er wächst, im Nachteil, weil die können einfach nicht schnell genug wachsen. Und da finde ich dann Anbieter, die so eine Infrastruktur mitbringen oder so ein Acid Light Modell, kann man es ja fast sagen, wie bei Gorillas, finde ich extrem interessant. Und ich glaube, in den Märkten, wo dieser Wettbewerb jetzt zuerst entsteht, in Berlin, da werden wir dann schon das Gorillas 2, 3, 4 Modell lernen, weil es dann noch bestimmte Abstufungen erlaubt. Das kann sein, dass es dann individualisierte Rabattstufen gibt, um dann Kunden näher an sich zu binden. Es kann vielleicht noch eine stärkere Einbindung von lokalem Sortiment geben, damit man sich unterscheidet vom Wettbewerb. Das machst du ja nicht in der Stadt, wo du kein Wettbewerb hast. Da nimmst du natürlich den Kram vom Großhandel, weil es sich viel, viel einfacher managen lässt. Aber die Verdrängungsfrage, Die finde ich strategisch schon spannend, weil Lieferslots von Rewe, die jetzt in zwei Wochen verfügbar sind, die wirken jetzt auf einmal super, super veraltet. Aber ich glaube, die Frage ist faktisch noch nicht so relevant für die meisten Geschäfte, weil das noch so viel möglich. Allein in Deutschland könnten Milliarden in diesen Markt fließen und es würde sich trotzdem lohnen.
Joel Kaczmarek: Und was glaubst du, woran liegt es, dass Rewe das nicht hinkriegt? Also ich glaube, die Antwort liegt an vielen Ecken relativ nah, weil man ja auch irgendwie eine gewisse Legacy hat. Aber an und für sich, ich meine, die haben ja die Einkaufsmacht. Alles, was wir so durchgesprochen haben, wie man Marge optimieren kann, Einkaufsmacht, Eigenmarken, WKZ. Also die Sachen sind ja theoretisch alle da. Natürlich aber nicht der Logistikgedanke und die Lagerstrategie, die man hat. Das heißt, da hast du gleich klare Differenzen. Aber warum passiert sowas immer eher so Greenfield und fernab von solchen Playern?
Alexander Graf: Kommen wir ja schon ein bisschen in die Transformationstheorie, aber es ist halt Legacy. Also Rewe, Edeka können es aufgrund ihrer Genossenschaftsstruktur nicht. Die sind ihren Marktpartnern pflichtig. Und wenn du den Marktpartnern erklärst, wir müssen jetzt mal die nächsten fünf Jahre eure Einnahmen in ein Businessmodell investieren, was euer Geschäftsmodell kaputt macht, dann ist es eine relativ schwer zu führende Diskussion. Aber ansonsten ist die Frage, kannst du ja übertragen auf alle Geschäftsmodelle, die in den letzten Jahren gescheitert sind, auf irgendwie Quelle, Pieken, Kloppenberg und Co. Die scheitern immer an ihrer eigenen Legacy. Es gibt immer diesen Zielkonflikt zwischen alten, möglicherweise noch profitablen Kanal versus online, der es nicht erlaubt, radikal umzustellen. Und ich würde das im Rehwinn-EDK auch wünschen. Das ist jetzt nicht so, dass ich da irgendwie einen Favoriten hätte und sage, das muss jetzt Gorillas machen oder Picknick oder Okado oder Krolik heißt es, glaube ich, was aus Stecheln kommt. Oder jetzt Koloniel aus Norwegen, auch ein megacooler Ansatz, was die da gerade machen. Aber es scheint so zu sein, dass sie nicht in der Lage sind, diese Infrastrukturen aufzubauen, weil die Eigentümer von Rewe sind die Rewe-Kaufleute und ich als Rewe-Kaufmann in Kiel hätte jetzt kein großes Interesse, dass ich einen anderen Anbieter finanziere, der dazu führt, dass weniger Leute in meinen Laden kommen.
Jochen Krisch: Also ich würde da noch ergänzen, das wäre ein Thema für eine eigene Ausgabe, warum geht Rewe bei den Weg und versucht das selber in-house zu machen. Und Edeka hat sich jetzt ziemlich auf Picknick eingeschossen, hat Bringmeister auch abgegeben und lässt das quasi in ein unabhängiges Team machen. Und ich glaube, das sind genau die beiden Wege, die wir haben. Und ansonsten bin ich sehr bei Alex. Das ist eigentlich noch ein entstehender Markt. Und die ganzen Newcomer, die jetzt noch kommen, wir haben jetzt heute nur die schnellen Dienste besprochen, aber es gibt ja noch viele andere neben jetzt den genannten. Also auf Rohlig bin ich sehr gespannt, was die in Deutschland reißen können. Im Grunde auch auf Kolonial, weil die sehr darauf pochen, dass sie eine super effiziente Logistik haben. Also bin ich mal gespannt, ob die dann auch in Deutschland zum Tragen kommt. Und wir haben noch frische Posten, was wir nicht genannt haben, die einen sehr schönen dezentralen Ansatz, also so eine Art Franchise-Modell fahren und einen anderen USP haben. Und ich glaube, also ich versuche immer wieder darauf zu weisen, Handel lebt von Spezialisierung. Und es muss nicht das eine Erfolgsmodell geben und da müssen sich ein paar wenige durchsetzen, sondern je nach Bedürfnis und je nach Kompetenz können sehr unterschiedliche Player dann da sein. Und ich glaube, die Vielfalt wird durch Online größer, weil man einfach anders einkaufen kann und ganz andere Zielgruppen ansprechen kann.
Philipp Klöckner: Ich glaube, was man auch noch erwähnen muss, es gibt kein Lager, was sich schlechter zum Picken eignet als ein echter Supermarkt. Also der Supermarkt ist ja gebaut, um dich maximal zu verwirren. Deswegen sind die Eier an einer anderen Ecke als die Milch und so weiter. Und würdest du jetzt Picker durch den Supermarkt laufen lassen, würden die eben genau deswegen auch drei, vier Mal so lange brauchen wie in einem Gorillas-Lager. Das heißt, ein Rewe wird das mit der bestehenden Infrastruktur nie schaffen können. Und der Rewe-Kaufmann wird der Rewe-Gruppe aber nicht erlauben, jetzt ein Micro-Warehouse fünf Meter vor der Tür des Rewes zu bauen. Und die Discounter wiederum haben ihren Platz im Supermarkt so krass durchgeplant, dass da nicht mal zwei Quadratmeter für eine Theke wären, wo die Fahrer am Ende die Tüten holen könnten, weil das System eben so auf Effizienz gebaut ist schon. Von daher, die bestehende Infrastruktur ist für die mehr Legacy, als dass es Chance ist, würde ich behaupten, auch wenn die Einkaufskonditionen und so weiter natürlich große Vorteile wären.
Joel Kaczmarek: Aber ich meine, Pip, wenn du dir das ganze Kontinuum mal anguckst, was wir jetzt so hatten, also die Delivery-Zeit war ja ein Thema, dann sind wir ja auch relativ schnell beim Thema Vertikalisierung. Wo würdest du denn gerade deine Wetten platzieren? Also ich meine, eigentlich ist das ein bisschen eine Bullshit-Geschichte, da hat Alex schon recht, weil der ganze Markt liegt noch vor einem, also momentan wird die Flut alle Boote heben. Aber was findest du denn quasi die spannenden Assets, die zu optimieren es gilt? Also wir hatten jetzt irgendwie Lager, wir hatten Fahrer, da gibt es ja noch einiges weitere. Wie würdest du dich da ausrichten?
Philipp Klöckner: Sehr gute Frage. Also ich glaube, am Ende wird es ein bisschen vom Sortiment getrieben sein. Die Service sind per se relativ undifferenziert. Das muss man fairerweise, glaube ich, sagen. Und das heißt, am Ende wird es ein bisschen von der Brand und der Customer Experience einfach abhängen, glaube ich. Und wer sich die Frage nicht ganz am Anfang gestellt hat, also wer da jetzt nochmal rebranden muss, weil er merkt, irgendwie der Name resoniert nicht so gut oder spiegelt nicht wieder, was wir eigentlich verkörpern, der hat vielleicht auch einen Fehler gemacht. Mein Gefühl ist das, da bin ich natürlich dann auch wieder bei, dass Gorillaz das bisher extrem gut macht, wenn man schaut, wie Nutzer auf die Postings in sozialen Medien reagieren. Ich habe gestern einen Joboffer geteilt, das haben viele Leute geteilt oder andere Leute markiert, mehrere tausend Leute gesehen. Das heißt, das wird, glaube ich, entscheidend, wer da eine relevante Brand ist. Und das nächstwichtigste ist dann so ein bisschen die App-Experience, die Liefer-Experience, durchaus auch wie einem die Fahrer und Fahrerinnen gegenüber treten. Ansonsten ist es relativ undifferenziert, muss man fairerweise sagen.
Joel Kaczmarek: Warum heißt denn der Laden eigentlich Gorillas? Mal blöd gefragt. Was hat das mit Liefern zu tun?
Philipp Klöckner: Das ist eine Frage, die ich mir ehrlich gesagt nie gestellt habe. Aber kann, glaube ich, in dem OMR-Podcast. Nicht besonders konkret, aber er hat es beantwortet dort.
Joel Kaczmarek: Den werde ich selber nochmal fragen.
Jochen Krisch: Es muss den Go dabei sein von GoPuff und dann wurde gesucht im Lexikon. was gibt es alles mit Go und was ist noch verfügbar. Aber das will ich zum Beispiel noch sagen, also es ist ja noch gar nicht lange her, dass Gorillas am Markt kamen, glaube ich August letzten Jahres oder im Sommer letzten Jahres, als es entdeckt wurde und was mich eben sofort begeistert hat, als ich mir gedacht habe, okay, endlich kommt da mal ein Konzept, das irgendwie rund ist, das irgendwie einen coolen Namen hat und das nicht so verkopft daherkommt. Wobei ich sagen muss, auch Flink macht das sehr gut. Die haben jetzt gerade bei uns in München plakatiert, sehr gut. Und wenn man da sieht, vorher Pickery und jetzt Flink, also da ist dann wirklich nochmal der große Unterschied. Und das ist genau das, was Pip auch Ich meinte, wenn da dasselbe Konzept mit dem unglücklichen Namen kommt, dann hat das einfach weitaus weniger Chancen. Und ich finde auch, wie sie sich branden und gerade flink, wie die Fahrer aussehen. Ich bin ein bisschen fast enttäuscht jetzt, dass Gorilla so komplett auf schwarz geht. Das ist teilweise schon sehr
Philipp Klöckner: Das Problem mit Gorillas ist noch, dass niemand sieht, was passiert. Also die hatten früher überhaupt kein Branding, sondern waren einfach nur schwarz. Und ich dachte, wir lassen da viel Werbefläche auf dem Tisch liegen. Und Kahn hat aber gesagt, dass er eigentlich nicht will, dass in Anführungsstrichen seine Rider irgendwie als Werbeflächen durch die Welt fahren, sondern es sind halt Menschen mit einer gewissen Würde. Und Gorillas wird halt der coole Rider-Service sein, wo Leute gern für arbeiten und wo nicht das Outfit schon mindestlohn schreit. Und ich finde, das ist zum Beispiel ein sehr guter und auch würdiger Ansatz, wo ich mich gern habe überzeugen lassen, Das ist die Anti-Marmel.
Alexander Graf: Es gibt auch diese Middle-Aged-Men in Lycra, sozusagen Fahrradfahrer. Die heißen ja Marmels, weil die immer diese lustigen bunten Kostüme anhaben. Dann ist es quasi bei Gorillas die Anti-Marmel.
Jochen Krisch: Das ist halt auch der Eindruck, dass die Gefährte natürlich schon cooler sind, gefühlt bei Gorillas. Also die Elektrofahrräder und was auch immer sie da haben. Wobei ich wollte nochmal auf den Punkt tatsächlich zurückkommen. Flink macht einfach auch einen super präsenten Eindruck, dadurch, dass sie sich eben dadurch unterscheidet. Aber das ist ein Argument, das was für sich hat.
Joel Kaczmarek: Ich finde, man merkt es auch. Man nimmt es wahr, aber es wirkt irgendwie wertiger. Von daher, da bin ich schon bei dir, weil ich habe auch darüber nachgedacht. Du musst ja in dem Modell wirklich schaffen, dein Customer-Facing-Entity ist ja dann wirklich der Fahrer. Und wenn der irgendwie assi daherkommt oder lustlos oder um Trinkgeld bettelt oder nicht freundlich ist, dann hast du halt auf lange Sicht den Nachteil. Von daher finde ich das plausibel. Gut, abschließende Frage. Pip, du hast ja jetzt Skin in the Game. Was glaubst du denn? Wo geht die Reise für dich hin? Also wie planst du deinen Exit hier mit Gorillas irgendwann? Hehehe.
Philipp Klöckner: Ich mache mir darüber weniger Gedanken, als man glauben möchte. Was ich tatsächlich neben der langfristigen Personalfrage als einen der Punkte, wo ich die Lösung noch nicht sehe, ist tatsächlich, wo endet das? Weil nach meinem Gefühl kann das nur an der Börse oder bei Amazon enden. Ich sehe nicht, wer das noch kaufen kann, ehrlich gesagt. Und sich da in die Obhut eines großen Lebensmitteleinzelhandels in Deutschland zu begeben, wäre Verschwendung des Talents bei der Firma. Von daher sehe ich da eigentlich nur einen IPO oder einen Trade Sale an Amazon, vielleicht Walmart. Den ist Europa bisher aber nicht gut bekommen. Von daher weiß nicht, Jochen, wie siehst du das?
Jochen Krisch: Naja, wenn dann, also Copaf sollte man schon auch noch erwähnen als potenzieller Zusammenschluss, also da kann man es ja dann über Anteilsausgleich etc. machen oder das ist ja immer meine Hoffnung, dass solche Unternehmen dann auch in die Börse gehen. Ich war ja so enttäuscht von Flaschenpost, dass die an Oetker gegangen sind, wäre für mich auch so ein Kandidat gewesen. Vor allem sehe ich so das Riesenpotenzial noch. Also es sind jetzt die ersten Städte und gerade Gorillas ist ja kein deutsches Play, sondern versucht ja auch nach London jetzt international auch Fuß zu fassen. Also das kann ja wirklich eine europäische und internationale Macht dann werden in dem Bereich. Und deswegen, ich bin da nach wie vor euphorisch. Ich war vom ersten Moment euphorisch für das Thema und meine Sorge war so ein bisschen, dass das verpufft, wenn eben kein Geld mehr da ist. Aber meine große Hoffnung ist tatsächlich, dass es an die Börse geht und dass es ein unabhängiger Player bleibt.
Philipp Klöckner: Ja und ich meine, GoPuff profitiert jetzt noch von einer besseren Bewertung im Moment, aber Gorillas ist auch schon in New York gelandet, sucht im Nordosten weitere Locations und GoPuff, muss man verstehen, hat etwas größere Warenhäuser, die teilweise auch mehrere mittelgroße Städte versorgen, während Gorillas mit 10 Minuten halt auch in den USA nochmal das bessere Versprechen hat im Vergleich zu GoPuff. Muss man schauen, ob das dann dort halten kann, aber ich sehe das jetzt, wenn überhaupt, eher als ein Merger an der Equals in Zukunft, aber mal sehen.
Joel Kaczmarek: Ich sehe schon, du hast hier voll die Firmen-DNA geatmet. Hast du einmal das Mission-Statement-Book durch. Alex blendet uns irgendwas ein.
Alexander Graf: Ja, hier, das sind die verfügbaren Rewe-Liefer-Slots in meinem Gebiet. Morgen ist ausgebucht, übermorgen ist ausgebucht, Freitag wird nicht geliefert, Samstag ist ausgebucht, nicht geliefert, nicht geliefert, nicht geliefert, ausgebucht, nicht geliefert, nicht geliefert, ausgebucht und weiter vor-scrollen kann man nicht. Ich wollte nochmal hier Pip inzentivieren, dass er diesen Go-to-Market-Manager irgendwo so einen kleinen gelben Aufkleber nochmal, das wäre ja auch mal ein spannender Test, das auf dem Land zu probieren. Einfach mal Unit Economics in Gettorf. Was bringt das? Wie schnell wächst das? Ich helfe.
Philipp Klöckner: Also auch das ist kein Geheimnis, sondern öffentliche Informationen, dass sozusagen schon die ersten Locations in mittelgroßen Städten gesucht werden. Also vielleicht noch nicht Gettorf, aber in der nächstgrößeren Mittelstadt. Schwerin?
Alexander Graf: Greifswald?
Philipp Klöckner: Ich würde es nicht für immer ausschließen, aber ich glaube auch, das ist ja auch Das ist auch ein Kritikpunkt. Ich glaube, es muss auch nicht das gleiche Modell in allen Städten gleich funktionieren. Ich glaube, Picknick hat in vielen Regionen einen Vorteil und ist auch ein sehr effizientes Modell. Und das wird sicherlich weiter wachsen. Muss ich vielleicht auch ein bisschen in der Expansion dann anders fokussieren. Und da würde ich sagen, da bist du jetzt, Alex, eher die Ausnahme auf dem Land. Da ist der Wocheneinkauf ja teilweise auch noch das Highlight des sozialen Lebens. Von daher glaube ich, es muss jetzt nicht jeder deutsche Gorillas-Kunde werden oder einen der Konkurrenten flink etc. nutzen.
Alexander Graf: Ich mache einfach eine Online-Petition. Ich höre schon da kein Support von dir. Du kannst sagen, Gettdorfer für Gorillas, so würde ich das nennen.
Philipp Klöckner: Du kannst ja alle Gettdorfer überzeugen, die App schon mal runterzuladen. Vielleicht hat das einen gewissen Einfluss auf die Expansionsstrategie. Okay.
Joel Kaczmarek: Ich habe ja zwischendurch, als ich über Exit-Perspektiven nachgedacht habe, auch über Specs nachgedacht und überlegt, ob es so Specs zu dem Thema geben könnte. Aber ich glaube, die Kohle liegt eigentlich auf der Straße gerade, wenn man so ein Thema überlegt. LEH-10-Minute-Delivery-Geschichten macht, oder?
Philipp Klöckner: Der große Trend ist ja, dass VCs alle die Businesses private halten, die gut laufen. Die will ja niemand an die Börse entsorgen, sondern es werden ja eher die problematischeren Felder an der Börse entsorgt. Stripen, Klana bleiben alle bis in die Multimilliarden-Bewertungen weiterhin private. Das heißt, da wurde es Risk-Return noch gut aussieht, dann muss der Spec schon irgendwie die Gewinne zwei Jahre in die Zukunft ziehen, damit er das kaufen darf. Und ich glaube, das ist vielleicht noch als letztes der spannendste Fakt an diesem Business oder was sich ein VC bei einem Postmortem fragen muss, warum er das nicht gemacht hat, ist ja, klar gibt es ein großes Risiko und die Unit Economics sind sehr eng. Es ist ein sehr operational Game mit hohem Kapitalbedarf. Aber was man ja auch sehen muss, ist, dass die Skalierungsgeschwindigkeit, also die Fähigkeit, die Bewertung hier zu verdoppeln durch gute Executions, Also nach meinem Verständnis ist das schnellste Unicorn, ich rechne damit auch privat, das schnellste Dekakorn sein, zumindest in Europa. Und das ist, Jochen hat gesagt, letzten August gestartet. Ich habe mein Investment vor weniger als einem halben Jahr gemacht und von der IAA ist das ganz zufriedenstellend, wie dieses Geschäft sich entwickelt. Und dass die Upside sehr asymmetrisch ist bei dem Modell, wenn das funktioniert, das verstehe ich nicht richtig.
Joel Kaczmarek: Darfst du noch mitinvestieren eigentlich oder verwässerst du?
Philipp Klöckner: Auf den nächsten Bewertungen, so denn irgendwann mal neue kommen sollten, das weiß ich nicht. Wird schwer für mich, da meinen Prorata zu nehmen.
Alexander Graf: Aber an dem Markt, in dem wir sind, könntest du dein Pro-Rata-Recht mit einem 40%-Abtick verkaufen?
Philipp Klöckner: Ich würde im Moment nicht diversifizieren. Ich habe tatsächlich versucht, in der letzten Runde auch noch Secondaries zu kaufen. Die waren aber so brutal überschrieben, dass mein Ticket nicht das attraktivste war, sondern da hat man dann eher strategischere Leute noch bevorzugt.
Jochen Krisch: Wo wir schon dabei sind, muss ich es zumindest noch einfließen lassen. Deutsche Startups Insider hat ja schon gesagt, das kannst du natürlich nicht sagen, dass gerade eine Milliardenrunde am Werden ist, was Gorillas angeht. Also das würde das nochmal bestätigen, Dekahorn. Wobei ich jetzt von den Bewertungen immer so sehr skeptisch bin, weil einfach sehr viel Geld da ist, weil die Bewertungen gerade extrem hoch sind. Dann ist das natürlich auch leichter gemacht. Aber im Grunde schon, das ist seit Groupon, glaube ich, City Deal, hat man sowas nicht mehr gesehen. Und der City Exit war ja auch nach einem halben Jahr, da ist ja fast Gorillas schon zu spät dran. Ich erwarte da jetzt aber auch keinen Exit, aber das ist schon eine Wahnsinnsphase gerade.
Philipp Klöckner: Das Modell bietet halt die Möglichkeit, dieses Geld auch auf die Straße zu bringen. Wenn wir jetzt dem Alex alle eine Milliarde geben, dann schafft der Spiker, ein bisschen schneller wachsen zu lassen, aus 100 Prozent 200 Prozent zu machen. Schafft er wahrscheinlich trotzdem nicht, obwohl er es alles sehr gut macht bis hierhin. Während das Modell eben, weil es einerseits viel Kapital braucht Aber dann auch ja, ich kann nicht über die Gorilla-Zahlen reden, aber es gibt ja von GoPuff inzwischen auch öffentliche Zahlen, wie schnell so ein Warehouse im Schnitt auch profitabel wird. Also Leute, die jetzt noch diese Zahlen, die aus dem Manager-Magazin, die Alex gezeigt hat, ich bin froh, dass die da so abgedruckt sind. Ich halte die nicht für richtig. Ich hätte mir gewünscht, die wären noch ein bisschen negativer, ehrlich gesagt, weil da kann ja jeder sehen, also A, in einem Modell, was jeden Tag hunderte von Kunden akquiriert, dass der Durchschnittswarenkorb da keine maßgebliche Größe ist, sondern dass man da eher auf Kohortenentwicklung schauen muss, sollte ja jedem erfahrenen Investor klar sein. Plus, es gibt ja längst die Zahlen aus den USA, dass es irgendwie 9 bis 12, 18 Monate dauert, bis so ein Warenhaus unit economic positive ist. Von daher, die Leute, die jetzt noch mit den Zalando-Argumenten kommen, das wird niemals profitabel, das kann nicht funktionieren. Das hat sich halt noch nicht gleich verteilt, das Wissen, aber dass das Modell funktionieren kann, ist längst bewiesen. Also das ist eine Debatte, die eigentlich jetzt schon der Vergangenheit angehört, aus meiner persönlichen Sicht, um das nochmal zu betonen.
Jochen Krisch: Du sagst es so schön gelassen, das ist wichtig.
Joel Kaczmarek: Gut, also wir lernen. Pip hat sich auch schon sein Mallorca-Häuschen quasi gesichert, hat auch viel dafür getan, sich Know-how aufgebaut. Dass du das mit uns heute geteilt hast, hat uns viel Freude gemacht. Vielen lieben Dank dafür. Hat es dir auch ein bisschen Spaß gemacht?
Philipp Klöckner: Auf jeden Fall, immer gern.
Joel Kaczmarek: Warst du endlich mal im guten Podcast, wa?
Philipp Klöckner: Mein Lieblings-Podcast ist nach wie vor der Doppelgänger-Podcast, aber ich höre auch den Alex und Jochen sehr gerne und sehr regelmäßig und auch digital kompakt. Ich wollte gerade sagen, tut mir leid, wir haben hier gerade sehr eng an meiner Podcast-Maple dran, diese vierer Runde.
Joel Kaczmarek: Gut, in diesem Sinne, lieber Alex, lieber Jochen, vielen Dank auch euch und Pip, auf ein nächstes Mal.
Philipp Klöckner: Sehr gern. Bis dann. Vielen Dank allen.
Alexander Graf: Vielen Dank. Tschüss.
Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um E-Commerce: Joel trifft sich regelmäßig mit den beiden E-Commerce-Experten Alexander Graf (Kassenzone, Spryker) und Jochen Krisch (Exciting Commerce, K5) um ihr Wissen zu bündeln. Gemeinsam nehmen die drei dich mit auf eine Reise zu spannenden Tiefenanalysen, Strategiediskussionen und Praxiseinblicken des Onlinehandels. Ein wahres Feuerwerk zwischen drei Experten, die scharfe Thesen formulieren und lebhaft miteinander diskutieren.