Einkauf: Wem kann ich heutzutage noch trauen?

14. Juli 2021, mit Joel KaczmarekBoris Lokschin

Dieses Transkript wurde maschinell erstellt. Wenn dir ein Fehler auffällt, schreib uns gerne zu diesem unter redaktion@digitalkompakt.de.

Intro: Digital Kompakt. Heute aus dem Bereich IT-Projektmanagement mit deinen Moderatoren Joel Kaczmarek und Boris Lokschin. Los geht's!

Joel Kaczmarek: Hallo Leute, mein Name ist Joel Kaczmarek. Ich bin der Geschäftsführer von Digital Kompakt und heute drehen wir uns rund um das Thema Einkauf. Und zwar haben wir den griffigen Titel gewählt, wem kann ich heutzutage eigentlich noch trauen? Denn mein Gesprächspartner, wie immer an meiner Seite, der liebe Boris Lokschin. Hallo Boris.

Boris Lokschin: Hallo Joel.

Joel Kaczmarek: kennt sich das natürlich bestens aus. Nicht nur, dass er selber Vendor und damit Verkäufer von Software ist, muss er ja selbst auch ganz viel davon einkaufen. Wir werden heute also darüber sprechen, welche Umgangstipps gibt es eigentlich mit Systemintegratoren, Agenturen, Resellern und Beratern. Wir sprechen über die Vendoren selber und natürlich aber auch über sowas wie Referencing, gefolgt von Review-Plattformen und einige mehr. Also, du nimmst heute richtig viel mit in Sachen Einkauf. und lieber Boris, mal straight gefragt, meistens redest du über Themen, die dich selber betreffen. Hast du gerade dich mit Einkauf auseinandergesetzt?

Boris Lokschin: Genau. Ich meine, wir kaufen natürlich, wie du richtig gesagt hast, zum einen verkaufen wir natürlich selber Software und sind häufig auf der anderen Seite des Tisches, aber wir kaufen natürlich selber permanent Lösungen ein, haben mittlerweile sogar ein Procurement-Team, wer hätte das gedacht, vor einem Jahr, weil es dann natürlich doch irgendwann etwas überhand nimmt und verschiedene Tools und Lizenzen und Erweiterungen von bestehenden Tools irgendwie eingekauft werden in allen Abteilungen. Und auch das will irgendwie vernünftig organisiert sein und verhandelt sein. Und da gibt es auch eine Million Fehler, die man machen kann. Und ja, von daher heute mal so ein bisschen alles aggregiert in eine Folge.

Joel Kaczmarek: Gut, und als ich mit dir unser Vorgespräch geführt habe, hast du gesagt, lass uns mal beginnen mit den typischen Partnern, die man sich an die Seite nehmen kann, wenn man sich dem Einkauf von Produkten widmet. Also wir sprechen über Systemintegratoren, wir sprechen über Agenturen, vielleicht auch über Reseller und vor allem aber auch über Berater. Das ist ja durchaus kein unkomplexes Thema. Also man kriegt ja mit, es gibt mittlerweile wirklich so eine ganze Agenturlandschaft bei unterschiedlichen Themen. Also bei Salesforce kriege ich das zum Beispiel sehr intensiv mit, dass es gefühlt eine halbe Million Salesforce-Agenturen gibt, die dir dann bei der Einrichtung auch helfen und dann noch on the fly Beratung mitverkaufen. Fangen wir aber ganz basic an. Wie ordnest du denn solche Player ein? Wie wichtig sind die in so einem Prozess?

Boris Lokschin: Vorweg muss man so ein bisschen unterscheiden zwischen der Art der Lösung, die man kauft. Es gibt Standardlösungen, die man einkaufen kann, die quasi keine Implementierung und damit auch keinen Implementierungsaufwand und keinen Partner haben. Vielleicht so ein Beispiel wäre, wenn ich jetzt irgendwie Zoom-Lizenzen einkaufe oder DocuSign-Lizenzen einkaufe oder irgendwie Google Mail Enterprise-Lizenzen. Das sind wahrscheinlich Dinge, die man einkauft. mehr oder weniger ohne Integrationsaufwand oder zumindest ohne größeren Consultingaufwand eingeführt bekommt. Auch da gibt es sicherlich den einen oder anderen Berater, der einem irgendwie ein bisschen Starthilfe geben kann, aber das sind dann wahrscheinlich ein paar Tage und eben wirklich klassisches Consulting und eben Lösungen, die normalerweise von Systemintegratoren, Agenturen und Leuten eingeführt werden, die wirklich Anpassungen machen, die einen beraten, die mit einem Workshops vorher durchführen, die Design, Businesslogik, Entwicklung drumherum machen. Das sind dann so die klassischen Enterprise-Lösungen.

Das kann sowas sein wie Spryker, was normalerweise dann eben auch nochmal erweitert, angepasst wird. Das kann natürlich sowas sein wie Salesforce oder auch andere Lösungen im Bereich Content Management, PIM, Marketing und Co. Und in dem Umfeld trifft man dann tatsächlich dann eben auf diese Gruppe Systemintegrator und Agentur. Da geht es direkt dann los. Wenn ich mir verschiedene Lösungen angucke und ich weiß, ich werde einen Integrationspartner benötigen, dann ist natürlich schon mal die erste Frage, wie objektiv kann ein Partner mich beraten? Es gibt dann in dem Umfeld normalerweise spezialisierte Partner. Es gibt dann jemanden, der macht zum Beispiel nur Spryker. Wenn ich noch nicht entschieden habe, dass ich Spryker als Commerce-Lösung einkaufen möchte und mich noch umschaue im Markt, dann ist es wahrscheinlich die Sicht eines Partners, der nur Spryker macht, nicht die allerobjektivste. Auf der anderen Seite ist das eine Frage des Prozesses. Wenn ich zum Beispiel für drei verschiedene Lösungen jeweils drei spezialisierte Partner wiederum anfrage und mir von denen erklären lasse, wie Dinge gemacht werden, was der Projektaufwand sein kann, was die Lösung kostet, was der Betrieb der Lösung kostet, dann kann ich es dadurch natürlich wieder ein Stück weit objektivieren.

Joel Kaczmarek: Wie sind denn solche Player eigentlich monetär inzentiviert? Also läuft das so ab, dass sie dann pro Lizenz oder pro Firma, die sie quasi dem Softwarehersteller oder Anbieter liefern, eine Provision kriegen? Wie muss man sich das vorstellen, wie solche Akteure verdienen?

Boris Lokschin: Gute Frage. Super unterschiedlich. Also es kommt auf die verschiedenen Lösungen irgendwie drauf an. Ja, am Ende des Tages sind die Partner schon immer über so ein paar Vektoren gestrickt. Das eine ist eben wirklich Business Development, also was generiert man gemeinsam an Business. Das muss nicht immer nur darauf hinauslaufen, dass jemand einem irgendwelche Leads bringt. Ja, teilweise wird auch sowas bei Softwareherstellern wie Influence gemessen, also hat der Partner wirklich Anpassungen. Einfluss darauf, dass ein Deal gewonnen wird, in die eine oder andere Richtung. Ja, manchmal gibt es einen sicher geglaubten Deal und da kommt ein Partner rein und der schiebt das vielleicht in eine andere Richtung oder performt vielleicht nicht so gut und das färbt dann auch auf einen ab.

In den meisten Fällen passiert es natürlich sozusagen in die positive Richtung. Also werden Deals gesourced, werden sie geinfluenced. Aber ganz modern und mittlerweile eigentlich auch mehr und mehr gang und gäbe, ist eigentlich die Partnerschaft nicht primär anhand von Sales oder Marketing Goals alleine auszurichten, sondern eben so ein bisschen so in dieser Saas-Denke. Wohl wissen, dass ein Kunde eben dann über fünf, sechs, sieben Jahre bei einem bleibt, vor allem in qualitative Merkmale reinzubringen. Also ist ein Partner ausreichend enabled, wie das so schön heißt? Ist er ausreichend trainiert? Reden die richtigen Leute? Ist die Implementierung, die dort gemacht wird, gut? Gut und richtig. Ein Softwarehersteller hat nichts davon, dass ein Partner aggressiv in den Pitch geht, mit dem besten Verkäufer, dem Kunden irgendwas aufschwatzt und dann eben die teuren Enterprise-Lösungen mit Ach und Krach eingeführt werden und dann direkt irgendwie alles auseinanderfliegt und der Kunde im zweiten Jahr unhappy ist, man gleich irgendwie einen Risk hat, dass der Kunde dann irgendwie cancelt oder eine schlechte Referenz ist. Also Training, das Enablement, viele große Hersteller haben auch sowas, dass man eben sich mit Partnern auch fokussiert auf bestimmte Verticals oder Marktsegmente, dass man zum Beispiel sagt, okay, ich habe jetzt einen Partner, der ist super stark im Bereich Automotive und ich möchte jetzt gemeinsam dieses Segment angehen.

Der Partner spricht die Sprache des Kunden, er weiß, was die Probleme sind, was die typischen Anforderungen sind, kann mir sozusagen dort den Zugang zugeben. Ich wiederum kann den Partner auch enablen und vielleicht entweder monetär intensivieren oder anderweitig intensivieren. Häufig ist es so, dass die Partner natürlich selber in einem Verhältnis von 1 zu 5, teilweise bis 1 zu 10 oder mehr Euros pro Lizenzumsatz selber mit ihrem Beratungs- oder Implementierungsgeschäft Geld machen, also haben quasi genug Incentive. Trotzdem ist es nicht unpopulär, dass die Partner eben auch von den Lizenzeinnahmen profitieren und auch einen gewissen Eurobetrag bekommen.

Und das ist, glaube ich, auch ein wichtiger Punkt, also genau das, was ich gerade gesagt habe, also wirklich reinschauen in die Partnerwahl. Häufig ist auch so ein guter Tipp, es gibt ja diese Abstufungen, man sieht dann, dass ein Partner X, ein Software-Vendor X dann Partner gruppiert nach Gold, Silber, Bronze oder Platin, Diamond, Holz. Gerade bei solchen Abstufungen muss man sehr genau reingucken als jemand, der das auswählt, weil das impliziert natürlich erstmal einen gewissen Qualitätsunterschied. Das muss aber nicht immer so sein. Manchmal ist es genau wie du gesagt hast, es gibt Vendoren, die stricken ihre Partnerschaften ausschließlich nach diesen Revenue-Commitments. Und wenn ein Partner dann einem nicht irgendwie genug Umsatz versprochen am Anfang des Jahres, dann landet er automatisch in einer geringeren Klasse, was für mich als Kunde erstmal per se gar kein Qualitätsnachteil sein muss, sondern einfach nur ein Punkt sein kann, dass der Partner eben vielleicht mehrere Lösungen im Portfolio hat, generischer reingehen möchte, vielleicht eine bessere Beratungsqualität haben will.

Die Vendoren argumentieren das natürlich umgekehrt. Die sagen, naja, ein committeter Partner, der nur Spryker macht, hat natürlich eine bessere Expertise, weil er seine Leute immer wieder ins Breakup-Projekt hat, als einer, der fünf Software des gleichen Schlags anbietet. Kann man jetzt unterschiedlich sehen, ist jetzt vielleicht auch nicht Gegenstand der heutigen Folge, aber ich glaube, der Tipp hier ist wirklich, challenge das, also hinterfragt offen bei den Vendoren, was sind die Levels, was steckt hinter dem Partnerprogramm, die ihr habt, was bedeutet oder was sagt mir denn ein Level X versus Level Y und versucht das wirklich sehr, sehr genau zu verstehen. Frage Ich frage den Partner nach dem Grad der Zertifizierung und der Trainings, vor allem danach, welche Leute denn ins Projekt kommen. Denn häufig ist es auch so, wenn ich mir Softwarelösungen angucke, gibt es eben Partner, die mir quasi übereignende Beratungen geben.

Die Superstars sind dann im Pitch und dann hinterher im Projekt, da sind genau die drei Nasen, die schon angeblich zehn Projekte gemacht haben, eben nicht Teil des Projektteams. Und das kann natürlich dann wieder zu einer schlechten Implementierung führen. Also wie trainiert es der Partner? und vor allem auch, hat er relevante Expertise in meinem Vertical oder in meiner Industrie? Also hat er einfach nur zehn B2C Fashion Shops gemacht und ich bin ein Schraubenhersteller oder Logistikanbieter? Also sind sozusagen die Anwendungsfälle und der Grad der Erfahrung überhaupt matchbar? Und damit ja auch, das ist ja die Ursprungsfrage immer, passt die Lösung eigentlich? Also nur weil ein Partner einen guten Pitch macht, kann die Lösung ja trotzdem eine falsche sein. Das ist normalerweise. ein guter Startpunkt. und vielleicht ein letzter Punkt bei so Integrationspartnern, ja, es ist am Ende natürlich auch eine Frage von Vertrauen und man muss ein bisschen reinschauen, denn gerade große Agenturen, große Systemintegratoren, die viele Leute beschäftigen, wählen unter anderem auch danach, wo sie Kapazitäten frei haben.

Das heißt, es kann einen Partner geben, die Joel GmbH und die Joel GmbH bietet jetzt drei E-Commerce-Plattformen an und vielleicht passt für die Spryker GmbH, die gerade bei der Joel GmbH nach einer Software fragt, Lösung A, Viel besser, aber für Lösung A hat die Joel GmbH in den nächsten sechs bis neun Monaten gar keine Leute frei, sondern nur für Lösung B. So, und dann spielen dann natürlich auch die Agenturen und die Integratoren stückweit immer auch Auslastungstetris, ja, und versuchen dann, das alles so ein bisschen fit und passend zu machen und da keine großen Lücken in den Projektteams zu haben. Also die sogenannte Bench möchte man immer vermeiden, Leute, die kein Geld verdienen. Also auch das muss man immer so ein bisschen challengen, das kann man dann durch so ein paar Fragen herausfinden, herauskitzeln und mal so ein bisschen die Termine hinterher schieben und mal gucken, ob sich dann die Aussage ändert oder ob der Partner einfach auch bei seiner objektiven Beratung bleibt und sagt, hey, das ist die richtige Lösung, das auch argumentieren kann, warum er glaubt, dass die Lösung A versus B versus C die richtige ist und nicht, ja, es ist die richtige Lösung A, wenn sie am 1.4. das Projekt starten, wenn sie am 1.6. starten, dann wäre es eigentlich die Lösung B. Da ist auch nichts Schlechtes dran, so funktioniert der Markt, es sind einfach verschiedene Parameter, die dann zu so einer Entscheidung führen, die dann von Agenturen oder SIs dann angeboten wird. und da muss man für sich selbst dann für die Softwarewahl die richtigen Schlüsse draus ziehen. Aber alles schon selber erlebt, all das, was wir auch einkaufen, ist teilweise schon witziger, was da so im Markt passiert.

Joel Kaczmarek: Jetzt hast du ja schon mehrfach anklingen lassen, dass es auch Unternehmen gibt, die bei der Einführung deiner Software helfen. Lass doch mal die andere Seite spiegeln. Wenn man wie du Vendor ist, welches Interesse verbindet sich dann mit solchen Systemintegratoren? Also machst du das vor allem für Abverkauf Oder vielmehr als so eine Art verlängerte Werkbank zum Kunden hin, dass die quasi den Customer Happy halten, dafür sorgen, dass er es richtig benutzt. Und zweiter Teil der Frage, du hast ja eben auch so ein Stück weit Zertifikate angesprochen. Also wenn ich Spryker Software verkaufen möchte als Dritter, kann ich das einfach so machen und Leute dazu zu beraten? Oder müssen die bei dir quasi durch einen Prozess gehen und bestimmte Anforderungen erfüllen? Weil am Ende des Tages ist es ja auch eine Brand, die du sozusagen darstellst und wahren möchtest.

Boris Lokschin: Zur ersten Frage, das Interesse ist normalerweise, Vendoren machen üblicherweise selber kein Implementierungsgeschäft. Der eine oder andere macht ein bisschen Beratungsgeschäft oder das, was man so Enabling nennt. Das heißt also, gerade für Partner oder Kunden, da gibt es meistens irgendein Team von Experten für so spezielle Themen wie vielleicht Performance oder Architektur. Also Leute, die wirklich tiefes, tiefes Consulting-Wissen haben und punktuell helfen können. Aber als Faustregel normalerweise machen Vendoren selber kein Implementierungsgeschäft. Nicht Werkbank, sondern es ist einfach Value-Add. Heutzutage geht es ja nicht darum, einfach nur irgendwas abzupacken. Arbeiter wegzuschrubben, sondern die großen komplexen Lösungen, über die wir hier reden. Da gibt es ja strategische Beratung. Da gibt es ja wirklich 100 Varianten, wie man den Scope realisieren kann. Also wirklich Projektplanung. Da gibt es dann Umsetzung. Das ist meistens ein heterogener Technologie-Stack. Betriebsthemen, Marketingthemen. Also da gibt es sozusagen viel zu tun, viel zu machen. Das ist natürlich alles nicht im Scope eines Softwareherstellers. Also das ist das eine Interesse. Natürlich damit, wie ich gerade auch gesagt habe, auch Zugang zu bekommen zu eben größeren Kunden, bestimmte vertical sie. wir können auch nicht für alles expertise haben wir können nicht jedes vertical jedes thema kennen. also wir brauchen natürlich auch den feedback loop vom markt. was braucht der b2b markt was benötigt der retail markt? und nicht zuletzt natürlich auch wie gut ist die lösung eigentlich? wie leicht lässt sich einführen? ja das ist ja immer so ein bisschen schwierig wenn du selber was baust und das dann nämlich verwendet kannst du selber irgendwas verkaufen. erstmal theoretisch ja natürlich viele leute die meinen verstanden zu haben was wir machen jetzt konkret auf uns gewünscht ja und die natürlich auch kunden beraten ob Offiziell haben die meisten Hersteller und wir auch natürlich ein Zertifizierungsprogramm, bei dem es genau darum geht, das heißt auch die Partner zu enablen, sie zu onboarden, also denen beizubringen, was für ein Problem lösen wir eigentlich oder wollen wir lösen, für wen, warum glauben wir, dass wir das besser machen können als irgendwie andere, die vielleicht das gleiche Problem sehen, wie meinen wir, dass wir uns abgrenzen, das ist natürlich gerade für Integratorenberater, die mehrere Lösungen im Portfolio haben, auch wichtig zu verstehen, wann gehen sie mit Vendor A, wann gehen sie mit Vendor B. Denen auch das technische Enablement zu geben, denen beizubringen, sozusagen die Lösung auch richtig zu nutzen, auch das meiste rauszuholen. Denn am Ende wollen beide Partner, dass der Kunde happy ist. Das heißt, dass er mit der Software happy ist, mit dem Partner happy ist und alle sozusagen da auch Long-Term-Business gemeinsam machen und der Kunde auch seine Business-Goals erreicht. Deswegen ist das so ein bisschen so eine Symbiose. Also aus 1 und 1 sollen idealerweise 5 werden und das ist dann der Background.

Joel Kaczmarek: Gut, jetzt ist ja der Titel unseres Podcastes, wem kann ich heutzutage noch trauen? Wie ist das denn in Bezug auf diese erste Gruppe zu beantworten?

Boris Lokschin: Also ich muss das eben objektivieren, wie ich vorhin gesagt habe, ich muss schauen, dass ich die richtigen Fragen stelle, dass ich verstehe, was ist auch die Motivation, was ist die Passfähigkeit des Systemintegrators, entscheidet der hier aus Benchgründen, entscheidet der, weil er nur diese eine Lösung macht, der hat ja verschiedene Lösungen gesehen, was ist auch die Relevanz und der relevante Track Record, welches Team geht da drauf, welche Fähigkeiten haben die Teams, wenn ich diese Fragen alle stelle. Dann kann ich zu einer objektiven Sicht für diese Gruppe kommen. Das ist am Ende dann immer noch so ein Triangulieren über zwei, drei Ecken. Aber so kann ich mich dem nähern. Und die zweite Frage wäre, kann ich den Vendor oder den Vendoren selber trauen? Da geht es dann quasi ins nächste Bucket.

Joel Kaczmarek: Jetzt gibt es ja noch eine Sonderform, wenn man einkauft. Also jetzt springen wir mal wieder zurück auf die Seite des Unternehmens, die sich Software einkaufen möchte. Das sind so Ausschreibungen. Macht man ja wahrscheinlich eher weniger über Agenturen, sondern in der Regel schon eher über Vendoren. Aber vielleicht können wir als kleine Brücke das auch schon mal streifen. Also Ausschreibung heißt ja im Prinzip, man gibt eine Anforderung nach draußen, was man gerne als Software hätte und lässt dann Anbieter sich darauf bewerben. Oder machen Agenturen davon auch Gebrauch? Weiß ich gar nicht. Kannst du sonst mal erzählen. Hattest du mit sowas mal Berührung?

Boris Lokschin: Das ist tatsächlich etwas, was in der Vergangenheit sehr, sehr häufig gemacht wurde. Wir hatten, glaube ich, schon in ein, zwei methodischen Folgen mal darüber gesprochen, dass das Gott sei Dank zunehmend auf dem Rücklauf ist. Das passiert tatsächlich gerade bei so größeren Organisationen, deren Digitalisierungsgrad vielleicht noch nicht ganz so hoch ist. Die sogenannten RFPs, Request for Proposals, oder RFIs, Request for Information, sind meistens tatsächlich eher so antiquare Tools der 90er. Die sind auch aus meiner Sicht super gefährlich, weil du an so vielen Stellen einfach in dem Prozess schon nicht richtig arbeiten kannst oder das Risiko hast. Du kannst nicht sicherstellen, dass die richtigen Anforderungen in dieses Dokument geschrieben werden. Dafür werden meistens dann wiederum wieder Dritte geheiert. Also da geht es dann schon los. Das Unternehmen kann selber noch nicht mehr genau sagen, was sie brauchen, sondern Und ein dritter soll das für mich bitte reinschreiben, was denn heute eine moderne E-Commerce oder eine PIM oder CMS oder People-HR-Management-Lösung sein soll. Schon mal ganz, ganz falsch.

Also die Stakeholder sind dann null an Bord. Viel schlimmer ist dann das Nichtwissen dessen, was eigentlich die Zukunftsanforderungen sind. Das kannst du ja gar nicht gut abbilden. Dann wird meistens in den RFP alles reingedumpt, was man irgendwie sich zusammen gegoogelt, zusammen recherchiert hat. Dann eben auch die Bewertung der einzelnen Parameter. Also eine 500-Zeilen-Exit-Tabelle sagt erstmal gar nichts aus. Also was ist für mich wichtiger, weniger wichtig? Also Soft-Faktoren. Mittlerweile, ich nenne das immer MVP over RFP, also man sagt heute, dass eben die Fähigkeit, eigentlich einen Piloten oder einen wirklich tangible Use Case zu bauen, den auszuprobieren und zwar einmal so als Querschnitt, technisch hands-on mal zu testen, was ist eigentlich die Value Proposition und ist sie so, wie mir das versprochen wird.

Ja, wie funktioniert das? Werden auch so Parameter wie Kosten, Timeline, Feature, Convenience, Usability auch wirklich eingehalten? Ich kann heutzutage schneller einen MVP live bringen für ein erstes Land, für einen ersten Use Case, als ich so einen RFP-Prozess durchlaufe. Und mit viel mehr Erkenntnisgewinn, also mit viel mehr praktischem Erkenntnisgewinn für die relevanten und richtigen Stakeholder. Von daher, ja, das gibt es tatsächlich, ja, ist eher so ein Zeichen für die meisten modernen Vendoren, eher nicht daran teilzunehmen und eher wegzulaufen. Das heißt also, der Kunde hat meistens seine Anforderungen nicht im Griff, sie nicht verstanden. Meistens kommt auch nicht das Richtige dabei raus, weil man versucht, durch so objektive, trügerische Scorings und Punkte dann zu irgendeiner Einschätzung zu kommen. Sieht schön aus in PowerPoint, hat in der Praxis so gut wie keine Relevanz und vor allem keine richtige Aussagekraft, also gut. Meine Empfehlung eher Hands-off und weglaufen von sowas.

Joel Kaczmarek: Also dann hangeln wir uns weiter bei der Frage, wem kann ich heutzutage eigentlich noch trauen? Dann wären ja jetzt an sich die Vendoren selbst noch zu nennen, also diejenigen, die die Software, die Produkte anbieten. Da möchte man ja eigentlich meinen, denen wäre zu vertrauen, sonst würde man ihre Software ja auch nicht kaufen.

Boris Lokschin: Ja, absolut. Also bei Spryker auf jeden Fall. Nee, also tatsächlich ist es natürlich so, der Vendor selber ist natürlich per Definition biased. Im Guten wie im Schlechten, das kann man jetzt unterschiedlich sehen. Bei es im Guten, weil natürlich ganz klar, der Software nur seine Software am besten kennt. und wir haben auch häufig Situationen, bei denen wir dann mit Kunden sprechen und die dann von einem anderen Partner oder von einem anderen Kunden gehört haben, dass die Lösung irgendwas nicht kann oder nicht gut kann. und dann eben sind wir sehr überrascht und sagen, naja, guck mal, aber natürlich gibt es diese Funktionalität und natürlich kannst du diese Art von Anpassung easy machen. So was ist natürlich dann auch gefährlich, wenn da sozusagen durch Halbwissen oder vielleicht durch mangelndes Wissen dann ein Eindruck auch verzerrt wird, weil dann ist die Entscheidungsfindung nicht objektiv.

Das heißt, als Vendor kennt man natürlich seine Lösung am besten, aber, und das ist dann für den, der Software einkauft, insofern auch gefährlich, weil natürlich ist die eigene Lösung immer die allerbeste und natürlich kann sie am meisten und der Preis ist auch total gerechtfertigt. Und deswegen macht es das natürlich auch schwerer. Was da gute Empfehlungen sein können, ist sich mal relevante Use Cases zu zeigen, also wirklich wegzugehen von diesem, was du gerade schon gesagt hast, RFP-like. Zeigen Sie mir mal diese Feature. Zeigen Sie mir mal so eine Standard-Demo. Kann ich hier auch drauf zoomen? Kann ich hier auch ein Produkt anlegen? Weil das natürlich die sogenannten Happy Passes und gerade diese ganzen Standard-Demos sind alle poliert und alle auch vorbereitet und hundertfach irgendwie gemacht und die Aussagekraft gerade bei so Standard-Funktionalität ist quasi gleich null. Also was da total sinnvoll ist, ist A, sich mal wirklich relevante Use Cases, zeigen Sie mir mal, Sie sagen, die Lösung ist wunderbar geeignet für B2B-Hersteller oder für KMU-Unternehmer oder irgendwie kleine Unternehmen bis zehn Mitarbeiter. Zeigen Sie mir doch mal die Top-3-Referenzen, denen Sie sagen, das sind die besten Beispiele. Was was war denn da die Schwierigkeit? Was musste denn da noch getan werden, damit der Kunde das einführen kann? Was hat denn da noch gefehlt? Also einfach so die relevanten Fragen zu stellen. Häufig auch bei Demos, was wir zum Beispiel auch gerne machen, ist, gerade wenn die Versprechen so sind, dass man sagt, hey, das ist alles ganz einfach und ganz schnell und das ist alles mit einem Klick zu machen und kein großer Aufwand, dann eben um eine Custom-Demo zu bitten, schlauerweise auch on short notice, wenn das alles irgendwie gar kein Problem ist und Sie sagen, normalerweise ist das ein Aufwand von drei, vier Tagen, lassen Sie uns doch mal übermorgen oder Ende der Woche, zeigen Sie uns das doch mal. Und dann merkt man schon so ein bisschen, das ist nicht immer eindeutig.

Es kann wirklich auch Gründe geben, warum ein Hersteller das nicht, weil gerade viel los ist oder Quartalsende ist, das wirklich nicht machen kann. Aber man merkt schon ein bisschen, kommt derjenige da ins Schwitzen und möchte eher einen Termin in drei, vier, fünf Wochen schedulen, weil dann doch wieder mit 20 Mann an sowas gearbeitet werden soll. Oder ist dann derjenige eben flexibel und kann es tatsächlich kurzfristig herbeiführen, weil das Produkt das kann. Also Use Cases, Relevanz nachlegen und zwei Dinge, die ich empfehlen kann, auf die wir immer sehr stark gucken. Diese ganze Funktionalitätsübersicht und auch Referenzen sind ja immer ein Stück weit ein Proof der Vergangenheit.

Was mich meistens ja mehr interessiert, ist nicht, konnte die Lösung das, als der Referenzkunde B vor zwei Jahren das eingeführt hat, sondern auch eine wichtige Frage ist der, den Sie mir zeigen, heute noch Kunde. Wie oft hat er schon renewed oder sowas? Was ist denn die Zukunft? Weil ich kaufe etwas nach vorne gerichtet für die nächsten drei, vier, fünf Jahre. Das heißt, Fragen nach Roadmap. Also wirklich, ich möchte mal den Chief Product Officer treffen oder ich möchte den Produktverantwortlichen treffen. Ich möchte mal lieber eine Session machen über zwei, drei, vier Stunden über die Sicht des Marktes. Was planst du denn? Wie seht ihr den Markt? Wo glaubt ihr, wird eure HR-Lösung in drei Jahren sein? Welche Probleme wollt ihr nach vorne raus lösen? Welche Feature habt ihr auf der Short-, Mid- und Long-Term-Roadmap? Wie viel Einfluss kann ich denn nehmen? Wie relevant bin ich als Kunde? Seid ihr in einem Business, bei dem ihr eher 10 Kunden pro Jahr erhaltet und ich bin einer von 10? Oder seid ihr in einem Business, bei dem ihr 150.000 Kunden pro Jahr erhaltet und ich bin einer von 150.000? Und das ist dann meine Stimme irgendwie nur so klein. Also Roadmap und vor allem diese Strategie.

Also ich finde diese Diskussion mit den Gründern, Managern, Produktverantwortlichen dazu, wie sie eben den Markt sehen, wie sie das einschätzen, wie sie sich abgrenzen wollen, welches Problem sie nicht angehen wollen. Das ist eine ganz wichtige Frage im Produktmanagement, vielleicht wichtiger sogar als was man tut. Also wozu sagt ihr nein? Was sind so für euch kategorische No-Gos? Strategisch, wo würdet ihr sagen, das wollen wir nicht sein, das Problem lösen andere besser? Ich würde ganz stark raten, diese Art von Dialog mit Nicht-Standard-Lösungen. Wir reden nicht über DocuSign und Zoom und Co., sondern Lösungen, die tatsächlich sich auf die eine oder andere Weise entwickeln können. Die sollte man so als Geheimtipp führen und dann, wie gesagt, relevante Use Cases und ein Gefühl dafür, wie wichtig ist man auch als Kunde für den Vendor.

Das kann by the way auch sowas sein wie zum Beispiel Geografie oder Vertical. Also zum Beispiel anhand von einem eigenen Beispiel, es gibt für uns super relevante strategische Märkte oder Themen, auf die wir mega Lust haben, wo wir total gewillt sein würden, dem Kunden mehr Gutes zu tun, vielleicht in Form von Preis oder in Form von Roadmap oder in Form von einfach anderweitigem Commitment, Unterstützung im Projekt, als vielleicht in anderen Bereichen. Und das für sich zu verstehen, zu sagen, hey, bin ich relevant genug? Ist das ein spannendes Segment? Bin ich die 37. Fashion-Referenz? Oder bin ich der erste moderne Digitalverlag mit Digital Kompakt, der hier als Referenz reingeht, wo wir viele coole Sachen machen können, wo ich vielleicht auch für euch was Gutes tun kann? Das sind, glaube ich, so die Gespräche, die man eher so 70 Prozent der Zeit führen sollte mit den Bündnern.

Joel Kaczmarek: Ich erinnere mich an ein Gespräch mit einem Unternehmer, der zu mir meinte, mit seiner Firma, mit mehreren hundert Mitarbeitern, ist er mal auf Slack zugegangen und hat gesagt, was kostet das denn eigentlich, zeig mir mal das Produkt. Dann haben die gesagt, hier, so und so, alles gezeigt, zack, zack, zack. Und dann hieß es, Pricing, glaube ich, sieben oder neun Euro pro Mitarbeiter pro Monat. Und dann kam er an und meinte, ja, okay, wenn ich jetzt wie 300 Lizenzen kaufe oder 800 Lizenzen, was ist denn an der Preis? Und dann meinte er, ja, sieben oder neun Euro halt. Ja, aber ich kaufe ja 300. Ja. 7 Euro. Aber wieso kriege ich denn keinen Discount? Ich will ja ganz viel. Ja, weil das ein tolles Produkt ist. Entweder brauchst du es oder nicht. Also die Frage, die ich gerade einleiten will, ist Thema Preis. Wo fahre ich denn besser im Sinne von, wie viel es mich kostet, sowohl monetär für das Produkt als natürlich auch die Management Attention, die ich für die Einführung und für das ganze Wartungsthema brauche, wenn ich mir so eine Software kaufe, wenn ich sie direkt beim Vendor beziehe oder wenn ich eher in die erste Sparte gehe, wo wir eben waren mit den Integratoren und den Agenturen.

Boris Lokschin: Das hängt ein bisschen davon ab, ob überhaupt die Integratoren quasi die Software direkt verkaufen können. Das ist bei den allermeisten gar nicht der Fall. Also Distribution oder Resellertum ist nicht immer möglich. Die meisten Vendoren wollen aus gutem Grund auch die Relationship selber zum Kunden halten. Ja, natürlich, weil Themen wie Customer Success und Co. leichter dann zu handeln sind. In den wenigen Fällen, wo das dann eben über den Partner geht, kann das durchaus sein, dass der Partner bereit ist, eben die Marge oder den Discount oder den Einkaufsvorteil dann ein Stück weit auch an den Kunden abzugeben. Sogar vielleicht teilweise so weit, dass er das aus der eigenen Tasche macht, weil er dann eben, wie ich vorhin gesagt habe, trotzdem nochmal 7, 10 Dollar pro Software-Lizenz on top bekommt und dann sagt, bevor ich das nicht mache, mache ich halt 9 zu 1, anstatt dann eben nichts zu verdienen. Also in den Fällen kann das schon so sein. Was ich häufig auch erlebe und was wir natürlich jetzt selber eben auf der anderen Seite auch sehen, ist, die Kunden führen meistens diese Verhandlungen nicht ganz richtig. Also es werden nicht die richtigen Fragen gestellt. Also A zu deinem Beispiel, auch hier ist natürlich wieder eine Standardlösung. Und da muss man sich ein bisschen angucken, wie wird bepreist? Eskaliert das überhaupt? Gibt es eine Consumption-Based-Komponente? Viele Nutzer können ja auch für den Vendor auch viel mehr Kosten bedeuten, weil ich einfach viel mehr Infrastrukturkosten habe, viel mehr Supportkosten, viel mehr Cloud-Infrastrukturkosten.

Das muss nicht dadurch günstiger sein. Natürlich habe ich irgendwo eine gewisse Economy of Scale, aber häufig ist es auch so, dass gerade bei den Produkten das Pricing auch schon so gestrickt ist, dass ich darauf spekuliere oder hoffe, dass ich eben ein gewisses Uservolumen habe und deswegen der Einstiegspreis ein anderer ist. Ich glaube, gerade im Enterprise-Segment wird tatsächlich das Gespräch häufig falsch geführt, weil ob ich sozusagen 5 oder 10 Prozent jetzt mal als Beispiel von 100.000 Euro spare, das mag für den Einkäufer Super klingen, das sind dann aber monetär 510k. Jetzt wieder zu dem Beispiel, was ich vorhin gesagt habe, wenn ich aber für 100.000 Euro eine Software kaufe, die ich parallel für 3, 4, 500.000 Euro einführe und dessen Total Cost of Ownership über die Jahre mit Betriebssupport nochmal das 4, 5, 6 x-fache ist davon, dann ist da natürlich der Leverage drin. und dann lieber mit dem Vendor darüber zu sprechen, wie sicherst du die Implementierung ab. Weil das ist für mich wichtiger. Ich verliere vielleicht pro Tag, indem ich nicht live bin, einen Umsatzausfall von 10 Millionen Euro. Wie kriegen wir das gestemmt, dass das Ding live geht? Wie kannst du den Partner unterstützen? Wie kriegst du meine Leute schneller trainiert? Weil wenn ich eine Lösung kaufe für 100.000, die Leute aber nur 20% davon nutzen, leverage ich das nicht. Wie kriegen wir meine Leute schneller trainiert, dass ich auch alle Features und alle Möglichkeiten kenne? Wie stellen wir gemeinsam sicher, dass wir vielleicht eine coole Story am Markt erzählen? Und was kannst du mir dafür Gutes tun? oder deine Roadmap hat mir erstmal gut gefallen im PowerPoint. Wie stellen wir denn sicher, dass meine Wünsche und deine Ziele auch in den nächsten drei Jahren übereinander passen? Kannst du mir dazu irgendwie ein Commitment geben? Das sind dann viel auch monetär am Ende des Tages relevantere Parameter, die viel mehr Leverage haben und einem dann vielleicht auch einen fünf-, sechsstelligen Betrag in Summe sozusagen über drei, vier Jahre geben, anstatt diese fünf oder zehn K, die ich initial mal gespart habe, ja.

Joel Kaczmarek: Guter Punkt, klingt sehr nachvollziehbar. Jetzt ist ja ein Faktor gerne mal, also bei allem, was man sich einkauft, in irgendeiner Form Referenzen einzuholen. Also naheliegend ist, mal andere Unternehmen zu fragen, welche Software sie im Einsatz haben, warum, wie, was sie für Erfahrungen gemacht haben. Wie geht ihr denn da vor? Hast du so Best Practices, wenn es um Referencing geht?

Boris Lokschin: Alles schon gesehen. Was super sinnvoll ist, ist einfach mit mehreren Leuten zu sprechen. Auch hier wieder Relevanz. Also wirklich sich selbst überlegen, was ist denn eine relevante Referenz? Ist das die gleiche Größe? Ist das der gleiche Stakeholder bei der Firma? Ist das eine ähnliche Problemstellung? Warum ist das wichtig? Wenn ich ein CTO bin und ich kriege einen Marketingverantwortlichen als Reference Point, kann ich vielleicht nicht die richtigen Fragen stellen, die für mich relevant sind. Nicht die richtigen Pros, nicht die richtigen Cons herausbekommen oder umgekehrt. Ich bin Marketeer und da wird mir ein technischer Ansprechpartner gegeben. Er kann vielleicht das gar nicht bewerten. Er erzählt mir dann, dass die Lösung vielleicht ein bisschen ruckelig eingeführt wurde, aber dass das Ding hinterher fünfmal mehr Umsatz gebracht hat am Ende nach der Entführung. Was der eigentliche KPI ist, ja, das höre ich vielleicht gar nicht. Also mit wem spreche ich? Was war die Problemstellung? Ist das ein Re-Platforming-Case, das ist ein neuer Case. Waren die Einführungszeiten, auf die ich dann schaue, vergleichbar? Waren die Budgets vergleichbar? oder war das eine Referenz, die vielleicht schon zum Scheitern verurteilt war, weil derjenige 200.000 Euro hatte? und ich gucke hier auf ein 2 Millionen Euro Einführungsbudget in 17 Ländern gleichzeitig. Also, Ambitionslevel, Komplexität. Das muss ich natürlich sehr genau mir vorher überlegen. Was ich immer gut finde, ist, sobald man für sich so ein bisschen dieses Concentration-Set hat, auf den Vendor zuzugehen und zu sagen, guck mal, das sind so die vier, fünf Parameter.

Ich hätte gerne eine Auswahl an zwei, drei Referenzen. Auch wirklich immer aktiv auch nach schlechten Referenzen zu fragen. Denn es gibt nicht nur gute Projekte. Und wenn ich das nicht tue, kriege ich immer nur die Top zwei, drei Super-Cases. Aber auch offen zu sein, auch zu verstehen, dass es auch Dinge gibt, die aus einer Million Gründen nicht gut laufen können. Das kann ein Partner sein, das kann ein Timing sein, das kann ein Managementwechsel sein, das kann makroökonomisch sein. Das Projekt war super, alles war toll, aber dann kam Corona und das Projekt konnte nicht eingeführt werden, musste gestoppt werden, später wieder resumed werden. Also es kann so viele Gründe geben, aber eben wirklich dem Vendor auch zu signalisieren, hey, ich verstehe das. Mir geht es nicht darum, dich zu disqualifizieren. Ich möchte einfach nur ein objektives Bild haben. Ich möchte lieber von vornherein wissen, auf was ich mich gefasst machen muss. Vielleicht muss ich höher budgetieren. Vielleicht muss ich das Projekt anders schneiden. Vielleicht muss ich einen anderen Partner wählen. Also wirklich, relevante Partner und dann eben positive und negative Gespräche führen.

Joel Kaczmarek: Und gehst du auch hin, wenn du Referencing machst und fragst auch explizit nach den Softwarelösungen, die man nicht eingekauft hat? Also ich finde ja manchmal genauso spannend wie das, was ich genommen habe. und wie war es, auch was hast du dir noch angeguckt und warum wurde es das nicht?

Boris Lokschin: Genau, also das ist, wenn man das relevante Set vorher definiert hat, an Ansprechpartnern, ja, oder an Referenzen, dann ist das natürlich eine gute Diskussion. Was hat man sich noch angeguckt? Ja, von welcher Plattform wechselt man? Was hat man vielleicht für andere Erfahrungen gesammelt? Man muss das immer so ein bisschen neutralisieren eben mit auch, was sagt der Partner, was sagt der Vendor, was sagen die Reference Calls, weil es am Ende gibt es nicht das 1 zu 1 Bild. Auch wir, wenn wir irgendwie Referenzgespräche machen, dann hörst du teilweise irgendwie Dinge, die ganz schrecklich klingen, aber halt null applicable, machen irgendwie gar keine Relevanz aus für uns oder klingen super. Super, ja, aber da weißt du ganz genau, huch, das war super, weil der hatte intern die Struktur dafür, der hat intern schon vorgedacht, vorgebaut, hat einen Erfahrungsschatz, das würde bei uns nicht so leicht gehen. Muss man filtern für sich selbst, aber kriegt da zumindest erstmal ein gutes Bild.

Joel Kaczmarek: Wenn ich mir Referenzen einhole, liegt ja auch ansonsten nahe, mir, sagen wir mal, anonyme Referenzen einzuholen. Also worauf ich hinaus will ist, wie bei Amazon, sich auch mal Reviews anzugucken. Also so wie ich Produkte kaufe und mir Bewertungen anschaue, gibt es ja auch Plattformen, auf denen ich mir Bewertungen von Software anschauen kann. Was hast du da für Erfahrungen gemacht?

Boris Lokschin: Teilen wir mal diesen Block mal so in zwei Kategorien. Also das eine ist gerade im Enterprise-Segment, ja, die sogenannten Analysten, also die Gartners und Forresters und IDCs dieser Welt. Das ist dann immer ganz spannend. Auch da muss man mit einem gesunden Menschenverstand drauf gucken, ja, und auch so ein bisschen kennen und verstehen, ja, wie deren Geschäftsmodelle funktionieren. Auch da zahlen wir in Dorn schon auch Geld für und das ist dann am Ende jetzt nicht so 100% objektiv, weil am Ende gibt es natürlich den Joel, der ein Analyst ist für ein Thema oder eine Gruppe von Analysten, die eine subjektive Meinung versuchen zu objektivieren, indem sie natürlich Interviews machen und Die Customer Reports sich einholen, aber das ist natürlich auch nicht 500.000 Stück, sondern machen halt eine Reihe von Calls, haben natürlich auch eine eigene Meinung zu Technologie, zu Trends, zu Themen. Es kann gut sein, dass du eben als Vendor total unvogue bist und genau das machst, was die eben auch für cool befinden. Es kann aber auch sein, dass du irgendwas machst, was sie noch gar nicht verstehen, was trotzdem richtig cool ist und richtig einschlägt, aber eben vielleicht nicht zum jetzigen Zeitpunkt von denen entsprechend eingeschätzt wird. Und natürlich ist es auch so, dass die versuchen, auch Traktion zu erfassen. Also gerade bei so den großen Plattformen dauert es auch eine Zeit. Du siehst eigentlich sehr selten, dass gerade neue Player, die in den Markt kommen oder gerade neue innovative Player von vornherein irgendwo oben rechts im Quadranten oder in irgendeiner Welle landen können, weil natürlich die Analysten ein Stück weit auch Meinungsbilder sind und auch darauf gucken. Das heißt, du brauchst da schon eine Genese über die Zeit. Du gibst ja auch Financial-Informationen raus, Anzahl von Kunden, Partnern. Also bist du da sozusagen wirklich relevant? hoch eingestuft werden kannst, dauert es auch. Anders ausgedrückt, das ist nicht ein Qualitätsnachteil. Also es gibt durchaus Lösungen, die wir uns auch einkaufen und wir sagen, okay, der kann ja noch gar nicht da sein. Diese Lösung gibt es ja erst seit zwei Jahren oder seit drei Jahren. Der kann ja noch gar nicht so viel Traktion gezeigt haben. Da ist es wichtig zu sehen, geht es nach oben, entwickeln die sich weiter.

Die zweite Gruppe innerhalb dieser objektiven sogenannten Meinungsbilder sind halt die Review-Plattformen. Es ist quasi die modernere Art der Analysten. Manche sagen auch, dass nach vorne raus vielleicht die Analysten mehr und mehr auch ersetzt werden. Genau aus dem Grund, den ich vorhin gesagt habe. Das eine ist, Analyst Joel kann halt nur so und so viele Reports schreiben und so und so viele Calls pro Jahr machen und so und so viel Meinungsbildung für sich selbst betreiben. Versus ich habe eben die drei, vier Portale, Trust Radius, Gartner, Insights, G2, OMR in Deutschland. Er hat das jetzt auch angefangen, so ein Modell zu bauen, wo am Ende, wie du es gesagt hast, Amazon-like Kunden und Partner eine Lösung auch bewerten können. So, und das lebt dann natürlich auch von der Zahl der Bewertungen, von der Zahl der Einschätzungen und wie im normalen Leben auch von der inhaltlichen Tiefe der Bewertungen. Also einfach da der Tipp, lest durch die Kommentare durch. Bestes Beispiel kennt jeder, Holiday-Check.

Man guckt dann irgendwie auf ein Hotel, sieht dann irgendwie schlechte Bewertungen, fängt an zu lesen und merkt, klagt einer darüber, dass die Handtücher morgens immer schon von irgendwelchen Leuten besetzt werden und dass abends die Musik laut dröhnt. und dann denkt man sich so, hey, ich bin doch selber derjenige, der morgens um sechs aufsteht und ein Handtuch hinlegt und Party machen, finde ich auch klasse. Also eine schlechte Bewertung muss nicht relevant für mich sein. Also deswegen nicht einfach nur auf die Sterne schauen, lest mal durch, guckt euch an, was sagen die Leute, was ist gut, was ist schlecht? Ist das für euch ein Problem oder ist das für euch ein Qualitätskriterium? Und auch da aufpassen, denn ähnlich wie bei den Analysten auch, schönes Beispiel, wir haben gestern erst gerade eine Softwareentscheidung wieder getroffen für eine Lösung. wo wir zwischen zwei Marktwettbewerbern entschieden haben, die funktional und auf allen anderen Parametern gleich auf waren. Und die eine ist eben schon über zehn Jahre im Markt, hat dann irgendwie über 4000 Bewertungen auf so einer Plattform und die andere ist halt zwei Jahre im Markt. Rising Star, also gerade was ich vorhin gesagt habe, sowas wie Roadmaps, mega spannend, Strategie, cool, Problemlösung nach vorne, Top-Team, aber haben halt 180 Bewertungen erst. Da ist es wirklich schwer, 4000 Bewertungen zu generieren in irgendwie zwei Jahren. Also davon, die sich nicht per se abschrecken oder blenden lassen.

Joel Kaczmarek: Zurück zu unserem Titel. Wem kann ich heutzutage noch trauen? Kann man solchen Analysten und solchen Plattformen trauen? Weil ich meine Bewertungen wissen wir alle ganz gut fakebar und machen aber eigentlich sehr viel Wirkung auf Käufer.

Boris Lokschin: Wie gesagt, über die Zahl und auch hier wieder, wie bei den anderen Punkten auch, trianguliert schon, wenn die Bewertungen für mich relevant sind, wenn ich da Zeit reinstecke und ich merke, von den 180, die 50, die ich durchgelesen habe, passen auf mich, ist ein ähnlicher Anwendungsfall und auch das, was da positiv oder negativ bewertet wird, ist relevant, dann gibt mir das schon ein gutes Meinungsbild. Und auch die großen Analysten, das ist so ein bisschen so wie, wenn Investoren Companies bewerten oder kennenlernen am Anfang und vorher schon zehnmal Kaffee trinken wollen, da geht es ja auch nicht darum, mit Joel Kaffee zu trinken, sondern maximal viele dotted Points schon zu haben und so eine Trajectory irgendwie zu bewerten und zu sehen, was erzählt er da, kommt er voran, hält er seine Versprechen, hat er eine realistische Einschätzung von seinem eigenen Business? Und so ein Business bei diesen großen Analysten auch. Nicht das Ist-Bild ist entscheidend, sondern wie ist die Traktion, wie ist die Entwicklung? Und vor allem stimme ich auch mit den inhaltlichen Analysen des Analysten überein. Wenn ich selber überhaupt nicht daran glaube, dass die Zukunft X ist, der Analyst aber sagt, das ist die Zukunft, so dann ist das vielleicht auch seine Einschätzung dann entsprechend weniger relevant.

Joel Kaczmarek: Jetzt haben wir viel über die Akteure gesprochen, die einem etwas verkaufen wollen. Also wir haben über Referencing geredet, über Plattformen, wo man sich schlau macht und über Vendoren und über Systemintegratoren. Was ist denn mit dem eigenen Team? Also man muss ja intern auch seine Hausaufgaben machen, wenn es um das Thema Einkauf geht.

Boris Lokschin: Ja, das ist super spannend. Auch da gibt es viele, viele Fallstrecke. Da muss man so ein bisschen auch schauen, wer ist überhaupt das Team? Wer ist der Entscheider oder ist Teil des Entscheidungsfindungsprozesses? Und auch hier, genauso wie bei den Externen, sind die Leute relevant. Klassischer Fehler, gerade bei so B2B-Produkten, ist bei vor allem größeren Unternehmen, dass der Käufer der Lösung selten bis nie der Nutzer der Lösung ist. Das ist etwas, was man am allermeisten sieht. Das ist auch etwas, was ich jetzt mit 17 Jahren meiner B2B-Erfahrung immer wieder bemängele und sage, irgendwann muss ich mal ein B2C-Produkt machen. Weil B2C ist immer ehrlicher. Man entscheidet mit dem Ehrlichsten, was man hat, mit seiner Brieftasche für das iPhone und nicht das Samsung Phone. Und sagt, das möchte ich, weil ich bin der Nutzer. Im B2B ist das immer verzerrt. In den allermeisten Fällen sind die Entscheider nicht die Nutzer des Produkts, egal ob das jetzt ein technischer Nutzer ist oder ein Marketing-Sales-Nutzer. Und an der Stelle wird es weird, weil man dann eben automatisch zu so verzerrten Entscheidungsfindungsprozessen kommt. Also ganz wichtig, mix das. Es ist nichts Schlimmes daran.

Ich habe ja ganz zu Beginn gesagt, auch wir haben jetzt mittlerweile eine Procurement-Abteilung, die natürlich genau das auch macht, Lösungen vorher zu recherchieren, zu verhandeln und Co. Aber wir versuchen auch immer, die Nutzer der Lösung, egal ob es jetzt ein Marketing-Tool ist, ein HR-Tool, ein Finance-Tool, die Nutzer müssen Teil des Prozesses sein und müssen dort mit entscheiden. Zweiter Punkt ist Seniority.

Also können die Leute das überhaupt? Jetzt kann ich natürlich gesagt haben, okay, super, ich kaufe jetzt Spryker ein und da ist jetzt der digital Verantwortliche und der Commerce-Verantwortliche und auch wie zwei Entwickler mit dabei im Prozess, können die das? Also können die A eine Build-or-Buy-Decision fällen, gerade so im Tech-Umfeld ganz häufig, dass du merkst, die Leute sind mega biased, sie wollen eigentlich selber irgendwas schrauben oder sie haben eine totale Präferenz für irgendeine Technologie oder irgendein Framework, weil sie das entweder können Oder lernen wollen, kann auch sein, einfach spielen wollen oder total irgendwie für cool befinden. Da muss man gerade im Tech halt mega drauf gucken und vielleicht dem Team auch diese Guidance geben. Das kann so weit gehen, wie ich habe auch Prozesse schon gesehen, bei der Leute natürlich das Gefühl haben oder die Angst haben, dass sie obsolet werden.

Dass sie merken, hey, ich bin aber ein Java-Developer, hier soll jetzt eine PHP-Lösung einkauft werden. Dann muss man sich schon als Entscheider fragen, wie aussagekräftig ist es, so jemanden dann in so einen Prozess zu setzen. Oder wie hole ich den vorher auch ab? Was ist denn die Message an denjenigen? Also da muss man darauf gucken, ist die Seniorität da, auch im Marketing, Sales Teams? Können die Leute überhaupt die richtige Entscheidung treffen? Oder wollen sie jetzt Salesforce kaufen, weil sie immer schon im Sales mit Salesforce gearbeitet haben? Ist das der einzige Parameter? Und scheuen sie eigentlich jedes neue Ding? Oder wollen sie das vielleicht gar nicht, weil sie nicht klarkommen mit dem Device, nicht klarkommen mit der Oberfläche? Da einfach einen ganz klaren Decision-Katalog aufzustellen, das ist ein sehr guter Tipp, glaube ich. Überlegt euch vorher, wie wollt ihr das entscheiden? Wer geht rein? Wer sind die User? Haben die die richtige Seniorität? Und welche Fragen sollen am Ende denn bewertet werden? Und schaut eben auch, genau wie wir es bei der RFP-Frage besprochen haben, darauf, dass jetzt nur funktionale Parameter sind oder eben genau die nicht-funktionalen. Strategie, Roadmap, Enablement, was trauen sich die Leute zu, wie schnell können sie das Inhouse übernehmen, ist das noch eine schöne Lösung, solange der Agenturpartner das macht? oder sagt Joel, hey, bei der Lösung, glaube ich, bin ich ganz sicher, das kriege ich ganz schnell selber irgendwie gewuppt. Das sind dann so wichtige Entscheidungsparameter.

Joel Kaczmarek: Wenn du dir jetzt mal alle Faktoren, die wir bisher besprochen haben, anguckst, wo macht man die meisten Fehler? Eher intern beim Team und wie ich quasi meine eigene Ausrichtung wähle beim Einkauf oder eher im Außen, wenn ich mir quasi Lösungen entweder reviewen lasse oder von jemandem erklären, der sie mir verkauft?

Boris Lokschin: Also ich glaube, intern, da nimmt das Unheil immer seinen Anfang. Es geht wirklich los mit, ich weiß eigentlich nicht genau, was ich da suche. Das geht dann bis zum Management, Unternehmensleitung dann hoch. Ich habe kein klares Verständnis davon, was ich brauche, welches Problem ich lösen möchte heute und in Zukunft. Ich kann keine klare Guidance vorgeben, was ist denn entscheidender für mich? Eine funktionale Abdeckung oder eine Anpassbarkeit oder ein cooler Preis oder ein cooler Vendor, dass ich für den Vendor relevant bin und jederzeit die Handynummer des Geschäftsführers habe. Also wenn ich diese Parameter für mich als Unternehmen nicht definieren kann und nicht die richtigen Leute mit den richtigen Fragen in diesen Prozess reinschicke, dann ist der Input schon falsch und der Output dann sowieso. Wenn die richtigen Leute mit dem richtigen Mindset sozusagen da reingehen und dann versuchen über die Parameter am Anfang zu triangulieren mit den relevanten Implementierungspartnern sprechen und dort sozusagen sich die relevanten Cases zeigen lassen und auch ein Gefühl dafür kriegen, welcher Partner aus welcher Motivation heraus gerade was empfiehlt. Den Vendor richtig challengen, vernünftige, relevante POCs und MVPs sich zeigen lassen. Versuchen, den Vendor zu wählen, bei dem auch das Commitment, das ist so ein Tipp nochmal, put your money where your mouth is. Also hart sozusagen auf die Partner, auf die Vendoren draufgehen und sagen, okay, jeder sagt einem, hey, du bist total wichtig, du bist super Referenz. Versuch dieses Commitment einzufangen, nicht nur in Form von irgendeinem Discount, sondern in Form von, hey, okay, wenn ich so relevant bin, warum bin ich denn relevant? Ach so, du möchtest weiter im Food-Bereich angreifen. Was können wir denn wirklich konkret gemeinsam machen? Dann lass uns das doch fixieren, was du da sagst.

Du sagst, meine Ideen 1 zu 1 matchen deine Roadmap, dann lass uns die doch in den Vertrag aufnehmen, dass diese Feature auch kommt, dass du mir ein Kontingent an, weiß ich nicht, Kapazität bereitstellst, um das zu erledigen. Was du sagst, bisher haben alle Kunden einfach in vier Wochen die Lösung gelernt. Lass uns das doch fixieren. Lass uns doch sagen, dass du unlimited Trainings mir gibst. Sollte das nicht der Fall gewesen sein. Versuch es halt tangible zu machen und es einzufangen. Und dann, wie gesagt, mach die richtigen Referenzcalls mit den richtigen Fragen.

Dann ist so ein bisschen das am Ende des Tages wie auf Holiday Check auch. Guck dich mal an, wer schreibt da was und mach durch die Mühe nicht nur auf die Sternchen zu schauen, sondern auch mal. Double-Click. Und dann glaube ich, wenn man das so ein bisschen trianguliert und dann eben ganz am Ende wieder zurückkommt zu deiner Frage, also nicht RFP, sondern MVP, auch das Projekt so schneidet, dass man einfach ins Doing kommt, der Erkenntnisgewinn von diesen Prozessen über die Zeit flacht degressiv ab. Es ist nicht so, dass man nochmal zwei Wochen länger und man hat doppelt den Erkenntnisgewinn, sondern 80% der Erkenntnisse werden in den ersten paar Wochen gesammelt und ab da kommt nur noch inkrementell was dazu. und man streckt das und streckt das und streckt das, macht es teurer, macht es Komplizierter, macht es langwieriger, keine gute Idee.

Joel Kaczmarek: Abschließend, wenn wir jetzt alles nochmal Revue passieren lassen, hast du noch Special-Tipps, deine eingedampften Top 5 rund um das Thema Einkauf? Was wären so die Abschlusstipps, die du noch hast?

Boris Lokschin: Abschlusstipp Nummer 1, holt das Commitment ein, packt das wirklich sozusagen in den Sack, nicht nur von Worten blenden lassen, sondern egal, ob das der Partner ist oder der Vendor. B, prüft auf Herz und Nieren, wie die Relevanz ist. Nichts ist schlimmer, als wenn ich ein komplett unrelevanter Case bin. Das wird super, super schwierig, gerade in diesen komplexen Enterprise-Lösungen dort irgendwas rauszubekommen. Challenged euer internes Team bis hin zum Erkenntnisgewinn, dass es vielleicht nicht die richtigen Leute gibt oder dass man vielleicht auch die Entscheidung postponen muss. Also nicht einfach irgendwas einkaufen, weil man jetzt glaubt, irgendwas einkaufen zu müssen und irgendjemand, der auch schon mal in irgendeinem anderen Unternehmen mal was ähnliches eingeführt hat, der ist jetzt derjenige, sondern überlegt euch, was sind die User, was für Probleme sollen die in Zukunft lösen? Und was sind die entscheidenden Parameter? Ganz häufig sieht man, da wird 90 Prozent über die Funktionalität gesprochen. Von irgendeiner Standard-Feature-Liste? komplett irrelevant, weil die Standard-Feature-Liste ist die Standard-Feature-Liste und Punkt. Aber was ist denn in drei Jahren irgendwie das Merkmal? Das sind, glaube ich, Dinge, die man beachten sollte.

Joel Kaczmarek: Allerletzte vielleicht etwas spezifische Frage. Sollte ich möglichst standardisiert eigentlich einkaufen oder eher auch auf Individualanpassung gucken? Weil man kann ja immer sagen, wenn ich was Standardisiertes habe, ist immer gut mit Updates und Versorgung und ich kann vieles selber irgendwie gewuppt kriegen, notfalls mit Agenturhilfe versus wenn ich anpasse, kann ich natürlich meine Edge Cases und meine individuellen Anforderungen besser bedienen. Also wenn du was einkaufst, bist du eher der Standardeinkäufer oder eher der Spezialisierer?

Boris Lokschin: Das kommt mega darauf an, was der Use Case ist und was sozusagen das Problem ist. Für Standardprozesse, Standardlösungen, für Nicht-Standardprozesse oder Prozesse, die sich häufig wandeln und schnell entwickeln. In unserer Welt, in der Commerce-Welt, bin ich immer in der Welt, bei der ich, wenn ich sozusagen kundenzentrisch sein will und denken will, dann akzeptiere ich immer auch Unsicherheit und Uncertainty, weil ich nicht weiß, wie der Kunde wird einkaufen wollen in zwei, drei Jahren, was für neue Touchpoints, Devices, Features und Co. geben wird. Das heißt, ich gehe implizit immer davon aus, dass auch Differenzierung nicht im Produkt entsteht, sondern in der Art des Verkaufens. Wenn ich im Personalmanagement-Bereich einkaufe oder wenn ich jetzt mir angucke, was nutzen wir jetzt als HR-Tool oder im Finance-Accounting, da sind die Prozesse dann per Rechtswege sozusagen etabliert, standardisiert.

Da gibt es auch Anpassungen an die Unternehmen natürlich, aber deutlich geringer und meistens hat man sie auch einmal gemacht und macht es halt seltener. Zum Beispiel was, was wir jetzt gelernt haben im Bereich Einkauf und Preisverhandlungen. Da muss man auch mal überlegen, welche Ideen gibt es. Wir haben zum Beispiel jetzt neben unserem eigenen Einkauf gibt es Lösungen mittlerweile. Also es gibt eine Lösung, die heißt Vendor. Das ist ganz cool. Anbieter, die zwei Dinge einem geben. A ist, sie poolen quasi Requests. Also sie wissen über Ganz viele Einkaufssituationen, was mit einem Vendor überhaupt geht.

Das ist vor allem bei so Standard-SaaS-Lösungen Einkauf dann immer ganz cool. Also die können dir dann quasi die Marktintelligence geben und sagen, naja, Kunden deiner Größenordnung kriegen im Durchschnitt folgenden Discount oder bei dem Vendor endet das Fiskaljahr dann und dann. Also da solltest du mit dem verkaufen oder verkaufen. Folgende Goodies kannst du eigentlich noch rausbekommen. Das ist so das, wo der Vendor Spielraum hat und folgende Dinge nicht. Also die können dir die Intelligence geben, Punkt eins. Und Punkt zwei ist, die können auch den Einkauf für dich machen, gerade für standardisierte Lösungen. Und sie versprechen dir oder committen dir teilweise auch ein garantiertes Saving-Volumen pro Jahr, was auch ganz cool ist. Nicht für komplexen Einkauf, aber so für Standardlösungen super geeignet. Und auch sozusagen eine Rising-Industry, die da entsteht, weil dieses Procurement-Thema natürlich auch ein großer Markt ist.

Joel Kaczmarek: Wie heißt dieser Dienst? Venda?

Boris Lokschin: Venda, glaube ich. Also ich glaube V-E-N-D-R, wenn ich mich nicht ganz täusche. Zur Not kurz googeln, dann findet man das auch.

Joel Kaczmarek: Gut. Lieber Boris, dann freuen wir uns, dass bei der Frage, wem kann ich heutzutage noch trauen in Sachen Einkauf, wir dir vertrauen können, dass du dein Wissen hier mit uns transparent teilst. Vielen, vielen Dank und ich freue mich schon aufs nächste Mal mit dir.

Outro: Danke, danke. Danke fürs Zuhören beim Digital Kompakt Podcast. Du merkst, hier ziehst du massig Wissen für dich und dein Unternehmen heraus. erfolgreicher werden möchtest, abonniere uns auf den gängigen Podcast-Plattformen und hey, je größer wir werden, desto mehr Menschen können wir helfen. Also erzähl doch auch deinen Kolleginnen und Kollegen von uns. Bis zum nächsten Mal.

Mehr zum Thema

IT-Projektmanagement

Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um Digitalisierung: Sag hallo zu unserem Co-Moderator, dem Spryker-Gründer Boris Lokschin. Boris spricht mit Joel regelmäßig über IT-Projektmanagement und strategische Steuerung im IT-Bereich. Ob Startup oder Mittelständler in der Digitalisierung – in diesen Episoden erhältst du praxisnahe Lernanregungen und pushst deine eingestaubte IT-Beziehung zu einer wahren Tech-Romanze.